Eine geheimnisvolle Kiste, die es nicht geben dürfte

Moorman-Foto vom Moment des Attentats. Bild: Public domain

Offenbar in der CIA Facility in Herndon, Virginia, lagern die letzten 3.647 gesperrten Akten über die Untersuchungen zum Mord an Präsident John F. Kennedy. Die nach dem JFK Records Act für 2017 versprochene Freigabe war immer wieder herausgezögert worden. Gestern nun hat Präsident Trump die vollständige Freigabe verfügt.

Trump hatte bereits im Wahlkampf 2016 die vollständige Öffnung der JFK-Akten angekündigt, sein Versprechen jedoch gebrochen. Trump gab an, sein damaliger CIA-Direktor Mike Pompeo habe ihn eindringlich darum gebeten. Zum einen seien noch betroffene Personen am Leben, zum anderen würde die Freigabe eine Katastrophe bedeuten. Nunmehr hat er seinem neuen Gesundheitsminister Robert Kennedy jr., Neffe und Sohn zweier Opfer der seltsamen Attentate der 1960er Jahre, die Freigabe gewidmet.

Letzten Oktober hatte ein Whistleblower geleakt, er habe in den Räumlichkeiten u.a. eine Kiste mit der Aufschrift „Oswald in Mexico“ gesehen, die offenbar fotografisches Material über die Überwachung Oswalds angeblicher Reise dorthin enthält.

Diese Nachricht erstaunte nicht zuletzt Richter John Tunheim, denn eine solche Dokumentation hatte er bei seinen Untersuchungen in den 1990er Jahren weder gesehen, noch wäre sie in den registrierten gesperrten Akten verzeichnet. Nach offizieller Darstellung sollen entsprechende Aufnahmen, die angeblich Oswald abbildeten, aus geheimnisvollen Grünen vernichtet worden sein. FBI-Chef Hoover hatte 1963 zuvor beklagt, dass Größe und Stimme der von der CIA als angeblich Oswald überwachten Person nicht mit Oswald übereinstimmten.

Lücken tauchen in der JFK-Saga an den erstaunlichsten Stellen auf: In ihrem Klassiker Sympathy for the Devil hatten auch die Rolling Stones die ungeklärte Frage beklagt: “I shouted out ‘who killed the Kennedys?’/ When after all, it was you and me.” Im Original von 1968 war es zunächst nur ein Kennedy gewesen. Nach sechs Jahrzehnten nun fiel Beobachtern auf, dass Mick Jager diese Zeilen beim Konzert ausließ. Kenner spekulierten, ob das Thema für ein jüngeres Publikum vielleicht nicht mehr attraktiv genug sei. Als der Sohn und Enkel der ermordeten Brüder Robert Kennedy jr. nach dem Grund fragte, gab Jagger an, es sei ein Versehen gewesen.

Lahme Ausreden

Personen jedoch, die politische Verantwortung für die Morde oder deren Cover Up tragen könnten, dürften inzwischen jedoch das Zeitliche gesegnet haben. So sieht es jedenfalls heute auch Trump, pfeift auf den Rat des zwischenzeitlich als Verteidigungsminister gehandelten Pompeo und will die JFK-Akten nun endgültig öffnen.

Auch vom sonstigen Personal des JFK-Dramas leben offenbar nur noch wenige, etwa Oswalds Witwe Marina Oswald Porter (84 Jahre), die nach dem Anschlag unter Kontrolle texanischer Geschäftsleute stand und dann einen CIA-Mann heiratete. Auch ihre damalige Freundin Ruth Paine (92 Jahre) lebt noch; sie war eng mit Sicherheitskreisen verstrickte und gilt Kennern als CIA-Agentin. Auch Oswalds Arbeits-Kollege und Mitfahrgelegenheit Wesley Buell Frazier (80) lebt offenbar noch. Frazier hatte Oswald mit einer offenbar erfundenen Aussage über ein angebliches Paket mit einem vielleicht darin versteckten Gewehr in Verdacht gebracht, pflegte ausgerechnet Kontakte zu einem Callboy aus dem Dunstkreis des Zuhälters und Oswald-Mörders Jack Ruby, und machte trotz Verwicklung in das Attentat Karriere im US-Militär.

Soweit Pompeo eine Katastrophe befürchtete, wäre solches unerfindlich, würde die Version mit dem durchgeknallten Alleintäter Lee Harvey Oswald zutreffen – wie sie Dr. Phillip Heyde aus Hamburg unter seinem Pseudonym Phi der deutschsprachigen Wikipedia aufdrängt.

