Ulrike Guérot betrachtet Sir Halford John Mackinders „Heartland-Theorie“ über den geografischen Drehpunkt der Geschichte aus einem neuen Blickwinkel und ordnet diese in das aktuelle Zeitgeschehen ein, inklusive der US-Wahlen.
1904 dürften im Wesentlichen ältere, distinguierte, gelehrte oder gar adelige Männer dem Vortrag von Sir Halford John Mackinders gelauscht haben. Ich glaube nicht, dass sich die ersten Suffragetten für Geografie und Geostrategie interessiert haben – geschweige denn, dass sie Einlass bekommen hätten. In dieser männlichen Atmosphäre entsteht also eine Theorie zur Weltherrschaft, die im Kern darin besteht, das Herzland des eurasischen Kontinents – also jene Gebiete, in denen sich Europa, Russland, Indien und China berühren, im Westen beginnend mit der Krim über die russischen Steppenlandschaften nördlich von Kasan (jener Stadt, in der vor wenigen Tagen, Mitte Oktober 2024, der BRICS-Gipfel stattgefunden hat), vom Schwarzen Meer bis kurz vor Sibirien und hinunter bis nach Afghanistan – zu okkupieren und dem allein russischen (damals noch dem zaristischen, dann dem sowjetischen) Zugriff zu entziehen.
Eine Seemacht – Großbritannien – plant durch Zugriff, Okkupation und die Zerteilung der riesigen eurasischen Landmasse ihre eigene, weltweite Vormachtstellung, aufbauend auf der Theorie, dass diese ressourcenreiche Landmasse am weitesten von Küsten entfernt ist und sich deswegen unangefochten von »Seemächten« eine Weltherrschaft, eine »natürliche geografische Festung« (sic!), entwickeln könne, was verhindert werden müsse. »Viel spricht (…) dafür, dass die dem ›Herzland‹ zugeschriebene Rolle als Macht- Multiplikator lediglich ein Mythos ist, eine akademische Kopfgeburt, die einmal in die Welt gesetzt ein sonderbares Eigenleben führt, ohne wirklich jemals bewiesen worden zu sein.« Man könnte auch von Männerphantasien sprechen.
Der Unterleib der Europa
Geostrategie ist ganz sicher eine männliche Leidenschaft. Als Frau, die jahrelang auf transatlantischen, internationalen Konferenzen gesessen und diskutiert hat und Mitglied im Verein »Women in International Security« gewesen ist, erlaube ich mir, das zu sagen. Übersehen werden in den oft erhitzten Diskussionen die weichen Faktoren, die für eine »Eroberung« notwendig sind: Landeskenntnisse, Traditionen, Ortskenntnis, z.B. von Partisanen oder Milizen, das Klima, der Geist der Gesetze nach Montesquieu … Die klügste geostrategische Theorie und die best-bewaffnete Armee kommen auf Dauer dagegen nicht an: Trotz milliardenschwerer militärischer und politischer Intervention sind es diese Dinge, die die USA bzw. den Westen nach zwanzig Jahren »Einmarsch« in Afghanistan haben scheitern lassen, obgleich die Mudjahedin barfuß laufen, nur Kalaschnikows haben und die von den USA gelieferten Stinger-Waffensysteme nicht bedienen können. Die Bilder vom überstürzten Abzug aus Kabul im August 2021 dürften einigen in Erinnerung sein.
Men are from mars, women are from venus, dieses Buch von John Gray von 1992 kennen sicherlich viele Leser. Wenn man einmal Atem holt und sich die Kernelemente der Mackinder-Theorie plastisch vorstellt, diese Rede in diesem Raum imaginiert, Halford Mackinder, ernst blickend und mit kleinem Schnauzbart, der in seinem Manuskript blättert, sich vielleicht räuspert und gewichtig tut, angesichts einer aberwitzigen Theorie, die vorzutragen er sich anschickt, dann kann man sich eigentlich nur an den Kopf fassen. Jedenfalls als Frau. Auf den ganzen rund dreißig Seiten ist von Menschen, Städten, Dörfern, Leben, Karawanen, Mentalitäten, Identität, Kultur, Wirtschaften oder Agrikultur nicht die Rede. Es geht nur um Gebirgsketten, Flüsse, geografische Grenzen, Steppengebiete, Besiedelungsdichte, Mobilität und darum, welches Volk (»der Magyar« oder »der Bulgare«) gerade welche Landstriche durchreitet und besetzt. Die Geografie wird zum absoluten Prinzip erhoben. […]
Europa ist dem Mythos nach eine phönizische Prinzessin, die, auf Zeus reitend, dem heutigen Kontinent ihren Namen gibt und deswegen auch – jedenfalls auf allen alten Karten – als Frau abgebildet ist. Die älteste Karte Europas von 1534, erst kürzlich im niederösterreichischen Retz gefunden, zeigt sie als eine majestätische Königin. Spanien ist der Kopf, auf dem die Krone sitzt. Ihr Körper bzw. ihr Kleid erstreckt sich im Westen über die ganze europäische Halbinsel des eurasischen Kontinents, und ihre Füße stehen fest auf russischem Boden. Der eurasische Osten ist gleichsam der Sockel, auf dem die Europa steht, die Landmasse, mit der sie fest verbunden ist. Jenes eurasische Heartland, auf das Mackinder sein Auge wirft und das im Westen ungefähr mit Lemberg, also der Westukraine beginnt, ist aus europäischer Sicht eben nicht das Herz. Es ist der Unterleib der Europa, erotisch überhöht könnte man fast sagen, ihre Vagina. Mackinders Theorie, bildlich (oder feministisch) gesprochen, vergewaltigt die Europa und will in den Raum eindringen, der Leben spendet. Mich persönlich wundert es nicht, dass sich nur ein Mann so etwas ausdenken kann. […]
The Grand Chessboard
Dass Mackinder sich derartiges im London von 1904 erdenkt, vielleicht in dem Ansinnen, eine britische Strategie mit Blick auf Eurasien zu entwerfen, die Großbritannien auch bei Nebel im europäischen Bewusstsein hält, um vom Kontinent nicht vergessen zu werden, mag man mit der Randständigkeit der Insel erklären. Immerhin war Großbritannien 1904 trotz Insellage noch einer der führenden geopolitischen Akteure in Europa. Könnte man eine solche Theorie also mit dem Heischen nach Aufmerksamkeit erklären von jemanden, der aufgrund der Insellage beim kontinentalen Geschehen nicht dabei ist? Eine Reaktion auf Kränkung oder mangelnde Aufmerksamkeit sozusagen, denn dass britische Schiffe ernsthaft über See ins eurasische Kernland z.B. zur Eroberung von Odessa vordringen würden, war in der Realität schwer vorstellbar – und ist während des Krimkriegs 1853 auch gescheitert.
