Neuwahlen in Dänemark – Sieg der resolutenMinisterpräsidentin

 

Mette Frederiksen. Bild: News Øresund – Anna Palmehag/CC BY 2.0.

Mette Frederiksen darf Dänemark weiter regieren, die Sozialdemokraten bekamen am vergangenen Dienstag mit über 27 Prozent das beste Ergebnis seit zwanzig Jahren .Bei den Neuwahlen ging es zum einen um klassische Themen – Gesundheitspolitik, Klima und Ökologie.  Aber es wurde auch über Mette Frederiksens Führungsstil abgestimmt.

Frederiksens Führungsstil würden Wohlwollende als resolut und  entscheidungsfreudig charakterisieren, Gegner denken an Anmaßung und Willkür. Das Ergebnis in Dänemark zeigt, dass in Krisenzeiten ein resoluter Politikertypus gefragt ist, der die Paragraphen seines Landes und der EU recht eigenwillig interpretieren darf.

Dennoch reichte die Sozialdemokratin am Mittwoch bei der Königin formal ihren Rücktritt ein, um eine neue Regierung bilden zu können. Sie will auch mit einem bürgerlichen Partner koalieren. Doch im Vorfeld machte sie klar: „Wir sind die einzige Volkspartei Dänemarks.“

Der „rote Block“, die Sozialdemokraten und mittlerweile vier Linksparteien haben drei Mandate mehr erhalten als der bürgerlich-rechte „blaue Block“  mit den „Moderaten“ zusammen. Letztere ist ein Neugründung des ehemaligen Premierministers Lars Lökke Rasmussen, welcher nach seiner Wahlniederlage seine wirtschaftsliberale Partei „Venstre“ verlassen hatte. Der 58-Jährige hat sich für eine Überwindung des „Block-Denkens“ ausgesprochen, die Aufteilung in linke und grüne wie in bürgerliche und rechte Gruppierungen und versprach schon im Vorfeld, mit Frederiksen koalieren zu wollen. Allerdings erhoffte sich das politische Stehaufmännchen die Rolle des Königmachers, drei Mandate bekamen die Sozialdemokraten aus den halbautonomen Ländern Grönland und den Färöer Inseln, welche über vier Sitze der 179 im „Folketing“ entscheiden dürfen.

Ursache der Neuwahlen, ursprünglich sollte das neue Parlament erst im Sommer 2023 bestimmt werden, war der Nerz-Skandal im November 2020. Auf Frederiksens Anordnung wurden 15 Millionen Amerikanische Nerze wegen einer Corona-Mutation in den Zuchtfarmen töten, was sich ein paar Tage später als rechtswidrig herausstellte. Eine parlamentarische Untersuchungskommission konnte jedoch keine rechtlichen Konsequenzen für Frederiksen daraus ableiten. Dies führte zu Empörung bei den bürgerlichen Parteien, aber auch bei den Linksparteien, welche die sozialdemokratische Minderheitsregierung stützten.

Die „Radikale Linke“ drohte, diese zu stürzen, so dass Frederiksen Anfang Oktober Neuwahlen ausrufen musste.

Zugute wird der resoluten Politikerin gehalten, dass sie während der Pandemie in Dänemark ein gutes Krisenmanagement hinlegte. Die Alten konnten besser als in Schweden geschützt werden, die Impfstoffbeschaffung und -verteilung wurde rasch umgesetzt. Auch meinten etwa 46 Prozent der Dänen, dass ihr Engagement für die Ukraine während des Krieges „gut oder sehr gut“ sei, nur elf Prozent bewertete ihre Krisenpolitik als schlecht. Das Nato-Mitglied gilt als naher Partner der USA, auch die Sozialdemokraten sind traditionell Atlantiker.

Als großer Verlierer gilt der traditionelle Konkurrent – die wirtschaftsliberale Partei „Venstre“ verzeichnete einen Verlust von über zehn Prozent und rutschte auf 13,3 Prozent ab.

Schuld waren die Unbeliebtheit des farblosen Vorsitzenden Jakob Elleman-Jensen, sowie zwei Parteiausgründungen. Zum einen ist dies Inger Stöjberg und ihre Partei „Die Dänischen Demokraten“ – die ehemalige Migrationsministerin unter Rasmussen war bekannt für ihre Strafverschärfungen in der Ausländerpolitik, welche sie mit einem Zähler auf der Webseite ihres Ministeriums feierte. Allerdings stand die Ausländerpolitik, ganz anders als beim Nachbarn Schweden mit seiner Bandenkriminalität, nur an siebter Stelle der Wahlthemen in Dänemark. Dennoch konnte die volksnahe Politikerin die klassische Rechtsaußenpartei „Dänische Volkspartei“ ins politische Aus bugsieren.

Die zweite Abspaltung verantwortet, wie schon erwähnt, Rasmussen mit den Moderaten, der bei seinen Fans als gewieft, bei seinen Gegnern als skrupellos und opportunistisch gilt.

Zweimal bekleidete er das Amt des Regierungschefs, auch wirkte er als Gesundheitsminister. Wohl auch Grund für den Vertrauensbeweis – denn die Reform des dänischen Gesundheitssystems, besonders der Psychiatrie, war Wahlkampfthema Nummer eins. Zudem war für die Däninnen und Dänen das Thema Klima von großer Bedeutung. Die drei wichtigsten Fragen waren Einschränkungen der Treibhausgase durch die Landwirtschaft, Flugpreisverteuerung und mehr grüne Energien, um das Paris Abkommen einzuhalten.

Darum konnte die radikale grüne Partei „Die Alternative“ in das Parlament einziehen – durch die niedrige Hürde von zwei Prozent sind übrigens zwölf Parteien in das „Folketinget“ eingezogen.

Auch mit „der Alternative“ und der ebenso ökoradikalen „Einheitsliste“ will die Frederiksen über eine Zusammenarbeit und „Kompromisse“ sprechen.

Frederiksen erklärte bereits im Wahlkampf, dass angesichts der vielen Krisen eine breite Koalition sinnvoll wäre, so dass Entscheidungen eine größere Mehrheit haben. Vermutlich will die 44-Jährige nicht erneut von einer rebellischen Kleinpartei aus dem Sattel gekippt werden.

Beobachter rechnen mit einer langwierigen Regierungsbildung, nicht nur wegen vieler politischer Differenzen der Koalitionspartner. Für die Neigung zu eigenmächtigen Entscheidungen bei denen, sollten sie falsch sein, andere den Hut nehmen dürfen, wird die Sozialdemokratin gefürchtet.

„Mutti“ wird Frederiksen gelegentlich genannt. Auch wenn dies für manche verächtlich klingen mag, die 44-Jährige bedient selbst dieses Klischee:  in einer altbackenen Bluse gewandet tritt sie auch mal in der hauseigenen Küche per Videobotschaft auf, spricht über den Duft von Plätzchen, um darauf fürsorglich den notwendigen Lebertran zu verordnen – Maßnahmen, wie etwa  Lockdowns, welche einfach sein müssten. Diese Rolle muss sie nun zumindest zeitweise modifizieren – den Koalitionspartnern wird es kaum schmecken, wenn „Mutti“ ihnen in Sachen Mitsprache den Pustekuchen auftischt.

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Ein Kommentar

  1. Die Dänische Mutti ist eben Hyggelig, vielleicht könnten sich ja, mal die Deutschen Sozialdemokraten an ihren eigenen Werten orientieren.

    Und mehr Willy wagen!

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