
Wie ein EU-Beitritt der Ukraine die europäische Sicherheitsarchitektur verändern könnte.
Während ein NATO-Beitritt der Ukraine als rote Linie gilt, wird die EU-Aufnahme als humanitärer Akt dargestellt. Dabei schafft sie einen juristischen Mechanismus, der Europa in einen direkten militärischen Konflikt mit Russland ziehen könnte – mit weitreichenden ökonomischen und sicherheitspolitischen Folgen.
Die unterschätzte Beistandsklausel
Im öffentlichen Diskurs über die europäische Integration der Ukraine konzentriert sich die Debatte nahezu ausschließlich auf eine mögliche NATO-Mitgliedschaft. Diese wird – zu Recht – als hochproblematisch betrachtet und von den meisten NATO-Mitgliedern abgelehnt. Ein EU-Beitritt hingegen wird überwiegend als politische Geste europäischer Solidarität interpretiert, deren sicherheitspolitische Dimension als vernachlässigbar gilt. Diese Einschätzung beruht auf einem fundamentalen Missverständnis der vertragsrechtlichen Grundlagen der Europäischen Union.
Mit dem Vertrag von Lissabon wurde die EU 2009 mit einer Beistandsklausel ausgestattet, die in Artikel 42 Absatz 7 des EU-Vertrags verankert ist:
„Im Falle eines bewaffneten Angriffs auf das Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats schulden die anderen Mitgliedstaaten ihm alle in ihrer Macht stehende Hilfe und Unterstützung.“
Zum Vergleich: Der berühmte Artikel 5 des NATO-Vertrags verpflichtet die Mitgliedstaaten lediglich, „unverzüglich […] die Maßnahmen, einschließlich der Anwendung von Waffengewalt, [zu ergreifen], die sie für erforderlich erachten“. Diese Formulierung räumt den Mitgliedstaaten erheblichen Ermessensspielraum ein – wie die Geschichte gezeigt hat, kann dies von symbolischen Gesten bis zu umfassender militärischer Intervention reichen.
Die EU-Klausel ist deutlich verbindlicher formuliert: „alle in ihrer Macht stehende Hilfe und Unterstützung“ lässt wesentlich weniger Interpretationsspielraum. Hinzu kommt ein struktureller Faktor: 21 der 27 EU-Mitgliedstaaten sind zugleich NATO-Mitglieder. Sollte die Ukraine der EU beitreten und ein militärischer Konflikt mit Russland fortbestehen, würde jede Aktivierung von Artikel 42 Absatz 7 automatisch die überwältigende Mehrheit der NATO-Mitglieder rechtlich binden. Die Folge: NATO-Mitglieder befänden sich de facto im Krieg mit Russland – was die Aktivierung von Artikel 5 der NATO zwar nicht zwingend, aber zunehmend wahrscheinlich macht.
Die Frage ist nicht, ob dieser Mechanismus absichtlich geschaffen wurde, sondern ob seine Existenz und seine möglichen Auswirkungen in der politischen Debatte angemessen reflektiert werden.
Die territoriale Unklarheit als Eskalationsrisiko
Das zentrale Problem liegt in den ungeklärten Territorialfragen zwischen Russland und der Ukraine. Russland erkennt die ukrainische Souveränität über die Krim, Donezk, Luhansk und Saporischschja nicht an. Die Ukraine erkennt russische Gebietsansprüche auf diese Regionen nicht an. Daraus ergibt sich eine fundamentale juristische Ambiguität.
Tritt die Ukraine der EU bei, stellt sich die Frage: Gelten die umstrittenen Gebiete als EU-Territorium im Sinne von Artikel 42 Absatz 7?
Historisch gibt es Präzedenzfälle für beide Szenarien. Als Zypern 2004 der EU beitrat, erstreckte sich die EU-Rechtsordnung ausdrücklich nicht auf den türkisch kontrollierten Nordteil der Insel. Dies zeigt, dass die EU umstrittene Gebiete durchaus von der Mitgliedschaft ausklammern kann.
