Die neue Weltmacht Indien

Blick über Neu Delhi
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Indien ist eine neue Weltmacht. Und es bewegt sich zwischen Westen und Osten, zwischen Russland, China und den Vereinigten Staaten.

Heute erscheint Oliver Schulz’ neues Buch »Neue Weltmacht Indien. Geostratege, Wirtschaftsriese, Wissenslabor«.

Der Aufschrei verhallte schnell. Nachdem Russland am 24. Februar 2022 den Krieg gegen die Ukraine begonnen hatte, wurde in der Uno eine Resolution vorgelegt, in der die Mitglieder die „Aggression“ gegen das osteuropäische Land „auf das Schärfste verurteilen“ sollten. Russland stimmte dagegen. China und die Vereinigten Arabischen Emirate enthielten sich. Ebenso Indien. Kurz darauf besuchte eine Abordnung russischer Minister New Delhi, um über die Lieferung von Öl zu verhandeln.

Die USA warnten, wenn auch dezent: Es werde Konsequenzen für Indien haben, wenn die US-Sanktionen gegen Russland unterlaufen würden. Doch New Delhi signalisierte, dass es sich keinem Druck beugen werde – und die Kritik aus dem Westen verstummte bald.

China als Bedrohung

Denn Indien ist militärisch abhängig von Moskau. U-Boote, Kampfpanzer, Kampfflugzeuge, Boden-Luft-Raketen: Siebzig Prozent der Waffen in dem südasiatischen Land stammen aus russischer Produktion. So hat der indische Premier Narendra Modi später zwar durchaus kritische Worte gegenüber Putins Ukraine-Krieg verloren. Aber faktisch versucht New Delhi weiter, es beiden Seiten recht zu machen. Indien, gegründet als blockfreies Land, ursprünglich von sozialistischen Ideen geprägt und wirtschaftlich erst seit den Neunzigern für den Welthandel geöffnet, will einerseits den alten Verbündeten Russland nicht verärgern. Andererseits will es aber auch die Beziehungen zum Westen weiter ausbauen.

Und die sind im 21. Jahrhundert immer intensiver geworden, angetrieben von gegenseitigen Interessen. So hat sich Washington seit dem Ende des Afghanistan-Einsatzes fast vollständig von Indiens Erzfeind Pakistan gelöst. Stattdessen setzen die USA jetzt auf New Delhi als strategischer Partner in der Region. Die Beziehungen wurden zuletzt auch durch die erklärte Männerfreundschaft zwischen Donald Trump und Indiens hindunationalistischem Premier Modi vertieft.

Zudem rüstet New Delhi seine Marine auf, um sich als Seemacht in der asiatischen Region zu behaupten. Dasselbe gilt für seine Luftwaffe. Ziel ist es, ein Gegengewicht zu China zu bilden. Als Bollwerk gegen Chinas Machtinteressen in der Region wurde auch die Quad-Gruppe wiederbelebt, zu der neben Indien, den USA und Japan auch Australien gehört.

Denn während Russland für die indische Regierung ein wichtiger Partner bleibt – wird die Volksrepublik China mittlerweile als direkte Bedrohung wahrgenommen. Nicht nur durch Beijings wirtschaftliches Engagement in der Region fühlt sich Indien zusehends bedrängt. Vor allem durch das Projekt Neue Seidenstraße, zu dem milliardenschwere Infrastrukturinvestitionen in Sri Lanka, Pakistan und Myanmar gehören. Zudem unterstützt die Volksrepublik seit Jahrzehnten mit ihrer direkten Grenze zu Pakistan Indiens verhassten Nachbarn im Westen. Im Himalaja ist es nach jahrzehntelangem Frieden in den vergangenen Jahren wieder zu direkten Zusammenstößen zwischen Indien und China gekommen. Seither hat sich der Ton zwischen New Delhi und Beijing weiter verschärft. Indische Hardliner riefen zum Krieg gegen das Nachbarland auf.

