Auslandseinsätze der Bundeswehr: Verpflichtung im Rahmen der Bündnisfähigkeit Deutschlands oder Schwächung der Landesverteidigung?

Bundeswehr-Hubschrauber im Irak.
PH2 MARK KETTENHOFEN, gemeinfrei, via Wikimedia Commons

3.500 deutsche Soldatinnen und Soldaten sind im Ausland stationiert. Über Auslandseinsätze der Bundeswehr liest man wenig.

Am 21.Oktober 2022, einem Freitagnachmittag, stimmte der Bundestag der von der Bundesregierung beschlossenen Verlängerung des Bundeswehreinsatzes im Irak zu. Damit können bis Ende Oktober 2023 maximal 500 deutsche Soldaten im Rahmen der Bekämpfung der Terrororganisation „Islamischer Staat“ (IS) und zur Ausbildung der irakischen Streitkräfte im Zweistromland eingesetzt werden. In der 20-Uhr-Tagesschau der ARD vom 21. Oktober 2022 wurde der Beschluss des Bundestages nicht erwähnt.

Vor diesem Hintergrund werden im Folgenden die rechtlichen Grundlagen für die Auslandseinsätze der Bundeswehr dargestellt, die aktuellen Einsätze kurz beschrieben und der Versuch unternommen, zu erklären, warum dieses Engagement der Bundeswehr in der Bevölkerung weitgehend unbekannt ist.

Rechtliche Grundlagen

  • Die Bundeswehr ist eine Parlamentsarmee und damit eine Armee des Deutschen Volkes.
  • Es gilt das Primat der Politik: Im Frieden liegt die Befehls- und Kommandogewalt über die Streitkräfte beim Verteidigungsminister/in, im Spannungs- und Verteidigungsfall beim Bundeskanzler/in.
  • Die Soldaten schwören ihren Eid nicht auf eine Person, sondern auf unser Land, also letztlich auf das deutsche Volk: „Ich schwöre, der Bundesrepublik Deutschland treu zu dienen und das Recht und die Freiheit des deutschen Volkes tapfer zu verteidigen, (so wahr mir Gott helfe.)“

Artikel 87a GG

(1) Der Bund stellt Streitkräfte zur Verteidigung auf. Ihre zahlenmäßige Stärke und die Grundzüge ihrer Organisation müssen sich aus dem Haushaltsplan ergeben.

(1a) Zur Stärkung der Bündnis- und Verteidigungsfähigkeit kann der Bund ein Sondervermögen für die Bundeswehr mit eigener Kreditermächtigung in Höhe von einmalig bis zu 100 Milliarden Euro errichten. Auf die Kreditermächtigung sind Artikel 109 Absatz 3 und Artikel 115 Absatz 2 nicht anzuwenden. Das Nähere regelt ein Bundesgesetz.

(2) Außer zur Verteidigung dürfen die Streitkräfte nur eingesetzt werden, soweit dieses Grundgesetz es ausdrücklich zulässt .

(3) Die Streitkräfte haben im Verteidigungsfalle und im Spannungsfalle die Befugnis, zivile Objekte zu schützen und Aufgaben der Verkehrsregelung wahrzunehmen, soweit dies zur Erfüllung ihres Verteidigungsauftrages erforderlich ist. Außerdem kann den Streitkräften im Verteidigungsfalle und im Spannungsfalle der Schutz ziviler Objekte auch zur Unterstützung polizeilicher Maßnahmen übertragen werden; die Streitkräfte wirken dabei mit den zuständigen Behörden zusammen.

(4) Zur Abwehr einer drohenden Gefahr für den Bestand oder die freiheitliche demokratische Grundordnung des Bundes oder eines Landes kann die Bundesregierung, wenn die Voraussetzungen des Artikels 91 Abs. 2 vorliegen und die Polizeikräfte sowie die Bundespolizei nicht ausreichen, Streitkräfte zur Unterstützung der Polizei und der Bundespolizei beim Schutze von zivilen Objekten und bei der Bekämpfung organisierter und militärisch bewaffneter Aufständischer einsetzen. Der Einsatz von Streitkräften ist einzustellen, wenn der Bundestag oder der Bundesrat es verlangen.

