Der Nahostkrieg und die zu wenig genutzten Instrumente der formalen Diplomatie

Demo für Palästina, München
Henning Schlottmann (User:H-stt), CC BY-SA 4.0, via Wikimedia Commons

Jeder Politiker, der wirklich daran interessiert ist, das Leid der palästinensischen Bevölkerung im Gazastreifen zu lindern und die Befreiung der Geiseln zu erreichen, muss die Eskalationsleiter der formalen Diplomatie nutzen, um nicht seine Glaubwürdigkeit endgültig zu verlieren.

Eine große Mehrheit fordert eine Verbesserung der humanitären Situation im Gazastreifen, und die Politiker in den USA und vor allem auch in Europa, überbieten sich in ihren Aussagen über die katastrophale Lage der im Süden des Gazastreifens quasi zusammengepferchten Palästinenser.

Überzeugende Anstrengungen, ein Cease Fire zu erreichen, hat es bislang nicht gegeben und leider auch kaum formale diplomatische Maßnahmen im Rahmen des Wiener Übereinkommens. Stellt sich die Frage: Warum?

Das Wiener Übereinkommen

Das Wiener Übereinkommen vom 18. April 1961 über diplomatische Beziehungen trat 1964 in Kraft und wurde bislang von 193 Staaten unterzeichnet. Das Abkommen ist ein völkerrechtlicher Vertrag und  regelt unter anderem den Ablauf der Ernennung von Botschafterinnen und Botschaftern, den Schutz des diplomatischen Kuriers, die Unverletzlichkeit der diplomatischen Mission, sowie die Immunität und die Vorrechte von Diplomaten und Diplomatinnen. Das Gastland kann Angehörige einer ausländischen Botschaft jederzeit zu „unerwünschten Personen“ (Persona non grata) erklären und diese ohne weitere Begründung des Landes verweisen. Ein akkreditierter Botschafter darf sich nicht in die „inneren Angelegenheiten“ des jeweiligen Gastlandes einmischen. Im diplomatischen Verkehr zwischen dem Gastland und einer Botschaft gibt es im Falle von Differenzen neben der Ausweisung von Personal weitere verschiedene diplomatische Möglichkeiten informeller oder aber auch formaler Art, um diese zum Ausdruck zu bringen.

Dazu gehören im Wesentlichen:

Einladung an einen akkreditierten Boschafter, das Außenministerium des Gastlandes aufzusuchen

Bei einem solchen Gespräch wird dem Botschafter z. B. informell erklärt, warum man in einem bestimmten Fall mit seinem Verhalten/seinen Äußerungen nicht einverstanden ist oder, warum das Gastland über bestimmte Vorkommnisse im Heimatland des Botschafters besorgt ist. In der Regel ist das Problem nach einem solchen Gespräch aus der Welt

Einbestellung des Botschafters

Sollte das nicht der Fall sein oder es sich um ein schwerwiegenderes Problem handeln, wird der Boschafter in das Außenministerium des Gastlandes einbestellt. Zu diesem Vorgang heißt es bei Wikipedia:

„Einbestellung bedeutet in der Sprache der Diplomatie eine untere Stufe einer diplomatischen Sanktion betreffend ein Ereignis oder eine Aussage in dem Staatswesen oder der Regierung, die der Botschafter vertritt. Sie gehört zu den Sanktionsmöglichkeiten des Empfangsstaats. Diese Sanktionierung – zwischen formloser Einladung und Abgabe einer Protestnote angesiedelt – ist nach dem Wiener Übereinkommen über diplomatische Beziehungen möglich, unter Staaten mit freundschaftlichen Beziehungen aber sehr unüblich. Konkret wird dabei der Botschafter ins Außenministerium des Empfangsstaats zitiert, wo er über die Sichtweise der Regierung zur fraglichen Situation informiert wird. Diese Sichtweise übermittelt er daraufhin an die Regierung seines Heimatstaats.“

Die Protestnote

Die nächste Eskalationsstufe in den diplomatischen Beziehungen von Ländern ist die Protestnote. Dazu heißt es im „Jura Forum“:

„Die Protestnote ist ein förmliches und schriftliches Dokument, das von einem Staat an einen anderen Staat gerichtet ist, um eine Verletzung oder einen Verstoß gegen das Völkerrecht oder gegen internationale Verpflichtungen zu rügen und den Protest gegen das betreffende Verhalten auszudrücken… Sie ermöglicht es, Meinungsverschiedenheiten, Missbilligungen oder Beschwerden auf diplomatischer Ebene auszudrücken, ohne in direkte Auseinandersetzungen einzutreten. Eine Protestnote kann somit als Instrument der Diplomatie und deeskalierenden Kommunikation angesehen werden. Sie bietet den beteiligten Parteien die Möglichkeit, ihre Standpunkte darzulegen, mögliche Missverständnisse zu klären und eventuell einen Weg zur Beilegung des Konflikts zu finden.“

