Unsere Zivilisation ist krank, weil alle ihre Systeme dafür sorgen, dass menschliches Verhalten von Profit bestimmt wird – und Gesundheit ist nicht profitabel.
Caitlin Johnstone hat im Westend Verlag ein »Kleines Erste-Hilfe-Büchlein gegen Propaganda« herausgebracht. Es hilft dabei, gegen den Schwachsinn unserer Zeit gewappnet zu sein.
Niemand wird reich, wenn alle immer gesund bleiben. Das Räderwerk des Kapitalismus wird sich auch dann noch weiterdrehen, wenn die Bevölkerung durch schlechte Bildung und miserable, auf Profit ausgerichtete Kunst seicht und stumpf wird. Milliardäre werden nicht dadurch reich, dass man Wälder und Meere unberührt lässt, weniger konsumiert, weniger abbaut, weniger bohrt, weniger Energie verbraucht. Die Wirtschaft blüht nicht auf, wenn die Welt in Frieden lebt und die Nationen in Harmonie zusammenarbeiten.
Wir tauschen die wirkliche Revolution gegen das Gefühl, revolutionär zu sein
Wenn man eine fortschrittliche KI so programmieren würde, dass sie das menschliche Verhalten einzig und allein darauf ausrichtet, mit den vorhandenen Technologien den größtmöglichen Profit zu erzielen, würde sich diese Welt nicht wesentlich von der realen unterscheiden. Wir werden von unreflektierten, gefühllosen Systemen gesteuert, denen das Wohl unseres Verstandes, unseres Herzens, unserer Gesundheit oder unserer Biosphäre egal ist und die alles opfern würden, um das eine Ziel zu erreichen, das sie sich gesetzt haben. Das ist einfach eine miese Art, eine Gesellschaft zu organisieren. Es funktioniert nicht und hat uns eine sterbende Welt voller verrückter Idioten beschert, die an mehreren Fronten auf ein nukleares Armageddon zusteuern. Unsere Systeme haben so spektakulär versagt, wie nur irgendetwas versagen kann.
Eigentlich ist es ganz einfach: Wir haben uns für den Kapitalismus als Status quo entschieden, weil er ein effizienter Weg ist, um viel zu produzieren und viel Wohlstand zu schaffen, aber jetzt produzieren wir zu schnell zu viel und die Gesellschaft wird von den Reichen versklavt. Deshalb werden jetzt neue Systeme benötigt.
Ein Großteil des modernen politischen Lebens besteht darin, dass die herrschende Klasse die Öffentlichkeit dazu verleitet, Dinge, die die herrschende Klasse nicht schätzt, gegen Dinge einzutauschen, die sie schätzt: Wir tauschen die wirkliche Revolution gegen das Gefühl, revolutionär zu sein. Wir tauschen die tatsächliche Freiheit und Demokratie gegen die Geschichte von der Freiheit und der Demokratie. Wir tauschen diejenigen Bürgerrechte, die unseren Herrschern selbst wichtig sind, wie freie Meinungsäußerung und Freiheit von Überwachung, gegen Kulturkämpfe über Rassismus und Transphobie. Und wir tauschen echte Arbeit gegen imaginäres Geld. Auf jede erdenkliche Art und Weise werden wir dazu verleitet, reale Macht gegen leere Floskeln einzutauschen.
Unser Verstand ist sehr leicht zu manipulieren
Ein Teil des Problems besteht darin, dass die Menschen in dieser bewusstseinsgesteuerten Dystopie nicht wissen, wie böse ihre Regierung ist, so dass die Vorstellung, dass ihre Regierung sie überwacht und ihre Sprache und ihren Zugang zu Informationen reglementiert, sie nicht so erschreckt, wie sie sollte. Deshalb ärgert es mich, wenn Leute sagen: »Hört auf, über Probleme zu reden, wir müssen über Lösungen reden!« Wir sind so weit davon entfernt, jemals Lösungen umsetzen zu können. Wir sind noch nicht einmal an einem Punkt angelangt, an dem eine nennenswerte Zahl von Menschen weiß, dass die Probleme existieren. Der erste Schritt ist die Schaffung eines Bewusstseins für die Probleme und ihre Ursachen, denn niemand wird sich umdrehen und einen Feind bekämpfen, von dem er immer noch glaubt, dass er sein Freund ist. Systemische Lösungen sind von diesem Punkt noch ziemlich weit entfernt.
Es ist inzwischen weithin bekannt, dass der freie Wille nicht annähernd in dem Maße existiert, wie die meisten Religionen, Philosophien und Rechtssysteme uns glauben machen wollen. Unser Verstand ist sehr leicht zu manipulieren und Propaganda ist sehr effektiv. Wenn Sie das nicht verstehen, haben Sie das Problem nicht verstanden. Beschäftigen Sie sich eingehend mit kognitiven Verzerrungen und deren Funktionsweise. Schauen Sie sich die Forschungsergebnisse an, die zeigen, dass unsere Gehirne wissen, welche Entscheidungen wir treffen werden, und zwar mehrere Sekunden, bevor unser Bewusstsein weiß, dass wir sie treffen. Wollen Sie mir erzählen, dass dies selbstbestimmte, freie Organismen sind? Um zu verstehen, womit wir es zu tun haben, muss man psychologische Manipulation verstehen, muss verstehen, wie effektiv sie ist und warum sie funktioniert, denn weitreichende psychologische Manipulation ist die entscheidende Gewalt, wenn es darum geht, die Öffentlichkeit daran zu hindern, sich in ihrem eigenen Interesse gegen unsere Herrscher zu wenden.
Die Trägheit und selbstzerstörerische Hoffnungslosigkeit der Menschen im Kampf gegen die Maschinerie rührt wohl daher, dass sie wissen, dass die großen politischen Aufbrüche der sechziger Jahre im Sande verlaufen sind. Aber ich glaube nicht, dass das der Fall wäre, wenn die Menschen verstehen würden, wie viel harte Arbeit die Maschinerie leisten musste, damit sie im Sande verliefen. Ich meine, wir alle wissen, dass das Ende von Aktivistenbewegungen nicht aus dem Nichts kommt, oder? Wir alle wissen von COINTELPRO? Bekannte Fälle, in denen einer von sechs Aktivisten tatsächlich ein Bundesinfiltrator war? Die Einführung der ausgeklügeltsten Propagandamaschine, die es je gegeben hat?
Die Revolution wurde aktiv abgewürgt
Die Energie, die das westliche Imperium in die Vernichtung des Fortschritts aller linken Bewegungen und der Antikriegsbewegung gesteckt hat, ist atemberaubend, aber die Leute glauben einfach, dass die Begeisterung von alleine nachgelassen hat, die Hippies zu Yuppies wurden und die Reagan-Administration von allein kam. So war es aber nicht. Daran mussten sie hart arbeiten.
Die Revolution ist nicht organisch verpufft, sie wurde aktiv abgewürgt. Was an ihrer Stelle verbleibt, ist diese defätistische Haltung. Die Menschen wollen eine gesunde Gesellschaft, glauben aber nicht, dass sie erreicht werden kann, das wird dann zu einer selbst erfüllenden Prophezeiung. Wir betreiben jetzt selbst COINTELPRO.
Die Leute denken, dass wir die Macht unserer Masse nicht nutzen können, um das Entstehen einer gesunden Gesellschaft zu erzwingen, und dass wir keine verdienen, weil wir beim letzten Mal versagt haben. Aber wir haben nicht wissentlich, aufgrund unserer eigenen Fehler versagt, sondern wir wurden durch Manipulation an diesen Punkt gebracht. Und die Manipulatoren mussten sehr, sehr hart arbeiten, um das zu erreichen. Diese Bewegungen starben aus, weil die Maschine ganz klar verstand, dass sie sie mit extremer Aggression ausrotten musste, und genau wusste, was sie dafür tun musste, während die normalen Menschen im Dunkeln gelassen wurden. Ein Kampf ist nicht fair, wenn nur eine Partei davon weiß.
Die Maschine hat eine Schlacht gewonnen und alle tun so, als hätte sie damit den Krieg gewonnen. Das hat sie aber nicht. Wir können den Kampf wieder aufnehmen und wir können sie mit unserer Masse überwältigen. Wenn wir nur eine Ahnung davon hätten, wie hart sie arbeiten mussten, um diese eine Schlacht zu gewinnen, wäre das jedem klar.
Irgendwie ein geradezu rührender Artikel. Man spürt die ganze die Enttäuschung, Verzweiflung und Wut über den unerfreulichen Lauf der Dinge und auch wieder dieses typische: “Versuchen wir es noch einmal! Beginnen wir das Projekt erneut.”
Also all jene Gefühle, die jeden aktiven Menschen, der Gute anstrebt, immer mal wieder durchdringen.
Nein, ich mache mich darüber nicht lustig. Das Leiden – und auch Frau Johnstone leidet auf ihre Art – ist bestimmt nicht lustig.
Für mich als Konservativen sind das nur immer wieder diese ewigen Aufbruchsversuche einer ewigen Linken, die immer wieder glaubt, eine andere, bessere Welt sei möglich.