Schwieriger bzw. gefährlicher wurde es, nachdem die Mackinders-Theorie im Zuge des Ersten und Zweiten Weltkriegs von London als angelsächsisches Gedankengut nach Washington gewandert war und nach dem Zweiten Weltkrieg die einst imperialen Träume der Briten an die USA übergeben wurden. Seither wurde die Theorie von den USA immer wieder zur geostrategischen Grundlage für die transatlantischen Beziehungen gemacht – vom legendären und aus heutiger Sicht vielleicht einzigem umsichtigen, klugen und gemäßigten außenpolitischen Berater George Kennan, der in seinen letzten Veröffentlichungen aus den 1990er Jahren sehr sorgenvoll auf die Mackinder-Theorie blickte und vor ihrer Realisierung warnte, bis heute.
Zu einer ersten Modernisierung der Theorie kam es in den 1940er Jahren durch Nicholas John Spykman, indem dieser anders auf die Bedeutung der Küstenregionen und die Küstenverläufe in Eurasien blickte und damit den eigentlichen Fokus der Theorie von der eurasischen Landmasse, dem Herzland, etwas wegverlagerte. Wirklichen Auftrieb und gleichsam ein neues Gewandt erhielt die für das heutige Europa so gefährliche geostrategische Theorie dann aber erst in dem legendären Buch von Sicherheitsberater Zbiegniew Brzeziński aus den 1990er Jahren. So hebt Brzeziński in seinem legendären Buch The Grand Chessboard von 1997 hervor, dass sich die gesamte bisherige Weltgeschichte bisher in Eurasien abgespielt habe und lediglich die USA das erste nicht eurasische Imperium seien. Zudem verweist Brzezinski auf die Tatsache, dass zwei der drei führenden wirtschaftlichen Zentren der Welt in Eurasien beheimatet seien, nämlich Europa und Südostasien und betont den Rohstoff- und Bevölkerungsreichtum Eurasiens. »Nahezu 75 Prozent der Weltbevölkerung leben in Eurasien, und in seinem Boden wie auch Unternehmen steckt der größte Teil des materiellen Reichtums der Welt. Eurasien stellt 60 Prozent des globalen Bruttosozialprodukts und ungefähr drei Viertel der weltweit bekannten Energievorkommen. Eurasien beherbergt auch die meisten der politisch maßgeblichen und dynamischen Staaten. Die nach den USA sechs größten Wirtschaftsnationen mit den höchsten Rüstungsausgaben liegen in Europa und Asien. Mit einer Ausnahme sind sämtliche Atommächte und alle Staaten, die über heimliche Nuklearwaffenpotentiale verfügen, in Eurasien zu Hause. Die beiden bevölkerungsreichsten Anwärter auf regionale Vormachtstellung und weltweiten Einfluss sind in Eurasien ansässig. Amerikas potentielle Herausforderer auf politischem und/oder wirtschaftlichem Gebiet sind ausnahmslos eurasische Staaten. Als Ganzes genommen stellt das Machtpotential dieses Kontinents das der USA weit in den Schatten. Zum Glück für Amerika ist Eurasien zu groß, um eine politische Einheit zu bilden.«
Die Schlacht um das Herzland
Das Buch ist ansonsten durchgehend in einem pejorativen Duktus geschrieben, der eine Art amerikanischen Neidreflex suggeriert, ganz so, als hätten die Staaten Eurasiens, die im eurasischen Herzland beheimatet sind, kein Recht auf ihren Rohstoff-Reichtum, ihre jahrtausendelange Geschichte und Kultur. Der herablassende Ton Brzezińskis ist gekennzeichnet von einer systematischen Degradierung Russlands, etwa, in dem das sowjetische Erbe mit dem Dritten Reich gleichsetzt wird, ebenso wie zuvor Mackinder Eurasien bzw. Zentralasien kulturell entwertet hat, indem er Russland den Mongolen gleichstellt, auf die (teilweise noch) nomadischen Strukturen rekurriert und das zentralasiatische Russland stets orientalisiert, sodass die große russische Kultur von Dostojewski über Tolstoi bis hin zum Bolschoi-Theater nicht als zutiefst verbunden mit der europäischen Kultur erscheint. Russland ist Hinterland, hinterwäldlerisch, zurückgeblieben, und es erscheint bei Mackinder wie bei Brzeziński fast natürlich, dass man auf russische Gebiete und Ressourcen Anspruch erheben darf bzw. die USA auf dem »eurasischen Schachbrett« mitspielen dürfen. Russland ist kein Partner, sondern offensichtlich Verfügungsmasse für die USA. In diesem Punkt treffen sich Mackinder aus London und Brzeziński aus den USA.
Betrachten wir noch jetzt noch einmal den letzten Satz des längeren Zitates oben »Zum Glück für Amerika ist Eurasien zu groß, um eine politische Einheit zu bilden« und fragen, wie die von Brzeziński geschulten Geostrategen der USA vor diesem Hintergrund auf die im Jahr 2009 gegründete Formation der BRICS-Staaten schauen. Denn das ermöglicht, einen großen Bogen von Mackinder über Brzeziński bis zum heutigen Krieg in der Ukraine zu ziehen. Brzeziński, dessen Buch gleichsam die Bibel der amerikanischen Neocons wurde, hat damit die theoretische Grundlage für die trotz gegenläufiger Zusagen seit 1994 ständig betriebene Ausdehnung der NATO nach Osten betrieben und diese Strategie als Hauptpfeiler der US-amerikanischen Strategie in Europa eingepflockt.