Allerdings unterscheidet sich die Ukraine in entscheidenden Punkten: Zypern war durch einen eingefrorenen Konflikt mit klaren Demarkationslinien und UN-Friedenstruppen geteilt. Die ukrainischen Ostgebiete sind Schauplatz aktiver militärischer Auseinandersetzungen ohne vereinbarte Waffenstillstandslinien oder internationale Friedenstruppen. Zudem vertritt die Ukraine – unterstützt von praktisch allen westlichen Regierungen – die Position, dass es sich um illegal besetztes ukrainisches Territorium handelt.
Dies führt zu einer juristischen Frage ohne klare Antwort: Würde die EU die Ukraine als Mitglied aufnehmen und dabei ausdrücklich Gebiete ausklammern, die sowohl die Ukraine als auch die EU als unter illegaler Besatzung befindlich betrachten? Oder würde eine EU-Mitgliedschaft implizit den Schutz von Artikel 42 Absatz 7 auf diese umstrittenen Gebiete erstrecken?
Ein europäischer Rechtswissenschaftler mit Expertise im EU-Verfassungsrecht, der aufgrund der Sensibilität laufender Politikprozesse anonym bleiben möchte, formulierte es so: „Ein EU-Beitritt der Ukraine bei ungeklärter Territorialfrage könnte eine rechtliche Automatik schaffen, die jede militärische Handlung in den umstrittenen Ostgebieten zu einer potenziellen Artikel-42-Absatz-7-Situation macht. Das Problem ist nicht, dass dies mit Sicherheit beabsichtigt ist, sondern dass der Mechanismus existiert und seine Aktivierung keine bewusste politische Entscheidung erfordern würde – lediglich eine rechtliche Interpretation unter Krisenbedingungen.“
Dies ist keine hypothetische Sorge. Artikel 42 Absatz 7 wurde in der EU-Geschichte einmal aktiviert: von Frankreich nach den Pariser Terroranschlägen im November 2015. Zwar führte diese Aktivierung nur zu minimaler militärischer Unterstützung durch andere EU-Mitglieder, doch die Umstände waren fundamental anders – es handelte sich um einen Terroranschlag, nicht um einen konventionellen militärischen Konflikt mit einer anderen Atommacht. Wie Artikel 42 Absatz 7 in einem konventionellen zwischenstaatlichen Krieg mit Beteiligung eines EU-Mitglieds funktionieren würde, ist rechtlich ungeklärt.
Die ökonomische Realität: Ein Staat am Tropf
Bevor die militärischen Implikationen weiter untersucht werden, ist es notwendig zu verstehen, welche ökonomische Entität die EU aufnehmen würde. Die wirtschaftliche Lage der Ukraine war bereits vor 2022 prekär; der aktuelle Krieg hat sie an den Rand des Zusammenbruchs gebracht.
Das ukrainische Bruttoinlandsprodukt, das 2013 noch bei 180 Milliarden US-Dollar lag, halbierte sich nach den Umwälzungen von 2014 und dem Verlust der industriellen Basis im Donbass auf etwa 90 Milliarden Dollar. Die russische Invasion 2022 führte zu einem weiteren BIP-Rückgang um 29 Prozent. Die Staatseinnahmen beliefen sich 2023 auf etwa 30 Milliarden Euro, während die Ausgaben über 60 Milliarden Euro lagen. Das Defizit – etwa die Hälfte des gesamten Staatshaushalts – wird nahezu vollständig durch ausländische Transfers gedeckt, hauptsächlich von der EU und den USA.
Die jüngste Schadensanalyse der Weltbank schätzt den Wiederaufbaubedarf auf zwischen 486 Milliarden und über eine Billion US-Dollar, abhängig vom Ausmaß der Infrastrukturschäden und dem Zeitrahmen für den Wiederaufbau. Dies entspricht einer der größten Wiederaufbauherausforderungen seit dem Zweiten Weltkrieg – allerdings in einem Land, das mit massiven demografischen Verlusten (durch Tod, Vertreibung und Emigration), unklaren Eigentumsverhältnissen und strukturellen Governance-Problemen konfrontiert ist.