Wobei “Aufbruch” angesichts der von Johnstone schon fast angehimmelten “Revolution” vielleicht ein unpassendes Wort ist. Ich glaube nicht, dass sie möglich ist. Die Welt ist ungefähr genau so, wie sie angesichts der zwiespältigen Natur des Menschen und des mittlerweile erreichten technologischen Entwicklungsstandes sein mus. Sie sollte schon froh sein, wenn es manchmal tatsächlich reformerischem Wege gelingt, gewisse Korrekturen zu erreichen.
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Ein Satz wie dieser lässt mich aber doch lächeln:
” Wir haben uns für den Kapitalismus als Status quo entschieden, weil er ein effizienter Weg ist, um viel zu produzieren und viel Wohlstand zu schaffen, aber jetzt produzieren wir zu schnell zu viel und die Gesellschaft wird von den Reichen versklavt.”
Das ist doch Quatsch! Niemals haben wir uns für Kapitalismus “entschieden”, weil es da nichts zu entscheiden gibt. Außerdem gibt es sowieso kein entscheidungsfähiges “Wir”.
Es gibt deshalb eine kapitalistische Ordnung, weil sie unter den gegebenen technischen Umständen Profite ermöglicht, und zwar Profite der Kapitaleigner. Anders gesagt: Kapitalismus ist der logische wirtschaftlich-gesellschaftliche Normalzustand bei einer gewissen technologischen Entwicklungsstufe. Das hat überhaupt nichts mit einer “Entscheidung” zu tun, so wie sie ein Land beispielsweise für Rechts- oder Linksverkehr auf den Straßen entscheidet. Das gilt zumindest so lange, wie es keine gewaltsame revolutionäre Umgestaltung gibt. Und wozu die führen, sollte jeder wissen, der auch 40 oder 50 Jahre alt ist. Pest oder Cholera – das die Frage!
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“Die Energie, die das westliche Imperium in die Vernichtung des Fortschritts aller linken Bewegungen und der Antikriegsbewegung gesteckt hat, ist atemberaubend”
Man merkt, dass sie die Komplexität der hier wirkenden Ursachen nicht verstanden hat, z.B. die tieferen Gründe für das Scheitern des Ostblocks und anderer sozialistischer Regime, z.B. Kambodscha, oder die utopiebegrenzende zwiespätige Natur des Menschen.
Wenn sie dann schreibt …
“Die Revolution ist nicht organisch verpufft, sie wurde aktiv abgewürgt.”
… frage ich mich, in welcher Parallelgesellschaft die Dame gelebt hat!
Welche Revolution??? Hatten revolutionäre Bestrebungen in den 1970er oder 1980er Jahren im Westen denn jemals je auch nur eine Spur von Erfolgsaussicht?? Nein!
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Sätze wie dieser:
“Ein Teil des Problems besteht darin, dass die Menschen in dieser bewusstseinsgesteuerten Dystopie nicht wissen, wie böse ihre Regierung ist, … ”
… deuten darauf hin, dass sie sich womöglich mit Michael Nehls “Das indoktrinierte Gehirn” beschäftigt hat. Zweifellos ein lesenswertes Buch.
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Schöner langer Kommentar. Viel Arbeit! Respekt! Enthält aber leider auch eine Menge Quatsch.
Beispiel 1:
Die “ewige Linke” wird es geben, solange es die “ewige Rechte” gibt. Das ist schon fast so eine Art kosmisches Naturgesetz. Wie Yin und Yang usw.
Beispiel 2:
Hatten revolutionäre Bestrebungen in den 1970er oder 1980er Jahren im Westen denn jemals je auch nur eine Spur von Erfolgsaussicht?? Nein!
Ja!!!
Viele Freiheiten, die heute auch für Rechte selbstverständlich sind, wurden damals “erkämpft”. Ohne den Druck von links hätte schon Bismarck sich niemals zu seiner Sozialgesetzgebung durchgerungen. Und Russland wäre vielleicht immer noch zaristisch (wenn auch anders als unter dem heute idiotischerweise so genannten “Zar Putin”. Was für ein hirnrissiger Ausdruck, der sich da etabliert hat). Mit der Linken geht es wie im Krebsgang. 2 Schritte vor, einen zurück. Und immer so weiter. Aber so geht es auch voran.
Volle Zustimmung Jinpa!
Besonders das mit dem kosmischen Naturgesetzt.
@ Jinpa
Zu Ihrem Beispiel 1:
Sie rennen bei mir offene Türen ein. Es gibt die ewige Linke, die immer in irgendeiner neuen Kostümierng wieder auftaucht und es gibt matürlich auch die ewige Rechte, also die Machteliten.
Ganz richtig: Yin & Yang.
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Eine reformerische linke Politik ist gut und wichtig, da stimme ich Ihnen zu.
Aber eben in Maßen.
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Na ja, hinsichtlich der Erfolgsaussichten einen Revolution im Westen im letzten Drittel des 20. Jahrhunderts werden wir uns nicht treffen.
Dafür ging es m.E. den meisten Menschen – gerade im Westen – in dieser Zeit viel zu gut. Man kann doch nicht glauben, dass es hier bei uns eine Revolution geben könnte, weil irgendwo anders in der Welt Menschen ausgebeutet werden.
Hinzu kommen die vielfältigen Kontroll-, Propaganda- und sonstigen Gegenmaßnahmen der Mächtigen – Frau Johnstone erwähnt ja auch ganz zu recht das COINTELPRO-Programm – die zwar nicht entscheidend gewesen sein dürften, aber auch eine Rolle spielten.
“die tieferen Gründe für das Scheitern des Ostblocks”
Und Sie meinen Sie hätten die verstanden? Die würden mich brennend interessieren. Also raus damit!
@ garno
Warten Sie früher nie mit offenen Augen und unvoreingenommenem Blick in der DDR … ?!
Nein, ich habe früher nie die DDR mit “unvoreingenommenem Blick” betrachtet. Aber das beantwortet meine Frage nicht. Kommt da noch eine Antwort?
Sind Sie früher wirklich nie in der DDR gewesen?
Na kann ja sein, denn um die dorrtigen Verhältnisse noch kennengelernt zu haben (und sei es auch vom Westen aus), muss man ja mittlerweile schon wenigstens 50 Jahre alt sein.
Oder kommen Sie von “drüben” aus dem Osten und haben womöglich als ehemaliger Apparatschik keinen unvoreingenommen Blick haben dürfen? Kann ja auch sein.
Ich nenne also mal einige Stichpunkte, obwohl es mir überflüssig scheint, weil es doch fast jeder weiß:
– dikatorisches und totalitäres Unterdrückungsregime,
– Missachtung der Demokratie,
– Aufhebung der Wissenschaftsfreiheit durch den der Ideologie entstammenden sog. “historischen Materialismus”
– Stasiüberwachung.
– autoritäre Erziehungsdiktatur mit dem Ziel, einen sog. “Neuen Menschen” zu dschaffen; also ständige Propaganda und Gehirnwäsche
– Verhinderung von Meinungsfreiheit,
– Verhinderung von Reisefreiheit durch Mauer und Schießbefehl,
– katastrophale Wirtschaft,
– katastrophale Umweltverschmutzung.
Wenn Ihnen das nicht reicht, dann müssen wir uns nicht wewiter austauschen.
Danke für Ihre “überflüssigen Stichpunkte” als Antwort. Leider kann ich darin keine „tieferen Gründe für das Scheitern des Ostblocks“ erkennen, sondern lediglich Allgemeinplätze, Symptome aber eben keine “tieferen Gründe”. Da hatte ich mehr erwartet.
Ist Ihnen noch nie der Gedanke gekommen, dass das Scheitern des Ostblocks im Wettbewerb mit dem Westen an den ganz unterschiedlichen Startbedingungen gelegen haben könnte? Dass der Osten aus Kapitalmangel von Anfang an auf verlorenem Posten stand, ein Vorsprung der im Wettbewerb nicht mehr aufzuholen war. Kapital kann zwar in gewissem Maße durch Arbeitskraft ersetzt werden, führt dann aber in der zwangsweisen Umsetzung zum Stalinismus – mit den von Ihnen genannten Auswirkungen (Ihre tieferen Gründe).
Ich habe die ersten 22 Jahren meines Lebens in der DDR verbracht, ich weiß also wovon ich spreche. Und im Gegensatz zu Merkel war ich kein “angepasster Apparatschik”. Trotzdem nehme ich nicht für mich in Anspruch einen “unvoreingenommenem Blick” auf die DDR gehabt zu haben.
Ich kann auch verstehen, dass Sie sich in Ihrer bürgerlichen Blase gut eingerichtet haben, wo Störungen der (mentalen) Einrichtung nicht willkommen sind, was Sie unfreiwillig in Ihrem Schlußsatz ausdrücken: “Wenn Ihnen das nicht reicht, dann müssen wir uns nicht wewiter austauschen.”
@ garno ………. @ Müsli zum Fest
Die DDR scheiterte doch nicht nur deshalb, weil sie Reparationen an die Sowjets leisten musste und wirtschaftlich schlechtere Startvoraussetzungen hatte.