Diese NATO-Osterweiterung, die seit dem Bukarester NATO-Gipfel von 2008 die Eingliederung der Ukraine zum Ziel hat, kann als einer der Hauptgründe für den »völkerrechtswidrigen Angriffskrieg« gewertet werden, den Russland am 24. Februar 2022 begonnen hat. In russischen Stellungnahmen und Reden von Putin wird immer wieder hervorgehoben, dass die Neutralität der Ukraine und eine föderale Struktur des Landes, so wie in den Abkommen Minsk I und II (die vom Westen, also Frankreich und Deutschland, unterwandert wurden) vereinbart, zentrale Kriegsgründe gewesen sind. Indem das ukrainische Parlament am 7. Februar 2019 mit einer Mehrheit von 334 der 450 Abgeordneten in der Verfassung eine »strategische Orientierung der Ukraine zum vollständigen Beitritt zur EU und der NATO« verankerte und mithin jede Rücksichtnahme auf die sicherheitspolitischen Interessen Russlands missachtet wurden, kam es zu dem, was Russland »militärische Spezialoperation« nennt und andere als »defensive Invasion« bezeichnen: die Schlacht um das Herzland hatte begonnen, ganz so, als hätte Brzeziński ein Skript dafür geschrieben.
Im Grunde genommen ist es das gute alte Akakianische Schisma und ein Europäischer Dauerstreit wer Eurasien beherrschen muss. Also kein Streit zwischen Asien oder Europa ansich, sondern ein Europäischer Elitenkrieg um das Sendungsbewusstsein.
Ideologisch gibt es diese Traditionsverbindung ziemlich offensichtlich, aber “Sendungsbewußtsein”? Es ging doch banal um Rechtshoheit auf dem Territorium des zerfallenen römischen Reiches? Sag ich mal, ohne mich je mit Details und genauem Verlauf befasst zu haben.
Deus lo Vult
https://de.m.wikipedia.org/wiki/Manifest_Destiny
https://de.m.wikipedia.org/wiki/Sendungsbewusstsein
Nur ein kleiner Regional Konflikt?
https://de.m.wikipedia.org/wiki/Drei%C3%9Figj%C3%A4hriger_Krieg
Okay, aber ist es nicht ein arg abstrakter Bogen, den Du da historisch schlägst?
Unbenommen freilich, die elitären Traditionen strotzen vor Purzelbäumen …
“Als Sendungsbewusstsein bezeichnet man die Überzeugung einer Person oder Gruppierung, die im eigenen Kreis angestrebten Wertvorstellungen, Lehren oder politisch-soziale Ordnungen auf andere auszudehnen und verbindlich zu machen. Diese können von Einzelnen, einer religiösen oder weltanschaulichen Gemeinschaft, einem Volk oder einem politischen Verband, beispielsweise einer Partei, getragen werden.”
Die Kirchenspaltung ist evtl. ein Hinweis, dass schon Europa bis zum Ural von so viel Kleinteiligkeit belastet ist, dass es nicht als Eins bestehen kann.
Die Zeit ist vorbei, in der ein großer König oder Kaiser in Europa so viel Eroberungs- und dann Identifikationsattraktion wie einst im russischen Kaiserreich aufbringen könnte, um nur für den Europateil ohne Russland ein Einheitsgefühl zu schaffen.
In Amerika ist die teilweise Großteiligkeit nur gelungen, weil die mit Schusswaffen alle Zuwanderer waren, die zuerst die Aufteilung in Mittel- und Südamerika zwischen Portugal und Spanien vornahmen und dann die in Nordamerika zwischen England und Frankreich ausschossen. Danach jagte man noch die Mexikaner nach Süden.
Auch die EU hat sich inzwischen so viele Nationalegoisten dazu geholt, dass alleine jene, die schon seit Langem national beschädigt sind, weil sie mal zu Polen und mal zu Russland gehörten, was zu einem so stark vernarbten und verknorpelten Selbstgefühl führte, dass die Feindschaft gegen Russland, dem von allen seit langem beneideten Größten, die ganze EU wirtschaftlich nach unten zieht. Womit jeder weiteren wertvollen Erweiterung das materielle Fundament entzogen wird.
Die durch Weltkrieg geerdeten Politiker sind ausgeschieden, jetzt sind überall wieder Heißsporne in Wartestellung, die darauf fiebern, ihre Omnipotenz in der Realität zu beweisen.
Dem großwirtschaftliche Niedergang in Deutschland wird schnell der der Zulieferer in Polen und Tschechien folgen. Rumänien und Bulgarien waren noch gar nicht nennenswert angegliedert. Georgien hat mit dem Agentengesetz schon vor Monaten offiziell Abstand zum abwärts ziehenden EU-Strudel gesucht.
“… die weichen Faktoren, die für eine »Eroberung« notwendig sind: Landeskenntnisse, Traditionen, Ortskenntnis, z.B. von Partisanen oder Milizen, das Klima, der Geist der Gesetze nach Montesquieu … Die klügste geostrategische Theorie und die best-bewaffnete Armee kommen auf Dauer dagegen nicht an …”
Was die Autorin hier vorstellt, das gehört alles mehr oder weniger zum ideologischen Überbau. Was im Falle von Afghanistan aber vollkommen unberücksichtigt blieb: Das Land auf eine wirtschaftliche Grundlage zu stellen. Denn im Wesentlichen wurde das zur “Demokratie” getriebene Afghanistan mit seiner neuen politischen Elite ja vom Westen finanziert. Und als diese Finanzierung ausblieb, war es nur folgerichtig, dass das darauf aufgebaute politische System zusammenbrechen musste. Die wirtschaftliche Macht im Land war ja weiterhin an die alten traditionelle Eliten mit ihrer islamischen Kultur gebunden, worauf die Taliban aufbauten. Der Taliban-Staat entspricht der Ökonomie des Landes, die westliche “Demokratie” dagegen nicht. Bürgerliche Demokratie setzt ein reiches oder zumindest wohlhabendes Bürgertum voraus.
