Der 1. Mai mit seinen kämpferischen Reden ist vorbei. Nun geht es weiter wie bisher zu den Bedingungen des Kapitals. Der Kampftag der Arbeiterklasse hat inzwischen mehr mit Klassenfahrt zu tun als mit Klassenkampf. Sind die Klassen verschwunden und der Klassenkampf überholt?
Kaum ein Satz von Karl Marx ist bekannter als der, dass das Sein das Bewusstsein bestimmt. Diese Aussage über den Zusammenhang zwischen Sein und Bewusstsein gilt heute immer noch wie vor über hundert Jahren, wenn auch die Welt sich inzwischen stark verändert hat. Objektiv besteht das Proletariat als Klasse weiterhin, jedoch sind die Bedingungen für die Entwicklung von Bewusstsein andere geworden. Die Arbeiterklasse versteht sich selbst nicht mehr als solche.
Grundlagen
Dem Proletarier des 19. Jahrhunderts wurde tagtäglich seine Klassenzugehörigkeit durch seine Lebensumstände vor Augen geführt. Überall in seinem Alltag war er mit Massen von Seinesgleichen zusammen und erlebte sich als Teil dieser Massen. In den Mietskasernen teilten sie dieselben engen Räume ihrer herunter gekommenen Behausungen, nicht selten sogar dasselbe Bett im Wechsel der Abeitszeiten in den Fabriken.
Dicht an dicht hantierten sie an ihren Arbeitsplätzen und Fließbändern oder wuselten wie Ameisen geschäftig durch die Werkhallen. Das Gefühl, Masse zu sein war unter diesen Umständen fast unausweichlich. Das bedeutet aber nicht, dass dieses Klassengefühl auch zwangsläufig politisches Klassenbewusstsein zur Folge hatte, wie diese Aussage von Marx unter Linken oftmals gedeutet wird.
Dagegen sind die Lebensumstände der heutigen Proletarier eher von Vereinzelung geprägt. Sie ist allgegenwärtig: am Arbeitsplatz, in der Anonymität der Großstädte, aber auch in der Zurückgezogenheit der Reihenhaussiedlungen. Die heutigen Werkshallen sind nahezu menschenleer. Die wenigen Arbeiter verschwinden zwischen den Maschinen. In Großraumbüros sitzen die Angestellten wie in Bienenwaben – abgeschottet voneinander.
Die Familien werden kleiner, die räumlichen Entfernungen zwischen ihren Mitgliedern dagegen größer. Die Generationen leben sich auseinander, verstehen einander auch immer weniger. Der moderne Proletarier erlebt sich immer öfter allein. Unter solchen Umständen ist die Entwicklung von Klassenbewusstsein wesentlich schwieriger als unter den Bedingungen zu Marxens Zeiten.
Bewusstseinsbildung
Neben diesen abgeschotteten Lebensumständen kommt als zusätzlich Trennendes die Desinformation durch die Medien hinzu, die das gesellschaftliche Bewusstsein prägen. Im Überfluss an Informationen geht dem Medienkonsumenten der Blick für das Wesentliche verloren. Der Mensch ist allein mit der Flut der Informationen, deren Interessen im Hintergrund immer schwieriger zu erkennen sind.
Tiefer greifende Analyse von Entwicklungen findet kaum statt, geschweige denn die Darstellung der Triebkräfte, die ihnen innewohnen, und der Interessen, die sie antreiben. Das ist nicht nur politischem Willen geschuldet, sondern auch in erheblichem Maße der Unfähigkeit der Informierenden. Die allgegenwärtige oberflächliche Betrachtungsweise von Sachverhalten hat die Fähigkeit veröden lassen, den Dingen auf den Grund zu gehen.
Diese Unfähigkeit hat die gesamte Gesellschaft erfasst und macht nicht Halt vor den Klassen und ihrem Selbstbild. Nicht nur das Proletariat, auch das Bürgertum versteht sich nicht mehr als Klasse und dementsprechend ist auch bei beiden kein Klassenbewusstsein zu finden. So gibt es auch keine Einrichtungen von Belang, die die Entwicklungen in den Gesellschaften ausschließlich unter dem Gesichtspunkt des proletarischen Klasseninteresses darstellen und deuten.
Die Angehörigen der Klassen selbst können mit den Begriffen nichts mehr anfangen. Sie sehen sich nicht als Proletarier und auch nicht als Bürger beziehungsweise Bourgeois. Die großen Kapitalbesitzer der modernen US-IT-Unternehmen wie Mark Zuckerberg, Elon Musk und andere verstehen sich nicht als Angehörige der politischen Klasse des Bürgertums sondern eher als den Turnschuh tragenden Duz-Freund von nebenan. Und auch beim Proletarier besteht der einzige Besitz nicht mehr in einer zahlreichen Nachkommenschaft, woraus sich dieser Begriff bei Marx abgeleitet hatte. Auch er hat inzwischen mehr zu verlieren als nur seine Ketten.
Was vom Klassenkampf blieb
Seit dem Untergang des sowjetischen Sozialismus herrschen politische Verhältnisse, in denen weltweit keine Klassenkämpfe mehr stattfinden. Zwar werden derzeit viele Konflikte ausgetragen, zum Teil auch kriegerisch, in denen nationale, ethnische und auch Wirtschaftsgruppen ihren jeweiligen Interessen Geltung verschaffen wollen. Aber das sind Interessenkonflikte, keine Klassenkämpfe.
In der Ukraine findet gerade ein Stellvertreterkrieg statt zwischen dem NATO-Westen und Russland um die Neugestaltung der internationalen politischen und auch wirtschaftlichen Beziehungen. Das Kräfteverhältnis zwischen dem politischen Westen als bisherigem Herrscher der Welt hat sich verändert zugunsten aufstrebender Länder wie Russland, China, Indien und vielen anderen. Die Entwicklung der BRICS-Staaten deutet dem Westen die Grenzen seiner Macht an.
Aber all diese Auseinandersetzungen sind keine Klassenkämpfe. Sie sind nicht vergleichbar mit der Konfrontation zwischen Proletariat und Bourgeoisie, die sich als Klassen in der Zeit zwischen den beiden Weltkriegen unversöhnlich gegenüberstanden. Damals war der Kampf so zugespitzt, weil es um die politische Macht über die Gesellschaft ging. Dem klassenbewussten Proletariat, das für den Sozialismus als seine ihm ureigene gesellschaftliche Ordnung kämpfte, stand eine Bourgeoisie gegenüber, die um den Erhalt der eigenen Klassenherrschaft zu kämpfen gezwungen war.
Seit dem Sieg der Revolution in Russland befand sich das Bürgertum im Abwehrkampf gegen einen Gegner, der sich seiner besonderen gesellschaftlichen und historischen Bedeutung bewusst war, dem Proletariat. An dem damaligen Charakter des Klassenkampfes zwischen den beiden Weltkriegen orientierte sich lange Zeit das Ringen der kommunistischen Bewegung zur Überwindung des Kapitalismus. Dafür fehlen aber heute die Grundlagen.
Es gibt kaum klassenbewusstes Proletariat mehr außer in Ländern wie China, Vietnam und Kuba, wo es bereits die politische Macht errungen hat. Seine kommunistischen Parteien stehen aber nicht mehr im Kampf um die politische Macht. Ihre Aufgabe besteht heute im Aufbau der sozialistischen Gesellschaft, d.h. der Entwicklung der Lebensgrundlagen für die eigenen Bürger.
Das Konzept des Revolutionsexports, wie er in den Anfangszeiten der Sowjetunion und auch der Volksrepublik China zur Absicherung der eigenen gesellschaftlichen Umwälzung eingesetzt worden war, ist aufgegeben worden. Man hat erkannt, dass Revolution nicht exportiert werden kann, wenn in den Zielländern die Überwindung des Kapitalismus nicht auf der Tagesordnung steht.
Kein Bock auf Sozialismus
Bedeutet das nun, dass der Sozialismus auf den Schrottplatz der Geschichte gehört? Jedenfalls können die kommunistischen Parteien mit diesem Begriff im politischen Westen keinen Hund mehr hinterm Ofen hervorlocken. Liegt das am Sozialismus oder am Auftreten dieser Parteien? Angesichts der Erfolge der kommunistischen Partei in Österreich mit zum Teil zweistelligen Ergebnissen in den großen Städten des Landes muss diese Frage so deutlich gestellt werden.
Das bedeutet, dass die Bezeichnung „kommunistisch“ nicht unbedingt ein Schreckgespenst sein muss, wenn sie mit einer Politik in Verbindung gebracht werden kann, die für die Bürger nachvollziehbar ist. Mit dem allgemeinen Begriff Sozialismus verbinden aber die meisten im Westen jene einseitigen Darstellungen über die Wirklichkeit in der Sowjetunion und der DDR, mit denen die westlichen Meinungsmacher die Wohnstuben ihres Publikums geflutet hatten.
Wenn er auch in der DDR und Sowjetunion vermutlich ganz anders wahrgenommen wurde als seine Darstellung im Westen, so wollen aber auch die meisten diesen Sozialismus nicht mehr haben, die ihn hautnah erlebt haben. Diese seine frühe Form hat sich überlebt. Er beruhte weitgehend auf einem gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Entwicklungsstand, der in den meisten Nachfolgestaaten heute überwunden ist.
- Bin ein Linker. 67%, 96 votes96 votes 67%96 votes - 67% of all votes
- Lechts, rinks: Alles nicht mehr zeitgemäß. 27%, 38 votes38 votes 27%38 votes - 27% of all votes
- Gehöre zur klassischen Mitte. 5%, 7 votes7 votes 5%7 votes - 5% of all votes
- Bin eher rechts. 1%, 2 votes2 votes 1%2 votes - 1% of all votes
Die Kommunisten im Westen dagegen können über Sozialismus nur die allgemeinen Aussagen vor allem der Klassiker der Arbeiterbewegung vortragen. Darin ist aber wenig Konkretes, weil diese sich zum Thema Sozialismus wenig geäußert hatten. Wie sollten sie auch, haben sie doch selbst nie in solchen Gesellschaften gelebt und waren nicht mit deren Problemen konfrontiert.
Aber all diese Fragen sind müßig, weil der Sozialismus im Westen überhaupt nicht auf der Tagesordnung steht. Das heißt aber nicht, dass es so bleiben wird. Die Welt ist im Wandel, und davon bleiben auch die westlichen Gesellschaften nicht verschont. Wie Bertold Brecht in seinem Lied von der Moldau schon sagte: “Das Große bleibt groß nicht und klein nicht das Kleine”.