Grundsätzlich ist der Auftrag der Bundeswehr die Landes- und auch die Bündnisverteidigung

Im Weißbuch zur Bundeswehr aus dem Jahr 2016 heißt es dazu:

Der Auftrag der Bundeswehr leitet sich aus den verfassungsrechtlichen Vorgaben sowie aus Deutschlands Werten, Interessen und strategischen Prioritäten ab. Die Bundeswehr verteidigt Deutschlands Souveränität sowie das Staatsgebiet und schützt seine Bürger. Sie trägt außerdem dazu bei, Staat und Gesellschaft widerstandsfähig gegen äußere Bedrohungen zu halten und handlungsfähig zu bleiben. Die Bundeswehr hat aber auch den Auftrag, Deutschlands Verbündete zu schützen. Sie stärkt die europäische Integration, die transatlantische Partnerschaft und die Zusammenarbeit zwischen Staaten weltweit.

Beteiligung der Bundeswehr an Einsätzen der Vereinten Nationen

So, wie die deutschen Streitkräfte im Rahmen von EU oder NATO Operationen eingesetzt werden können, ist das auch möglich bei UN-Missionen. Kapitel VII der UN Charta „Maßnahmen bei Bedrohung oder Bruch des Friedens und bei Angriffshandlungen“ ist dafür die Legitimationsgrundlage.

Für Auslandseinsätze der Bundeswehr ist ein Mandat des Deutschen Bundestages, also der Auftrag des Deutschen Volkes, erforderlich.

Grundlage dafür ist das Parlamentsbeteiligungsgesetz.

Parlamentsbeteiligungsgesetz

1 Grundsatz

(1) Dieses Gesetz regelt Form und Ausmaß der Beteiligung des Bundestages beim Einsatz bewaffneter deutscher Streitkräfte im Ausland. Artikel 115a des Grundgesetzes bleibt davon unberührt.

(2) Der Einsatz bewaffneter deutscher Streitkräfte außerhalb des Geltungsbereichs des Grundgesetzes bedarf der Zustimmung des Bundestages.

[…]

3 Antrag

(1) Die Bundesregierung übersendet dem Bundestag den Antrag auf Zustimmung zum Einsatz der Streitkräfte rechtzeitig vor Beginn des Einsatzes.

(2) Der Antrag der Bundesregierung enthält Angaben insbesondere über

den Einsatzauftrag, das Einsatzgebiet, die rechtlichen Grundlagen des Einsatzes,

die Höchstzahl der einzusetzenden Soldatinnen und Soldaten, die Fähigkeiten der einzusetzenden Streitkräfte, die geplante Dauer des Einsatzes und die voraussichtlichen Kosten und die Finanzierung.

(3) Der Bundestag kann dem Antrag zustimmen oder ihn ablehnen. Änderungen des Antrags sind nicht zulässig.

Die aktuellen Auslandseinsätze der Bundeswehr

Aktuell sind ca. 3.500 deutsche Soldaten im Ausland eingesetzt. Dabei sind die Soldaten nicht berücksichtigt, die auf deutschen Schiffen routinemäßig an permanenten Operationen der NATO Seestreitkräfte beteiligt sind.

1. NATO Mission im Irak
Wie eingangs bereits dargestellt, wurde diese Mission um ein weiteres Jahr bis Ende Oktober 2023 verlängert. Seit 2017 beteiligen sich maximal 500 deutsche Soldaten daran, ein Wiedererstarken des „IS“ zu verhindern und unterstützen bei Bedarf verbündete Streitkräfte mit Lufttransport und Luftbetankung, Außerdem beteiligt sich die Bundeswehr an der Ausbildung irakischer Soldaten. Aktuell befinden sich 223 deutsche Soldaten im Irak.

2. Kosovo Force
Die Bundeswehr hat den Auftrag, ein sicheres Umfeld im Kosovo für den Aufbau einer zivilen Friedensordnung zu schaffen und zu erhalten sowie für die öffentliche Sicherheit und Ordnung zu garantieren. Seit Juni 1999 können bis zu 400 deutsche Soldaten im Kosovo eingesetzt werden. Aktuell befinden sich 68 deutsche Soldaten im Kosovo.

3. Die EU-Operation „Althea“ in Bosnien-Herzegowina
Die Bundeswehr hat den Auftrag, in Bosnien-Herzegowina bei der Aufrechterhaltung eines sicheren Umfeldes und der Einhaltung des Dayton-Abkommens zu unterstützen, sowie die Ausbildung der bosnischen Streitkräfte zu koordinieren.
Bis zu 50 deutsche Soldaten können für diese Sicherheitsoperation eingesetzt werden. Der Bundestag hat diesen erneuten Einsatz der Bundeswehr in Bosnien-Herzegowina am 8. Juli 2022 beschlossen. Die Mandatsdauer beträgt zwölf Monate und endet am 30. Juni 2023. Von 1995- 2012 war die Bundeswehr bereits in Bosnien-Herzegowina eingesetzt.