“Was die Autorin hier vorstellt, das gehört alles mehr oder weniger zum ideologischen Überbau.”
Stimmt, aber wenn du imstande wärst, die Bauherren-Metapher vom “Überbau” aufzugeben, erübrigte sich das an dieser Stelle weaselige “mehr oder weniger”. Es handelt sich um ein ideologisches Traktat, Punkt.
“Die wirtschaftliche Macht im Land war ja weiterhin an die alten traditionelle Eliten mit ihrer islamischen Kultur gebunden (sic!), worauf die Taliban aufbauten (sic!).”
In dem Satz wird die Widersprüchlichkeit der Überbau-Metapher geradezu handgreiflich, die Schlange, die der Satz konstruiert, frisst ihren Schwanz.
Richtig ist: Die Taliban (im Wesentlichen ist das wohl immer noch der tribale Verband der Paschtunen) rekonstruieren die patriarchale Macht der traditionellen Eigentümergesellschaft, welche die Interventionsmächte für ihre Zwecke mit vielen Dollares, und gestützt auf mafiöse Terrorbanden, zeitweise umfunktioniert, aber im Kern unverändert gelassen hatten.
“Bürgerliche Demokratie setzt ein reiches oder zumindest wohlhabendes Bürgertum voraus.”
Nö. Vielmehr ein gezähmtes Proletariat. Begrifflich ist der Satz falsch, obwohl er wahrscheinlich eine phänomenologisch korrekte Beschreibung ist – ein gezähmtes Proletariat hat wohl überall historisch ein vergleichsweise wohlhabendes Bürgertum zur Gestehungsgrundlage gehabt.
“Es handelt sich um ein ideologisches Traktat, Punkt.”
Ich habe deine Behauptung vernommen, nur es fehlt der Beweis, an dessen Stelle folgt “Punkt”, was erfahrungsgemäß auf eine dogmatische Einstellung des Äußernden schließen lässt. Eine weitere Gegen-Rede erübrigt sich somit.
👍👍👍
Ich bin der Meinung, daß es genau umgekehrt ist: erst die absolute Knechtung (nicht Zähmung!) und relative Verarmung des Proletariats macht die Anhäufung von Reichtum beim Bürgertum und letztendlich die Konzentration von Eigentum bei den Milliardären möglich.
Die Umkehrung der Opferrolle und von Ursache und Wirkung ist sehr wichtig für erfolgreiche ideologische Verwirrung des linken Lagers, s. auch “trickle down theory”.
Muß ein grauenhaftes Buch zum Herzland Europa aus der Merkwelt des 19. Jhdrts. sein, das hier vorgestellt wird. Und an das soll der US-Stratege Br. anschließen … geht`s noch grusliger?
Ja, geht noch gruseliger. Der Sch….. ist wohl immer noch die Bibel der US-Neocons im US-Aussenministerium und im tiefen Staat der USA.
Absolut zutreffend und richtig.
Ja, geht noch gruseliger. Der Sch….. ist die Bibel der US-Neocons im US-Aussenministerium und im tiefen Staat der USA.
Sorry. War eine Anwort auf JuL; hatte mich verclickt….
Man sollte sich im Klaren darüber sein, dass der westliche Wohlstand (und Demokratie) auf Raub, Eroberung und Ausbeutung von Mensch und Natur (inklusive Sklaverei) beruht. Es waren die atlantischen Rand-Staaten Europas, die hierbei besondere Erfolge verbuchen konnten: Angefangen mit Portugiesen, Spaniern, Holländer und Briten. Die USA haben dann die Nachfolge des britischen Empires angetreten, mit einigen Modifikationen natürlich, insbesondere indem sie sich noch mehr als die Briten auf ihre ökonomische Macht stützten und darauf ihre Ideologie von “Demokratie” bauten.
Und natürlich ist auch Brzeziński vom Exzeptionalismus der USA besessen. Ähnlich wie auch die deutschen Nazis von ihrer Überlegenheit besessen waren. Aber Hochmut wird halt ausnahmslos immer von der Realität zu Fall gebracht – auch wenn es manchmal etwa länger dauert.
“Man sollte sich im Klaren darüber sein, dass der westliche Wohlstand auf Raub, Eroberung und Ausbeutung von Mensch und Natur (inklusive Sklaverei) beruht.”
Auch das ist wieder “das Falsche im Richtigen”, sozusagen. Die Macht des Adels, des Bürgertums und der militärischen Eliten im Spätfeudalismus / Kolonialismus – und das schließt Russland und die Donaumonarchie ein – beruhte auf den Einkünften der Handelskapitale und der Wirkung ihrer Distributionstätigkeit auf die Produktionsweise. Das galt für China und den indischen Subkontinent vor der kolonialen Unterwerfung / Eingemeindung gewiß nicht weniger, obwohl ich sagen muß, daß ich mich da kaum auskenne.
Natürlich schließt das Raub, Eroberung, nackte Sklaverei methodisch ein, aber die ökonomische Grundlage war allgemein die Herrschaft der Städte über das Land und die Ausbeutung durch feodales Grundeigentum und Junkerherrschaft.
“die ökonomische Grundlage war allgemein die Herrschaft der Städte über das Land und die Ausbeutung durch feodales Grundeigentum und Junkerherrschaft.”
Die Ausweitung der europäischen Herrschaft über den Atlantik und darüber hinaus über die Weltmeere hat die ökomische Grundlage Europas auf eine ganz neue Stufe gestellt.
“Die Ausweitung der europäischen Herrschaft über den Atlantik und darüber hinaus über die Weltmeere hat die ökomische Grundlage Europas auf eine ganz neue Stufe gestellt.”