Als Beispiele für die Anwendung einer Protestnote nennt das „Jura Forum“ u.a. ganz konkret die Verletzung von Normen oder Prinzipien des Völkerrechts. Dazu heißt es: „Ein Staat macht auf mutmaßliche Verstöße gegen die Grundsätze der Souveränität, der territorialen Integrität oder der Gleichheit der Staaten aufmerksam. Als ein weiteres Beispiel für das Verfassen einer Protestnote werden Menschenrechtsverletzungen durch das jeweilige Gastland genannt. Wörtlich heißt es dazu im „Jura Forum“: „Ein Staat oder eine internationale Organisation beklagt Menschenrechtsverletzungen durch einen anderen Staat.“

Rückruf eines Botschafters zur Berichterstattung

Ein weiteres Signal, diplomatische Differenzen aufzuzeigen, ist die Rückrufung des Boschafters aus dem Gastland in die Hauptstadt des Entsendestaates. Damit macht man dem Gastland deutlich, dass es Vorkommnisse und/oder Entwicklungen gibt, die kritisch gesehen werden und zu denen man eine direkte Information durch den eigenen Botschafter für erforderlich hält. So ein Rückruf kann unterschiedlich lange dauern. Während dieser Zeit nimm der jeweilige Vertreter die Amtsgeschäfte wahr.

Abbruch der diplomatischen Beziehungen

Die schärfste diplomatische Maßnahme ist die Abberufung des Botschafters und die Beendigung der diplomatischen Beziehungen zwischen den jeweiligen Ländern

Die bisherige Anwendung der Instrumente der formalen Diplomatie im Nahostkrieg

Bislang hat die formale Diplomatie im Nahostkrieg nur wenig Anwendung gefunden. Einige bekannt gewordene Beispiel für formale diplomatische Maßnahmen, ohne Anspruch auf Vollständigkeit:

In der letzten Oktoberwoche 2023 hatte Israel wegen verschiedener Aussagen des türkischen Präsidenten Erdogan alle Diplomaten aus Ankara abgezogen. Man werde die Beziehungen zur Türkei generell neu bewerten, hieß es dazu aus dem israelischen Außenministerium.

Am 31. Oktober 2023 brach Bolivien seine diplomatischen Beziehungen zu Israel aufgrund der israelischen Angriffe auf den Gazastreifen ab. Das südamerikanische Land habe die Entscheidung „in Ablehnung und Verurteilung der aggressiven und unverhältnismäßigen israelischen Militäroffensive im Gazastreifen und der Bedrohung des internationalen Friedens und der Sicherheit“ getroffen, erklärte das bolivianische Außenministerium. Gleichzeitig wurde ein Ende der israelischen Angriffe auf den Gazastreifen gefordert.

Chile und Kolumbien zogen zeitgleich ebenfalls ihre Botschafter für Konsultationen zurück. In einer Mitteilung des chilenischen Außenministeriums hieß es dazu:

 „Chile verurteilt die Militäroperation im Gazastreifen auf das Schärfste und stellt mit großer Besorgnis fest, dass dieser Einsatz, der eine kollektive Bestrafung der palästinensischen Zivilbevölkerung darstellt, die grundlegenden Normen des Völkerrechts nicht einhält.“

Kolumbiens Präsident Gustavo Petro schrieb dazu auf der Nachrichtenplattform X, ehemals Twitter:

„Ich habe mich dazu entschieden, unsere Botschafterin in Israel zu einer Besprechung zurückzubeordern. Wenn Israel das Massaker am palästinensischen Volk nicht beendet, können wir nicht mehr dort sein.“

Am 1. November hatte Jordanien als Reaktion auf „den israelischen Krieg gegen den Gazastreifen“ seinen Botschafter aus Israel abberufen. Auch Israels Botschafter in Amman, der zurzeit nicht dort weilt, dürfe erst zurückkehren, wenn der Krieg und die „noch nie dagewesene humanitäre Katastrophe“ im Gazastreifen beendet seien

Aus Protest gegen Israels „mangelnde Achtung des humanitären Völkerrechts“ im Gaza Krieg folgte der Golfstaat Bahrain am 2. November und rief seinen Botschafter zurück und beendete die diplomatischen Beziehungen mit Israel. Gleichzeitig hatte das bahrainische Parlament bestätigt, dass der israelische Botschafter das Königreich verlassen habe. Alle Wirtschaftsbeziehungen mit Israel wurden demnach eingestellt. Es hieß dazu: Bahrain bekräftigte seine „feste Unterstützung für die palästinensische Sache“ und die „legitimen Rechte des brüderlichen palästinensischen Volkes“.

