Gefahr des Einsatzes von Atomwaffen wieder real – zweiter Teil

Aktionen der IPPNW gegen die Aufstellung neuer atomarer Mittelstreckenraketen in der Kieler Innenstadt 1983
Quelle: Klaus-Dieter Kolenda; Aktionen der IPPNW gegen die Aufstellung neuer atomarer Mittelstreckenraketen in der Kieler Innenstadt 1983

Eine kurze Geschichte der atomaren Aufrüstung und die derzeitige Atomkriegsgefahr. Zweiter Teil.

Lesen Sie hier den am Samstag erschienenen ersten Teil.

Der folgende Artikel ist eine erweiterte Fassung eines Vortrags, den der Autor am 12.10.2022 im Flandernbunker in Kiel im Rahmen der Ausstellung „Bomben und Traumata. Unheimliche Hinterlassenschaften des Krieges“ gehalten hat.

Atomare Aufrüstung seit den 1990er Jahren und Rüstungskontroll- und Abrüstungsverträge                                                       

Heute verfügen die neun Atommächte (neben Russland und den USA sind das China, Frankreich, Großbritannien, Pakistan, Indien, Israel und Nordkorea) über rund 13.000 nukleare Sprengköpfe.

Trotz einiger Reduzierungen von strategischen Atomwaffen, die sich im Besitz von Russland und den USA befinden, z. B. 2010 durch den neuen Start-Vertrag (Strategic Arms Reduction Treaty) auf jeweils 800 Trägersysteme mit ca. 1500 Atomsprengköpfen, sind laut Sipri immer noch mehr als 90 Prozent aller Atomwaffen je etwa zur Hälfte im Besitz der beiden größten Atommächte (Fußnoten 3 und 5). Das bedeutet, dass sowohl Russland als auch die USA heute insgesamt über jeweils ca. 5500 bis 6000 Atomsprengköpfe verfügen.

Deutschland verfügt über keine „eigenen“ Atomwaffen, ist aber über die „Nukleare Teilhabe“ an der Atomkriegsstrategie der Nato beteiligt.

Die „Nukleare Teilhabe“ Deutschlands

Im Rahmen der Nuklearen Teilhabe haben die USA in vier europäischen Nato-Staaten ca. 150 taktische Atomwaffen, das sind frei fallende Atombomben vom Typ B61, stationiert. Neben Deutschland sind das Belgien, Italien, die Niederlande und die Türkei.

Taktische Atomwaffen haben in der Regel eine geringere Sprengkraft und Reichweite als strategische Atomwaffen, aber die Übergänge sind fließend.

Die USA liefern also die Atomwaffen, während die Stationierungsländer die Stützpunkte, die Trägerflugzeuge und die Piloten zur Verfügung stellen, die im Kriegsfall die Atomwaffen ins Ziel fliegen und abwerfen sollen. In Deutschland sind schätzungsweise ca. 20 US-Atombomben auf dem Bundeswehr-Fliegerhorst Büchel in der Eifel stationiert.

Die Nukleare Teilhabe verstößt eindeutig gegen den Atomwaffensperrvertrag von 1970, den auch Deutschland nach langen Auseinandersetzungen 1975 unterzeichnet hat. Darin haben sich alle Nicht-Atomwaffenstaaten verpflichtet, „Kernwaffen oder sonstige Kernsprengkörper oder die Verfügungsgewalt darüber von niemandem unmittelbar oder mittelbar anzunehmen.“

Die neue Allzweck-Atombombe B61-12

Trotz eines parteiübergreifenden Beschlusses des Bundestages im Jahr 2010 hält die Bundesregierung weiterhin an der Stationierung der US-Atombomben in Deutschland fest und lässt Piloten der Bundeswehr regelmäßig den Atomwaffeneinsatz für den Ernstfall trainieren.