Diesen Entwicklungen kann man aber mit Klassenkampfparolen, die aus vergangenen Zeiten stammen, nicht gerecht werden. Sie bieten keine Antworten auf die heutigen Fragen. Aber darum geht es: Die Fragen zu erkennen, die heutzutage in den Menschen arbeiten, und Antworten vorzutragen, die nicht nur Erklärungen, sondern auch Handlungsmöglichkeiten anbieten. Allein den Zustand der Gesellschaft zu erkennen, ohne aber dadurch handlungsfähig zu werden, führt in Verzweiflung und Mutlosigkeit.
Klassenkampf heute
Bedeutet das, die Hände in den Schoß zu legen und auf bessere Zeiten zu warten? Ganz und gar nicht. Es bedeutet in erster Linie, die derzeitigen Bedingungen zu überdenken und deren Veränderungen im Vergleich mit früheren Zeiten bewusst zu machen. Es bedeutet, Vorgehensweisen und erreichbare Schritte vorzuschlagen, die dem Ziel einen Schritt näherkommen. Was aber ist das Ziel? Wohin soll all das führen, in welche Richtung bewegt sich die Entwicklung der Menschheit?
Unter schweren und verlustreichen Kämpfen, die oft auch in Niederlagen und Entkräftung führten, hat sie sich immer wieder neue Gesellschaftsformen geschaffen, die ihr Vorankommen gefördert haben: Aus der Armut hin zur Sicherung der Lebensgrundlagen und Wohlstand sogar, aus Unterdrückung und Sklaverei hin zu mehr Freiheit und der Entfaltung der menschlichen Genialität, aus der Verzweiflung hin zu einem Ausblick in eine Zukunft der Brüderlichkeit und Solidarität. All diese Entwicklungsschritte waren verbunden mit neuen gesellschaftlichen Ordnungen, die der Verwirklichung dieser Bedürfnisse mehr Raum boten.
Die Überwindung des Kapitalismus drängt sich immer mehr auf, weil er dem Vorankommen der Menschheit immer häufiger im Wege steht. Wie das erfolgen und wo das hinführen soll, ist ein Klärungsprozess. Dafür aber ist das Festhalten an Vorstellungen von Klassenkampf ungeeignet, die sich in Denken und Auftreten auf die Zeit zwischen den Weltkriegen beziehen.
Diese Zeit war anders und so auch ihre Herausforderungen. Der Kampf zwischen den Klassen war das wesentliche Merkmal des damaligen Klassenkampfes. Viele Verfechter des Sozialismus haben bei diesem Begriff besonders den Kampf in den Vordergrund gestellt und weniger Augenmerk gelegt auf die Klasse, die Förderung ihres Bewusstseins. Das äußert sich in kämpferischem Auftreten und wortradikaler Sprache, was viele Menschen nicht verstehen und sogar abschreckt.
Klassenkampf ist das Mittel zur Durchsetzung der Interessen der überwiegenden Mehrheit. Seine Bedingungen aber verändern sich ständig im Zuge der gesellschaftlichen Veränderungen. Das bedeutet heute weniger Kampf als vielmehr Bewusstseinsbildung. Versuchen zu verstehen, was sich in der Gesellschaft entwickelt und was dabei unser Interesse ist als die einfachen Menschen mit wenig Macht, aber viel schöpferischer Kraft.
Wir sehen zwar nicht mehr so aus wie die Proletarier früherer Zeiten und sehen uns auch selbst nicht mehr so, sind aber immer noch genauso wirtschaftlich abhängig wie diese. Eine kleine Gruppe mit riesigem Kapitalbesitz entscheidet über das Wohl und Wehe der großen Mehrheit. Daran hat sich bis heute nichts geändert, aber das gilt es zu ändern.
Rüdiger Rauls ist Reprofotograf und Buchautor. Er betreibt den Blog Politische Analyse.
https://de.m.wikiquote.org/wiki/Warren_Buffett der hat alles zum Thema gesagt.
Genau so! Und es beweist die Dummheit der “Linken”. Denn es gehört zum Basiswissen nicht nur jedes Linken, dass die herrschende Meinung die Meinung der Herrschenden ist.
Und da das Verhalten der “Linken” selbst nach so einer klaren Ansage von Warren Buffett seit 2011 (und besonders) so wie in den letzten vier Jahren war, so entlarvt sie sich selbst als unglaublich blöde oder korrupt.
Aber wenn man auf so umstrittene Behauptungen wie den menschengemachten Klimawandel durch CO2 abfährt, ohne sich wissenschaftlich kundig zu machen, kann man die Sozialingenieure der herrschenden Klasse genau so bewundern wie beim Ausnutzen menschlicher Hilfsbereitschaft bei der Frage der Migration, die zum Drücken der Löhne und der Schaffung eines Subproletariats dient.
Und wenn es mit der Revolution nicht klappt, sind es die lahmarschigen Lumpen-Pazifisten die nicht aus der selbst gewählten Unmündigkeit kommen.
Die Interessen der Mehrheit sind so diversifiziert worden, dass sie nur noch aus Zerstreuung bestehen.
Divide et impera. Solidarisierung gibt es nur noch im Shitstorm.
Exakt!
“Solidarisierung gibt es nur noch im Shitstorm.”
Sollte man das nicht besser “Zusammenrottung” oder “Gangbildung” nennen?
traurig aber war.
Allerdings nicht nur im shitstorm sondern leider auch in religiösem/ideologischen Fanatismus.
Ursache ist sicher die immer mehr um sich greifende allgemeine Unbildung .
Es gibt immer nicht nur zwei Klassen, sondern mehrere. Zur Zeit von Marx gab es den feudalistischen Adel, die kapitalistische Bourgeoisie und das Proletariat. Der Klassenkampf richtet sich immer gegen die oberste Klasse. Die Revolutionen waren bürgerliche Revolutionen, die sich mit Unterstützung des Proletariats gegen Feudalismus und Monarchie richteten. Sie führten auch zu internationalen Kriegen, wie dem amerikanischen Unabhängigkeitskrieg und den napoleonischen Kriegen. Selbst in Russland gab es ein kurzes bürgerliches Intermezzo. Kommunisten glaubten allerdings, das bürgerliche System überspringen zu können. Nun muss Russland das bürgerliche Zeitalter nachholen.
Heutzutage gibt es den Globokapitalsmus mit seinen Marionettenregimes, der sich vor allem im Westen durchsetzte, das freie und das mittelständische Unternehmertum mit nationaler Basis, und die Angestellten und Arbeiter. Auch hier muss sich der Klassenkampf gegen die oberste Klasse richten. Er findet in der Ukraine statt, wo die “Oligarchen” bereits zugunsten der Konzerne ausgeschaltet wurden, und sich Russland gegen hybride Kriegsführung und Destabilisierung seiner Nachbarländer und die eigene Bedrohung durch die Globalisten wehrt. Populismus gegen Globalismus ist der neue Klassenkampf. Auf nationaler Ebene kämpfen die Globokonzerne mit der Bildung von Blockparteien, der Aufhebung der Gewaltenteilung und der Gleichschaltung der Medien gegen die bürgerliche Demokratie und beseitigen die Freiheit mit juristischen und polizeilichen und in Zukunft auch mit militärischen Zwangsmaßnahmen.
Danke! Eine der schlüssigsten Deutungen des Ukrainekrieges, die ich seit langem gelesen habe. Es ist von seiten der USA/EU ein klassischer imperialistischer Krieg um Rohstoff-, Absatz- und Einflussgebiete, von seiten Russlands ein nationaler Abwehr- und Selbstbehauptungskrieg. Bei allem Verständnis für die Situation Russlands, der Platz der Linken kann nicht uneingeschränkt an dessen Seite sein. Spätestens seit der Krieg in die Phase eines “Abnutzungskrieges” übergegangen ist, in dem die Angehörigen der beherrschten Klassen in “Blutmühlen” geschickt werden, trägt er nur noch zur Verrohung und Entzivilisierung gerade der westlichen Gesellschaften bei. Aufgabe der Linken wäre es, offensiv gegen die eigenen Eliten für ein Ende des Abschlachtens einzutreten. Was ich nicht verstehe ist: woran liegt es, dass es nicht gelingt, eine Friedensbewegung wie in den 1980er Jahren zu organisieren?
@ Torwächter
” Populismus gegen Globalismus ist der neue Klassenkampf. ”
So möchte es die Klasse des Kapitals mit ihren elitären Handlangern in Politik, Medien und Kultur gerne sehen. Populismus und Globalismus gehen aus der selben Klasse hervor, der Klasse des Kapitals. Es handelt sich also um einen Richtungskampf innerhalb einer Klasse und nicht um einen Kampf gegensätzlicher Klassen, was ja eigentlich mit “Klassenkampf” gemeint ist. Zudem erfüllen die Populisten im Neoliberalismus der Globalisten eine wichtige Funktion, nämlich die des Buhmanns, der in einer moralisch-ideologisch gesteuerten Gesellschaft dringend notwendig ist: zur Begründung des eigenen Machterhalts.
Die Überwindung des Kapitalismus ist der nächste logische Schritt der Entwicklung der Menschheit. Sie ist unvermeidlich, die Frage ist vorrangig, WIE genau dies von statten geht. Ob ein sanfter Übergang oder eine langes Tal der Tränen, und wie lange das brauchen wird, sind die Variablen in dieser Angelegenheit.
Natürlich wäre der Kapitalismus auch überwunden, wenn die Menschheit im Trubel des Übergangs aus der Existenz scheidet. Auch dieser Ausgang ist möglich. Aktuell geradezu wahrscheinlich.
Wenn man die Entwicklung der Menschheit mit der eine Kindes vergleicht, wird schnell klar, dass die Zeit reif sein muss für Entwicklungsschritte, damit diese gelingen. Vom Krabbeln zum Laufen ist mühselig, mit unzähligen Mißerfolgen und Hinfallern. WENN es aber dann gelungen ist, ist es ein dramatischer Unterschied in der Lebensrealität des Kindes. Es befindet sich sozusagen plötzlich in einer Welt mit ganz anderen Möglichkeiten und die Beschäftigung mit der Frage nach krabbeln oder laufen ist statt zentrales Bemühen nur noch Nebensache.