Papperlapapp. Die “neue Stufe” in der politischen Ökonomie der Kolonialherrschaften ist das gewesen, was Marx unter dem Namen “ursprüngliche Akkumulation” ausführlich vor- und dargestellt hat, das ist die beschleunigte Ausweitung von Manufaktur- und Industriearbeit gewesen. Diese Beschleunigung hatte das Produkt kolonialen Raubes und kolonialer Ausbeutung zum potenten Hilfsmittel, doch der Vorgang selbst war intern: Eine Revolutionierung der Eigentumsverhältnisse auf der Basis einer Vertreibung der Landbevölkerung von ihren angestammten Besitztümern, und folglich aus ihrer Stellung in der Reproduktion der Herrschaftsverhältnisse.
Was ich hier und weiter oben zu “Garno” schreibe, mag vielen als notorische Besserwisserei erscheinen. Tatsächlich ist es eine Art von “Sucht”, beruhend auf Unwillen und Entsetzen angesichts der Umwidmung (und darüber Verballhornung) von Resultaten der Kritik der politischen Ökonomie im Dienste der dumpfen Parteinahme und Rechtfertigung in einem vermeintlichen Krieg depravierter Nationen “des Südens und Ostens” gegen “den Westen”.
Damit beende ich diesen Windmühlenkampf auch. Schmort nur weiter in euren verhimmelten seelischen Höllen, was kümmert’s mich.
“…obwohl ich sagen muß, daß ich mich da kaum auskenne.”
Ganz genau.
Deswegen sollten Sie sich auch nur dann zu etwas äußern, wenn Sie sich zumindest halbwegs auskennen.
Wie ist das denn mit Skandinavien? Ebenso Österreich und die Schweiz, die beide auch wohlhabend waren. Im Übrigen waren die Eroberungen von Spanien, Portugal und den Niederlanden vor allem dem Gewürzmonopol der muslimischen Länder auf dem Landweg zu den Gewürzinseln geschuldet. nach der Entdeckung des Seewegs in den indischen Ozeans war damit Schluß.
Die Staaten im Hinterland profitierten indirekt vom Reichtum der atlantischen Küstenländer. Die Norweger profitierten da sie von den reichen Portugiesen gute Preise für ihren Stockfisch bekamen. Die Europäer insgesamt profitierten von den billigen Waren, die in Amerika (Brasilien, Karibik, USA) durch Sklavenarbeit hergestellt wurden (wie etwa Zucker und Baumwolle).
Am profitabelsten war allerdings der Dreieckshandel über den Atlantik: Billige Industriegüter (wie Glasperlen) von Europa nach Afrika, Sklaven von Afrika nach Amerika, preiswerte (da von Sklaven produzierte) Güter von Amerika nach Europa. Durch diesen Handel sammelte sich in England ein enormer Reichtum an Kapital an, der entscheidend zur Industrialisierung beitrug und den modernen Kapitalismus entstehen ließ
Eigentlich sind das gut belegte Geschichten, die kann man sogar auf Wikipedia lesen; aber wer tut das schon….
Die müssen aus den Mainstream-Medien rausgehalten werden, denn die würden “die Bevölkerung verunsichern”.
Leute, die sie dort zu plazieren versuchen, werden diffamiert, ausgegrenzt und ökonomisch geschädigt oder sogar ruiniert. Was auch Frau Guerot erfahren “durfte”.
Geschichte wird nun mal von den Siegern geschrieben, bzw:
“Wer die Gegenwart beherrscht, beherrscht die Geschichte. Wer die Geschichte beherrscht, beherrscht die Zukunft”.
Ist etwas off topic, aber so etwas kann man gerade auf Telepolis “bewundern”:
https://telepolis.de/-10190173
Das Erbe von Herrn Roetzer wird da wohl gerade getilgt bzw. “zukunftsfähig” gemacht.
ich denke viele haben das neue Tucker Carlson Interview mit Lavrov gestern Nacht wahrscheinlich schon gesehen, aber ich stell den Link hier noch mal ein.
https://youtu.be/T6BpFdX_ymM
Man merkt das Tucker Carlson dieses mal besser vorbereitet in das Interview gegangen ist. Das letzte Interview mit Putin war ja nicht gerade der Hit und Putin hat hinterher gesagt das Tucker Carlson ruhig ein wenig härtere Fragen hätte stellen können und hat sich praktisch dort nur gelangweilt.
Dieses Interview ist viel besser finde ich.
Ach ja BTW wenn sie hübsch intelligent und ledig sind und sich schon immer nach dem Osten gesehnt haben, dann Bewerben Sie sich Bitte für “Germany sucht die neue Katharina die Große” 🙂
“Geostrategie ist ganz sicher eine männliche Leidenschaft.”
Während Frauen eher dem Stockholm Syndrom unterliegen und dann emotionale Entscheidungen treffen, scheint mir. Der Selensky ist doch so ein netter.
😉
Und wo ist jetzt das Beef? Was lernt uns das?
Wäre nicht W.I. Lenin interessanter gewesen? Für ihn sind Leute wie Mackinder und Brzezinski Figuren, die zwangsläufig im kapitalistischen System auftauchen müssen. Die Profitrate ist am Sinken und ein Zugewinn an diesen Gebieten würde sie wieder heben. Scheint es zumindest. Auf lange Sicht geht der Imperialismus in Fäulnis über, so Lenin.
Als Anti-Imperialist konnte man wenigstens noch beherzt draufhauen, solang das alles Männer waren. Aber auch da mischen jetzt diese Frauen mit. Wenigstens das könnten sie doch den Männern lassen. Und die Geschützreichweite, die Kilotonnenkilometer, und die Kohlevorkommen. Ist doch Männersache.
Muss das sein?
Weder Elisabeth von England (also die erste) noch Kaiserin Maria-Theresia, noch Zarin Katharina habrn wirklich andere Politik gemacht als ihre männlichen Kollegen. Es ist schlicht egal welches Geschlecht die Herrscher haben.
