»Außerdem waren Disziplinlosigkeit, Widerstand gegen Vorgesetzte an der Tagesordnung«

Barrikade an der neuen Königsstraße in der Nacht vom 18.-19. März 1848
Autor/-in unbekanntUnknown author, CC0, via Wikimedia Commons

Nach dem Zusammenbruch der napoleonischen Herrschaft versuchten die reaktionären Kräfte, insbesondere Österreich, Preußen und Russland, das Rad der Geschichte in ihrem Einflussbereich zurückzudrehen. Die Zeit der Restauration begann. Die Jahre 1848/49 änderten alles.

Pfalz und Pfälzer in der Revolution, Reichsverfassungskampagne und Aufstand 1848/49. Dritter Teil.
Der erste Teil findet sich: Hier. Den zweiten Teil können Sie an dieser Stelle lesen: Hier.

Der Beitrag ist dem 175. Jahrestag der deutschen Revolution von 1848 gewidmet. Im Mittelpunkt stehen die (radikal-)demokratische Volksbewegung und ihre verschiedenen revolutionären Initiativen. Diese führten zu institutionalisierten Reformbestrebungen, die in der Frankfurter Nationalversammlung (Mai 1848 bis Mai 1849) mit der Ausarbeitung der Grundrechte des deutschen Volkes (27. Dezember 1848) und einer konstitutionellen Verfassung mündeten.

Auch deren (leider erfolglose) Verteidigung in der sogenannten Reichsverfassungskampagne im Mai/Juni 1849 in Südwestdeutschland war in der Bevölkerung gut verankerten radikaldemokratischen Akteuren geschuldet. – Der Text ist dem 2014 veröffentlichten Band Pfalz & Pfälzer. LeseBuch Pfälzer Volksaufstand 1849 (1a) entnommen. Er fußt auf Vorarbeiten aus der Zeit, als die Autorin in der Region lebte, sich dort (im Vorfeld der damaligen Friedensbewegung) politisch engagierte und Orginaldokumente in Archiven in Kaiserslautern, Speyer und Kirchheimbolanden einsah.

Die Reichsverfassungskampagne und die Rolle der Pfälzer in der zweiten Revolution

Allein in Baden und der Pfalz hatte sich ein großer Teil der Bevölkerung für eine zweite Revolution entschieden, während die Aufstände in Dresden, Breslau und einigen Städten der Rheinlande schon Anfang Mai blutig niedergeschlagen wurden.

Den Auftakt zur zweiten Revolution bildete am 27. April 1849 ein Aufruf des geschäftsführenden Ausschusses der Pfälzer Volksvereine in Frankenthal, unterzeichnet von Bauer, C. Behlen, Fr. Cörper, Fries, Hamm, Hertle, G. Hillgärtner, Resch, M. Riel und P. Zöllner, in dem die männliche Bevölkerung der Pfalz aufgerufen wird, „sich am Mittwoch, den 2. Mai 1949 mittags 1 Uhr, zu einer allgemeinen Volksversammlung in Kaiserslautern einzufinden“, denn: „Wenn die Regierung zur Rebellin geworden, werden die freien Bürger der Pfalz zu Vollstreckern der Gesetze werden.“(32)

In weiser Voraussicht waren auch Kongresse der Turnvereine (29. 4.) und der Bürgerwehren (3.5.) einberufen. Am folgenden Tag schon, den 28. April, trafen sich in Neustadt drei- bis viertausend Männer zu einer Volksversammlung, die angeregt von den Kommunisten Heinrich Loose, Pfarrer, und Johann Valentin Weber, Uhrmacher, beschloss: „Es soll eine „allgemeine Volksversammlung“ für Südwestdeutschland, insbesondere für die Pfalz zusammengerufen werden, wozu alle Pfälzer, alle waffentragenden Bürger eingeladen sind. Die Unterzeichneten wenden sich daher im Auftrag obengenannter Versammlung an Euch, Pfälzer, mit der Aufforderung, der auf Mittwoch, 2. Mai, mittags 12 Uhr, zusammengerufenen Volksversammlung, welche der weltgeschichtlichen Hambacher Versammlung vom Jahre 1832 nicht nachstehen soll und auf welcher das Wohl und Wehe des Vaterlandes, die von den Volksvereinen angeregte Lebensfrage der Pfalz und Deutschlands auf dem gesetzlich errungenen Boden der Reichsverfassung besprochen werden sollen, beizuwohnen und durch kräftige That unser heiligstes Recht zu wahren.“(33) Außerdem verpflichtete man die Pfälzer Abgeordneten, darauf zu drängen die bayerische Kammer einzuberufen, um dem Ministerium das Misstrauen auszusprechen.

