
Die Sozialdemokratie ist im Aufwind: Kein Wunder, hat sie doch ihre sozialpolitische Stärke wiederentdeckt – und möchte nun das Wühlen nach Lebensmitteln im Müll für jedermann legalisieren.
Sage bitte keiner mehr, dass die SPD keine soziale Partei sei – ja doch, vielleicht hat sie wirklich manchmal wenig Taktgefühl im Umgang mit Menschen gezeigt, denen es im Leben nicht so gut geht, die für wenig Geld buckeln müssen und Schwierigkeiten haben, über die Runden zu kommen. Aber wenn es drauf ankommt, dann ist die Sozialdemokratie auf Seiten der Mittellosen, der Hungerleider und Habenichtse. So wie jetzt ganz aktuell: Die SPD zeigt Herz und Haltung und will den Zugang zu kostenlosen Lebensmitteln erleichtern.
Denn wir leben – das ist bekannt! – in großen Zeiten. Deutschland wird wieder wer, schlägt sich selbstbewusst auf die Brust: Kriegstüchtig war gestern – jetzt sind wir sogar kriegsbereit. Und bald schon kriegswillig? Oder kriegsselig? Vielen Leuten geht es trotz dieser glorreichen Tage schlecht, sie darben – und das, obgleich es ausgesprochen viel zu essen gibt in unserer Gesellschaft. Vieles davon liegt in Müllcontainern – fern vom Zugriff derer, die es gebrauchen könnten. Daher steht für die SPD fest: Containern soll legal werden! Denn das ist auch nachhaltig, klimaschonend, ja ein Beitrag zu einer besseren Welt.
Container sind für alle da
Den Vorschlag haben FDP und Grüne schon während der Scholz-Regierung zur Debatte gebracht. Die SPD hielt sich damals heraus, es schien seinerzeit so, als sei der Zugang zum Müllcontainer nicht ihr Anliegen. Die anderen beiden Parteien sprachen sich ganz klar dafür aus, dass man in Würde wühlen dürfen sollte. Rückblickend betrachtet war dies der einzige sozialpolitische Impuls jener grauen Zeit, die uns allerdings als lustiges Ampelfarbenspiel in Erinnerung bleiben wird. Während sich das Leben aus mannigfaltigen Gründen für die Bürger verteuerte, die Armut wuchs, die ersten Rentner in deutschen Fußgängerzonen ihr Pfandflaschenmartyrium um klassische Bettelei anreicherten, sinnierte man in Berlin über den Zugang zum Müll der Anderen – der Supermärkte und Discounter, genauer gesagt.
Großes Problem damals wie heute: Die stehen auf Privatgelände – und wer möchte, dass das, was weggeschmissen werden soll, frei zugänglich ist für die Müden, die Armen, die geknechteten Massen, der muss entweder den Hausfriedensbruch aussetzen – oder die Händler dazu verdonnern, ihren Müll so auszustellen, dass jedermann ohne Gesetzesbruch an das Wegzuschmeißende gelangen kann.
10,8 Millionen Tonnen Lebensmittel werden jährlich in Deutschland entsorgt. Die meisten Abfälle entstehen in den Privathaushalten – lediglich sieben Prozent fallen im Handel an. Da sind immerhin um die 756.000 Tonnen, die man gratis an diejenigen verteilen könnte, die es schwer haben über die Runden zu kommen. So leistet man also einen wertvollen – eigentlich aber nur: kleinen – Beitrag gegen die um sich greifende Armut und zeigt sich synchron dazu der Nachhaltigkeit verpflichtet: Win-win-Situation nennen Krämerseelen im Duktus amerikanisierter Businessbeschulung einen solchen Umstand gemeinhin. Das, was für die bezahlende Kunden nicht mehr gut genug ist, wofür sie kein Geld mehr ausgeben würden, was sie also als Müll betrachten, ist für die, die nichts haben, die milde Gabe eines Staates, der sich laut Grundgesetz auch als ein »sozialer Bundesstaat« verstehen muss.