Bei dieser Analogie sehe ich die Menschheit aktuell im Teenageralter mit allen zugehörigen Irrungen, Wirrungen und Stimmungswechseln. Dass Teenageralter ist eine der risikoreichsten Phasen in der Entwicklung, gerade weil Extreme ihren Schrecken verlieren und die Risikobereitschaft stark ist…
Offensichtlich gibt es Klassen in der herkömmlichen Bedeutung nicht mehr wirklich, wie der Beitrag schon herausarbeitet. Bzw. es gibt sie schon, nur anders strukturiert als bekannt.
Die aktuelle Situation ist -wie jede- historisch einzigartig und bedarf ihrer eigenen Wege. Die Lebensrealität von vor hundert Jahren ist ebenso wie die Selbstwahrnehmung der Menschen gravierend anders gewesen, es bedarf also Ansätzen, die dies berücksichtigen und dennoch für die Aspekte, die strukturell gleichartig sind, auf bewährte Arbeiten zurückzugreifen.
Marx, Engels, Fromm, etc. updated quasi….
Ich denke das man 10.000 Jahre Klassengesellschaft nicht innerhalb von 70 Jahren die ja die Sowjetunion und der Ostblock unter schwierigsten Bedingungen existierte einfach aufheben kann. Da wird man in ganz anderen Dimensionen denken müssen denn diese Klassengesellschaft hat schon viel zu lange und zu intensiv die Menschheit geprägt. Vor allem müsste so etwas am besten weltweit stattfinden, denn einer der Gründe für das Scheitern des letzten Versuchs war doch wohl auch das der Westen entweder keine Kriegszerstörungen hatte (USA) oder Sklavengewinne aus der Nazi-Zeit realisieren konnte (West-Deutschland) während Ost-Deutschland Reperationen an die total zerstörte Sowjetunion zahlte.
Aber die Gesellschaften auf der Erde sind sehr unterschiedlich kulturell geprägt, eine Weltgesellschaft ist illusorisch. Klar prägen die USA bereits über Hollywood und Internet einen Teil der Welt wesentlich aber diese Prägung fördert nunmal nicht die Aufhebung der Klassengesellschaft es verstärkt sie.
Aber vielleicht muß das so sein – erst wenn alle das gleiche Niveau aben kann irgendwann in ferner Zukunft daran gedacht werden das ganze “umzudrehen”. Aber wie gesagt das ist keine Sache von Jahren, Jahrzehnten sondern eher eine Sache die nochlänger dauern könnte (und natürlich gerade dadurch scheitern könnte, (bestimmte Faktoren wie Klimawandel, Katastrophen, Rohstoffknappheiten, Zusammenbruch von Staatlichen Ordnungen auf Grund Kriegen usw mal außen vor gelassen)
Sehe ich ähnlich. Laufen lernen ist auch keine Sache von Minuten, sondern Wochen bzw. Monaten.
Ab dem Moment, an dem es erstmals gelungen ist, beschleunigt sich die Entwicklung aber exponentiell und springt dann vergleichsweise schnell auf “erledigt, primäre Entwicklung abgeschlossen”.
Aktuell ist ein sehr großer Teil der Menschheit in der Lage, sich über alle Entfernungen zu informieren und kommunizieren. Das gab es so noch nie, dass so große Anteile der Menschheit die ganze Misere so global und umfassend erkennen konnten.
Ich glaube, sobald eine kritische Menge erreicht ist, wird die Einsicht kollektiv reifen, dass Dominanz und Unterwerfung Irrwege sind.
Ich glaube, das KANN auch sehr plötzlich gehen. Da sich aber alles in Wellen bewegt,kann es durchaus sein, dass wir noch einige Male hin und her pendeln, was natürlich Jahrzehnte umfassen kann, wenn nicht Jahrhunderte.
Doch alles, was heute schon geschieht und hilft, verkürzt das eben auch. Wenn alle jetzt lebenden statt zu resignieren einfach versuchen, ihren Anteil an der Welt positiv zu halten und andere davon überzeugem, es gleich zu tun, dann ist das schon eine Menge Wirkung.
Es ist gut beschrieben, wie es dazu kommen könnte, dass Klassenbewusstsein nicht mehr existiert. Es ist die bewusst herbeigeführte Vereinzelung. Damit verbunden die Verschleierung der Besitzverhältnisse. Der Klassengegner sitzt nicht mehr in der Nobelvorstadt in großen Villen, sondern überm Teich in riesigen Anwesen, die kaum jemand zu Gesicht bekommt, wird von den Medien und Politik als Visionär gefeiert und seine Vermögensverhältnisse verschleiert. Es gibt eine Klasse in unserer Gesellschaft, das ist die der Besitzenden, die ein klares Bewusstsein hat. Ab und zu wird darüber auch im Mainstream berichtet. Diese Klasse ist abgeschottet und lässt niemanden in ihre Reihen rein. Sie leben in dem Bewusstsein, dass sie ein legitimes Anrecht auf ihre Milliarden haben. Diese Klasse gibt es in jedem Land, ob Russland, China, USA, Brasilien, oder eben Deutschland. Sie hat es geschafft sichtbar unsichtbar zu sein. Aus dieser Unsichtbarkeit müssen wir sie reißen, ständig.
Natürlich wurde das Scheitern des Ostblocks genutzt, um Marx komplett von der Bildfläche verschwinden zu lassen. Grundlos, denn sein “Kapital” ist nichts als eine Kritik am kapitalistischen System, dessen Richtigkeit durch das Scheitern des Ostblocks in keiner Weise tangiert wurde. Marx tauchte hier im Westen eher sporadisch auf, er hat aber zu einer kolossalen Hebung des Niveaus beigetragen. Welches man heute so vermisst.
Denn auch die, die einen Umsturz aller Verhältnisse nicht wollen, sollten ihn lesen. Da, wo im Neoliberalismus alles schicksalgegebene Unvermeidbarkeit ist, findet Marx Gesetzmäßigkeiten und schafft die nötigen Begrifflichkeiten.
Der Satz, dass das Sein das Bewußtsein” schafft, hat zu der Annahme geführt, dass der Mensch umerzogen und anderem, bessere Verhaltensweisen an den Tag legt. Hier, muss man sagen, ist der Kommunismus gescheitert. Das andere wäre auch ein klein wenig gruselig gewesen.
Die ganz große Lösung ist damit nicht mehr erreichbar. Wir werden uns mit einem System herumschlagen müssen, in dem wir stets für unsere Rechte kämpfen müssen. Ein System, das von sich aus Gerechtigkeit produziert, wird es nicht geben. So wirklich schlimm ist das nicht. Wir würden uns langweilen.
Eine entschlossen agierende Linke, die sich nicht instrumentaliosieren lässt, könnte sehr wohl Ergebnisse erzielen, wie weiland die 68-er. Kleine Hoffnungsschimmer sind zu sehenh, wie beispielsweise die Wagenknechtpartei. Zu wenig, zu mager, in der Tat. Aber es muss nicht so bleiben. Wenigstens eins ist gesichert: der Gegner wäre schwach.
Beispiel USA und G20
Wenn sich ‚Arbeiter’ ( in den USA ) solidarisieren ( Gibt es überhaupt noch Arbeiter? ), für ihre Interessen als Otto Normalsteuerzahler eintreten, gelten sie als Kommunisten usw. und äußerst suspekt. Die Machteliten haben genau diese Anschauung erfolgreich in die Köpfe der Massen implementiert. Und Hand aufs Herz, wer will heute noch als Arbeiter bezeichnet werden? Wer mit seiner eigenen Hände Arbeit sein täglich Brot verdient, hat etwas falsch gemacht!
In Deutschland existieren Gewerkschaften nur dem Namen nach. Denn deren Führungsetagen sind unterwandert von SPD-ParteisoldatInnen. Die Veranstaltungen zum 1. Mai 2024 gerieten daher zu Kirmes-Lach-Schischapfeife-Veranstaltungen. – 1977 nahm ich zum ersten Male an den Ruhrfestspielen teil ( https://www.recklinghausen.de/inhalte/startseite/familie_bildung/dokumente/findbuch%20bestand%20ruhrfestspiele.pdf ). Wenn ich das mit heute vergleiche? Kirmes-Lach-Schischapfeife-Veranstaltung insgesamt ( https://www.ruhrfestspiele.de/programm/2024/1-mai-auf-dem-gruenen-huegel ) – „Opium fürs Volk”!
Die Machteliten der G20 und darüber hinaus haben sich weltweit schon lange verbündet, vereinigt; beispielsweise im Format WEF. Das ist ein gaaaanz normaler Vorgang.
Der Wirtschaft muss es gut gehen. Gaaaanz normal. – Wie es den Massen geht, ist ganz egaaaal. Der DAX liegt bei 20.000. – Wie entwickelten sich Inflation, Löhne, Steuer- / Abgabenbelastungen, Energiekosten, Mietkosten, sonstige Lebenshaltungskosten, Renten usw. für Otto Normalmensch in den vergangenen 24 Jahren?
Wer profitiert am meisten von den verabschiedeten Gesetzen? Wann ist ein Mensch arm? Leben wir überhaupt in einer Demokratie?
Zu diesen Thematiken empfehle ich u. a. Publikationen von Rainer Mausfeld, Werner Rügemer, Christoph Butterwegge und Ulrike Herrmann.
P.S.: S. Gabriel versucht auf der sog. SPD „Gerechtigkeitskonferenz“ des Jahres 2016 mit einer ganz normalen Bürgerin zu sprechen. Sie hieß Susanne Neumann, Putzfrau. Die Reaktionen Gabriels sind an Armseligkeit kaum zu unter- / übertreffen; ebenso die Leistungen der Moderatorin:
https://www.youtube.com/watch?v=frv6S6F-kEI .
Ein lesenswerter Artikel mit einer gelungenen Lageanlyse.
Ein paar Anmerkungen:
1. Gibt es bei den “kleinen Leuten” heute wirklich so selten noch ein Klassenbewusstsein, ein Bewusstsein davon, in welcher Lage sie sich befinden und was ihre Interessen sind? Ich bin mir da gar nicht so sicher.
Nur folgt aus diesem Bewusstsein der eigenen Abgehängtheit und der Diskriminierung der eigenen Interessen (z.B. im Hinblick auf die Ablehnung der Zuwanderung) durch die Mächtigen eben keine politische Aktivität in dem Sinne, wie Herr Rauls es vorschwebt.
Dass gar keine Aktivität erfolgt ist, würde ich indessen nicht sagen, denn der sog. “Rechtspopulismus” ist in gewisser Weise sehr wohl eine politische Aktivität der Abgehängten, die durchaus über eine Art von Identitätsbewusstsein verfügen. Man muss das nicht “Klassenbewusstsein” nennen, aber so sehr viel anders ist es nicht.
