Maul halten!

Turnende Kinder
Quelle: Pixabay

Leistung muss sich wieder lohnen. Ganz besonders im Sportunterricht. Und wer nicht leisten kann, hat auch ein Recht auf gute Benotung. Denn auch fehlende Leistung muss sich wieder lohnen.

Abiturienten werden jedes Jahr geradezu überhäuft mit Preisen. Bücher, Urkunden, Bücher, Einladungen, Bücher, Ehrenmitgliedschaften, Bücher, Pokale, Bücher, Blumen, Bücher, Lobeshymnen, Bücher und nochmal Bücher. Dicke und dünne Bücher, große und kleine Bücher, farbige und farblose Bücher, Bücher für das Bücherregal und Bücher für den Altpapiercontainer.

Es gibt Preise für die besten Leistungen in allen Fächern, für Schülersprecher und Schulsanitäter, Streitschlichter und Schülerzeitungsredakteure, Schmeichler und Streber, Besserwisser und Dummschwätzer. Preise für Michel und Angelo, Mona und Lisa und Aronal und Elmex.

Noch eine Medaille

Und dann gibt es noch die Maulmedaille.

Diese bekommt nicht etwa der Schüler, der das Maul am weitesten aufreißen kann, sondern der beste Sportler des gesamten Jahrgangs.

Alfred Maul war ein Turnpionier, der erfolglos im 19. Jahrhundert in Deutschland das Frauenturnen etablieren wollte. Maul war also quasi der erste deutsche Feminist. Der männliche Vorfahre von Alice Schwarzer. Nach ihm ist diese Auszeichnung benannt.

Jahr für Jahr sind es die großen, muskulösen, körperlich topfitten Mädchenschwärme, die diesen Preis mit nach Hause nehmen. Die Rambos, Schwarzeneggers und Brad Pitts vom Dorfe. Die Sportskanonen, deren muskelbepackte Traumkörper mit 1000 Watt vollgepumpt sind, die jedoch kognitiv meist im Dunkeln tappen. Sie beherrschen jede Sportart im Traum, aber vom Lösen einer einfachen Rechenaufgabe im einstelligen Bereich können sie nur träumen. Als gerechten Ausgleich tragen sie jedes Jahr die glänzende Maulmedaille nach Hause.

Nicht so in diesem Jahr.

Der diesjährige Gewinner ist klein, pickelig, übergewichtig und trägt eine dicke Brille. Ein Mädchenschwarm ist er auch nicht. Dafür leuchtet sein Hirn heller als die Flutlichtanlage in der Allianz Arena.

Korbinian

Cover von Uli Blacks Bildungsdefizitroman

Sein Name ist Korbinian und er ist der einzige Schüler des Abiturjahrgangs, der das Fach Sport mit der höchstmöglichen Note abschließt, nämlich 15 Punkten.

Wofür er zurecht die Maulmedaille bekommt.

Eigentlich hasst Korbinian das Fach Sport, denn aufgrund seiner körperlichen Nachteile ist ein Korbleger im Basketball für ihn so weit weg wie der Mars von der Venus oder ein 100-Meter-Lauf so lang wie eine Erdumrundung. Auch am Reck gibt er nicht gerade eine gute Figur ab. Wenn man einen mit Wasser prall gefüllten Müllbeutel aus zwei Metern Höhe auf den Boden klatschen lässt, bekommt man in etwa das gleiche Bild, wie wenn Korbinian versucht, am Reck einen Umschwung zu machen.

Es ist nicht so, dass er sich nicht bemühen würde. Im Gegenteil, Korbinian ist ein stets fleißiger und hochmotivierter Schüler mit hervorragenden Noten in allen Fächern. Nur Sport ist so gar nicht seines. War nicht seines. Bis die Notenreform kam.

Kluge Köpfe im Kultusministerium, denen man die Welt nicht zu erklären braucht, da sie diese quasi selbst erfunden haben, hatten den genialen Einfall, dass die Schüler auch im Fach Sport in der Oberstufe Klausuren schreiben sollten, getreu dem Motto Turnvater Jahns: „Mens sana in corpore sano.“ Frei übersetzt heißt das in etwa: »Was nützen 1000 Volt in den Muskeln, wenn man in der Birne kein Licht hat?«

Ein schwarzer Tag im Leben der topfitten, muskulösen, leicht unterbelichteten Mädchenschwärme. Aber die Chance des Lebens für den tollpatschigen, schwabbeligen Schlaumeier Korbinian.

