„Und die Pforten des Hades werden sie nicht überwältigen“

Spaso-Preobrazhensʹka Church
Maksym Kozlenko, CC BY-SA 4.0, via Wikimedia Commons

Wie ist die Situation für die Ukrainisch-Orthodoxe Kirche in der Ukraine? Wie leben Christen in Zeiten des Krieges?

Армія, мова, віра – Armee, Sprache, Glaube – mit dieser 2016 deklarierten Strategie bewarb sich Petro Poroschenko im Jahr 2019 zum zweiten Mal um das Präsidentenamt in der Ukraine – und musste Wolodymyr Selenskyj mit seinem Friedensversprechen den Vortritt lassen. Kurze Zeit nach Amtsantritt des neuen Präsidenten fand sich die Ukraine in der Poroschenko-Strategie wieder. Der Religion wird eine bedeutende Rolle in der anhaltenden Etablierung der Ukraine als Anti-Russland beigemessen. Das führte im August vergangenen Jahres zum Verbot der Ukrainischen Orthodoxen Kirche, verbunden mit dem Zwang zum Übergang in die neu gegründete Orthodoxe Kirche der Ukraine, dessen Frist Ende Mai 2025 auslief.

Autor und Filmproduzent André Sikojev, Erzpriester der Berliner Kirche „Schutz der Gottesmutter“, hält enge Kirchenbeziehungen zu betroffenen Gemeinden in der Ukraine. Er gibt Antworten zu den Praktiken des Kirchenübergangs, zu Maßnahmen gegenüber an der Ukrainischen-Orthodoxen Kirche festhaltenden Geistlichen, zu den Konsequenzen für die Christen in der Ukraine.

Und vertraut darauf: „Und die Pforten Hades werden sie nicht überwältigen“[1]

 

Schroeter: Herr Sikojev, im August 2024 hatte die Werchowna Rada das Gesetz verabschiedet, das die Ukrainische Orthodoxe Kirche verboten und ihre Diözesen zum Übergang zu der Orthodoxen Kirche der Ukraine verpflichtet hat. Dafür war eine Frist von 9 Monaten eingeräumt worden, die nun zu Ende geht. Wie schätzen Sie die aktuelle Sachlage ein?

Sikojev: Die Verfolgung und faktisch seit Jahren betriebene Zerstörung der Ukrainischen Orthodoxen Kirche wurde von langer Hand geplant, finanziert und tritt seit zwei, drei Jahren in ihre finale Phase. Mit dem quasi-juristischen Verbot der größten und ältesten Kirche der Ukraine mit einst zwölftausend Gemeinden landesweit hat die Selenskyj-Administration nun zum finalen Schlag ausgeholt. Der Krieg gegen die eigene christliche Bevölkerung wird nun von Woche zu Woche intensiviert. Je nach Kooperationswillen und Interessenslage der jeweiligen örtlichen Oligarchen, Politiker oder interessierter schismatischer Religionsgruppen in den Verwaltungsbezirken (Oblast´ – Gebiet), nimmt dieses Verbotsverfahren mal mehr und mal weniger brutale Züge an: landesweit werden Priester und Bischöfe bedroht, verhört, verhaftet. Immer wieder werden Kirchen und Gemeinden von paramilitärischen Schlägertrupps angegriffen.

Schroeter: Wie muss man sich das im Konkreten vorstellen?

Sikojev: Der ukrainische Geheimdienst SBU übernimmt Hausdurchsuchungen, Verhaftungen, fingierte Anklagen gegen Geistliche und Laien bis hin zu Haft, Gefängnisstrafen. Oder zwingt ihre Opfer nicht selten zu Flucht und Emigration, um als letzten Ausweg das eigene Leben und das der Familien zu retten.

Eine von Kiew etablierte Taktik: mit Knüppeln, Tränengas und Schusswaffen ausgerüstete Schlägertruppen werden zu Dutzenden oder Hunderten aus anderen Regionen eingefahren. Und dann auf die ausgesuchten Kirchen und Gemeindemitglieder losgelassen, egal ob Männer, Frauen, Kinder, Alte. So zuletzt geschehen beim Sturm auf eine Kathedralkirche in Tscherniwzi (Czernowitz) in der Westukraine, in Deutschland bekannt als Geburtsort von Paul Celan und Rose Ausländer.

Parallel dazu werden – unabhängig von der Widerstandslage vor Ort – über die Katasterämter und Grundbuchverwaltungen die Gemeinden und Klöster ganz offiziell juristisch enteignet und beraubt – alles mit staatlicher notarieller Beglaubigung.

Die offiziellen Organe der Ukrainischen Orthodoxen Kirche (Oberhaupt: Metropolit Onuphrij von Kiew) ist voll von Berichten über Brandstiftungen, Überfällen, Körperverletzungen, Vertreibungen, Verhaftungen, fabrizierten Anklagen. Das Ganze ist leicht vergleichbar mit den bolschewistischen Kirchenverfolgung Anfang der 1920er Jahre oder den Bildern der Novemberpogrome 1938 in Deutschland. Vieles erinnert auch an den Terror der chilenischen und argentinischen Militärjunta in den 1970er und 1980er Jahren. Diese Assoziationen liegen nicht nur faktisch nahe, vor allem auch ideologisch. Das Kiewer Regime hat seit dem US-Putsch 2014 (Victoria Nuland: „F… the EU“) und der Machtergreifung mit Hilfe rechtsradikaler Sturmabteilungen[2] nicht nur den Majdan-Protest des Volkes gegen die korrupten Oligarchen beendet – sondern seinen rassistischen, atheistischen, oligarchischen und heidnischen Charakter in nahezu allen Lebensbereichen unter Beweis gestellt. Der Krieg der ukrainischen Nationalisten und Oligarchen gegen die eigene russischsprachige und orthodoxe Bevölkerung, gegen Millionen Gläubige im eigenen Land ist Bestandteil eines Klimas der Angst und des Terrors: Instrumente des Machterhalts und der Konsolidierung des Regimes.

„Es kommt dort laufend zu Blasphemien“

Schroeter: Der Spiegel titelte im August 2024: „Kiew verbietet Moskaus Kirche in der Ukraine“[3]. Was ist damit gemeint?

Sikojev: Eine sehr wichtige Frage! Kanonisch gehört die Ukrainische Orthodoxe Kirche als autonome und selbstständige Struktur seit Jahrhunderten zum Gesamtkonzil der Russischen Orthodoxen Kirche. Deren Oberhaupt ist der jeweilige Patriarch von Moskau, welcher nicht mit dem Papst vergleichbar ist, da er außerhalb der eigenen Diözese (Moskau) keine Weisungsbefugnis hat, sondern zum Bischofskonzil einlädt. Dort ist er Versammlungsleiter, wie auch in der Synode dem Exekutivorgan, aber stets mit anderen Bischöfen konziliar. Zurzeit ist dies Patriarch Kyrill.

Die Ukrainische Orthodoxe Kirche hat ein eigens Bischofskonzil zu ihrer Leitung. Somit sind die Beziehungen mit Moskau und der Russischen Orthodoxen Kirche rein historischer, spiritueller, liturgischer und kanonischer Natur, gewachsen in Jahrhunderten, und so bewahrt durch alle politischen Konflikte und Kriege hindurch.

