Justus Frantz und die deutschen Kulturzwerge

Justus Frantz in Sankt Petersburg, Probe

Der weltberühmte Dirigent feiert im Mariinski-Theater seinen 80. Geburtstag. In Deutschland ist er verfemt.

Aus St. Petersburg Patrik Baab (Text) und Alexander Chizhenok (Kamera).

Stehende Ovationen. Minutenlanger, rhythmischer Applaus. Bravo-Rufe und Blumen, als Justus Frantz die Bühne betritt. Im Mariinski-Theater danken Russen und Deutsche gemeinsam Justus Frantz für sein Lebenswerk. So endet eine überragende Aufführung von Mozarts „Die Entführung aus dem Serail“. Am Abend wird sein Freund Valery Gergiev Ludwig van Beethovens Messe „Missa Solemnis“ dirigieren. Einmal mehr zeigen die beiden Freunde, wie Musik die Menschen verbindet. Dass die Wahl auf diese Kompositionen fiel, ist auch ein Signal.

St. Petersburg präsentiert sich mit diesem Pfingst-Programm als das, was die Stadt seit ihrer Gründung 1703 sein soll: Russlands Fenster zum Westen; ein Laboratorium der Moderne in der Tradition von Klassik und Aufklärung; eine steingewordene Utopie, die über dem Neva-Delta schwebt. Die Besucher gehen respektvoll und freundlich miteinander um, schütteln sich die Hand, Gäste aus Russland und Deutschland im Gedankenaustausch. Für die Petersburger ist Russlands europäische Reise noch lange nicht zu Ende. Die Belagerung von Leningrad durch die deutsche Wehrmacht 1941-1944 mit mehr als einer Million toter Zivilisten – hier ist sie nicht vergessen, aber verziehen. In dieser Stadt wird kein Hass geschürt.

Das ZDF will heute nichts mehr von ihm wissen

Foto: Alexander Chizhenok

Wie anders in Deutschland. Die NATO-Propagandistin Florence Gaub darf bei Markus Lanz unwidersprochen sagen: „Wir dürfen nicht vergessen, auch wenn Russen europäisch aussehen, dass es keine Europäer sind – jetzt im kulturellen Sinne – die einen anderen Bezug zur Gewalt haben, die einen anderen Bezug zu Tod haben.“ Diesen rassistischen Unfug kann nur glauben, wer die Russen nicht kennt. Deshalb versuchen diese Regierung alles, persönliche Begegnungen zu unterbinden. So lassen sich die Menschen in Deutschland leichter in neue Kriege treiben. Voraussetzung ist der Realitätsverlust.

Zur Propaganda gehört auch die Unterwerfung des Kulturbetriebs. 1985 hat Justus Frantz das Schleswig-Holstein Musik-Festival gegründet. Heute wird er wegen seiner Kontakte nach Russland zu seiner eigenen Konzertreihe nicht mehr eingeladen. Mit den Sendungen „Achtung Klassik“ und „Klassik für alle“ hat er jahrelang ein Millionenpublikum begeistert. Heute will das ZDF nichts mehr von ihm wissen. Justus Frantz hat als einer der ersten den Friedensaufruf von Sarah Wagenknecht und Alice Schwarzer unterzeichnet. Diesen Mut hat man ihm die Kulturschickeria nie verziehen. Auch seine Freundschaft zu Valery Gergiev wird ihm zur Last gelegt. Der gilt den selbsternannten Tugendwächtern im Westen als Putin-Versteher. Den Posten als Chefdirigent in München hat er verloren, weil er den russischen Einmarsch in die Ukraine nicht ausdrücklich verurteilt hat.

Dazu sagt Justus Frantz: „Freundschaft ist das Wichtigste. Wichtiger als alle Politik!“ In St. Petersburg Partnerschaft und Dialog; in Deutschland Kontaktschuld und Ausgrenzung. Das identitäre Denken, das auf die Überlegenheit des Westens und seiner „wertebasierten Ordnung“ rekurriert, fördert Ressentiment und Kriegshysterie. Auch dies ist ein Zeichen des Kulturzerfalls. So werden nicht nur die Sanktionen, sondern auch kulturelle Ausgrenzung zum Bumerang.