Es ist dies nur eben kein marxisitisches Bewusstsein, doch gleichwohl weiß man in diesen geächteten und verachteten Kreisen sehr genau, von welchen Seiten und von wem der Klassenkampf gegen sie selbst betrieben wird … ! Es ist auch so, dass so mancher akademiker das politische Bewusstsein und die Fähigkeit zur realistischen Lageeinschätzung bei den sog. einfachen Leuten stark unterschätzt. Viele erkennen sehr genau, was abläuft, nur beschreiben sie das dann nicht mit hochtrabendenden sozialwissenschaftlichen Fachbegriffen.
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2. Für meine Begriffe ist es das desaströse Scheitern des real existierenden Sozialismus im 20. Jahrhundert, das bis heute eine abschreckende und zur Resignation führende Wirkung hat, wenn es um ein Klassenbewusstsein im linken bzw. marxistischen Sinne geht.
Gewiss kommen noch andere Dinge noch hinzu – die Vereinzelung der Menschen, die flächendeckende Bewusstseinsindustrie der Herrschenden, die halbwegs ausreichende finanzielle/materielle Alimentierung der Unterschicht (Stichwort “Bürgergeld”) sowie die Verschleierung von realen Klassen- und Machtverhältnissen – doch ist es dieses sehr prägende Erleben des Scheiterns, der Unterdrückung, der Diktatur und der unbefriedigenden Versorgung – das für die misslingende Aktivierung der Massen und das fehlende Klassenbewusstsein wohl eine sehr große Rolle spielen dürfte.
Es dürfte noch etwa 50 Jahre dauern, bis nämlich auch die letzten Zeitzeugen verstorben sind, bis dieser negative Eindruck so weit vergessen ist, dass ausreichend viele Menschen wieder bereit wären, einen neuen Versuch für aussichtsreich zu halten.
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3. Egal, wie man die Sache nun dreht und wendet: Es kann im Grunde immer nur zwei gesellschaftspolitische Varianten geben, nämlich eine Variante, bei der das freie gesellschaftliche Spiel der Kräfte mehr oder weniger möglich ist (egal, ob man das nun Feudalismus, Industriekapitalismus, Finanzkapitalismus oder Korporatismus nennt) und eine andere Variante, bei der das freie Spiel der Kräfte durch machtvolle staatliche Akteure beschränkt wird. Diese zweite Variante läuft zwangsläufig auf Sozialismus hinaus – egal, wie das dann in der Praxis genannt wird. Etwas Drittes daneben ist für mich nicht vorstellbar.
Mit JEDEM sozialistischen Modell verbinden sich aber automatisch und zwangsläufig(!) die sattsam bekannten Folgeprobleme, die ich hier schon vor einigen Wochen skizziert habe. Dabei ist die geringere Produktivität keineswegs das größte Problem, sondern es ist die Verselbständigung eines nicht mehr ausreichend kontrollierbaren Machtapparats, der dann zu einer Form von Diktatur mit Zwangsmaßnahmen, Überwachung, Unterdrückung abweichender Gedanken und Personen, staatlicher Bevormundung/Erziehung usw. führt. Die heutigen technischen Möglichkeiten lassen im Hinblick auf Überwachung und Lenkung noch weit mehr möglich erscheinen als damals zur Zeit von Beria oder Mielke.
” das größte Problem…….. ist die Verselbständigung eines nicht mehr ausreichend kontrollierbaren Machtapparats……”
…..der seine Systemgegner an die Spitze befördert und so – mit Hilfe des “Klassenfeindes” die eigene Zerstörung betreibt.
Hat sich mal jemand die Mühe gemacht, zu analysieren, welches Bewußtsein aus dem Sein der “administrativen Klasse” im sowjetischen Sozialismus scheinbar zwangsläufig entstand (und warum das in China offenbar vermieden werden konnte)?
Spielt diese “Klasse” in der Theorie eigentlich überhaupt eine Rolle?
@ venice12
Was Sie “Systemgegner” nennen, würde ich “Menschen mit Machtwillen” nennen. Solche Menschen gibt es immer und überall. Der administrative Bereich wird immer ganz bestimmte Charaktere und Persönlichkeitstypen mehr anziehen als andere. In der Folge sammeln sie sich dort an – völlig egal, um was für eine Art von Gesellschaftsordnung es sich handelt.
Aber: Konnte das in China vermieden werden?? Ist mir nicht erkennbar.
Haben Sie nicht gerade vorher unter Punkt 2 recht anschaulich geschildert, dass das auf ihr sogenanntes ‘freies gesellschaftliches Spiel der Kräfte’ mindestens genauso zutrifft? Und zwar auch nicht erst seit gestern, sondern in der gesamten Entstehungs- und Verlaufsgeschichte der von Ihnen genannten Systeme? Hat nicht zB schon Hobbes begründet, warum dieses ‘freie’ Spiel mit gezinkten Karten einen Leviathan erfordert?
@ renard
Sie haben recht, denn beim freien Spiel der Kräfte droht angesichts wachsender Macht- und Besitzungleichheit ebenfalls eine zunehmende(!) Verselbständigung des Machtapparats und die Verfestigung autoritärer Strukturen.
Es gibt aber einen kleinen Unterschied: Erfahrungsgemäß tendiert im freien Spiel der Kräfte aber auch ein autoritäres (kapitalistisches) System dazu, im Hinblick auf individuelle Freiheit zumindest etwas großzügiger zu sein, während allerdings die Verhältnisse im Hinblick auf materielle Ungleichheit gewöhnlich schlechter sind.
Man muss nun für sich selbst entscheiden, was einem lieber ist: eine relativ freie, aber ziemlich ungleiche Gesellschaft oder eine unfreie gesellschaft, die jedoch materiell halbwegs ausgeglichene ist.
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Alle Extreme sind ein Übel – die vollkommen freie Gesellschaft ebenso wie die sozialistische.
Inwieweit heute noch gemäßigte Formen möglich sind, in denen die Machtseite begrenzt wird, ist eine schwere Frage. Angesichts der mittlerweile entstandenen Besitz- und Machtkonzentration und der aus Sicht der einfachen Bevölkerung kaum noch vorhandenen Machtmittel dagegen, ist es leider unwahrscheinlich, dass sich die Machtseite heute noch zu Kompromissen drängen lässt, wie es vor 1980 der Fall war.
Selbst wenn man es wollte:
Wie sollte man denn heute in einer veränderten Welt die kapitalistischen Eliten entmachten??
Wie soll das denn gehen?
Wer hätte denn die Machtmittel dazu?
Erstens Wer?
Und zweitens welche Machtmittel?
Streiks oder Demonstrationen haben doch längst ausgedient.
Da ist doch nichts in Sicht!
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Sollte es aber – wie auch immer – doch noch einmal zu einer sozialistischen Gesellschaftsordnung kommen, so wäre sie angesichts der neuen technischen Möglichkeiten vermutlich sogar noch destruktiver und schlimmer als im 20. Jahrhundert. Da lebe ich schon lieber bescheiden in einer ungleichen, aber wenigstens etwas freieren Gesellschaft.
Ja, schlechte Aussichten.
Und wo sehen sie in dieser zunehmenden(!) Unfreiheit dann noch Ihre viel gepriesene ‘individuelle Freiheit’? Wird Selbstbestimmung dann nicht irgendwann tatsächlich auf das zusammenschnurren, was durch das gleichnamige Gesetz bestimmt(!) wird?
Wenn die Menschen andererseits davon irgendwann die Schnauze gestrichen voll haben, und zwar in ihrer überwältigenden Mehrheit – wieso sollten sie sich gegenseitig unterdrücken wollen geschweige denn müssen?
@ renard
Nur kurz, da ich gleich weg muss.
Zu Ihrer Frage:
Die autoritäre Ordnung beim freien Spiel der Kräfte muss nur darauf achten, dass sich am status quo der Machtverhältnisse nichts ändert und dass keine ernsthaften Systemantagonisten hochkommen. Mehr nicht. Der Rest ist egal.
Eine Vision existiert nicht, muss also auch nicht angestrebt werden.
Im Hinblick auf alle Dinge, die nicht direkt mit Macht- und Eigentumssicherung zu tun haben, kann ihr ziemlich egal sein, was die Leute denken und was passiert.
Diese Lässigkeit kann sich eine Führung im Sozialismus aber weit weniger leisten, denn sie ist ja angetreten, um eine bestimmte hehre Vision zu verwirklichen. Deshalb ist einerseits beständig Kontrolle und Volkserziehung nötig und andererseits das “Deckeln” oder Sanktionieren von unangepassten, ehrgeizigen oder etwas wohlhabenderen Bürgern. Wenn diese Ehrgeizlinge nun aber statt zu resignieren, in die Systemadministration drängen, dann bekommen wir jenes charakteristische Problem, von dem @ Venice12 gesprochen hat.
Ok, dann singen wir jetzt alle mit Klaus Schwab ‘Own nothing be happy’ und freuen uns, dass es nur um Repression zum Machterhalt geht und nicht etwa auch noch um ‘Visionen’.
*Seufz*
Sehr geehrter Herr Wirth, bei aller Wertschätzung für Ihre Beiträge muss ich doch feststellen, dass sie sehr oft geprägt sind von den herkömmlichen Denkweisen, die schon seit Jahrzehnten die westlichen Sichtweisen wie Dogmen bestimmen. Für die Katholiken war über Jahrhunderte das Dogma der unbefleckten Empfängnis Mariens eine Selbstverständlichkeit. Man konnte es zwar nicht beweisen, aber durch ständige Wiederholung und den Mangel an Zweifeln und Gegenbeweisen wurde dieses Dogma in den Zustand einer unumstößlichen Wahrheit erhoben. Ähnlich ist es bei Ihrem Sozialismusbild:
“Mit JEDEM sozialistischen Modell verbinden sich aber automatisch und zwangsläufig(!) die sattsam bekannten Folgeprobleme, die ich hier schon vor einigen Wochen skizziert habe. Dabei ist die geringere Produktivität keineswegs das größte Problem, sondern es ist die Verselbständigung eines nicht mehr ausreichend kontrollierbaren Machtapparats, der dann zu einer Form von Diktatur mit Zwangsmaßnahmen, Überwachung, Unterdrückung abweichender Gedanken und Personen, staatlicher Bevormundung/Erziehung usw. führt.”