Pompeos Hysterie steht allerdings im Widerspruch zur Einschätzung des Richters John Tunheim, der das Material in den 1990er Jahren gesichtet hatte und keine tragfähigen Gründe für eine weitere Geheimhaltung sieht. Allerdings dämpfte Tunheim die Erwartungen, dass sich in den Akten eine Smoking Gun fände.

Smoking Gun

Das wiederum beurteilen namhafte Attentats-Forscher anders, da manche Aktenstücke das ohnehin schon sehr konturierte Bild abrunden dürften.

So interessieren sich Experten für ein Memo aus 1961 über CIA-Aktivitäten in Lateinamerika, das den Bruch der Beziehungen zwischen den Kennedys und dem ursprünglich geschätzten Geheimdienst dokumentieren dürfte. Zudem sind noch immer Teile des infamen Northwoods-Dokuments geschwärzt, mit dem Pentagon und CIA kubanische Angriffe vortäuschen wollten, um einen casus belli zu simulieren. Hardliner im Pentagon planten damals an einem simultanen nuklearen Überraschungskrieg gegen die Sowjetunion und China, der gegenüber der Öffentlichkeit moralisch erklärt werden sollte. Das versehentlich nicht vernichtete Dokument gelangte über Aktenfreigaben zum Kennedy-Attentat an die Öffentlichkeit – wenn auch mit Schwärzungen.

Eine Entschwärzung der Aussage des CIA-Attentatschefs William K. Harvey und der Personalakte des Kuba-Operationschefs David Phillips dürfte Licht auf ihre Rolle bei der Überwachung des Fair Play for Cuba Committees und der Ereignisse von 1963 werfen. Harvey, Phillips und Abwehrchef James Jesus Angleton hatten den angeblichen Alleintäter teils seit Jahren überwacht und gelten vielen als die Planer der Ausführung und des Cover Ups. Aufschluss verspricht man sich auch aus der gesperrten Personalakte von CIA-Undercoveragent George Joannides, der das Desinformationsprogramm AMSPELL geleitet hatte und dann 1978 reaktiviert wurde, um eine Untersuchungskommission zu den Attentaten an der Nase zu führen.

Ebenfalls noch unzugänglich ist eine CIA-interne Untersuchung der Schüsse von Dallas. Als der 1963 damit betraute CIA-Ermittler John Whitten seine Arbeit offenbar zu gründlich machte, wurde er abgezogen und aus der CIA gemobbt.

Eine Aktenfreigabe könnte außerdem Aufschluss darüber geben, wer 1995 den illegalen Auftrag erteilte, zwei Kisten mit Beweismaterial zu vernichten.

Das Kuriosum, dass die Steuerakten des angeblichen Hilfsarbeiters Oswald noch sechs Jahrzehnte später geheim sind, während Trump eine Veröffentlichung seiner eigenen hinnehmen musste, dürfte den auf sein Ego bedachten Trump wohl auch in seinem Beschluss bestärken.

Deutsche Medien im Rückstand

Zum sechzigsten Jahrestag erfuhr das Thema in den USA prominente Aufmerksamkeit durch den höchst erfolgreichen Podcast des Hollywood-Regisseurs Rob Reiner („Harry and Sally“, „Eine Frage der Ehre“). Reiner konnte infolge Aktenfreigaben und Memoiren auf derart solide Recherchen zurückgreifen, dass ihm die übliche Stigmatisierung als Verschwörungstheoretiker erspart blieb.

Deutsche Journalisten erwiesen sich letztes Jahr erneut als mit dem Thema überfordert. So übernahm man unkritisch allen Ernstes das „Geständnis“ des Personenschützers Paul Landis, der das „Magic Bullet“ gefunden und auf einer Trage platziert haben will. Ersichtlich handelte es sich um einen dick aufgetragenen Pressegag des greisen Landis, dessen ansonsten belanglose Memoiren sonst nichts zu bieten hatten. Dieselbe Geschichte hatte bereits ein Jahrzehnt früher ein Kollege für seine eigenen Memoiren vorbereitet.

 

 

Markus Kompa ist Rechtsanwalt und belesen in der Geschichte der Geheimdienste. Zum 60. Jahrestag des Kennedy-Attentats fasste er den Forschungsstand in einem Podcast zusammen (kostenlos und werbefrei).