Am 4. November rief Honduras seinen Botschafter aus Israel zurück. Die Regierung in Tegucigalpa habe angesichts der gravierenden humanitären Lage der palästinensischen Zivilbevölkerung im Gazastreifen Botschafter Martínez für Konsultationen abgezogen, teilte Außenminister Reina mit.

Am 6. November 2023 rief Südafrika alle Diplomaten aus Israel ab, damit sie, wie Außenministerin Naledi Pandor sagte, die Regierung ausführlich über die Lage in der Region informieren könnten.

Mit dem Schritt wollte die vom Afrikanischen Nationalkongress (ANC) geführte Regierung gegen die Bombardierung des Gazastreifens protestieren, die sie als »Kollektivbestrafung« ansieht. Bereits 2018 hatte Südafrika seinen Botschafter in Israel aus Protest gegen die Siedlungspolitik im Westjordanland abgezogen.

Ende November 2023 entwickelte sich eine diplomatische Krise zwischen Israel und Spanien.

Spaniens Regierungschef Pedro Sánchez hatte Israels militärisches Vorgehen im Gazastreifen wiederholt scharf kritisiert. Daraufhin hatte der israelische Premierminister Netanjahu die

Israelische Botschafterin in Madrid zu Konsultationen nach Jerusalem zurückbeordert. Außerdem hatte er seinen Außenminister angewiesen, die spanische Botschafterin in Israel für einen Protest gegen „beschämende“ Äußerungen von Sánchez in das Außenministerium einzubestellen.

Die zu wenig genutzten Instrumente der formalen Diplomatie

Jedem Beobachter des Nahostkrieges müsste eigentlich klar sein, dass die Instrumente der formalen Diplomatie bislang viel zu wenig genutzt wurden. Die dargestellten Beispiele für die Anwendung dieser Form der Diplomatie zeigen, dass es seitens der USA und der Europäischen Union überhaupt keine Aktivitäten auf diesem Gebiet gegeben hat. Lediglich Israel hat sich gegenüber einem EU Mitgliedsland, nämlich Spanien, dieses Instrumentariums bedient. Man konnte deshalb den Eindruck gewinnen, dass es zwischen allgemeinen Aufforderungen an Premierminister Netanjahu, die humanitäre Katastrophe im Gazastreifen zu stoppen, die Menschenrechte und das Völkerrecht zu beachten und der rückhaltlosen militärischen Unterstützung Israels, wie die USA sie praktizieren, überhaupt keinen Zwischenschritt, bzw. keine Alternative gäbe.

Dabei ist das wirklich nicht der Fall, und daraus hätte man schon lange die Konsequenzen ziehen müssen. Alle Aufrufe an Netanjahu, seine Politik und seine Vorgehensweise gegen die Hamas im Gazastreifen zu ändern und die palästinensische Bevölkerung zu schützen, haben bislang beim israelischen Premier ebenso wenig Wirkung gezeigt, wie die Reisediplomatie von US-Außenmnister Blinken oder auch von Annalena Baerbock, um zwei Beispiele zu nennen. Ignoriert hat Netanjahu auch alle Bemühungen der Vereinten Nationen und verschiedener Staaten in der Region, einen Waffenstillstand zu erreichen.

Wenn das alles Fakt ist, stellt sich die Frage, warum die USA und auch Europa bislang nicht zu den Instrumenten der formalen Diplomatie gegriffen haben. Für Washington könnte die Erklärung – nicht eine Entschuldigung! – darin liegen, dass die israelische – nicht die jüdische! – Lobby in den USA zu stark ist und Präsident Biden sich in Wahlkampfzeiten vor einer Konfrontation mit ihr scheut. Ein weiterer Grund in den USA könnten die Neokonservativen um Viktoria Nuland und auch der „Military-Industrial-Complex sein, dem an einem Fortgang des Krieges aus naheliegenden Gründen durchaus gelegen ist.

Für Europa und besonders auch für Deutschland, fällt es mir schwer, nachvollziehbare Gründe für diese Zurückhaltung, um nicht zu sagen für dieses Versagen, zu finden. In Deutschland wird es wohl die erklärte uneingeschränkte Solidarität mit Israel sein, die es den Politikern offensichtlich nicht möglich macht, zwischen der israelischen Bevölkerung und der verfehlten und menschenverachtenden Politik ihres Premierministers zu unterscheiden. Aber, warum reagiert auch die EU nicht mit den Instrumenten der formalen Diplomatie? Es gibt ja schließlich auch eine EU Botschaft in Israel, deren Leiter im israelischen Außenministerium vorstellig werden könnte.