Zwei couragierte Persönlichkeiten

Beide, Valery Gergiev und Justus Frantz, verbindet nicht nur langjährige Freundschaft und Zusammenarbeit; sie halten auch an der eigenständigen Rolle der Musik jenseits der Politik fest. Beide lassen sich auch nicht durch den NATO-Slogan vom „unprovozierten Angriffskrieg“ das Gehirn vernebeln. Sie lassen sich nicht Bekenntnisse aufzwingen, wo Erkenntnisse gefragt sind. Die Erkenntnis zum Beispiel, dass seit 1991 nicht Russland nach Westen vorgerückt ist, sondern die NATO nach Osten, trotz anderslautender Zusagen. Die Erkenntnis, dass der Putsch auf dem Maidan 2014 die hochverschuldete Ukraine von einem neutralen Staat zu einem Werkzeug der NATO gemacht hat. Die Erkenntnis, dass Putin im Herbst 2021, also Monate vor dem Krieg, der NATO einen Deal vorgeschlagen hat, wie es Generalsekretär Jens Stoltenberg am 7. September 2023 vor dem Europäischen Parlament selbst dargestellt hat: Wenn das westliche Bündnis auf die Aufnahme der Ukraine verzichte, dann verzichte er auf den Einmarsch. Die Erkenntnis, dass der Westen die Friedensgespräche im Frühjahr 2022 hat scheitern lassen, um Russland zu schwächen – wofür es bis in höchste US-Stellen solide Quellen gibt, was aber die deutsche Propaganda-Presse wider besseres Wissen bestreitet.

Dies alles blenden diejenigen aus, die hierzulande in Politik und Kultur das Sagen haben. Das entlarvt den Moralismus, mit dem sie Justus Frantz und Valery Gergiev ausgrenzen, als verlogenen Selbstbetrug. Ihre Moral ist das Deckmäntelchen, mit dem sie ihre freiwillige Selbstunterwerfung unter die US-Politik kaschieren. Sie wollen Exempel statuieren – nicht nur, um vorauseilenden Gehorsam bei Dritten zu erzwingen; sondern weil neben diesen couragierten Persönlichkeiten die eigene Feigheit in all ihrer Mickrigkeit erscheint. So werden große Geister ins Exil getrieben.

„Die Entführung aus dem Serail“ handelt von Exil und Verlust der Heimat. Konstanze, eine junge Spanierin, ihre Zofe und ihr Diener werden verschleppt und landen auf dem Sklavenmarkt. Der reiche Muslim Bassa Selim kauft sie und bringt sie in seinen Palast. Dort findet Konstanzes Verlobter Belmonte die drei und will sie befreien. Nach vielen Konflikten verzichtet Bassa Selim auf ihre Ermordung. Dass er am Ende Konstanze freigibt, hat manchen veranlasst, Mozarts Oper in die Nähe von Lessings „Nathan der Weise“ zu rücken. Aber am Ende erfährt man, dass Bassa Selim einst Christ war und selbst aus dem westlichen Leben in den muslimischen Kulturkreis vertrieben wurde. Ob Justus Frantz sich selbst hier wiederfindet?

Es sind die Intellektuellen, die diese Zerstörung der Vernunft betreiben

Foto: Alexander Chizhenok

Das Leitbild der deutschen Kultur ist inzwischen der Gartenzwerg. Aber er überragt jene Piefkes um Längen, die heute in Politik und Kultur den Ton angeben. Sie sind über das Niveau des kindlichen Spracherwerbs nicht hinausgekommen, weswegen sie am deutschen Wesen mal wieder die Welt genesen lassen wollen. Andere ducken sich einfach weg, um keine Probleme mit Verlegern, Theatern und sonstigen Auftraggebern zu bekommen. Allen gemeinsam ist: Sie werden zu Erfüllungsgehilfen der Politik. Die Kulturschickeria Deutschlands fördert die Amnesien, mit denen ein Land in den Krieg döst, und machen sich so gemein mit den Hasardeuren, die Deutschland an den Rand eines Atomkriegs gebracht haben. Es sind die Intellektuellen, die diese Zerstörung der Vernunft betreiben.