Dass heute noch, nach 120 Jahren eine derartige Theorie so viel Bedeutung hat, zeigt u.a. die langfristige Strategie der herrschenden Eliten in den westlichen kapitalistischen Staaten. Dass der Kampf um das Herzland ausgebrochen ist, ist – wenn man es genau nimmt – unterschwellig schon vorher passiert. Mit dem vom Westen unterstützten Bürgerkrieg in Russland, mit dem Überfall Hitlerdeutschlands auf die Sowjetunion waren schon derartige Bestrebungen sichtbar, sich des Herzlandes zu bemächtigen. Dass die Bestrebungen damals scheiterten, ist möglicherweise eine der Glücksfälle der Geschichte. Ich wage mich nicht so sehr aus dem Fenster, wenn ich sage, dass der Sieg der Sowjetunion den Zerfall der Kolonialreiche beschleunigt hat. Wenn damals, 1922, die Westalliierten mit ihren russischen Verbündeten gewonnen hätten, wären heute noch weite Teile der Welt unter kolonialer Knute. Im Gegenteil, das Weltkolonialsystem wäre stärker und gefestigter denn je. Mit all den unmenschlichen Folgen: Hunger, Armut, Ausbeutung. Und all das in weit größerem Maße, als es heute der Fall ist. Man kann sich kaum in die Situation von z.B. Indern versetzen, die Anfang des 20. Jahrhunderts den Kampf gegen das britische Imperium aufnahmen. Zig brutalste Massaker der Besatzungsmacht und ihrer Schergen, Teile-und-Herrsche-Politik im ganzen Land, was nach dem Zerfall des Britischen Empires zu brutalen Spätfolgen in den unabhängig gewordenen Staaten (Indien, in Afrika, Sri Lanka …) geführt hat und deren Entwicklung nachträglich sehr verhindert hat.
Diese Strategie ist eine der übelsten Strategien, die es in der menschlichen Geschichte gegeben hat. Da sind römische Imperialstrategien ein Waisenknabe gegen. Selbst assyrische Gewaltorgien können sich kaum ddamit messen. Für mich sind solche Menschen wie Mackinder, Churchill, Brzesinski, Friedmann und Co., aber noch in größerem Maße die wirklichen Herrscher im Hintergrund die wirklichen Menschheitsverbrecher.
Politologen und Geisteswissenschaftler überhaupt sind Schwätzer.
Was Schwätzer von sich geben, das ist belanglos. Was Politologen und Geisteswissenschaftler von sich geben ist dagegen keineswegs belanglos, sondern dient in der Regel der Herrschaftssicherung.
Das wichtigste an Mackinders Theorie ist, dass sie sich um die Produktion dreht (Merkantilismus): Diejenigen im (teils industrialisierten, stark bevölkerten) “rimland”, die über die massiven Ressourcen des (kaum industrialisierten, wenig bevölkerten) “heartland” verfügen, können dank effizienterer und insbesondere auch günstigerer Produktion über grosse Teile der Welt herrschen (Handelskriege etc). Für die Briten als Seemacht war das besondes wichtig, denn sollte es einem Kontrahenten gelingen die Insel von Ressourcen abzuschneiden (Napoleon zb hatte es versucht), dann war es das mit Weltmacht und industrieller Revolution.
Die Amis dagegen sind dafür bekannt nicht besonders gebildet zu sein. “The grand chessboard” war/ist als Strategie zwar für die USA durchaus genauso zutreffend wie auf die Briten (beides “Inseln” und besonders die USA weit vom grösseren Teil der Landmassen entfernt).
Die Krux ist, dass die Faschisten (Neocons, die Obama/H. Clinton-Clique etc), die das ganze umsetzen sollten aber praktisch nichts verstanden haben: Die Produktion wurde, aufgrund der Gier der herrschenden Oligarchie, ausgelagert. Statt Opium herstellen zu lassen und Länder wie China mit Krieg zu zwingen es zu kaufen, wurden in China Fabriken hingestellt die Opiumprodukte günstig fabrizieren mit denen sich in den USA via korrupter Ärzte der Reibach machen lässt.
Und so verfolgen die USA gar nicht Mackinders Strategie. Es ging nie um das sichern von Rohstoffen und Absatzmärkten, sondern seit dem die Filletierung Russlands von Putin und Co verhindert wurde, bloss darum zu verhindern das Rimländer (China oder aber auch DE) sich mit der Weltinsel integrieren und an den USA vorbei Handel betreiben. Einzige Ausnahme das Erdöl, aber dies auch nur wegen dem Petrodollar. Sie versuchen gar nicht mehr das Spiel zu gewinnen sondern treten nur noch den Rasen kaputt. Und da sie gescheitert sind, die russisch-chinesische Allianz wäre Mackinders Alptraum gewesen, treten sie immer wilder auf den Rasen ein.
Ukraine ist in dem Spiel bloss ein Bauernopfer. Man wollte Russland doch noch auf die Knie zwingen oder zumindest dermassen Schaden zufügen (siehe RAND, “Overextending and Unbalancing Russia”) dass es keine eigenständige Politik mehr machen kann (wie zb DE). Danach das aufstrebende China niederknüppeln und fertig wäre das “Project for a New American Century”: Eine Welt, in der kaum bezahlte “Untermenschen” mit geraubten Ressourcen billigen Tand herstellen, den man der eigenen Bevölkerung für maximalen Profit andrehen kann.
PS: Die Taliban sind keine Mujaheddin, sie entstanden als Gegenpol zu den kriminellen Warlords (von denen dann viele in der US gestützten Regierung sassen) und den Söldnern.