Die Ukraine belegt Platz 104 von 180 Ländern im Korruptionswahrnehmungsindex von Transparency International – hinter Ländern wie Gabun, Sambia und dem Kosovo. Zwar erschweren Kriegsbedingungen Regierungsreformen, doch die strukturellen Probleme sind älter als der aktuelle Konflikt und würden eine effektive Verwendung von Wiederaufbaumitteln erheblich behindern.
Die fiskalischen Auswirkungen auf den EU-Haushalt
Würde die Ukraine der EU beitreten, würde sie mit großem Abstand zum größten Empfängerland im EU-Haushalt. Laut Berechnungen des Europäischen Parlaments hätte die Ukraine Anspruch auf jährlich zwischen 60 und 90 Milliarden Euro an Kohäsionsmitteln, Agrarsubventionen und Strukturhilfen – etwa das Doppelte dessen, was Polen, derzeit größter Empfänger, erhält.
Zum Vergleich: Der gesamte EU-Haushalt für 2024 beträgt etwa 189 Milliarden Euro. Eine ukrainische Mitgliedschaft würde also Transferleistungen in Höhe von etwa einem Drittel bis zur Hälfte des gesamten EU-Budgets erfordern. Dies würde entweder massive Beitragserhöhungen der Nettozahler (primär Deutschland, Frankreich und die Niederlande) notwendig machen oder dramatische Kürzungen für bisherige Empfänger in Osteuropa bedeuten.
Deutschland, das 2024 etwa 30 Milliarden Euro netto an die EU zahlt, müsste seinen Beitrag vermutlich um 40 bis 50 Prozent erhöhen. Polen, das derzeit etwa 10 Milliarden Euro netto erhält, müsste mit Kürzungen um möglicherweise 30 bis 40 Prozent rechnen. Ungarn, Rumänien und die baltischen Staaten wären ähnlich betroffen.
Dies würde massive innenpolitische Spannungen in den betroffenen Ländern auslösen – insbesondere in Osteuropa, wo EU-Strukturfonds eine zentrale Rolle in der wirtschaftlichen Entwicklung spielen. Die politische Ironie ist bemerkenswert: Ausgerechnet jene Länder, die die Ukraine am vehementesten unterstützen (Polen, baltische Staaten), würden ökonomisch am stärksten unter ihrer EU-Mitgliedschaft leiden.
Die agrarökonomische Sprengkraft
Neben den direkten Haushaltstransfers würde ein EU-Beitritt der Ukraine massive Verwerfungen im europäischen Agrarsektor auslösen. Die Ukraine verfügt über etwa ein Drittel der weltweiten hochfruchtbaren Schwarzerde und ist einer der größten Getreideexporteure weltweit. Das Land produziert etwa 30 Prozent des globalen Sonnenblumenöls und gehört zu den fünf größten Exporteuren von Mais und Weizen.
Trotz des Krieges produzierte die Ukraine 2022 etwa 21 Millionen Tonnen Weizen – nahezu so viel wie Deutschland. Der entscheidende Unterschied: Die Produktionskosten in der Ukraine liegen bei einem Bruchteil der europäischen, und Umweltauflagen sind kaum vorhanden oder werden nicht durchgesetzt.
Ein EU-Beitritt würde der Ukraine sofortigen und unbeschränkten Zugang zu allen EU-Agrarmärkten verschaffen, kombiniert mit dem Anspruch auf EU-Agrarsubventionen aus der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP). Das GAP-Budget beträgt etwa 55 Milliarden Euro jährlich. Bei einer Mitgliedschaft würde die Ukraine aufgrund ihrer enormen Ackerflächen (über 40 Millionen Hektar – mehr als Deutschland und Frankreich zusammen) Anspruch auf einen erheblichen Anteil dieser Mittel haben.
Die Folge wäre ein massiver Preisdruck auf europäische Landwirte, insbesondere in Polen, Rumänien, Ungarn und Deutschland. Bereits jetzt haben polnische Landwirte wiederholt gegen ukrainische Agrarexporte protestiert. Eine vollständige Marktintegration würde diese Spannungen dramatisch verschärfen.
Hinzu kommt: Die EU-Fördergelder würden nicht bei kleinbäuerlichen Strukturen ankommen, sondern bei den Großkonzernen, die bereits heute die ukrainischen Agrarflächen kontrollieren.