Indien muss sich nicht entscheiden

Auf der internationalen Bühne hat sich das südasiatische Land ohnehin längst vom einstigen Dritte-Welt-Staat zum ernst zu nehmenden Partner entwickelt. Indien, Atommacht seit vier Jahrzehnten, ist G20-Mitglied und gehört zu den Brics-Staaten. Schon lange fordert New Delhi auch einen ständigen Sitz im Weltsicherheitsrat.

Doch jetzt sortiert sich die Weltordnung neu. Immer deutlicher wird der Konflikt zwischen Beijing und dem Westen. China gilt als der eigentliche Gewinner des russischen Ukraine-Krieges. Deshalb muss sich heute nicht Indien zwischen dem Westen und dem Osten entscheiden. Sondern der Westen für oder gegen Indien.

Russland ist dabei ein wichtiger Faktor. Auch wenn Indien sich zunehmend gegenüber seinem langjährigen strategischen Partner emanzipiert. So klang schon fast wie eine Ermahnung, was der indische Premier Modi dem russischen Präsidenten Wladimir Putin in Samarkand auf dem Gipfel der Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit sagte: Ermahnung: „Dies ist nicht die Zeit für Krieg, und ich habe schon viele Male mit Ihnen darüber am Telefon gesprochen“, sagte er. Demokratie, Diplomatie und Dialog seien entscheidend um den Konflikt in der Ukraine zu beenden, betonte er vor laufender Kamera. Putin erwiderte ausweichend, dass er Modis Ansichten kenne. Und dass man – natürlich – alles tue, um den Frieden in der Ukraine wiederherzustellen.

Sicher deutet dieser Dialog keinen Kurswechsel in den indisch-russischen Beziehungen an. Und freilich kann man den Ukraine-Krieg auch weitaus schärfer verurteilen als der indische Premier es getan hat. Dennoch spiegelt das Gespräch zwischen Putin und Modi im Herbst 2022 den Wandel wider, der sich in der Partnerschaft zwischen Russland und Indien vollzieht: Indien ist zwar seit langem von Russland abhängig und betrachtet es immer noch als wichtigen Partner. Doch New Delhi versucht mit wachsendem Selbstbewusstsein, die Bedingungen dieses Verhältnisses zu definieren.

Indisch-russische Zusammenarbeit

Denn die Zeiten haben sich geändert. Der Kalte Krieg ist lange vorbei. Schon seit den Neunzigern verbindet Russland und Indien keine staatslastige Wirtschaftsphilosophie mehr. Auch die Achse Sowjetunion-Indien auf der einen und USA-Pakistan-China auf der anderen Seite ist spätestens seit dem Ende des US-amerikanischen Afghanistan-Einsatzes Geschichte.

„Russland beziehungsweise die UdSSR und Indien haben seit den 1950er Jahren eine langfristige Beziehung, und das wird sich nicht ändern“, sagt der Historiker Tom Grunfeld. „Aber heute bemüht sich Modi um gute Beziehungen zu allen Seiten: zu Russland, den USA und China. Und Indien ist groß genug, dass das langfristig gelingen könnte.“

Was von der Partnerschaft zwischen New Delhi und Moskau vor allem geblieben ist, ist die Bedeutung Russlands als wichtigster Waffenlieferant Indiens. Seit Jahrzehnten ist Moskau New Delhis größter Zulieferer von militärischer Ausrüstung, eine Rolle, die es von der Russischen Föderation geerbt hat. Das ist bis heute so. Nur, dass die Zusammenarbeit schon lange mehr als eine reine Käufer-Verkäufer-Beziehung ist: Sie umfasst heute auch gemeinsame Forschung und Entwicklung, Schulungen und Manöver.