In den letzten Jahren wurden die in Büchel stationierten US-Atombomben „modernisiert“. Die neue B61-12 ist eine „Allround“-Atombombe, eine zielgenaue, elektronisch gesteuerte und gelenkte Atomwaffe mit variabler Sprengkraft, vergrößerter Reichweite und der Fähigkeit, tief verbunkerte Ziele zu zerstören.

Die B61-12 ist die erste Nuklearbombe, die mit einem derartigen Steuerungssystem ausgestattet ist. Durch die variable Sprengkraft, in der Größenordnung von sog. Mini-Nukes bis zur Sprengkraft der HiroshimaBombe, ergeben sich für die Kriegsplaner erweiterte operative Möglichkeiten für den Einsatz dieser Nuklearwaffen.

Zusätzlich ist der Kauf einer neuen Generation von Atombombern (F 35) von den USA als Ersatz für die derzeitigen Tornados in Planung.

Neue atomare Aufrüstung – Kündigung der Abrüstungsverträge – Neue Atomkriegsgefahr

Obwohl sich alle Kernwaffenmächte, die 1970 ebenfalls den Atomwaffensperrvertrag mitunterzeichnet haben, feierlich zur nuklearen Abrüstung verpflichtet haben, gibt es seit dieser Zeit keinerlei substanzielle Fortschritte in diese Richtung.

Es ist vor allem der Anspruch der USA auf Ausbau und Erhaltung ihrer weltweiten militärische Überlegenheit, der das Wettrüsten anheizt und weitere Abrüstungsmaßnahmen verhindert. Bereits unter Obama hatte die US-Regierung beschlossen, ihr Atomwaffenarsenal in den kommenden 30 Jahren für 3.000 Milliarden Dollar- das sind 100 Mrd. jährlich- aufzurüsten.

Eines der wesentlichen Hindernisse für Fortschritte bei der atomaren Abrüstung mit Russland ist die erneute Stationierung von Raketenabwehrsystemen in Polen und Rumänien.

Denn der Zweck dieser Raketenabwehr ist in Wirklichkeit nicht die Abwehr eines atomaren Angriffs, sondern der Versuch, das atomare Gleichgewicht außer Kraft zu setzen. Das Raketenabwehrsystem soll einen atomaren Erstschlag der USA ermöglichen, indem ein russischer Zweitschlag nach einem erfolgten Angriff abgefangen werden kann.

Bereits 2001 hatten die USA einseitig einen wichtigen Abrüstungsvertrag, den ABM-Vertrag (Anti-Ballistic-Missile-Treaty) von 1972, gekündigt, der die Errichtung von Raketenabwehrsystemen verboten hatte.

Die inzwischen von den USA stationierten „Aegis Ashore“-Systeme in Polen und Rumänien können „Abfangraketen“ abfeuern. Diese Systeme können aber auch durch eine einfache Änderung der Programmierung Raketen gegen Bodenziele abfeuern. Und sie können Marschflugkörper abfeuern und somit gegnerische Ziele bis weit hinter Moskau erreichen und zerstören.

Darüber hinaus kündigte die US-Regierung im Februar 2019 den INF-Vertrag (Intermediate Range Nuclear Forces Treaty). In dem 1987 zwischen den USA und der Sowjetunion geschlossenen Vertrag, der bisher der bedeutendste und umfassendste Abrüstungsvertrag gewesen ist, verständigten sich beide Länder auf ein Verbot landgestützter, ballistischer Raketen und Marschflugkörper mit einer Reichweite zwischen 500 und 5.500 km, auf die Vernichtung aller vorhandenen Waffen dieses Typs (insgesamt mehrere Tausend Systeme) und auf ein Verbot der Produktion und Tests neuer Mittelstreckenwaffen.

Nach der Kündigung des ABM-Vertrages 2001 und des INF-Vertrages 2019 droht jetzt die Stationierung neuer Mittelstreckenwaffen und ein erneutes Wettrüsten zwischen den beiden größten Atommächten. Mittelstreckenwaffen sind, wie dargestellt, keine Defensivwaffen, sondern aufgrund ihrer kurzen Vorwarnzeit Erstschlagswaffen. Damit wächst die Gefahr eines Atomkrieges in Europa.

Neben den bereits installierten Aegis-Ashore-Systemen in Rumänien und in Polen, die -wie gesagt- auch Mittelstrecken-Raketen abschießen können, planen die USA für 2023 die Stationierung von neuen Hyperschall-Raketen mit dem Namen „Dark Eagle“ (zu Deutsch: „schwarzer Adler“), die Moskau in etwa 20 Minuten erreichen können, ausgerechnet am früheren Standort der Pershing-II-Raketen, in Mainz-Kastel.

Auch die neuen B61-12 Atomwaffen, die inzwischen in Europa stationiert worden sind, könnten die Hemmschwelle für einen Atomwaffeneinsatz weiter senken. In der Logik der US-Militärs macht die neue Bombe einen auf Europa begrenzten Atomwaffeneinsatz kalkulierbar, ohne einen atomaren Gegenschlag Russlands auf US-Territorium bzw. einen globalen Atomkrieg zu riskieren.

Ein „begrenzter“ Atomwaffenkrieg zwischen den USA und Russland in Europa würde aber sehr wahrscheinlich das Ende Europas bedeuten.

Atomwaffenverbotsvertrag

2017 haben die atomwaffenfreien Länder den Aufstand gegen die Atommächte gewagt. 122 Mitgliedstaaten der Uno haben damals den Vertrag über das Verbot aller Atomwaffen beschlossen.

Für den Atomwaffenverbotsvertrag erhielt ICAN, ein internationales Bündnis von Nichtregierungsorganisationen, das sich viele Jahre für die Abschaffung aller Atomwaffen durch einen bindenden völkerrechtlichen Vertrag eingesetzt hat, 2017 den Friedensnobelpreis. Auch die IPPNW ist Teil dieses Bündnisses.

Inzwischen haben über 50 Staaten diesen Vertrag ratifiziert, so dass er 2021 in Kraft getreten ist. Kürzlich fand in Wien die erste weltweite Staaten-Konferenz zum UN-Atomwaffenverbot statt, an der Deutschland mit einem Beobachterstatus vertreten war. An dieser Konferenz hat auch eine Vertreterin unserer IPPNW-Gruppe in Kiel teilgenommen.

Der Atomwaffenverbotsvertrag verbietet den Vertragsstaaten, Kernwaffen zu entwickeln, herzustellen, zu erwerben und zu besitzen, Kernwaffen einzusetzen oder ihren Einsatz anzudrohen, Kernwaffen zu lagern oder die Verfügungsgewalt darüber unmittelbar oder mittelbar anzunehmen und Kernwaffen über ihr Staatsgebiet zu transportieren.

Es ist ein Skandal, dass die Bundesregierung, zwar mit wohlfeilen Lippenbekenntnissen, eine Welt ohne Atomwaffen zu befürworten, in der Uno gemeinsam mit den anderen Nato-Staaten gegen die Aufnahme der Verbotsverhandlungen gestimmt hat, aber, gemeinsam mit den Atommächten, die Verhandlungen in der Uno boykottierte.

Der Atomwaffenverbotsvertrag war ein Ziel des jahrzehntelangen Kampfes der weltweiten Bewegung gegen die atomare Aufrüstung und auch des jahrzehntelangen Kampfes gegen die in Deutschland stationierten Atombomben.

Die Friedensbewegung Deutschland hat deshalb allen Grund, den Widerstand gegen die Beteiligung unseres Landes an der Atomkriegsstrategie der USA, gegen die in Büchel stationierten US-Atomwaffen, gegen die damit verbundene Gefahr eines Atomkrieges in Europa und für die Unterzeichnung des Atomwaffenverbotsvertrags verstärkt fortzusetzen.

Ukraine-Krieg: Auch der Einsatz von Atombomben wieder möglich

Nach der Beendigung des ersten Kalten Kriegs 1991 habe ich die Gefahren, die sich aus der geschilderten atomaren Aufrüstung in Verbindung mit den gekündigten Abrüstungsverträgen in den letzten Jahrzehnten ergeben haben, wie die meisten meiner Zeitgenossen, nicht zur Kenntnis genommen bzw. verdrängt.

Ich habe mir einfach nicht vorstellen können, dass uns in Europa in meiner Lebenszeit noch einmal eine derartige Gefahrensituation wie in der Kuba-Krise 1962 drohen könnte. Seit dem Beginn des Ukraine-Kriegs ist die Atomkriegsgefahr jedoch wieder real geworden und nach Einschätzungen von Experten derzeit höher als irgendwann seit 1962.

Zunächst möchte ich dazu wieder John Mearsheimer zu Wort kommen lassen. Er weist in seinen letzten Vorträgen (Fußnoten 3 bis 7) auf die großen Gefahren hin, die mit diesem jetzt seit mehr als sieben Monaten andauernden Krieg in der Ukraine verbunden sind. Dieser Krieg ist für ihn ein Stellvertreterkrieg zwischen Russland einerseits und den USA und dem gesamten Westen andererseits, mit den Ukrainern auf dem Schlachtfeld.

Und er warnt eindringlich vor der Möglichkeit, dass sich daraus wieder ein großer Krieg in Europa entwickeln könnte, bei dem auch die Gefahr des Einsatzes von Atomwaffen besteht.

Im August 2022 ist in der Zeitschrift „Foreign Affairs“, der bedeutendsten US-amerikanischen Zeitschrift für Außen- und Geopolitik, ein ausführlicher Artikel von ihm erschienen, in dem er noch einmal seine Befürchtungen und Warnungen vor einer Eskalation des Krieges in der Ukraine zum Ausdruck bringt (Fußnote 2).

John Mearsheimer: Wege in die Eskalation

In diesem Artikel spricht der Wissenschaftler zunächst über mehrere grundlegende Wege zur Eskalation, die der Kriegsführung innewohnen: Eine oder beide Seiten eskalieren absichtlich, um den Krieg zu gewinnen oder um eine Niederlage zu verhindern, oder die Kämpfe eskalieren nicht durch bewusste Entscheidungen, sondern unbeabsichtigt und zufällig.

Jeder dieser Wege birgt das Potenzial, dass die USA mit Truppen direkt in den Kampf eingreifen oder Russland zum Einsatz von Atomwaffen veranlasst wird, oder möglicherweise beides.

Seit 2015 bilden die USA und ihre Verbündeten auch das ukrainische Militär aus und versorgen es mit wichtigen Geheimdienstinformationen, die es zur Zerstörung wichtiger russischer Ziele benötigt. Auch hat der Westen, wie die New York Times berichtete, „ein heimliches Netzwerk von Kommandos und Spionen“ vor Ort in der Ukraine.

Mearsheimer sagt, Washington mag noch nicht direkt in die Kämpfe verwickelt sein, aber es ist tief in diesen Krieg verwickelt. Und die USA seien jetzt nur noch einen kurzen Schritt davon entfernt, direkt einzugreifen.

Für den direkten Eintritt der USA in den Ukraine-Krieg werden laut Mearsheimer eine Reihe von unterschiedlichen Szenarien diskutiert, die in seinem Artikel ausführlich dargestellt sind.

Ein mögliches Szenario für eine US-Intervention würde eintreten, wenn die ukrainische Armee zu kollabieren beginnt und es so aussieht, als ob Russland wahrscheinlich einen bedeutenden Sieg erringen könnte.

In diesem Fall könnten die Vereinigten Staaten, angesichts der bisherigen großen finanziellen und propagandistischen Anstrengungen der Biden-Regierung, eine solche Entwicklung zu verhindern, versuchen, das Blatt zu wenden, indem sie direkt in die Kämpfe eingreifen.

Oder es könnte eine versehentliche Kollision von US-amerikanischen und russischen Kampfjets auftreten, die über der Ostsee in zu engem Kontakt gekommen sind. Ein solcher Unfall könnte angesichts der angespannten Situation auf beiden Seiten, des Mangels an Kommunikation und der gegenseitigen Dämonisierung leicht eskalieren.

Für Russland führt er mehrere Szenarien an, unter denen die russische Führung Atomwaffen einsetzten könnte.

Eines wäre, wenn die USA und ihre Nato-Verbündeten direkt in den Kampf eintreten. Denn diese Entwicklung würde nicht nur das militärische Gleichgewicht zu Ungunsten Russlands deutlich verschieben und die Wahrscheinlichkeit seiner Niederlage erheblich erhöhen, sondern auch bedeuten, dass Russland einen Krieg mit einer Großmacht vor seiner Haustür führen müsste, der leicht auf sein Territorium übergreifen könnte.

Die russische Führung würde sicherlich denken, dass es um ihr Überleben und das der russischen Föderation geht, was für sie ein starkes Argument wäre, Atomwaffen einzusetzen, um die Situation zu retten.

In einem zweiten Atomkriegsszenario gelingt es der Ukraine, das Blatt auf dem Schlachtfeld ohne direkte Beteiligung der USA zu ihren Gunsten zu wenden. Wenn die ukrainischen Streitkräfte dabei wären, die russische Armee zu besiegen und das verlorene Territorium ihres Landes, z. B. die Krim, zurückzuerobern, gibt es wenig Zweifel, dass Moskau dieses Ergebnis als eine existenzielle Bedrohung betrachten könnte, die eine nukleare Reaktion erfordert.

Wohin führt der Krieg in der Ukraine?

Obwohl eines dieser oder weiterer katastrophaler Szenarien Wirklichkeit werden könnte, kann man bei einer Abwägung zu dem Ergebnis kommen, dass die Chancen dafür nur gering seien und dass daher die Situation nicht so besorgniserregend sei.

Schließlich bestehen für die Politiker auf beiden Seiten starke Anreize, die USA aus den Kämpfen herauszuhalten und selbst einen begrenzten nuklearen Einsatz zu vermeiden, ganz zu schweigen von einem tatsächlichen umfassenden Atomkrieg.

Mearsheimer sagt, er würde es sich natürlich sehr wünschen, dass wir so optimistisch sein könnten. Tatsächlich unterschätzt diese Sichtweise die Gefahren einer Eskalation in der Ukraine jedoch erheblich, denn von ihrem Beginn an neigen Kriege dazu, eine eigene Logik zu entwickeln, was es schwierig macht, ihren Verlauf vorherzusagen. Wer sagt, er wisse mit Sicherheit, welche Entwicklung der Krieg in der Ukraine im weiteren Verlauf nehmen wird, der irrt.

Abschließend stellt Mearsheimer fest:

„Diese gefährliche Situation schafft zwar einerseits einen starken Anreiz, eine diplomatische Lösung für den Krieg zu finden. Bedauerlicherweise ist jedoch derzeit keine politische Lösung in Sicht, da sich beide Seiten fest zu Kriegszielen bekennen, die einen Kompromiss fast unmöglich machen.“

Mearsheimer meint, die Biden-Regierung hätte mit Russland zusammenarbeiten sollen, bevor im Februar der Krieg ausbrach, um die Ukraine-Krise beizulegen. Das hat sie aber abgelehnt und jetzt ist es zu spät, um einen solchen Deal abzuschließen.

Russland, die Ukraine und der Westen stecken nach seiner Einschätzung in einer schrecklichen Situation fest, aus der es offensichtlich derzeit keinen Ausweg zu geben scheint.

„Man kann nur hoffen, dass die maßgeblichen Politiker auf beiden Seiten den Krieg so führen, dass eine katastrophale Eskalation vermieden wird. Für die vielen Millionen Menschen, deren Leben auf dem Spiel steht, ist das jedoch ein schwacher Trost“, sagt Mearsheimer abschließend.

 

Fußnoten:

1 Heyden U. Der längste Krieg in Europa seit 1945. Augenzeugenberichte aus dem Donbass. Tredition, Hamburg 2022

2 Kolenda KD. Brinkmanship in der Ukraine. Telepolis 30.8.2022
https://www.heise.de/tp/features/Brinkmanship-in-der-Ukraine-7246879.html

3 Kolenda KD: Atomare Kriegsgefahr: Politik am Rande des Abgrunds. Telepolis 9.8.2022
https://www.heise.de/tp/features/Atomare-Kriegsgefahr-Politik-am-Rande-des-Abgrunds-7205926.html

4 Kolenda KD. Ukraine-Konflikt: „USA und ihre Verbündeten hauptsächlich für dieses Unglück verantwortlich“. Telepolis 3.7.2022
https://www.heise.de/tp/features/Ukraine-Konflikt-USA-und-ihre-Verbuendeten-hauptsaechlich-fuer-dieses-Unglueck-verantwortlich-7158465.html

5 Kolenda KD. Der Ukraine-Krieg und die zunehmende Bedrohung durch Nuklearwaffen. Telepolis 19.6.2022
https://www.heise.de/tp/features/Der-Ukraine-Krieg-und-die-zunehmende-Bedrohung-durch-Nuklearwaffen-7145023.html

6 Kolenda KD. „…. Im Grunde ein Krieg zwischen den USA und Russland“. Telepolis 26.4.2022
https://www.heise.de/tp/features/im-Grunde-ein-Krieg-zwischen-den-USA-und-Russland-7064117.html

7 Kolenda KD. Die Ukraine-Krise als „umgekehrte“ Kuba-Krise. Telepolis 16.4.2022
https://www.heise.de/tp/features/Die-Ukraine-Krise-als-umgekehrte-Kuba-Krise-6697302.html

8 Guilliard J. Der Ukrainekrieg. Der Weg in den Krieg, eingetretene und drohende Konsequenzen und mögliche Schritte zu seiner Beendigung. Manuskript des Vortrags auf einer Veranstaltung am 30. Juli 2022 der IPPNW und des Regionalen Friedensbündnis in Villingen. Teil 1 (Der Weg in den Krieg), S. 1 bis 10 https://jg-nachgetragen.blog/wp-content/uploads/2022/09/Der-Ukrainekrieg-Vortrag-IPPNW-Villingen-30-07.2022.pdf

9 https://en.wikipedia.org/wiki/List_of_nuclear_close_calls

10 https://futureoflife.org/2017/12/08/der-mann-der-den-atomkrieg-verhinderte/

11 https://www.heise.de/tp/news/Neue-Dokumente-zu-ABLE-ARCHER-83-4213870.html

12 https://de.wikipedia.org/wiki/Stanislaw_Jewgrafowitsch_Petrow

13 https://www.rubikon.news/artikel/der-vergessene-weltretter

14 https://de.richarddawkins.net/articles/frohen-petrow-tag

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8 Kommentare

  1. „Mearsheimer meint, die Biden-Regierung hätte mit Russland zusammenarbeiten sollen, bevor im Februar der Krieg ausbrach, um die Ukraine-Krise beizulegen. Das hat sie aber abgelehnt und jetzt ist es zu spät, um einen solchen Deal abzuschließen.“

    Nun, das „meint“ sicher auch eine beträchtliche Anzahl an weitblickenden, besonnenen Menschen – nur: dass es zu spät ist, dazu brauche ich keinen Mearsheimer. Kommentare über Versäumnisse, sind Legion und nutzen niemandem etwas.

    1. Mearsheimer ist Prof an der U von Chikago, er ist Teil des Establishments. Er erklaerte schon 2014 ganz ruhig und freundlich in der (konservativen ) Foreign Policy, dass die Amis schuld sind am Konflikt in der Ukraine, und hat es dieses Jahr dort (und mehrfach woanders) wiederholt.
      Viele Leute (auch aus unserer, der deutschen politischen Elite) haben aehnliches gesagt, im Gegensatz zu den MSM, und das unterstreicht, dass es voellig andere Sichtweisen gibt, die nur untergebuddelt werden
      (auch und gerade von Leuten, die ich nicht grade als politische Verbuendete sehen wuerde; Henry Kissinger, Helmut Schmidt, Klaus v Dohnany, Generale Vad und Kujat, aber auch Guenther Verheugen oder eben Frau Dr. Krone-Schmalz – nicht nur nette Leute, aber andere Kaliber als intellektuelle Antimaterie wie Plasberg oder Lanzi).

      Solche Leute darf man nicht erwaehnen in den MSM, diese Medien wuerden sich selbst ad absurdum fuehren. Statt dessen gibt es Schmierentheater in talkshows wo sieben Zwerge den/die Normalo verhauen.
      Mearsheimer ist wichtig genug um verschwiegen zu werden, und ihn zitieren ist eine revolutionaere Handlung.
      (‚Akt‘ waer mir jetzt zu dramatisch 😉

  2. „The Americans are sending an extremely clear signal – for them, nuclear war is no longer unthinkable, and not impossible.“ [1]

    Aus Sicht von John Helmer („Dancing with Bears“) verstehen die Russen die aktuellen Schritte der USA dahin, das Russland aktuell mit einem – erfolgreichen – atomaren Erstschlag der USA rechnen muß. (veröffentlicht am 25.10.2022)

    [1] http://johnhelmer.org/the-us-signals-readiness-to-launch-nuclear-strike-against-russia/

    1. Die waren schon immer bekloppt.
      ‚Madman‘ Nixon wollte es in Vietnam und liess schon mal ne Woche lang Bomber ueber dem Nordpol cruisen, was die Russen gott-wem-immer-sei-Dank nicht ernst nahmen.
      Ronnie Raygun war auch wirre.
      Und jetzt bilden sie sich ein, die Russen waeren zu ‚feige‘ fuer nen Zweitschlag.

      Da muss ich ja schon lachen wg dem „Sprengkopf auf Yellowstone“, den ein russischer General mal macht.
      (Unter dem Park liegt eine Vulkan-Caldera – da ist der halbe Subkontinent wech.)

  3. Vernünftige Kommunalpolitiker I:
    „Vor der Demonstration in Waren war ein Offener Brief der Stadtvertreter und der Protestorganisatoren vorgestellt worden. Darin werden von Bund und Land schnellere und nachhaltigere Hilfen für Bürger und Unternehmen im Zuge der Energiekrise gefordert. Zunehmende Preissteigerungen und wachsende Ungewissheit in der Energieversorgung verunsicherten die Menschen.
    […]
    Den Brief an Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und die Schweriner Landesregierung haben Vertreter von SPD, Linken, CDU, AfD, Grünen, einer Bürgerinitiative und der FDP unterzeichnet.“

    Vernünftige Kommunalpolitiker II:
    „Die Hansestadt Stralsund sucht die Annäherung an Russland und bietet sich als Ort möglicher Friedensgespräche an. Die Bürgerschaft hat am Abend mit großer Mehrheit beschlossen, einen entsprechenden Vorstoß Richtung Bundesregierung zu unternehmen.“

    1. OT

      Nahender Atomkrieg und Naivität

      Filmempfehlung,
      gegen Ende des Filmes heult so ziemlich jeder:

      Wenn der Wind weht

      Handlung:

      „Die Geschichte spielt während eines ungenannten Zeitraums – wohl aber in den 1980er Jahren („der Krieg ist schon 40 Jahre her!“) – im Kalten Krieg in England. Das Rentnerehepaar Hilda und Jim führt ein ruhiges und glückliches Leben am Rande eines Dorfes in der Nähe von London. Ihre Kinder sind längst aus dem Haus und beide sind mit sich selbst und ihren Schrulligkeiten beschäftigt. Jim liest gerne Zeitung und informiert sich über die internationalen Entwicklungen, Hilda kümmert sich um ihr gemeinsames kleines Haus und lässt sich nicht von der mitteilsamen Art ihres Mannes stören.

      So lässt es sie auch zunächst kalt, dass sich die Welt auf einen Atomkrieg zubewegt, während Jim streng den Empfehlungen einer „Protect and Survive“-Broschüre Folge leistet. Jim befolgt die Anweisungen der Broschüre, in der erklärt wird, was man im Falle eines Atomschlages an Vorbereitungen zu treffen hat und wie man sich nach Abwurf der Bombe verhalten soll, z. B. auch, wie man sich gegen den radioaktiven Niederschlag schützen kann. Während Hilda in romantischen Erinnerungen an den letzten Krieg schwelgt, baut Jim aus den Türen des Hauses einen „Schutzraum“ und glaubt, durch die gewissenhafte Befolgung aller Ratschläge alles Nötige für ihr Überleben getan zu haben. Beide gehen sehr unbekümmert miteinander um und sehen auch dem Krieg und seinen Folgen gelassen entgegen, insbesondere weil sich beide aufgrund ihrer Erfahrung mit dem letzten Krieg sicher sind, dass sie auch den kommenden schon überstehen werden.

      Jim und Hilda haben offensichtlich keine richtige Vorstellung von den Folgen einer Atomexplosion, aus den Ratschlägen der Regierungsbroschüre und den Erfahrungen des Zweiten Weltkrieges hat sich in ihren Köpfen ein merkwürdig verschobenes Bild festgesetzt. Als Jim in einem Telefongespräch mit seinem Sohn erfährt, dass dieser keinen Schutzraum baut, weil bei einem Atomschlag ohnehin alles verloren sei, ist er ganz aufgebracht und wirft seinem Sohn vor, sich nicht ausreichend um den Schutz seiner Familie zu kümmern. Hilda sorgt sich dagegen vor allem um ihren Haushalt, ständig ermahnt sie Jim, beim Bau seines Selbstschutzraumes nicht die Tapeten und Türen zu beschädigen. Trotzdem lässt sie ihren Mann gewähren, weil er ja Erfahrung in solchen Dingen habe und sie sich mit Politik nicht so gut auskenne wie er.

      Als der Atomschlag erfolgt, verstecken sich die beiden in Jims Schutzraum und verbringen die Nacht darin. Am nächsten Tag sind sie noch wohlauf und sehen sich im stark zerstörten Haus um. Während Hilda ans Aufräumen denkt, will Jim auf die in seinem Glauben unweigerlich bald eintreffenden Rettungskräfte warten und auch selbst helfen. Mit einer unglaublichen Naivität reden sie sich selbst ein, dass es bald wieder zur Normalität kommt und realisieren nicht einmal, dass sie die einzigen Überlebenden im weiten Umkreis sind. Es bleibt jedoch offen, ob sie dies nicht vielleicht auch verdrängen, da die beiden zwar mehrfach von ihren Nachbarn sprechen, aber keinen Versuch unternehmen einmal nach ihnen zu sehen.

      Es vergehen ein paar Tage, während derer sie versuchen, das Haus zu säubern, ihren verwüsteten und verbrannten Garten besichtigen und ihre Lebensmittelvorräte knapp werden. Das Ehepaar hat schließlich keine Chance, den Folgen der Atombombenexplosion zu entgehen. Wenngleich sie die Explosion überlebt haben, stellen sich rasch deutliche Anzeichen der Strahlenkrankheit auf Grund der Strahlung und des Fallouts ein. Dem Tod nahe, verkriechen sich die beiden wieder in den Schutzraum, immer noch darauf hoffend, gerettet zu werden, und beten.“ ( Wiki )

  4. Ich danke Herrn Kolenda ausdrücklich für die Artikel. Man kann sicher einwenden, dass sie für diejenigen, die sich intensiver mit dem Thema beschäftigen, wenig neue Tatsachen enthalten, aber angesichts der in den meisten Medien verbreiteten Nichtinformation sind solche Beiträge wichtiger als je zuvor.

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