Sie scheiterte ebenso sehr an der Parteidiktatur, an der Unfreiheit,
an der Unterdrückung, an der Bespitzelung, an der Bevormundung, an der ständigen Indoktrination – und auch an der systemimmanenten(!) geringeren Leistungsfähigkeit einer zentral gelenkten Wirtschaft.
Erinnern Sie sich doch an den Volksaufstand vom 17. Juni! Schon früh, sehr früh, hatten die real existierenden Menschen genug vom Experiment Sozialismus. Hatten “die Schnauze voll”.
Die Leute merkten es schon 1953 bzw. merkten es in den Folgejahren immer mehr, dass das SED-Regime gleichsam automatisch zu jenen bewussten “überflüssigen Stichpunkten” führte.
Sie können diese Stichpunkte doch nicht einfach ausklammern und alles nur auf die Wirtschaft reduzieren. Die DDR scheiterte nicht nur an der Wirtschaft, sondern weil eine Mehrheit der Bevölkerung vom Sozialismus mehr als genug hatte.
Und dabei sind jene Hunderttausende, ja Millionen aus der ehemaligen ostdeutschen Mittel- und Oberschicht noch gar nicht mitgezählt, die bereits in den 1950er Jahren wegen der Enteignungen, Drangsalierungen und sonstigen Verfolgungsmaßnahmen in den Westen gegangen waren – also Großbauern, Unternehmer, akademisch gebildetes Bürgertum usw.
Anders gesagt: Die DDR scheiterte sogar bei jener besonderen Auswahl von Arbeitern und Bauern, die nach dem Weggang der ehemaligen Ober- und Mittelschicht noch übriggeblieben war und die zu großen Teilen auch schon im Sozialismus erzogen und sozialisiert worden war!
Ja, ich weiß, es gab damals auch “Edelkommunisten” und viele, die wirklich überzeugt waren und an den “Aufbau des Sozialismus” glaubten – aber die blieben sowohl innerhalb der Partei und ihrer Organisationen als auch in der Bevölkerung eine Minderheit. Aus dem Film “Spur der Steine” fällt mir da spontan der junge idealistische Baustellenleiter ein.
Und ja, selbstverständlich haben in der DDR viele Menschen hart und gut gearbeitet und angesichts der begrenzten Möglichkeiten viel geleistet, das sei ihnen unbenommen und anerkannt. Die schlechte Art und Weise, wie mit vielen ehem. DDR-Bürgern nach der Wende umgegangen wurde, hat mich damals sehr geärgert.
Die DDR und der gesamte Ostblock scheiterte sicherlich aus mehreren Gründen. Der Hauptgrund dürfte aber die von mir genannte wirtschaftliche Rückständigkeit gewesen sein. Der Mangel an Investitionskapital zwang dazu den Faktor Arbeit überzustrapazieren, was als Folge die von Ihnen genannten Merkmale hervorbrachte und von bürgerlich-liberaler Seite als Ursache angesehen werden. Dem ich nicht zustimme, da die Basis einer Gesellschaft die Wirtschaft ist und nicht die Politik. Die Wirtschaft schafft die Bedingungen für reales Leben (inklusive Freiheit, Demokratie usw., den Gegenstand der Politik). Die Politik ist bestrebt gute Wirtschaftsbedingungen (ein gutes Wirtschaftsklima) zu schaffen. https://www.bpb.de/shop/zeitschriften/apuz/247635/was-uns-marx-heute-noch-zu-sagen-hat-essay/
Die DDR scheiterte nicht 1953, als sie gerade im Aufbau war, sondern an ihren vollmundigen Erklärungen, welche kein Fachmann dort abgezeichnet hat. Die Erhöhung der Mindestnormen ist im Westen eine über den Markt vermittelte Instanz und geschah im Osten logischerweise administrativ.
DDR finde ich ein Fallbeispiel, mit dem nicht sehr viel gezeigt werden kann. Die DDR leistet die Reparationszahlungen, die an die BRD nie gestellt wurden. Sie leistete ihren Teil am Aufbau des Flächenlandes UDSSR.
Das eingestreute “Kambodscha” kann jeder, der vage die Geschichte des Landes kennt, nur als Beweis des Gegenteiliges verstehen. Die Roten Khmer waren Hyper-Nationalisten (wie der Name schon sagt), die sich mit der Mao-Bibel eine Tarn-Erzählung übergestreift haben, die bei dem Teil “Bauernstaat” einen Matsch hatte. Sie waren nur drei Jahre wirklich an der Regierung und wurden dann von der durch Nordvietnam (wegen der Morde an dem planmäßigen Morden von kambodschanischen Vietnamesen u.A. “Ausländern”) unterstützen Volkspartei vertrieben. Das waren tatsächlich Linke.
Die Roten Khmer existierten weiter als Guerilla, die von den USA (Kampf gegen Kommunismus) und China (wg. Mao-Bibel) unterstützt waren.
Die lückenhafte Rote-Khmer-Erzählung bei uns zeigt, wie der Hegemonie-Apparat der Milliardäre funktioniert. Die Teile, die nicht genehm sind, fallen unter den Tisch. Das macht es dann leicht, Links-Rechts-Vertauschungen vorzunehmen, weil kaum noch jemand da ist, dem die unterschlagenen Teile der Erzählung bekannt sind.
“schöner langer Kommentar” ach?
Im ersten Teil würdigt er sie herab als Untermensch mit falsch funktionierendem Gehirn und im zweiten Teil kommt er mit “Natur des Menschen” und “Naturgesetzen des Kapitalismus”.
Sie schreibt noch was von Cointelpro, könnte man tausende weitere Geheimdienstoperationen gegen echte und vermeintliche linke, anti-kapitalistische Zersetzer aufzählen, aber das hat natürlich gar kein historisches Gewicht, weil wir ja von Naturgesetzen reden.
Viele Grüße auch vom Andenpakt
https://de.wikipedia.org/wiki/Andenpakt_(CDU)
In der ach so neutralen, freiheitlichen, wertewestlichen Wiki steht übrigens nicht zu wem sie 1979 nach Chile flogen zwecks Bildungsreise.
https://de.wikipedia.org/wiki/Augusto_Pinochet#Menschenrechtsverletzungen_w%C3%A4hrend_der_Milit%C3%A4rregierung
Also weiter so, auch wenn uns die Sch… schon bis zum Hals steht?
@ noly
“Also weiter so, auch wenn uns die Sch… schon bis zum Hals steht?”
Ich weiß es nicht.
Man hat sich daran gewöhnt, Probleme grundsätzlich für lösbar zu halten.
Es gibt aber auch unlösbare Probleme und Widersprüche.
Der Einwurf von @ Jinpa , wonach es sich mit der Rechten und der Linken wie bei Yin & Yang um ein nicht auflösbares ewiges Naturgesetz handelt, trifft die Realität schon ziemlich gut. Nie wird eine Seite die andere ganz verdrängen können. Es geht um eine gewisse Ausgewogenheit, eine Balance.
—
Aber Sie wollten eine konkretere Antwort.
Ich glaube, dass man immer nur für sich selbst Lösungen finden kann, aber nie im großen Rahmen oder gar für die “Gesellschaft” oder die “Welt”. Man selbst hat durchaus, und zwar in jedem System, gewisse Freiheitsgrade und Möglichkeiten, DIE gilt es zu nutzen.
Die “Große Lösung”, die “Weltrettung” ist Illusion.
Die „Große Lösung“, die „Weltrettung“ ist Illusion.
Wohl war, da es Linke gibt die meinen alle Retten zu müssen.
Ich bin Nazi genug um einzusehen, das wenn überhaupt, wir hier was gedeichselt kriegen müssen.
Frau Johnstone, die mir sehr wohl sehr sympathisch ist, müßte lernen, daß die Masse niemals intelligent / schlau ist, sondern eher dumm und korrumpierbar.
Deshalb haben wir ja auch “den Kapitalismus”. Weil fast alle gierig sind und mehr wollen – egal wie viel mehr, aber es geht um das Mehr-wollen, die Gier.
So ist der Mensch.
Es gibt ein paar wenige, die anders sind, aus diversen Gründen. Der erste Grund wäre wohl, daß man als Einzelner erkannt hat, wie das System läuft. Und daß man es als Einzelner nicht ändern kann und daß es sinnfrei ist, irgendwelche Massen davon zu überzeugen, daß das Ganze besser so … oder so … oder so gemacht würde.
So funktioniert das leider nicht.
Welche Schlüsse man dann aus dieser Erkenntnis zieht, muß jeder für sich selber wissen. Aber daß man Massen über “Revolution” oder “Aufklärung” ändern könnte, das glaube ich schon lange nicht mehr. So rührend und toll dieser Gedanke auch ist, aber es funktioniert einfach nicht.
Natürlich weiß ich, was funktioniert. Aber die Masse davon überzeugen? No way. Da muß jeder selbst drauf kommen.
Frau Johnstone muss nicht lernen. Andere müssen lernen.
Wir wachsen ja alle irgendwie auf. Wir werden autoritär erzogen und dumm gelassen, weil das leichter ist.
Das hat mit “autoritär” oder so gar nichts zu tun. Sondern mit Lebenserfahrung und Realismus, Situationen einschätzen zu können.
Den linken Rebellen habe ich mit 18 gegeben. Das ist lange vorbei.