Die Ukrainische Kirche wählt also ihr Oberhaupt und ihre Bischöfe ohne Einmischung von außen selbst. Sie hat volle exekutive und legislative kirchliche Autonomie. Mit dem Verbot der russischen Sprache in der Ukraine seit 2015 und den allseitigen Repressalien des Regimes vor allem im Osten des Landes, begann auch der Kampf gegen die Ukrainische Orthodoxe Kirche im Land.

Dafür wurden aus Washington nicht nur Strategien, Vorgaben und Konzepte, sondern von Behörden wie der United States Agency for International Development Millionen und Abermillionen Dollar bereitgestellt. Die USAID hatte zuletzt ein Jahresbudget von rund 42 Milliarden Euro (2024) von denen allein 2023 rund 16 Milliarden Dollar in die Ukraine flossen. Denn es ging nicht nur um den Kampf gegen „russische Ideologie und Propaganda“, sondern um Wahlbeeinflussung und „verschleierte Zuwendungen“, kurz gesagt, um die „Sicherung außenpolitisch-strategischer Interessen“[4].

Als offizieller Partner hierfür wurde durch das US-Außenministerium – noch unter Präsident Poroschenko – das Patriarchat von Konstantinopel mit seinem Oberhaupt Patriarch Bartholomäos mit Sitz in Istanbul angeworben. Dort arbeitete man gegen ein Handgeld (verschiedene Quellen sprechen von fünfzig bis sechzig Millionen Dollar) ein Dokument zur „Autokephalie“ für die Ukraine aus – den Tomos (griech.), welcher seit Januar 2019 den ukrainischen Machthabern als pseudokirchliche Grundlage diente, alle unkanonischen Strukturen, diverse Splittergruppen und Schismatiker sowie einzelne, wegen krimineller Machenschaften unter Verbot stehende Kleriker[5] zu einer neuen Staatskirche zu sammeln. Und diese so offiziell zu etablieren: die sog. „Orthodoxe Kirche der Ukraine“ (ukr.: PZU, engl.: OCU).

Die Forderung Poroschenkos an die kanonische Kirche lautete nunmehr: sich „freiwillig“ zu vereinigen bzw. „überzutreten“. Und genau diesen Übertritt haben auch Selenskyj und seine Paten bis 2024, dem Jahr des vollständigen Kirchenverbots, mit allen Mitteln betrieben: mit Erpressung, Bestechung, Gewalt. Denn sowohl das Kirchenvolk wie auch die Synode und Bischöfe unter Metropolit Onuphrij waren entschieden gegen eine solche Selbstauflösung, bis heute! Und sie genießen hierbei die Solidarität und Unterstützung nahezu aller orthodoxen Kirchen, Bischöfe und Laien weltweit![6]

Schroeter: Jeder, der einmal Kiew besucht hat, war beeindruckt von der Architektur des Kiewer Höhlenklosters, das zudem zu den wichtigsten Zentren des orthodoxen Christentums mit 1000-jähriger Geschichte und Tradition gehört.  Wie ist heute die Situation im Kiewer Höhlenkloster?

Sikojev: Auch hier ist die Lage angespannt wie im ganzen Land. Das Kiewer-Höhlenkloster wurde bekanntlich zu einem großen Teil vom Staat enteignet, die Mönche vertrieben und der Regierung, sprich dem Kultusministerium, unterstellt. Die geographisch „Untere Lawra“ genannte Klosteranlage mit ihren jahrtausendealten Heiligtümern und Reliquien dürfen nur noch Staatsbeamte oder Schismatiker der neugegründeten ukrainischen Staatskirche betreten. Es kommt dort laufend zu Blasphemien, Ikonen und Kunstgegenstände werden gestohlen, ausgelagert oder in den Westen „dauerverliehen“. Der Gerichtsprozess zur Enteignung der „Oberen Lawra“ wurde zuletzt für Mai angesetzt. Die Hoffnung auf eine faire Rechtsprechung ist gering.

Schroeter: Wie läuft solch ein „Übergang zur Orthodoxen Kirche der Ukraine“ ab?  Ukrainische Blogger berichten auf Telegram-Kanälen vom Widerstand von Priestern und Gläubigen, können Sie dazu etwas sagen?

Sikojev: Systematisch wird durch die örtlichen Strukturen des Geheimdienstes und der Polizei landesweit Druck auf die Gemeinden und Priester ausgeübt. Vorladungen und Verhöre sind an der Tagesordnung. Die Forderungen sind immer dieselben: Verrat an der eigenen Kirche, Übertritt zu alternativen und staatsnahen Strukturen und Organisationen.

Dabei ist es egal, ob das Kirchenvolk einem Übertritt folgt. Kann der Gemeindepfarrer dem Druck nicht mehr standhalten, muss fliehen oder sich anpassen, werden diese Kirchen oft mangels Besucher völlig geschlossen. Nicht selten kommen dann einige Zeit später Bulldozer und machen das Gebäude platt, wie zuletzt im Gebiet Lwow geschehen. Oder es wird anderweitig zerstört.

Die meisten übernommenen oder enteigneten Kirchen stehen jedoch leer, es gibt keine Gemeinden mehr – niemand vertraut den Schismatikern. Oder schlimmer: viele dieser Gebäude werden – wie in der Zeit des kommunistischen Atheismus – säkularisiert und in Bars, Diskotheken oder anderweitig „umgewidmet“. Wie der Abgeordnete Nikita Putarew auf „Lwiw Media“ jüngst höhnte: „Kirchen in Staatsbesitz werden vollständig enteignet… Kirchen im Privatbesitz werden belassen, nur Gottesdienste sind dort verboten. Die Leute können dort ansonsten machen was sie wollen,… meinetwegen einen Gemüsemarkt aufmachen oder ein Casino eröffnen!“[7]

In einigen Diözesen geben die Priester dem Druck jedoch auch mehr oder weniger freiwillig nach, auf Hinweis von oben oder durch Protektion. Nicht alle können der Angst vor Verhaftung, Einkommensverlust oder der Bedrohung von Eltern, Kindern und nahen Verwandten widerstehen.[8]

„Warum schweigt der Westen zu diesen Menschenrechtsverbrechen?“

Schroeter: Vor einigen Wochen hatte ich in einem Artikel auf das Schicksal des Metropolit des Swjatogorsker Klosters Arsenij aufmerksam gemacht, der sich seit April 2024 in Untersuchungshaft, die vorerst bis Ende Juli 2025 verlängert wurde, befindet. Haben Sie einen Überblick über Strafmaßnahmen gegen ukrainisch-orthodoxe Priester?

Sikojev: Metropolit Arsenij von Swjatogorsk (Oblast‘ Donezk) ist noch immer im Haft, ein endgültiges Gerichtsurteil gibt es nicht. Die Wintermonate verbrachte er in kaum geheizten Zellen bei teilweise zehn Grad oder weniger. Zu Gerichtsterminen wurde er über Hunderte Kilometer stundenlang in sogenannten „Boxen“ gefahren, in denen man nicht sitzen kann. Das ist Folter!