Unternehmensinteressen: Wer profitiert vom Wiederaufbau?
Die Frage, wer den ukrainischen Wiederaufbau kontrollieren wird, wird bereits beantwortet – lange bevor der Wiederaufbau überhaupt beginnt. Im Juni 2022, nur vier Monate nach Beginn der russischen Invasion, traf sich Präsident Selenskyj mit BlackRock-CEO Larry Fink, um den Wiederaufbau der Ukraine zu erörtern. Laut dem Kyiv Independent ging es bei dem Treffen darum, „die Bemühungen aller potenziellen Investoren und Teilnehmer am Wiederaufbau unseres Landes zu koordinieren“.
Dies geschah kaum ein Jahr nach der umstrittenen Landreform von 2021, die erstmals seit der Sowjetzeit den Verkauf von Agrarland ermöglichte. Zuvor hatte die Ukraine ein Moratorium für Landverkäufe aufrechterhalten – eine Politik, die von ukrainischen Landwirten und Zivilgesellschaftsgruppen weitgehend unterstützt wurde, die eine Landkonzentration durch Oligarchen und ausländische Konzerne befürchteten.
Der Bericht „War and Theft“ des Oakland Institute aus dem Jahr 2023 dokumentiert, dass bereits über 28 Prozent der ukrainischen Ackerfläche – mehr als neun Millionen Hektar – von Oligarchen, großen Agrarunternehmen und internationalen Investmentfirmen kontrolliert werden. Zu den größten Landbesitzern gehören ukrainische Oligarchen wie Jurij Kosjuk und Oleh Bachmatiuk, aber auch multinationale Konzerne wie Kernel (weltgrößter Sonnenblumenölproduzent), UkrLandFarming und NCH Capital, ein US-amerikanischer Private-Equity-Fonds.
Eine EU-Mitgliedschaft würde diese Investitionsstrukturen unter europäischem Handelsrecht formalisieren und rechtlich schützen. Sie würde politisch schwer umkehrbar und würde Investoren Zugang zu europäischen Rechtsschutz- und Streitbeilegungsmechanismen verschaffen.
Die oft beschworene „europäische Integration“ der Ukraine meint in dieser Dimension nicht die Integration ukrainischer Bürger in europäische Sozialstrukturen, sondern die Integration ukrainischer Ressourcen in transnationale Kapitalverwertungsketten.
Die vorbereitete Infrastruktur: Europas Kriegswirtschaft
Die potenzielle Eskalationsautomatik durch einen EU-Beitritt der Ukraine steht nicht isoliert. Sie fügt sich in eine umfassendere Transformation europäischer Wirtschafts- und Militärstrukturen ein, die sich seit 2022 beschleunigt hat:
Europäischer Verteidigungsfonds (EDF): 2021 etabliert, stellt der EDF Milliarden Euro für kollaborative Verteidigungsforschung und gemeinsame Beschaffungsprojekte zwischen EU-Mitgliedstaaten bereit. Das Budget 2021-2027 beträgt 8 Milliarden Euro, die Europäische Kommission hat jedoch signifikante Erhöhungen vorgeschlagen.
PESCO (Permanent Structured Cooperation): 2017 gestartet, aber seit 2022 erheblich erweitert, ermöglicht PESCO tiefere militärische Integration zwischen EU-Staaten, einschließlich gemeinsamer Kommandostrukturen, geteilter Ausbildungsprogramme und koordinierter Fähigkeitsentwicklung.
EDIP (European Defence Industry Programme): Geplante Gesetzgebung, die die schnelle Umwandlung ziviler Industriekapazitäten in Militärproduktion unter Krisenbedingungen ermöglichen würde, einschließlich beschleunigter Genehmigungen, garantierter Verträge und Koordinationsmechanismen zwischen Mitgliedstaaten.