Suchen Sie mal nach “Psychologie der Massen”, da können Sie nochwas lernen.
@ Waldgängerin
Gut geschrieben!
Außerdem wissen Sie ja: Im Wald ist Freiheit.
Freiheit ist nur die Freiheit desjenigen Volkes, dem man angehört.
Deshalb ist ja Gaza so wichtig.
Da geht es um die Freiheit der sogenannten Palästinenser in ihrem geburtseigenen Gebiet. Wer das nicht verteidigt, hat auch nicht die moralische Legitimation, sich selbst zu verteidigen, und das eigene Recht, zu sagen: Bis hierhin und dann ist Schluß.
“Deshalb haben wir ja auch „den Kapitalismus“. Weil fast alle gierig sind und mehr wollen – egal wie viel mehr, aber es geht um das Mehr-wollen, die Gier.
So ist der Mensch.”
Nein. So ist der Mensch eben nicht!
Der Mensch ist ein soziales Wesen, der alleine fast nichts zustande bringt, womöglich nicht mal überleben kann, aber als Gemeinschaft viel schaffen kann.
Der Mensch als soziales Wesen hat, eine natürliche Gabe der gegenseitigen Hilfe und Fairness. Je größer die Gesellschaften werden, umso mehr Verwaltungsebenen und Arbeitsaufteilungen werden geschaffen und da sind die angeborenen Sinne des Menschen dann nicht mehr geeignet, die immer raffinierter betrieben Übervorteilung der breiten Bevölkerung durch die Milliardäre zu erkennen und zu verhindern.
Im Zug des Neoliberalismus wurde den Links-Fühlenden beigebracht, dass es genügen würde, sich für Randruppen stark zu machen, und es fehlt damit das Sammlungspotential für umfassende Gleichberechtigungsanstrengungen für Wohlstandsteilhabe.
Karriere bekommen jetzt nur die, die sich am Engagement für Partialinteressen beteiligen und von der Idee des Fortschritts für die breite Bevölkerung abfallen.
3″Unser Verstand ist sehr leicht zu manipulieren”
Das sehen wir in Kürze wieder ganz deutlich beim Black Friday mit angeblich “sagenhaften Rabatten”
Die alte Kaufmann’s – Regel besagt allerdings:
“Rabatt ist dat wat man vorher draufgeschlagen hat” 😉
Mondpreise wie UVP führen dann zu Mondrabatten
Versuch einer Beschreibung des Verkaufsprinzips:
Bei amazon findet man immer etwas, das man bei amazon günstiger einkaufen kann, als bei amazon, außer natürlich bei amazon.
Liest sich gut, hört sich gut an.
Aber was ist denn bloß COINTELPRO ??
Die selbst erfüllenden Prophezeiung. Wir betreiben jetzt selbst die Propagandamaschine .. häää??
und nicht mehr der Bundesinfiltrator … och?
Sag mir, was COINTELPRO ist! Du hast den Bösewicht entdeckt, zeig ihn mir!
Selber googeln macht schlau. Manchmal hilft da sogar Wikipedia 😁. Jetzt zeige ich Dir den Bösewicht :
https://de.m.wikipedia.org/wiki/COINTELPRO
Kannte ich bis vorhin aber auch noch nicht 😁
Vielleicht ist das gemeint: https://de.wikipedia.org/wiki/COINTELPRO
oder
https://de.wikipedia.org/wiki/Church_Committee
https://de.wikipedia.org/wiki/CIA-Operation_CHAOS
https://de.wikipedia.org/wiki/Operation_Condor
https://de.wikipedia.org/wiki/Western_Hemisphere_Institute_for_Security_Cooperation
https://de.wikipedia.org/wiki/Massaker_in_Indonesien_1965%E2%80%931966
siehe auch The Jakarta Method von Vincent Bevins
https://de.wikipedia.org/wiki/Gladio#Aufdeckung
wurde wie viele politische wiki-Artikel stark redigiert und verkürzt.
Daniele Ganser hat in seiner Doktorarbeit zu Gladio auch erstaunliche Netzwerke aufgedeckt. Ach so, bei Condor könnte was bei Geschichtsbewanderten klingeln:
https://de.wikipedia.org/wiki/Legion_Condor
https://de.wikipedia.org/wiki/Rattenlinien
https://de.wikipedia.org/wiki/Operation_Overcast
Das Spannende bei dem Thema ist, wenn man sich mal damit beschäftigt, findet man immer wieder neue Gräueltaten und “Operationen” von denen man noch nie gehört hat.
Beispiel, was mir dieses Jahr erschien, obwohl ich mich schon 20 Jahre kritischer mit Politik beschäftige:
https://en.wikipedia.org/wiki/Jeju_uprising
Naja, bei einem “uprising” kann ja nicht so viel passiert sein, bisschen Tränengas und ein paar leichte Schläge mit dem Gummiknüppel, um der Demokratie und den freiheitlichen Naturgesetzen des Kapitalismus nachzuhelfen.
Wir haben die Solidarität verloren. Wir sind zu viele und stressen uns. Jeder kämpft gegen jeden.
Wenn wir etwas retten wollen, bräuchten wir eine Währung für Sozialität. Es muss etwas rechen- und optimierbares sein, was man unserem Verbrauchsgeld entgegen setzen kann.
“Wir haben die Solidarität verloren. Wir sind zu viele und stressen uns. Jeder kämpft gegen jeden.”
Die Aussage könnte idealerweise korrekt sein, wenn nicht “jeder gegen jeden” ein uraltes Menschenprinzip des “Mit/Gegeneinanders” wäre, denn andernfalls hätte das Leben auf Erden vor dem JETZT paradiesisch sein müssen!
Die Geschichte und der Alltag bewiesen und beweisen in Endlosschleife jedoch das absolute Gegenteil! Wobei stets wenige Ausnahmen lediglich die Regel bestätigen.
Auch nicht so ganz richtig.
Solidarität hat es immer gegeben in der Menschheit. Aber nur unter Gleichen oder Ähnlichen. Früher nannte man das “Sippe” oder “Stammesgemeinschaft”.
Heute ist alles krankhaft zum “Weltbürger” mutiert. Das kann natürlich so nicht funktionieren.
Der “westlichen Wertegemeinschaft” ist die Fähigkeit, sich vom Unerwünschten, weil Fremden, oder gar Schädlichen, aberzogen worden. Und das wiederum mit Absicht.
“So ist der Mensch….
Es gibt ein paar wenige,….Weil fast alle gierig sind und mehr wollen – egal wie viel mehr, aber es geht um das Mehr-wollen, die Gier….”
–
“Auch nicht so ganz richtig.
Solidarität hat es immer gegeben in der Menschheit. Aber nur unter Gleichen oder Ähnlichen. Früher nannte man das „Sippe“ oder „Stammesgemeinschaft“.
Na was denn nun?!
Ergo: weil Sippen/Stammesgemeinschaften solidarisch und absolut uneigennützig konzipiert waren, gab es nie interne Hierarchien, aus denen irgendwann Monstrositäten erwuchsen! Gut zu wissen! Geschichte muss rigoros umgeschrieben werden.
Kleines Geheimnis: der Gemeine Mensch war stets solidarisch, sozial, empathisch, zugewandt, wenn er des Schutzes der Gruppe/Gemeinschaft bedurfte; also in Krisenzeiten.
Sobald diese vorüber waren/sind, besinnt er sich auf sich selber und wird, so befähigt, zur treibenden Kraft des Eigennutzes.
Und exakt hier schließt sich der logische Kreis:
“So ist der Mensch….” – heutzutage nur freiwillig lebensdümmer als je zuvor!
Die Gier in dem Ausmaß, wie wir sie heute erleben,gibt es erst, seitdem jeder Depp an der Börse aus wenig Geld ganz viel Geld machen kann – leistungslos.
Das ist auch alles richtig, was Sie schreiben. Nur wir haben leider, muß man in diesem Zusammenhang sagen, schon lange keine richtige Krise, sprich: Krieg mehr erlebt. Deshalb sind auch große Teile der Völker so abgehoben, “woken”, bunt und was es da nicht so alles gibt. Das hat sehr viel damit zu tun, daß die Meisten heute denken, es könne uns hier im Westen ewig lange weiter so gut gehen.
“Die Wirtschaft blüht nicht auf, wenn die Welt in Frieden lebt und die Nationen in Harmonie zusammenarbeiten.”
Eine widersinnige Behauptung, da sie der historischen Erfahrung widerspricht.
“Unser Verstand ist sehr leicht zu manipulieren und Propaganda ist sehr effektiv.”
Das mag sein, funktioniert aber nicht immer. Und die Grundbedürfnisse der Menschen müssen immer erfüllt werden. Gelingt das nicht mehr, dann hat es auch Propaganda sehr schwer. Zuletzt hilft nur noch pure Gewalt z.B. in Form von verschärften Gesetzen um das herrschende Machtgefüge zu erhalten. Und natürlich wird auch KI zur Manipulation genutzt. Das ändert aber nichts an der Aussage, dass zuerst das Fressen kommt und dann erst die “Moral” (das durch Propaganda erzeugte Narrativ).
