Gibt es vor dem Ablauf des Ultimatums einen Durchbruch für einen Waffenstillstand in der Ukraine?

 

Trumps Sondergesandter Witkoff traf sich mit Putin im Kreml. Es soll „Signale“ gegeben haben. Bild: Kreml

In der Welt der Diplomatie, die wichtig wird, wenn man die eigenen Interessen nicht mit einem schnell abschließbaren Deal durchsetzen kann, geht es langsam und abwägend zu, zumal wenn mehr Akteure mit unterschiedlichen Interessen beteiligt sind. Das muss US-Präsident Trump bei seinem Vorhaben, den Krieg zwischen Russland und der Ukraine zu beenden, derzeit erfahren.

Zwar läuft am Freitag das Ultimatum Trumps ab, er hat auch schon Indien – aber nicht China – mit sekundären Zöllen belegt, aber nach dem erneuten Besuch von Witkoff in Moskau sieht es nun wieder ganz danach aus, dass Trump seine Drohungen nicht umsetzt und Putin weiter auf Zeit spielen kann.

Vor einem Waffenstillstand will der Kreml möglichst die vier Regionen ganz oder weitgehend erobert haben, die bereits annektiert wurden. Derzeit rücken die russischen Truppen kontinuierlich weiter vor, Lugansk ist praktisch erobert, aber allein den Oblast Donezk mit den zu Festungen ausgebauten größeren Städten Slawjansk und Kramatorsk ganz einzunehmen, dürfte noch lange dauern, wenn nicht der Widerstand zusammenbricht oder die ukrainische Regierung einlenkt oder stürzt. Von daher sind auch die Warnungen, die gezielt Angst schüren sollen, vor einem baldigen Angriff Russlands auf Nato-Staaten Propaganda, um die Aufrüstung und die Erhöhung der Militärausgaben zu rechtfertigen.

Die Frage ist, welche Strategie der Kreml fährt, denn es ist in nächster Zeit nicht absehbar, dass die Gebiete eingenommen werden können. Wenn Putin darauf setzt, dass die Ukraine so militärisch und auch diplomatisch unter Druck gesetzt werden kann, einen Friedensvertrag zu schließen und die Gebiete erst einmal  Russland zu überlassen, könnte er eigentlich einem bedingten Waffenstillstand zustimmen. Möglich wäre aber, dass China den Kreml unter Druck setzt, den Krieg weiterzuführen und weitere Sanktionen in Kauf zu nehmen. Offenbar hat Trump es nicht geschafft, Indien durch die Androhung von Zöllen zu einer Abkehr von Russland zu zwingen. Vielmehr scheinen China, Indien und Brasilien nun zu eruieren, wie die BRICS-Länder zu einer gemeinsamen Antwort auf Trumps Zollpolitik kommen könnten.

Zunächst scheint Putin Witkoff überzeugt zu haben, dass sich weitere Verhandlungen lohnen. Trump erklärte gegenüber Friedrich Merz und dem britischen Premier Keir Starmer, das Gespräch sei ergiebiger als gedacht gewesen. Und er schrieb, es seien große Fortschritte erzielt worden. Trump sprach über das geplante Treffen mit Putin, das in den nächsten Tagen stattfinden soll. Während die russische Seite behauptet, der Plan sei von Washington geäußert worden, behauptet man dort, Russland habe dies gewünscht.

Ob das Treffen, sollte es zustandekommen, bedeutet, dass das Ultimatum erst einmal keine Rolle mehr spielt, ist unklar. Vermutet wird, Putin könne anbieten, den Luftkrieg einzustellen, aber am Boden weiter zu kämpfen. Bloomberg behauptet, dass Putin zu Friedensverhandlungen bereit wäre, wenn über Gebietsabtrennungen als sine qua non verhandelt wird. Nach dem polnischen Nachrichtenmedium ONET.pl soll Witkoff Putin einen mit den Europäern abgesprochenen Friedensvorschlag unterbreitet haben, der von Moskau als Verhandlungsbasis akzeptiert werden könnte:

Es soll einen Waffenstillstand in der Ukraine geben, aber noch kein Frieden,

Faktisch sollen die die russischen Gebietsgewinne anerkannt werden. Endgültig gelöst werden soll dies in 49 oder 99 Jahren.