Auch in Brüssel könnte man den israelischen Botschafter erst einmal zu einem Gespräch einladen und bei Bedarf im Anschluss daran, formal einbestellen. Skeptiker sagen vielleicht, dass die formalen Maßnahmen der aufgeführten Staaten ja auch keine Wirkung gezeigt haben, und das mag stimmen. Ich glaube aber, dass z.B. ein Rückruf des amerikanischen Botschafters in Israel zur Berichterstattung im State Department in der israelischen Regierung wie eine Bombe einschlagen würde, und ich bin auch davon überzeugt, dass eine solche Maßnahme seitens der EU ihre Wirkung nicht verfehlen würde. Außerdem gäbe es ja auch noch die Möglichkeit einer bilateralen konzertierten Aktion aller EU-Staaten.

Jeder Politiker, der wirklich daran interessiert ist, das Leid der palästinensischen Bevölkerung im Gazastreifen zu lindern, die Befreiung der Geiseln zu erreichen und auch den Israelis, die aus ihren Wohngebieten evakuiert wurden, eine Rückkehr in ihr Zuhause zu ermöglichen, muss die Eskalationsleiter der formalen Diplomatie nutzen, um nicht seine Glaubwürdigkeit endgültig zu verlieren. Dabei darf man auch eine Protestnote wegen Verletzung des Völkerrechts und der Menschenrechte nicht ausschließen.

Ehe mir das Gegenteil nicht bewiesen wird, bin ich davon überzeugt, dass die genannten Instrumente der formalen Diplomatie ihre Wirkung auf Netanjahu nicht verfehlen würden und zwar auch, weil diese in der gesamten Welt zur Kenntnis genommen würden.

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22 Kommentare

  1. Wann gab es in der Unipolaren Ordnung eine Diplomatie, die diesen. Namen verdiente?
    Seit dem einschreiten Russlands in den neuen, durch Referendum legitimierten Oblasten,
    ist Diplomatie im Westen zu einem Fremdwort geraten.
    Selbst zig Initiativen durch nicht beteiligte Staaten verliefen zur Ablehnung.
    Die Levante wird seit der Existenz Israels durch alles ausgezeichnet, aber nicht mit Diplomatie. Im Gegenteil, Israel besetzte fremde Gebiete nach ihrer Willkür, unter dem Namen : wagt euch Antisemiten nicht, gegen uns etwas vorzuschreiben.
    Was ist Diplomatie oder zu was wurde die Diplomatie im Westen generiert?
    Zu einem Diktat, nur nach unserem Willen.
    Die Levante und ein wenig weitere Gebiete, ausser Israel, zeichnet sich durch deren diplomatischen Verhaltens aus. Diese Anrainerstaaten sprechen mit einer diplomatischen Zunge gemeinsam, für die Palästinenser! Traurig ist, die nicht vorhandene westliche Diplomatie zerstört ihr eigenes Wesen und nimmt in Haft mehrere Millionen Menschen, die eigentlich absolut unschuldig sind.
    Die Unschuld wird dadurch zum Verbrecher, ohne diplomatischen Rückhalt.

  2. Mit diplomatischen Aktivitäten würde man sich dahingehend unglaubwürdig machen, wenn man, wie es geschieht, die finanzielle Hilfe und die Militärhilfe an Israel gleichzeitig vervielfacht. Das geht nicht zusammen, also reitet man weiter auf der Welle der “Selbstverteidigung”. Ich denke, unsere Kinder werden in 20 Jahren, dann wenn auch die Klimapolitik kritisch bewertet werden muss, dafür bezahlen müssen. Aber an ein Umsteuern ist nicht zu denken, 2/3 der Deutschen befürworten die aktuelle Politik. Wer nicht hören will, muss fühlen, das war so ein Spruch unserer Großeltern, es wird so kommen.

    1. Das ist leider wahr. Etwa 80 Prozent lernen nur durch Erfahrung und rennen wie die Lemminge sinnbildlich gen Abgrund. Und das hat nichts zwingend mit dem Bildungsabschluss zu tun. Mit Vernunft und Argumenten ist dem einfach nicht beizukommen.

  3. Solange Netanjahu an der Spitze dieser Regierung steht, wird sich nichts aendern,
    er zieht das durch, komme was wolle. Wenn er Rafah vollstaendig bombadiert und die Todeszahlen naehern sich der 100tausend+ dann wird vielleicht eine diplomatische Note der EU verschaemt ueberreicht werden.
    Zu mehr sind die derzeitigen EU-Granden nicht bereit.
    Deutschland wird gar nichts ueberreichen, Diplomatie wird von der Ampel ueberschaetzt!
    „Unsere Waffen helfen, Menschenleben zu retten“ ……
    Annalena Baerbock, Aussenministerin von Deutschland
    Das ist Netanjahus Krieg gegen die Palaestinenser und der wird dann enden, wenn entweder er von der Macht entfernt/getoetet wird oder 2,1 Millionen Palaestinenser getoetet, verletzt und vertrieben werden.