Die Reihe der Abkommen im militärischen Bereich ist lang. Allein zwischen 2011 und 2021 importierte Indien russische Rüstungsgüter im Wert von mehr als zwanzig Milliarden Dollar aus Russland. Auch der Krieg in der Ukraine hat die Kooperation keineswegs aufgehalten: Moskau betonte noch Ende 2022, dass es trotz der deshalb verhängten Sanktion seine vertraglichen Verpflichtungen erfülle und alle Waffensysteme, einschließlich der S-400, planmäßig liefere. Die indische Zeitung The Print zitierte den Leiter des russischen Föderalen Dienstes für militärische technische Zusammenarbeit (FSMTC), Dmitry Shugaev, am Rande der Army 2022, einer internationalen Verteidigungsmesse in Moskau, mit den Worten: „Es wird daran gearbeitet, die Produktion der AK-203-Sturmgewehre in Indien zu organisieren, deren Serienproduktion voraussichtlich Ende 2022, Anfang 2023 beginnen wird. Auch die Umsetzung der Verträge für den Bau der Fregatten des Projekts 11356 in Russland und Indien verläuft planmäßig. Die aktuelle geopolitische Situation hat die Erfüllung unserer Verpflichtungen nicht wesentlich beeinträchtigt.“

Die Regierung in New Delhi bezeichnet die Verteidigungszusammenarbeit auf ihrer Website als „eine wichtige Säule der strategischen Partnerschaft zwischen Indien und Russland.“ Auch sie verweist darauf, dass Indien schon lange nicht allein Käufer von Waffen sei, und betont die „militärische und militärisch-technische Zusammenarbeit im Bereich der Forschung und Entwicklung, der Produktion und der After-Sales-Unterstützung von Rüstungssystemen und verschiedener militärischer Ausrüstung.“ Zudem gäbe es auch „einen regelmäßigen Austausch von Streitkräften und Militärübungen.“

Komplimente vom US-Präsidenten

Der Waffenhandel aber dürfte auch in der Zukunft die wichtigste Verbindung zwischen Russland und Indien Ländern bleiben. Obwohl Indien seit einigen Jahren auch aus Europa und den USA verstärkt militärische Ausrüstung bezieht. Für New Delhi gibt es keinen Grund, die langjährigen Beziehungen einzustellen. Und obwohl Indiens Wunsch, eine eigene Verteidigungsindustrie aufzubauen, bereits in den letzten Jahren zu einem Rückgang der Lieferungen geführt hat, gilt dasselbe für Russland.

Neu ist allerdings das internationale Umfeld: Russlands Bruch mit dem Westen wegen seines Krieges gegen die Ukraine hat Moskau zum Juniorpartner Beijings gemacht. Gleichzeitig sind Chinas Spannungen mit den USA gewachsen. Und dasselbe gilt für die Spannungen zwischen der Volksrepublik und Indien. Das könnte es für Moskau zumindest schwerer machen, die militärisch-technische Zusammenarbeit mit Indien in gewohnter Intensität aufrechtzuerhalten. Zumal nicht auszuschließen ist, dass Beijing Moskau angesichts seiner Konkurrenz mit Indien drängt, diese einzuschränken.

Besonders kritisch wird natürlich neben den Öl-Deals, die das Embargo gegen Moskau unterlaufen, die militärische Zusammenarbeit New Delhis mit Moskau im Westen beobachtet. Zumal die Nähe Indiens zu den USA in den vergangenen Jahrzehnten kontinuierlich zugenommen hat. So hielt der damalige US-Präsident Donald Trump am 24. Februar 2020 in Ahmedabad, im Bundesstaat Gujarat, vor Tausenden eine Jubelrede für Indiens Premier Modi. Darin zollte er einem „außergewöhnlichen Führer … und einem Mann, den ich stolz meinen wahren Freund nenne“, Tribut. Modi saß mit zufriedenem Gesichtsausdruck hinter ihm. „Jeder liebt ihn, aber ich sage Ihnen, er ist sehr hart“, so Trump. Der indische Premier revanchierte sich mit ähnlich überschwänglichen Komplimenten für den US-Präsidenten. „Die Beziehungen zwischen Indien und den USA sind nicht mehr nur eine weitere Partnerschaft, sie sind eine viel größere und engere Beziehung“, sagte Modi.