Die meisten der gegen Russland verhängten Sanktionen sollen beendet und langfristig zur Energiekooperation, also zum Import von russischem Gas und Öl, zurückgekehrt werden.

Allerdings wäre keine Garantie enthalten, dass die Nato nicht erweitert wird, und auch keine Zusage, die militärische Unterstützung für die Ukraine einzustellen. Das würde bedeuten, dass die Ukraine, aber auch Moldawien und Georgien irgendwann in die Nato aufgenommen werden können und dass die Ukraine nicht abrüsten muss. Überdies scheint es nur um die bereits besetzten Gebiete zu gehen. Ob das von Moskau anerkannt wird, ist zweifelhaft. Zwar müsste die Ukraine große Gebiete abtreten, was weder Kiew noch die europäischen Länder je in Erwägung gezogen haben, obgleich dies realistisch wäre.  Dafür wäre der Nato-Beitritt womöglich offen und die Ukraine könnte sich mit ausländischer Hilfe militärisch stark machen.

Florian Rötzer

Florian Rötzer, geboren 1953, hat nach dem Studium der Philosophie als freier Autor und Publizist mit dem Schwerpunkt Medientheorie und -ästhetik in München und als Organisator zahlreicher internationaler Symposien gearbeitet. Von 1996 bis 2020 war er Chefredakteur des Online-Magazins Telepolis. Von ihm erschienen sind u.a. „Denken, das an der Zeit ist“ (Suhrkamp 1988), „Die Telepolis“ (1995), „Vom Wildwerden der Städte“ (Birkhäuser 2006), „Smart Cities im Cyberwar“ (Westend 2015), „Sein und Wohnen“ (Westend 2020) oder „Lesen im Zeitalter der Künstlichen Intelligenz“ (Bielefeld 2023)
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17 Kommentare

  1. „und Putin weiter auf Zeit spielen kann“

    Was muß man eigentlich schlucken, um so einen Müll abzusondern? Unglaublich. Es ist doch der Scheißwesten, der dafür sorgt, dass die Kriege in der Ukraine und Gaza aufrechterhalten werden. Da wird mir echt schlecht. Und dann Spenden abgreifen? Nee, is klar.

    1. Ich kann mir nicht vorstellen, dass die russische Regierung darauf wirklich eingehen wird. Eine später bis auf die Zähne neu aufgerüstete Nato-Restukraine, die zusammen mit anderen gegen Russland wieder in Stellung gebracht wird, kann nicht im Interesse Moskaus sein.

      1. Genau so ist es. Jetzt wird erst mal ein bisschen geplänkelt aber das Endergebnis
        wird genau so sein, wie wie sich das die RF vorstellt.
        Immerhin sind die so freundlich und bemühen sich, das Donald nach dem Afganistan Disaster
        nicht auch noch in diesem Fall, für die komplette Niederlage gerade stehen muß.

        Man darf gespannt sein wie die EU Granden in diesem Spiel weiterhin performen.
        Der Klavierspieler winselt bereits. Er will jetzt unbedingt den Krieg beenden.
        Anscheinend wird es jetzt langsam eng für ihn.

    2. „und Putin weiter auf Zeit spielen kann“

      Auch ich wünsche mir von Herrn Rötzer eine ausgewogenere Berichterstattung über den Krieg der Nato gegen Russland in dem die russischen Positionen und Sichtweisen denen des Westblocks kompetent und zumindest gleichberechtigt gegenübergestellt werden.

      „Und dann Spenden abgreifen?“

      Ich persönlich bin sehr daran interessiert, dass sich Overton über Spenden finanzieren und weiter bestehen kann, nicht zuletzt wegen des wie ich finde überdurchschnittlich guten Forums, weshalb ich auch hier kommentiere und nicht irgendwo anders.