  4. Erst mal danke für die positive Berichterstattung. Ich möchte mir ein paar Anmerkungen aus meiner Sicht erlauben:

    Man kann sich hier in Deutschland nicht vorstellen, wie groß in den USA die Palästinasolidarität ist. Fast täglich finden große Soliaktionen statt. Außenminister Blinken muß genervt akzeptieren, das palästinensische und jüdische Menschen mit blutroten Händen für Ceasefire auf seinen Veranstaltungen demonstrieren. Das palästinensische Exil ist in den US sehr stark und steht den Demokraten nahe. Auch die queere und antikolonialistische Bewegung unterstützt Palästina und ist eher den Biden-Lager zuzurechnen. Viele demokratische palästinensische Intellektuelle, Universitätsprofessoren etc. stehen zu Palästina.

    Die jüdische Diaspora in den US, vor allen die Orthodoxen, sind eher antizionistische gestimmt. Viele Juden in den US, die den Zionismus unterstützen, gibt es nicht. US-Zionisten haben sich schon längst nach Israel abgesetzt. Wer in den USA bleibt, hat oft Probleme mit den Zionismus.

    Biden verspürt gewaltigen Gegenwind in seiner eigenen Partei. Unerschütterlich zionistisch und Pro-Israel, das sind die Trump-Anhänger. Dieser hat doch Jerusalem als israelische Hauptstadt unterstützt. Für Palästina ist Trump die größere Gefahr.

    Genau umgekehrt verhält es sich mit den Ukrainekrieg. Diesen möchte Trump gerne beenden, aber Biden fortsetzen. Dessen Sohn hat viel Geld in der Ukraine investiert..

    Für weitere Info empfehle ich unsere deutschen jüdischen Freund:innen

    https://juedische-stimme.de/

    Ich verstehe, das deutsche Leute, die die queere Bewegung ablehnen vielleicht aus diesen Grund Schwierigkeiten mit der Palästina-Soli haben. Dies schein beim Wagenknecht-Lager der Fall zu sein.

    Was ist Ihre Meinung?

    1. Hallo Hussan,
      soll die Solidarität mit den Palästinensern von woken oder queeren Einstellungen abhängen?
      Das verstehe ich überhaupt nicht.
      Das Woke und das Antideutsche führt ja gerade zu einem Opferkult, der sich mit Netanjahu, den USA und der NATO solidarisiert. In Abgrenzung von solchen Verirrungen entsteht das Bündnis Sahra Wagenknecht.

      Was auf dem ersten Parteitag Oskar Lafontaine unter großem Beifall zu den Palästinensern gesagt hat, habe ich unten aufgeschrieben. Lies es bitte dort. Das BSW vertritt die “klassische” linke Position, die heute in Deutschland viel zu selten klar zum Ausdruck gebracht wird. Menschenwürde für alle, Frieden im Gaza-Streifen und “unsere” besondere Verpflichtung für die Palästinenser wegen Auschwitz!

      1. Das Motto des herrschenden wertewestlichen Mainstreams: WIR bestimmen, wer Faschist ist und wer nicht. Da mutieren Faschisten reinsten Wassers zu Verteidigern “unserer Werte” und Demokraten, die nicht “unserer Meinung” sind, zu Faschisten.

  5. Westliche Werte bestehen offenkundig aus Bellizismus statt Diplomatie, geheuchelte, weil zur Aufrüstung missbrauchter Friedensverhandlungen, Völkerrecht und Politik im Sinne humanitärer Hilfe interessieren einen Dreck.
    Der Rest der Welt hat das endlich erkannt, so dass der wirtschaftliche Niedergang des Westens in den kommenden Jahrzehnten – und damit sein Machteinfluss – Anlass zur Hoffnung gibt.