Aber auch andere Bischöfe, Priester und sind seit Jahren und Monaten unter falschen Anklagen in Haft. Darunter auch ukrainische orthodoxe Journalisten: so Erzpriester Sergej Tschertilin, Walerij Stupinzkij, Andrej Owtscharenko und Wladimir Bobetschko, nur um einige zu nennen. Ihnen drohen Haftstrafen für „Organisierte Kriminaliät“ und sogar lebenslange Haft für „Hochverrat“. Über den schlechten Gesundheitszustand vieler Häftlinge möchte ich hier gar nicht reden.

Gerade wurde bekannt, dass gegen einen der beliebtesten und bekanntesten ukrainischen Bischöfe, Metropolit Longin von Bantschensk (Oblast‘ Tscherniwzi), Polizei und Innenministerium mit fabrizierten Falschaussagen vorgehen – um sowohl das Kloster als auch das dazugehörige Waisenheim für über 400 schwerstbehinderte Kinder und Jugendliche zu schließen[9]. Erst vor einigen Monaten wurde der Geistliche vor seinem Klostertor überfallen, aufs Schwerste zusammengeschlagen und musste für Wochen hospitalisiert werden, unter der Gefahr sein Augenlicht zu verlieren. Doch auch sein Widerstand konnte nicht gebrochen werden. Nicht zuletzt auch Dank der Solidarität des einfachen Kirchenvolkes und rumänischer orthodoxer Förderer des Klosters aus dem Nachbarland.

Schroeter: Laut internationalen Konventionen haben Gottesdiener nicht das Recht, Waffen in die Hand zu nehmen, und dürfen nicht in eine Armee einberufen werden. Wie verhält es sich aktuell damit in der Ukraine?

Sikojev: Mir ist bisher nicht bekannt, dass die Ukraine Geistliche zwangsrekrutiert hat. Was jedoch eine logische Konsequenz und ein befürchteter nächster Akt Kiews sein könnte: keine Kirche – kein Priesterstatus – ab an die Front! Wie dort Wehrkreis-Kommandotrupps auf den Straßen skrupellos und brutal auf Menschenjagd gehe, um die Reihen der Soldaten aufzufüllen, kann man täglich auf hunderten Videos im Internet verfolgen. Wehrdienstverweigerer aus Gewissensgründen bezahlen ihre Haltung mit langjährigen Gefängnisstrafen.[10]

Die Absurdität und die Zynismus Kiews bei der Kirchenverfolgung kann man aber auch dadurch verstehen, dass Zehntausende kämpfende Soldaten und Offiziere der ukrainischen Armee – Mitglieder eben jener jetzt verbotenen Ukrainischen-Orthodoxen Kirche sind –, an der Front kämpfen, verwundet oder gar getötet werden. Von ihren Hunderttausenden Eltern, Kinder und Ehepartnern ganz zu schweigen. Ob einem das gefällt oder nicht: diese verfolgte Ukrainische Kirche ist mit ihrem Volk zutiefst verbunden, sie ist loyal zu seinen Armeeangehörigen. Auch im Leiden und in der Zerstörung des Krieges. Und dies nicht selten beiderseits der Frontlinien. Wie es ihr Oberhaupt Metroplit Onufrij zuletzt formulierte: „Wir arbeiten mit dem Staat in vielen Fragen zusammen– aber wir dienen ihm nicht“. [11]

Schroeter: Vor wenigen Tagen hat Tucker Carlson ein Interview mit Wadim Nowinski, seit 2020 Diakon der Ukrainischen Orthodoxen Kirche, geführt. Auf die Frage, warum die Welt diesen Angriff auf das orthodoxe Christentum in der Kirche weitestgehend ignoriert hat,  sprach Wadim Nowinski von einer Blockade der Wahrheit[12], von einer Wand des Schweigens über die Vorgänge im religiösen Leben der Ukraine. Wie sehen Sie die Wahrnehmung in Deutschland

Sikojev: Warum schweigt der Westen zu diesen Menschenrechtsverbrechen? Warum schweigt die deutsche Bundesregierung zu einer derartigen in Europa seit langem nicht dagewesenen Christenverfolgung? Warum gibt es keine Proteste der EU gegen die Aufhebung der Religionsfreiheit? Kiew wird doch nicht nur militärisch, sondern auch darüber hinaus zum größtenteils mit ausländischen Geldern finanziert! Weil nicht sein kann, was nicht sein darf. Weil das Narrativ über der Realität steht und Ideologie die Wahrheit ersetzen soll. Wir lesen, daß „Putin der Antichtist“[13] (WELT) sei, Patriarch Kyrill „glaubensfeindlich und blasphemisch“[14] (Bundespräsident Steinmeier) und hören im Bundestag, daß die Ukraine „das Symbol für Demokratie und Freiheit“[15] ist (Bundeskanzler Scholz).

Klar ist, eine große Rolle – und Mitverantwortung – bei Legitimation von Verfolgung, Verbot und staatlicher Zerstörung tragen die europäischen staatlichen Medien. Denn journalistische Aufklärung erfolgt schlicht nicht, Verbrechen gegen Demokratie und Bürgerrechte, der Schutz der Religionsfreiheit – alles das findet in diesem Fall nicht statt. Im Gegenteil!

Zugleich hatte man mit dem kirchenfeindlichen und unkanonischen Istanbuler Akt vom 5. Januar 2019 des Patriarchen Bartholomäos[16] und seiner Bischofsversammlung (das Papier trägt übrigens auch die Unterschrift zweiter griechischer Vertreter aus Deutschland) eine quasi-christliche Legitimation für das weitere Vorgehen gegen „Moskaus orthodoxe Kirche“[17] in der Ukraine (Tagesschau) geschaffen. Nahezu alle Anklagen und Verhaftungen von Priestern und Bischöfen werden seitdem vom SBU bzw. dem Innenministerium auch unter „militärischem“ (sic!) Geheimnisverrat, Landesverrat, Spionage, Verschwörung und ausländischer sprich russischer Propaganda geführt. Im Oblast Tscherkassk steht z.B. gerade ein Priester vor Gericht, der für die Aussage auf Telegram „Der russische Soldat hat die Welt vom Faschismus und Nazismus befreit“, der Rechtfertigung eines Angriffskrieges gegen die Ukraine bezichtigt wird. Ihm drohen acht (!) Jahre Haft.

Wie diese griechischen Hierarchen oder die europäischen Abgeordneten und Minister als Kollaborateure der runengeschmückten Nationalisten und Rassisten – im Angesicht verhafteter ukrainischer Christen, zerstörter und brennender Kirchen, bei der Verteidigung ihrer Gotteshäuser brutal verletzter Gläubiger und weinender Kinder bei nächtlichen Hausdurchsuchungen in Pfarrhäusern – noch ruhig schlafen können, ist mir ein Rätsel!