      Der Redaktion empfehle ich sich bewusst oder bewusster zu machen, dass es viele deutsch- und englischsprachige alternative, oppositionelle oder eher oppostionelle Medien gibt die alle durch Spenden finanziert werden wollen oder müssen und im Wettbewerb miteinander stehen.

      Wer immer erwägt, sein Medienunterstützungsbudget zu erweitern oder umzubauen wird sich dabei wohl vorrangig die Frage stellen, wer von den in Frage kommenden Medien zu den Themen die dem Nutzer am Wichtigsten sind am besten informiert.

      Overton bringt wie ich finde erfreulich viel über den Krieg der Nato gegen Russland. Die durchschnittliche Qualität der Beiträge ist für ein alternatives, oppositionelles oder eher oppostionelles Medium in meiner Wahrnehmung allerdings eher Mittelmaß: oft wenn auch nicht immer oberflächlich, oft zu stark an „Mainstreampositionen“ orientiert und die Autoren an so mancher Stelle so scheint es mir auch zu wenig kompetent, um die russischen Positionen und das Vorgehen der russischen Führung für den Leser gewinnbringend zu erklären.

      Letzteres könnte dadurch verbessert werden, in dem die Autoren andere alternative Medien die von Fachleuten betrieben werden zum eigenen Verständnis stärker nutzen und zum Nutzen des Lesers auch öfter zitieren.

    3. „und Putin weiter auf Zeit spielen kann“

      Auch ich wünsche mir von Herrn Rötzer eine ausgewogenere Berichterstattung über den Krieg der Nato gegen Russland in dem die russischen Positionen und Sichtweisen denen des Westblocks kompetent und zumindest gleichberechtigt gegenübergestellt werden.

      „Und dann Spenden abgreifen?“

      Ich persönlich bin sehr daran interessiert, dass sich Overton über Spenden finanzieren und weiter bestehen kann, nicht zuletzt wegen des wie ich finde überdurchschnittlich guten Forums, weshalb ich auch hier kommentiere und nicht irgendwo anders.

      Den Overton-Machern empfehle ich sich bewusst oder bewusster zu machen, dass es viele deutsch- und englischsprachige alternative, oppositionelle oder eher oppostionelle Medien gibt die alle durch Spenden finanziert werden wollen oder müssen und im Wettbewerb miteinander stehen.

      Wer immer erwägt, sein Medienunterstützungsbudget zu erweitern oder umzubauen wird sich dabei wohl vorrangig die Frage stellen, wer von den in Frage kommenden Medien zu den Themen die dem Nutzer am Wichtigsten sind am besten informiert.

      Overton bringt wie ich finde erfreulich viel über den Krieg der Nato gegen Russland. Die durchschnittliche Qualität der Beiträge ist für ein alternatives, oppositionelles oder eher oppostionelles Medium in meiner Wahrnehmung allerdings eher Mittelmaß: oft wenn auch nicht immer oberflächlich, oft zu stark an „Mainstreampositionen“ orientiert und die Autoren an so mancher Stelle so scheint es mir auch zu wenig kompetent, um die russischen Positionen und das Vorgehen der russischen Führung für den Leser gewinnbringend zu erklären.

      Letzteres könnte dadurch verbessert werden, in dem die Autoren andere alternative Medien die von Fachleuten betrieben werden zum eigenen Verständnis stärker nutzen und zum Nutzen des Lesers auch öfter zitieren.

  2. Putin hat für Russland die Bedingungen für ein Ende des Krieges mehrfach klar
    definiert.: Entmillitarisierung der Ukraine, Entnazifizierung und kein Nato Beitritt.
    Wenn Putin davon abweicht, ist sein politisches Leben beendet. Also dürfte es
    keinen Waffenstillstand auf Zeit geben und die Waffen müßten abgegeben werden.
    Das werden die Europäer Marcon, Starmer und Merz aber nicht wollen. Die Engländer
    werden bestimmt mit Hilfe der Ukrainer noch eine Schweinerei anzetteln.
    Die sind pleite und brauchen einen großen Krieg, weil sie glauben sich damit wieder
    gesund zu stoßen. So haben sie es ja auch schon mit dem ersten und zweiten
    Weltkrieg hinbekommen.