Nicht mehr zeitgemäß?
Verräterisch sind die Erklärungen, die der zweite SPD-Fraktionssprecher Ezra-Leon Limbacher der Presse an die Hand gibt: Die Kriminalisierung des sogenannten Containerns sei nicht mehr zeitgemäß, lässt er sich zitieren. Daher müsse man jetzt mit einer Legalisierung reagieren. Politik soll gemeinhin gestalten. Diese Aufgabe bedeutet auch, dass man die Zeiten formen kann – wenn man es denn möchte. Selbstverständlich kann man sie auch hinnehmen und sich nach den Zeitenläuften ausrichten, ihnen geradezu hinterherhecheln. Kurz gesagt: Entweder regiert man – oder man reagiert. Letzteres ist weniger politisches Gestalten als bürokratisches Verwalten. Limbacher macht recht deutlich, wie die SPD-Fraktion als Teil der Bundesregierung ihren Regierungsauftrag auslegt: Anpassung an die Zeiten.
Man stelle sich vor, es gab mal eine Sozialdemokratie, die für heutige Zustände etwas atemberaubend Verwegenes anpackte: Sie wollte regieren – gestalten! Die Verhältnisse zu ändern, die Leben der Menschen zu verbessern, Reformen für die Bürger anzupacken und damit die Zeit zu prägen: Die heutigen Genossen sind meilenweit davon entfernt. Sie schielen auf die Zustände, auf die Zeiten und zucken mit den Achseln, als könnten sie gar nicht dagegen tun, außer mit ein bisschen Pragmatismus aufzuwarten. Warum soll es nicht mehr zeitgemäß sein, aus den Containern der Anderen verfallene Lebensmittel zu holen? Man könnte die Frage anders stellen und damit der vermeintlichen »Ohnmacht gegenüber der Zeit« ein Schnippchen schlagen: Warum erklären die Sozialdemokraten nicht, dass es nicht mehr zeitgemäß sein sollte, dass Menschen auf solche Lebensmittel angewiesen sind? Letzteres bedeutete schließlich aber auch, die Verhältnisse zu ändern, eine neue Agenda auszuformulieren: Die Agenda 2030, die sich an vielen Ecken und Enden neu ausrichten müsste. Und zwar innen- wie außenpolitisch.
Nicht mehr zeitgemäß: Das birgt den puren Fatalismus dieser politischen Generation. Immer gibt es höhere Mächte, die das Regieren unmöglich machen. Mal sind es die Märkte, dann Inzidenzen – jetzt eben die Zeiten, die so seien, wie sie seien. Unabwendbar. Nicht formbar – die Verhältnisse sind also starr und unabänderlich, man muss sie akzeptieren. Als hätte diese Berliner Republik rein gar nichts mit diesen Verhältnisse, mit diesen zum Himmel schreienden Missständen zu tun. Lieber simuliert man Fürsorge und erklärt, was man tun kann: Müll leichter zugänglich machen. Bei Konzernen rollt der Rubel – darf man das noch so sagen? Der Reichtum der Wenigen wächst, während diese Bundesregierung, zu der ebenjene SPD gehört, den Sozialstaat schrittweise ausmerzen möchte – weil, Achtung!, wieder höhere Umstände: diesmal ein ganz ordinärer Sachzwang – und was zeigt uns die SPD-Fraktion, diese Truppe, die vorgibt für die kleinen Leute einzustehen, als Alternative auf? Bedient euch an den Abfällen!
Das kann man doch noch essen!