4. Friedensmission der UNO im Süd-Sudan
Der Einsatz der Vereinten Nationen dient der Friedenssicherung in diesem jungen Staat.
Die Bundeswehr beteiligt sich seit 2011 an der VN-Mission und unterstützt damit den Friedensprozess im Süd-Sudan. Aktuell sind 13 deutsche Soldaten vor Ort.

5. UN-Mission in Mali
Die Stabilisierungsmission der Vereinten Nationen dient der Sicherung des Friedens. Die Kernaufgaben sind, die Waffenruhevereinbarungen und die vertrauensbildenden Maßnahmen zwischen den Konfliktparteien sowie die Umsetzung des Abkommens für Frieden und Aussöhnung aus dem Jahr 2015 zu unterstützen. Die Stabilisierung Malis ist von zentraler Bedeutung für die territoriale Einheit des Staates. Die Bundeswehr ist seit 2013 mit maximal 1.400 Soldaten an dieser Operation beteiligt. Aktuell sind knapp 1.200 deutsche Soldaten in Mali stationiert. Damit handelt es sich um den zahlenmäßig größten Auslandseinsatz der Bundeswehr.

6. Mission der Vereinten Nationen im Jemen
Als eine unbewaffnete zivile politische Mission („Special Political Mission“) dient sie der Unterstützung des s.g. „Hodeïda Agreement“ zur friedlichen Beilegung von Streitigkeiten im Jemen. Seit April 2019 unterstützt Deutschland die Mission mit bis zu 5 Soldaten und maximal 5 Polizisten in Zivil. Aktuell wurde der Waffenstillstand im Jemen nicht verlängert.

7. Mission der Vereinten Nationen in der Westsahara
Die Mission der Vereinten Nationen (VN) dient der Vorbereitung eines Referendums über den Status der Westsahara und überwacht den Waffenstillstand zwischen Marokko und der Frente Polisario – einer militärischen und politischen Organisation in der Westsahara. Die Bundeswehr beteiligt sich an der Mission seit 2013 mit bis zu vier Militärbeobachtern. Aktuell sind 3 Bundeswehrsoldaten hier im Einsatz.

8. Interimstruppe der Vereinten Nationen im Libanon
Diese Operation ist die älteste noch aktive Friedensmission der Vereinten Nationen. Das Aufgabengebiet sah beim Beginn 1978 ursprünglich vor, den israelischen Abzug aus dem Libanon zu begleiten und die libanesische Regierung bei der Wiederherstellung der staatlichen Souveränität unterstützen. Die Bundesmarine unterstützt die UN-Mission seit 2006 im Rahmen der „Maritime Task Force“ und hat seit dem 15. Januar 2021 das Kommando über diesen Einsatzverband. Die deutsche Marine nimmt wichtige Aufgaben beim Schutz der libanesischen Hoheitsgewässer, bei der Verhinderung von Waffenschmuggel und beim Fähigkeitsaufbau sowie der Ausbildung der libanesischen Marine wahr. Aktuell ist die Bundeswehr mit 122 Soldaten an dieser Mission beteiligt.

9. NATO-Operation „Sea Guardian“
Die Operation „Sea Guardian“ der NATO soll zur Sicherheit im Mittelmeer und zur Stärkung der Südflanke der Allianz beitragen. Gleichzeitig steht bei dieser Mission die frühzeitige Erkennung krisenhafter Entwicklungen im Mittelmeerraum und maritimer Terrorismus im Vordergrund. Die Bundeswehr beteiligt sich seit 2016 temporär mit Schiffen und Booten an dieser Operation. Aktuell sind 177 deutsche Soldaten an dieser Mission beteiligt.

10. EU-Mission “IRINI”
“IRINI“ ist  eine militärische Operation der Europäischen Union im zentralen Mittelmeer, um das Waffenembargo der Vereinten Nationen gegen das im Bürgerkrieg befindliche Libyen durchzusetzen. Seit Mai 2020 können sich bis zu 300 deutsche Soldaten an der Operation beteiligen. Die Bundeswehr beteiligt sich im Wechsel mit einem Seefernaufklärungsflugzeug vom Typ P-3C Orion oder einem Schiff an dem EU-Einsatz. Aktuell beteiligt sich Deutschland mit einem U-Boot an „IRINI“.