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30 Kommentare

  1. Nun ja, angeblich wurden ja auch die Akten, die in Hessen für 120 Jahre eingesperrt werden sollten, jetzt freigegeben. Jan Böhmermann glaubte das und las daraus vor. Sätze von unglaublicher Belanglosigkeit. Niemand hätte sich die Mühe gemacht, das für 120 Jahre weg zu sperren. Ein Fake.
    Dass das jetzt mit den Kennedy-Akten kein Fake ist, glaube ich erst, wenn Herr Kompa das verifiziert hat. Gut, dass wir den haben!
    Alte Story, was soll das bringen? Aber sie hat eben bis heute Relevanz, weil der Tiefe Staat seine Hand darauf hält. Trump hat ein durchaus persönliches Interesse an einer Veröffentlichung.
    Kennedy stand kurz vor einem Friedensabkommen mit der Sowjetunion. Der Sowjetführer Nikita Chruschchow vermutete richtig, dass er deswegen ermordet wurde. Da heben wir Parallelen zu heute. Trump ist eventuell der, der
    der Ukraine Frieden bringt. Was gewissen Leuten überhaupt nicht gefällt. Das ist seine Warnung vorab. Diesmal kommt es heraus.

    1. Also manchmal…

      „Jan Böhmermann glaubte das und las daraus vor. Sätze von unglaublicher Belanglosigkeit.“.

      Die Frage, die sich mir bei Böhmermann nicht stellt, ist doch, ob er Belanglosigkeiten vorfand und diese vorlas oder ob er Belanglosigkeiten heraussuchte, um Belanglosigkeiten vorlesend vorzutäuschen?

        1. Oft sind Geheimdienst-Akten sehr banal. Das sie dennoch mit hoher Sicherheitsstufe behandelt werden liegt daran das diese Behörden und ihre Mitarbeiter oft paranoid sind was die Sicherheit der oft banalen Information betrifft. Und es gilt natürlich was lange gesperrt ist muß wichtig sein und sei es noch so banal.

    2. „Dass das jetzt mit den Kennedy-Akten kein Fake ist, glaube ich erst, wenn Herr Kompa das verifiziert hat. Gut, dass wir den haben!“
      Sehe ich genauso.

      was die alte Story bringen soll? Ich sehe da einen Unterschied am Mord der schwarzen Dahlie(oder einem ähnlich interessanten Mord).
      Es geht um gesellschaftliche Stabilität, wenn da irgendwelche Leute frei umherlaufen und Präsidenten ungestraft ermorden untergräbt dass das Vertrauen in das System.
      Ergo, es gibt Unruhe

  2. Wie auch immer die amerikanische Bürokratie funktioniert, oder wie sie damals funktionierte – ist denn wirklich zu erwarten, das sie Akten anlegte oder Dokumente in Akten hinterließ, die einen Staatsstreich gegen den Repräsentanten der allerbesten Demokratie der Welt belegen? So richtig vorstellen kann ich mir das nicht. Sowenig, wie ich an den Mörder Oswald zu glauben vermag. Mag Heyde daran glauben oder so tun, als ob er daran glauben würde.
    Bereits kurz nach dem Mord, vielleicht in der Mitte der 60er, erschien in der DDR-Wochenzeitung „Wochenpost“ eine umfangreiche Serie zum Thema und obwohl die Autoren damals noch viel weniger Kenntnisse hatten, kamen sie auch damals schon zur Schlussfolgerung, dass, wer auch immer die Tat begangen hat, er nicht Oswald hieß. Die Vielzahl der verbreiteten Unglaubwürdigkeiten war schon von Anfang an so offensichtlich, dass damit reichlich Text gemacht werden konnte.

    Aber von mir aus soll die Verschwörungstheorie, dass Oswald als Alleintäter Kennedy abräumte, glauben wer will. Wenn es sein Leben schöner macht. Warum nicht? Braucht man tatsächlich den Beweis, dass sich ein Teil der damaligen politischen Klasse und die Dienste gegen ihn verschworen haben, um die Politik der USA beurteilen zu können?

    Das gilt aus meiner Sicht auch für 911. Selbstverständlich verfüge ich über keinerlei Beweise dafür, dass die Ami-Administration die Tat selbst veranlasste oder geschehen ließ. Dass ich angesichts der vielen offenkundigen Ungereimtheiten davon fest überzeugt bin, ist für den Rest der Welt ohne jeden Belang. Aber um den politischen Amoklauf amerikanischer Politik zu bewerten, brauch ich keinen Nachweis, dass das WTCM von ihnen selbst inszeniert wurde. Es würde nichts ändern.