Nationale Mobilmachungsgesetze: Mehrere EU-Mitglieder, einschließlich Deutschland, haben rechtliche Rahmenwerke aktualisiert oder aktualisieren sie, die eine großangelegte wirtschaftliche Mobilmachung ermöglichen würden, einschließlich Arbeitslenkung und industrieller Konversion unter Notstandsbedingungen. Artikel 80a des deutschen Grundgesetzes erlaubt beispielsweise weitreichende wirtschaftliche Kontrollen während Spannungs- oder Verteidigungszuständen.
Die beispiellose Aufrüstung
Parallel zu diesen institutionellen Veränderungen erfolgt eine massive Aufrüstung. Deutschland hat seit 2022:
- Ein Sondervermögen von 100 Milliarden Euro aufgelegt
- Die Verteidigungsausgaben von etwa 50 Milliarden Euro (2021) auf 95 Milliarden Euro (2025) erhöht
- Plant laut Reuters, bis 2029 3,5 Prozent des BIP für Verteidigung auszugeben – etwa 162 Milliarden Euro
Frankreich erhöht sein Verteidigungsbudget auf 64 Milliarden Euro jährlich bis 2027. Polen gibt bereits 4,7 Prozent seines BIP für Verteidigung aus – der höchste Prozentsatz in der NATO.
Diese Entwicklungen sind nicht reaktive Maßnahmen als Antwort auf die russische Invasion der Ukraine. Viele waren bereits in Entwicklung oder Umsetzung vor Februar 2022. Die Frage, die diese Entwicklungen aufwerfen, ist, ob die EU-Mitgliedschaft der Ukraine als Teil dieser umfassenderen Militarisierung europäischer Wirtschaftsstrukturen verfolgt wird – oder ob sie mit ihr zeitlich und strukturell zusammenfällt.
Die Perspektive aus Moskau
Die russische Führung beobachtet diese Entwicklungen aufmerksam und interpretiert sie nicht als defensive Reaktionen, sondern als Vorbereitung auf Konfrontation. Ob diese Interpretation zutreffend ist oder russische Bedrohungsüberzeichnung darstellt, ist fast nebensächlich – entscheidend ist, wie diese Entwicklungen russische strategische Kalkulationen beeinflussen.
Russische Offizielle und Militäranalysten waren in ihrer Botschaft konsistent: Weitere Ausdehnung westlicher Militärstrukturen in Richtung russischer Grenzen wird mit präventiven Reaktionen beantwortet werden. Im Dezember 2021 – vor der Invasion der Ukraine – legte Russland den USA und der NATO Entwürfe für Sicherheitsvorschläge vor, die eine weitere NATO-Erweiterung verboten und den Rückzug von NATO-Streitkräften aus Osteuropa gefordert hätten. Diese Vorschläge wurden abgelehnt, und zwei Monate später marschierte Russland in die Ukraine ein.
Die Lehre, die russische Strategen daraus zu ziehen scheinen, ist, dass das Abwarten auf die Vollendung westlicher institutioneller Expansion strategisch nachteilig ist. Sollte die EU mit der ukrainischen Mitgliedschaft fortfahren, während der territoriale Konflikt ungelöst bleibt, wird die russische Militärplanung vermutlich davon ausgehen, dass dies ein westliches Bekenntnis zu permanenter Konfrontation darstellt, und sich entsprechend anpassen.
Dies rechtfertigt keine russischen Handlungen, beschreibt aber eine vorhersehbare Eskalationslogik, die Konflikt wahrscheinlicher macht.
Die nicht gestellten Fragen
Die EU-Mitgliedschaft der Ukraine wird europäischen Öffentlichkeiten als Ausdruck von Solidarität, als Bekenntnis zu demokratischen Werten und als Weg zur Stabilisierung präsentiert. Dies mögen aufrichtige Motivationen einiger Entscheidungsträger sein. Die strukturellen Konsequenzen einer EU-Mitgliedschaft – insbesondere die Aktivierung von Artikel 42 Absatz 7 im Kontext ungeklärter Territorialkonflikte – erhalten jedoch bemerkenswert wenig öffentliche Diskussion.
Mehrere kritische Fragen bleiben weitgehend unbeantwortet:
Warum wird Artikel 42 Absatz 7 in öffentlichen Diskussionen über die EU-Mitgliedschaft der Ukraine fast nie erwähnt? Die Debatte konzentriert sich stark auf die NATO-Erweiterung, während die Beistandsklausel der EU – die 21 NATO-Mitglieder bindet und verbindlichere Sprache als Artikel 5 verwendet – kaum diskutiert wird.