11. NATO-Unterstützungsmission Ägäisches Meer
Die NATO-Unterstützungsmission wurde unter anderem von Deutschland zur Eingrenzung der Flüchtlingsrouten über diesen Seeweg initiiert. Ziel ist die Überwachung von Migrationsströmen und Schleuseraktivitäten im engen Seeraum zwischen dem türkischen Festland und den griechischen Inseln Lesbos und Chios und die Erstellung eines Lagebildes in der Ägäis. Kernauftrag der Einsatzgruppe ist Beobachten und Melden. Die Bundeswehr beteiligt sich seit Februar 2016 mit einem Kriegsschiff, aktuell mit dem Einsatzgruppenversorger „Bonn“.

Auslandseinsätze der Bundeswehr auf dem Territorium anderer NATO-Staaten

Die Bundeswehr hat im Rahmen der Verstärkung der NATO-Ostflanke, zum Teil nach Beginn des Ukraine-Krieges, deutsche Soldaten zur Verstärkung in anderen NATO-Staaten stationiert.

1. SHAPE Enhanced Forward Presence
957 deutsche Soldaten sind seit 2016 zur Stärkung der NATO-Ostflanke in Litauen stationiert.

2. Enhanced Vigilance Activities Slowakei
Nach Beginn des Ukraine Krieges wurden 536 deutsche Soldaten in der Slowakei stationiert.

3. Verstärkung der Luftraumkontrolle im Baltikum (Air Policing Baltikum)
Bei der NATO-Mission unterstützt die Bundeswehr seit 2014 die drei baltischen Staaten Estland, Lettland und Litauen. Deutschland beteiligt sich jährlich für mindestens vier Monate an einem streitkräftegemeinsamen Einsatzkontingent.

4. NATO-Mission Enhanced Air Policing South in Rumänien
Die Mission gibt es seit 2014. Die Bundeswehr hat sich im Februar/März 2022 zum zweiten Mal beteiligt und die italienischen Luftstreitkräfte „Aeronautica Militare“ unterstützt. In dem von der deutschen Luftwaffe und der britischen Royal Air Force entwickelten Konzept „Plug and Fight“, ergänzen Kleinstkontingente die Kräfte der jeweiligen Führungsnation und stützen sich zur Reduzierung des logistischen Aufwandes auf die vorhandenen Fähigkeiten der Führungsnation ab.

Ständige Einsätze der deutschen Marine im Rahmen von NATO-Operationen

Über die dargestellten Einsätze hinaus ist die deutsche Marine zum Teil seit Jahrzehnten an dauerhaften Missionen der NATO-Seestreitkräfte beteiligt.

1. Standing NATO Maritime Group 1
Dieser ständige Marineverband ist vor allem für Kontrolle und Schutz strategisch wichtiger Seewege im Nordatlantik und in der Nord- und Ostsee zuständig. Falls erforderlich kann er jederzeit in andere Seegebiete verlegt werden. Er besteht in der Regel aus mehreren Zerstörern und Fregatten sowie einem Versorgungsschiff der Flotten nahezu aller NATO-Mitgliedsstaaten – darunter immer ein Schiff aus Deutschland. Gegründet wurde dieser älteste Marineverband bereits 1967 als „Standing Naval Force Atlantic“; 2005 erhielt er seine jetzige Bezeichnung.

2. Standing NATO Maritime Group 2
Im Mittelmeer, besonders vor den Küsten der Krisengebiete in Nordafrika und Nahost, sorgt dieser Marineverband für Sicherheit. Der Verband besteht in der Regel ebenfalls aus mehreren Zerstörern und Fregatten, sowie einem Versorgungsschiff der Flotten verschiedener NATO-Mitgliedsstaaten – darunter immer ein Schiff aus Deutschland. Mit diesen Marineschiffen sind die Hauptfähigkeiten des Verbands vor allem Kontrolle und Schutz strategisch wichtiger Seewege. Der Verband entstand unter dem Namen „Standing Naval Force Mediterranean“; 2005 wurde er in Standing NATO Maritime Group 2 umbenannt. Auch dieser Verband kann bei Bedarf in andere Seegebiete verlegt werden.