Husarenstreich des Kultusministeriums

Im Gegensatz zu all den anderen Sportskanonen fällt es ihm mehr als leicht, den gesamten Zitronensäurezyklus, unerklärliche physikalische Phänomene in der Biomechanik oder Hunderte von sinnfreien lateinischen Begriffen für bis dato unbekannte Sportverletzungen auswendig zu lernen.

Eine Leistung, die die braungebrannten Surfer Boys leider nicht ansatzweise erbringen können. Nicht einmal sein Sportlehrer, selbst eher eine intellektuelle Sparflamme, ist in der Lage, diese sinnfreien sporttheoretischen Inhalte den völlig überforderten Hochleistungssportlern seines Kurses zu vermitteln, weshalb er Korbinian gebeten hat, die Theoriestunden im Fach Sport an seiner Stelle zu übernehmen. Woher ich das weiß? Na, ich bin Korbinians Sportlehrer.

Was Korbinian zudem in die Karten spielt, ist ein weiterer Husarenstreich der Genies im Kultusministerium.

Sie haben nämlich beschlossen, dass Schülern, die aufgrund ihrer angeborenen körperlichen Defizite weder hoch springen noch weit werfen, geschweige denn, einen Fußball länger als eine Sekunde in der Luft halten können (wer braucht das schon und wozu?), kein Nachteil entstehen darf. Diese bemitleidenswerten Bewegungsmuffel können ihre unverschuldeten motorischen Defizite kompensieren durch Fleißarbeiten wie Sportgeräte abbauen am Ende des Unterrichts oder dem Lehrer das vergessene Klassenbuch hinterhertragen oder auch mal das hinuntergefallene Toilettenpapier in der Schülertoilette der Sporthalle wieder auf die Halterung zurückstecken.

Mit anderen Worten, wichtige soziale Dienste, die dem Wohle der Menschheit dienen. Und hierin ist Korbinian, die amotorische Halogenleuchte, ein wahrer Meister.

15,0 glatt!

Seine überragenden Leistungen, für die er völlig zurecht die Auszeichnung des Jahrgangsbesten im Fach Sport bekommt, lassen sich relativ schnell zusammenfassen:

Sporttheorie: 15 Notenpunkte in jeder Klausur

Leichtathletik: nicht gewertet wegen angeborener Spastik; kompensiert durch besenreines Kehren der Tartanbahn vor und nach den Sportstunden, sowie Unterstützung des Sportlehrers bei der Zeitmessung im Sprint mittels Kopfrechnens mangels einer Stoppuhr: 15 Notenpunkte

Geräteturnen: nicht gewertet wegen unverschuldeten Übergewichts; kompensiert durch professionellen Auf- und Abbau der Geräte sowie gründlichstes Entfernen von Magnesiastaubresten auf dem Hallenboden: 15 Notenpunkte

Schwimmen: nicht gewertet wegen unerklärlicher Chlorunverträglichkeit; kompensiert durch aufopferungsvolles Bewachen der Wertsachen in den Umkleidekabinen während des Unterrichts: 15 Notenpunkte

Fußball: nicht gewertet wegen hartnäckiger Ballallergie; kompensiert durch hervorragende Stehgreifvorträge zur Massenträgheit eines luftleeren Fußballs und akribische Rasenpflege nach dem Spiel: 15 Notenpunkte

Ergibt summa summarum einen Notenschnitt von glatten 15,0 Punkten.

Womit Korbinian knapp vor dem zweitbesten Sportler, Carl-Luis, liegt, der zwar in der 2. Fußball-Bundesliga spielt, schwimmt wie ein Fisch, turnt wie ein Hambüchen und über die Tartanbahn schießt wie ein Torpedo, jedoch aufgrund seiner Klausurnote von 1,2 Punkten (die er nur bekam, weil er auf den ansonsten leeren Klausurblättern fast immer seinen Namen richtig geschrieben hatte) nur auf einen Gesamtschnitt von 14,2 Notenpunkten kommt.

Glückwunsch, Korbinian! So sehen Sieger aus!

So kommt es, dass der sympathische, zu Tränen gerührte Fettmops nicht nur mit acht Buchpreisen für die Bestleistung in allen Fächern bei der feierlichen Übergabe der Abiturzeugnisse überhäuft wird, sondern auch noch die Maul-Medaille umgehängt bekommt.