Justus Frantz bei den Proben im Konzertsaal des Mariinski: Er steht am Dirigentenpult in Turnschuhen, offenes Hemd, die Manschetten hängen ungeknöpft über die Handgelenke. Die Sängerinnen und Musiker in Trainingshose und T-Shirt. Sie diskutieren mit ihm die Partitur, die Bewegungen, ihren Einsatz, machen sich Notizen. Sie hängen an seinen Lippen. Zwei weitere Dirigenten, die weltweit Rang und Namen haben, gesellen sich dazu, lauschen dem Meister. Es ist diese selbstbewusste Mühelosigkeit, die ihm die Kulturschickeria neidet. Diese Funktionäre stehen nicht jenseits der NATO-Propaganda. Sie sind, wie die Lohnschreiber in Medien und die käuflichen Akademiker in den Universitäten, die eigentlichen Träger der NATO-Propaganda. Wenn Justus Frantz seinen Geburtstag in St. Petersburg feiert, sich fernhält von ihrer Gehirnwäsche, dann zeigen sie mit dem Finger auf ihn: Der betreibt das Geschäft des Feindes. Und wenn die Propaganda-Phrasen auch erstunken und erlogen sind: Umso schlimmer für die Wirklichkeit.

Bankrott der deutschen Intellektuellen

Am Abend singt der Chor des Mariinski-Theaters unter Leitung von Valery Gergiev Beethovens „Missa Solemnis“. Der Choral endet mit der Zeile: „Dona nobis pacem.“ Herr, gib uns Frieden – dieser Satz wird nach dem Konzert beim Empfang an Tischen und in Festreden noch mehrfach wiederholt. Die Menschen in St. Petersburg sind den Krieg leid, der Wunsch nach Frieden beherrscht die Gespräche.

In der deutschen Kulturszene hört man das selten. Wie verlockend muss das Gefühl sein, endlich wieder die Russen hassen und sich doch bei den Guten wähnen zu können? Wäre es da nicht konsequent, Kulturschaffende verfassten eine Ergebenheitsadresse an die NATO, ein Gelöbnis treuester Gefolgschaft, wie es 88 deutsche Schriftsteller am 26. Oktober 1933 getan haben? Dann wäre wenigstens dem letzten Trottel klar, wer Koch und wer Kellner ist. Der Krieg in der Ukraine demonstriert auch den Bankrott der deutschen Intellektuellen.

Aber von Justus Frantz wird man noch reden, wenn die Kultur-Piefkes längst auf dem Müllhaufen der Geschichte verschwunden sind.

Ähnliche Beiträge:

28 Kommentare

  1. „ Aber von Justus Frantz wird man noch reden, wenn die Kultur-Piefkes längst auf dem Müllhaufen der Geschichte verschwunden sind.“
    Desgleichen wird man weltweit den Namen Valery Gergiev kennen.Der Name des Münchner „Herrenmenschen“,der Gergiev aus der „Hauptstadt der Bewegung“,unter dem frenetischen Beifall der Schickeria vertrieben hat,ist schon jetzt vergessen…eben einer der vielen „Untertanen“…
    Danke,Herr Baab für ihren Artikel.

  2. Sehr schöner Artikel und absolut zutreffend. Insbesondere die Beschreibung der unterschiedlichen Stimmungen in Deutschland und Russland. Ich war während des jetzigen Krieges schon mehrmals in Russland und die Zugewandtheit, Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft der russischen Menschen hat sich im Vergleich zu früher nicht verändert. Obwohl ich fliesend russisch spreche, versucht jeder sich an irgendein deutsches Wort zu erinnern, sobald sie merken, dass ich Deutsche bin. Und sie freuen sich immer, wenn sie mir helfen können.
    Wie anders hier: Diffamierung und Ausgrenzung. Auch wenn private Gespräche darauf kommen, dann rutschen sie ganz schnell in gehässiges Diffamieren von Putin, Russland und die Russen im Allgemeinen. Das kommt von Menschen, die weder Russland, noch russische Bürger, noch irgendetwas aus der reichen russischen Kultur kennen. Natürlich sind sie deswegen leicht zu überführen, aber das macht diese Menschen, die ausschließlich von der politischen und medialen Propaganda geleitet sind, nur noch aggressiver.
    Da steckt so viel Emotion dahinter, dass ich manchmal das Gefühl habe, dass sich der durch die rigide Corona-Zeit aufgestaute Frust und Hass jetzt auf Putin und den Russen im Allgemeinen projiziert wird.
    Es ist irgendwie erschreckend.

    1. Ich wollte, ich könnte dieses Land und seine Menschen näher kennenlernen. Danke, dass Sie ein Botschafter sind für die Deutschen, die Russland zugewandt bleiben und diese beschämende Propaganda durchschauen.