Die Tendenz zum autoritären Staat ist also logisch vorgegeben. Die (Neo-)Liberalen setzen zunehmend auf den Rechtsstaat, wohingegen die oppositionellen Populisten sich auf einen angeblichen Volkswillen berufen. Dazwischen scheint es in der politischen Praxis nichts mehr zu geben. Das Volk soll mit einer Pseudo-Debatte und mit einer Schein-Demokratie zufriedengestellt werden. Aber wie gesagt, und das ist meine tiefste Überzeugung, gelingt das nur, solange auch die Grundbedürfnisse der Menschen befriedigt werden können. Und wie es aussieht stößt die Ampel mit ihrem 60 Milliarden Defizit bereits an Grenzen.
„Die Wirtschaft blüht nicht auf, wenn die Welt in Frieden lebt und die Nationen in Harmonie zusammenarbeiten.“
Eine widersinnige Behauptung, da sie der historischen Erfahrung widerspricht.
Natürlich blüht im Frieden, nach einem Krieg, die Wirtschaft erst einmal auf. Es ging halt viel kaputt.
Aber wenn dann alle einigermaßen versorgt sind blühen eben die üblichen Verdächtigen: Rüstung, angekurbelt durch Krieg (wenn er auch anderst genannt wird) und Koruption (oft in Form von Gewinne pivatisieren….).
Dieses Problem lässt sich doch ganz einfach lösen: Durch eine andere Wirtschaftspolitik – mit entsprechend anderen Narrativen.
Die eigentliche Frage ist doch: Wer veranlasst die Veränderung?
“der Teufel” als monotheistische Vertretung sagt: betet das ihr in den Himmel kommt, in den Garten Eden.
Leider haben die meisten nicht erkannt, das die Erde der Garten Eden ist und deshalb versuchen Narrative die Menschen davon abzuhalten, das selbst zu erkennen.
Man feiert lieber Fortschritte, die alle zurück versetzen ohne überhaupt einen Fortschritt wahrzunehmen.
Caitlin Johnstone ist zwar eine scharfsinnige Beobachterin, aber leider nur aus dem mentalen Gefängnis des liberalen Individualismus heraus.
‘Dysfunktion und Zerstörung’, das ist was der Wertewesten gerade betreibt.
Nicht dort wo seine Brüller es vermuten, nein im heimischen Bereich wird Dysfunktion und Zerstörung ihrer eigenen geschaffenen Realität betrieben.
Der Neoliberalismus von der goldenen Milliarde hoferiert, zeigt den wohlwollenden Folger sein wahres Gesicht! Er bekriegt seine Folger, um mit dem Rest der globalen Mehrheit auf ‘Augenhöhe’ zu sein, welch eine Traumfabrik der Westen doch ist.
Und – zack! – hamma mal im Vorbeigehen einen ganzen Reigen linker und aufklärerischer Ideale in den Orkus getreten. Mit so einer Einstellung fühlt sich das Leben in permanenter Duldungsstarre freilich schon gleich viel angenehmer an. Insbesondere wenn man die Duldungsstarre noch mit konsumistischen und identitären Goodies anreichert.
Was soll der ganze Technik-Sprech? Es gibt keine Systeme. Es gibt ein System und darin u.a. ein extrem heterogenes Elitenkartell. Der Verweis auf ein abstraktes, nicht fassbares System unter Auslassung dessen zentraler Träger lenkt bloß ab und verunmöglicht sowohl die Analyse wie auch den notwendigen Widerstand. Eigentlich genau das, was die Autorin selbst beklagt. Doch mit derlei Sprech wird letztlich bloß die unsichtbare Hand Gottes durch die unsichtbare Hand des Marktes ersetzt – beide nicht fassbar und jegliches Aufbegehren angeblich zwecklos, also betet man fromm und zahlt in der Hoffnung, dass der Schierlingsbecher an einem vorüberginge. Früher im Tempel Christi, heute im Tempel des Konsums.
Für wen haben „sie“ denn versagt? Für Frau Johnstone, uns Foristen, oder die einfachen Leute draußen an den Geräten? Kann schon sein. Für den (Geld)Adel, Trusts, Oligarchen (pardon: Mäzene), jede Menge Glücksritter, Politiker und angeschlossene Lobbyisten und zugehörige Presstituierte – für die versagt das Spektakel noch lange nicht.
Und was soll eigentlich schon wieder dieses kollektivierende „wir“? Das hat schon @ Wolfgang Wirth völlig zurecht kritisiert. Es ist nicht „mein“ System und ich habe mich auch nicht für den Kapitalismus in freier und geheimer Wahl entschieden. Oder gab es letztens eine Volksabstimmung dazu?
Aber, schon klar: Wenn „wir“ uns dafür entschieden haben, dann sind die Arbeiter und Lohnsklaven schon irgendwie mitschuldig an den gegebenen Verhältnissen. Dann können sich moderne Pfaffen, Bonzen und Co. KG ja mal entspannt zurücklehnen. Und natürlich – bevor der Einwand wieder kommt – kann man sagen, dass jeder – und es sei durch den bloßen täglichen Akt des Konsums – irgendwie mit drinhängt und das System stabilisiert. Aber das ist letztlich die übliche Schuldverschiebung, die bekannte Masche wie man sie aus der unsäglichen Klimadebatte oder den Finanzkrisen kennt. Die fleischfressenden, Malle-urlaubenden, Diesel-fahrenden Arbeiter sind schuld, dass „ganz Afrika brennt“. So wie sie mit ihrem Leben auf Pump, ihrer Gier nach Konsum und fetten Häusern und ihrem allgemeinen Unvermögen sparsam und vernünftig zu leben schuld darn waren, dass der Immobilienmarkt implodierte. Gut, dass „wir“ das geklärt haben, dann kann die herrschende Klasse ja bequem weiter morden, landrauben und zocken.
Es bleibt dabei: Gewinne werden privatisiert, Probleme dagegen sozialisiert und die Schuld stets auf das einzelne Individuum (früher: „den kleinen Mann“) abgewälzt und ihm ein schlechtes Gewissen eingetrichtert. Das sind übrigens tatsächlich mal Entscheidungen. Entscheidungen der realen Verursacher. Aber dank des vernebelnden Sprechs der Johnstones und anderer PMCler können jene sich beruhigt einen Domaine de la Romanée-Conti einschenken und einander fleißig zuprosten. Stößchen!
Und weiter geht’s mit der Schuldverschiebung. Wer hat das denn „eingetauscht“? Nochmals: Wer ist „wir“? Natürlich gilt in diesem System auch, dass Revolution konsumierbar sein muss und dass das Revolutionäre kommodifiziert wird. Im anderen Beitrag schildert Weber ja den selbsternannten Druidentee, äh „Anarchokapitalisten“, Milei. Aber wir sollten nicht vergessen, dass sämtliche großen Revolutionen in westlichen Ländern von der Reaktion niederkartätscht und abgewürgt wurden und bis heute das Elitenkartell und sein (tiefer) Staat scharf darauf achtgeben jegliche potentielle Systemgefahr schon im Entstehen einzuhegen. Das war kein simples, freiwilliges Tauschgeschäft auf dem Marktplatz der Ideen. Das war und ist knallharte repressive Machtsicherungspolitik durch die herrschende Klasse und dieser Akt muss als solcher klar benannt werden.
Ah, die dummen Leute sind schuld! Oder die menschliche Natur und das fehlende Bewusstsein. Oder Fleischkäs. Nochmals: es gibt eine Menge Leute, die sehr gut Bescheid wissen und sich der Verhältnisse sehr wohl bewusst sind. Bildungsstand, Biologie und (un)freier Wille hin oder her. Ob hier im Forum, oder draußen in den Straßen und Gassen. Mehr als man gemeinhin denkt (ich schimpfe bekanntlich auch oft genug über die Mitbürger). Diese Schuldverschiebung ist doch letztlich nichts als ein Ausdruck einer (geistigen) Kapitulation vor den Machtverhältnissen.
Es ist aber nicht nur an der Zeit über Probleme und Lösungen zu reden, sondern endlich auch über die Inhibitoren – die Gegner und ihre Machtmittel, die der Lösung der Probleme im Wege stehen. Über die Paladine des Systems. Über die Wirkmechanismen des herrschenden Unterdrückungsapparats. Über seine erschöpfenden, spaltenden, zersetzenden, ablenkenden und vor allem ängstigenden Kräfte und Akte. Seine Propaganda und Gegenrevolution (am Ende reißt die Autorin das Ganze sogar noch an!). Damals wie heute.
Meine Fresse, von welchen Menschen redet Johnstone eigentlich? Doch letztlich nur über ihre (Mittel- / Oberschichten-)Blase! Das ist ihr „wir“. Hat sie sich schon mal mit Leuten aus der ominösen „breiteren Bevölkerung“ unterhalten? Wenn man acht, zehn (Über)Stunden geschafft hat und dann noch ein, zwei Stunden hin und her gependelt ist, zuhause ein beschultes Kind und eine volle Waschmaschine im Wahnsinn namens Alltags warten, dann ist man am Ende des Tages träge und heil froh, wenn nicht noch der Kühlschrank leer ist, sondern – oh Graus! – Wurst, Bier und Käse oder den Rest der Lasagne von gestern bereithält und man vielleicht noch ein paar alternative Nachrichten oder eine halbwegs interessante Doku schauen kann. Bei der einem dann die Augen zufallen.
