Kein Corona-Wunder in Spanien

Inzidenz in Spanien. Bild: https://cnecovid.isciii.es/covid19/

Die Corona Lage in Spanien spitzt sich wieder zu, im Land gibt es trotz hoher Impfquote kein „Corona-Wunder“ und Regionen machen Druck auf die Zentralregierung, um schnell den Covid-Pass einheitlich einzuführen.

Im spanischen Staat muss in Katalonien, Galicien und den Balearen – also auch auf Mallorca – der Covid-Pass zum Beispiel in Diskotheken vorgezeigt werden, um Zutritt zu erhalten. Nun hat die katalanische Regionalregierung die Ausweitung auf den Besuch eines Restaurants, einer Bar sowie von Sportstätten und Altenheime ausgeweitet. Eine Impfpflicht durch die Hintertür werde darüber aber nicht eingeführt, denn auch ein Test reicht aus, um Einlass zu erhalten. Ob die Anwendung umgesetzt werden kann, darüber wird aber der Oberste Gerichtshof in der Region noch entscheiden müssen.

Der hat gerade im Baskenland die Einführung des Covid-Pass in der Region gestoppt, weil das Vorhaben zu allgemein begründet gewesen sei, obwohl auch die Staatsanwaltschaft der Maßnahme angesichts der steigenden Covid-Ansteckungen befürwortet hatte. Diese Regionen stehen aber angesichts steigender Inzidenzen nicht mehr allein mit diesem Vorhaben.

Diverse Regionen wollen den Covid-Pass und drängen die Zentralregierung auf eine einheitliche Lösung, um nicht von Urteilen lokaler Gerichte abhängig zu sein, die bisher immer wieder sehr unterschiedlich entschieden hatten. Was in einer Region verboten war, war bisweilen schon in der Nachbarregion wieder erlaubt, weil das zuständige Gericht andere Kriterien angelegt hatte. Die Sozialdemokraten in Madrid weisen die Forderungen allerdings nach Medienberichten ab, womit die Tür für ein Weihnachtsfest aufsteht, dass in den 17 Regionen sehr unterschiedlich gefeiert werden kann.

Auch Kastilien-Leon in Zentralspanien will den Covid-Pass einführen, um allgemeine Schließungen des Nachtlebens zu verhindern, erklärte die Gesundheitsministerin der Region Verónica Casado.  Navarra wird sich am Mittwoch an die Justiz wenden, um eine Genehmigung zu erhalten. Auch Valencia, Aragón und Andalusien denken verstärkt darüber nach, die 3G-Regel unter anderem für Kneipenbesuche nach französischem Vorbild einzuführen.

Baskenland: Trotz hoher Impfquote von über 90 Prozent geht die Inzidenz wieder nach oben

Die Lage entwickelt sich im Baskenland alles andere als gut. Die Sieben-Tage-Inzidenz pro 100.000 Einwohner ist am Dienstag nach Angaben des spanischen Gesundheitsministeriums deutlich auf 191 gestiegen und liegt damit sehr deutlich über dem landesweiten Durchschnitt von 81. Und das ist der Fall, obwohl das Baskenland eine überdurchschnittlich hohe Impfquote von über 90 Prozent ausweist und damit deutlich über dem Landesdurchschnitt von etwa 80 Prozent liegt. Nur in der Nachbarregion Navarra ist die Inzidenz mit 247 noch deutlich höher. Auffällig ist, dass die Inzidenzen in allen Regionen wieder schneller steigen und die Kurven steiler nach oben zeigen.

Das hat längst auch Konsequenzen für die Hospitäler. Die Zahl der Einlieferungen in Krankenhäuser ist zum Beispiel im Baskenland innerhalb einer Woche um 38 Prozent gestiegen. Die Belegung liegt damit 80 Prozent über dem spanischen Durchschnitt.  In Navarra sind schon wieder gut 10 Prozent der Betten auf Intensivstationen mit Covid-Patienten belegt. Die Belegung ist in nur einer Woche um 57 Prozent gestiegen.  Katalonien ist bei der Belegung der Intensivbetten mit gut 12 Prozent der Spitzenreiter im Land.