Wie würde die EU die Territorialfrage handhaben? Würden umstrittene Gebiete von der EU-Jurisdiktion ausgeschlossen (wie bei Nordzypern), oder würden sie als EU-Territorium unter dem Schutz von Artikel 42 Absatz 7 betrachtet? Kein EU-Offizieller hat diese Frage klar beantwortet.
Was wären die wirtschaftlichen Auswirkungen auf bestehende EU-Mitglieder? Die Ukraine würde sofort zum größten Empfänger von EU-Mitteln, was entweder massive Budgeterhöhungen oder signifikante Kürzungen bei Transfers an derzeitige Empfänger in Polen, Ungarn, Rumänien und anderen osteuropäischen Staaten erfordern würde. Die agrarökonomischen Auswirkungen allein – angesichts der massiven ukrainischen Niedrigkosten-Getreide- und Ölsaatenproduktion – wären für europäische Landwirte erheblich.
Warum fällt der Zeitplan für eine mögliche ukrainische Beitrittsperspektive mit der Implementierung europäischer Verteidigungsindustriegesetzgebung und beispiellosen Erhöhungen der Militärausgaben zusammen? Ob dieses Timing zufällig ist oder umfassendere strategische Planung widerspiegelt, ist unklar, verdient aber Untersuchung.
Am wichtigsten: Warum wird diese Debatte nicht im Bundestag geführt? Der Antrag der BSW-Fraktion vom Januar 2025, keine EU-Beitrittsverhandlungen mit der Ukraine zu eröffnen, wurde mit großer Mehrheit abgelehnt – ohne dass die hier aufgeworfenen Fragen substanziell diskutiert worden wären.
Schlussfolgerung: Der Mechanismus existiert
Diese Analyse behauptet nicht, definitiv zu beweisen, dass die EU-Mitgliedschaft der Ukraine als bewusster Weg zu einem NATO-Russland-Konflikt verfolgt wird. Die Evidenz stützt eine solche Schlussfolgerung nicht, und Motivationen sind in komplexen institutionellen Prozessen mit multiplen Akteuren und unterschiedlichen Interessen notorisch schwer zu etablieren.
Was die Evidenz zeigt, ist, dass der Mechanismus für eine solche Eskalation existiert, dass seine Implikationen von der Öffentlichkeit unzureichend verstanden werden und dass institutionelle Dynamiken auf die Aktivierung dieses Mechanismus zusteuern – bei minimaler Debatte über seine potenziellen Konsequenzen.
Die europäische und insbesondere die deutsche Öffentlichkeit wird mit einer Entscheidung über die EU-Mitgliedschaft der Ukraine konfrontiert, die primär in moralischen und politischen Begriffen gerahmt wird. Die rechtlichen, militärischen und ökonomischen Implikationen – insbesondere die Frage, ob eine EU-Mitgliedschaft einen automatischen Eskalationspfad zu einem Krieg zwischen NATO und Russland schaffen könnte – erhalten weit weniger Aufmerksamkeit, als sie verdienen würden.
Die Ukraine ist in diesem Szenario nicht einfach ein Land, das die Integration in europäische Institutionen sucht. Es ist ein Staat, dessen Mitgliedschaft die gegenseitigen Verteidigungsverpflichtungen der EU, die kollektiven Sicherheitsverpflichtungen der NATO, ungelöste Territorialkonflikte mit einer Atommacht und die größte europäische Militärmobilisierung seit dem Kalten Krieg verbinden würde.
Die Frage ist nicht, ob dieser Pfad gefährlich ist. Die Frage ist, ob die Entscheidung mit vollem Verständnis dessen getroffen wird, was sie beinhaltet – oder ob sie durch institutionelle Trägheit erfolgt, mit Konsequenzen, für die keine Wählerschaft gestimmt hat und die kein Parlament vollständig debattiert hat.