Woher sollen einfache Leute die Zeit für Revolutionsplanungen nehmen? Woher die Kraft, wenn man den halben Tag als Picker verbracht oder auf dem Amt und in irgendwelchen „Wiedereingliederungsmaßnahmen“ schikaniert und beunspaßt worden ist? Woher sollen einfache Leute anderweitig groß Hoffnung schöpfen? Aus den Preissteigerungen? Dem Gendersprech? Den „intelligenten“ Stromzählern? Der Bardgeldverdrängung? Der Maskenpflicht? Den Kreditmahnungen? Dem politischen Einheitsbrei? Der Massenüberwachung? Den täglichen vom System induzierten Angstmachern – Stichworte: „Klima“, „Pandemie“, „Terror“? Man wartet und harrt doch nur, dass die apokalyptischen Reiter um weitere Jünger der Angst ergänzt und neue Schikanen auf das kleine bisschen Leben, das man noch hat, losgelassen werden. Zu kommentieren, zu demonstrieren, ja letztlich versuchen zu revolutionieren – das sind Luxusgüter. Und die sind nicht in jedem Haushalt verfügbar.
Und für wen sind die von Johnstone genannten „Aufbrüche“ eigentlich im Sande verlaufen? Für die Kaviarlinken etwa, die heute im sanierten Altbau oder im Häuschen im Grünen sitzen und über die Trägheit der Arbeiterklasse sinnieren dürfen? Für die ganz sicher nicht, für die hat es sich doch gelohnt. Sie sind im System aufgestiegen und dürfen sich heute an einer schönen Pension oder einem feinen Job in irgendeinem Bürgerpranger („Antidiskriminierungsstelle“ etc.) beziehungsweise auf einem sonstigem Lobbypöstchen erfreuen.
Gab es für die Normalsterblichen in Deutschland, abgesehen von ein paar sozialliberalen Zuckungen im messingenen Jahrfünft unter Brandt, je großartige Aufbrüche? In den USA? Sonst irgendwo? Nein, eine Zeitlang ruhig gestellt hat man sie mit Sozialstaatsklimbim, „erkämpften Rechten“ und Aufstiegsversprechen und das hauptsächlich auch nur wegen der „Systemkonkurrenz“ (die eher ein systemisches Infighting war). Aber ein wirklicher Aufbruch, ein wirklicher Systemwechsel wird schon seit Jahrzehnten, Jahrhunderten von den Herrschenden „abgewürgt“. Johnstone gibt es am Ende selbst zu (wenn auch Kollege Wirths Einwand gerechtfertigt ist, dass die meisten „Aufbrüche“ und „Revolutionen“ gar nicht über die Aussicht auf Erfolg verfügten). Die echte Revolution ist vielmehr verboten, wie Albrecht Müller zurecht schrieb (sogar hier bei Westend, wenn ich mich nicht irre). Einer der wenigen Sozialdemokraten, der das in Ansätzen begriffen hat.
Aber, großes ABER: Damit sage ich nicht, dass ein „Aufblühen“, ein revolutionärer Versuch von vornherein unmöglich wäre. Er ist nur nicht linear und zum Nulltarif zu erhalten. Und mit viel Vorarbeit verbunden. Natürlich gilt auch weiterhin: Wer sich nicht bewegt, spürt seine Ketten oftmals nicht.
Ob Johnstones Beitrag Vorarbeit oder anderweitig hilfreich ist, bezweifle ich freilich. Am Ende immerhin hat sie noch ein, zwei mehr oder weniger zustimmungspflichtige Absätze. Wäre da nicht weiterhin das ominöse, technifizierende Gerede von „Maschinen“ und „Systemen“. Es geht aber um die herrschende Kaste und ihre menschlichen, allzu menschlichen, Träger. Und an diese Kaste und ihre Privilegien muss man ran, wenn man etwas wirklich ändern will.
Alle Achtung, Altlandrebell!
Obwohl ich mich zur Mittelschicht zähle, verstehe und teile ich Ihren Frust über Johnstones Engstirnigkeit:
“Meine Fresse, von welchen Menschen redet Johnstone eigentlich? Doch letztlich nur über ihre (Mittel-/Oberschichten-)Blase! Das ist ihr „wir“. Hat sie sich schon mal mit Leuten aus der ominösen „breiteren Bevölkerung“ unterhalten?”
Was Johnstone eigentlich sagen will:
Die Mittelklasse fürchtet um ihren Wohlstand, aber die Unterschicht soll aufbegehren.
“Begründet” wird die Dystopie (Überschrift) mit so Schlaglichtern wie KI, Transphobie, systemische Lösungen, Kampf gegen die Maschinerie und -Gipfel aller grausamen Entmenschlichung- dem/der COINTELPRO.
Während die Autorin auf ihrer Webseite `caitlinjohnstone.com´ der/dem Unwissenden erklärt, was effektive Propaganda ist, nämlich: „Die wirksamste Propaganda ist die subtilste.“ Und diese kostbare Einsicht noch mit dem Zusatz versieht, das “ist ein Satz, den Sie sich merken sollten, weil er so wahr ist”.
Während sie dort also ihre in der Orientierungsstufe erworbene Weisheit über Propaganda meint, den potentiellen Käufern ihre Buches `Kleines Erste-Hilfe-Büchlein gegen Propaganda” zur Kaufentscheidung unterbreiten zu müssen, umschreibt sie bei Overton den Begriff COINTELPRO nebelhaft mit Bundesinfiltrator und Propaganda-Maschine.
Zollt sie damit “uns” Overton-Rezipienten Achtung vor “unserem” hohen Niveau (Wissensstand)?
Ironie on: Das schmeichelt “uns” sehr. Ironie off.
Aber, großes ABER: “Wir” wollen nicht ein x-tes Mal hören, dass “unsere” Zivilisation krank ist, dass “unser” Verstand leicht zu manipulieren ist und wie böse “unsere” Regierung ist. Wir (Altlandrebell und ich) finden das zu seicht.
„Zu seicht“ fasst es sehr trefflich.
Ansonsten möchte ich noch anmerken, dass ich gar nicht nur auf „die“ Mittelschicht zielen wollte, die es ja so auch nicht (mehr) gibt. Es gibt auch viele aus den Mittelschichten, die durchaus aufbegehren (würden) oder bei den Protesten der letzten Jahre mit dabei waren. Beispiel: Gelbwesten in Frankreich.
Große Probleme bestehen m.E. weiterhin darin, die Leute zu verbinden und die Bewegungen am Laufen zu halten sowie eben die Repression der herrschenden Klasse zu umgehen / abzuwehren.
Altlandrebell hats mal wieder auf den Punkt gebracht. Besonders der letzte Satz Trifft des Pudels Kern:
“Es geht aber um die herrschende Kaste und ihre menschlichen, allzu menschlichen, Träger. Und an diese Kaste und ihre Privilegien muss man ran, wenn man etwas wirklich ändern will.”
Mit einer kleinen Ergänzung bitte:
“Die herrschende Kaste UND ihre schleimigen Büttel” denn erst die Büttel (mit Hoffnung auf Belohnung bzw. Angst vor Bestrafung ) sind es, die der herrschenden Kaste erst erlauben ihre Ziele zu erreichen.
Absolute Zustimmung.
Diesen Aspekt hätte ich ergänzen müssen, sonst verfestigt sich bloß wieder dieses Bild von „dem einen Prozent“ oder „den zehn Prozent an der Spitze“ und das ist mehr als unterkomplex. Das Problem ist viel größer. Die herrschende Klasse hat einen ganzen sie schützenden Schwarm aus diversen Gruppen, Milieus und Zuarbeitern um sich herum. In Ihren treffenden Worten: die „schleimigen Büttel“. Es sind noch immer um die dreißig, vierzig, fünfzig Prozent, die mit und in diesem System gut leben können, es tragen und die allgemein ihren Frieden mit ihm gemacht haben.
Und auf der anderen Seite stehen eben die, die nicht profitieren oder keinen Frieden mit ihm schlossen. Mitt Romney nannte sie mal verächtlich die „47 %“, wenn ich mich richtig erinnere. Aber diese 40, 47 oder von mir aus auch mehr Prozent sind ihrerseits keineswegs homogen und schon gar nicht organisiert. Und da beginnen dann bereits die Probleme…
Analytisch ist es jedenfalls von Vorteil, nicht von 99 : 1 % auszugehen, sondern von der Realität.
Dabei sollte man auch anfügen, dass die Privilrgierten, Schleimer, Büttel und Bornierten eben auch nicht die analytischen Fähigkeiten aufbringen, um diese Welt anders zu denken.
Aber um das Problem der vom System Profitierenden nochmals anzusprechen: Es werden tendenziell weniger.
Und die stark Minderprivilegierten haben hier oft kein Wahlrecht und sprechen oft nicht einmal (richtig) deutsch. Aber dennoch sichert auch diese Form ihre Existenz und verwöhnt sind sie nie gewesen.