Ähnliche Versammlungen fanden in Offenbach bei Landau, am 29. April in Speyer, Oggersheim, Eppstein und vielen anderen Orten statt. Dabei forderte man unverhohlen, sich notfalls von Bayern loszusagen und sprach sich dafür aus, für die Durchsetzung der Rechte mit Waffen kämpfen zu wollen. Dementsprechend fasste der am 29. April in Kaiserslautern tagende Turnerkongress den Beschluss, einen permanenten Turnerausschuss mit Sitz in Frankenthal zu bilden, der „sofort die Organisation eines bewaffneten Korps waffenfähiger Mannschaft der Pfalz übernimmt.“(34)

Die Volksversammlung fand am 2. Mai statt; jedoch nicht in Neustadt, sondern in der Fruchthalle in Kaiserslautern. An ihr nahmen acht- bis zehntausend Menschen teil. Diese Versammlung bestätigte eine Notablenversammlung, die aus Vertretern der politischen Vereine, des „Landrathes“ und mehreren Abgeordneten der Pfalz für Bayern und des Reichs bestand. Der Notablenversammlung  wurde die weitere Beratung übertragen. Sie beschloß:

„1. Erwählung eines permanenten Landes-Ausschusses zur Durchführung und Verteidigung der deutschen Reichsverfassung; 2) Steuerverweigerung (Staatssteuern); 3) Rückberufung der pfälzer Soldaten; 4) Organisation der Volksbewaffnung von 18 bis 50 Jahren, die von 30 bis 50 Jahren kommen unter die Landwehr; 5) Aufforderung an die Regierung und die Beamten zur Anerkennung der Reichsverfassung; 6) Aufforderung an die Gemeinden, um ihre Zustimmung zu erklären; 7) Beschlagnahme der pfälzischen Staatskassen; 8) Verbindung mit den angrenzenden deutschen Volksstämmen.“(35)

In den Landesausschuss wurden gewählt: Culmann, August; Reichard, Josef Martin, Speyer; Schmidt, Karl Wilhelm, Kirchheim; Schmitt, Nikolaus, Kaiserslautern; Greiner, Theodor Ludwig, Pirmasens; Fries, Peter, Frankenthal; Hanitz und Schüler aus Zweibrücken und Hepp, Philipp, Neustadt, Hanitz und Schüler lehnten jedoch die Wahl ab.

Der Landesverteidigungsausschuss wurde gestärkt durch Beschlüsse des am 3. Mai 1849 ebenfalls in Kaiserslautern tagenden Kongresses der pfälzischen Volkswehren: Die Volkswehr stellte sich dem Landesverteidigungsausschuss zur Verfügung und forderte ihn auf, Munition und Waffen zu beschaffen und Volkswehrmänner zu rekrutieren. Außerdem wurde beim Landesverteidigungsausschuss eine beratende Kommission bestehend aus den Wehrmännern Dr. Hitzfeld (Kirchheimbolanden), Trauth (Landau) und Ph. Heinz (Zweibrücken) eingerichtet.(36)

Wichtig war es auch, die bayerischen Soldaten zu neutralisieren oder gar für den Aufstand zu gewinnen und die Pfälzer zur Verteidigungsbereitschaft zu ermutigen.

Die Beschlüsse der Volksversammlung wurden durch Flugschriften, Bekanntmachungen und Zeitungen verbreitet.

Am gleichen Tag erschien in der Speyerer Zeitung ein Aufruf der in Frankfurt versammelten bayerischen und pfälzer Abgeordneten zur Verteidigung der Reichsverfassung und zur Durchführung einer damit verbundenen Unterschriftensammlung.(37)

Zwischenzeitlich versuchte die machtlose Zentralgewalt unter dem Reichsverweser Erzherzog Johann von Österreich die revolutionären Kräfte einzudämmen und zu kontrollieren. Dennoch gelang es den Pfälzer Abgeordneten den Innenminister von Gagern dahingehend zu beeinflussen, am 5. Mai 1849 einen Reichskommissar für die Pfalz zu ernennen. Es handelte sich um Chemnitzer Abgeordneten und zweiten Vizepräsidenten der Nationalversammlung Bernhard Eisenstuck, einen Linken, denn ein Anderer wäre in der Pfalz einfach verlacht worden.

Eisenstuck wurde ermächtigt, „im Auftrag der Reichsgewalt alle zur Aufrechterhaltung oder Wiederherstellung der Herrschaft der Gesetze in jenem Lande erforderlichen Maßregeln zu ergreifen, sich deshalb sowohl mit den Zivil- als Militärbehörden in das Einvernehmen zu setzen, insbesondere Fürsorge zu treffen, dass der von gedachtem Landesverteidigungs-Ausschusse am 3. Mai zu Kaiserslautern gefasste Beschluß wieder aufgehoben werde, oder denselben erforderlichen Falles von Reichswegen selbst aufzuheben, überhaupt aber alles dasjenige vorzukehren, was die öffentliche Ordnung der gedachten Provinz und die allgemeine Sicherheit und Wohlfahrt von Deutschland erfordert. Sämmtliche Zivil- und Militärbehörden der bayerischen Rheinpfalz werden hiermit angewiesen, zu dem gedachten Zwecke zu erlassenden Verfügungen des Reichskommissars Folge zu leisten, und denselben in Durchführung aller von ihm zu treffenden Maßregeln kräftig zu unterstützen.“(38)