Doch diese Wand des Schweigens bröckelt langsam, nicht nur in den USA[18], sondern auch in Deutschland. Umso wichtiger ist der Umstand, dass Wissenschaftler, Journalisten und Politiker mit Rückgrat, über diese ungeheuren Vorgänge schreiben und sie publik machen, so ihre Kollegen der NachDenkSeiten[19] oder im Kontrafunk.[20]

Schroeter: Das Gesetz zum Verbot der Ukrainischen Orthodoxen Kirche war im August 2024 nicht einstimmig angenommen worden, u. a. hatte der „Sluga Naroda“-Abgeordnete aus Odessa Artjom Dmitruk mit Nein gestimmt und sah sich Ende August 2024 dazu gezwungen, die Ukraine zu verlassen. Was wissen Sie von weiteren Politikern, die diesem Gesеtz widersprochen hatten? 

Sikojev: Bei der Abstimmung haben nicht wenige Abgeordneten Rückgrat bewiesen. Doch der Gefahr von Repressalien sind alle ausgesetzt, die sich dem System widersetzen. Die Ukraine ist ein großes Land, die aktuelle Situation in den Gebieten oft unterschiedlich. Auch wechseln die politischen Schwerpunkte in Abhängigkeit von den jeweiligen Einflussgruppen vor Ort. Abgeordnete sind in der Regel administrative Vertreter örtlicher Oligarchen oder Machtgruppierungen. Da spielen auch persönliche Schicksale eine Rolle: vielleicht ist ein naher Verwandter des Abgeordneten Priester oder Diakon eben jener verbotenen und verfolgten Kirche.

Über die Lage in den Städten und Diözesen, einzelner Kirchen und Klöster, den Mut der Gläubigen zum Bekenntnis, über das Leben der ukrainischen Orthodoxie und ihr christliches Zeugnis kann man ausführliche Berichte auf Deutsch oder Englisch u.a. auf dem Portal www.spzh.eu/de finden.

Schroeter: Kommen wir noch einmal zu dem Zwangsübergang der Ukrainischen Orthodoxen Kirche zur Orthodoxen Kirche der Ukraine zurück. Ist das möglicherweise nur der erste Schritt einer angedachten Überführung zum Katholizismus und somit des Auslöschens der Orthodoxie in der Ukraine?

Sikojev: Das katholische Christentum ist auf der einen Seite eine Religion, die seit einem Jahrtausend in Westeuropa und in Folge des Kolonialismus auf allen Kontinenten beheimatet ist. Der Vatikan ist darüber hinaus seit seiner Gründung bis heute auch eine staatliche politische Struktur. Das Papsttum war und ist daher in der Ukraine, im slawischen Grenzgebiet zu Polen, zu Österreich-Ungarn, den Habsburgern immer auch ein politischer Faktor gewesen.

Dessen historische Rolle gegenüber der Orthodoxie seit Karl dem Großen, sei es im Verhältnis zu Byzanz, Russland oder Griechenland, war immer konkurrierend: usurpierend bis feindselig. Eine Schwächung der Orthodoxen Kirche in Südosteuropa, die nicht selten mit Gewalt erzwungene Transferierung oder Vereinigung der orthodoxen Kirchengemeinden unter die westukrainische päpstliche Jurisdiktion vor allem der sogenannten „Unierten Kirche“, all das passt in die Gesamtstrategie Roms; nicht erst in unserer Zeit.

An eine simple Überführung der Ukrainischen-Orthodoxen Kirche unter die Papstherrschaft denkt jedoch heute niemand, auch nicht im Vatikan! Das ist in vielerlei Hinsicht unrealistisch. Die Strategien Roms sind langfristiger Art: Spaltung der weltweiten Einheit der Orthodoxie und ihrer Kirchen mit Hilfe politischer und finanzieller Einflussnahme. Propagierung und Umsetzung softer ideologischer Vektoren z.B. unter der Überschrift des „Ökumenismus“. Bis hin zu personeller und logistischer Unterstützung jedweder Aktivitäten und Programme zur Schwächung der Orthodoxie vor Ort und insbesondere in der Ukraine.

Doch das ist nicht die Haltung des einfachen katholischen Christen oder Pfarrer: auch katholische Medien in Europa und nicht wenige katholische Laien in Deutschland greifen das Thema der Kirchenverfolgung auf und solidarisieren sich mit den verfolgten orthodoxen Christen in der Ukraine. Ich nenne hier nur als Beispiel den Schriftsteller und Journalisten Matthias Matussek für seine ehrenhafte und professioneller Arbeit.[21]

Schroeter: Ist das ein möglicher Grund dafür, dass die Russische Föderation das Angebot des Vatikan, sein Territorium für Gespräche zwischen Russland und der Ukraine zur Verfügung zu stellen, ausgeschlagen hat?

Sikojev: Aus Sicht der Russischen Föderation ist der Papst bzw. der Vatikan weder neutral noch unparteiisch, sondern eher ein Teil des globalen Konflikts. Man schaue sich als Hintergrund dazu nur das weltweite Programm des vom Vatikan geführten milliardenschweren „Council for Inclusive Capitalism“ und sein Führungspersonal[22] an.

„Zum ersten Mal in seiner Geschichte ist heute das ukrainische Volk vollständig enteignet“

Schroeter: Wir ordnen Sie diese offene und in Europa seit über 70 Jahren nie dagewesene Christenverfolgung in den historischen Kontext des Krieges in der Ukraine ein?

Sikojev: Wir erleben vor dem Hintergrund des Krieges in der Ukraine die völlige Auflösung der historischen Narrative und geopolitischen Paradigmen der Epoche nach dem Ersten und Zweiten Weltkrieg sowie des Kalten Krieges.

Geistesgeschichtlich offenbart der postmoderne, anglosächsische und finanzkapitalistische Westen seinen vollständig nachchristlichen Charakter. Die beteiligten Parteien des heutigen Krieges sprechen nicht nur aneinander vorbei, sondern völlig verschiedene „Sprachen“. Die bisherigen gemeinsamen juristischen und völkerrechtlichen – nennen wir es die „kommunikative Mythen“ des 20. Jahrhunderts, sind Vergangenheit.

Alle großen Mächte, sei es China oder Russland, die in Trumpisten und Ultraglobalisten gespaltenen USA, das aktuell von Londons Eliten angeführte Westeuropa mit Rom als einer seiner Achsen neben Brüssel, Berlin und Paris, benutzen nur noch singuläre, einander diametral entgegengesetzte und nahezu unvereinbare religiöse „pattern“ und Erklärungsmuster. Und das bedeutet eben auch entgegengesetzte Zielvorstellungen, basierend auf handfesten Wirtschafts- und Finanzinteressen.

Das aktuelle Schlachtfeld ist die Ukraine, die man wiederum nur schwer als Staat erkennen kann. Denn selbst die ukrainischen Nationalisten definieren ihre Konstruktion entweder als Anti-Russland oder als mythisches Paradies auf Erden – namens der EU oder NATO. In ihren Handlungen und Aktionen – sowohl gegenüber der eigenen Bevölkerung als auch gegenüber Russland als Zivilisation – agieren sie chiliastisch und ähneln eher einer fundamentalistischen, terroristischen Sekte mit einem dämonischen, heidnischen „BioReaktor“ als Götzen: Menschenopfer im Austausch gegen Geld und Macht.