Natürlich wird jetzt der eine oder andere einhaken und sagen: »Moment mal! Das kann man alles doch noch essen!« Und ja, das stimmt. Kann man tatsächlich. Mindesthaltbarkeit ist eben genau das: Mindesthaltbarkeit. Aber das ist nicht der Punkt – denn was wir als Abfall betrachten und was nicht, ist kein Naturgesetz, sondern ein gesellschaftliches Konzept. Und es wird normalerweise von allen akzeptiert, denn im Regelfall gibt niemand Geld für ein Produkt aus, dass diese Haltbarkeitsgrenze überschritten hat – auch wenn man an sich weiß, dass man das mit hoher Wahrscheinlichkeit noch essen kann. Dennoch konsumiert so gut wie jeder die Ware, die noch im Bereich der Mindesthaltbarkeit liegt – anders formuliert: Was darüber hinaus ist, kann in der Realität noch genießbar sein, dennoch unterliegt man der gesellschaftlichen Konvention, überschrittene Ware als Abfall zu betrachten.
Auf die Essbarkeit jener Ware zu verweisen, die nach Ablauf im Container landet, mag zwar in der Sache richtig sein, aber ist nicht zielführend. Die eigentliche Frage ist die der Wertschätzung – im Grunde haben wir es mit Ethik zu tun, genauer mit der Frage: Wie gehen wir in dieser Gesellschaft mit denen um, die wenig oder nichts haben? Ist es anständig und wertschätzend, den für die Gesellschaft erklärten Abfall an ausgewählte Bevölkerungsgruppen zu verteilen? Könnte man diese Ware nicht etwa auch heranziehen, um Staatsempfänge damit zu versorgen? Warum muss der Abfall der Anderen, der angeblich noch gut, noch essbar sei, das »Vorrecht« der Armen sein? Das wären übrigens auch zeitgemäße Fragen und ein zeitgemäßer Umgang mit der Problematik wachsender Armut im Lande.
Aber da das Zeitgemäße heute eher Munition bei sich trägt und weniger auf die vermeintliche Unantastbarkeit der Würde des Menschen schielt, muss natürlich eine möglichst billige Lösung her, um die eigene sozialpolitische Kontur betonen zu können. Am Ende steigen freilich ohnehin nicht die in den Container, die eine milde Gabe notwendig hätten – es werden bärtige Hipster mit nicht minder bebarteten Hipsteretten sein, die ein vorbildlich nachhaltiges Leben präsentieren wollen. Anders gesagt: Ohne Seniorenlift an den Containern im Hinterhof der Supermärkte, haben wir es wieder mal mit Reformabsichten zu tun, die denen zugutekommen, die es weit weniger nötig hätten. Tröstlich ist eigentlich nur, dass eine solche Legalisierung es hernach leichter macht, doch noch eine kleine Chance auf Nahrung zu erhalten, wenn der Hunger mitten im Krieg aufkommt und die Menschen auf Hamsterfahrten gehen.
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Ein echtes sozialdemokratisches Thema, der Arbeiterklasse verbunden.
Da gäbe es noch viel mehr vorzuschlagen, zum Beispiel Container für gebrauchte Unterhosen aufstellen, zum Waschen und gerechtem Verteilen.
Das sind die wahren Interessen.
Gebrauchte Unterhosen? Willst du das Vladimir der Schreckliche uns alle vergiftet?
(Navalny wurde „zweifelsfrei“ via Unterhose vergiftet, der Tee und danach die Wasserflasche waren nicht peinlich genug)
Da empfehlen Politiker armen Menschen sich mit Lebensmitteln aus dem Abfall zu versorgen und meinen ihnen damit etwas Gutes zu tun.
Als nächstes werden Politiker, wie der Volkswirtschaftsprofessor an der Universität Bayreuth, Peter Oberender, den armen Menschen empfehlenden Verkauf ihrer Organe zu erlauben, weil dies die finanzielle Situation der Spender verbessern würde.
https://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/transplantationen-experte-fordert-freien-organhandel-a-299541.html
Passend dazu:
https://www.anonymousnews.org/gesundheit/organspende-skandal-erschuettert-usa/
Der Herr Oberender ist inzwischen in der Hölle angekommen. Zuvor hat er Tausende Studentinnen und Studenten in den Universitäten Bayreuth und Jena im Sinne des neoliberalen Kapitalismus indoktriniert.