Es spricht für Carl-Luis, den knapp Geschlagenen, dass er ein guter Verlierer ist und sofort auf die Bühne flitzt, um seinem Mitschüler Korbinian beim Abtransport der schweren Last zur Seite zu stehen. Mit einem Augenzwinkern verzeiht ihm dieser auch die kleine Schwäche in der deutschen Grammatik, als Carl-Luis ihn fragt: »Soll ich das Maul halten?« Nein, das Maul kann Korbinian schon selbst halten, wenngleich der beste Sportler des Abiturjahrgangs mit der zwei Kilogramm schweren Medaille um den Hals an seine körperliche Belastungsgrenze gerät.

Ach ja: die Verleihung der Maulmedaille ist stets verbunden mit einer prüfungsfreien Zulassung zum Studienfach Sport (Lehramt). Da muss Korbinian nicht lange überlegen…

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25 Kommentare

  1. 🤣
    Herzlichen Dank für einen hier seltenen, ehrlichen und bezeichnenden Beitrag. 👍

    Nur eine kleine Anmerkung: es gab und gibt stets eine dritte Gruppe:
    die Stans und Laurels.
    Begabt weder in dem einen noch anderen, aber mit einer intuitive Affinität, jedem Proktologen natürliche Konkurrenz zu sein. Meist gekrönt durch nicht erklärbare Karriere.

  2. “mit einer prüfungsfreien Zulassung zum Studienfach Sport (Lehramt)” – die ganze Nummer da oben ist doch erstunken und erlogen, ja?
    Von vorn bis hinten hergeträumt, oder?

  3. Beim Lesen der Überschrift kam mir doch als erstes der schwabsche-türkische Spargel und balkonistische Hobbyhanfzüchter in den Sinn. Nach der Kurzvita des Autors und seines Artikels ergeben sich für mich zweifelsohne gewisse Parallelen. Kompetenzen und Koryphäen allerorten. Danke für die Glosse. Auch wenn zeitengewendet-feministisch aus Spass Ernst wurde.

  4. Klausuren in Sport hab ich auch schon geschrieben, Mitte der 90er, wir konnten uns in der 11. die Sportart unter 4 zur Wahl stehenden pro Halbjahr aussuchen. Da gab es in Fußball dann eine Klausur über Regelkunde und die Analyse eines kurzen Videoausschnitts irgendeines kürzlich stattgefundenen Spiels der Nationalmannschaft. Ging soweit ich weiß mit 50% in die Endnote ein. Das fand ich jetzt nicht so verkehrt, weil man schließlich auch mit einer 5 in Sport sitzenbleiben konnte und man damit fehlendes sportliches Talent zumindest “existenzsichernd” ausgleichen konnte. Und ich böser Mensch bin ja sowieso jemand, der keinen Sinn im Versuchen sieht, wenn er genau weiß, daß er das festgelegte Leistungsminimum nicht erreichen wird. Mit Fußball hatte ich jetzt nicht so das Problem, aber warum soll ich mir zum Beispiel die Mühe machen, 3000m zu laufen, wenn ich genau weiß, daß meine Zeit nie und nimmer zum Bestehen reicht? Hier liegt dann eher das Problem der Benotung, imho müßte in Sport (oder auch Kunst und Musik) das ernsthafte Versuchen mindestens zum Bestehen reichen, auch wenn man keine ausreichende Leistung dabei bringt. Wenn ich wüßte, daß die 3000m zumindest noch vor Sonnenuntergang und in einer Geschwindigkeit schneller als Flanieren zu absolvieren für eine 4 reicht, würde mich das zumindest zur Teilnahme motivieren.

    Was der Autor beschreibt, ist natürlich haarsträubender Unfug, so das tatsächlich so stattfindet. Das ist ja praktisch, als würde man bei der Mathematikolympiade wegen akuter Rechenschwäche einfach Schillers Glocke aus dem Gedächtnis rezitieren und dafür den Hauptpreis abräumen.

  5. Später wird Korbinian dann Wirtschaftsminister und durch sein System des „vorauseilenden Dienens“ im Amt sitzen, bis St Nimmerlein.
    Letztlich gekrönt durch ein Bundesverdienstkreuz, eine satte Pension und viele viele Beraterposten, während er in seiner Ökovilla aus nachwachsenden Rohstoffen sitzt und seinen hart verdienten Lebensabend geniest.