Historisch betrachtet erleben wir die jahrhundertealte Tragödie des ukrainischen Grenzlandes: jenseits des Bündnisses mit dem Imperium Russland gibt es nur die Unterwerfung unter Pan und Papst. Im Niemandsland dazwischen droht die Herrschaft des „pathos“ über den „logos“ (Pawel Schelin)[23]. Ein blutiges Drama, wie es Nikolaj Gogol in seinem Roman „Taras Bulba“ und vor allem in „Die schreckliche Rache“ meisterhaft psychologisch analysiert und zur Weltliteratur erhoben hat.[24]

Vor diesem philosophisch-historischen Hintergund kommt für die Menschen in der Ukraine an unermesslicher Tragik hinzu, daß diese jetzige vom Westen in Kiew etablierte und finanzierte „Sekte“ in ihrem Kern „futuro-archaisch“ (Prof. A.I. Fursow)[25] ist, also vollständig rückwärts gewandt. Sie zerstört mit allen ihren Maßnahmen das Land, führt Hunderttausende in Tod, Elend und Flucht und wirft es in eine vorchristliche Vergangenheit (Taufe der Rus´ im Jahre 988)[26] zurück.

Denn ohne kirchliche Wurzeln gibt es keine Einheit, keine historische Legitimation des Landes. Ohne seine kulturellen, sprachlichen und wirtschaftlichen Verbindungen zu Russland, ohne seine logistische Brückenfunktion zwischen Ost- und Westeuropa, zwischen Asien und dem Westen, ohne seine zu 80% im Südosten (Donbass) angesiedelten modernen Industrie- und Rohstoffsektoren ist die Ukraine nicht nur nicht lebensfähig: sie ist nur noch eine triste „Zone“ nackten Elends, ekelhafter und abstoßender Realität, eine menschenleere Welt voller Schätze, ganz nach der dystrophischen Vision der Brüder Strugazki, von Andrej Tarkowski in „Stalker“ kongenial verfilmt.[27]

Schauen wir uns die Folgen dieser Politik an: zum zweiten Mal nach 1941 droht den Menschen in der Ukraine die vollständige Besitzlosigkeit: sie dürfen  weder über ihre Schwarzerde-Gebiete noch Mineralien oder andere Bodenschätze verfügen. Das (als geheim eingestufte) Selenskyj-Trump Memorandum vom Mai 2025 hat den Schlusspunkt unter die von langer Hand geplante und verfassungswidrige Enteignung des ukrainischen Nationaleigentums durch angloamerikanische Fondsgesellschaften gesetzt.

Vor diesem Hintergrund ist die von uns beschriebene Kirchenzerstörung die gleichsam diabolische Voraussetzung für einen „Ewigen Krieg“: zum Zwecke der Prolongierung von Hass, Rassismus. Und die Unmöglichkeit von Frieden und Versöhnung. Die Christenverfolgung ist zugleich die strategisch geplante und gesetzmäßige Folge der Zerstörung des gesamten Landes selbst. Beginnend und endend mit seinem Geist, seiner Seele, seinem Herz: der Ukrainischen Orthodoxen Kirche.

Schroeter: Alle friedliebenden Menschen hoffen auf ein baldiges Ende des Krieges und des Massensterbens. Wie schätzen sie aus ihrer Sicht die Chancen auf einen Waffenstillstand oder sogar dauerhaften Frieden ein?

Sikojev: Jeder Krieg ist abscheulich und Folge des höchsten ethischen und sozialen Verfalls menschlicher Werte und der Apostasie, des Abfalls von Gott und Göttlicher Gebote. Daher ensteht Frieden nicht durch Verhandlungen, sondern durch die Beseitigung der Kriegsursachen. Sowohl der geistigen, ethischen wie auch der wirtschaftlichen und geopolitischen. Kriege enden äußerlich politisch und militärisch, durch einen Sieg über den Gegner; wie zum Beispiel Russlands Sieg über Napoleon 1814 in Paris oder 1945 mit dem Sieg der Sowjetunion und der Allierten über Deutschlands 3. Reich der Nazis. Die napoleonischen Kriege beendeten die mit der Französischen Revolution 1789 begonnenen Kontinentalambitionen Frankreichs und führten zur europäischen Herrschaft Englands und zum Aufstieg des Britischen Kolonialreiches. Das Ende von Zweiten Weltkrieg 1945 markierte wiederum dessen Niedergang, den Aufstieg der USA wie auch der UdSSR zur Weltmacht.

Frieden entsteht also nicht durch politische Waffenstillstandverhandlungen – noch dazu, wenn keine der involvierten Parteien und Mächte im Hintergrund daran ein Interesse haben. Russland verlangt das Ende der westlichen Ukraine-Konstrukts als Anti-Russland an seinen direkten Grenzen, militärisch und ideologisch. Dies ist geopolitisch zwingend und letztlich nicht verhandelbar…

Stellen wir uns nur einmal vor, in Kanada käme eine ultrakommunistische Clique vom Typ des Pol Pot- Regimes durch einen Putsch an die Macht und würde mit Hilfe mexikanischer Drogenkartelle zum Krieg gegen das „Böse Imperium“ an seiner Südgrenze aufrüsten. Glauben Sie, Washington würde dies auch nur einen Tag lang dulden oder sich auf Barbados zu Verhandlungen mit diesen neuen kanadischen „Volksvertretern“ hinsetzen?!

Die Ukraine anderseits fordert in Istanbul die vielleicht in Brüssel redigierte Kapitulation Russlands… Trump und seine Regierung hingegen wollen so schnell wie möglich raus aus der Ukraine. So wie einst aus Vietnam. Hierzu gibt es offensichtlich massiven Widerstand auch in den USA. Großbritanien und seine Partner in Deutschland, Frankreich und Polen wollen ganz eindeutig – die Fortsetzung des Krieges auf Kosten der eigenen Steuerzahler, frei nach dem Motto: „Nur ein toter Ukrainer ist ein guter Russe“. Mit dem Risiko einer Eskalation zum Atomkrieg und dem Ziel erstens – der Vernichtung Russlands und – nach Brexit und North Stream 2 – zweitens – der langfristigen endgültigen Schwächung Deutschlands: nie wieder Exportweltmeister!

So fürchte ich, wird das Leiden und Sterben in der Ukraine noch lange weitergehen. Und mit ihr die Christen- und Kirchenverfolgung durch das von Washington, London, Brüssel und Berlin etablierte und finanzierte Regime.