Entgegen dem Auftrag legitimierte Eisenstuck jedoch den Landesverteidigungsausschuss am 7. Mai 1849, indem er ihn „als ein Landesausschuß für Verteidigung und Durchführung der deutschen Reichsverfassung hiermit bestätigt“ und ihm weitgehende Befugnisse zugestand. Zudem wandte er sich an die Frankfurter Reichsregierung und verlangte Bataillonen aus Frankfurt sowie Truppen aus Württemberg und Hessen nach Neustadt, Kaiserslautern und Zweibrücken zu verlegen. Auch wohnte er in Neustadt am 7. Mai einer am Bahnhof stattfindenden Versammlung von fünftausend Bürgern bei und begab sich danach zum Kommandanten der Landauer Festung, um ihn erfolgreich zu überreden, die Anforderung von preußischen Truppen, die dieser zur Verstärkung seiner Besatzung verlangte und die das Ministerium von Gagern billigte, zurückzunehmen. Schon am 9. Mai, wahrscheinlich als von Gagern die Nachricht vom Ersuchen um militärische Truppen zur Unterstützung der Pfalz erhielt, wurde Eisenstuck als Reichskommissar abgesetzt. Er selbst erhielt die Nachricht einige Tage später in der Nacht vom 11. auf den 12. Mai 1849.(39)

Breite Teile der Pfälzer mit Ausnahme der Festungen Germersheim und Landau unterstützten die revolutionären Bestrebungen. Das verdeutlichten die Gemeindewahlen vom 26. Mai 1849, wodurch die provisorische Regierung nachhaltig gestärkt wurde. Auch das Militär zeigte sich geneigt, sich der Bewegung anzuschließen und ging bald zu großen Teilen zu ihr über. Nachdem in den blau-weißen Bastionen Landau und Germersheim bekannt wurde, dass am 11. Mai 1939 in Rastatt die badischen Truppen rebellierten, kam es besonders in Landau zu „wahren Massendesertionen. Außerdem waren Disziplinlosigkeit, Widerstand gegen Vorgesetzte an der Tagesordnung. Anfang Mai 1849 belief sich die Stärke der Garnison Landau auf 4.357 Mann, Offiziere eingeschlossen. Am 20. Mai, als der Freischaren-„Oberst“ Ludwig Blenker seinen Angriff auf die Festung unternahm, der jedoch leicht abgewehrt werden konnte, hatten sich aus der Festung 2.005 Soldaten abgesetzt, so dass bei Berücksichtigung des Krankenstandes – vier Offiziere und 282 Mannschaften – noch 2.393 Mann zur Verteidigung zur Verfügung standen.“(40)

Einer dieser, der am 18. Mai 1849 aus „Gewissensgründen“ die Festung verließ, war Theodor Graf Fugger-Glött (1823-1850). Er schloss sich dem Blenkerschen Freikorps an, kommandierte eine Einheit von hundert Leuten, die Mehrzahl davon desertierte Soldaten, beteiligte sich am Angriff der Landauer Festung, wirkte im Badischen als Ordonanzoffizier bei den Freischärlern, wo er am 25./26. Juni 1849 in der Nähe von Impflingen festgenommen und am 11. März 1850 wegen Desertion und Staatsverrat zum Tode verurteilt und erschossen wurde.

Wenn auch nicht besonders erfolgreich, so bemühte sich der Landesverteidigungsausschuss schon früh und gewiss redlich den abzusehenden Angriff der Preußen abzuwehren. Er rief die Pfälzer auf sich zu bewaffnen, versuchte Waffen zu beschaffen, Geld einzutreiben, Offiziere und Soldaten aus anderen Regionen zu werben – tatsächlich standen viele Polen, Elsässer, Rheinhessen und Männer aus dem Bergischen in den pfälzischen militärischen Verbänden – und diplomatische Verbindungen zu knüpfen.

Friedrich Wilhelm der Vierte war schon im April 1849 entschlossen, wie er seiner Schwester brieflich am 11. April mitteilte, einen „Vernichtungsschlag im Bunde mit Österreich“ gegen die Frankfurter Nationalversammlung zu führen.(41)

Am 8. Mai 1849 war das Erste Bataillon des 28. preußischen Infanterieregiments (etwa sieben- bis achthundert Mann) an der Rheinschanze Ludwigshafen eingetroffen, konnte mit der Bahn jedoch nur bis Haßloch vorrücken, weil Freischärler zwischenzeitlich die Schienen abgebaut und nach Neustadt verbracht hatten. So biwakten die Preußen zwischen Schifferstadt und Speyer, um am 9. Mai 1849 unverrichteter Dinge wieder über den Rhein abzuziehen.

In der Zwischenzeit war der Reichsverweser völlig ins reaktionäre Lager umgeschwenkt, hatte das Ministerium von Gagern entlassen, um das reaktionäre Ministerium Grävell aus Vertretern der äußersten Rechten zu installieren. Damit musste den letzten Liberalen und Demokraten klar sein, dass der parlamentarische Weg zur Durchsetzung der Reichsverfassung und der nationalen Einheit gescheitert war.

Das erkannte man auch in Baden, wo nach der Erhebung des Militärs bei Rastatt Lorenz Peter Brentano und Amand Goegg am 13. Mai 1849 die bürgerliche Demokratie Baden ausriefen.