Quellenverzeichnis
Vertragliche Grundlagen:
- Vertrag über die Europäische Union – Artikel 42(7): https://dejure.org/gesetze/EUV/42.html
- NATO-Vertrag – Artikel 5: https://www.nato.int/cps/en/natohq/official_texts_17120.htm
Wirtschaftliche Lage der Ukraine:
- World Bank: Ukraine Damage and Needs Assessment (Februar 2023): https://documents.worldbank.org/en/publication/documents-reports/documentdetail/099021324115085807
- World Bank: GDP (current US$) – Ukraine: https://data.worldbank.org/indicator/NY.GDP.MKTP.CD?locations=UA
- World Bank: GDP per capita (current US$) – Ukraine: https://data.worldbank.org/indicator/NY.GDP.PCAP.CD?locations=UA
Landkonzentration und Agrarflächen:
- Oakland Institute / The Land Is Ours (TLIO): War and Theft – The Hostile Takeover of Ukraine’s Agricultural Land: https://tlio.org.uk/war-and-theft-the-hostile-takeover-of-ukraines-agricultural-land
- Europäisches Parlament: Ukrainian agriculture – European Parliament Briefing: https://www.europarl.europa.eu/thinktank/en/document/EPRS_BRI(2022)733938
- US State Department: 2021 Investment Climate Statements – Ukraine: https://www.state.gov/reports/2021-investment-climate-statements/ukraine/
BlackRock und Wiederaufbau:
- Kyiv Independent: Zelensky, BlackRock CEO discuss reconstruction of Ukraine (Dezember 2022): https://kyivindependent.com/zelensky-black-rock-ceo-discuss-reconstruction-of-ukraine
Korruption:
- Transparency International: Corruption Perceptions Index 2023 – Platz 104 von 180 für die Ukraine: https://www.transparency.org/en/cpi/2023/index
Europäische Verteidigungsausgaben:
- Reuters: Germany to increase defence spending to 3.5% of GDP by 2029 (Juni 2025): https://www.reuters.com/business/aerospace-defense/germany-raise-defence-spending-35-gdp-by-2029-sources-say-2025-06-23
- NATO: Defence Expenditure of NATO Countries (2024): https://www.nato.int/cps/en/natohq/topics_49198.htm
- SIPRI: Trends in World Military Expenditure, 2024: https://www.sipri.org/sites/default/files/2024-04/fs_2024_world_military_spending.pdf
Politische Dokumente:
- Bundestag: Antrag der BSW-Fraktion – Keine Eröffnung von EU-Beitrittsverhandlungen mit der Ukraine: https://dip.bundestag.de/vorgang/keine-eröffnung-von-eu-beitrittsverhandlungen-mit-der-ukraine/312613
Weitere Quellen:
- Bundeszentrale für politische Bildung: Nettozahler und Nettoempfänger in der EU (2025): https://www.bpb.de/kurz-knapp/zahlen-und-fakten/europa/70580/nettozahler-und-nettoempfaenger-in-der-eu/
- Europäische Kommission: EU Budget 2024: https://commission.europa.eu/strategy-and-policy/eu-budget/long-term-eu-budget/2021-2027_en
- OSW Commentary: Stable crisis – Ukraine’s economy three years after Euromaidan: https://www.osw.waw.pl/en/publikacje/osw-commentary/2017-06-28/stable-crisis-ukraines-economy-three-years-after-euromaidan





Kein Staat(enbund), der auf sich hält, zieht aufgrund irgendwelcher Klauseln auf irgendwelchem geduldigen Papier in den Krieg, wenn er eigentlich nicht in den Krieg ziehen will. Und wenn er Krieg wünscht, lässt er sich ebenso davon nicht abhalten, bloß weil auf irgendwelchem geduldigen Papier steht, dass er keinen machen darf.