Daher sehe ich die aktuellen Erfolgsaussichten der aktuellen Friedensverhandlungen im Moment bei nahezu Null. Oder christlich gesprochen: einzig als ein großes Wunder! Wie ein großer Denker und Theologe unserer Zeit, der Heilige Nikolaj (Velemirovic) von Serbien einst im Angesicht des heraufziehenden Weltkriegs II. geschrieben hat: „Kriege werden von Menschen begonnen. Den Frieden stiftet allein Gott“.[28]

 

Fußnoten

[1] „Und ich sage dir auch: Du bist Petrus, und auf diesem Felsen will ich meine Kirche bauen, und die Pforten des Hades werden sie nicht überwältigen“., Matth. 16,18 in: Die Evangelien, Byzantionischer Text Deutsch, 2018 Schweizerische Bibelgesellschaft

[2] https://de.wikipedia.org/wiki/Prawyj_Sektor

[3] https://www.spiegel.de/ausland/ukraine-verbietet-russlands-orthodoxe-kirche-a-35d3f3dc-defc-44ba-9d98-9e48b46907f7

[4] https://de.wikipedia.org/wiki/United_States_Agency_for_International_Development

[5] u.a. https://orthodoxnews.de/de/nachrichten/82942-griechischer-theologe-warnt-vor-der-gefahr-einer-fusion-der-oku-mit-den-unierten

[6] zuletzt: https://orthodoxnews.de/de/nachrichten/82949-metropolit-von-pirus-die-wiedereinsetzung-von-filaret-und-maletitsch-ist-ungltig

[7] https://www.youtube.com/watch?v=ldCxp6gDE7c&t=224s

[8] https://spzh.eu/de/news/in-zabolotye-droht-einer-familie-die-kinder-wegen-ihrer-zugehrigkeit-zur-uoc-wegzunehmen

[9] https://www.youtube.com/watch?v=KmIr5HyRwE0

[10] https://sud.ua/ru/news/sudebnaya-praktika/332214-na-khmelnitchine-svidetel-iegovy-poluchil-dve-povestki-i-otkazalsya-ot-mobilizatsii-po-religioznym-ubezhdeniyam-chto-reshil-sud

[11] https://spzh.eu/de/news/der-seligste-onufrij-die-kirche-arbeitet-mit-dem-staat-zusammen-dient-ihm-aber-nicht

[12] https://www.youtube.com/watch?v=KmIr5HyRwE0

[13] https://www.welt.de/politik/ausland/article237513895/Ukrainischer-Erzbischof-Putin-ist-Antichrist.html

[14] https://www.faz.net/aktuell/politik/inland/ukraine-krieg-steinmeier-kritisiert-kirche-unter-kyrill-18282142.html

[15] https://www.bundesregierung.de/breg-de/service/newsletter-und-abos/bulletin/grusswort-von-bundeskanzler-olaf-scholz-2191232

[16] https://noek.info/nachrichten/osteuropa/ukraine/902-ukraine-oekumenischer-patriarch-verleiht-der-ukrainischen-kirche-die-autokephalie

[17] https://www.tagesschau.de/ausland/europa/ukrainisches-parlament-moskauer-kirche-100.html

[18] https://spzh.eu/en/news/86579-young-republicans-of-usa-publish-investigation-into-uoc-persecution

[19] https://www.nachdenkseiten.de/?p=133946

[20] https://kontrafunk.radio/de/stimmen/gaeste/s/andre-sikojev

[21]Crisis 6, Matthias Matussek, Mönche für den Glauben – die wahren Hüter der Ukraine, https://www.edition-hagia-sophia.de/p/crisis-6-journal-fuer-christliche-kultur-schwerpunkt-krieg-vergriffen

[22] https://www.inclusivecapitalism.com/news-insights/the-council-for-inclusive-capitalism-with-the-vatican-launches/

[23] https://www.youtube.com/watch?v=0BisN-lw4ew

[24] Nikolaj Gogol, „Die schreckliche Rache“, Die großen Erzählungen, Insel tb, 2008

[25] Prof. Dr. Andrej I. Fursow, Int. Akademie in Innsbruck / Leiter des Institut für Systematische Strategische Analysen in Moskau, u.a.: Mirovaja bor´ba, Moskau 2020, S. 453 ff.

[26] Rahr, Gleb A. und Sikojev, André, Klöster, Starzen und Ikonen, 1000 Jahre Russische Orthodoxe Kirche, Moers 1988

[27] https://publishup.uni-potsdam.de/opus4-ubp/frontdoor/deliver/index/docId/3562/file/franz_stalker.pdf

[28] https://www.edition-hagia-sophia.de/p/heiliger-bischof-nikolaj-velimirovic-der-krieg-und-die-bibel

Andrea Schroeter

Andrea Schroeter. geboren 1957. beendete 1980 ihr Studium an der Staatlichen Universität Donezk, Fachrichtung „Ökonomische Kybernetik“.
Das Land Berlin klassifizierte dieses als Fachhochschulabschluss. Ungeachtet dessen ist sie seit 45 Jahren als Informatikerin beschäftigt und macht das noch immer gern. Zu ihrer Universität und Freunden aus den Donezker Jahren unterhält sie rege Kontakte und hat daher einen tiefen Einblick in das Alltagsleben im Krieg beidseits der Front. Sie arbeitet seit einigen Jahren als Rechercheurin und Übersetzerin und möchte für das, was einen Krieg über das Frontgeschehen hinaus ausmacht und scheinbar in Vergessenheit gerät, Aufmerksamkeit erwecken – auch aus einem Gefühl der Verpflichtung gegenüber ihrer zweiten Heimat Donezk heraus.
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21 Kommentare

  1. Danke für die Information.
    Gibt es eigentlich schon einen europäischen Widerstand? Eine Gruppe von Menschen, die es sich zum Ziel gesetzt hat, das Brüsseler Rats-Regime zu beseitigen?

    1. > Gibt es eigentlich schon einen europäischen Widerstand?
      Das wäre beim aktuellen Stand der Propagandawirksamkeit mMn vergeblich.

      1. Was soll man von gehirngewaschenen europäischen Völkern anderes
        erwarten.RIEN
        manufactered consent um mit
        Chomsky zu reden

  2. Oh, wie heilig ist die russische Orthodoxie! Ein sarkastischer Blick auf die Doppelmoral.

    Was für eine erbauliche Lektüre uns Andrea Schroeter und der Berliner Erzpriester André Sikojev im Overton-Magazin präsentieren! Mit ihrem Artikel liefern sie ein wahres Meisterwerk russischer Erzählkunst – verpackt in fromme Orthodoxie, versteht sich. Sikojev, ein in Moskau geborener Diener der Russischen Orthodoxen Kirche (ROK), klagt die Verfolgung der Ukrainisch-Orthodoxen Kirche (UOK) durch das böse „Kiewer Regime“ an. Doch während er Tränen über die ukrainische „Christenverfolgung“ vergießt, übersieht er geflissentlich einige peinliche Details, die seine heilige Erzählung gehörig ins Wanken bringen. Lassen Sie uns diese Perle der Einseitigkeit mit einem Augenzwinkern sezieren.

    Die „größte und älteste“ Kirche? Ein Sowjet-Erbe, bitte schön!

    Sikojev preist die UOK als die „größte und älteste Kirche“ der Ukraine mit einst 12.000 Gemeinden. Oh, wie beeindruckend! Nur ein klitzekleines Problem: Diese beeindruckende Zahl verdankt die UOK nicht etwa der spontanen Liebe der ukrainischen Gläubigen, sondern der brutalen Hand der Sowjets und pro-russischer Politiker. Erinnern wir uns: 1946 zwang Stalin mit dem „Lwiw-Synod“ die Ukrainische Griechisch-Katholische Kirche, ihre Gemeinden der ROK zu übergeben – mit Verhaftungen, Deportationen und jeder Menge staatlicher Liebe. Die Ukrainische Autokephale Orthodoxe Kirche? In den 1930er Jahren von den Bolschewiki ausgelöscht. Die UOK wurde durch politische Muskeln Moskaus aufgebläht, nicht durch freiwillige Gläubige. Aber Sikojev? Schweigt dazu wie ein Heiliger im Kreml.