Beispielloses Nuklearabkommen

Die neue Nähe zwischen New Delhi und Washington beruht wesentlich auf veränderten internationalen Konstellationen. Hatte sich die indische Außenpolitik bereits in den Neunzigern an die unipolare Welt angepasst und New Delhi engere Beziehungen zu den Vereinigten Staaten entwickelt, so nahm das Vertrauen in die USA mit der schwindenden Unterstützung Washingtons für Islamabad noch einmal zu. Die USA ihrerseits brachten vor allem unter den Regierungen von Bush und Obama den nationalen Interessen Indiens zunehmend Verständnis entgegen. Sie stärkten bilateralen Handel und Investitionen, aber auch die Zusammenarbeit in Sicherheitsfragen. Die engeren US-Beziehungen zu Indien spiegeln sich auch in der Unterstützung für Indiens Forderungen nach einem permanenten Sitz im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen wider. Heute gilt Indien als wichtiger Verteidigungspartner der Vereinigten Staaten. Und als strategischer Partner gegen den großen Konkurrenten China.

Bereits 2005 gewährte der damalige US-Präsident George Bush Indien 2005 ein beispielloses Nuklearabkommen und bot an, sein ziviles Nuklearprogramm unter Verstoß gegen den Atomwaffensperrvertrag zu unterstützen. Die Obama-Regierung stieg drei Jahre später massiv ins Waffengeschäft mit New Delhi ein: Sie genehmigte den Verkauf von acht Aufklärungsflugzeugen des Typs P-8 Poseidon im Wert von 2,1 Milliarden US-Dollar. Mit diesem Geschäft und einen Fünf-Milliarden-Dollar-Deal zur Lieferung von Boeing C-17-Militärtransportflugzeugen und General Electric F414-Triebwerken wurden die USA zum drittwichtigsten Militärlieferanten Indiens nach Russland und Israel.

Und das, obwohl unterschiedliche Auffassungen in vielen Fragen blieben. So verstörte New Delhi Washington immer wieder mit seinen guten Beziehungen zum Iran und Russland. Auch in Bezug auf Sri Lanka, die Malediven, Myanmar und Bangladesch gingen die Meinungen der beiden neuen Partner weit auseinander.

Gleichwohl nahmen die Vereinigten Staaten und Indien 2010 auch den bereits unter Präsident Bush initiierten „US-India Strategic Dialogue“ formell wieder auf.

Indien besteht auf Autonomie

In Modis Amtszeit seit 2014 haben sich die Beziehungen weiter verbessert. Neben militärischen, strategischen und kulturellen Verbindungen sind auch die wirtschaftlichen Verflechtungen enger geworden. Das betrifft besonders Informations- und Kommunikationstechnologie, Ingenieurwesen und die Medizin. Doch die militärische Kooperation ist weiter der wichtigste Bereich. So unterzeichneten New Delhi und Washington 2016 das Logistics Exchange Memorandum of Agreement, ein Abkommen, das besonders bürokratischen Hindernisse in der Verteidigungszusammenarbeit beheben soll. Ebenfalls 2016 wurde Indien zu einem „Major Defense Partner“ der Vereinigten Staaten erklärt. Das Land erlangte damit so etwas wie den einzigartigen Status eines großen Nicht-Nato-Verbündeten, ohne so bezeichnet zu werden.

Immer klarer zielte die Kooperation zuletzt auf Indiens großen Nachbarn im Norden. So unterzeichneten die Vereinigten Staaten und Indien 2020 das Basic Exchange and Cooperation Agreement (BECA). Es soll Indien und den USA ermöglichen, militärische Informationen auszutauschen, darunter Karten, See- und Luftfahrtkarten. Mit drei weiteren seit 2002 unterzeichneten Abkommen wird BECA es den US-Streitkräften ermöglichen, Informationen bereitzustellen, die die Genauigkeit bei automatisierten Hardwaresystemen und Waffen wie Marschflugkörpern, ballistischen Flugkörpern und Drohnen verbessern werden. BECA dürfte Indien und den USA auch dabei helfen, dem wachsenden chinesischen Einfluss in der indo-pazifischen Region entgegenzuwirken.

Tatsächlich sind die Chancen für weitere, tiefere Beziehung zu Indien für den Westen heute historisch einzigartig. Handel und Investitionen lassen sich ausbauen, die Sicherheitsbeziehungen dürften sich ohnehin weiter intensivieren.