Auch in der Pfalz ging man den gleichen Weg. Der Landesverteidigungsausschuss berief zum 17. Mai 1849 eine Versammlung der Volksvertreter nach Kaiserslautern; außer Mutterstadt und Neustadt waren alle Körperschaften vertreten. In der Nachmittagssitzung am 17. Mai wurde die „sofortige Einsetzung einer provisorischen Regierung […] zur Durchführung und Aufrechterhaltung der Reichsverfassung und zur Rettung des schwer bedrohten deutschen Vaterlands“ beschlossen und diese gewählt. Sie bestand Reichard aus Speyer, Cullmann und Schüler aus Zweibrücken, Dr. Hepp aus Neustadt, Kolb aus Speyer sowie den Ersatzmännern Greiner (Pirmasens), Fries (Frankenthal), Schmitt (Kaiserslautern). Damit sagte man sich auch in Kaiserslautern von Bayern los. Als einer der Schreiber diente der provisorischen Regierung Carl Schurz (er emigrierte später in die USA und wurde dort 1877 bis 1881 Innenminister).

Sogleich verkündigte die provisorische Regierung die Aushebung eines Volksheeres und verabschiedete ein Organisationsstatut.

Nun war militärisches Kräftemessen angesagt. Das jedoch konnte nicht zugunsten von Pfälzern und Badensern ausgehen, standen doch ihren etwa schlecht bewaffneten dreiunddreißigtausend Mann vierundsechzigtausend gut ausgebildete Soldaten gegenüber, dazu ein Vielfaches an Gewehren, Geschützen und Munition. Die Pfalz selbst stellte rund 13. 000 Soldaten, darunter hunderte Soldaten vom sechsten und neunten Bayerischen Regiment, auch ein Schwadron Kavallerie. Die Bewaffnung bestand aus 3.600 Gewehren, 1.300 Sensen, 8 Kanonen, 80 bis 100 Säbeln und 50.000 Gewehrkugeln und Pulver.

Die Volkswehren der Pfalz bestanden aus vier Freikorps unter Ludwig Blenker, August von Willich, Zinn und Clement. Hinzu kamen das rheinhessische Freikorps von Franz Heinrich Zitz und Ludwig Bamberger und verschiedene örtliche Freischaren.(42)

In der Pfalz hatte der Wormser Blenker, der zuvor in griechischen Diensten stand und später im nordamerikanischen Bürgerkrieg in der Schlacht von Bull-Run Berühmtheit erlangte, schon vor der Installierung der provisorischen Regierung begonnen die Volkswehr zu organisieren. Er rückte mit ihr auf die Rheinschanze, wo bayerisches Militär stationiert war, vor und besetzte den Brückenkopf. Seine Macht wuchs durch die sich ihm anschließenden bayerischen Soldaten.

Doch zum Oberbefehlshaber aller Wehrmänner der Pfalz wurde am 9. Mai 1849 der ehemalige Kommandant der Nationalgarde in Wien während der Oktoberrevolution 1848 Fenner von Fenneberg ernannt, der alsbald die geringen finanziellen Mittel, die schlechte Ausbildung und Ausrüstung, den Mangel an Disziplin und die Konkurrenz unter den Befehlshabern beklagte. Auch konnte das Pfälzer Volksheer seiner Vorstellung von einer schlagkräftigen Armee nicht entsprechen, da den Soldaten doch weitgehende Selbst- und Mitbestimmungsrechte eingeräumt wurden. Aus diesem Grunde beantragte von Fenneberg in der Nacht vom 19. auf den 20. Mai seine Enthebung als Oberkommandanten, dem die pfälzische Regierung sogleich entsprach.(43)

Anlass des Rücktritts war jedoch die Rivalität Fenneberg – Blenker. Letzterer wollte nämlich die Festung Landau einnehmen, um an das nötige Kriegsmaterial und vor allem an die schweren Geschütze zu kommen. Über die Vorgänge gibt es unterschiedliche Darstellungen.

Während General Sigel beschreibt, dass Blenker am 20. Mai mit 1.200 Mann, darunter 250 Mann mit Haubitzen gegen die Festung zog(44), heißt es im Flugblatt des Hauptquartiers Neustadt vom 20. Mai 1849, dass „General Blenker an der Spitze einiger Züge regulären Militärs in das äußere Pallisadenthor der Festung“ eintrat, um „mit unseren Brüdern aus der Festung zu fraternisieren. Einen Eroberungsplan wird man von einer Masse von kaum 40 Mann um so weniger unterstellen, als die Festung weder armiert, noch von einer anderen Seite angegriffen war …“. Tatsache ist jedoch, dass die Festung nicht eingenommen werden konnte, sondern von Truppen unter Willich, Dreher und Oswald belagert und damit die Besatzung bis zum Eintreffen des preußischen Korps Hirschfeld am 17. Juni 1849 neutralisiert wurde.

Nach Fennebergs Rücktritt wurde die Organisation und Leitung der pfälzischen Streitkräfte am 20. Mai einer Militärkommission übertragen, der unter anderen Gustav Techow, bekannt vom Berliner Zeughaussturm, Friedrich Anneke, Friedrich Beust und als außerordentliche Mitglieder Blenker und Fugger angehörten.