Ich weiß nicht, welche persönlichen Erfahrungen Sie mit Sozialismus haben, dass Sie so unwidersprochen glauben behaupten zu können, dass solche “Probleme” sich “automatisch und zwangsläufig” mit Sozialismus verbinden. Es mag sein, dass Sie in der DDR gelebt haben. Aber dann haben Sie nur die Erfahrungen aus der DDR. In welchem Maße Ihre Beahuptungen von einer “Diktatur mit Zwangsmaßnahmen, Überwachung, Unterdrückung abweichender Gedanken und Personen, staatlicher Bevormundung/Erziehung” auch in anderen sozialistischen Staaten zutreffen, ist fraglich. Die Volksrepublik China ist seit 75 Jahren ein sozialistischer Staat. Aber die gesellschaftliche Situation stellt sich doch heute ganz anders dar als noch vor vllt 50 Jahren, selbst noch vor 20. Eine Bevölkerung, die die Welt bereisen kann und dies auch ausgiebig tut wie dei Chinesen, die im Ausland studieren und arbeiten kann, ist doch nicht mehr mit solchen Maßnahmen einzuschüchtern, die Sie allen sozialistischen Systemen unterstellen. Ähnliches gilt für Vietnam, das vllt sogar noch viel offener ist als China. Ich denke vielmehr, dass Ihre Aussagen auf einem Weltbild beruhen, das UNS im Westen über Jahrzehnte eingetrichtert wurde, um UNS sozialistische Kapriolen auszutreiben. Die meisten von uns können all das doch gar nicht überprüfen, was Sie als sozialistische SChreckgespenster an die Wand werfen.
Ich will nicht bestreiten, dass es solche Erscheinungen, die Sie aufführen, in den bisherigen soz. Staaten gegeben hat. Aber die gibt und gab es auch in nicht-sozialistischen Staaten. Alle Staaten dieser Welt verfügen über,
“Zwangsmaßnahmen, Überwachung, Unterdrückung abweichender Gedanken und Personen” mehr oder weniger umfangreich. Staatliche “Bevormundung/Erziehung usw.” finden doch nicht nur in sozialistischen Staaten statt. Und alles, was Sie als “Verselbständigung eines nicht mehr ausreichend kontrollierbaren Machtapparats” bezeichnen, lässt sich überall auf der Welt finden, je nach dem was man dort finden und als Ungeheuerlichkeit darstellen WILL.
Die entscheidende Frage ist doch immer die, inwieweit die Bürger dieser Staaten unter diesen Maßnahmen leiden. Oder handelt es sich dabei um Ansprüche, die vom Westen und Bürgern des WEsten erhoben werden nach den eigenen Wertvorstellungen, den eigenen Ansichten, den eigenen ERfahrungen oder Phantasien.
2008 gab es eine umfangreiche Kampagne im Westen gegen die angebliche Unterdrückung der Menschenrechte in China. Ein Franzose war der Meinung, er müsse den Chinesen die Augen öffnen über die Unterdrückung in China, sie in Sachen Menschenrechte missionieren. ER wurde verhaftet, weil der sich mit einem SChild für die Menschenrechte in China einsetzte. Die westliche Presse hatte ein großes Ding daraus gemacht. Das war für sie der Beweis. Es war ein ganzseitiger Artikel in der FAZ. Nur in einem Nebensatz erwähnte die Zeitung dann, dass kein einziger Chinese sich diesem Protest anschloss. Sie gingen kopfschüttelnd vorbei. Vermutlich dachten sie über diesen Franzosen wie dessen Vorfahren, die Gallier, seinerzeit über die Römer: Die spinnen, die Franzosen.
Es geht nicht immer um uns WEstler und unsere Wertvorstellungen, unsere Ansichten, unsere Besserwisserei. Die anderen Völker haben auch ihre Kultur, ihre ERfahrungen und ihre eigenen Vorstellung vom Leben. Selbst die aufgeklärten Westler kommen nicht weg von ihrem Missionarsgehabe. Sie bringen heute nicht mehr das Wort Gottes. Heute bringen sie die westlichen Werte oder die Vorstellungen darüber, wie es anderswo zu laufen hat.
Hallo Herr Rauls,
ich verstehe ja, dass Sie als Humanist nach Auswegen sinnen und auch als jemand, der sich nicht mit dem zu immer mehr Machtungleichgewichten, materieller Ungleichheit und militärischen Abenteuern führenden heutigen Kapitalismus abfinden kann. Ich kann das durchaus nachvollziehen und leide als Konservativer ebenfalls unter den Machenschaften der neoliberalen Herrenkaste. Auch ich denke über Auswege nach, habe allerdings außer dem lohnenden Weg in die Innerlichkeit und die Religion nichts gefunden. Ob das auch was für Sie ist, weiß ich nicht.
Vielleicht würde ich sogar gerne annehmen, dass ein neuer linker Versuch, ein neuer emanzipatorischer Anlauf erfolgversprechend sein könnte?! Allein, mir fehlt der Glaube. Gibt es denn irgendwo auf der Welt ein Beispiel für ein dauerhaft bestehendes und gelingendes Gegenmodell zum mehr oder weniger „freien Spiel der Kräfte“? Und zwar unter den heutigen technischen Rahmenbedingungen und nicht etwa in irgendeiner vormodernen Stammeskultur oder einem Hippiedorf wie Tamera in Portugal?
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Sie haben recht, dass ich durch bestimmte Erfahrungen des 20. Jahrhunderts geprägt bin. Doch besagt das noch lange nicht, dass der von mir in mehreren Posts auch begründete Zweifel am Sozialismus ein Irrtum ist. Ich habe ja recht genau erklärt, wo der Hase im Pfeffer sitzt und zu welchen Problemen es warum kommt. Die „herkömmlichen Denkweisen“ über den Sozialismus resultieren schließlich aus ganz konkreten Erfahrungen und Einsichten, die auch weit über meine persönlichen Erfahrungen hinausgehen, weshalb der Vergleich mit religiösen Dogmen unpassend ist. Für bestimmte und stets wiederkehrende Fehlentwicklungen in sozialistischen Gesellschaften gibt es – angefangen mit der Jakobinerherrschaft während der Französischen Revolution bis hin zu Kuba und Venezuela in der Gegenwart – eine ganze Reihe von Beispielen und Belegen.
Von daher möchte ich umgekehrt argumentieren und behaupten, dass jeder, der TROTZ dieser einschlägigen Erfahrungen noch sozialistische Modelle anstrebt, unter Beweisdruck steht, wie er denn diese drohenden Fehlentwicklungen vermeiden will.
So gab oder gibt es ja etwa von Heinz Dieterich den Versuch, ein neues linkes Sozialismuskonzept für das 21. Jahrhundert zu konzipieren. Er war auch um 2000 herum Berater von Chavez in Venezuela.
Vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Sozialismus_des_21._Jahrhunderts
Wenn man sich die aktuellen Verhältnisse in Venezuela ansieht, dann gewinnt man aber nicht den Eindruck, dass hier etwas Erstrebenswertes entstanden ist …
https://de.wikipedia.org/wiki/Bolivarische_Revolution
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Wenn ein Flugzeugbauer eine Reihe von Modellen entwickelt hat, die alle abgestürzt sind, dann glaubt man ihm auch nicht mehr so leicht, dass das nächste Modell in der Luft bleiben wird … Dann dürfte ein grundsätzlicher Konstruktionsfehler vorliegen.
Könnte es sein, dass die Linke sich mit den tieferen Ursachen des gescheiterten Sozialismus im Ostblock viel zu wenig beschäftigt hat?! Mitunter habe ich den Eindruck, dass das Scheitern des Ostblock-Sozialismus von Linken viel zu sehr nur mit den Wirtschaftsproblemen erklärt wird. Ein bequemer Ansatz. Die Wirtschaftsprobleme spielten gewiss auch eine Rolle, doch kann man auf diese Weise schön von anderen und tiefer liegenden Problemen ablenken …
Oder würden Sie etwa behaupten, dass das im Ostblock gar kein Sozialismus gewesen sei, weshalb sein Scheitern für neue sozialistische Anläufe auch irrelevant wäre … ?
Nun, dann müssten Sie darlegen, was bei einem künftigen Sozialismus denn anders sein würde und warum es dann zu bestimmten Problemen wie der Verselbständigung des Machtapparats, der Unlust vieler Bürger und der Gängelung der Menschen nicht kommen würde. Was könnte angesichts der gegebenen Rahmenbedingungen wirklich anders sein ?
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China lasse ich zu Ihrem Bedauern aber nicht als gutes Beispiel für ein alternatives sozialistisches Gesellschaftsmodell gelten, denn es ist ja im marxistischen Sinne gar kein sozialistisches Land mehr, sondern eine ganz banale Einparteiendiktatur, die vorsichtig wieder alte konfuzianistische Traditionen aufgreift und eine kapitalistische Wirtschaft zulässt – sowie bei Bedarf dirigiert. Nun gut, vielleicht könnte man das auch „sozialistisch“ nennen, denn wesentliche Elemente einer sozialistischen Ordnung sind ja trotzdem gegeben, jedenfalls dann, wenn man ein nichtmarxistisches Sozialismusmodell bemüht:
– Vorrang des Kollektivs vor dem Individuum bzw. „Solidarität“ vor individueller Freiheit,
– Propagierung einer goldenen Zukunft,
– Anstrengungen zur Erziehung/Manipulation/Lenkung der Bevölkerung,
– starke Stellung des Staates, der ins Autoritäre/Diktatorische tendiert,
– Existenz einer politischen Elite, die als Einparteienherrschaft auftritt,
– Versuche zur Planung von Wirtschaft und Gesellschaft.
Wenn Sie nun darauf hinweisen, dass die Chinesen damit anscheinend zufrieden seien, so muss man die andersartige chinesische Mentalität berücksichtigen. Diese ist auf Harmonie, Anpassung und Einbindung hin ausgerichtet. Wer sich nicht anpasst, wer aus der Reihe tanzt oder opponiert, wer gegen den Strom schwimmt, der „verliert rasch sein Gesicht“ – was die Chinesen natürlich vermeiden wollen. Daraus kann man aber nicht automatisch den Schluss ziehen, dass die Chinesen besonders zufrieden seien. Der heutige Overton Beitrag zu China ist in diesem Sinne ja eine Bestätigung. Außerdem ist die chinesische Mentalität im Westen nicht gegeben, weshalb das ganze Modell nicht übertragbar ist.