  3. Guter Artikel. Aus dem mehr oder weniger schönen Wien bleibt nur anzumerken, daß es in der österreichischen sogenannten Kulturszene nicht besser aussieht, vielleicht ist hier alles noch verfilzter als in Deutschland.
    Wir haben hier alte 68er-Marxisten, die seit 40 Jahren einen Gratismut als Billigantifaschisten zeigen, aber bei den Themen Impfzwang, Migrantenkriminalität und ukrainische Nazis eine Feigheit und gespielte Ahnungslosigkeit vorzeigen, daß man nur kotzen kann; wir haben Staatskünstler – z.B. sämtliche Bundestheater -, die zu 100% von Steuergeldern finanziert werden und bereit sind, dafür jede gewünschte Propaganda zu brüllen; wir haben drittklassige Bestsellerautoren, die sich mit hirnerweichten Statements zu Russland oder zur Massenmigration zu Wort melden usw. Und natürlich werden einzelne Künstler, die Verstand und Rückgrat zeig(t)en vom Mainstream ignoriert.
    Was ich den hier meist deutschen Lesern sagen will: Auch in Österreich steht die Sonne der Kultur so tief, daß die Zwerge große Schatten werfen.

  4. Ich habe beide Künstler erlebt und war immer wieder begeistert von deren Können. Sie beide konnten immer wieder die Musik und die Kunst als verbindendes Element zwischen Völkern und Nationen vermitteln. Was jetzt in Deutschland geschieht ist zutiefst beschämend. Dieses Land ist nicht mehr mein Land uns wird es auf absehbare Zeit auch nicht wieder werden. Wir machen uns immer mehr die Ideologie der Nazidiktatur mit deren menschenverachtenden Sprache zu eigen – nur bemühen wir dazu eine fiktive Moral und Werte, an die sich die Politiker unisono nicht halten. Wo sind wir hingekommen! Menschen ohne Bildungsabschlüsse, ohne berufliche Erfolge bestimmen über unser Denken und versuchen mit allen Mitteln unser Handeln in ihrem Sinne zu beeinflussen. Mein Großvater hat gegen die Nazis gekämpft, unter großem eigenen Leid – er dreht sich im Grab um, wenn es das sieht.

  5. Berechtigt die Tatsache »Europäer« zu sein dazu, stolz darauf zu sein? Ganz sicher nicht.

    Das sollten sich Kreaturen wie Florence Gaub, die sonst nichts vorzuweisen haben, hinter die Ohren schreiben

  6. Vielen Dank für diesen Artikel.
    Wenn ich mein Umfeld betrachte, dieses penetrante Wegsehen im Freundes- und Bekanntenkreis, bin ich zutiefst deprimiert. Ich denke mir: „Wozu überhaupt noch Texte lesen, Texte schreiben, es hat doch alles keinen Sinn.“ Und dann kommt so ein Artikel daher, der zeigt, dass es immer noch Menschen gibt, die anders ticken. Und das macht macht Mut. Vielen Dank auch an Florian Rötzer und das Team vom Overton-Magazin, das in dieser bleiernen Zeit eine Plattform der Hoffnung aufrecht erhält. Und wenn sie nicht verboten wird, dann lesen wir noch morgen.

  7. „Das Leitbild der deutschen Kultur ist inzwischen der Gartenzwerg. Aber er überragt jene Piefkes um Längen, die heute in Politik und Kultur den Ton angeben. Sie sind über das Niveau des kindlichen Spracherwerbs nicht hinausgekommen, weswegen sie am deutschen Wesen mal wieder die Welt genesen lassen wollen. “

    Vielen Dank für diesen Satz in einem besonders lesenswerten Artikel. Er drückt alles aus was derzeit über die deutsche Kultur und den sog. Kulturschaffenden zu sagen ist.

  8. . . . und die deutschen Kulturzwerge . . .
    Dem ist nichts hinzuzufügen, meiner Meinung nach. Ganz wichtiger und treffender Text, Herr Baab. Von Herzen:
    Dankeschön!

    1. Ja, auch. Aber die Gesellschaft und insbesondere die Politik formt die Kultur durch Förderung oder eben nicht genehmigte Förderungen von Projekten. Durch die Inhalte der Schulbücher. Usw. Das ist eine Wechselwirkung. Weiter haben große Konzerne durch ihr Geld Einfluss durch Werbung, Stiftungen, Lobbyarbeit…. Und das machen die nur für den Profit, weil die Manager dafür angestellt werden möglichst viel Profit zu machen. Das ist deren einziger Maßstab. Deten private Meinung oder Moral spielt da keine Rolle. Dafür werden sie auch nicht bezahlt.