  6. Was Bündnis Sahra Wagenknecht dazu sagt? (fragt Hussan)

    Aus der Rede von Oskar Lafontaine beim 1. BSW-Parteitag, der am 27.1.24 stattfand – dem Jahrestag der Befreiung von Auschwitz:

    “Dass der Tag der Befreiung von Auschwitz … uns nicht nur verpflichtet, für Israel einzutreten, sondern nach meiner Überzeugung auch für das Lebensrecht der Palästinenserinnen und Palästinenser.
    Deshalb genügt unsere Bundesregierung nicht dem moralischen Imperativ, der aus der Ermordung von 6 Millionen Juden folgt, weil diese Ermordung von 6 Millionen Juden nicht zuletzt zur Vertreibung der Palästinenser geführt hat, und zur Gründung des Staates Israel, und deshalb sind wir auch diesen Menschen verpflichtet.
    Vorhin habe ich von der Menschenwürde gesprochen. Wenn ich mir manches so anhöre, was zum Gaza-Konflikt gesagt wird, kann ich nur sagen: Es ist doch gleichgültig, welche Religion und welche Staatszugehörigkeit die sterbenden und leidenden Menschen haben. Wir sind verpflichtet, uns für alle einzusetzen und dafür einzutreten, dass Frieden im Gaza-Streifen herrscht.”
    https://youtu.be/DnnHT_iMXOE?t=1005

    1. Danke für die Antwort!

      Das hört sich ganz gut, aber auch sehr allgemein an. Wir brauchen konkrete Hilfe, konkrete politische Forderungen. Die deutsche Regierung gibt als einzige Regierung der Welt Israel vor den internationalen Gerichtshof juristische Rückendeckung. Das ist ein Skandal!

      Der Westen hat die Unterstützung des UN-Flüchtlingshilfswerks eingestellt, weil angeblich UN-Angestellte mit der Hamas zusammengearbeitet haben sollen. Das sind durchsichtige zionistische Lügen.

      Das Wichtigste für uns ist aber, daß das BSW Ceasefire now unterstützt, ultimatly!

      Für uns zählen Taten. Mitglieder des BSW sollten bei unseren Demos mitmarschieren. Das würde uns vor der deutschen Polizei schützen. Ihr findet uns in Berlin ganz leicht, wenn ihr nur wollt!

      Wären Mitglieder des BSW dazu bereit?

    2. „……Jahren durch eine völlig verfehlte Einwanderungspolitik islamistisch geprägte Parallelgesellschaften entstanden, in denen Recht und Gesetz nur noch eingeschränkt gelten, die Scharia gepredigt wird und Kinder im Hass auf die westliche Kultur aufwachsen“

      Zitat Europawahlprogramm BSW.

      Sowas bedient deutsche Stammtische. Führende Mitglieder des BSW haben sich am Rande dieses Parteitages für mehr Abschiebungen eingesetzt, wie die Ampel und die AfD!
      Allein Daniela Dahn hat in ihrer Gastrede vernünftige Dinge gesagt. Wollt ihr sie enttäuschen?

      1. ja nun, es ist leider wahr, daß nämlich islamistisch geprägte Parallelgesellschaften entstanden sind und dies nicht geduldet werden kann. Die ganze Diskussion krankt daran, daß in der aufgeheizten Stimmung kein klarer Kopf mehr möglich zu sein scheint und nicht nur solche Tatsachen weggeleugnet werden. Stammtische gibt es auch ohne das BWS, die existieren vorher und nachher.

        Ich war auf einigen Demos und ich kann nur bestätigen, daß die Polizei dort in einer Weise vorgegangen ist, die absolut unverhältnismäßig und mit nichts zu rechtfertigen war. Mir verschlägt es immer noch die Sprache, mit welcher Schikane, Anmaßung und massiver Bedrohung vorgegangen wurde, wie man Tatbestände zurechtgebogen hat, um das Strafrecht zum Einsatz bringen zu können um diese anschließend in der Presse (die sich im übrigen nirgends sehen ließ) verkünden zu können. Es war eindeutig darauf ausgerichtet, die Menschen, die dort zusammenkamen, massiv einzuschüchtern und zu kriminalisieren.
        hier der Bericht des Palästinakomitees Stuttgart, der absolut mit dem übereinstimmt, was ich vor Ort erlebt habe
        https://senderfreiespalaestina.de/pdfs/Bericht-zur-Demo-08.12.23.pdf

        Ich weiß im Moment nicht weiter, diese Repression ist tatsächlich jenseits dessen, was man von einem Rechtsstaates erwarten können sollte. Diese Repression ist ein Ausdruck einer Gesellschaft, in der seit mindestens drei Jahrzehnten eine gravierende Fehlentwicklung stattgefunden hat, die eben jetzt kulminiert.