Gruß
Zur Ergänzung:
Im Democracy Perseption Index (westl. Insitut) landen China und Vietnam immer auf den vorderen Plätzen, was einmal die Zufriedenheit mit dem eigenen System, zum anderen die Wahrnehmung desselben als “Demokratie” angeht.
https://www.allianceofdemocracies.org/democracy-perception-index/
“Es kann im Grunde immer nur zwei gesellschaftspolitische Varianten geben, nämlich eine Variante, bei der das freie gesellschaftliche Spiel der Kräfte mehr oder weniger möglich ist (egal, ob man das nun Feudalismus, Industriekapitalismus, Finanzkapitalismus oder Korporatismus nennt) und eine andere Variante, bei der das freie Spiel der Kräfte durch machtvolle staatliche Akteure beschränkt wird. Diese zweite Variante läuft zwangsläufig auf Sozialismus hinaus – egal, wie das dann in der Praxis genannt wird”
Ein guter Beitrag, nur diese Stelle, die ist leider sehr falsch. Sie läuft nämlich darauf hinaus, zentral “geteuerte” Gesellschaften als “Sozialismus” zu bezeichnen.
Diese Fälschung hat Methode. Man bezeichnet einen glasklaren Imperialismus, der sich zunehmen faschistischer Herrschaftsstrategie bedient, als “Sozialimus”. Schon jagt die Masse dem falschen Strohmann nach.
Der entscheidende Punkt ist nicht, inwieweit eine Gesellschaft versucht, “großeFragen” auch zentral zu regulieren. Der entscheidende Punkt ist, wem die Produktionsmittel gehören. Die Verfügung über die Produktionsmittel – insbesondere die großen – die bestimmt den Charakter einer Gesellschaft vom Grund her.
Etwas einfacher: Wer bestimmt, wofür Kapital eingesetzt wird?
DAS ist der Punkt.
“Mit JEDEM sozialistischen Modell verbinden sich aber automatisch und zwangsläufig(!) die sattsam bekannten Folgeprobleme, die ich hier schon vor einigen Wochen skizziert habe.”
DAS ist es, was Sie uns einrden wollen … hätte ich mal hinten angefangen mit Lesen. Nein. Zwangsmaßnahmen sind nur notwendig, wenn eine kleine Minderheit über die Mehrheit herrschen will. Mithin im Kapitalismus und seinen Entwicklungsstufen.
@ Karl
1. Sie haben mich offenbar missverstanden:
Habe ich denn irgendwo bestritten, dass in einer zentral gesteuerten bzw. sozialistischen Ordnung die “Produktionsmittel” vom Staat kontrolliert werden?
Nein, eine staatliche Kontrolle der “Produktionsmittel” ist für mich bei einer zentral gesteuerten/sozialistischen Gesellschaft natürlich mit inbegriffen.
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2. Wie kommen Sie auf die Idee, dass der Marxismus den Begriff “Sozialismus” gepachtet hätte?
Es gibt unterschiedliche Varianten von Sozialismus.
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3. Sie behaupten:
“Zwangsmaßnahmen sind nur notwendig, wenn eine kleine Minderheit über die Mehrheit herrschen will. Mithin im Kapitalismus und seinen Entwicklungsstufen.”
Aha, wieso waren denn dann in der DDR, im ganzen Ostblock und auch in Kuba vielfältige Überwachungs- und Zwangsmaßnahmen an der Tagesordnung??
Ihre Behauptung ist pure Ideologie aus dem Staatsbürgerkunde-unterricht.
Ja, wenn man schon die Eigentumsfrage so unscharf formuliert, kann man die Klasse der Lohnarbeiter schön wegdefinieren. Die Versuche dazu laufen ja schon seit Jahrhunderten. Im Kaiserreich wurde das Berufsbeamtentum formiert: Diensthörige Untertanen mit gewissen Privilegien, aber immer noch lohnabhängig, ohne eigene Produktionsmittel, aber man hatte (und hat!) sie erfolgreich vom Proletariat abgespalten. So ging es dann weiter mit der Gruppe der Angestellten: auch sie wollen etwas Besseres sein als einfache Arbeiter. Auch die Geistesarbeiter waren ja plötzlich keine Arbeiter mehr, die irgendwie lohnabhängig waren, sondern “Intellektuelle”, mitnichten durch “Lohn” entgolten. Noch krasser bei der in den USA gerade populären PMC (Professional managerial class), deren Angehörige siçh ja schon wie Besitzteilhaber und Ausbeuter fühlen wollen. Sogar der kleine Selbständige, mit zehn Beschäftigten z.B., möchte Ausbeuter sein, und realisiert meist gar nicht, daß er nur der verlängerte Hebel seiner kreditgebenden Bank ist, die auch ihn ausbeutet…
Die Zerlegung in immer kleinere Gruppen unter Verwischung ihrer Gemeinsamkeiten (lohnabhängig, kein Besitz an Produktionsmitteln) als Mittel zur Spaltung und zum Machterhalt wird also schon lange geübt. Letztendlich resultierte sie in der jetzt zu beobachtenden völligen Zerstörung der linken antikapitalistischen Bewegungen und Parteien, die diese grundlegenden politökonomischen Erkenntnisse nicht mehr in ihrer Mitgliedschaft und im gesellschaftlichen Bewusstsein verankert haben – durch fehlende bzw. unterlassene breite politökonomische Bildung. Ein Resultat davon ist womöglich leider auch der Autor des Artikels.
Klassen gäbe es, wenn die Mehrheit sagen würde, sie gehören der Klasse xy an.
Ergo gibt es keine und es wird, außer den Superreichen, auch keine geben.
Die Inder waren schon vor Jahrtausenden schlauer als Marx, dass nämlich niemand der untersten Schublade angehören will. Wikipedia: “Die so genannten ‘Unberührbaren’ sind meist Angehörige der niedrigsten Kasten beziehungsweise Unterkasten, wovon wahrscheinlich über 3000 existieren.”
Heute sind sie klug genug, die untersten nicht mehr zu benachteiligen, mancher wird sogar gefördert. (Z.B. Staatspräsident K. R. Narayanan)
Das Social-Engineering dürfte heute so hoch entwickelt sein, dass man die unteren Schichten sehr gut ausbalancieren kann. Neben der wirtschaftlich gewünschten Reservearmee (=Arbeitslose, siehe auch John K. Galbraith) hält man die unterste Schicht hart am Existenzminimum. Die darüber subventioniert man mit Wohngeld, Kindergeld und neuerdings Mindestlohn gerade soviel, damit sie sich für was besseres halten können. Die Gewerkschaften lässt man die darüber päppeln, einen “Klassen”-aufstand gibt es so höchstens mal in einer Schule.
Wenn alle Stricke reißen, subventioniert man durch Rückverstaatlichung der Bahn oder Post (s. GB oder NZL). Wie man jüngst gesehen hat, lassen sich bei Bedarf zig Milliarden problemlos herbeizaubern – natürlich nicht für die Wünsche der Mehrheit.
Was es dann noch braucht, sind ein niedriges Bildungsniveau (mission accomplished) und möglichst viel mediale Zerstreuung, die jedem Verständnis der Zusammenhänge entgegenwirkt. Gerne auch ehrenamtliche Blogger oder spendenfinanzierte Alternativgazetten, die z.B. mit wörtererklärenden Wörtern versuchen, die heutige Zeit in marx’sche Spinnereien hineinzubiegen. Was dem Verschleiern des Social-Engineerings dient, wird weiterhin erlaubt bleiben, keine Sorge.
So jedenfalls ergibt das arrogant-bräsige Verhalten der Politiker einen Sinn. Dass sie dabei erscheinen, als seien sie zu dumm, die Sorgen und Nöte der Leute zu verstehen, betrachtet man wahrscheinlich als unvermeidlich. Weil alles geschichtlich so gewachsen ist und niemand weiß, wie es anders besser gehen könnte ohne Flächenbrände zu riskieren, spielt jeder irgendwie mit.
“Klassen gäbe es, wenn die Mehrheit sagen würde, sie gehören der Klasse xy an.” Immer dieser postmoderne Käse. Nein, Klassen funktionieren nicht, wie manche glauben, dass die Geschlechtszugehörigkeit funktioniert – durch Selbstdefinition. Klassen haben objektive Bestimmungen und hängen nicht davon ab, wer sich wie sieht. Die Kapitalistenklasse verfügt über Kapital, das sie vermehren will und tut. Ihre Einkommensquelle ist G-G’. Das Proletariat verkauft dagegen seine Arbeitskraft gegen Geld, um sich reproduzieren zu können. Wer politisch frei ist und besitzlos, also frei von Leben und Produktionsmitteln, und seine Arbeitskraft verkaufen muss, als Lohnabhängig ist, gehört zur Arbeiterklasse.
@ Krim
“Klassen haben objektive Bestimmungen und hängen nicht davon ab, wer sich wie sieht.”
Das stimmt, allerdings hängt das Klassenbewusstsein von diesen subjektiven Faktoren ab. Erst damit lässt sich Widerstand organisieren. Allerdings zerstört bürgerliche, liberale Ideologie Klassenbewusstsein, da sie auf das einzelne Individuum setzt, was zum Gegeneinander und zum Konkurrenzkampf führt. Eine umfassende Kritik am Liberalismus wäre notwendig. Stattdessen sozialistische Träumereien aus liberalem Verständnis heraus. Das sind leider totgeborene Kinder.
“Wer politisch frei ist und besitzlos, also frei von Leben und Produktionsmitteln, und seine Arbeitskraft verkaufen muss, als Lohnabhängig ist, gehört zur Arbeiterklasse.”
Eine marxistische Binsenweisheit, aber im reichen Westen ist die Arbeiterklasse nicht nur ihres Klassenbewusstseins beraubt, sondern die Klasse selbst ist zerstört worden. Sie ist korrumpiert vom Kapital oder sie ist nur noch als Lumpenproletariat vorhanden. Auch das Bürgergeld unterstützt diese Entwicklung, da der Zwang zum Verkauf der eigenen Arbeitskraft entfällt.
“Und auch beim Proletarier besteht der einzige Besitz nicht mehr in einer zahlreichen Nachkommenschaft, woraus sich dieser Begriff bei Marx abgeleitet hatte. Auch er hat inzwischen mehr zu verlieren als nur seine Ketten.”