    Märchen werde eben doch wahr…………

  6. Nu ja, der Gedanke war, den Korbinian nicht zu diskriminieren. Aber ASchulnoten sind eben keine Diskriminierung. Sie sagen dem Benoteten, wie er von anderen gesehen wird und wie er da eingeordnet wird. Wobei er ja insgesamt keineswegs zu kurz kommt, wie man liest.
    Eben ist Olympiade und Korbinian könnte auf die Idee kommen, für eine Goldmedaille zu trainieren. Eine Vier im Turnen würde diesbezüglich abratend wirken. Und verhindern, dass er Zeit und Kraft in eine Sache steckt, die völlig aussichtslos wäre. Dieses Korrektiv wurde Korbinian nun versagt.

    Kann ich nicht gut heißen.

  7. ein Tik-Tok im Textformat – sehr preisverdächtig!

    Ja, seit der Riefenstahl stellt man sich leistungsorientierte, deutsche Medaillengewinner traditionell etwas anders vor. Athletische Figur, imposante Brustumfänge, jedenfalls bei Männern, ordentlich Muckis stattdessen bei Frauen, kantiges Kinn, griechisches Profil, blond … aber halt, “blond und blauäugig” muss es heute nicht mehr sein für die rein leistungsgerechte deutsche Medaillenablieferung.

    In der Schule geht es natürlich nicht so sehr um nationale Angeberei, aber seit jeher um eine Be-Wertung mit Zensurnote in der sich irgendeine Leistung ausdrücken soll. Welche Leistung sieht man der Note dann gar nicht an, auch nicht im Sport. Was Schüler an Aufgaben und Leistungen im Unterricht sportlich gut oder schlecht erledigt haben interessiert letztlich auch keinen, wenn es um die für die Zukunft entscheidende Endnote im Zeugnis geht. Offenbar gibt es nun mit Preisen und Medaillen ein paar zusätzliche Anreize, die neben der Notenkonkurrenz dafür sorgen sollen, dass Schüler die wichtige Motivation in den Lehranstalten nicht völlig verlieren.

    Um die “leistungsgerechten” Bewertungskriterien der Schulen gab es immer schon Auseinandersetzungen, nicht nur zwischen Lehrern, Schülern und ihren Eltern. Was soll denn zählen, bei einem Spitzenweitsprung, dem mehrere Fehlversuche oder Kurzsprünge vorausgegangen sind? Zählt die “Teamfähigkeit” beim Fussball mehr als die Torversuche oder das gelungene Tor?
    In fast allen Fächern hat die Pädagogik solche Fragen zur notenförmigen Bewertbarkeit wieder und wieder gewälzt, zur “gerechten” und “leistungsgerechten” noch dazu, nur um den schulischen Zweck der Auslese mit einem Sinn zu erfüllen und vielen Rechtfertigungen über die unterschiedlichen “Leistungen” und Ergebnisse der Schüler, die die Schule an ihnen herstellt.

    Ja, liebe Lehrer, ein Dickmops schafft die 100m sehr wahrscheinlich nicht so schnell, wie sein dünner Konkurrent auf der nächsten Bahn. Und für so einen idiotischen Nachweis bräuchte man sie nichtmal laufen lassen und die Zeit auf hundertsel Sekunden messen. Aber das Theater soll ja für eine genaueste und “gerechte” Benotung von Unterschieden herhalten und wenn dem Dicken nun neuerdings sein belastendes Gewicht berücksichtigt werden würde, könnte er vielleicht genauso auf die 15 Punkte kommen, wie der Dünne. Das würde aber dem ganzen Zweck des schulischen Vergleichs widersprechen, mal abgesehen von dem Trara, das Mitschüler und Eltern dann gerne anfangen, die das als ungerechte “Gleichmacherei” und Nachteil ihrer Zöglinge in der Notenkonkurrenz betrachten.

    Dem schul-routinierten, traditionellen Lehrer fällt es da natürlich leichter gleich die mitgebrachte, offensichtliche Körperlichkeit der Schüler zum Kriterium für seine Bewertung des Erfolgs oder des Versagens herzunehmen, weil so oder so ähnlich ja praktischerweise immer schon bewertet wurde, vielleicht auch schon mit etwas Berücksichtigung der Anstrengungen und des guten Willens der erklärten “Versager”.
    Für überflüssig möchten sich Lehrer mit solchen Bewertungskriterien allerdings nicht erklären, da es ja schließlich auch um eine gewisse “körperliche Ertüchtigung” für spätere Dienste gehen soll.

