
Ein 29-jähriger Afghane hat in Washington zwei Nationalgardisten angegriffen. Der Mann war kein Islamist, sondern gehörte einst einer brutalen Spezialeinheit der CIA an und wurde wohl als Jugendlicher rekrutiert. Klar ist deshalb: Die Fehler des „War on Terror“ holen uns bis heute ein.
Der tödliche Angriff, den Rahmanullah Lakanwal in der vergangenen Woche nahe des Weißen Hauses in Washington ausübte, ähnelte seinem einstigen Alltag in Afghanistan: Mittels eines Hinterhaltes schoss er auf zwei Soldaten der amerikanischen Nationalgarde. Die 20-jährige Sarah Beckstrom ist mittlerweile ihren Verletzungen erlegen. Ihr Kamerad schwebt weiterhin in Lebensgefahr. US-Präsident Donald Trump sprach von einem „Akt des Terrors“ und machte seinen Vorgänger Joe Biden für die Tat mitverantwortlich. Außerdem kündigte er drastische Konsequenzen an. Der Grund: Rahmanullah Lakanwal wurde während des Abzugs der NATO-Truppen und der Rückkehr der militant-islamistischen Taliban im Jahr 2021 vom US-Militär und der CIA evakuiert und in die USA gebracht.
Der War on Terror ist zurück in Washington
Der Afghane und fünffache Familienvater war allerdings keine einfache Ortskraft, sondern gehörte einer brutalen Miliz an, die im Zuge des „War on Terror“ in der Region vom US-Auslandsgeheimdienst ins Leben gerufen wurde: Den sogenannten Nuller-Einheiten (Zero-Units), die in mehreren Regionen des Landes operierten. Weitere ähnliche Kämpfer wie die „Khost Protection Force“ (KPF) existierten auch in Lakanwals Heimat, der südöstlichen Provinz Khost nahe der Grenze zu Pakistan. Um möglichst effektiv gegen Aufständische vorzugehen, errichtete die CIA dort ein loyales Terrorregime, das in seinen Praktiken ähnlich brutal vorging als die feindlichen Taliban-Kämpfer – und dadurch Feindseligkeit regelrecht säte. Zahlreiche Berichte, etwa von „Human Rights Watch“, beschrieben das Vorgehen der Nuller-Einheiten sowie der KPF eindrücklich. Unter anderem ging es darin um nächtliche Razzien, die gemeinsam mit US-Soldaten durchgeführt wurden, logistische Unterstützung und Aufklärungsarbeit. Meist wurden „Terrorverdächtige“ als auch Zivilisten ohne Richter und Kläger gefoltert und hingerichtet. Journalisten und Menschenrechtsbeobachter wurden eingeschüchtert. In den Regionen, in denen die Milizen operierten, wurde ihnen meist auch die Einreise verweigert.
Besonders problematisch war allerdings der Umstand, dass all diese Milizionäre ausschließlich unter US-Kontrolle standen und nicht Teil der Hierarchie des afghanischen Sicherheitsapparates, bestehend aus Verteidigungsministerium, Militär und Geheimdienst, waren. Die damals ohnehin schon kaum existente Rechtsstaatlichkeit der mittlerweile gefallenen afghanischen Republik konnte ihnen demnach nichts anhaben – auch nach erwiesenen Kriegsverbrechen. „Nicht einmal der Präsident kann gegen diese Männer vorgehen“, erzählte mir etwa ein Händler aus der Provinz Khost im Jahr 2017, als sich abermals der Unmut über die Kämpfer häufte und ich zu ihren Aktivitäten recherchierte. „Es gab Operationen, die unschuldigen Menschen das Leben kosteten. Doch die afghanische Regierung konnte dagegen nichts machen, auch nach Beschwerden seitens der betroffenen Familien nicht“, erzählt ein Mann, der aus dem gleichen Distrikt stammt wie Rahmanullah Lakanwal.
Mehrere Quellen vor Ort behaupten auch andere Dinge. So heißt es etwa, dass Lakanwal und seine Kameraden mindestens einmal im Gefängnis saßen, nachdem sie ihre eigenen Verbündeten, in diesem Fall die afghanische Polizei in der Provinz Kandahar, angriffen und mehrere von ihnen töteten. Der Grund: Ein Streit um den Umgang mit einem Gefangenen eskalierte. Doch lange mussten die CIA-Schergen nicht hinter Gittern verweilen. „Sie kamen schnell raus, einer nach dem anderen“, erzählt eine Quelle, die namentlich nicht genannt werden will. Mittlerweile ist auch klar, dass Lakanwal zum Zeitpunkt seiner Rekrutierung minderjährig gewesen ist. Berichten zufolge war er zwischen 14 und 16 Jahre alt. Sein älterer Bruder war schon früher Teil der Miliz.