3. Standing NATO Mine Countermeasures Group 1
Hauptoperationsgebiet des Ständigen Minenabwehrverbandes sind der Nordatlantik sowie die Nord- und Ostsee. Der 1973 gebildete Verband setzt sich normalerweise aus mehreren Minenabwehrbooten sowie einem Führungs- und Versorgungsschiff verschiedener NATO-Partner zusammen – darunter immer eines aus Deutschland. Der Verband auf das Suchen und Bekämpfen von Seeminen ausgerichtet. Das beinhaltet auch, Munitionsaltlasten aus vergangenen Kriegen und Konflikten zu beseitigen. Der Verband ist im Raum Nordeuropa unterwegs, vor allem im Englischen Kanal, in Nordsee und Ostsee. Wenn gefordert, kann dieser aber auch in anderen Regionen operieren.

4. Standing NATO Mine Countermeasures Group 2
Dieser 1999 aktivierte Verband ist ganzjährig vor allem im Mittelmeer, aber auch in den angrenzenden Seegebieten unterwegs und trainiert alle Aspekte der Minenkampfführung. Er ist mit Minenlegern und Minenabwehrschiffen, sowie Führungs- und Versorgungsschiffen in ständiger Einsatzbereitschaft. Er besteht aus einem Führungs- und Versorgungsschiff und mehreren Minenabwehrbooten verschiedener NATO-Nationen – darunter immer eines aus Deutschland. Wie die NATO Mine Countermeasures Group 1 ist der Verband auf das Suchen und Bekämpfen von Seeminen ausgerichtet und beinhaltet auch, Munitionsaltlasten aus vergangenen Kriegen und Konflikten zu beseitigen. Regionaler Schwerpunkt der Gruppe ist das Mittelmeer. Wenn gefordert, kann sie aber auch in anderen Seegebieten operieren.
Die heutige Bezeichnung „Standing NATO Mine Countermeasures Group 2“ erhielt sie 2005.

Bewertung

Alle dargestellten Auslandseinsätze der Bundeswehr finden entweder im Rahmen der NATO oder der EU oder der Vereinten Nationen statt. Das jeweilige vom Bundestag beschlossene Mandat hat in der Regel ein Jahr Gültigkeit und kann nach Kabinettsbeschluss vom Parlament bei Bedarf immer wieder um ein Jahr verlängert werden. Die Frage, die sich stellt ist, ob Deutschland sich grundsätzlich an Auslandseinsätzen beteiligen sollte, ob alle aufgeführten Missionen auch im Interesse Deutschlands sind und ob durch diese Einsätze möglicherweise die Landesverteidigung beeinträchtigt wird.

Rechtlich gesehen, ist Deutschland befugt, die Bundeswehr auch für Einsätze im Rahmen von NATO, EU oder UN zur Verfügung zu stellen. Um als souveräner Staat anerkannt und wahrgenommen zu werden und vor allem auch, um die eigene Bündnisfähigkeit und -bereitschaft zu beweisen, sollten entsprechende Einsätze auch ermöglicht werden. Sie sollten jedoch auch der Bevölkerung vermittelt werden, was bislang nur unzureichend der Fall ist. Ich glaube, dass von den hier aufgeführten Beteiligungen deutscher Soldaten an NATO-, EU- oder UN-Missionen nur ausgesprochen interessierte Bürgerinnen und Bürger eine Vorstellung haben.

Neben der Pflicht zur Information und „Mitnahme“ der Bevölkerung müssen die Politiker immer im Auge haben, ob solche Einsätze auch im nationalen Interesse unseres Landes sind und die Fähigkeit zur Landesverteidigung dadurch weder personell noch materiell gefährdet ist. Und genau in diesem Punkt gibt es durchaus Zweifel, ob die genannten Aspekte in den aktuellen Auslandseinsätzen genügend berücksichtigt werden. Von dieser Betrachtung ausgenommen, sind ständige Operationen der NATO, im Regelfall der Seestreitkräfte an denen sich die deutsche Marine routinemäßig beteiligt. Diese Einsätze erfordern keine Mandatierung durch den Bundestag. Völlig anders ist das aber z.B. beim Einsatz der Bundeswehr in Mali. Hierfür gibt es zwar ein Mandat der Vereinten Nationen, aber keine hinreichende Begründung, ob diese Operation auch im nationalen Interesse Deutschlands ist und ob die Sinnhaftigkeit dieser Mission von den eigenen Bürgern überhaupt verstanden wird.