    Soll heißen: Derselbe Schwachsinn, der bei der Noten-Bewertung von Unterschieden und “Fähigkeiten” angestellt wird und für ein schulisches “Zeugnis” so gewollt ist, wird durch neue, “ausgleichende” oder “Nachteile berücksichtigende” Bewertungskriterien ergänzt. Oder Preise und Medaillen.

    Da ist es recht einfach, sich über die neuesten Einfälle der Kultusminister zur ausgleichenden Gewichtung von Nachteilen aufzuregen oder lustig zu machen, weil sie als Ergänzung des Unfugs ja sehr blödsinnig sein mögen. Artikel wie dieser verpassen aber den Kern der Sache, wenn sie selbst nur mit der Vorstellung aufwarten, dass zusätzlicher Bewertungs-Quatsch von “Ersatzleistungen” eine irgendwie unangemessene Entgleisung vom sonst angeblich seriösen pädagogischen Bewertungsunsinn wäre.

    Jede Note ist eine recht dämliche Abstraktion von den Leistungen, die für sie erbracht wurden, von ihrem Zustandekommen, evtl. durch “reines Pauken”, bis zum “nachhaltigen Lernerfolg für’s Leben”. Sie sagt nichts Bestimmtes über das aus, was der Schüler in einem Fach gut oder schlecht konnte, kann oder können wird, und im “wirklichen” Leben gibt so eine Zahl ja absolut gar keine sachliche Auskunft über irgendein vorhandenes oder mangelhaftes Wissen, bei dem man ganz ohne Benotung nachhelfen kann. Zeugnisse taugen deshalb vielleicht für Bewerbungen und sonst nichts.

    Ich hätte dem Artikel notenmäßig in einem Satz einfach 3 Punkte oder ein “mangelhaft” geben können. Vielleicht auch 5 oder 6 Punkte für Ideenreichtum und Witz, dann noch 3 Zusatzpunkte für gute Rechtschreibung und unter Berücksichtigung des “minderbemittelten Sportlehrers” käme ich dann vielleicht auf ein “gut”, mit Gesamt-Abzügen für klischeehafte Altherrenformulierungen oder Diffamierungen.
    Das wäre natürlich absurd gewesen, weil eine Note gar nichts über den Artikel gesagt hätte, aber nur hier bei Overton, nicht in der Schule.

  8. Beim Sport zählt der Wille, die Freude und Spaß zu haben, wär immer die oder der letzte im Laufen/Schwimmen ist kann sich in jedem Schuljahr verbessern, man misst die Leistungsfähigkeit an Anfang jedes Schuljahr’s und wenn sich die Leistung zum Ende Verbessert hat. Ist der Sportunterricht gut und erfolgreich gewesen, soll heißen es kann nur die Verbesserung der eigenen Fähigkeiten (Vorher Nachher) gemessen/verglichen werden.

    Verbessert lieber euch Selber und nicht die Anderen Menschenkinder!

    1. Huh, ja. Bei einer reinen Messung der “Leistungsfähigkeit” (welches eigentlich eine Messung der dann erbrachten “Leistung” ist) am Anfang und am Ende, schneiden dann die am Besten ab, welche am Anfang absichtlich eine sehr schlechte Leistung gebracht haben – ja, es ändert sich ein bisschen, wenn man die Leistung des vorhergehenden Schuljahres mit der Leistung des aktuellen Schuljahres vergleicht (und nicht die Leistung am Anfang und am Ende eines Schuljahres oder Schulhalbjahres – aber dann ist/war vor der Oberstufe eigentlich immer nur die Note am Ende eines Schuljahres irgendwie relevant, aber dann ist mir nicht bekannt, dass irgendjemand wegen einer sehr schlechten Sportnote mal sitzengeblieben wäre).

      ps. Sergey Bubka hatte früher beim Stabhochsprung (um möglichst viele Weltrekorde dort aufzustellen) auch normalerweise nur die aktuelle bestmarke um maximal 1 cm erhöht (und hatte nicht versucht die aktuelle bestmarke so weit wie möglich bei einem Weltrekordversuch zu übertreffen).