Schön, sarkastisch und rabenschwarz-humorig geschrieben. Danke sehr.
Beim Titelbild sehe ich, ohne sie auf der Abbildung explizit zu bemerken, eine hervorragende, vorbildliche Rattenzuchtanstalt. Symbolisiert auch schön den hierarchischen Stellenwert der hiesigen armen Schlucker im assiÄsPeDe-Kastensystem. Win-Win für PETA und sonstige Kleintierliebhaberinnen inklusive. Sehen wirs mal positiv (Antwort, unbekannterweise, an Erich Kästner).
https://www.deutschelyrik.de/und-wo-bleibt-das-positive-herr-kaestner.html
Ist ja auch mal wieder typisch. Wer keine Lobby hat, fällt durchs Aufmerksamkeitsraster. Dabei genießen Tiere doch Grundrechtsschutz. Und jetzt müssen die armen Ratten ihr sauer verdientes Brot mit armen Menschen teilen. Dabei haben sie so schon große Probleme, ihre Kinder sattzukriegen.
Wer mit Lebensmittelsuche in Containern beschäftigt ist, wird sich nicht gegen die Zustände wehren.
Viel besser: Wer mit Lebensmittelsuche in Containern beschäftigt ist, der glaubt, dass er sich damit bereits gegen die Zustände wehrt.
Die Kritik am Ablaufdatum versteh ich nicht: Nicht alle können sich Roquefort-Käse leisten, aber mit diesem simplen Trick kann jeder aus einem beliebigen Käse selber einen „reifen“ lassen.
Mir fällt leider nichts schlaues mit „Kuchen essen“ ein.
„Wenn sie sich kein Brot leisten können, sollen sie doch abgelaufenen Kuchen essen.“
Wäre dem Klassiker sehr nah.
Realitätsverlust für Menschen mit Realitätsverlust bleibt ohne Lust,
doch Lust verliert Realitätsverlust für Menschen ohne Realitätsverlust,
am Ende frisst Realitätsverlust die Lust im Realitätsverlust.
Die Politik erklärt Probleme zu Lösungen und Lösungen zu Problemen, bis niemand mehr erkennt, was hier eigentlich Problem und was hier eigentlich Lösung ist.
Man spricht von Fortschritt, wenn Stillstand herrscht, und nennt Stillstand Fortschritt, weil Fortschritt nur noch das Wort ist, das Fortschritt ersetzt.
Armut wird zur Chance, die Chance zum Container, der Container zur Reform, und am Ende ist die Reform nichts anderes als die Verpackung der Armut.
Wer Wirklichkeit nur noch als Rhetorik betreibt, betreibt keine Wirklichkeit, sondern die Rhetorik der Wirklichkeit, die ohne Wirklichkeit auskommt.
Die Zahlen widersprechen den Reden, die Reden widersprechen den Daten, und die Daten verschwinden in den Reden, bis nur noch Reden übrig sind.
Versprechen werden gegeben, weil Versprechen billiger sind als Taten, und Taten werden verschoben, weil Versprechen den Anschein von Taten wahren.
Bauen ohne Bauten, Bahnfahren ohne Bahn, Wachstum ohne Wachstum – Worte werden Wirklichkeit, weil Wirklichkeit nicht mehr mit Worten übereinstimmt.
Das Publikum stolpert über Begriffe, die sich verkehren: Armut wird Würde, Würde wird Abfall, Abfall wird Politik, und Politik erklärt Abfall zur Würde.
Die Parteien feiern Erfolge, die niemand spürt, außer in den Schlagzeilen, die Erfolge feiern, die niemand sieht, außer in den Parteibüros.