Kein Extremist
Nach der Rückkehr der Taliban war klar, dass die Zeit der Nuller-Einheiten sowie anderer CIA-Milizen vorbei war. Immerhin zogen ihre Unterstützer ab. In den USA zweifelte allerdings niemand an der Loyalität der Kämpfer, die man jahrelang herangezüchtet, ausgebildet und mit hohem Sold entlohnt hatte. Denn während des Abzugs des US-Militärs aus Afghanistan spielten Lakanwal und seine Kameraden eine wichtige Rolle – zumindest aus amerikanischer Sicht. So sicherten sie, in gewohnt brutaler Manier, den Kabuler Flughafen ab und gingen hart gegen die damals panischen Massen an den Gates vor. Im Anschluss wurden sämtliche Kämpfer ausnahmslos vom US-Militär und der CIA evakuiert. „Die Amerikaner bestanden darauf, da sie wussten, wie treu ihnen diese Männer waren. Für ihre Menschenrechtsverletzungen interessierte sich niemand“, erinnert sich Noor ul-Hadi, ein Afghane aus der Provinz Nangarhar, wo die Nuller-Einheiten einst präsent waren. 2012 stürmten amerikanische und afghanische Soldaten das Haus seines Vaters und töteten ihn. Dabei war dieser kein Extremist, sondern für die lokale Regierung tätig.
Auch in den letzten Tagen des US-Einsatzes in Afghanistan wurde deutlich, dass Männer wie Lakanwal, Kämpfer, denen man selbst das Töten gelehrt hatte, unberechenbar war und meist ihre Machtposition missbrauchten. So häuften sich während der Evakuierung am Kabuler Flughafen Berichte über Nuller-Einheiten, die vor den Gates als Schleußer agierten und Afghanen und Afghaninnen, die vergeblich auf eine Ausreise warteten, für mehrere Tausend US-Dollar pro Kopf über die „andere Seite“ brachten.
Angekommen in den USA begannen viele der einstigen Milizionäre ein Dasein, das sich völlig von ihrem Leben im Krieg unterschied. Berichten zufolge war Rahmanullah Lakanwal bis zuletzt als Lieferant für Amazon tätig. Außerdem, so schreiben mehrere Medien, war er bereits in Afghanistan traumatisiert von den Einsätzen, die im Auftrag der amerikanischen Unterstützer begangen wurden. Zuletzt fürchteten viele Ortskräfte wie Lakanwal aufgrund der repressiven Flucht- und Migrationspolitik Donald Trumps eine Abschiebung ins Emirat der Taliban, die sie jahrelang bekämpft hatten. Diese Situation dürfte nun weiter eskalieren. Erst am Donnerstag verkündete die US-Regierung, einen weiteren Afghanen, der nach 2021 in die USA kam, verhaftet zu haben. Berichten zufolge soll er für den damaligen Geheimdienst NDS, der auch von der CIA aufgebaut wurde, tätig gewesen und gleichzeitig mit IS-Terroristen verbandelt gewesen sein. Auch mit diesem Fall wird klar: Der Schattenkrieg, den die USA einst in Afghanistan begann und der damals schnell außer Kontrolle geriet, ist mittlerweile wortwörtlich Zuhause angekommen.





Wie kam es eigentlich dazu das ein Wort praktisch aus dem deutschen Vokabular entfernt wurde?
Todesschwadrone. Die USA/CIA unterhält weiterhin Todesschwadrone.
Ist nicht als Kritik am Artikel gemeint, finds bloss bemerkenswert wie die orwellisierung der Sprache voran schreitet.
PS: Mit dem Beitrag kann ich auch den hrammar-nazi spielen. Ziemlich sicher es heisst eigentlich „nach Hause“ (im Titel) 😉
Die Strafe der bösen Tat!
Wer mit den Amis zusammenarbeitet wird durch die Amis umkommen
Henry Kissinger: „Es kann gefährlich sein, Amerikas Feind zu sein, aber Amerikas Freund zu sein ist fatal.“
Schätze, dem ist nicht viel hinzuzufügen…
Etwas naiv, der Artikel. Wer hat ihm den Auftrag erteilt, zu welchem Zweck? Ja, es sind Killer – aber Auftragskiller.
Sehen wir nach Deutschland passiert gerade Folgendes:
Die Abschaffung des Rechts
Rechtlos getellt, erst kommen die Flüchtlinge dran, dann kommen wir dran!
https://www.deutschlandfunk.de/abschiebehaeftlinge-verlieren-anspruch-auf-pflichtanwalt-104.html
Unter „Schattenkrieg“ werden Operationen in anderen Ländern bezeichnet ohne, dass offiziell ein Krieg stattfindet. Der Krieg in Afghanistan war jedoch offiziell.
Solle die Überschrift nicht besser lauten:
„Wenn der Terror nach hause kommt“