      1. Die im Ostblock waren eben schlauer “Ergiebigkeitsprinzip” auch bekannt als Minimal/Maximalprinzip.

        Danke für den Hinweis lieber öfter Weltrekord-Erreicher als nur einmal im Leben den Weltrekord erreichen!

  9. Herrlich, am besten noch Atmen und am Leben sein mit Bestnoten belegen. Wobei, dann diskriminieren wir die Toten. Also alle Menschen, lebendig wie tot, mit 0,9 benoten, und schon haben wir Friede, Freude, Eierkuchen, den vorgeschriebenen Einheitsbrei.

    Jeder, der nur ein bißchen Ehrgeiz in sich spürt, braucht den offenen Vergleich mit ähnlich gelagerten. Nur, wenn keine Basis des Vergleiches mehr erfaßt und alles nur unter Diskriminierungsgesichtspunkten gleichgeschaltet wird, endet alles nur noch im allernötigsten unteren Mittelmaß, in kleinsten gemeinsamen Nenner.

    Herzlichen Glückwunsch 😤

  10. Lieber Herr Black, haben Sie den Artikel selber geschrieben oder stammt der von Korbinian? Sei´s drum, der Text ist sehr amüsant zu lesen und rundherum gelungen. Falls dies tatsächlich aus der Feder eines Sportlehrers stammt, sieht man mal wieder: Der Mensch wächst an seinen Aufgaben.

  11. Die Notengebung anhand idealerweise messbarer Ergebnisse im Sportunterricht soll ja die Bewertung objektivieren, zumindest hatte ich das in grauer Vor- und zu meiner Schulzeit so verstanden. Und wer als notorischer Stubenhocker blöderweise nie seine motorischen Fähigkeiten trainiert hat, hat dann eben dieselben Probleme wie schon immer Lesefaule: Auffälligkeit durch Mangel an Fähigkeit in bestimmten Bereichen.

    Der unausweichliche Nebeneffekt jeglicher Leistungsbewertung ist aber halt Diskriminierung. Im Wortsinne ist das sogar das Ziel jeglicher Bewertung.

    Mir wäre auch neu, dass es entsprechende Ausgleichs- oder Bonusregelungen für Sprechgehemmte, Illiteraten, Leute mit Zahlenallergie oder Unkreative gäbe, die ebenfalls immer schon in den jeweiligen Fächern ganz furchtbar entsprechend ihren Nichtfähigkeiten per Notengebung diskriminiert worden sind.

    Idealerweise sollte es also gar keine Noten und keinerlei Leistungsanforderung geben, dann entfällt jegliche Diskriminierung ! Achja, wie günstig: Auf dem Wege ist das deutsche Schulsystem ja bereits, wie man anhand des jährlichen Notenspiegels mühelos ableiten kann. Wo studierunfähige 1.0-Abiturienten reihenweise nicht mal mehr über Basiswissen verfügen, das früher noch Stoff der 10.Klasse Hauptschule war.

    Freibier für alle.

  12. Dieser Artikel ist preisverdächtig, da stimme ich Mikrowelle zu. Ich habe Tränen gelacht bei der Vorstellung, wie der Fettmops am Reck hängt. Ich selbst habe Reckturnen auch gehasst und in Sport immer eine 4 bekommen. Einen Preis haben aber auch die Herren im Kultusministerium verdient, denn nur diesen weitsichtigen Beamten (ja, sowas scheint es zu geben), ist es zu verdanken, dass der arme picklige Brillenträger auch im Fach Sport die Ehre zuteil wird, die ihm gebührt. Das nenne ich gelebte Demokratie. Die Sportskanonen schleppen schon die blonden Schönheiten ab, das soll reichen. Was habe ich die damals darum beneidet. Also wenn das Buch von Lehrer Black auch nur im Ansatz so spannend und lustig ist wie dieser Artikel hier, werde ich es mit großer Freude lesen. Ich habe es sofort bestellt.

  13. “Karl Ranseier ist tot!

    Der wohl erfolgloseste Astronaut aller Zeiten kam nur auf die Welt, weil seine Mutter die erste bemannte Raumpflegerin war. Er aß schon als Kind am liebsten Kindermilchstraße.