        Da bricht sich jetzt eine derartige Wut in der Bevölkerung Bahn, auch über die Milliarden, die mal eben im Land und in der EU für Kriege locker gemacht werden und zur Verfügung stehen, während die Menschen keine Wohnungen finden, die Preise explodieren und die Politik, die das zu verantworten hat, sich wegduckt. Die Bedrohung, die man im potentiellen Wähler der AfD sieht, ist sicher teilweise berechtigt, aber sich ein weißes Mäntelchen zu basteln, indem man im Kampf gegen rechts zur Demo für eine Demokratie ruft, die man selbst nach Kräften ruiniert hat, das grenzt an Zynismus. Die eigentliche Bedrohung ist der Krieg derer, die sich daran seit Jahrzehnten fett gemacht haben, die Aufrüstung, die daraus logisch fehlende Befähigung zur Diplomatie, das Wegleugnen des Vasallentums gegenüber dem militärisch-industriellen Komplex der USA und seiner Profiteure, denen es hier wie dort vollkommen schnuppe ist, wie die Menschen leben, für deren Interessen sie vorgeben einzutreten, was offensichtlich unterlassen wird. Dies wird immer mehr durchschaut und die Kriegstreiberei aller Parteien und ihrer Roderiche wird gegen sie zurückschlagen.

        1. Danke für die Antwort, ich sehe jetzt klarer!

          Auch vom BSW ist NICHTS zu erwarten!

          Wie das BSW zu den konkreten Forderungen Cesefire etc steht, dazu kam nichts. Das ist auch eine Antwort.

          Wir werden zusammen mit anderen progressiven Deutschen unser eigenes Ding machen. Wir wissen jetzt, auch das BSW will uns nicht helfen. Danke für diese Klarstellungen!

          1. ich maße mir nicht an, für das BSW zu sprechen, das steht mir nicht zu.
            Ich spreche für mich und meinen kläglichenVersuch, die Verhältnisse zu verstehen und einzuordnen und verstehe auch den Druck, der sich aufbaut angesichts der Brutalität der Netahjahu-Regierung, des Zuspruchs von Blackrockern etc. und des Wegschauens der Öffentlichkeit ergibt. Da werden Tausende massakriert und zusammengebombt, dem Verhungern und Verdursten ausgesetzt, die mit dem Auslöser dieser Katastrophe soviel zu tun haben wie ich und du. Aber mich würde interessieren, welche progressiven Kräfte hier gemeint sind?

  7. Die internationale Solidaritätsbewegung für Palästina hat an die Weltöffentlichkeit klare Forderungen gestellt. Die Wichtigste ist, sofortiger Waffenstillstand, Ceasefire now!

    In der ganzen Welt wird diese Forderung unterstützt und noch mehr verlangt und getan. Die Niedelande dürfen durch Gerichtsbeschluss keine Kampfjets an Israel liefern. In vielen Ländern – z. B., in Australien – wird zum Boykott von Unternehmen aufgerufen, die Israel unterstützen. Es gibt eine Initiative von bekannten Künstlern Israel vom ESC auszuschließen. Greta Thunberg unterstützt uns und wird deshalb von ihren deutschen Anhängern scharf kritisiert. Auch in den USA ist die Solidaritätsbewegung mit Palästina groß, vor allen unter Anhängern der Demokraten. Das setzt Biden unter Druck. Er wird zu ein wenig Mäßigung gezwungen. Das kann Leben retten.

    Ganz anders sieht dies in Deutschland aus. Die deutsche Regierung fest an der Seite Israels. Als einzige Regierung der Welt unterstützt die deutsche Israel juristisch am internationalen Gerichtshof. Menschenverachtend waren gestern Äußerungen von CDU-Politikern, die offensichtlich Völkermord billigend in Kauf nehmen. Selbst hier im Forum gibt es verrückte Unterstützer der israelischen Politik des Genozids. Eine Berichterstattung über die internationale Solidarität für Palästina ist auch hier sehr sehr spärlich.

    Zur Ehrenrettung der Deutschen muß gesagt werden, es gibt hierzulande eine kleine, aber entschlossene Solidaritätsbewegung für Palästina. Jüdische, arabische und viele junge progressive deutsche Menschen arbeiten zusammen. Besonders ausgeprägt ist diese Solidarität in Berlin, hier besonders in Neuköln, wem wundert dies.

    Den große Teil selbst der deutschen Restlinken scheint aber Palästina egal zu sein. Zwar äußert man wortreich Verständnis, aber Taten fehlen. So könnten doch Angeordnete der Linkspartei oder des BSW unsere Demos vor Polizeiwillkür schützen, indem sie die Übergriffe dokumentieren und politisch zur Sprache bringen. Aber leider Fehlanzeige. Die Deutschen, denen es noch sehr gut geht, kümmern sich hauptsächlich um ihre eigenen Angelegenheiten. Widerspricht das nicht selbst den Werten der christlichen Nächstenliebe?

    Ich weiß, Deutschland leidet an einen unaufgearbeiteten Schuldkomplex. Die Nazis haben 6 Millionen Juden und andere politische Gegner umgebracht. Jetzt wollen sie diese Schuld tilgen indem sie Israel bedingungslos unterstützen. Ihr kennt sicher unsere Gegenargumentation.