    1. @Selbstverständlich verfüge ich über keinerlei Beweise dafür, dass die Ami-Administration die Tat selbst veranlasste oder geschehen ließ.
      das ist richtig – dazu müßte man mächtiger sein als die Dunkelmänner der Finanzeliten, um das aufzudecken.
      Auf der anderen Seite fließt Wasser immer bergab, und wenn die Abläufe in einer gewissen Richtung von der Normalität abweichen, kann man davon ausgehen, das jemand seine Finger dran hat – mit ausreichend macht, um zu drehen und zu vertuschen – und derlei Dinge gibt es viele mit dem Nachweis, das sie ungestraft betrieben werden können : Maine, Pearl Harbour, Tonkin, Brutkasten oder auch in Deutschland – Nitribitt, Ahr-Tal, Corona, Barschel, Möllemann – nur so aus dem Stegreif – das eine oder andere abgestürzte Flugzeug und untergegangene Schiff !
      Wer weiß schon, das in Ramstein damals ausgerechnet die beiden Piloten zu Tode kamen, die als einzige Zeugen Jahre vorher in der Luft waren, als ein Passagierflugzeug vor Italien ins Mittelmeer „abstürzte“ – sie sollten in der Folgewoche über die Verwicklungen der USA und den mutmaßlichen Abschuß aussagen – konnten sie nicht mehr – sie starben in Ramstein ! Oder Dutroux in Belgien – 50 tote Zeugen und über 20 Richter verschlissen zur Vertuschung – und spaßigerhalber ist über die Nebenwirkungen im gleichartigen Sachsensumpf nichts bekannt geworden, dabei hätte die Anzahl der Toten umfangsgemäß noch höher sein müssen !

    2. Damals erfand die CIA eigens für diese Op des gerade entstehenden tiefen Staates die schäbige Bezeichnung „Verschwörungstheorie“.

  3. OT: Harald Neuber schreibt sich auf Telepolis gerade um Kopf und Kragen:
    https://www.telepolis.de/features/Revolutionaere-ohne-Recherche-Junge-Welt-im-Kampf-gegen-den-Klassenfeind-KI-und-Telepolis-10254852.html

    Dort wendet er sich zunächst gegen Kritik an seiner Sperrung des Zugangs zum Telepolis-Archiv. Einige Kritiker, wie das https://multipolar-magazin.de/ und Manova kritisiert er für das Spekulieren über Verschwörungen z. B. in Bezug auf Schwärzungen in den RKI-Files oder Biolabore in der Ukraine. Dabei stützt er sich auf Berichte vom mdr und von https://foreignpolicy.com.

    Leider fehlen im Artikel diverse Links. Daher muss ich spekulieren, auf welche Quellen er sich bezieht. Er nimmt offensichtlich Bezug auf eine Kritik an der Archivlöschung in der jungen welt: https://www.jungewelt.de/artikel/489833.qualit%C3%A4tsoffensive-der-heise-schei%C3%9F.html

    Weiterhin auf einen Beitrag von Jochen Mitschka auf Manova:
    https://www.manova.news/artikel/die-ausgeloschte-vergangenheit

    Ausserdem wendet er sich gegen Kritik an der Nutzung von KI. Diese käme bei Telepolis unter anderem zur „Qualitätssicherung“ zum Einsatz, in Form von „gängigen Tools“.