    Im Alter von nur 5 Jahren passierte etwas, was Ranseiers Leben für immer beeinflussen sollte: Er sah ein grünes Männchen, mitten auf der Fußgängerampel. Auch in der Schule war er nicht auf den Mond gefallen. Später eiferte er seinem großen Vorbild Nil Amstrong nach und lernte Trompete.

    Weil er überall seine Nase reinsteckte, wurde er aus der Astronautenschule achtkantig herausgeschmissen. Ein kleiner Tritt für Ranseier, ein großer Tritt für die Menschheit.

    Aber er erfand das Essen aus der Tuba, die Nasenklammer für Synchronastronauten und den bauchfreien Raumanzug.

    Dann war es endlich so weit! Er machte seine ersten Raumausflug mit der Billigraumfluggesellschaft Birgenall, aber er hatte Probleme. Beim Wiedereintritt in die Atmosphäre musste er nochmal zahlen, weil er keinen Stempel auf der Hand hatte.

    Karl Ranseier starb gestern, als er versuchte mit Dynamit in die Luft zu fliegen.”

    1. Ja, gut, aber was bitte hat das mit dem fetten Korbinian zu tun? Waren die befreundet? Ich verstehe gar nix mehr. Kann mich bitte mal jemand aufklären?

    2. Danke, Brian, YMMD. Ich werde den Ranseier mal g**geln. Scheint ja eine literarische Goldmine zu sein (mich beschleicht das Gefühl, was nicht mitbekommen zu haben…), gibt ja noch mehr Geschichten um den Karl.

      Angenehmes Wochenende aus Norddeutschland!

      1. Danke gleichfalls aus der Kölner Bucht !
        (Und der FC hat gerade zuhause gegen den HSV und seinen Ex-Trainer verloren…)
        Ihnen war Karl Ranseier vorher kein Begriff ? Dann gehe ich davon aus, daß Sie ein paar Jahre jünger sind als ich. Denn “Karl Ranseier ist tot” war v.a. in den 90ern ein Running Gag bei RTL Samstag Nacht.
        Es ist allerdings auch nicht alles, was über ihn im Netz zu finden ist, auf deren Mist gewachsen.
        Aber die hatten schon ein paar nette Nummern im Programm (‘Kentucky schreit ficken’, etc.).

  14. Der Artikel wirft die Frage auf ob Medaillen, Noten und am Ende die Vergabe von Studienplätzen eine b e r e c h t i g t e Belohnung für erbrachte “Leistungen” darstellen. Da kennt natürlich jeder mit Gerechtigkeitssinn ausgestattete Bürger genügend Beispiele dafür, dass es in der eigenen Schulzeit oder dem Berufsleben nur so vor tatsächlichen oder persönlich empfundenen “Ungerechtigkeiten” wimmelte.
    Eine Bewertung von “Leistung” durch autorisierte Bewerter soll es schon sein, aber bitte “gerecht” und nach den Gleichheits-Kriterien, die in der Klassengesellschaft höchste Wertschätzung genießen.

    Was soll Benotung denn (nach manchen Kommentaren hier) nun “messen”? Den “Willen”, der bei den “Unsportlichen” genauso vorhanden sein dürfte, oder wird ein langsamerer Lauf als “Unwille” bewertet? Oder wird “langsamer Laufen” einfach gleichgesetzt mit “weniger Leistung”, oder der körperlichen Unfähigkeit dazu? Da müssten olympiareife Kugelstoßer oder Ringer in schulischen Vergleichen eine ungenügende Bewertung abbekommen, weil sie im Laufen oder Hochsprung eher Nieten sein würden.

    Zur vergleichenden Bewertung der Schüler untereinander, nach dem Notenraster, kommt die individuelle Bewertung einer “Entwicklung” im Prüfungszeitraum dazu. Da zählt die o.g. Verbesserung (oder Verschlechterung) der “Leistung” zum Ende des Halbjahres in der Endnote dann gar nicht als solche, sondern das gesamte Auf und Ab aller unterschiedlichen “Leistungsmessungen” wird zur “Durchschnittsnote” berechnet, die über die tatsächlich gut und schlecht erbrachten “Leistungen” gar nichts mehr aussagt. Genauso wenig wie der wichtige “Schnitt” im Abschlusszeugnis über Leistungen oder Fähigkeiten in den einzelnen Fächern aussagt. Aber auf den verwertbaren Notenschnitt kommt es ja für Bewerbungen im weiteren beruflichen Lebenslauf ganz besonders an.
    Man könnte ebensogut Gemälden nach festgesetzten Kriterien für z.B.”realistische Darstellung” eine Schulnote verpassen. Da würden viele Bilder durchfallen, wegen “falscher” Abbildungen und Farbgebung. Das Benotungssystem sagt mit seinen umfangreich ausgetüftelten Kriterien deshalb mehr über sich aus, als über “Leistungen”, die es angeblich “messen” will, aber nur einer vergleichenden Bewertung unterwirft. Im Sport wird die Sortierung mit ihren willkürlich gesetzten Besser-Schlechter-Vergleichen am vordefinierten Erfolgsmaßstab nur nach anderen Kriterien für “Leistung” plausibel gemacht.