Diese Kommission bildete jedoch nur für eine kurze Übergangszeit die militärische Führung, nämlich bis der neue Oberbefehlshaber der pfälzischen Streitkräfte, ein Pole namens Sznayda eintraf. „Er hatte sich im polnischen Revolutionskrieg von 1831 als Kavallerieoffizier ausgezeichnet. Er wollte drei befestigte Lager bilden und darin die Pfalz verteidigen. Einem Polen Namens Ruppert oder Rauppert […] gab Sznayda den Befehl über das rheinhessische Freikorps.“(45)

Angesichts der sich sammelnden und von Westen, Norden und Südosten vorrückenden feindlichen Truppen kamen die badische und die pfälzische Regierung am 18. Mai überein militärisch enger zusammen zu arbeiten und sich in militärischer Hinsicht als einen Staat zu betrachten:

„Es wird folgender Vertrag geschlossen: 1) In militärischer Hinsicht bilden Baden und die Rheinpfalz ein Land. 2) Das badische Kriegsministerium wird fürs erste als das gemeinschaftliche beider Länder betrachtet. 3) Alles Brückengeld auf Brücken, welche Baden und die Rheinpfalz verbinden, wird sogleich abgeschafft, die Entscheidung von privaten Ansprüchen bleibt vorbehalten, und die Kosten der Unterhaltung und Wiederherstellung der Brücken werden für die Zukunft von beiden Ländern gemeinschaftlich und gleichheitlich getragen. 4) Die Einwohner beider Länder werden in allen Beziehungen so angesehen, als gehörten sie einem und demselben Staate an. Karlsruhe, 16. Mai 1849. Der Landesausschuß Junghans, Struve, Damm, Starck, Steinmetz, Cordel, Degen – Kaiserslautern, 18. Mai 1849. Die provisorische Regierung der Pfalz.“(46)

Als provisorischer Sitz der Regierung war Speyer vorgesehen. Oberbefehlshaber der badisch-bayerischen Truppen wurde Mieroslowsi.

In München reagierte die Regierung auf diesen Akt mit einer papiernen Proklamation und dem Ausschluss der pfälzer Abgeordneten aus der bayerischen Kammer:

„Am 21. Mai erfolgte nach fünfstündiger Sitzung in der bayerischen Kammer die Abstimmung über die Adresse an den König, worin mit 72 gegen 62 Stimmen die unbedingte Anerkennung der deutschen Reichsverfassung und ein Misstrauensvotum gegen das Ministerium Pfordter ausgesprochen war. Da die 15 pfälzischen Stimmen den Ausschlag gegeben hatten, wurden dieselben als Vertreter einer aufrührerischen Provinz als unberechtigt in der Kammer betrachtet und bei einer namentlichen Abstimmung am 24. Mai vom Präsidenten geradezu übergangen.“(47)

Diplomatische und militärische Unterstützung suchend, wandte sich die badische und die pfälzische Regierung unter anderem auch an die französische Regierung. Sie sandten am 26. Mai 1849 den Mainzer Schütz, Mitglied des Frankfurter Parlaments, und den Pfälzer Culmann nach Paris mit der Bitte, „daß die französische Regierung das Volk der Pfalz in seinen Schutz nehme, dass sie ihm Hilfe gewähre, entweder durch Zusendung von Munition und Generalen, oder auch dadurch, dass sie ihre Truppen gegen die Preußen marschieren lasse, welche auf dem Punkte stehen, in unser Land einzubrechen. Die Mission hatte jedoch keinen Erfolg. „Die Abordnung wurde von der französischen Regierung nicht nur nicht empfangen, sondern sogar verhaftet und eine Zeit in Haft gelassen.“(48)

Angesichts der vorrückenden Preußen äußerten sich nun auch innerhalb der Pfalz kritische Stimmen gegen die provisorische Regierung. Sie richteten sich besonders gegen die Mai-Dekrete, die bestimmten, Pferde zur Bespannung der Artillerie gegen Entschädigung bereitzustellen, dass Schmiede Sensen zur Bewaffnung der Freischärler anzufertigen hätten, dass der Holzpreis auf den Arealhöfen um 20 Prozent herabgesetzt werde, um durch vermehrten Verkauf dieses Holzes Geld für die Verteidigung zu erhalten, vor allem aber gegen die Zwangsanleihe gegenüber vermögenden Bürgern.

Auf einer am 1. Juni 1849 in Neustadt von Bürgermeister Kölsch abgehaltenen Versammlung, an der sich auch Stadträte aus Speyer beteiligten, wurde deshalb beschlossen, auf die Einberufung einer pfälzischen Volksversammlung zu drängen, ohne deren Zustimmung keine bestehenden Gesetze aufgehoben und keine neuen erlassen werden dürften. Auch sollten die drei Ersatzmänner der provisorischen Regierung neu gewählt oder in der Wahl bestätigt werden.

Die provisorische Regierung versprach im Aufruf vom 8. Juni 1849 diesem Ansinnen nachkommen zu wollen, nachdem die kriegerische Gefahr abgewendet worden sei.(49)

Um dem Angriff der feindlichen Truppen zuvorzukommen entwickelte Franz Sigel, der Oberbefehlshaber der badischen Armee, in Verabredung mit Sznayda, Techow und Blenker den Plan, den Aufstand nach Hessen-Nassau, Württemberg und Hessen-Darmstadt weiter zu tragen, und Frankfurt einzunehmen, eine Strategie, in der auch Friedrich Engels die einzige Möglichkeit sah, den rein lokalen Charakter des badisch-pfälzischen Aufstandes zu überwinden.(50)

Am 30. Mai 1849 überschritt Sigel die hessische Grenze. Ruppert, der das Gros befehligte und später zu den Preußen überging, sowie Eichfeld folgten jedoch nicht den Befehlen; Blenker, der nach Worms zog, und Zitz, der auf Oppenheim vorstoßen sollte, wurden von der pfälzer Regierung zurückbeordert.(51)

Am 10. Juni 1849 begann der Vormarsch der preußischen Truppen. In Erinnerung an die Große Französische Revolution gab die provisorische Regierung die Losung Das Vaterland ist in Gefahr aus und versuchten den Landsturm zu aktivieren sowie Hilfe und Unterstützung von Elsaß und Lothringen.