    1. Habe es auch gelesen und nur noch abgewunken. Seinen Weg in den Kreis der „Guten“ geht er unverdrossen weiter. Es erscheinen zwar immer noch Texte, die man so in den offiziell lizenzierten Wahrheitsmedien nicht finden würde, aber es werden weniger und sie sind umrahmt von solchen, die man auch bei Burda oder schlimmeren – zum Beispiel den Öffentlich Rechtlichen – publizieren würde.
      Um Kopf und Kragen schreibt er sich vielleicht nicht , im Gegenteil festigt er wohl seine bürgerliche Existenz, aber der Preis ist, tp in die Beliebigkeit geführt zu haben. Heise hat es gegeben , Heise hat es genommen.
      Zwei Punkte aber sind mir ausgefallen: Er kann seine durch die Publikationen ausgelöste Wut kaum verbergen und versucht im Stile eines Fernseh-Miet-Clowns irgendwie sarkastisch von oben herab, die Kritiker abzukanzeln. Dabei wird aber eingestanden, dass man erwog, gegen die junge welt juristisch vorzugehen. Natürlich sind deren Vermutungen über den redaktionelle Einsatz von KI falsch, sagt er, aber als „Meinung“ zulässig. Mag sein. Genauso gut aber kann es sein, dass sie nicht falsch sind und man da lieber nicht vor den Kadi zieht.
      Und noch was.
      Die zahlreichen Interventionen von ehemaligen Autoren sind vielleicht nicht ganz ohne Wirkung geblieben, weil er erklärt, dass es sich nur um eine vorübergehende Sperrung handelt und die sollen mal alle nicht so am Rad drehen. Ich vermute zwar, dass er nur versucht, Zeit zu gewinnen und erwartet, dass in ein paar Monaten niemand mehr seine Bücherverbrennung beklagen wird, aber er kann nicht mehr wie bisher einfach darüber hinweggehen.
      Das könnte schon deshalb klappen, weil es verdammt danach aussieht, dass wir bald ganz andere Sorgen haben werden.

    2. Das ist der junge Welt Artikel um den es geht und zu dem Neuber keinen Link gesetzt hat (ich habe eine Volltext-Übernahme gemacht – ich hoffe das das in Ordnung geht)

      Aus: Ausgabe vom 13.12.2024, Seite 14 / Medien
      »Qualitätsoffensive«
      Der Heise Scheiß
      Zensur des Archivs, KI-Journalismus und Mainstream: Kritiker beklagen Geschichtsfälschung bei Onlinemagazin Telepolis
      Von Ludger van der Heyden
      Mehr als 50.000 Artikel, einfach weg. Telepolis, das unter dem Dach des Heise-Verlags produzierte »Magazin der Netzkultur«, hat auf einen Schlag sämtliche vor 2021 auf seiner Website erschienenen Beiträge ins Offline verbannt. Die Begründung der Chefredaktion: Deren Qualität könne man »nicht pauschal garantieren«. Man habe einsehen müssen, »dass es keine realistische Möglichkeit gibt«, die enorme Menge an Material hinreichend zu prüfen. Das 1996 gegründete Medienprojekt rühmt sich damit, »blinde Flecken in der Berichterstattung« zu beleuchten. Und jetzt das: 25 Jahre Telepolis- und Zeitgeschichte – nur noch ein großer blinder Fleck.

      Florian Rötzer ist entsetzt. »Diese riesige Löschaktion ist ein beispielloser Akt, mit dem ein wichtiges Stück des kulturellen Gedächtnisses ausradiert wird«, äußerte sich der Mitbegründer und langjährige Chefredakteur des Portals am Mittwoch gegenüber junge Welt. Fast noch ungeheuerlicher sei aber die Ankündigung, man werde die Inhalte sichten und selektieren oder sogar korrigieren. Unter dem Titel »Qualitätsoffensive« teilte die Leitung am Freitag der Vorwoche mit, Inhalte, »soweit sie noch einen Mehrwert bieten«, schnellstmöglich bewerten und überarbeiten zu wollen, um so »schrittweise die vielen Perlen aus dem Archiv wieder zugänglich« zu machen. Das Geschmeide wird aufpoliert, aber der Gesamtschatz bleibt versenkt. »Das hat eindeutig Züge von Geschichtsfälschung und ist das Übelste an der ganzen Sache«, befand Rötzer.

      Dessen Nachfolge trat 2021 Harald Neuber an. Offenbar mit der Mission, mit allem, was vor ihm war, zu brechen, und sich den Diktaten von Zeitgeist, Mainstream und »Cancel Culture« zu beugen. »Früher sind im Stalinismus aus Fotografien Menschen verschwunden, jetzt verschwinden ganze Archive«, klagte Rötzer. In seiner Bekanntmachung verwies Neuber stolz auf das prächtige Abschneiden von Telepolis – »volle Punktzahl« – beim Rating durch Newsguard. Das Bewertungsportal, das auch den Spiegel als zu 100 Prozent vertrauenswürdig einstuft, wird von der PR- und Werbebranche gesponsert und muss sich aktuell vor dem US-Parlament wegen des Vorwurfs erklären, als »intransparenter Teil von Zensurkampagnen« zu agieren.