Da möchte ich aber mal ein Zitat, dass Marx den Begriff Proletariat aus der zahlreichen Nachkommenschaft abgeleitet hat. Es stimmt zwar, dass der Begriff Proletariat Nachkommenschaft bedeutet (Das Proletariat (von lateinisch proles ‚die Nachkommenschaft‘) bezeichnete im antiken Rom die gesellschaftliche Schicht der besitzlosen lohnabhängigen, aber nicht versklavten Bürger im Stadtstaat, die nicht steuer- und wehrpflichtig waren. Wikipedia) aber nicht dass Marx, wegen den zahlreichen Nachkommen das Proletariat so genannt hat. Wäre ja auch klassistisch, ein Klasse danach zu benennen, dass sie rammeln und Nachkommen erzeugen, wie die Karnickel. Den Begriff gab es schon und vermutlich hat Marx die Arbeiterklasse, wegen den ökonomischen Gemeinsamkeiten zum antiken Proletariat so genannt – besitzlos und frei. Remember: Der doppelt freie Lohnarbeiter. Politisch frei (nicht versklavt oder leibeigen) und frei von Lebens- und Produktionsmitteln.
“Der Kampf zwischen den Klassen war das wesentliche Merkmal des damaligen Klassenkampfes.” Was für eine Erkenntnis. Klassenkampf war Kampf der Klassen. Durch Tautologien wird man aber nicht schlauer.
“Viele Verfechter des Sozialismus haben bei diesem Begriff besonders den Kampf in den Vordergrund gestellt und weniger Augenmerk gelegt auf die Klasse, die Förderung ihres Bewusstseins. ” Und bei den anderen/wenigen war es bestimmt umgekehrt. Es gab ja mal die Theorie, dass das Bewusstsein im Kampf entsteht. Stimmt auch nicht ganz, aber immerhin. Man muss schon auch die richtigen Urteile aus dem Kampf ziehen. Sonst landet man bei der Afd.
“Klassenkampf ist das Mittel zur Durchsetzung der Interessen der überwiegenden Mehrheit.” Mehrheit wovon. Was ist denn die “überwiegende Mehrheit”? Sind das vielleicht Lohnabhängige. Also deren Interesse. oder ist das bloß so ne Art Demokratieveranstaltung.
“Das bedeutet heute weniger Kampf als vielmehr Bewusstseinsbildung.” Das ist doch gar nicht wirklich zu trennen. Schließlich weiß der Kämpfer ohne Bewusstsein ja gar nicht wogegen sich sein Kampf richtet. Ich werde bloß skeptisch, wenn jemand zu weniger Kampf rät.
“Diesen Entwicklungen kann man aber mit Klassenkampfparolen, die aus vergangenen Zeiten stammen, nicht gerecht werden. Sie bieten keine Antworten auf die heutigen Fragen. ” Also erstmal finde ich die Diagnose seltsam. Wer benutzt denn Parolen aus vergangenen Zeiten? Und zweitens sind Parolen sowieso nicht dazu da Antworten auf Fragen zu geben. Waren sie früher nicht und sind sie heute nicht.
“Wir sehen zwar nicht mehr so aus wie die Proletarier früherer Zeiten und sehen uns auch selbst nicht mehr so, sind aber immer noch genauso wirtschaftlich abhängig wie diese.” Na eben. Also doch: “Die Proletarier dieser Welt haben nichts zu verlieren als ihre Ketten. Sie haben eine Welt zu gewinnen. Proletarier aller Länder, vereinigt euch!” Oder ist das ne alte Parole, die nicht mehr zeitgemäß ist, weil…?
“Auch er hat inzwischen mehr zu verlieren als nur seine Ketten.“ – Soso – Was denn? Seinen Audi? Sein Iphone?
Sind das nicht seine Ketten?
Das sind zwar wesentliche Ketten für den privilegierten Teil der Arbeiterschaft, aber Marx meinte dieses Konsumentensklaventum damit sicher nicht.
Die wesentlichste Kette Aller im Westen/Kapitalismus stellt die Abhängigkeit davon dar, “dass die Wirtschaft läuft” und Lösungen dafür gibt es (meist) nur unter Konkurrenz-kapitalistischen Gesichtspunkten.
Und dieser Hebel greift immer mehr zu kurz.
Und das ist dann die Zentralkrise des Kapitalismus, welche keineswegs nur Mehrwert-Mangel-induziert sein wird.
Die “Sozialpartnerschaft” bedeutet, der Klassenkampf wird zum Klassenkrampf!
Was fehlt ist eine Selbstorganisation.
Stetiger Reallohnverlust bei den Tarifauseinandersetzungen in der „Zeitenwende“ – Ergebnisse der Arbeitskämpfe in den Jahren 2022 und 2023 im Zeichen von Sozialpartnerschaft, Konzertierter Aktion und neuem Burgfrieden
https://gewerkschaftsforum.de/stetiger-reallohnverlust-bei-den-tarifauseinandersetzun-gen-in-der-zeitenwende-als-ergebnis-der-arbeitskaemp-fe-in-den-jahren-2022-und-2023-im-zeichen-von-sozial-partnersc/
@krim
Was wollen Sie eigentlich? Worum geht es Ihnen bei Ihrer Beteiligung an diesen Diskussionen? Sie mäkeln bei meinen Beiträgen an Belanglosem herum. Ich warte jedes Mal darauf, dass Sie noch einen Rechtschreib- oder Zeichensetzungsfehler finden und darauf herumreiten. Teilweise wird auch im Eifer des Kritisierens die Aussage einer Textstelle nicht verstanden z.B:
“„Der Kampf zwischen den Klassen war das wesentliche Merkmal des damaligen Klassenkampfes.“ Was für eine Erkenntnis.”
Worum geht es IHnen? Was ist Ihr Interesse an diesen Diskussionen hier? Das ist eine Frage, die nicht nur IHNEN gilt auch vielen anderen. Aber Sie haben sich zu meinem Lieblingskritiker gemausert. SIE sind das Paradebeispiel des Rechthabers und Mäkelers.
Als Autor muss man natürlich auch mit solchen wie Ihnen leben. Es hat auch wenig Auswirkungen auf meinen Blutdruck, eher auf mein Zwerchfell, weil ich doch mitunter herzhaft lachen muss. Aber egal. Die Frage steht immer noch im Raum: WAS wollen Leute wie Sie? Worum geht es Ihnen mit Ihren Beiträgen? Wollen Sie Recht haben und unter Beweis stellen, dass Sie klüger sind als ich? Können Sie gerne haben: Ich verkünde aller Welt: Krim und wer sich dahinter verbirgt ist klüger als ich! Reicht Ihnen das? Oder wollen Sie unter Beweis stellen, dass Sie mehr von Marx gelesen und verstanden haben als ich? Gerne: Krim ist der bessere Marxversteher!
Worum geht es?
Einigen hier scheint es darum zu gehen zu zeigen, was sie so alles drauf haben, welch tolle Meinungen sie sich zusammengebastelt haben, wen sie alles gelesen haben, welche tollen Theorien sie gelesen und sich in den Kopf gepresst haben.
Aber was ist mit solchen Selbstdarstellern anzufangen, denen die eigene Eitelkeit über alles geht? Nichts! Mit denen ist nichts anzufangen. Die machen jede solidarische Diskussion kaputt, in der es darum gehen sollte, im Vorbringen der eigenen Sichtweisen dem Erkennen der Wirklichkeit näher zu kommen. Das ist der eigentliche Sinn von Meinungsaustausch, der Austausch der Sichtweisen, um zu einem umfassenderen Bild dessen zu kommen, was in der Wirklichkeit vor sich geht. Ich sehe was, was du nicht siehst. Gedacht ist dabei urprünglich: Ich zeige dir etwas, was dir noch nicht aufgefallen ist und du zeigst mir, was mir bisher verborgen blieb. Das ist die freundliche Variante dieses Kinderspiels. Unsere Intellektuellen machen daraus: ich sehe was, was du nicht siehst und deshalb bin ich klüger als du Dummkopf.
Die Krim und so mancher andere, die sich hier als die großen Marxisten oder Marxversteher ausgeben, haben eine der wichtigsten Aussagen von Marx nicht verstanden: Proletarier aller Länder vereinigt Euch. Man kann jetzt darüber streiten, wer heute noch als Proletarier gilt. DAs machen die Krims mit Vorliebe. Aber das ist nicht der entscheidende Aspekt. Das Entscheidende an dieser Aussage ist die Vereinigung. Zu einander finden, wer zu einander gehört, zu einander finden, um miteinander zu kämpfen und sich für die gemeinsamen Interessen einzusetzen. Zu einander finden, um die gemeinsamen Interessen herauszufinden, zu benennen und gemeinsam zu überlegen, wie diese Interessen vertreten werden können. Das bedeutet: Solidarisch handeln, solidarisch mit einander umgehen. DAs ist aber den Krims schnuppe. Bei denen stehe die eigene Eitelkeit im Vordergrund und deshalb können sie noch so oft Marx im Munde führen, sie sind genau das Gegenteil von dem, was Marx wollte. Sie sind unsolidarisch, machen im Interesse der eigenen Selbstdarstellung alles kaputt, was zu gemeinsamer Erkenntnis und Gemeinsamkeit führen könnte.
@ Rüdiger Rauls
“Proletarier aller Länder vereinigt Euch. Man kann jetzt darüber streiten, wer heute noch als Proletarier gilt. DAs machen die Krims mit Vorliebe. Aber das ist nicht der entscheidende Aspekt. Das Entscheidende an dieser Aussage ist die Vereinigung.”
Die Forderung nach Vereinigung macht doch keinen Sinn wenn nicht klargestellt ist wer sich vereinigen soll. Die Kapital-Klasse hat viele Möglichkeiten eine Vereinigung zu korrumpieren. Ist da bei Ihnen vielleicht zu viel Idealismus im Spiel wenn Sie solche Forderungen aufstellen?
Das ist die eigentliche interessante Fragestellung in dieser Diskussion: Wer gehört dazu? Was ist das entscheidende Merkmal für die Klassenzugehörigkeit in Zeiten wie diesen, wo alles unklar zu sein scheint?
Die meisten beantworten diese Frage formalistisch. Wer ein bestimmtes Einkommen überschreitet, gehört nicht zum Proletariat. Andere beantworten die Frage so: Wer nicht abhängig beschäftigt ist, gehört nicht dazu, worin sie glauben, den Königsweg zum proletatischen Mitgliedsausweis gefunden zu haben. Solcher Ausschlusskriterien gibt es mehr. Sie alle haben ihre Fallstricke und machen die Definition auf der Grundlage von Formalem schwierig.
Das war mit Sicherheit zu Marxens Zeiten einfacher, weil Proletariat und Bourgeoisie leichter zu unterscheiden waren anhand von verfügbarem Einkommen. aber besonders anahnd der Verfügungsgewalt über die Produktionsmittel. Heute sind diese Unterscheidungsmerkmale schwieriger in der Anwendung, denn mit der Entwicklung des Kapitalismus auf höheres Niveau haben sich auch diese ehemals klaren Trennlinien zum Teil aufgelöst. Der Geschäftsführer eines Großbetriebes mit Hunderten oder Tausenden von Arbeitern ist formal gesehen ein Angestellter, sozusagen ein abhängig Beschäftigter.