Doch diese Hilfe blieb aus.

Am 12./13. Juni 1849 rückten zwanzigtausend Mann unter General Hirschfeld von vier verschiedenen Seiten – über Homburg, Landau, Kirchheimbolanden und Frankenthal – in die Pfalz ein mit dem Ziel, Kaiserslautern ein- und die provisorische Regierung festzunehmen.

Ohne eigentlich dazu befugt zu sein, erklärte Prinz Wilhelm von Preußen (der spätere Deutsche Kaiser Wilhelm I.) am 14. Juni 1849 offiziell den Kriegszustand; gleichentags zogen achttausend preußische Soldaten von Bad Kreuznach über Alzey nach Kirchheim, um auf Kirchheimbolanden vorzurücken, wo das etwa tausend Mann zählende Rheinhessische Armeekorps sich befand.

Es kam zur ersten bedeutenderen Schlacht. Als sich mehr als 4.000 Preußen näherten, warfen die Freischärler am Eingang zum Schlossgarten eine Barrikade auf. Am Ende der heutigen Alleestraße, damals Kaiserstraße genannt, wurden vor den beiden letzten Häusern Barrikaden gebaut. Hieran beteiligte sich die radikale Demokratin Mathilde Hitzfeld aus Kirchheimbolanden. Die Bürgerschaft dagegen suchte schon weiße Tücher für die Kapitulation.

Das Rheinhessische Armeekorps gab kampflos die Stadt preis. Die Kommandanten Zitz und Bamberger ließen ihre Truppen im Stich und flohen in einer Kutsche auf einer anderen Route. Nur 40 rheinhessische Schützen blieben im Schlossgarten, da sie vom Rückzug offenbar nicht unterrichtet worden waren. Widerstand war vergeblich. In Kirchheimbolanden fielen siebzehn Freischärler.(52)

Ein anderer Trupp Preußen marschierte am 15. Juni 1849 in Frankenthal ein und nahm in einem Bombardement am 15., 16. und 17. 6. 1849 die Rheinschanze bei Ludwigshafen ein.

Nachdem auch das Gefecht am Rinnthal bei Annweiler am 17. Juni, wo das Corps Willich unter Beteiligung von Friedrich Engels gegen die Preußen kämpfte, keine Wendung brachte, die Preußen Kaiserslautern einnahmen, aus dem die pfälzische provisorische Regierung schon am 15. Juni geflohen war, musste am 18. Juni 1849 der Zusammenbruch der Pfälzer Revolution konstatiert werden.

Die Preußen besetzten am 20. 6. 1849 die Pfalz und überschritten den Rhein nach Baden. Gegen die Übermacht der Preußen konnten die revolutionären badisch-pfälzischen Truppen nicht viel ausrichten: Die Schlacht bei Waghäusel am 21. Juni, die bei Durlach am 25. Juni, die dreitägige Schlacht bei Rastatt am 28. bis 30. Juni gingen verloren und die Freischärler zogen sich – wenn auch nicht kampflos – in die Schweiz zurück. Nach der Kapitulation der Festung Rastatt am 23. Juli hatten die Preußen mit ihrem achtzigtausend Mann starken Heer die demokratische Revolution erstickt. Am 18. August 1849 zog der Großherzog von Baden wieder in Karlsruhe ein, versicherte sich aber bis 1851 des Schutzes der Preußen.

Während die Pfälzer Revolutionäre noch in Baden kämpften, erklärte am 22. Juni 1849 der Fürst Taxis im Namen der königlich-bayerischen Regierung die provisorische Regierung der Pfalz für abgesetzt und ihre Akte für nichtig. Alle Obrigkeiten wurden wieder eingesetzt, die Eidesleistungen auf die Reichsverfassung für ungültig erklärt und Gerichte aufgefordert gegen Demokraten vorzugehen. Es erfolgte die Verhängung des Kriegszustandes, der bis zum 19. Juni 1850 andauerte, ausgenommen von der Aufhebung des Kriegszustandes waren aber weiterhin die Städte Zweibrücken, Pirmasens, Kaiserslautern, Kirchheimbolanden mit Obermoschel, Neustadt, Speyer und Ludwigshafen, also wichtige demokratischen Zentren, denen man auch weiterhin nur mit Gewalt beikommen konnte. 1851 wurden 1.364 Personen vor Spezial- und Schwurgerichte der Pfalz angeklagt, allerdings ohne dass ein Todesurteil vollstreckt wurde.(53) Die meisten Verurteilten waren flüchtig(54) oder wurden später begnadigt.