    Ich will hier klarmachen, Deutschland steht weltweit mit dieser Haltung ganz alleine da, ist international völlig isoliert. Ist euch das bewußt? Glaubt ihr, ihr verhindert islamische Parallelengesellschaften, wenn ihr diese wortreiche Gleichgültigkeit zeigt? Was sollen wir in Neuköln tun, wenn ihr uns verachtet und ignoriert? Wir ziehen uns weiter von der deutschen Mehrheitsgesellschaft zurück. Aber in Neuköln gibt es sehr viele junge progressive Deutsche, die uns unterstützen. Sie retten das Ansehen dieses ansonsten in Gleichgültigkeit versinkenden Landes!

    Wie sieht es mit den Leuten hier aus?

    1. Ich weiß, Deutschland leidet an einen unaufgearbeiteten Schuldkomplex.

      Was man sehr gut während der Bombardierung Jugoslawiens 1999 sehen konnte und der bedingungslosen Unterstützung für ukrainische Faschisten inklusive Einsatz von deutschen Großkatzen-Panzern gegen die russiche Armee sehen kann, nicht wahr.

      Nein, Hussan, mit “Schuldkomplexen” hat das m.E. recht wenig zu tun Es ist vielmehr so, dass der israelische Ministerpräsident Olmert im Jahre 2007 warnte, dass Israel zu einem für alle sichtbaren Apartheidstaat werde, wenn man die Zwei-Staaten-Lösung nicht umsetze und dass dann die “westliche” Unterstützung für Israel versiegen könne.
      https://www.theguardian.com/world/2007/nov/30/israel

      Der erste Teil ist natürlich eingetreten. Gegen die von Olmert befürchteten Folgen, also die versiegende Unterstützung, hat man aber zwischenzeitlich mit verschiedensten Mitteln umso stärker vorgebaut. Man hat im EU-Raum ab 2017 Antisemitismusbeauftragte als quasi festangestellte Politkommissare geschaffen. (Die Amis haben sowas noch nicht, dafür aber neuerdings eine “US-Sonderbotschafterin für den Kampf gegen Antisemitismus”.) Man hat 2016 die 2005 geschaffene IHRA-Definition zum Antisemitismus EU-weit übernommen, die den Antisemitismus-Begriff deutlich aufweitet, um auch Antizionismus und Kritik an Israel zu beinhalten. Man hat in Deutschland plötzlich 2008 die bedingungslose Unterstützung Israels – also letztlich den bedingungslosen Zionismus! – zur Staatsräson erklärt. Man hat damit begonnen, die BDS-Bewegung handgreiflich zu verfolgen und die Propaganda insgesamt hochgefahren. Seit 2007 jagt ein “Antisemitismus-Skandal” den nächsten.

      Der “Schuldkomplex”, wie Sie ihn nennen und den es in diesem irrationalen Ausmaß vor 25 Jahren nicht gab, ist das Ergebnis erheblicher propagandistischer Anstrengungen in der jüngsten Zeit und das ideale Vehikel (bzw. Mittel zum Zweck), dieselbe Unterstützung für Israel zu organisieren, die in anderen westlichen Staaten ebenfalls organisiert werden muss, aber nur viel mühsamer hergestellt werden kann.

      1. P.S.
        Und man hat schon in den 1990-er Jahren, wenn ich mich recht erinnere, (aus propagandistischen Gründen?) den Antisemitismus aus dem übrigen Rassimus herausgehoben und davon getrennt. Also “Gegen Rassismus und Antisemitismus”, obwohl der Antisemitismus natürlich ein Rassismus ist.

  8. Es geht doch nicht um einen Frieden und ein Zusammenleben mit den arabischen Nachbarn. Es geht um den Anspruch der israelischen Faschisten, Entschuldigung, Zionisten, auf Groß Israel und die vermuteten Bodenschätze vor Gaza. Das alle paar Jahre eine “Säuberung” stattfinden muss ist eben der Preis den die arabische Bevölkerung zu tragen hat.
    Schon zu Anfang des Konfliktes habe ich auf das AT und die dortigen Grausamkeiten verwiesen und so wurde und wird so auch verfahren. Auf die Bibel kann man sich auch als säkularer Mensch berufen ( kann dem Mächtigen immer eine Hilfe sein) 🙂
    Vorschau bei Beginn des Konfliktes
    Plan A, die Bevölkerung in die Nachbarländer zu vertreiben und den Gaza neu zu besiedeln.
    Plan B, eine bis zwei Generationen “ruhig zu stellen” und somit freie Hand für die nächsten Jahre.
    Vorschau
    Bis bei diesem Massaker die westl. Diplomatie, sofern die überhaupt möchte, wirkt, sind klare Fakten geschaffen.

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