Allerdings: Indien wird in diesem Verhältnis auch in der Zukunft klar auf seiner Autonomie bestehen. Mit der Weigerung, sich den Russland-Sanktionen auszuschließen, hat New Delhi gezeigt, dass es eine unabhängige, von nationalen Interessen geleitete Außenpolitik verfolgt. Und während die Sicherheitsbeziehungen zwischen relativ neu sind und sich noch nicht in Krisen bewährt haben, haben Indien und Russland, obwohl diese Beziehung an Tiefe verlieren dürfte, ein seit Generation stabiles Verhältnis. Ob die Beziehung des Westens zu Neu-Delhi eine Erfolgsgeschichte wird, wird auch deshalb wesentlich davon abhängen, inwieweit beide Seiten davon profitieren.

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17 Kommentare

  1. Im ganzem Artikel geht es nur um Waffen und Macht – Zwischenmenschlichkeit nur sekundär und ach nur
    wenn die vorgenannten Machtapparate es zulassen.

    Der Mensch ist in seiner Denkweise – KRANK !!!!

    1. “Die Beziehungen wurden zuletzt auch durch die erklärte Männerfreundschaft zwischen Donald Trump und Indiens hindunationalistischem Premier Modi vertieft.” Ha, Ha!
      Merke: bei den Beziehungen zwischen Staaten geht es stets um Macht und wirtschaftliche Interessen, beides in der Regel kombiniert. Dass es zwischen den Menschen, die aktuell an der Macht stehen, auch Sympathien und Antipathien gibt: geschenkt.
      Ich denke, das weiß man bei Overton.
      Ansonsten: wenn dieser Artikel der Tenor des Buches ist, brauche ich es wohl kaum zu lesen 🙁

    2. “Zwischenmenschlichkeit nur sekundär” Indien, China, Russland, USA sind ja auch Staaten, also Gewaltsubjekte, und keine Menschen. Und zwischen Staaten wird eben nicht zwischenmenschlich gekuschelt.

  2. Komischerweise wird im gesamten Artikel einer der wichtigsten wirtschaftsstrategischen Gesichtspunkte der indischen Realpolitik völlig ausgeblendet: die Abhängigkeit von Rohstoffvorkommen. Prosperierende Wirtschaft und wirtschaftliche Entwicklung hängen in besonderem Maße vom Verhältnis Bevölkerungszahl zu Rohstoffverfügbarkeit ab. Ist es groß, wird das Land zwar Leuchttürme errichten können, wenn die Bevölkerungszahl absolut sehr hoch ist, aber in der Breite eher unterentwickelt bleiben.
    Und jetzt muss man nur schauen, welcher Staat in der Nachbarschaft über ein Viertel der Weltrohstoffreserven verfügt. Und welche Rohstoffe im welchen Mengen bei welchen Preisen (Transportwege usw.) der Westen liefern kann.

    Solche Abhängigkeiten sind das kleine Einmaleins der Außenpolitik. Die nicht mal zu erwähnen erzeugt schon ein wenig an Propagandavermutung.

    1. “Zumal nicht auszuschließen ist, dass Beijing Moskau angesichts seiner Konkurrenz mit Indien drängt, diese einzuschränken.”

      Zuviele derartig schwammig Aussagen. Dafür bleiben eine Menge Fakten auf der Strecke.

  3. “Zwischenmenschlichkeit nur sekundär” Indien, China, Russland, USA sind ja auch Staaten, also Gewaltsubjekte, und keine Menschen. Und zwischen Staaten wird eben nicht zwischenmenschlich gekuschelt.

  4. Die Zukunft Indiens ist schon ein interessantes Thema.
    Der Artikel verrät mit seiner einseitigen Schwerpunktsetzung recht gut, worum es den Staaten des Westens eigentlich geht: Handel, Rohstoffe und das Herauslösen des Landes aus dem BRICS-Lager.