Ein kluger Revolutionär stellt ein System nicht an sich in Frage, wenn es noch genügend Pfründlinge gibt, sondern ergreift einsichtige Reformideen, welche die Verhältnisse zumindest für den darbenden Teil entspannen können.
Gelernt haben es potentielle Revolutionäre vielleicht anders, aber ich habe ja bewusst ein Attribut davor gesetzt.
Noch nie gab es eine vergleichbare Menge an Bedürftigkeit das letzte halbe Jahrhundert als jetzt, wenn man die “Tafel”-Kunden als Maßstab betrachtet. Und wie dürfte die Tendenz die nächsten 10 Jahre werden? Die Antwort dazu brauche ich wohl nicht zu geben.
Der Bevölkerungsanteil wird wesentlich wachsen, welcher ihre Grundbedürfnisse bzw. ihren Grundbedarf nicht mehr ausreichend auf dem Markt als Nachfrage addressieren werden können, weil sie über ihre Markttätigkeit (Verkauf ihrer Arbeitskraft) kein ausreichendes Einkommen erzielen können, keine Transferleistungen in der nötigen Höhe (mehr) bezogen werden und auch keine Ersparnisse dies kompensieren können.
Da es ja auch schon mal eine Zeit gab, wo die Zeiten besser waren, die Produktivität aber geringer, liegt die Lösung dieses Problems also wohl nicht im gesellschaftlichen Potential begründet, sondern dass dieses aufgrund Fehlorganisation nicht abgerufen wird.
Entgegen von Hirngespinsten agieren Produzenten und andere Kapitalisten keineswegs willkürlich. Der Kunde ist König, sofern er genügend Kaufkraft mitbringt und somit Rendite ermöglicht.
Da ich nichts schreiben will, was nicht gelesen wird, stelle ich die Frage, ob man diese Zustandsbeschreibung als Grundlage einer weitergehenden Analyse verwenden will oder nicht. Dann sollte aber konstruktive Kritik anhand eines Alternativszenarios geübt werden.
Also ich habe Ihre Anmerkungen gelesen, werter @ Luck, und kann auch viel damit anfangen. Danke für Ihre Replik!
Ein paar Punkte, die ich wohl anders sehe als Sie, will ich noch kurz umreißen.
Die Herrschenden und von ihnen Privilegierten mögen „nicht die analytischen Fähigkeiten aufbringen, um diese Welt anders zu denken“. Aber müssen sie das? Es genügt, dass sie die Fähigkeiten – ob analytische, technische, machtmittel-bezogene oder andere – haben, um ihr System zu sichern und ihre bestehenden Pfründe zu erhalten. Diese Leute sind leider nicht dumm, sondern durchaus fähig. Das macht sie ja so gefährlich. Ist wie bei den Nazis. Göring, Goebbels und Co. hatten alle hohe IQs (was natürlich nicht ausschließt, dass sie – auch von ihrer Warte betrachtet – zahlreiche unkluge Handlungen begingen).
Das mag sein – doch das System kann auch bestehen, wenn es eine große Masse an Nichtprofiteuren, ja sogar an Darbenden gibt. Es kommt nur darauf an diese im Rahmen von divide et impera zu teilen, die so isolierten und parzellisierten Gruppen gegeneinander in Stellung zu bringen und gleichzeitig alle Beherrschten weiter fleißig zu bespaßen und abzulenken – das gute alt(bewährt)e panem et circensem. Shows und Sündenböcke als Herrschaftssicherungsinstrumente. Selbst wenn am Ende 80 % + x der Bevölkerung unterprivilegiert wären – solange Widerstand verunmöglicht, die Erregung über die herrschenden Verhältnisse outgesourct und hier und da noch ein paar kalmierende Goodies verteilt werden, geht das doch für die Mächtigen in Ordnung. Man muss nur aufpassen regelmäßig etwas Dampf aus dem Kochtopf abzulassen und behutsam, in kleinen Schritten vorzugehen. Und auswärtige Gefahren sowie ein Abgleiten ins offene Chaos vermeiden.
Ein wichtiger Gedanke und einerseits richtig. Man sollte auf jeden Fall mehrgleisig vorausgehen. Mit Reformen und Gegenpolitiken beginnen, um der Revolution den Weg zu bahnen. Doch andererseits: ob es gelingt? Auch dies ist ja kein linearer Weg und man übersieht womöglich die Reaktion der Gegenseite. Denn sicherlich kommen diese „einsichtigen Reformideen“ – gerade wenn man sich die vergangene Jahre und den Umgang mit Normabweichlern vergegenwärtigt – der herrschenden Kaste bereits einer Infragestellung des Systems gleich. Und somit werden bereits Reformer als Revolutionäre bekämpft.
Soweit von mir. Sie mögen es vielleicht anders sehen – und das ist völlig legitim.
Gruß
Altlandrebell
Vielen Dank für Ihre Antwort, lieber Altlandrebell.
Ihre Ergänzungen sehe ich dabei meinen nicht unbedingt entgegen gesetzt, sondern sind teilweise sogar auf der gleichen Linie, wobei aber aufgrund des expliziten Mangels in ihrer Auführung nicht darauf verwiesen werden konnte.
Grundsätzlich halte ich die Eliten schon für ziemlich borniert. Und das unabhängig von der potentiellen Intelligenz.
Und die Emanzipationspotentiale, welche im Kapitalismus noch stecken, dürften diese nicht wesentlich zu aktivieren wissen.
Der Kapitalismus ist aber so oder so irgendwann mal am Ende, sofern dieser einen kleinen Schuss Hayek beinhalten muss.
Aber wenn selbst Volkswirtschaftler die Differenz zwischen dem Say’schem Theorem und dem Monetarismus Friedmans nicht zu fassen bekommen, erübrigen sich eigentlich Gedanken über funktionsfähige Reformansätze von dort.
Ein den Menschen verpflichteter Politiker sieht seine Hauptaufgabe darin, wie ein Lotse und Steuermann agierend den richtigen Weg ins Reich der Freiheit zu finden und dabei auch bereit ist, indirekte, aber unversperrte Wege zu gehen, wenn sie ins Ziel führen (können).
Die gesellschaftliche Emanzipation Bestehenden sollten von ihren Mitmenschen als Kümmerer wahrgenommen werden können, in welchen sich Fähigkeit und Redlichkeit zusammen gefunden haben und welche die Antipode auf das ökonomische Kalkül in Bezug auf ihre egoistischen Interessen darstellen.
Ein resolutes Eintreten für Menschlichkeit bei gleichzeitigem Anprangern von Pseudo-, Schein- und Doppelmoral gehört dabei unbedingt dazu.
Und der Hinweis auf das Eins-Plus-Eins des Kapitalismus.
Eine Investition nach kaufmännischer Logik erfolgt nur dann, wenn sie sich rechnet bzw. perspektivisch rechnen kann.
Da sind dann aber schon die ersten Schwierigkeiten beim Heben dieses Potentials trotz dieser Hürde gegeben.
Ohne den exakten Grund dafür zu benennen, warum es immer schwieriger wird, selbst existenzielle Bedarfe wie Wohnen für Alle zu gewährleisten, meint die Plusmachergilde, es würde reichen, einfach Investitionshemmnisse abzubauen, um dann durch eine Erhöhung des Angebots den Preis auf ein nachfragewirksames Niveau zu senken.
Das ist zwar nur ein Scheinargument. Denn entscheidend ist für potentielle Investoren nur, dass sich etwas rechnet und damit nach den Rechnungslegungsvorschriften in der Bilanz dementsprechend verbucht werden kann. Der Nutzen für Bedürftige ist dabei völlig belanglos.
Dann fungiert ein ausgewiesener BIP als Wohlstandsindikator, kann dieses jedoch real nicht in der Befriedigung von Bedarfsinstanzen nachweisen.
Und diese eigentlich einfache Fähigkeit dieser Differenzierung traue ich den Eliten und ihren Helfershelfern eben nicht zu, nachdem diesen ein Ei ums andere wohl ungewollt in deren Nest gelegt worden ist.
Das bedeutet aber, das es tendenziell für immer mehr Menschen akute Mitgefahren geben dürfte.
Wer hier aber Kompetenz bei Erklärung und (potentieller) Lösung beweist, und zwar auch mit den vorhandenen Werkzeugen, wird über kurz oder lang das Vertrauen in der Bevölkerung erwerben, während das Misstrauen und die Entzauberung der Eliten im Gegensatz zunehmen wird.
Wer versteht denn schon wirklich die Differenz zwischen den Produktionsverhältnissen und der (potentiellen) gesellschaftlichen Produktivkraft konkret deklinierend umgesetzt und erläutert?
Die Werttheorie, richtig verstanden, gibt das relative Level dieser Produktivkraft an, dass es eigentlich zu realisieren gilt.
Aber eine zu eng gefasste Arbeitswerttheorie ist nicht imstande, den kapitalistischen Krisencharakter exakt und adäquat abzubilden, weil eben in Preisen und nur bedingt in Arbeitswerten bilanziert wird.