    2. Und dennoch gibt es die zwei Seiten. Einerseits die Kultur der Unterdrücker. Und andererseits die der Unterdrückten. In diesem aufeinander bezogenen Verhältnis verdeutlicht das dreiste unappetitliche Agieren der deutschen Kulturzwerge auch die zunehmende Schwäche dieser Akteure. Und das lässt dann sogar die Hoffnung auf den notwendigen Abgesang aufkeimen. Dies zu beschleunigen ist unser Part.

  9. Eine wundervolle Kraft, die der Author und viele andere, auch im Forum, hier immer wieder aufbringen, um die unsäglichen Missstände den Lesern, zumindest denjenigen, die Fragen stellen, nahe zu bringen. Leider ist zutiefst frustrierend: die Erkenntnis, dass eine sogenannte „Mehrheit“ in Deutschland wohl an der Beseitigung dieser Missstände überhaupt kein Interesse hat; und sie durch ihre Passivität sogar noch befördern – und dabei Leitmotive wie Liebe, Freundschaft, Kommunikation, Gleichheit, Menschlichkeit völlig ignoriert (auch wenn sie das natürlich nicht wahr haben will). Waren diese Menschen denn alle nicht in der Lage, diese Fähigkeiten/Eigenschaften richtig zu erlernen bzw. anzuwenden? Dass es viele Personen mit Macht gibt, Politiker, sogenannte Experten, die bewusst, also in vollem Wissen, diese schlimmen Umstände in die Welt setzen, ist eine Binsenweisheit, da schon immer Teil der Menschheitsgeschichte. Mir stellt sich aber immer wieder die Frage, warum der eigentliche Souverän (?) sich so asozial, kriegerisch, ausgrenzend und hassend in propagandistischer Weise mit (immer!) negativen Folgen beeinflussen lässt. Ist es nur der Konsum oder die überbordende Nutzung sozialer Medien? Ein sozio-kulturelles Problem, was gezielt von wem auch immer (Ideologen, MindSet?) gefördert wurde? Im Gegensatz dazu kann man schon aufhorchen, auf was für einer zivilisatorisch und menschlich höheren Stufe Länder heute stehen, in denen Kultur oder Sport von Politik getrennt sind (war in Deutschland vor Kurzem auch einmal so); oder wo man bereit ist, den Nachkommen unsägliche Taten von dessen Vorfahren (Eltern/Großeltern) zu verzeihen: nur so kann man zusammen ohne Angst in die Zukunft blicken, sich einfach freuen (genießen) und menschlich gemeinsam leben. Kommen wir da in Deutschland wieder einmal hin, und wenn ja, wie schnell? Ich erinnere mich an Walter Rossum, der (vielleicht 2021) in einen Video-Gespräch für mich zum ersten mal etwas andeutete (zumindest ist das meine ungefähre Erinnerung): durch das Versagen der Legacymedien werden die Alternativmedien gestärkt. Ich bin sehr dankbar, dass Legacymedien versagen mit solchen „Formaten“ wie Tagesschau oder Lanz oder Bild oder Will oder was weiß ich: denn es führt zu einer (sokratisch-platonischen Höhlen-) Erkenntnis – man spricht heute von einer roten Pille. Und diese Erkenntnis ist nicht angenehm – beinhaltet aber die pure Möglichkeit einer Veränderung hin zum Guten.

    1. Interesse hätte eine Mehrheit vermute ich schon, aber die fühlen sich vereinzelt und chancenlos etwas zu ändern, und ergeben sich in ein Schicksal, wrlches sie „sowieso nicjt ändern können“ Deswegen können immer wieder gut organisierte kleine Gruppen der großen Mehrheit ihren Willen aufzwingen. Seien es die Bolschewiki, die Nazis, die Grünen, die Jakobiner usw. Usf.