    Im Artikel geht es aber ohnehin mehr um die weit verbreiteten Leistungsideologien dieser Gesellschaft, wonach es angeblich ganz vom individuellen Einsatz und Leistungswillen abhängen soll, ob man dafür “mit Erfolg belohnt” wird.
    “Leistung muss sich wieder lohnen” war mal einer dieser Partei-Slogans, der zwar in diesem FDP-Fall die “Leistung” ihrer Unternehmer-Lieblinge und ihrer lohnenden Gewinne meinte, und nicht die im wirklichen Lohnbereich, aber der Gedanke von “Belohnung nur für echte Leistung” ist allgemein so durchgesetzt worden, dass der Bürgersinn heute konsequent gegen verschiedenste “Minderleister” stänkert, die angeblich ganz ohne den preisverdächtigen “Fleiß” viel zu viele “Belohnungen” kriegen, die sie nach linientreuem Rechtsempfinden gar nicht verdienen. In diese Kerbe schlägt, gewollt oder ungewollt, leider auch dieser Artikel.

  15. So abstrus ist das mit der beschriebenen Sportnote gar nicht. Als ich in den 80ern im Gymnasium war, konnte man ab der 9. Klasse von Religion in Ethik wechseln. Da sind den Religionslehrern massenweise die Schüler weggelaufen. In der 11. waren gerade mal noch 3 Leute im Religionsunterricht und die Schulleitung hat dem Relilehrer mit Entlassung gedroht, weil er nicht mehr gebraucht wurde (er war kein Beamter!). Um seinen Job nicht zu verlieren, kam er in unsere Klasse und hat uns angefleht, von Ethik wieder in Religion zu wechseln. Als “Belohnung” hat er jedem die Note 1 versprochen für die blße Anwesenheit. Ich bin dann mit ein paar anderen wieder in Reli und wir haben mit ihm ausgemacht, dass er einfach pennen oder lesen soll und wir machen unseren eigenen Kram. So kam es, dass wir in jeder Relistunde Skat gespielt und Bier getrunken haben und er saß vorne und hat entweder BILD gelesen oder gepennt. Ich habe bis heute die Note 1 in Religion im Abizeugnis stehen, dabei konnte ich gar nicht wirklich gut Skat spielen. Also sagen Noten gar nichts über die Schülerleistung in dem Fach aus.

  16. Ein herrliches Kapitel aus einem aberwitzigen Buch, das ich mir sofort gekauft habe! Der Autor beschreibt wunderbar satirisch und überzogen unser überholtes Schulsystem. Trotz des ernsten Hintergrunds ist jede einzelne Seite zum totlachen!! 😀 Allerdings scheinen einige Leser dieses Auszugs hier nicht verstanden zu haben, dass man nicht jedes Wort ernst nehmen sollte… Gerade deshalb die perfekte Lektüre für einen entspannten Sommerurlaub! 🙂
    Hoffentlich gibt es bald einen 2. Band, oder noch besser, eine Verfilmung!

    1. Noch ne Verfilmung? Die lustigen Klischees vom “hirnlosen Muskelprotz” und dem “dicken, pickeligen und übermäßig bebrillten Lehrertaschenträger” wurden doch schon in den Theo Lingen Filmen der guten alten Nachkriegszeit verfilmt, mit “Schüler Nietnagel”, später auch in amerikanischen “High School”-Komödien oder Schworzenegger Mucki-Filmen. Aber gut, das Buch ist vielleicht lustig und “Wiedersehen macht bekanntlich Freude”, wie bei Manta Manta 2 und so.

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