    Die Überschrift “Die neue Weltmacht Indien” empfinde ich als ungünstig gewählt. Gewiss ist Indien wegen seiner großen Bevölkerung, seiner Zugehörigkeit zum BRICS-Lager, seiner technischen Fähigkeiten und militärischen Stärke eine ernst zu nehmende Macht – aber eine Weltmacht? Es kommt hinzu, dass Indien geschichtlich gesehen immer in sich ruhte und im Grunde nie Anstrengungen unternahm, seinen Einfluss, seine Kultur und Religion zu exportieren.
    Man sollte auch nicht dem Irrtum erliegen, den Konflikt mit Paklistan als indisches Offensivstreben misszuverstehen.

    Die Inder wollen sichere Grenzen und die Entwicklung des eigenen Landes – damit haben sie wahrlich genug zu tun.
    Wahrscheinlich ist es eben das, was manche Strategen im Westen ärgert: Indien ruht in sich und will sich eben nicht in Abenteuer, feste Allianzen usw. hineinziehen lassen.

    1. Indische Kultur und Religion hat sich seit Jhdten, wenn nicht gar Jtsden, ebenso wie die chinesische Kultur nahezu von selbst in die östliche, nördliche und südliche Nachbarschaft exportiert, auch ohne Expeditionsarmeen. Das war in Europa mit einigen Kulturen auch nicht viel anders. Gewaltsam wurden nach der ersten Staatenbildung zuerst griechische und römische Kultur exportiert, dann aber auch von den Nachbarn aufgegriffen.

      1. @ Lucqx

        Ich stimme Ihrer Sicht durchaus zu. Worauf es mir ankam, war lediglich die Betonung des eher geringen politischen Willens zum Kulturexport und zur Expansion. Indische Kulturgüter haben sich durchaus verbreitet, man denke nur an das Zahlensystem, die indische Küche oder den Yoga, aber – wenn man mal von Ashokas Programm zur Buddhismus-Mission absieht – zumeist eher beiläufig und ungeplant.

  5. Indien ist immer noch das Land, in dem 48% einer Geburtskohorte bis zum Erreichen des Erwachsenenalters irreversible körperliche und geistige Schäden durch Unterernährung erleiden. Ca. 1 Million Menschen sterben jedes Jahr an Lungen- und Atemwegserkrankungen, die durch die Nutzung “traditioneller Biomasse” zum Heizen und Kochen verursacht sind (vulgo Stroh, Müll und Scheisse).

    Dazu ist Indien tief gespalten in eine Hindumehrheit von etwa drei Viertel der Bevölkerung und 180 Millionen Muslime, aber auch als ebenfalls “unberührbar” zählende 160 Millionen Dalit und 30 Millionen Christen, wobei die soziale und ökonomische Lage letzterer eher besser ist. Die derzeitige Janata-Regierung hängt der fundamentalistischen Hindutva-Ideologie an, aufgepeitscht von den SA-ähnlichen RSS-Milizen.

    Immer noch leben rund 64% der Inder auf dem Land, das immer schlechter in der Lage ist, sie zu ernähren. Die Urbanisierung ist dabei geprägt von den grössten Slumgebieten der Welt. Die Umwelt-, Gewässer- und Luftverschmutzung ist weltweit auf Rekordniveau, ohne dass nachhaltige Besserung sichtbar ist, teilweise eher das Gegenteil.

    Es ist Indien und seinen 1,4 Milliarden Menschen zu wünschen, dass diese Probleme einer Lösung zumindest näher kommen. Etwas Skepsis ist leider angebracht.

    1. Indien ist uns zwar weit voraus, aber bei den Fähigkeiten und der Entschlossenheit “unserer” Politik bin ich guter Dinge, dass “wir” schon bald aufschließen! ^^

    1. Na, nach was denn sonst? Russland ist beispielsweise verbürgt militärisch unbesiegbar. Deswegen hat es ein Recht auf eine Einflusssphäre bis nach Lissabon. Herr Hacker sieht die Truppe schon gar bald in Washington stehen, der übermenschlichen Konigsslavenrasse angemessen.

      phz

  6. Diese Sicht ist mir zu einseitig. Und zum Thema Beziehungen zu den USA schätzen selbst die Amis das Verhältnis deutlich nüchterner ein. “This shouldn’t surprise anyone. India is not a U.S. ally, and has not wanted to become one.” (Time Magazine).

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