Dagegen ist der kleine Unternehmer mit zehn Arbeitern nach formalen Definitionen eher der Kapitalist, denn er verfügt über die Produktionsmittel. Auch hat er ein wesentlich höheres Einkommen als seine Mitarbeiter, von deren Ausbeutung er profitiert, und könnte deshalb nach den alten Definitionen ohne weiteres als Bourgeois gelten. Aber mit Sicherheit wird er ein wesentlich geringeres Einkommen haben als der oben erwähnte abhängig beschäftigte Geschäftsführer des Großbetriebes, der wiederum nicht der Besitzer der Produktionsmittel ist im Gegensatz zum Kleinunternehmer.
Andererseits: Wie viele dieser kleinen Unternehmer aber sind in den Krisen der vergangenen Jahre untergegangen, haben ihre Stellung als Bourgeois verloren? Tausende! Sind diese nun noch Teil der Bourgeoisie oder doch schon Proletariat, weil sie keine Produktionmittel mehr haben, vermutlich auch kein Vermögen mehr? Formal sind sie Proletarier, aber sie denken vermutlich nicht so, denken immer noch als Kapitalisten und würden zu gerne wieder solche sein. Und hier dürften sich der kleine Unternehmer, der formal abgesunken ist ins Proletariat, und der Geschäftsführer als scheinbarer Proletarier treffen: In ihrem Denken. Sie beide denken nicht als Proletarier wie die meisten Proletarier heute auch. Sie alle denken in den Mustern der herrschenden Gesellschaft, sind verfangen in diesem Denken des Kapitalismus und der Renditeorientierung. Die meisten sind formal Prolatarier, denken aber im den Mustern und Maßstäben des Kapitals.
Nach all diesen formalen Kriterien hätte auch so mancher der Urväter der sozialistischen Bewegung eigentlich nicht dazu gehören dürfen wie Engels als Mitglied einer Familie von Fabrikbesitzern. Auch Marx, Lenin und Castro stammten nicht aus jenen Kreisen, die nach der VErballhornung des marxschen Satzes, dass das Sein das Bewusstsein bestimmt, eigentlich eher wie Kapitalisten hätten denken und handeln müssen. Aber obwohl sie anderen SChichten oder Klassen entstammten, vertraten sie nicht deren Interesse.
Das Sein bestimmt zwar das Bewusstsein, was aber nicht bedeutet, dass es zwangsläufig zu einem Klassenbewusstsein führen muss, wie so manche dieser unumstößlich Bibelfesten und unbelehrbaren Unbeirrbaren denken.
Und das macht den entscheidenden Unterschied: Das Sein bestimmt das Bewusstsein, was aber keine Einbahnstraße zu einem vorgeschriebenen Klassenbewusstsein bedeutet. Es gibt darüber hinaus ein anderes Bewusstsein, das sich an der Entwicklungsgeschichte der Menschheit orientiert. Welchen Weg geht die Menschheit? Welcher Weg ist geschichtlich zu erkennen und welche Richtung ist darin zu sehen? Bewegt sie sich nur im Hamsterrad der immer wieder neuen Klassengesellschaften mit unterschiedlichen Herrschern und Beherrschten. Oder ist diese Entwicklung der Klassengesellschaften nur von oben betrachtet ein endloser Kreislauf? Das ist die Sicht von jenen, die sich überlegen glauben und die Welt und ihr niederes Treiben nur von höherer Warte betrachten. Kämen sie auf den Boden der Tatsachen, könnten sie erkennen, dass eine eine sich aufwärts drehende Spirale ist, die nur von oben wie eine endlose Kreisbewegung aussieht. Entwicklung ist eine Spirale. Entwicklung geht nach oben, nicht im Kreis. Das bedeutet: Menschheit will immer mehr zur Menschheit werden, das Menschliche in sich entwickeln, die Genialität in sich in die Welt bringen. Das Göttliche, was wir über den Wolken Jahrhunderte lang gesucht haben, ist in UNS, ist unsere eigene Geistes- und SChaffenskraft. Die Menschheit ist auf dem Weg von der Armut zum Reichtum. von der Unterdrückung zur Freiheit, von der Rechlosigkeit zur Selbstbestimmung, von der Einengung zur Vielfalt. Für jeden dieser Schritte brauchte sie Gesellschaftsformen, die diese Schritte möglich machten. Diese Erkenntnis ist unabhängig von der Klassenlage, aber nicht unabhängig vom Klasseninteresse. Der Kapitalist kann auch zu dieser Erkenntnis kommen, sie aber in der Verfolgung seines Klasseninteresses bekämpfen. Aber für beide, Proletarier wie Kapitalist, ist die Frage entscheidend, für welche gesellschaftlichen Entwicklung man sich einsetzen will. Will man die nächste Drehung in der Spirale menschlicher Gesellschaftsentwicklung behindern oder versuchen gar aufzuhalten oder trägt man dazu bei, dieser Drehung durch eigenes Zutun mehr Kraft und Schwung zu geben. Das ist dann eine Frage des Bewusstseins. Erkennt man, dass alles anders werden muss, damit es besser wird für die Menschheit als Menschheit? Ist man für eine neue gesellschaftliche Ordnung, die allen mehr Vorteile bringt oder will man mit aller Gewalt an den alten Einschränkungen festhalten. An dieser Frage verlässt man die Klassenzugehörigkeit und wendet sich einem neuen Denken zu, dem der Schaffung einer neuen Ordnung ohne neue Klassen.
Siehe dazu auch entsprechende Einlassungen von Wagenknecht:
https://newleftreview.org/issues/ii146/articles/sahra-wagenknecht-condition-of-germany
Den Begriff der Arbeiter-Aristokratie gibt es mit unterschiedlichen Bedeutungen seit über ein Jahrhundert.
Lenin hat daraus bedingt Schlussfolgerungen gezogen, war aber durch das Attentat von Kaplan und dessen Folgen nicht mehr in der Lage, dies weiterdifferenzierend zu analysieren.
Aber es wird eine virtuelle und (bedingt) objektive Klasse geben, welche durch entsprechende Einsichten zu einem neuen Bewusstsein von Klasse gelangen wird, welche dann wieder bei Wilhelm Weitling und seinem “Bund der Gerechten” anschließt.
Und das ist das, was Klugheit und Weisheit wirklich auszeichnet.
Sobald ich genügend Zeit haben sollte, werde ich dies näher hier und woanders ausführen.
Es ist nicht so einfach, nebenbei jenseits von 250 Monatsstunden Maloche bei hoher Intensitätsstufe noch viel anderes zu machen.
Lesen Sie “Das Kapital” Marx, … weitere, dann verstehen selbst Sie als CDU-Wähler, was mit “dem Proletariat” gemeint ist und wie leicht es zu manipulieren ist!
MfG KB
—
Zu Ihrem (Un)Vergnügen den letzten Absatz des Artikels den Sie sicherlich geflissentlich überlesen haben:
[…] Wir sehen zwar nicht mehr so aus wie die Proletarier früherer Zeiten und sehen uns auch selbst nicht mehr so, sind aber immer noch genauso wirtschaftlich abhängig wie diese. Eine kleine Gruppe mit riesigem Kapitalbesitz entscheidet über das Wohl und Wehe der großen Mehrheit. Daran hat sich bis heute nichts geändert, aber das gilt es zu ändern. [0]
Mein Beitrag war auf @garno abgestellt, nicht auf @Rüdiger Rauls …
@ KB
” Eine kleine Gruppe mit riesigem Kapitalbesitz entscheidet über das Wohl und Wehe der großen Mehrheit. Daran hat sich bis heute nichts geändert, aber das gilt es zu ändern. ”
Ja gut, das beschreibt die Kapitalisten-Klasse, das versteht sogar ein CDU-Wähler. Und der große Rest ist dann Ihrer Meinung nach wohl die Klasse der Arbeiter, weil wirtschaftlich und rechtlich von der Kapitalisten-Klasse abhängig?
Bitte verschonen Sie mich mit Ihren Empfehlungen das Kapital von Marx zu lesen.
Krim hat in vielen Aspekten recht. Die Diskussion auf das Niveau persönlicher Anschuldigungen zu ziehen macht keinen guten Eindruck.
“die Menschheit” und ihre historische Mission:
Rauls:
Unter schweren und verlustreichen Kämpfen, die oft auch in Niederlagen und Entkräftung führten, hat sie (die Menschheit) sich immer wieder neue Gesellschaftsformen geschaffen, die ihr Vorankommen gefördert haben
[…]
All diese Entwicklungsschritte waren verbunden mit neuen gesellschaftlichen Ordnungen, die der Verwirklichung dieser Bedürfnisse mehr Raum boten
Marx:
Die Geschichte aller bisherigen Gesellschaft ist die Geschichte von Klassenkämpfen.
[…]
Sie (moderne bürgerliche Gesellschaft) hat nur neue Klassen, neue Bedingungen der Unterdrückung, neue Gestaltungen des Kampfes an die Stelle der alten gesetzt.
Stirner:
Wie steht es mit der Menschheit, deren Sache Wir zur unsrigen machen sollen?
[…]
Damit sie sich entwickle, läßt sie Völker und Individuen in ihrem Dienste sich abquälen, und wenn diese geleistet haben, was die Menschheit braucht, dann werden sie von ihr aus Dankbarkeit auf den Mist der Geschichte geworfen
… zu philosophieren bringt bei Overton und sonstigen wenig, immer sind die gleichen Verdächtigen da, die mit unqualifizierten Beiträgen nichts beitragen außer Blödsinn.
Der sogenannte “Werte-Westen” wird lernen müssen das 5/7 der Menschheit sich nicht länger unterordnen will, und vor allem ein gutes Stück der durch den Westen ausgebeuteten Ressourcen für sich selbst vereinnahmen wird. Dessen wird übrigens Putin durch die USA beschuldigt! “Ein Lacher” Ich diskutiere auch gerne über Brasilien & China, 6 Jahre China, 8 Jahre Brasilien … Nicht für eine Bank wie Weidel/AfD, hier Goldman Sachs, sondern um Erfahrungen zu sammeln.
Ich fordere ein Lobbyverbot für alle Parlamentarier und somit den Ausschluss von Industrie … und weiteren Verbänden. …
MfG KB