„NATO-Osterweiterung als eine Kriegsursache“
Was sagt der Kreml dazu:
http://en.kremlin.ru/events/president/news/30679
https://www.handelsblatt.com/politik/international/interview-mit-aussenminister-lawrow-russland-oeffnet-ukraine-den-weg-in-die-nato/2460820.html
Grundsätzlich habe ich ja nichts dagegen, wenn hier ein Autor schreibt, der allem Anschein nach bis vor kurzem in allerstrengster Isolationshaft seit 2009 verbracht hat. Denn in diesem Jahr trat der ->Vertrag von Lissabon in Kraft, der den ->Kopenhagener Kriterien für Voraussetzungen und Verlauf eines EU-Beitritts Gesetzeskraft verliehen hat.
Der erste Staat, der einen EU-Beitritt der Ukraine für mindestens 10 Jahre mit einem Veto belegen würde, wäre … Polen.
Ich schlage vor, „die Redaktion“ überträgt eine Plausibilitätsprüfung eingereichter Texte einer KI, die wird das besser machen, als der Kollege aus Borneo.
Nun, SIE können uns das bestimmt besser erklären … 😛
Eine Aufnahme der Ukraine wäre der GAU für uns alle, außer für eine Handvoll Rüstungskonzernbesitzer, die aber leider die Korrupten an der Macht kontrollieren. Es gibt KEINERLEI Vorteile für die EU, die Ukraine ist längst verhökert.
Deshalb ist es um so wichtiger, dass die Irren, die das wollen, möglichst schnell abgewählt werden.
Dazu müssen aber die Auszählungen beobachtet werden, alle müssen in ihren Wahllokalen die Auszählung beobachten, sonst sind alle Anstrengungen umsonst.
Bis dahin müssen so viele wie möglich überzeugt werden, wie schädlich die CDU/EVP für uns ist.
Von der Leyen hat schon zu Corona gezeigt, wie sie mit Menschenleben umgeht. Das Vorantreiben der Abschaffung unserer Grundrechte, Insbesondere die geplante Abschaffung des Menschenrechts zum Schutz vor willkürlicher Eingriffe in die Korrespondenz (Art 12) sprechen eine deutliche Sprache.
Menschenrechte und freiheitliche Demokratie werden beschnitten wo es nur geht. Das muss aufhören.
Wenn sie und die Blackrock CDU jetzt auch noch unser restliches Steuergeld an die USA verschenken wollen („Aufbau“ Ukraine) und uns in einen völlig sinnlosen Krieg, der uns alle auslöschen würde, treiben wollen, sollte langsam mal ernsthaft Einspruch eingelegt werden.
In unsrer Demokratie kann weder jemanden abwählen, noch hat man sonst ein wie auch immer geartetes Mitbestimmungsrecht.
Ich will nicht unromantisch sein, aber wenn „nicht völlig sinnlose“ Kriege, die andere Leute als uns auslöschen, für uns kein Problem darstellen, brauchen wir jetzt nicht anfangen zu heulen. Das aber nur anbei, denn wir als Verfügungsmasse haben da eh nichts zu bestellen, geschweige denn irgendwelchen ernsthaften Einspruch einzulegen.
Michael Hollister ist mehr als zurückhaltend, bei den Konsequenzen der jetzt schon eingetretenen Sachlagen und Abhängigkeiten. Da braucht er keine Teufel mehr an die Wand malen, im Grunde ist die Sache gelaufen. TILT!
Ein Teufel sei mir dann doch erlaubt:
Sollte es womöglich so sein, dass wir nicht nur unseren letzten Sommer schon längst hinter uns haben sondern auch den letzten Weihnachtsbaum geschmückt, den vom letzten Jahr?
Glück für Europa wenn nicht die Nordhalbkugel. wäre es, wenn jetzt doch allmählich Onkel Wlad die Schnauze voll und die Faxen dicke haben sollte und er derm Ratschlag seines Freundes folgren würde: BASTA! Besser wird die Lage nicht mehr werden.
Nicht, dass ich mißverstanden werde, halte den ‚Konfuzius‘ mit dem Warten am Fluss immer noch für eine konservative Methode, ist aber sehr gefährlich: RISIKO. Nicht alle Involvierte sind nämlich fähig, die Ruhe zu bewahren. In den letzten Tagen mußte schließlich zu Genf und anderswo festgestellt werdem, nein – an Kompetenz und an Fachkräften scheint es nicht nur zu mangeln, da heißt es nur noch: was soll das denn sein?