Anmerkungen

(1a) https://dhubw.de/622-1-pfalz-und-pfaelzer

32) Fleischmann, Otto: Geschichte …, aaO, S. 115

33) Fleischmann, Otto: Geschichte…, aaO, S. 115f.

34) Fleischmann, Otto: Geschichte…, aaO, S. 117

35) Fenneberg, Fenner von: Zur Geschichte der rheinpfälzischen Revolution und des bewaffneten Aufstandes. Zürich 1849, S. 29

36) Lucae, Konrad: Kirchheimbolanden und der pfälzisch-badische Aufstand. Kirchheimbolanden 1979, S. 76

37) Plauderstübchen. Beilage zum Boten für Stadt und Land, Nr. 34 vom 5. Mai 1949

38) Fenneberg, Fenner von: Zur Geschichte …, aaO, S. 37f.

39) Plauderstübchen. Beiblatt zum Boten für Stadt und Land, Nr. 36 vom 12. Mai 1849; Fenneberg, Fenner von: Zur Geschichte …, aaO, S. 40ff.

40) Ziegler, Hans: Theodor Graf Fugger-Glött (1823-1850). Ein Leben für die Einheit des Vaterlandes. In: Pfälzer Heimat. 25 (1974) S. 50-55, zit. S. 53

41) Mommsen, Wolfgang J.: aaO, S. 282

42) Blos, Wilhelm (Hg.) General Franz Sigls Denkwürdigkeiten aus den Jahren 1848/49. Mannheim 1902, S. 95-97; Lucae, Konrad: Kirchheimbolanden und der badisch-pfälzische Aufstand 1848-49, aaO, S. 79

43) Plauderstübchen. Beiblatt zum Boten für Stadt und Land, Nr. 35, 10. Mai 1849; Fenneberg, Fenner von: Zur Geschichte …, aaO, S. 102

44)  Blos, Wilhelm (Hg): General Franz Sigel´s Denkwürdigkeiten aus dem Jahre 1848/49. Mannheim 1902, S. 98

45) Blos, Wilhelm: Die deutsche Revolution, aaO, S. 568

46) Fleischmann, Otto, aaO, S. 186

47)  Blos, Wilhelm, aaO, S. 199

48) Blos, Wilhelm, aaO, S. 17

49) Fleischmann, Otto: aaO, S. 211f.

50) Engels, Friedrich: Die deutsche Reichsverfassungskampagne [1849/50]; in: Marx-Engels-Werke, Band 7 (= MEW 7). Berlin ³1969, S. 109-197, hier S. 134f.; dort auch S. 384+ eine Karte

51) Blos, Wilhelm, aaO, S. 547;  Blos, Wilhelm (Hg): General, aaO, S. 97f.; Engels, Friedrich: Reichsverfassungskampagne, aaO, hier S. 158

52) Karcher, Friedrich A.: Die Freischärlerin. Eine Novelle aus der Pfälzer Revolution von 1849 […]  Hg. Hellmut G. Haasis. Frankfurt/Main 1977, S. 211f.

53) Müller, Frank Lorenz: Die Revolution von 1848/49, aaO., S. 138

54) In den USA erschienen zeitnah tagebuchartige Momentaufnahmen der flüchtigen und ausgewanderten Franziska Anneke: Memoiren einer Frau aus dem badisch-pfälzischen Feldzug. Newark (N.J.): Selbstverlag F. Anneke, 1853; vgl. Ecker, Diana: Der Freiheit kurzer Sommer. Auf Mathilde Franziska Annekes Spuren durch die pfälzisch-badische Revolution von 1849. Heidelberg etc. 2012

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8 Kommentare

    1. Sind noch Gedanken frei?

      Beleget den Fuß
      Mit Banden und mit Ketten
      Daß von Verdruß
      Er sich kann nicht retten,
      So wirken die Sinnen,
      Die dennoch durchdringen.
      Es bleibet dabei:
      Die Gedanken sind frei.

      Die Gedanken sind frei
      Wer kann sie erraten?
      Sie fliehen vorbei
      Wie nächtliche Schatten;
      Kein Mensch kann sie wissen,
      Kein Kerker verschließen
      Wer weiß, was es sei?
      Die Gedanken sind frei.

      Ich werde gewiß
      Mich niemals beschweren,
      Will man mir bald dies,
      Bald jenes verwehren;
      Ich kann ja im Herzen
      Stets lachen und scherzen;
      Es bleibet dabei:
      Die Gedanken sind frei

      Ich denk was ich will
      und was mich erquicket,
      Und das in der Still
      Und wenn es sich schicket;
      Mein Wunsch und Begehren
      Kann Niemand mir wehren;
      Wer weiß was es sei?
      Die Gedanken sind frei.

      Wird gleich dem Gesicht
      Das Sehen versaget,
      So werd ich doch nicht
      Von Sorgen geplaget.
      Ich kann ja gedenken,
      Was soll ich mich kränken?
      Es bleibet dabei:
      Die Gedanken sind frei.

      Ja fesselt man mich
      Im finsteren Kerker,
      So sind doch das nur
      Vergebliche Werke.
      Denn meine Gedanken
      Zerreißen die Schranken
      Und Mauern entzwei:
      Die Gedanken sind frei.

      Wie recht du hast, ganz tief im Inneren der Deutschen steckt eine permanente Revolution!