      Schon im vergangenen Februar hatte Neuber mit der Maßnahme für Argwohn gesorgt, allen Veröffentlichungen vor seiner Zeit einen »Disclaimer«, also einen Warnhinweis voranzustellen, wonach diese »möglicherweise in Form und Inhalt nicht mehr den aktuellen journalistischen Grundsätzen« bei Heise und Telepolis genügten. Festgeschrieben stehen diese in einem Mitte 2023 formulierten »Leitbild« mit so schönen Vorsätzen wie »Transparenz«, »Glaubwürdigkeit« und »gewissenhafte Recherche«. Telepolis ist dazu übergegangen, sich die Redaktionsarbeit durch künstliche Intelligenz (KI) abnehmen zu lassen; Artikel werden in Teilen, mithin komplett vom Computer generiert. Vor einem Jahr übernahm der Verlag Anteile am Medienunternehmen Deep Content. Dessen IT-Lösungen würden »Kernbestandteil« der eigenen KI-Strategie, verbreitete die Heise Group vergangenen März. Man habe Lizenzen »für das ganze Haus erworben, mit denen die einzelnen Abteilungen ihre Arbeitsabläufe mit KI optimieren können«. Das liegt im Trend, im Journalismus gilt KI als der heiße Scheiß.

      Wo alles neu ist, muss das Alte weichen. Auch gute Traditionen. Früher konnte man zu jedem Beitrag Kommentare hinterlassen. Inzwischen gebe es Beschränkungen, bemerkte Rötzer, und »in den Foren wird heftig gelöscht«. Wie passend: Zur Verlautbarung, das Archiv auszuknipsen, waren und sind keine Wortmeldungen möglich. Man wüsste zu gerne, was die Leser davon halten. Die Autoren sind jedenfalls in Aufruhr. Thomas Moser, Verfasser von Hunderten Artikeln über den NSU-Komplex, bezichtigt Neuber in einer Stellungnahme, »ganz nebenbei« ein »einst kritisches, meinungsstarkes und auf seine Weise einmaliges Medium« zu zerstören.

      Hinweis:

      junge Welt weist darauf hin, dass an keiner Stelle behauptet wird, dass bei Telepolis Artikel veröffentlicht werden, die ausschließlich KI-generiert sind. Harald Neuber, Chefredakteur von Telepolis, legt Wert auf die Feststellung, dass bei Telepolis technische Hilfsmittel wie KI ausschließlich im Rahmen enger Vorgaben und im begrenzten Umfang eingesetzt werden. (jW)
      https://www.jungewelt.de/artikel/489833.qualit%C3%A4tsoffensive-der-heise-schei%C3%9F.html

      1. Bezeichnend, dass Neuber es unterließ, den Artikel zu verlinken. Dass er erwogen hatte, dagegen zu klagen, erstaunt nicht. Der zitiert nämlich ausführlich Rötzer, während die Frage der redaktionellen Verwendung der K I nicht so behandelt wurde, wie Neuber es gelesen haben will und wie es ihm geradezu das Herz brach.

  4. ohh JFK mal wieder, das US-Amerikanische Nigthmare on Elmstreet. Meines Erachtens wird der Mord an Kennedy nur so hochgespielt um vom Versagen der US-Administrationen danach so richtig abzulenken. Bei den Morden an Lincoln, Garfield oder McKinley macht man auch nicht diesen Aufriss oder? Um JFK wurde ein Mythos aufgebaut, dabei war es die Politik von JFK der die USA stärker in Vietnam einband, oder die Welt an den Rand eines Nuklearen Krieges brachte. Seit 60 Jahren beschäftigen sich Historiker, Juristen, Ärzte und noch viele Verschwörungstheoretiker mehr mit diesem Mord. Manche behaupten, die Mafia, die CIA oder die Sowjetunion steckten dahinter, andere machen Lyndon B. Johnson oder Fidel Castro dafür verantwortlich. Wer war es nun? Lee Harvey Oswald, der wiederum von einem Mafiosi erschossen wurde, der aus ungeklärten Gründen ebenfalls erschossen wurde. Vielleicht war es auch Papa Doc aus Haiti der den Mord beauftragte. Wen kümmert es? Fakt ist eines JFK war der erste Medienstar unter den US-Präsidenten, er war ein Produkt medialer Kampagnen. Und niemand wird jemals mit Sicherheit sagen können, ob ihn tatsächlich gekaufte Voten, die Stimmen von Toten oder das Geistervotum frei erfundener Wähler im Jahre 1960 haben siegen lassen. Das ist seine eigentliche Legacy, der Rest, bis hin zu seiner Ermordung, ist ein Mythos.