Und so kreist das Spiel: Sprache ersetzt Substanz, Zeichen ersetzen Dinge, Worte ersetzen Welt – bis man sich fragt, ob noch jemand merkt, dass nichts mehr stimmt.
Menschen, die die Wirklichkeit verlieren, verlieren auch die Fähigkeit, den Verlust der Wirklichkeit zu erkennen. Wer nicht erkennt, dass er nichts erkennt, kann auch nicht erkennen, dass das Nichterkennen längst zur Regel geworden ist.
Genau das sehen wir in der Politik: je stärker die Abkopplung, desto geringer das Bewusstsein darüber, dass überhaupt eine Abkopplung stattfindet.
Das Stolpern über Zahlen, das Verdrehen von Begriffen, das Vertauschen von Ursache und Wirkung – all das wird nicht mehr als Fehler bemerkt, sondern als Normalität verkauft.
So wie man beim Zungenbrecher die Wörter immer schneller wiederholt, bis man nicht mehr weiß, was man eigentlich gesagt hat, so wiederholt die Politik ihre eigenen Formeln, bis niemand mehr versteht, was noch mit Realität zu tun hat.
Und weil sie den eigenen Irrtum nicht mehr sehen kann, erklärt sie ihn zum Erfolg – ein Kreislauf, in dem die Blindheit zur Bedingung geworden ist.
Wer nicht merkt, dass er stolpert, stolpert immer weiter, und wer nicht merkt, dass er fällt, erklärt den Sturz zum Tanz.
Das ist der Kern: Realitätsverlust bleibt für Betroffene unsichtbar. Er wird erst spürbar in den Folgen, für alle anderen, die noch hinsehen.
In der Politik aber ist er längst so stark ausgeprägt, dass das Unsichtbare selbst zum Leitbild erhoben wurde – man nennt es Reform, Programm, Vision.
Doch wer nichts erkennt, erkennt nicht, dass er nichts erkennt, und wer nicht erkennt, dass er nichts erkennt, verliert endgültig den letzten Rest von Realität.
So wird aus Realitätsverlust kein Einzelfehler mehr, sondern das politische Betriebssystem: ein Zungenbrecher ohne Ende, der Realität ersetzt.
@ Miri
*****
Eine konsequente Umsetzung der „Trickle-down-Ökonomie“ (auch bezeichnet als „Pferd und Spatz Ökonomie“) müsste zur Folge haben, dass es öffentlich zugängliche von den Klingbeils und Limbachers dieser großartigen Republik vollgeschissenen Bettpfannen gibt. Von Bedürftigen ließen sich ganz sicher noch die ein oder anderen essbaren Körnchen herauspuhlen. Vielleicht wäre auch ein gewisser Johann Walter David Rudolf „Jo“ Wadephul für diese Idee zu gewinnen? Im Rahmen einer PR-Aktion könnte er eine solche Bettpfanne füllen…
Unter donnerndem Applaus einiger parlamentarischen Hinterbänkler mit christlichem Anstrich.
Selbstverständlich begleitet durch „Jo’s“ tüchtige Regionalzeitung (= Qualitätsmedium).
Schönen Sonntag noch an alle, die „haben fertig“…
Wer noch SPD wählt, leistet Beihilfe, ja Beihilfe! Aber zu was eigentlich? Da schweigt man besser. Aus Scham – und Zorn.🤬
Früher hat die SPD sich für die Arbeiter eingesetzt, dann für alle, die nicht arbeiten … und jetzt wollen sie die, die nicht arbeiten, im Müll wühlen lassen.
Gibt die SPD gerade ihre neue Zielgruppe wieder auf?
Nebenbei geht es hier wohl eher nicht um „abgelaufenes MHD“. Das landet ja erst mit Aufkleber ganz vorne im Regal und danach dann als Sonderposten im Knüllermarkt. Der Kapitalismus lässt niemals eine Ware im Stich, an der noch jemand verdienen kann.