Letztlich unterstützen unsere Soldaten im Rahmen der UNO, eine Militärdiktatur, die jeglicher rechtlichen Grundlage entbehrt. Leider ist dieses Mandat ohne glaubhafte und im Sinne einer funktionierenden Demokratie kontroversen Diskussion verlängert worden, obwohl aktuell auch im benachbarten Burkina Faso zwei Militärputsche stattgefunden haben.

In Frage stellen müsste man auch Operationen, die seit Jahren ohne konkretes Ergebnis geblieben sind, wie die Beteiligung der Bundesmarine an der Interimstruppe der Vereinten Nationen im Libanon oder die EU-Mission „IRINI“ zur Überwachung des Waffenembargos gegen Libyen. Am 7. Oktober 2022 hat Bundespräsident Steinmeier auf Malta das U-Boot „U-35“ besucht, das für einen Versorgungsstopp im Hafen der Hauptstadt Valletta vor Anker lag. U-35 ist aktuell an der EU-Mission „IRINI“ im Mittelmeer zur Durchsetzung des Waffenembargos gegen Libyen beteiligt. Das U-Boot war am 5. September 2022 von seinem Heimathafen Eckernförde in See gestochen und soll am 13. Januar 2023 dort wieder vor Anker gehen. Auch mir hat diese Meldung in Erinnerung gerufen, dass die „IRINI“-Operation immer noch läuft. Libyen ist seit dem von den USA und der NATO völkerrechtswidrig herbeigeführten Sturz von Mohammed Gaddafi ein Fail State. Unabhängig davon, ob ein deutsches U-Boot geeignet ist, ein Waffenembargo zu überwachen, wäre es sicherlich zielführender eine Friedenslösung herbeizuführen.

Grundsätzlich wäre es erforderlich, dass vor der Verlängerung von Auslandseinsätzen seitens der Bundesregierung und auch durch den Bundestag eine Erfolgskontrolle durchgeführt wird, ob die Zielsetzung noch gegeben und eine überzeugende Sicherheitsstrategie vorhanden ist. Das ist bislang für die Bevölkerung jedenfalls nicht erkennbar. Vielmehr hat man den Eindruck, dass solche Mandatsverlängerungen „einfach durchgewunken werden“, zumal diese Entscheidungen auch in den Medien meistens wenig Beachtung finden.

Aktuell hat die CDU-Fraktion im Rahmen der Mandatsverlängerung für den Einsatz deutscher Soldaten im Irak bemängelt, es fehle an einer Sicherheitsstrategie für diese Region. Warum die CDU/CSU der Verlängerung des Mandats trotzdem zugestimmt hat, ist für mich nicht nachvollziehbar. Vielleicht lag es daran, dass dieser Tagesordnungspunkt – wie auch in der Vergangenheit sehr häufig – am Freitagnachmittag behandelt wurde.

Der im Grundgesetz definierte Auftrag der Bundeswehr ist die Landesverteidigung, die aber nur im Rahmen von Bündnissen wie NATO und/oder EU sichergestellt werden kann. Deshalb ist die Beteiligung der Bundeswehr an NATO-, EU- und UN-Missionen grundsätzlich eine selbstverständliche Verpflichtung. Die organisatorischen, personellen und materiellen Voraussetzungen für die eigene Fähigkeit zur Landesverteidigung müssen allerdings von Deutschland selbst geschaffen werden, Aktuell ist diese Fähigkeit nur bedingt gegeben und würde durch weitere Waffenlieferungen an die Ukraine aus dem Bestand der Bundeswehr und zusätzliche Verlegungen von noch mehr Truppenteilen in andere NATO-Staaten unverantwortlich weiter gefährdet.

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9 Kommentare

  1. Vergessen werden auch gerne immer wieder die AWACS Besatzungen, das KSK und das KSM! Deren Einsätze müßen nicht durch eine demokratische Abstimmung Legitimiert werden! Diese entziehen sich aufgrund der Geheimhaltung einer Parlamentarischen Kontrolle!

  2. Für „Friedenseinsätze“ sind die UN-Blauhelme vorgesehen.

    Das Budget für Blauhelmeinsätze beträgt 6,7 Milliarden US$ pro Jahr (1. Juli 2018 – 30. Juni 2019) und macht damit weniger als 0,5 Prozent der jährlichen weltweiten Militärausgaben aus.

    An den „Friedenseinsätzen“ der Bundeswehr muss doch was faul sein, oder ?