    1. Vermutlich niemand hat ernsthaft die Sowjetunion im Verdacht.
      Die Cuba-These wurde noch am Tag des Attentats durch zahlreiches CIA-Personal in den Medien lanciert, die erste Verschwörungstheorie zu JFK stammt demnach von der (im Inland unzuständigen) CIA.
      Die These, Oswald sei ein Mafioso gewesen, wäre mir neu. Die Mafia oder Papa Doc dürften kaum über die Möglichkeit verfügt haben, Militär, Geheimdienste und Politik zu kontrollieren. Erst recht nicht konnte die Mafia die Akten sperren lassen. Am hartnäckigsten behinderte die CIA alle Untersuchungen und Aktenfreigaben, teils mit hohem Aufwand.
      Oswalds Mörder wurde nicht erschossen, wie Sie schreiben.
      Es war auch eher nicht JFK, der die Cuba-Krise verursachte, er war vielmehr derjenige, der seinen ultrarechten Generälen den erhofften casus belli entzog.

      1. Ich habe nicht geschrieben das Oswald ein Mafiosi war, sondern das er von einem Mafiosi ermordet wurde, und Jack Ruby wurde nicht erschossen stimmt, er starb 1967 an Lungenkrebs, da habe ich wohl leicht übertrieben.
        Die Sowjet Connection von Oswald ist bekannt, er lebte dort mehrere Jahre und ein Ex-CIA-Chef hat diese These erst 2021 wieder aufleben lassen:
        https://nypost.com/2021/02/22/soviets-ordered-lee-harvey-oswald-to-kill-jfk-ex-cia-chief/#:~:text=Lee%20Harvey%20Oswald%20was%20a%20KGB%20associate%20who,and%20Oswald%20was%20told%20to%20drop%20the%20plan.

        Und nein Kennedy hat die Cuba Krise 1962 verursacht, er hat die Quarantäne über Kuba verhängt, er war es der die maximalen Forderungen formulierte und er war es der die Befehle unterschrieb, die die Invasion von Kuba vorbereitete. Seine Generäle waren nur Werkzeuge, ohne die Zustimmung des Commander in Chief läuft nun mal recht wenig im US-Militär.

        Und drittens hatte der Kennedy-Clan recht gute Verbindungen zur Mafia, seit der Weltwirtschaftskrise und der Prohibition. Sein Vater lancierte die Unterstützung des Chicago Outlets für seine Wahl zum Präsidenten, und es war das Chicago Outlet die andere Mafia-Clans mobilisierten und zwar für die Wahl von JFK. Das diese Unterstützung von JFK und seinem Bruder nicht honoriert wurde gehört zu dieser Geschichte nun mal dazu, denn das war eine Ehrverletzung für die US-Mafia. Man sollte auch nicht vergessen das Kuba vor Castro praktisch ein von der US-Mafia kontrollierter Staat war, der sehr profitabel für die US-Mafia war. Mit der Revolution von 1959 war dieses Thema nun Geschichte. JFK war nicht in der Lage Kuba zurück zu holen, Castro zu stürzen ist den USA nicht gelungen. Die Invasion in der Schweinebucht wurde von JFK beauftragt und die CIA hatte es nicht vergeigt, es war JFK der die Operation stoppte und die US Marines nicht eingreifen ließ.

        1. Es gibt keine „Sowjet-Connection“.
          Niemand hat heute einen ernsthaften Zweifel daran, dass Oswald einer der ca. 12 Agenten des Marine-Geheimdienstes Office of Naval Intelligence war, die in Koordinierung mit der CIA Ex-Marines als sog. Schläfer in die Sowjetunion „auswandern“ ließen. Damals gab es noch keine Spionagesatelliten, die USA wussten praktisch nichts über das Land. Die Sowjets waren allerdings von Anfang an misstrauisch, überwachten ihn 24/7 und schickten ihm eine Agentin, die er kurz darauf heiratete (Marina).

          Die Quarantäne war eine Reaktion Kennedys, mit der er dem Wunsch des Vereinigten Generalstabs nach einem casus belli widersprach. Sie vertauschen Ursache und Wirkung. JFK wurde von Allen Dulles usw. genauso in die durchaus vorhergesehene Cuba-Krise manövriert wie bereits bei der Schweinebucht. Die damaligen US-Militärs wollen einen Krieg, weil sie einer nuklearen Zweitschlagskapazität der Sowjets zurvorkommen wollten. Entgegen der Propaganda hatten die Sowjets damals ganze vier Interkontinentalraketen, während die Bomberflotte der USA konstant in der Luft war (Operation Chrome Dome).