@ Prime Evil
Die Taliban waren ein Produkt der saudischen Wahabiten, vermutlich der CIA und des beauftragten pakistanischen Geheimdienstes. Rekrutiert, teilweise durch Erpressung zwangsrekrutiert, in den Flüchtlingslagern in Pakistan. Meines Wissens leben in den (vor allem fünf nördlichen) Provinzen Pakistans mehr Paschtunen/Pathanen als in Afghanistan. Ein Schelm, wer dabei Böses in Bezug auf die Ausbildung und der Staatsangehörigkeit mancher Taliban denken sollte. Selbst die sogenannten Mudschadehin waren mit ziemlicher Sicherheit vom Westen und den Erdölstaaten finanzierte Söldner, die der Öffentlichkeit und Westpresse als Freiheits- und Glaubenskämpfer verkauft wurden. Befehligt von ihren korrupten, streitsüchtigen, mörderischen Feudalfürsten. Bekannte Namen sind Dostam, Hektmatjar, Massud usw. Manche USler schwadronierten ja davon, der Sowjetunion ein Vietnam zu bereiten um die Finanzierung zu rechtfertigen. Irgendwie immer noch eine weitere völkermörderische Fortsetzung von Kiplings Great Game. Womit auch ein Bogen zu den Phantastereien Mackinders geschlagen wäre.
Nein eben nicht. Die Mujaheddin sind das Produkt der CIA/Wahabiten. Die Taliban sind die afghanische (und pakistanische) Antwort auf das Unwesen, das die von dir erwähnten Warlords nach dem Abzug der UdSSR trieben.
Der Gründungsmythos der Taliban ist explizit, dass Mullah Omar Gleichgesinnte um sich scharte und dann auszog, um dem “unislamischen” treiben der marodierenden Söldner Einhalt zu gebieten. Ist ein Mythos, ja, aber wer sich wie die Taliban selbst auflösen und später wiederkehren kann, ist definitiv in der Bevölkerung verankert.
@Prime Evil
Passt schon.
Im Grossen und Ganzen sind wir uns ja einig. Gelackmeiert dürfte in jedem Fall die Zivilbevölkerung gewesen sein, sofern sie nicht in irgendeiner Form finanziell partizipierten. Da kommt es mir nicht so sehr auf die Details an. Guter Punkt übrigens mit dem einäugigen, Ex-Mujaheddin Mullah Omar als Symbolfigur gegen die Willkür der Feudalfürsten. Passt prima als afghanischer Robin-Hood-Mythos.
Zum Wort “Beweis”: Nur in der Mathematik und der theoretischen Informatik hat das Wort eine präzise Bedeutung, so dass natürlich die Herzland-Theorie nicht wirklich bewiesen werden kann. Allerdings zu der Zeit, als es noch keine Flugzeuge gab, sollte es klar sein, dass die Länge der Grenzlinien im Vergleich zur Fläche durchaus beim Herzland (welche es zu verteidigen gilt/galt) dann doch eher geringer sind als bei sich weit erstreckenden Inselreichen… Mit Flugzeugen, Fallschirmspringer, Drohnen etc. sieht die Lage zwar inzwischen etwas anders aus, aber Zerstörung von Infrastruktur (und Verteidigungsanlagen) ist dann trotzdem nicht gleich Eroberung des zerstörten Gebietes, außerdem braucht man für so etwas dann doch eher die Lufthoheit. Abgesehen davon, dass natürlich der logistische Vorteil bei einer abgeschlossenen, großen Landmasse mit vergleichsweise geringer Länge der Grenze im Vergleich zur Fläche der (zu verteidigenden) Landmasse, immer noch beim Verteidiger der großen Landmasse ist (sofern der Verteidiger nicht hoffnungslos in der Luft unterlegen ist).
Die genannten “weichen Faktoren” für eine “Eroberung” sind nur dann wichtig, falls man mit der Eroberung eben auch Teile der Bevölkerung, welche vor der Eroberung der Gebiete dort lebten, mit übernehmen will. Falls man nur an den Gebieten, aber nicht an der Bevölkerung interessiert ist, dann muss man nur darauf achten, dass anschließend nicht mehr so viel Bevölkerung übrig bleibt, damit das Ignorieren der weichen Faktoren dann dem Eroberer wirklich Probleme bereiten kann.
Und bzgl. Afghanistan drücke ich mich Mal so aus, man wende einfach bekannte Algorithmen/Verfahren zur Überdeckung einer Fläche durch andere Flächen (z.B Kreisrundeflächen) an und berechne damit eine möglichste effektive Überdeckung der Ausgangs-Fläche (welche z.B. dem Staatsgebiet von Afghanistan täuschend ähnlich sieht). Zufälligerweise entsprechen dabei die Radien der Flächen mit denen die Ausgangsfläche überdeckt wird nun den Detonationsradien (bzw. Radius von gewissen Pilzen) und wende die so erkannten Erkenntnisse dann in der Realität an. Nach Anwendung würde nur ein Bruchteil der Bevölkerung übrig bleiben, allerdings wären danach sicherlich alle Nachbarn von Afghanistan anschließend stinksauer, auch wäre das Staatsgebiet anschließend durchaus eher mit so etwas wie verbrannter (oder besser verbrannter und dauerhaft verseuchter) Erde vergleichbar, so dass man anschließend dann eher nur unbewohnbares Gebiet (fast ohne Bewohner) übernommen hätte bze. übernehmen könnte. Man könnte überlegen dass Donald so etwas meinte, als er Mal sagte, dass er den Afghanistankrieg durch 10 millionen tote oder so schnell hätte beenden können. Man könnte auch überlegen, dass es nur wegen einen zu erwartenden Backlash von Seiten der Nachbarn (und Teilen der restlichen Weltbevölkerung) dieses nicht gegeben hat (bzw. nicht weiter in Erwägung gezogen wurde).
Am Rest, bis auf den Vagina-Vergleich¹, habe ich dann doch weniger auszusetzen.
¹) Nur eine Frau kann auf den Vagina-Vergleich und die Idee kommen, dass Mackinders Theorie nun Europa vergewaltigt ;-).
Ich verstehe bis heute nicht, warum Mackinders Ausführungen darüber, welchen großen Landblock die Briten und Amerikaner im Jahre 1904 nicht kontrollierten, jemals in den Rang einer Theorie erhoben wurden, noch verstehe ich, warum diese “Theorie” noch immer nicht als empirisch widerlegt gilt und weiterhin einigermaßen ernstzunehmende Menschen darüber Bücher verfassen. (Ulrike Guérot scheint den Quatsch ja immerhin abzulehnen.)