Es geht um matschiges Gemüse, schleimigen Salat und schimmeliges Obst: Das, was man gemeinhin als Biomüll bezeichnet – mit dem man im Kapitalismus noch Geld verdient.
Von vorn: in den Supermärkten ist eine Frische-Rallye im Gange, damit der geschätzte Kunde auch garantiert nichts bekommt, was ein klein wenig gammlig aussieht. Ich, der sich das leisten kann, gehöre offenbar schon zu den Privilegierten. Um den Frischeanspruch einzuhalten, muss sehr viel aus den Regalen entfernt werden. Das kommt jetzt schon in die Tafeln, die den Staat so schön aus der sozialen Verantwortung entlassen. Nur das, was dann immer noch übrig bleibt, kommt in den Container. Nein, das ist absolut unzumutbar, die Leute dort wühlen zu lassen. Und überdies ist es entwürdigend.
Und natürlich sieht es nach dem Wühlen aus wie auf dem Titelfoto. Bitte, wer kann das wollen?
Wer kann das wollen? Natürlich unsere schwarzen Super-Christen und die A-Sozialen roter, blauer, gelber und grüner Couleur.
Soll das heißen, dass es unter der AfD besser wird? Werde ich bestreiten.
Unter der AfD müssen biodeutsche Arme nicht mehr mit dann ja abgeschobenen armen Migranten um den besten Platz am Container konkurrieren.
Fringsen 2.0
„Wir leben in Zeiten, da in der Not auch der Einzelne das wird nehmen dürfen, was er zur Erhaltung seines Lebens und seiner Gesundheit notwendig hat, wenn er es auf andere Weise, durch seine Arbeit oder durch Bitten, nicht erlangen kann“*
*Irgend so ein Nachkriegs-Pfaffe bevor das deutsche Wirtschaftswunder erschaffen wurde.
Das sagte Josef Kardinal Frings in seiner Sylvesterpredigt 1946. Nach dieser Aussage etablierte sich das Verb »fringsen«, das Mundraub begehen bedeutet.
Da hat doch der Oberkanalarbeiter der SPD, Franz Müntefering kürzlich bei Lanz ganz kackfrech gefordert, die SPD solle die anstehenden und notwendigen Reformen endlich mutig und energisch angehen. Müntefering, einer der Hauptarchitekten von Hartz-4 samt Agenda 2010, lebt selbst mit fetten Pensionen auf Kosten der Steuerzahler und kann sich mit seiner jungen Frau, die auch seine Enkelin sein könnte, ein fürstliches Leben leisten.
Niemand soll mehr hungern, ohne auch zu frieren.
Was war ich doch erleichtert, als ich kürzlich wieder jemanden gesehen habe, der in den Mülleimern des Marktplatzes nach Verwertbarem gesucht hat. Es gibt mir das erhabene Gefühl, das es noch Menschen gibt denen es eheblich schlechter geht wie mir. Meine Rente bekomme ich immerhin noch jeden Monatsende pünktlich aufs Konto, ohne meine Verfassungstreue nachzuweisen. Niemand muß mehr durch Ladendiebstähle seinen Hunger stillen, wenn er demnächst ganz legal in den Mülltonnen der Supermärkte sein Essen suchen darf. Dank der Zustimmung von SPD und Grünen.
Ich erwarte von Sozialdemokraten eine menschliche und wirtschaftliche Politik, die es erst garnicht notwendig macht, im Müll nach Essen zu kramen. dazu gehören frieden&Diplomatie, vereinigung statt Spaltung der Gesellschaft, Wahrung und Förderung ALLER Grundrechte ohne Einschränkung, sparsames Haushalten im Sinne des Wählerauftrags, Förderung der individuellen Gesundheit statt der Pharmalobby, die am Kranksein verdient. Dann bräuchten diese Herrschaften auch nicht ständig zittern, ob sie wiedergewählt oder abgeschafft würden. Ganz einfach, oder?