    Und dann die Frechheit, die Orthodoxe Kirche der Ukraine (OKU) als „schismatisch“ zu brandmarken! Die OKU, 2019 mit dem Segen Konstantinopels gegründet, hat laut Umfragen (Razumkov-Zentrum 2023, KIIS 2024) die Unterstützung von 50–54 % der ukrainischen Orthodoxen – im Gegensatz zu den mickrigen 18–20 % für die UOK. Die ukrainische Bevölkerung wählt die OKU, weil sie keine Lust hat, einer Kirche zu huldigen, die mit Patriarch Kirill und seinem „Russkiy Mir“-Fieberträumen kuschelt. Aber Sikojev? Ignoriert diese lästigen Zahlen und tut so, als wäre die UOK das wahre Herz der Ukraine. Bravo, das nenne ich selektive Frömmigkeit!

    Russische Schismen? Heilige, selbstverständlich!

    Sikojev schimpft die OKU als Produkt westlicher „Erpressung und Bestechung“, aber was ist mit der ROK selbst? Oh, wie praktisch, dass er vergisst, wie Moskau 1589 die Autokephalie von Konstantinopel erzwang – ein Schisma, das 150 Jahre lang nicht anerkannt wurde! Politischer Druck? Gewalt? Alles kein Problem, wenn es um Moskaus „heiliges Recht“ geht, eine eigene Kirche zu haben. Aber wenn die Ukraine dasselbe anstrebt, ist es plötzlich ein Sakrileg. Doppelmoral, dein Name ist Sikojev.

    Und dann die Sowjet-Ära – ein wahres Fest der Frömmigkeit! Unter Stalin wurde die ROK 1943 von Lawrenti Beria und der NKWD „wiedergeboren“, weil der Genosse erkannte, dass Religion ein nützliches Propagandawerkzeug ist. Die Kirche, die zuvor von den Bolschewiki fast ausgerottet wurde, wurde plötzlich zum Liebling des Kremls – unter strenger Aufsicht der Geheimpolizei, versteht sich. Während des Zweiten Weltkriegs kooperierten einige ROK-Geistliche in den besetzten Gebieten mit den Nazis, um der sowjetischen Verfolgung zu entkommen. Aber Sikojev? Kein Wort über diese unfromme Vergangenheit. Stattdessen heult er über ukrainische „Paramilitärs“, die UOK-Kirchen angreifen. Gewalt ist wohl nur dann schlimm, wenn sie nicht von Moskau kommt.

    Patriarch Kirill, der Friedensapostel?

    Am krassesten ist Sikojevs Schweigen über Patriarch Kirill, den Cheerleader von Putins Krieg. Seit 2022 preist Kirill die Invasion als „heiligen Kampf“ gegen westliche Dekadenz und verspricht gefallenen russischen Soldaten einen Platz im Himmel – ein theologischer Fauxpas, der gegen orthodoxe Kanons verstößt. Im März 2024 erklärte der von Kirill geführte Weltkongress des Russischen Volkes, die Ukraine gehöre in Russlands „exklusive Einflusssphäre“. Das klingt doch nach reinster Spiritualität, oder? Während Kirill Putins Kriegsmaschinerie segnet, klagt Sikojev die OKU an, ein „Staatskirchen“-Projekt zu sein. Die Ironie ist so dick, dass man sie mit dem Messer schneiden könnte.

    Die UOK, immer noch kanonisch mit der ROK verbunden, steht unter Verdacht, russische Interessen zu unterstützen – kein Wunder, wenn der SBU Berichte über Geistliche veröffentlicht, die Propaganda verbreiten oder russische Truppen unterstützen. Aber Sikojev? Tut so, als wäre die UOK ein reines Opfer ukrainischer Bosheit, ohne die politischen Verflechtungen Moskaus zu erwähnen. Die OKU, unterstützt von Konstantinopel und der Mehrheit der Ukrainer, ist für ihn bloß ein westliches Komplott. Klar, wenn die Ukraine eine eigene Kirche will, ist das politisch. Wenn die ROK Putins Krieg heiligt, ist das… was? Göttliche Vorsehung?

    Frieden? Nur mit russischem Sieg, bitte!

    Am Ende wird’s richtig absurd. Sikojev jammert über das „Leiden und Sterben“ in der Ukraine, gibt aber den „westlich finanzierten Kiewer Regimen“ die Schuld. Friedensverhandlungen? „Nahezu Null“, sagt er, es sei denn, ein „Wunder“ geschieht. Was er wirklich meint: Frieden gibt’s nur, wenn die Ukraine aufgibt und sich Russlands „Russkiy Mir“ unterwirft. Russlands Invasion, die Zerstörung ukrainischer Städte, die Annexion der Krim? Kein Wort. Stattdessen vergleicht er die Ukraine mit einem hypothetischen „Pol Pot-Regime“ in Kanada, das die USA angreift. Subtil, Herr Sikojev, wirklich subtil. Kein Wunder, dass seine Vision von „Frieden“ verdächtig nach einem russischen Sieg klingt.

    Fazit: Ein heiliger Schleier für russische Propaganda

    Sikojev’s Lamentationen über die UOK-Verfolgung sind ein Paradebeispiel für selektive Frömmigkeit. Er ignoriert die Sowjet-Vergangenheit der UOK, die gewaltsame Entstehung der ROK, Kirills Kriegstreiberei und die überwältigende Unterstützung der Ukrainer für die OKU. Stattdessen serviert er uns ein Märchen von der unschuldigen UOK, die vom bösen Westen und seinen ukrainischen Handlangern gequält wird. Seine Doppelmoral ist so offensichtlich, dass man fast Mitleid mit seiner Kurzsichtigkeit bekommt – fast.

    Die Ukraine kämpft für ihre religiöse und nationale Unabhängigkeit, während die ROK und ihre UOK-Apologeten wie Sikojev die „Heilige Rus’“-Fantasie Moskaus predigen. Wenn Sikojev wirklich Frieden wollte, würde er Kirills Kriegsrhetorik verurteilen und die ukrainische Sehnsucht nach Autonomie anerkennen. Stattdessen liefert er ein Pamphlet, das russische Narrative in fromme Gewänder hüllt. Aber keine Sorge, die „Pforten des Hades“ werden auch diese Propaganda nicht überwältigen – die Wahrheit ist stärke

      1. Die Russen täten gut daran, sich diese kulturlosen, hasserfüllten, kackbraunen galizischen Bauerntölpel und Hütchenspieler nicht ans Bein zu binden.

    1. sag mal, wie lange bist du eigentlich schon der meinung, dass die ukraine diesen krieg verliert, wenn überhaupt? wie lange weisst du schon, dass es keinen quadratmeter zurück gibt? hat das deine meinung zu dem krieg irgendwie beeinflusst? nein? bist du vielleicht völlig verblendet?