    1. Das sehe ich ebenso. Das mit dem „Großen Krieg“ sollten sie bleiben lassen.
      Es könnte sonst evtl. Haselnüsse regnen.
      Aber ich denke die versuchen, durch Aufrüstungsprogramme und Volksverblödung, die niedergehende Wirtschaft
      retten. Aber da wäre noch der „Fachkräftemangel“. Nun ja vielleicht erledigen das je die eingewanderten
      Raketenforscher.

  3. Woher soll Moskau Vertrauen in irgendeine Verhandlungslösung nehmen? Mag sein, dass Putin auf so etwas eingehen muss, weil auch ihm die Puste ausgeht. Aber er wird sich Hintertürchen offen lassen. Einige wurden bereits woanders beschrieben. Und zwar wird es seitens Moskaus vorerst keine Zusagen über Abrüstung und keine „vertrauensfördernden“ Maßnahmen mehr geben. Keiner wird wissen, welches und wo Moskau Kriegsmaterial lagert und für Einsätze vorbereitet. Der Westen kann nicht die ganze Welt überwachen. Russland hat Technologien, die dem Westen gefählich werden können und wird nicht mitteilen, wo sich was befindet. Da kann der Westen ruhig den Natogürtel um Russland herum legen, die Antwort auf Angriffe kommen dann unverhofft, unkalkulierbar und irgendwo in der Welt. Es ist ein neues Gleichgewicht des Schreckens. Dafür könnte Putin gewisse Zugeständnisse machen, ohne seine Ziele ganz zu verraten. Aber auch das ist nur Spekulation, es kommen täglich neue Aspekte.

  4. „Nach dem polnischen Nachrichtenmedium ONET.pl soll Witkoff Putin einen mit den Europäern abgesprochenen Friedensvorschlag unterbreitet haben, der von Moskau als Verhandlungsbasis akzeptiert werden könnte:

    Es soll einen Waffenstillstand in der Ukraine geben, aber noch kein Frieden,

    Faktisch sollen die die russischen Gebietsgewinne anerkannt werden. Endgültig gelöst werden soll dies in 49 oder 99 Jahren.“

    Die Europäer wollen also eine Kriegspause und wenn man wieder kriegstüchtig ist, soll es weiter gehen. Ich glaube, darauf sind die Russen nicht erpicht. ME. kann die Eingangsfrage daher mit einem klaren: Nein beantwortet werden.

  5. Was soll man sagen? Man weiß nichts. Auch nicht, ob China irgend was verlangt, Putin etwas anbietet, Amerika auf etwas verzichtet. Eigentlich wissen wir nicht mal, ob es in der kommenden Woche zu einem Treffen kommen wird. Unser Wissensstand ließe sich in einem Satz zusammenfassen: Beide Seiten haben erklärt, dass sie die Absicht haben, sich auf höchster Ebene zu treffen. Sollen sie machen. Durch das Treffen selbst wird nichts schlechter werden. Ob etwas besser wird? Ich glaube nichts mehr. Selbst wenn ein Waffenstillstand erreicht werde, was ich sehr wünsche, werden wir trotzdem eine Welt haben, die durch den Hegemon, der sich und seine Weltherrschaft für einzigartig und unverzichtbar erklärt, extrem fragil bleibt.
    Putin spielt auf Zeit? Vielleicht. Ich weiß es so wenig wie der Autor. Aber selbst wenn er Zeit gewinnt, verschiebt es nur den Zeitpunkt, an dem es zur großen Konfrontation kommt.

    1. „weil das sein prestige erhöht“

      oder weil es einfach selbstverständlich ist.

      Im Übrigen ist Putins Prestige außerhalb unserer wertewestlichen Echokammern, die ihn kaum interessieren dürften, erstens ziemlich hoch und zweitens durch ein Treffen mit Trump wohl kaum steigerbar.

      Aber falls Trumps Prestige gemeint ist: das dürfte ganz sicher durch so ein Treffen gewinnen.

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