Und gerade Skaleneffekten verhindern einen Wettbewerb, welcher dazu führt, dass Preise bis auf Arbeitswertniveau durchgereicht werden. Und insbesodere schon keine Preise für Güter, welche sich nur Bessergestellte leisten können. Die Mär vom trickle down ist in kein funktionsfähiges marktwirtschaftlichen Muster mit imanenter Kapital- und Kaufkraftkonzentration darstellbar.
Die Substitution fehlender Kaufkraft jenseits von Markt und gewohnter Transferlogik ist aber DER springende Punkt, den es zu realisieren gilt.
Der aber sicher flankiert werden muss, wie es das Markenwesen bei bewirtschafteten Gütern darstellt.
Der gemeine Mensch meint meist, man müsse passiv Wohlverhalten gegenüber der Wirtschaft zeigen, damit diese läuft.
Diesem Catweazle-Syndrom setze ich die bewusste Analyse- und aktive Tatkraft entgegen.
Und es geht gar nicht anders, als dass dies dann Rückkopplungseffekte auf den Geist und damit die Weltanschauung hat.
Man muss sich keiner Sache unterwerfen, sobald man die Funktion dieser Sache dechiffriert hat und somit in seinen Nutzungsbereich eingemeinden kann.
Das werden jetzt zwar die wenigsten verstehen, aber dir, dem Altlandrebell traue ich es zu.
Vielleicht reicht es sogar zu einer Replik…
Viele Grüße!
“Wenn man acht, zehn (Über)Stunden geschafft hat und dann noch ein, zwei Stunden hin und her gependelt ist, zuhause ein beschultes Kind und eine volle Waschmaschine im Wahnsinn namens Alltags warten, …”
Da fragt man sich, wie die Menschen es anfangs des letztes Jahrhundert geschafft haben Arbeiterproteste zu organisieren und zahlreiche andere Initiativen durchzuführen, bei einer 6 Tage Woche und ohne Waschmaschine.
die gestressten Arbeiter der heutigen Zeit dürfen froh sein das 1920 ihre Vorfahren sich der bourgeoisie entgegen stellten. und wir heute bei einer 38 Stunden Woche und vollen Supermärkten es nicht mehr schaffen, die Habgier der reichen zu stoppen.
Andere Zeiten – und gewiss nicht andere Verhältnisse, aber durchaus andere Bedingungen. Beschleunigung, Zerfall von Familien-, Freundes- und anderen Netzen, Zerfall der Linken (Organisation), Individualisierung, stärkere Ersetzbarkeit, feinere Methoden der Beeinflussung, Überwachung, Repression und – ganz wichtig – der Ablenkung. Um nur ein paar Stichpunkte zu nennen. Auch das System ist ja nicht stehen geblieben, sondern hat sich weiterentwickelt. Die herrschende Klasse muss heute gar nicht unbedingt den Knüppel herausholen, oft genügt der Gegenrevolution ein simples, proaktives nudging.
Daneben erfolgen die großen Revolutionen doch häufig erst in Momenten des allergrößten (äußeren) Drucks, der stärksten Not und der allgemein größten Anspannung. Wenn eine signifikante Zahl der Leute wirklich gar nichts mehr zu verlieren hat. Und – ganz wichtig – wenn den herrschenden Regimes wirklich mal die Macht entgleitet und sie Bewegungen nicht mehr einzufangen vermag. Frankreich 1870, Russland 1917, Deutschland 1918, Spanien in den 30ern – alle unter ganz spezifischen (Kriegs- / Not-)Bedingungen…
Und zum Schluss lass ich das Gretchen fragen: Wer hat eigentlich von den „erweiterten Rechten“ und dem „Fortschritt“ der letzten Jahrzehnte genau profitiert? Wessen Lebenserwartung steigt? Wer alles ist gesund und macht die Arbeit, die ihm wirklich gefällt? Wessen (Freizeit)Konto sieht regelmäßig einen Zuwachs? Wessen (Hoch)Schulabschluss ist noch etwas wert? Hat jeder hier Trockner und Waschmaschine (oder bekommt sie ohne viel Federlesens vom Amt bewilligt)? Klar gibt es da viele, auf die das zutrifft oder die sich trotz gewisser Einschränkungen mit den Verhältnissen arrangieren können. Mehr als genug sogar. Aber blicken wir mal über den Rand des eigenen Kirchhofs und machen uns etwas bewusst. Denn – auch heute hat beileibe nicht jeder seine 38 Stunden Woche mit Tarifbindung und 14. Monatsgehalt, im Supermarkt die volle Wahlfreiheit oder kann nach Herzenslust im „freien Europa“ herumreisen. Selbst der Sex- und Sauftourismus für Akademiker („Erasmus“ genannt) steht ja nur formal jedem Studenten offen…
Auch wenn ich mich der inhaltsbezogenen Kritik von Altlandrebell überwiegend anschließe, möchte ich auf Folgendes hinweisen:
Es gibt eine Riege (auch im Wortsinn) federführender Journalistinnen, die ich ob ihrer Faktentreue, ihrer sachbezogenen Genauigkeit, ihrer Sprachgewandtheit und ihrer Ausdruckskraft bewundere. Die Autorin dieses Artikels, Caitlin Johnstone, natürlich, auch: Susan Bonath, Dagmar Henn, Karin Leukefeld, Gaby Weber … .
Und all diese Journalistinnen sehen sich Ausgrenzungen, Angriffen auf ihre wirtschaftliche Existenz, teilweise sogar Diffamierungen gegenüber.
Wozu ich das schreibe? Keine Ahnung. Spontane Reaktion. Mir war gerade danach.
@ Ohein
Ach, Johnstone hat natürlich auch gute Artikel, so ist das überhaupt nicht. Gerade im außenpolitischen Feld. Den hier fand ich jetzt einfach nicht sonderlich gelungen. Ihr nächster zündet dafür dann vielleicht wieder mehr…
Dass Autorinnen wie Weber, Leukefeld und Co. sich Ausgrenzungen ausgesetzt sehen, mag mitunter auch mit Sexismus zu tun haben. Oftmals liegt es jedoch in meinen Augen schlicht daran, dass sie gegen eines oder mehrere Gebote des herrschenden Systems verstoßen. Da greifen dann die entsprechenden Repressionsmaßnahmen. Ein anderers Beispiel wäre Alina Lipp. Die müsste als junge, akademisierte, migrantisch-stämmige Frau aus dem Grünen-Milieu ja eigentlich das Cover-Girl der Woken sein – aber sie ist eben nicht transatlantisch und – zack! – gilt für sie: Du bist raus aus der Gesellschaft…
was bei allen schlauen Analysen fehlt, ist der bezug zum tatsächlichen individuellen Dasein.
Früher war die Philosophie eine Beschreibung der Gedankenwelt. Heute versucht sie sich daran, die Wirtschaft und ihre Folgen zu erklären. vielleicht sieht sich jeder Philosoph in der Tradition von Marx, in dessen Lebenswelt noch viel alltägliche Notwendigkeit präsent war. Daher hatten seine Analysen noch eine grosse Bedeutung für die arbeitende Bevölkerung. was man von diesem Artikel hier nicht sagen kann.
Kurz formuliert, die allumfassende dystopie in der die Autorin lebt, ist für mich und den allermeisten anderen Menschen so nicht existent. Ich gehe morgens zur Arbeit, die mir Spass macht. ich komme mit dem wenigen, das ich habe, gut aus und kann in der Freizeit die Dinge machen, die ich will. ich habe keine unrealistischen Träume und bin glücklich mit meinem Umfeld. es gibt viele politische Entscheidungen die ich falsch halte, aber ich kanns nicht ändern und werde mich arrangieren.
wenn es eine Bewegung gibt, die für mehr Sozialismus kämpft werde ich fiese unterstützen. aber aktuell gibt es keine, die nicht Sekten ähnlich auftritt. daher bleibt es wie es ist und ich lebe mein leben ohne dystopische Gedanken.
“…und wir heute bei einer 38 Stunden Woche und vollen Supermärkten es nicht mehr schaffen, …”
-Menschen (außer denjenigen, die mehreren Jobs nachgehen müssen) haben seit vielen Jahren, auch technisch begründet, ein enorm hohes Frei/Zeitkontingent. Nur wurden die Prioritäten freiwillig verschoben und ausgelagert, so dass z.B. dem Lebensrückgrat “Smartphone” der Alltag übereignet wurde. Und ohne Rückgrat lässt es sich nur bedingt eigenständig aufrecht gehen.
“es gibt viele politische Entscheidungen die ich falsch halte, aber ich kanns nicht ändern und werde mich arrangieren..”
-Das nicht ändern können, trifft auf die Mehrzahl zu, aber wenn dieser Punkt erreicht ist, liegt das Versagen bereits in der Vergangenheit begründet.
Und das Ergebnis ist, dass ALLE gleichermaßen die Konsequenzen tragen müssen.
Ein kleines Beispiel: wenn NUR 60% dauerhaft auf Bargeld verzichten, wird der Rest über kurz oder lang ungefragt eingemeindet. Da nutzen auch keine persönlichen “Rückzugsräume”; es sei denn, man ist so fortgeschrittenen Alters, dass die Vorstellung der Zukunft ein Gefühl der Erleichterung generiert, weil das eigene Dasein davon weitestgehend unberührt bleibt.😊