          Die Gerüchte über die Mafia-Unterstützung in Chicago sind meines Wissens nie verifiziert worden. Nach jeder US-Wahl tauchen solche Gerüchte auf. Dramatisch entscheidender für die Wahl war wohl das texanische Geld.
          Die Invasion in der Schweinebucht wurde nicht „von JFK beauftragt“. Sie war von der CIA unter Eisenhower und seinem Vize Nixon vorbereitet worden. JFK hatte das Projekt „geerbt“, war aber über die Erfolgsaussichten getäuscht worden. JFK hatte von Anfang an eine offizielle Beteiligung des Militärs ausgeschlossen. Der Plan von CIA und Milität, JFK in die Enge zu treiben und zur Freigabe des Militärs zu zwingen, ging nicht auf, kann aber nicht ernsthaft JFK vorgeworfen werden.
          Eine Bitte: Nach 60 Jahren sind diese Themen längst gesichert belegte Geschichte. Ersparen Sie uns diese vielfach widerlegten Mythen. Danke.
          Alles weitere in meiem Podcast.

    2. Und wer sagte über den ermordeten Präsidenten „That little Kennedy…….he thought he was a god“?
      Derselbe, der sich „secretary of state for unfriendly countries“ nannte und der im C?A-Headquarter den Text anbringen leiß: „And ye shall know the truth, and the truth shall make you free“.
      Johannes 8:32

      Mal sehen, wie weit man der Wahrheit dieses Mal kommen wird, ich rechne nicht mit großen Überraschungen.

  5. in seiner letzten Amtszeit hat Trump ja auch alle Akten zum Kennedymord freigegeben(aussser die interessanten). Warum sollte es jetzt mehr als Prahlerei sein?

      1. Ein Monat ist eine lange Zeit… Erst recht, wenn ein ‚mindestens‘ davor steht.
        Um die Form und Reihenfolge zu entscheiden, muss man halbwegs den ganzen Kram durchgehen. Vor allem, wer entscheidet denn? Es soll schon mal passiert sein, dass das eine oder andere Papierchen „verloren“ ging…

  6. Warum schreibt niemand den Namen des Oswald-Mörders aus? Es war der Mafiosi Jack Rubinstein.

    Sämtliche Täter und all ihre Auftraggeben sind im Video „Everything is a rich mans trick“ auf Odysee u.a. namentlich genannt. Auch Bush sen. war dabei.
    Es waren diesselben die auch die Sozialisten Martin Luther King und Malcolm X ermordeten.

    1. Ein Beispielsatz aus dem o.g. Film:

      „The new class of international financiers began looking around for a homegrown authoritarian political movement they could support…….Ultraright wing causes, which at normal times would have been ignored and marginalised were suddenly given very careful considerations and finally they found the man and the idea which they found might deliver the political outcome they desired.“

      „The rich man’s trick“ ist immer noch derselbe, auch wenn es heute kein „man“ mehr sein muß für das „homegrown authoritarian movement“ und der „political outcome“ auch ein anderer – Hauptsache er lohnt sich. Immer wenn von „national security“ die Rede ist, think „MONEY“.

      Und Kennedy warnte vor den Herrschaften, die im Hintergrund die Fäden zogen…..

  7. Wer immer auch den Mord an Kennedy in Auftrag gab, oder ausführte, wird nicht mehr bestraft werden.
    Neuber und Telepolis hingegen sind leicht zu bestrafen, einfach, indem man sie meidet.
    Meidet beim Lesen und auch nicht über sie redet.

  8. Auf jeden Fall eine gute Sache, dass die Akten endlich freigegeben werden.
    Ich las vor ein paar Monaten einen Artikel über den Mord in einer Mainstreamzeitung. Der Autor zog über die bösen Verschwörungstheoretiker her, die die offizielle Version hinterfragten.
    doch so klar, dass es die Tat eines einzelnen spinners war.
    Da fragt man sich warum die Akten so lange gesperrt waren.

    Aber : Ball flach halten.
    Kann sein dass nichts wirklich spannendes rauskommt, oder weiter vertuscht wird.

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