In Kurzfassung von 1919 lautete Mackinders “Theorie” bekanntlich folgendermaßen:
Who rules East Europe commands the Heartland;
who rules the Heartland commands the World-Island;
who rules the World-Island commands the world.
Man kann sich nun darüber streiten, ob das zaristische Russland bereits an der Wende zum 20. Jh. dieser “Theorie” zufolge die Welt hätte beherrschen müssen, aber darüber, dass in den fünfziger Jahren, also nach dem Sieg der chinesischen Revolution, die damalige Sowjetunion plus ihrer Verbündeten sämliche oben genannten “theoretischen” Anforderungen für die “Weltherrschaft nach Mackinder” erfüllten – Kontrolle über Osteuropa plus komplette Kontrolle über das sog. “Heartland” zwischen Arktis und Himalaja – steht wohl außer Frage.
Tatsächlich aber konnten die angeblichen “Mackinderschen Weltherrscher” bis 1971 nicht einmal die Aufnahme der VR China in die UNO durchsetzen.
Tja, wenn man halt völlig von Gedanken unbeleckt ist …
Natürlich herrscht nur jemand, der das auch will.
Dass der Wunsch nach Völkerbedrückung oder gar Weltbedrückung krankhaft ist und nur Wenige und insbesondere “Westler” befällt, muss man halt sich selbst zusammenreimen.
Ist eigtl mal wem aufgefallen, dass die USA wirklich jeden gegen jeden zum Hass anstacheln? Wir sollen die Russen hassen, ein Großteil Asiens soll China hassen, die Südkoreaner die Nordkoreaner, damit die USA dort ihre Truppenpräsenz beibehalten können. In Ex-Jugoslawien hat man gleich alle Volksgruppen aufeinander gehetzt….im nahen mittleren Osten….ach komm hör auf… Die USA leben davon, dass jeder jeden hasst. Das ist deren Leit- bzw Leidmaxime….
Also das stimmt so nicht. Etwa in Jugoslawien begannen die Konflikte schon vor 1989. Und wie sollen die USA dies gemacht haben? Der Konflikt im Kosovo fand z.B. schon vor 1989 statt. Dies konnte man damals etwa im Stern lesen.
Ach, im Stern. Na super.
Dass es zwischen verschiedenen Ethnien schon immer Reibereien gibt und gegeben hat, ist ja klar.
Nur die Amis “helfen” ja immer gerne diese noch mehr anzustacheln und zu eskalieren.
Das funktioniert immer und recht schnell und “zuverlässig”. Das war in der Ukraine auch so, das haben die Briten in Indien so gemacht und, und, und. Ein “bewährtes” Mittel eben.
Hass und Angst ist deren Begehren. Damit herrscht man.
Die Denkschule der Geostrategie steht in der ideologischen Tradition und bezieht sich voll und ganz darauf: den Imperialismus, egal, ob diese Leute nun Mahan oder Mackinder oder Spykman oder Haushofer oder Brzezinski heissen. Schliesslich soll damit die Weltherrschaft begründet werden. Okay, Frauen sind nicht darunter…
Was viel wichtiger zu bedenken ist, ist, dass solche Theorien von der angloamerikanischen Bedrückerbande, auch noch mit zeitlicher 100jähriger Kontinuität und Weiterentwicklung und immer neuen Repräsentanten und mit sichtbar durchgeführten Schritten in die angestrebte Richtung, bekannt sind.
Von Russland oder China oder Indien wüsste ich sowas nicht.
Was ist bei diesen bestimmten Briten und Amis so dermaßen falsch gelaufen? Und warum bekommen solche Leute in westlichen Ländern solche Macht und solchen Einfluss?
“Was ist bei diesen bestimmten Briten und Amis so dermaßen falsch gelaufen? Und warum bekommen solche Leute in westlichen Ländern solche Macht und solchen Einfluss?”
Dieser “Exzeptionalismus” ist, glaube ich, irgendwie genetisch bedingt. Irgendwelche Gene liegen da quer. Un dieser Gendefekt wird leider nicht korrigiert sondern immer weiter gegeben.
Zitat:”Was viel wichtiger zu bedenken ist, ist, dass solche Theorien von der angloamerikanischen Bedrückerbande, auch noch mit zeitlicher 100jähriger Kontinuität und Weiterentwicklung und immer neuen Repräsentanten und mit sichtbar durchgeführten Schritten in die angestrebte Richtung, bekannt sind.”
Dann schau dir mal die Geschichte dieser ersten beiden Länder und die der drei anderen in den letzten 120 Jahren an. Bei den ersten beiden Länder ist die staatliche Verfassung dieselbe, während Russland inzwischen drei verschiedene Regierungsformen hatte, Indien erst seit knapp 80 Jahren unabhängig ist und China ebenfalls 3 verschiedene Regierungstypen (Monarchie, Demokratie, und Einparteienstaat) hatte.
Bestimmt ein interessantes Buch. Halford Mackinder war nicht der einzige Geostratege. Wohl aber der wichtigste Denker für das Britische Weltreich. Daneben sind Namen wie Nicolas Spykman, Karl Haushofer, Rudolf Kjellén, Alfred Thayer Mahan, Cohen, Brzezinski, Kissinger, Friedman. Nicht vergessen auch Immanuel Wallerstein mit seiner Weltsystemtheorie. Weiterhin wichtig sind Cecil Rhodes und Lord Milner mit seinen Kindergarden am Roundtable.
Begriffe wie Heartland, Rimland und Pivot sollten schon Basiswissen sein. Brzezinski sollte gelesen werden. Russland und China einkreisen indem Militärstützpunkte um diese beiden Länder errichtet werden. Am besten gleich noch das Schwarze Meer abschneiden und die Ostsee dazu. Nicht vergessen, das Ostchinesische und Japanische Meer sperren. Wehe wenn der Bär mit dem Drachen losschlagen sollte.