  3. Danke an den Autor Jürgen Hübschen für die Aufnahme dieses Themas. Im Forum wurde unter:
    umbhaki sagt:
    23. Oktober 2022 um 20:44 Uhr
    Zum Artikel: https://overton-magazin.de/hintergrund/politik/verstaatlichte-proteste-die-dgb-sozialdemos-wenden-sich-gegen-teuerung-aber-nicht-gegen-den-krieg/
    bereits dieses Thema kurz diskutiert.
    Mengel sagt:
    23. Oktober 2022 um 22:06 Uhr
    Durch die Aufhebung der Wehrpflicht ist das Thema Militär, Krieg auch nicht mehr bei der Jugend und in den Familien präsent.
    Ein paar naive entscheiden sich für eine „Karriere“ beim Bund und verstehen meist nicht, was sie mit unter Einsatzes ihres Lebens heute vor allem verteidigen.
    Hinzu kommt, dass die jungen Menschen, welche sich für diese Form von „beruflicher Zukunft“ entscheiden, eine andere Perspektive nicht bei dieser Bezahlung erreichen konnten. Das der meiste Teil auch aus dem „Prekariat“ mit ähnlichen Elternhaus kommt, macht die Sache noch einfacher, dass dieses Thema „Bundeswehr, NATO und deren Kriege und Tote“ in der Gesellschaft nicht vorkommt.

    Ich persönlich war erschrocken über mein Nichtwissen über dieses Thema, denn ich wäre niemals auf so viele Auslandeinsätze gekommen. Die Medien sind schon recht geschickt, brisante Themen auszulassen. Dieses nicht Vorkommen von Themen in den Medien und damit in unserer Wahrnehmung macht diese Fülle an Auslandseinsätzen zur Durchsetzung von deutschen, europäischen und NATO-Interessen erst möglich. Denn sonst würde dieses moralisieren der Auslandspolitik nicht so gut funftionieren.

    Was auch viel zu kurz in dieser Diskussion kommt, ist, warum diese vielen Missionen stattfinden. Das Brunnenbohren und Mädchenschulen nicht das Ziel sind, hat sich ja schon rumgesprochen.
    Die Hauptgründe der Kosovomission sind ja im Forum gut bekannt. KFOR sind die grünen Männchen, die später wie in Kopie auf der Krim auftauchten.
    Im Südsudan könnte es wohlmöglich auch mehr um den Zugriff auf die großen Rohstoffreserven als um das wohlergehen der Menschen vor Ort gehen. https://www.wallstreet-online.de/nachricht/5055162-rohstoffe-sued-sudan-gesetz-bergwerkssektor-schwung Das Uran scheint für Frankreich sehr wichtig zu sein.
    Zu Mali werden ein paar Hintergründe von Thomas Röper erklärt: https://www.anti-spiegel.ru/2022/warum-der-europaeische-einfluss-in-afrika-zurueckgeht/ Diese Gründe haben aber wenig mit Moral und Feminismus zu tun, wie unsere möchtegern Völkerrechtlerin uns gerne glauben läßt.

    Wie ich schon ganz oben in meinem Post anführte, sehe ich ein großes Problem im Desinteresse und der zu geringen Wahrnehmung dieser Probleme in unserer Bevölkerung. Sicherlich ist ein Grund dafür, dass diese Themen in unseren MSM nicht vorkommen. Aber es liegt auch daran, dass unsere Bundeswehr nur noch eine Berufsarmee und somit nur wenige Menschen in der Bevölkerung mit den Problemen aus diesen Maßnahmen betroffen sind. Bei einer allgemeinen wehrpflicht für alle, wo auch Töchter und Söhne von Ärzten, Beamten, Ingenieure und Wissenschaftler, also von Bürgern der bürgerlichen Mitte ihren Kopf wirklich hinhalten müssten, gäbe es eine ganz andere Präsens in unserer Whrnehmung und damit einen viel größeren Protest.

    1. “ Bei einer allgemeinen wehrpflicht für alle, wo auch Töchter und Söhne von Ärzten, Beamten, Ingenieure und Wissenschaftler, also von Bürgern der bürgerlichen Mitte ihren Kopf wirklich hinhalten müssten…“

      Na, ob das für die genannte Zielgruppe was wäre ?
      Die Püppies müssten mit Proletenkindern auf der Stube liegen, im Doppelbett. Oben furzt der Kevin aus Gelsenkirchen und nebenan rülpst und schminkt sich die diverse Klaus Bärbel.
      Das ist schon lustig auf Stube, wenn ins Privatfach eine Palette Dosenbier passt und der Spieß da nicht reingucken darf.
      Für gesellschaftliche Entfremdung und Klassismus bleibt da wenig Raum.