  10. Sehr geehrter Herr Baab,
    vielen Dank für Ihre Betrachtungen zum Geburtstag von Justus Franz. Vermutlich ist es eine Reaktion auf den unsäglich kulturlosen Beitrag des NDR:
    https://www.ardmediathek.de/video/hamburg-journal/umstrittener-dirigent-neue-biografie-ueber-justus-frantz/ndr/Y3JpZDovL25kci5kZS81NWMwZmY4MS02YjRhLTQzMGMtYWM1MS1mOTFhYWUyM2FlZGQ

    Nun, der kulturelle Verfall hat natürlich nicht mit Corona oder den Kriegen in der Ukraine oder im nahen Osten begonnen.
    Schaut man sich die Geschichte der Kadenzen an, zeigt sich, dass perfekte Wiedergabe die künstlerische Kreativität nicht fördert.
    Aber auch das große Lügengebäude der hervorragenden Akustik der Elbphilharmonie hätte mir schon 2017 zeigen können, welchen Stellenwert künstlerische Wahrheit in der Profitwelt hat. Noch in 2017 habe ich mein Abo der Hamburger Philharmoniker gekündigt.
    Warum lassen sich die Opernbesucher mit „Regietheater“ traktieren, das mit der zugehörigen Skandalisierung wesentlich der Karriere der Kunstzerstörer dient?
    Auch die Angewohnheit, schwer hörbare, zeitgenössische Musik mit bekannten populären Werken zu kombinieren zeigt die Heuchelei (u.v.a. Brahms Requiem und vorher 45 min Boulez in St. Michaelis).
    Hätte der Boulez alleine auf dem Programm gestanden, wäre niemand gekommen, hätte es am Ende des Programmes gestanden, wären viele nicht geblieben.
    Der pädagogische Anspruch scheitert seit Jahrzehnten, weil für (möglicherweise berechtigtes) hässliches immer Programmplätze zur Verfügung stehen, während richtig schöne Stücke, sogar aus dem 20. Jh., aber nicht im Stile dessen, systematisch nie gespielt werden.
    Genauso wie die sogenannten öffentlich-rechtlichen Medien, ist auch das öffentlich finanzierte Opern- und Konzertwesen dringend zu demokratisieren.
    Schöne Grüße
    Axel Klein

    1. Korrekt.
      Nebenbei mal ein guter Kommentar zur Elbphilharmonie!
      Von Außen ist das Gebäude ebenfalls eine Belästigung. Der Kaispeicher A war geil. Wie er dann mit Milliarden versenkt wurde, war nur für die Baufirmen interessant und begeistert heute Geschmacksbefreite. Davon haben wir allerdings Millionen.

  11. Wer Kultur über Jahrzehnte ‚vernichtet‘, der sollte sich nicht wundern über die Ergebnisse.
    Zu meiner Zeit in D und EU Ausland, besuchte ich gerne die Alternativen Jazz Festival oder Einzelkonzerte. Ob in Graz, Edinburgh, London, Barcelona oder dahoim, überall hatte ich ein gutes Gefühl, weil allesamt internationale ‚Stars‘ präsentierten und nirgends ein Gefühl der Unsicherheit war, im Gegenteil, man fühlte sich geborgen im Einklang der Musik!
    Die Kulturen der Menschheit auf dieser Welt, will ich und möchte nicht darauf verzichten, denn jede Kultur hat etwas sehr schönes hervorgebracht.

  12. „Die Kulturschickeria Deutschlands fördert die Amnesien, mit denen ein Land in den Krieg döst, und machen sich so gemein mit den Hasardeuren, die Deutschland an den Rand eines Atomkriegs gebracht haben. Es sind die Intellektuellen, die diese Zerstörung der Vernunft betreiben.“

    Beispiel. DLF -Sabine Adler! Das kann man wohl Kriegstreiberei ohne Sinn und Verstand nennen: „Russlands Atomwaffenübung ist auch ein Test für Scholz“

    https://www.deutschlandfunk.de/russland-atomwaffenuebung-test-kommentar-100.html

    1. Erst erobert die Propaganda die Medien, dann die Dokumentarfilme, die Museen, die Theater, die Kinos, die Bücher und am Ende ist alles mit Lügen durchtränkt. Ich glaube, die Deutschen kennen das.