@ RC
obwohl der Text von einem erbärmlichen, widerwärtigen Systemkriechling, hier das Zitat:
Wartest Du auf bessre Zeiten,
wartest Du mit Deinem Mut,
gleich dem Tor,
der Tag für Tag,
an des Flusses Ufer wartet,
bis die Wasser abgeflossen,
die doch ewig fliessen.
SPD, Arbeiterzertreter seit 1914! Aktuell passend der System-Klingelbeutel, in Folge das Fallbeil für das Prekariat.
„Es geht also nicht mehr darum, heute einen hohen Lebensstandard auf Kosten unserer Verteidigungskraft gegen den Osten aufrechtzuerhalten, – es geht vielmehr darum, unsere Verteidigungskraft zu stärken auf Kosten eines nicht mehr zeitgemässen hohen inneren Lebensstandards!“
Das sagte ein sozial eingestellter Verteidigungspolitiker. Das gilt auch für den Spannungsfall, der in der BRD eingeführt werden soll, um der Bedrohung aus dem Osten zu begegnen. Die Sozialpolitik muss daraus Konsequenzen ziehen. Jeder hat das Recht auf Nahrung, notfalls aus dem Müll. Es hat auch jeder das Recht auf eine Wohnung. In USA wird gezeigt, wie dieses Problem zu lösen ist.
Ist ja alles nur vorübergehend, bis zum Sieg über Russland.
Deutschland wird immer lustiger.
Mich würde mal interessieren, wieviele Lebenmittel „entsorgt“ werden, noch ehe sie überhaupt in den Handel kommen, weil sie „nicht marktfähig“ sind.
Die Persönlichkeitsstörungen, die der Kapitalismus bei seinen Insassen hinterläßt, werden immer monströser.
Die SPD behauptet, man müsse das Containern entkriminalisieren. Das klingt, als gäbe es bis heute keinerlei Spielräume. Doch genau das ist der Realitätsverlust: Die Spielräume existieren längst.
Im Strafgesetzbuch ist geregelt, dass der Diebstahl geringwertiger Sachen (§ 248a StGB) nur auf Antrag verfolgt wird – das heißt: Ohne Strafantrag des Eigentümers geschieht gar nichts. In der Praxis bedeutet das, dass Supermärkte aktiv Strafanzeige stellen müssten. Viele tun das heute schon nicht mehr.
Hinzu kommt der rechtfertigende Notstand (§ 34 StGB): Wer in einer akuten Überlebenssituation Lebensmittel an sich nimmt, kann strafrechtlich gerechtfertigt handeln. Das ist keine Grauzone, sondern geltendes Recht.
Das heißt: Die Rechtsordnung kennt bereits zwei Mechanismen, die die angebliche Kriminalisierung abfedern. Der Vorschlag der SPD, das Containern „neu zu legalisieren“, verschweigt diese Realität.
Der Realitätsverlust liegt darin, ein Problem rhetorisch aufzublasen, das juristisch längst entschärft ist. Damit präsentiert man eine Scheinlösung für ein Scheinproblem – während die eigentlichen Probleme, Armut und Überproduktion, unangetastet bleiben.
Wer so Politik betreibt, schafft nicht Klarheit, sondern Nebel: Man spricht von Reform, wo es in Wahrheit nur um Symbolpolitik geht. Und Symbolpolitik, die bestehendes Recht ignoriert, ist nichts anderes als Realitätsverlust in Gesetzesform.
+++
Den fürsorglich-vorbereitenden Effekt sollte man nicht übersehen. Meine Grosseltern kratzten im Krieg noch die Schicht am Boden der Mülltonnen heraus…
Gewöhnung ist alles.
(Kann man eigentlich Atompilze essen?)
Frag mal die Leute, die nach Tschernobyl weiter im Wald unterwegs waren. 😉