  3. Der Artikel hat mich geschockt und zeigt das Verbrecherische des Selenskyregimes.
    Christenverfolgung in Europa –soweit sind wir jetzt wieder.
    Rückfall in die Barbarei

    1. Christenverfolgung?

      In Europa sogar.

      Ungeheuerlich!

      Die Leute werden nicht verfolgt, weil sie Christen sind.

      Ergo: keine Christenverfolgung

      Obwohl: während des 30 jährigen Krieges gab es genau genommen stete Christenverfolgungen. Im Grunde genommen haben sich doch die Christen in Europa die letzten 1500 Jahren beständig und wiederholt gegenseitig verfolgt und gemetzelt, oder?

      1. wenns nur gegenseitig gewesen wäre.. lieber noch metzeln sie die muslime. ist ja heute noch so: vor nichts hat ein christ mehr angst als vor dem islam, weil mit denen metzeln die sich schon viele viele hundert jahre. natürlich würde jeder christ sagen das sei unchristliches verhalten, so wie jeder weltliche christ sagen würde es wäre unmenschlich. christ, muslim, atheist, was auch immer.. der wahnsinn brüllt zum fenster raus bei allen verehrern des anbetungswürdigen höchsten ausserhalb von ihnen.

        1. jeder atheist weiss, dass er eigentlich ein christ ist. die ganze zeit sagt er „mein gott“ oder „jesus!“ oder zeug in der richtung, neuerdings, aber habe ich auch länger nicht mehr gehört „mensch!“, er kann gar nicht anders, das ist viel zu tief drin, wenn er geschockt wird, treibt es ihn auch noch verbal auf die knie, in denen ihn die herrschaft verharren lässt. ich glaube nicht, dass man das christentum los wird ohne eine gsellschaft ohne herrschaft zu zimmern, sonst wird der fifi immer nach dem herrchen rufen wenn ihn etwas stört. wie die fifis in der afd, denen der staat bitte ihre bevölkerung säubern soll, dann geht es ihnen endlich besser!

  4. ,,1946 zwang Stalin mit dem „Lwiw-Synod“ die Ukrainische Griechisch-Katholische Kirche, ihre Gemeinden der ROK zu übergeben – mit Verhaftungen, Deportationen und jeder Menge staatlicher Liebe.
    […]
    Aber wenn die Ukraine dasselbe anstrebt, ist es plötzlich ein Sakrileg.“

    Lass das mal nicht deine Banderas hören, dass du sie mit Stalin in einen Topf wirfst…
    Aber auch ein „schönes“ Eingeständnis der Unrechtmäßigkeit und deren Diktatur, die mittels willkürlicher Gewalt umgesetzt wird. 😉

    Aus pragmatischer Sicht ist es egal, von welcher Seite Verhaftungen, Deportationen und die staatliche „Liebe“ kommt. Und ebenso wie bei Stalin ist auch bei den Banderajüngern Widerstand Pflicht und wird historisch zu deren Verurteilung führen. Was übrig bleibt sind die vielen Opfer, die der Terror fordert(e), tief verankerter Hass und die Tendenz zum ewigen Unfrieden.

    1. Mittlerweile erkennen selbst die dümmsten Ukrainer, zu was dieser Hass geführt hat und dass sie oft die Idioten waren, welche vom Westen instrumentalisiert wurden mit dem rechten Sektor als willige, aber keinesfalls besonders tapfere Helfer.

  5. Völlig klar. Eine gemeinsame Kirche seit Jahrhunderten deutet auf eine enge Verbindung Russlands und der Ukraine hin. Das kann der Nazi nicht dulden, das muss weg und vergessen werden.
    Das ist so seit 1589, wie im Beitrag eins über diesem steht. Also sehr lang und das Intermezzo mit den Bolschewiki ist unerheblich.
    Aber warum tut die Polizei nichts? Es ist immer dasselbe, wenn Azow oder eine andere Nazibande zuschlägt, zieht die Polizei den Schwanz ein und verduftet. Eine der vielen Stellen, an denen man sehen kann, dass Azow das uneingeschränkte Gewaltmonopol inne hat.
    Mit einer Ausnahme: in Kiew. Dort hat Azow bei wichtigen Entscheidungen immer vor dem Parlament „demonstriert“. Um den Parlamentariern mitzuteilen, dass es Konsequenzen hat, wenn sie falsch abstimmen. Das hat mit Kriegsbeginn schlagartig aufgehört. Wofür es einen einfachen Grund gibt: Selenskij ließ während der russischen Einkreisung Waffen verteilen. Wer auch immer ein Gewehr wollte, bekam eins mit ausreichend Munition. Dort in Kiew hat Azow kein Gewaltmonopol mehr. Und da gibt es welche, die mit Azow abrechnen wollen. Frontsoldaten etwa, wie ich weiter unten schrieb. Und diese Gläubigen.

    Dort in Kiew könnte es losgehen.

  6. Ein intellektuell schöner Artikel mit grausamsten Inhalt, passend am seltenen gemeinsamen Pfingssonntag aller Kirchen veröffentlicht. Danke!

  7. Die Typen in Russland und Ukraine als „Christen“ zu bezeichnen ist übliche Heuchelei – zeichnen sich doch im Gegensatz dazu die sich gegenseitig umbringenden „Christen“ nicht durch das christliche Gebot der Nächstenliebe aus.
    Die sogenannten „Christen“ kennzeichnet über die Jahrhunderte, dass sie sich gegenseitig umbringen, unterstützt durch ihre scheinheiligen“Scheuklappen“-Geistlichen.
    Ach war das so schön als ich vor über 70 Jahren im Kinder-Gottesdienst die Nächstenliebe eingetrichtert bekam – da kam Freude auf in Erwartung des harmonischen Erwachsenensein.

  8. Sicojev hat nie in der Ukraine gelebt und ist kein Augenzeuge. Er verbreitete lediglich die „orthodox orientierte“ Version der russischen Propaganda und berief sich dabei auf Pawel Schelin und Prof. A.I. Fursow.

    Nur um das klarzustellen: Die russische Sprache wurde 2015 in der Ukraine nicht verboten, und auch die Ukrainisch-Orthodoxe Kirche (Moskauer Patriarchat) ist in der Ukraine nicht verboten.

    1. Vielleicht sind sie einfach auch nur zu dumm um zu begreifen was da so abgeht.
      Aber ich versuche es mal aus dieser Perspektive zu sehen:
      Die Leute laufen zu den falschen Popen, da muss man doch eingreifen. Christenverfolgung durch Christen gab es ja nie. Alles nur freundlich bis tödlich um die Schäfchen auf den rechten Weg zu lenken.

      „ Nur um das klarzustellen: Die russische Sprache wurde 2015 in der Ukraine nicht verboten, und auch die Ukrainisch-Orthodoxe Kirche (Moskauer Patriarchat) ist in der Ukraine nicht verboten.“
      Als Teil der Leserschaft bedanke ich mich für diesen schwarzen Humor.

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