    2. Spielst du auf den Rest der damaligen Revolution an, der bald auch noch in Vergessenheit geraten soll? Welchen? Die deutsche Fahne, und deren Farben, sind ein Produkt dieser deutschen Revolution von 1848/49 – auch „deutsche Trikolore“ genannt.

      Die Fahne und Farbe war übrigens in Zeiten des Kaiserreiches und der NS-Diktatur verboten – soviel zum angeblichen Schwarz-Rot-Goldenen AfDtum bzw. Rechtsextremismus derer die diese Fahne für ihre Zwecke missbrauchen wollen.

      Gruß Bernie

    1. Vielleicht sind ja ein großer Teil der Demonstranten in Frankreich auch Idioten, da sie Rassemblement National wählen.? Ich finde deinen Beitrag typische deutsche Besserwissserei und eines der Probleme dieses Landes.

  1. Schöner Text aus der Pfalz – danke für die Arbeit 😉

    Ich bin übrigens Badenser und hier mal ein Lied, dass seit 1848/49 im Volksmund (hinter preußischen Rücken) gesungen wurde:

    […]“Schlaf‘, mein Kind, schlaf‘ leis, dort draußen geht der Preuß'[…]“

    https://www.youtube.com/watch?v=QJUYXyN-sZA

    Über den Inhalt steht auf der selben Website bei Youtube mehr:

    „[…]Das „Badische Wiegenlied“ mit den Versen „Schlaf‘, mein Kind, schlaf‘ leis, dort draußen geht der Preuß’…“ ist Ludwig Pfaus Abgesang auf die deutsche 1848er Revolution. Es ist weit mehr als nur eine Kritik des enttäuschten Revolutionärs und Demokraten an den Zuständen und an der Kartätschen-Reaktion.Ende 1847 kommt Ludwig Pfau nach Stuttgart und will ein eigenes Satireblatt nach dem Vorbild der „Fliegenden Blätter“ machen. Im Januar 1848 erscheint auch tatsächlich die erste Nummer des „Eulenspiegel“. Ludwig Pfau engagiert sich für demokratische und republikanische Ziele nicht zuletzt im württembergischen Landesausschuss. Der Text wurde erstmalig am 8. Dezember 1849 im „Eulenspiegel“ veröffentlicht.

    Das Badische Wiegenlied war ein Beitrag Pfaus zum badisch-pfälzischen Aufstand und zu den Rastatter standrechtlichen Erschießungen der vielen Aufständischen, denen die Flucht in die Schweiz und von dort nach Frankreich oder Amerika nicht gelungen war. Es drückt die Enttäuschung über das Bürgertum, den deutschen Michel aus, das wieder seine Chancen auf Demokratie, Republik und Fortschritt verschläft und „nieder kartäscht“ in das Untertänigkeitsverhältnis zurück fällt. Es zielte auf die Brutalität mit der Prinz Wilhelm von Preussen, der spätere Deutsche Kaiser Wilhem I., zuerst die Berliner Demonstration und später dann den Aufstand am Oberrhein niedergeschlagen, „nieder kartäscht“ hatte, wie die Zeitgenossen meinten, weshalb sie diesen, nun wieder am Deutschen Eck zu Koblenz als Reiterstandbild zu besichtigenden Fürsten den Beinamen „Kartätschenprinz“ gaben[…]“

    Gut beschrieben hat die Autorin, dass die sogenannten „Forty-Eighters“ – mehr findet ihr z.B. hier:

    https://de.wikipedia.org/wiki/Forty-Eighters

    …eine wichtige Rolle im Bürgerkrieg der USA gegen die CSA, die Konföderierten Staaten Amerikas, gespielt haben – es gab ganze Regimenter von ehemals deutschen Revolutionären denen die Flucht in die USA gelungen war, die für Lincoln gekämpft haben, und viele von den Forty-Eighters waren auch im zivilen Leben so erfolgreich, dass die die us-amerikanische Geschichte mitprägten – die Ururenkel dieser Menschen leben teilweise heute noch in den USA…..

    Gruß
    Bernie

    PS: Angeblich sollen sogar in der prägenden Schlacht von Gettysburg. die Lee haushoch verlor, ganze deutschstämmige Regimenter, neben Regimentern irischstämmiger Einwanderer, eingesetzt worden sein – ein anderes Thema, das wohl mit beiden Weltkriegen zu tun hat, und der Hitler-Diktatur, ist das diese positive Geschichte der Deutschen in den USA in Vergessenheit geraten zu sein scheint….nur Historiker graben die Wahrheit aus, aber Hollywood hat das Thema bis heute noch nicht angegangen…..spielt da uralter Deutschenhass noch eine Rolle? Oder woran liegt das? Wäre das mal nicht interessant nachzufragen?

    1. Ich glaube – trotz der Nazis – nicht an ‚Deutschenhass‘, die ermordeten Juden waren auch Deutsche zu grossen Teilen.
      Das ist eher die Angst vor der Revolution. Karl Marx war auch Deutscher.
      Und – wie McCarthy Dr. Condon in seinem Verfahren vorwarf – [sinngemaess] „Sie sind ein Anhaenger der Quantenmechanik, einer – wie man sagt – ‚revolutionaeren‘ Theory …“ 😉

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