Auch Portugal ist keine „Corona-Oase“ mehr

Die Entwicklung in Portugal ist ganz ähnlich, obwohl die Impfquote sogar schon im Landesdurchschnitt bei 90 Prozent und noch deutlich höher als in Spanien liegt. Anders als zum Beispiel der „Focus“ noch am Montag behauptet hat, sind beide Länder keine „Corona-Oasen“.  Portugal hat am Dienstag wieder 14 Tote verzeichnet, die Einlieferungen in Krankenhäuser haben sich in den letzten 18 Tagen verdoppelt. Die Sieben-Tage-Inzidenz ist mit 150 sogar schon wieder fast doppelt so hoch wie im Nachbarland Spanien. Am Dienstag hat der sozialistische Regierungschef noch keine neuen Maßnahmen verkündet. Das wird er am Donnerstag nach der Kabinettssitzung tun, nachdem alle Parteien im Land angehört wurden.

Von den „Musterschülern“, von denen in Deutschland gerne gesprochen wird, „wo dank hoher Impfquoten die Corona-Inzidenz niedrig bleibt“, kann wahrlich keine Rede sein.  Das „Corona-Wunder“ in Spanien, von dem „Bild“ angesichts der hohen Impfquote fabulierte, gibt es nicht. Spanien und Portugal holen trotz der überdurchschnittlichen Impfraten auf. Dabei spielen aber auch Urlauber eine Rolle. So titelte das Schweizer Nachrichtenportal „Watson“ schon vor fast zwei Wochen: „Spanien verzeichnete niedrige Infektionszahlen – bis die Benidorm-Touristen kamen.“

Watson hatte auf einen Effekt verwiesen, vor dem Krass & Konkret schon im Juli in die andere Richtung gewarnt hatte, als in Spanien die Inzidenzen hoch waren. Das Auswärtige Amt hat das Land – vor allem die Baleareninseln und Mallorca – viel zu spät zum Hochinzidenzgebiet erklärt.  Es war klar, dass dies Konsequenzen für Deutschland haben würde. Auch aus anderen Urlaubsländern wie Kroatien oder der Türkei wurden schließlich Inzidenzen nach Deutschland exportiert.

Nun ergibt sich offensichtlich ein Ping-Pong-Effekt. Watson hatte auf aufziehende schwarze Wolken über der der Costa Blanca verwiesen, die insbesondere über Benidorm hängen. Das ist ein beliebter Urlaubsort für Briten, wo die Inzidenz mit 430 besonders hoch ist. „Die Rückkehr der Briten nach Benidorm lässt das Coronavirus auf das Fünffache des spanischen Durchschnitts ansteigen“, zitiert Watson eine spanische Zeitung. Über 50 Prozent der Ansteckungen in Benidorm seien bei ausländischen Personen festgestellt worden.

Die 3G-Regel versagt

Damit zeigt sich am Beispiel Benidorm, aber auch in bei Briten beliebten Urlaubsorten in Portugal, dass die 3G-Regel versagt. Denn wie Deutschland wird auch Großbritannien als Risikogebiet eingestuft. Das bedeutet, dass Einreisende ab zwölf Jahren entweder einen Impf-, einen Genesenen- oder einen Testnachweis zur vorlegen müssen. Und der die PCR-Tests dürfen maximal 72 Stunden alt sein, die Antigentest höchstens 48 Stunden. Obwohl dies geprüft wird, steigen die Inzidenzen in den Urlaubsgebieten, auch auf Mallorca. Die Inzidenz liegt so auch auf den Balearen mit 104 klar über dem spanischen Durchschnitt.

Schaut man sich die Daten des Gesundheitsministeriums nach Regionen aufgeschlüsselt an, dann wird aber auch deutlich, dass das Erklärungsmuster, dass man in Spanien nun vor allem mit über Urlauber importierten Inzidenzen zu tun hat, zu kurz greift. Das mag zwar auch für das Baskenland noch halbwegs stimmen, das weiterhin von vielen französischen Touristen besucht wird. Dort liegt die Inzidenz praktisch genauso hoch wie derzeit in Frankreich mit 184. Für den Spitzenreiter Navarra (247) kann das aber kaum gelten, auch nicht für Aragon das mit 142 auch deutlich über dem Durchschnitt liegt.

Die Frage ist, welchen Einfluss unter anderem die neue britische Delta-Plus-Variante hat, die in Spanien schon an diversen Stellen nachgewiesen wurde, auch auf Mallorca.  Sie soll zwar nicht aggressiver sein, aber um 10 bis 15 Prozent ansteckender. Einen Einfluss auf steigende Inzidenzen und die steigenden Zahlen für Einlieferungen in Krankenhäuser dürfte auch haben, dass die Wirkung der Impfung relativ schnell abnehmen soll. Nach einer Untersuchung soll der Schutz schon nach drei Monaten nur noch 63 Prozent betragen. Bei Jansen sollen es sogar nur noch 50 Prozent sein, bei AstraZeneca noch 54 Prozent.

Ähnliche Beiträge:

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert