
Der russische Inlandsgeheimdienst FSB hat ein Strafverfahren gegen das Antikriegskomitee Russlands (AKR) eingeleitet, dem vorgeworfen wird, eine „terroristische Vereinigung“, nachdem sie letztes Jahr zur unerwünschten Organisation erklärt wurde. Alle 23 Mitglieder, darunter Wladimir Kara-Mursa, Jekaterina Schulman oder Gari Kasparow, der Ende 2022 u.a. von Michail Chodorkowski gegen den Krieg sowie zur Unterstützung der Ukraine und von Kriegsgegnern gegründeten Organisation werden der Bildung und Mitgliedschaft in einer „terroristischen Vereinigung“ und des Plans beschuldigt, die „verfassungsmäßige Ordnung in der Russischen Föderation“, d.h. die Regierung stürzen zu wollen.
Der FSB beruft sich auf die 2023 verabschiedete „Berliner Erklärung“ des Komitees, in der es heißt: „Putins Regime ist illegitim und kriminell. Deshalb muss es liquidiert werden.“ Das kann man als Aufruf zum Sturz und Mord verstehen, aber nicht als Aufruf zu einem demokratischen Wandel. Überdies würden Chodorkowski und andere Gründer der AKR „ukrainische paramilitärische nationalistische Einheiten, die in der Russischen Föderation als terroristisch eingestuft werden“, finanzieren und für sie rekrutieren.
Anlass des Vorgehens dürfte aber die Beteiligung der Organisation an der Schaffung einer „Plattform für den Dialog“ mit der russischen Opposition in der Parlamentarischen Versammlung des Europarats (PACE) sein. Der FSB schreibt: „Diese Plattform wird von M. Chodorkowski vor westlichen Ländern als ‚verfassunggebende Versammlung für die Übergangszeit‘ und als Alternative zu den Behörden der Russischen Föderation positioniert“. Mit einer Resolution wurde die Plattform am 1. Oktober gegründet.
Pace erklärt, bei der Plattform handele es sich um ein „Forum für ein gegenseitiges Engagement zwischen der Versammlung und den demokratischen Kräften Russlands, um Fragen von gemeinsamem Interesse durch einen Austausch im Rahmen der Plattform zu erörtern“. Die „demokratischen Kräfte“ sollen eine Delegation bilden und an den Sitzungen und Aktivitäten der Versammlung teilnehmen und das Wort ergreifen können. Mitglied werden können russische Oppositionelle im Exil. Sie sollen höchsten moralischen Standards genügen, gegen den Krieg und für die Bestrafung der internationalen Verbrechen Russlands durch Einrichtung eines Sondertribunals sein, die Souveränität der Ukraine in ihren Grenzen von 1991 anerkennen und die „Berliner Erklärung“ unterschrieben haben, was beispielsweise Nawalnys Antikorruptionsstiftung (FBK) nicht gemacht hat.
Die „Berliner Erklärung“, die das Regime liquidieren will, passt eigentlich nicht zusammen mit dem angeblich angestrebten „demokratischen Wandel“, der gefördert werden soll. Der Pace-Berichterstatter Eerik-Niiles Kross, der aus Estland kommt und dort Geheimdienstchef gewesen war, spricht denn auch von einem angestrebten Regime Chance und verweist dabei auch auf Russen, „die heute an der Seite der tapferen ukrainischen Armee kämpfen und bereit sind, das ultimative Opfer zu bringen, um die Schuld ihres Heimatlandes abzuwaschen und einen Regimewechsel in Russland herbeizuführen“. Die will man jedenfalls auch neben Menschenrechtlern, Politikern, Gelehrten oder unabhängigen Journalisten. Wer als Russe in der Ukraine gegen Russland kämpft, muss auch nicht die „Berliner Erklärung“ unterschreiben, ebenso nicht Vertreter der Indigenen und Minderheiten. Ob alle russischen Söldner und freiwilligen Kämpfer bzw. Saboteure die Werte des Europarates beherzigen und „demokratische Kräfte“ sind, darf jedoch bezweifelt werden.

Die ukrainische Vertreterin Mariia Mezentseva-Fedorenko von Selenskijs Partei „Diener des Volkes“ merkte bei der Diskussion an, dann man nicht nur Repräsentanten von indigenen Völkern wie Tschetschenen, Inguschen, Udehe oder Karatschaier in der Plattform aufnehmen soll, deren Separatismus von manchen politischen Kräften gefördert wird, um das kolonialistische Russland zu fragmentieren (Separatistische Kampagne zur Auflösung des russischen Vielvölkerstaats). Sie fordert auch, das russische Freiwilligenkorps in die Plattform aufzunehmen, weil es mit den „tapferen Streitkräften der Ukraine“ kämpft, „die die Werte schützen, die wir teilen und von denen wir in diesem Haus so oft sprechen“.
Oleksandr Merezhko auch von den „Dienern des Volkes“ ist da noch radikaler. Er lehnt letztlich alle Russen ab, die nicht „mit Waffen gegen das repressive russische imperialistische Regime kämpfen“. Das Problem sei nicht nur Putin, sondern Russland selbst. Es gebe nur Frieden, wenn das „russische Imperium“ zerlegt wird. Und auch Oleksiy Goncharenko von der Partei „Europäische Solidarität“ von Poroschenko sieht nur die Kämpfer gegen Russland als die wahren Vertreter der demokratischen Kräfte Russlands: „Wer sind die wahren demokratischen Kräfte in Russland? Wer sind die wahren Russen, die unseren Respekt verdienen? Das sind die Russen, die heute mit der Waffe in der Hand gegen die kaiserlich-russische Armee in der Ukraine kämpfen. Das sind sie: das Russische Freiwilligenkorps, die Legion der Freiheit Russlands. Das sind echte Russen, die die Zukunft Russlands als einen demokratischen Staat sehen wollen.“ Er instrumentalisiert auch den Separatismus der angeblich unterdrückten Völker.
Diskutiert wurde darüber in der Sitzung nicht. Man wird sehen müssen, ob das Russische Freiwilligenkorps (RDK) Teil der Plattform werden wird. Das wäre natürlich ein Hohn und würde zeigen, dass es bei der Plattform nicht um die Förderung demokratischer Kräfte geht. Stattdessen scheint die Devise zu lauten: Der Feind unseres Feindes ist unser Freund, bei dem man alle Augen zudrückt. Das Drängen der ukrainischen Abgeordneten auf die Einbeziehung der rechtsextremen russischen Kämpfer verrät auch einiges über deren politische Einstellung. So wurde wie jedes Jahr am 2. Januar 2025 in Lwiw/Lemberg der Geburtstag von Bandera mit einem großen Fackelzug gefeiert. Dort wurde ein Denkmal für den Nazi-Kollaborateur und Nationalhelden errichtet, das zur Pilgerstätte für reachtsnationalistische Bandera- und UPA-Anhänger wurde.

„Ethnische Weltanschauung“ statt völkische Ideologie
RDK wurde 2022 gegründet und ist Teil der Einheiten des Militärgeheimdienstes. Verbindungen gibt es in Deutschland zur NPD und dem III. Weg. Beim III. Weg heißt es: „Immer wieder wird uns Nationalrevolutionären fälschlich vorgeworfen, wir würden zum Hass gegen Russen aufstacheln. Nichts könnte falscher sein als das! Denn als Visionäre für eine Europäische Eidgenossenschaft beziehen wir auch das europäischstämmige Russentum in die Kampf- und Schicksalsgemeinschaft bluts- und kulturverwandter weißer Europäer mit ein. Dieses wird in den heutigen Tagen nicht durch den vom Kreml aus diktatorisch beherrschten Völkerkerker der Russischen Föderation vertreten, sondern durch die wahren russischen Nationalisten, die sich zu Europa bekennen und dem Völkerchaos Innerasiens entflohen sind.“
Auf der Website heißt es zurückhaltend, das Korps vertrete „konservative Ansichten und traditionelle Überzeugungen“. In der russischen Version wird es deutlicher: „Das russische Freiwilligenkorps besteht aus ethnischen Russen mit rechtsgerichteten Ansichten und traditionalistischen Überzeugungen.“
Ziel sei es, die Diktatur in Russland zu stürzen. Vertreten wird eine „ethnische Weltanschauung“ mit einer „ethnischen Solidarität“, also eine völkische Ideologie mit einem weißen Nationalismus, was die rechten Russen mit den ukrainischen Bandera-Anhängern verbindet: „Es reicht nicht aus, einen russischen Nationalstaat aufzubauen – wir müssen der Bevölkerung auch eine neue, ethnische Weltanschauung vermitteln. Eine Welt, in der soziale Herkunft, Einkommen und Geschlecht keine Rolle mehr spielen. Wo nur Blut, Fähigkeiten und persönliche Erfolge zählen. Eine Welt ohne ethnische Kriminalität und nationale Demütigung, auf einem Land, das denen gehört, die dort geboren wurden.“ Von Demokratie liest man nichts, es geht den RDK-Kämpfern um das „Überleben“ oder die „Wiedergeburt“ des russischen Volkes in einem „russischen Nationalstaat auf dem Gebiet der überwiegend von ethnischen Russen bewohnten Regionen, die 1991 Teil der Russischen Föderation waren“.
Einige Mitglieder kamen von der Asow-Brigade. Befehlshaber ist der russische Neonazi und weiße Rassist Denis Kapustin (Nikitin oder WhiteRex), der bis 2018 in Deutschland lebte, das Modelabel „White Rex“ gründete (mit T-Shirts mit „88“-Aufschrift) und als Organisator von rechten Kampfsportveranstaltungen und Rechtsrockkonzerten wirkte (Der Coup des „Russischen Freiwilligenkorps“ offenbart die ukrainische Neonazi-Szene).
Marta Havryshko schreibt als Kommentar zur Forderung, RDK zur Plattform einzuladen: „Werden die russischen Faschisten mit Hilfe von PACE ein demokratisches Russland ‚aufbauen‘? … Ich möchte Sie daran erinnern, dass das RDK eine neofaschistische, rassistische, islamfeindliche und homophobe Organisation ist, von der einige Mitglieder offene Neonazis sind. Ihr Anführer, Denis Nikitin (White Rex), gratuliert seinen Anhängern jedes Jahr öffentlich zu Hitlers Geburtstag.“
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ja so ein Igelfell vor dem Kamin
lädt zu gutem Beisammnsein mit Nachbarn ein
Sie werden uns nie verzeihen daß wir die Nazis geschlagen haben. So ähnlich sagte einmal ein Russe.
Jetzt unterstützt diese EU die Nazis weils wieder gegen Russland geht. Nix gelernt, man will wieder auf die Fresse.
Was für ein dummes Pack.
Das Zitat »Wir haben sie vom Faschismus befreit, das werden sie uns nie verzeihen.« wird Marschall Schukow zugeschrieben.
Es kommt immer zusammen, was zusammen gehört…. 😉
Soll das ganze jetzt als Aufmunterung gedacht sein, dass man mit stolzgeschwellter Brust wieder Hakenkreuz und SS-Tattoo hierzulande zu Markte trägt, um seine rechte, weil demnach richtige Gesinnung allen zu zeigen?
Müssen wir den Fritz und die Uschi bald mit erhobener rechter Hand grüßen?
Fragen über Fragen…..
Der Europarat bastelt sich also seine eigene „russische“ Exilregierung zusammen. Aus Kriminellen, Geheimdienstnutten und Hardcorenazis. Damit hat er seine eigene Satzung und Prinzipien verraten. Der Verein hat sich selbst diskreditiert. Und kann weg!
Der Staat Russland ist übrigens nicht mehr Mitglied in dieser Ansammlung von Rassisten. Und wird es auch nicht mehr werden. Denn was einst als Dialogforum gedacht war, hat sich als Instrument des Krieges des „Westens“ gegen Russland herausgestellt.
Jetzt muss das Freiwilligenkorps aber auch noch den Friedenspreis des deutschen Buchhandels bekommen!
Ich kriege immer Pickel bei Faschisten.
Kurz – wer für die Zerstückelung der Russischen Föderation eintritt, ist per definitionem ein Demokrat und wird grosszügig unterstützt. Für die slawischen Untermenschen ist auch faschistische Ideologie geeignet. Die Diktatur des Kapitals mit ihrem bürgerlich-demokratischen Überbau, auch als Weltordnung bekannt, bleibt dem westlichen Menschen, der Krone der Schöpfung, vorbehalten. Nur dieser ist würdig, von so weisen Menschen wie Tronald und Merz geleitet zu werden. Aber jetzt zu den Sportnachrichten…
Danke, daß dieses Thema aufgegriffen wurde – ich hätte sonst davon nichts mitbekommen.