      1. Die Entscheidung zur Umwandlung der Bundeswehr von einer Wehrpflichtarmee hin zu einem Heer aus Berufssoldaten war eine Entscheidung zu weniger demokratischer Präsenz, mehr Krieg und Gewalt.

        Dass die bürgerlichen Snobs nicht mit dem Proletariern auf einer Stube verbringen wollen, war auch ein Grund sich dort auszuklinken und es der dummen unteren Schicht zu überlassen, sein Leben zu riskieren.

        Siehe: https://rp-online.de/politik/deutschland/unterschicht-beim-bund_aid-9310765
        „Droht der Bundeswehr also eine „Unterschicht“-Debatte? Die heiß diskutierte Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung sieht den Anteil des „Prekariats“ in den westlichen Bundesländern bei vier, in den östlichen bei 20 Prozent. Aber: Die Bewerbungen für den Beruf Soldat kommen bei der Bundeswehr überwiegend aus dem Osten.

        …Das Gefälle ist überdeutlich: Fast 40 Prozent der Haupt- und Realschüler können sich vorstellen, Soldat zu werden, aber nur 19 Prozent der Gymnasiasten. …“

        Das war 2006 so und weil sich die unmstände in Deutschland nicht verändert haben wird es heute immer noch so aussehen.

        Noch ein guter Artikel von der Welt von 2011 dazu mit dem bezeichnenden Titel: „Die Unterschicht übernimmt die Landesverteidigung“
        https://www.welt.de/debatte/kommentare/article12186329/Die-Unterschicht-uebernimmt-die-Landesverteidigung.html

        “ Rund ein Fünftel der Bundesbürger lebt im deutschen Osten, aber etwas mehr als ein Drittel des Bundeswehrpersonals stammt daher. Dabei gilt: Je höher Dienstgrad (und Gehalt), desto weniger Ostdeutsche.“

        Ich hatte mich vor ein paar Wochen mit einem Ex-Berufssoldaten (12 jährigen) unterhalten, der gerne länger gemacht hätte. Ihm wurde mehr oder weniger direkt vermittelt, dass dies auf Grund seiner herkunft in Bayern nicht möglich ist. Dieser Rauswurf geschah vor ca. 10 Jahren.

        1. „Die Entscheidung zur Umwandlung der Bundeswehr von einer Wehrpflichtarmee hin zu einem Heer aus Berufssoldaten war eine Entscheidung zu weniger demokratischer Präsenz, mehr Krieg und Gewalt.“

          Es war eine Entscheidung sich dem Angriffsdogma der NATO unter Federführung der Amerikaner zu unterwerfen.
          Die NATO ist kein Verteidigungsbündnis mehr wie ursprünglich entworfen und hat ihre Legitimation nach Auflösung des Warschauer Paktes verloren.

          Inwiefern die Bundeswehr früher als zwangsrekrutierende Wehrpflichtigenarmee als „demokratisch“ zu bezeichnen wäre, lasse ich offen.

          Es ginge ohne Militär, wenn Deutschland aus seiner Geschichte gelernt hätte.

          Mit zwei dummen Kühen in den wehrrelevanten Ressorts konnte niemand rechnen.

          Insofern war “ Nie wieder Deutschland“ die richtige Forderung.

  4. Was ist mit der Fregatte, die im südchinesischen Meer kreuzt? Also nicht gerade in nordatlantischen Gebiet? Wenn unsere Verteidigungs- und Außenministerin so weitermachen, sind wir bald „im Auftrag des Herrn“ auf der ganzen Welt unterwegs. Manche Konflikte „des Herrn“ gehen uns doch gar nichts an.

    1. Die beiden könnten uns in einem Schwung mal erklären, warum sich Deutschland am Hindukush verteidigen durfte, Russland sich aber nicht in der Ukraine.

      Hintergrund meiner Frage sind die Ex-NATO-Raketen, die in der Nordukraine 400 km von Moskau entfernt standen
      und jederzeit mit Nuklearsprengköpfen hätten bestückt werden können.

      So brisant war das ja nie mit Deutschland und dem Hindukush.

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