  13. „Das Leitbild der deutschen Kultur ist inzwischen der Gartenzwerg. Aber er überragt jene Piefkes um Längen, die heute in Politik und Kultur den Ton angeben. Sie sind über das Niveau des kindlichen Spracherwerbs nicht hinausgekommen, weswegen sie am deutschen Wesen mal wieder die Welt genesen lassen wollen. Andere ducken sich einfach weg, um keine Probleme mit Verlegern, Theatern und sonstigen Auftraggebern zu bekommen. Allen gemeinsam ist: Sie werden zu Erfüllungsgehilfen der Politik. Die Kulturschickeria Deutschlands fördert die Amnesien, mit denen ein Land in den Krieg döst, und machen sich so gemein mit den Hasardeuren, die Deutschland an den Rand eines Atomkriegs gebracht haben. Es sind die Intellektuellen, die diese Zerstörung der Vernunft betreiben.“ZE—

    Das ist keine Erklärung der Motivation, der Motive, der Gefühle.
    Es schützt vor der Erkenntnis des Größenwahn (ich bin Gott), der Paranoia und des Sadismus. Genannt Narzissmus. Für den eine gerechte Welt eine Erniedrigung sondergleichen – Blasphemie an sich selbst – ist.
    Au Mann

  14. Wenn ich an meine Erfahrungen mit Russen denke, dann ist Stolz auf meine Abstammung das letzte, was mir einfallen würde. Eher Scham. Wie abfällig hierzulande Menschen über Russen und Russland denken. Dahingegen in Russland, wo selbst Menschen, die übelste Gräueltaten miterleben mussten oder deren Vorfahren diese erlebt haben, die dann nach dem Motto: „Die Hitler kommen und gehen, das Deutsche Volk bleibt“ denken udn genau unterscheiden, wer Gegner und wer dies nicht ist, leben.
    Das nenne ich Größe. Kann sein, dass es auch andere Russen gibt, welche, die Hass empfinden. Mag sein. Doch die Mehrheit empfindet keinen Hass, mit Sicherheit. Wie das in Deutshcland ist, ich weiß nicht. Das „Wir sind die Guten“-Virus hat hier sehr viele befallen. Und die transatlantische Sichtweise: NATO gut., Russland, Iran, China, Nordkorea, Venezuela, Cuba … schlecht, ist allgegenwärtig.
    Da hat Kultur keine Platz mehr, wie man sehen muss. Verständigung erst recht nicht. Da hätten eigentlich – was Hassrede, Unterstellungen und Verachtung anbelangt, correctiv und Co. in den Mainstreammedien anbelangt, viel zu tun, anstatt sich selektiv nur um die AfD zu kümmern.

  15. Schöner Beitrag danke.
    Leider sind ja die meisten deutschen Intellektuellen, sofern das Wort überhaupt noch angemessen ist, einfach nur noch zum fremdschämen, geistige Zwerge.
    Aber nicht nur die. Wie man aus immer mehr EU -Ländern hört, will man da die Einreise für russische Bürger/Touristen erschweren oder verhindern. Sippenhaft. Halt das übliche Gebaren faschistoider Regime.

  16. Ich habe Justus Franz nie live im Konzert erlebt. Aber das Mariinski-Theater kenne ich genau so gut wie das Bolshoi Theater von Moskau. Wer dort auftritt, muss ein exzellenter Künstler sein.

    Da ich aus beruflichen Gründen mehr als 30 Jahre im Ausland verbracht habe, fühle ich mich in Deutschland leider nicht mehr wohl. Man ist hier mittlerweile regelrecht „kriegsbesoffen“ wie 1914 oder 1939. Nur damals waren es die sogenannte nationalen Interessen Deutschlands bzw. des Deutschen Reiches. Heute sitzen die Dienstherren in Washington, London und Brüssel. Und der deutsche Michel rennt wieder in die Katastrophe, weil er den Lügen der Regierenden glaubt. Aufgrund vieler Freunde und Verwandter in Russland und der Ukraine weiss ich, was wirklich los ist.

  17. Lieber Marschpapst!
    Das Lügengebäude der Akustik der Elbphilharmonie soll in Musikerkreisen ein offenes Geheimnis sein und u.a. darin begründet sein, dass die sich auf der Bühne gegenseitig nicht hören! Nur von Ricardo Muti ist mir bekannt, dass er mit dem Saal seine Zeit nicht mehr verschwenden will. Wo sind die Anderen?
    Wie geht es damit angeblichen Künstlern, die behaupten nur der Musik und dem Komponisten verpflichtet zu sein, um die Musik bestmöglich darzubieten? In der selben Art wie sie sich zu Coronazeiten das ihnen angeblich Wichtigste, den Auftritt und das gemeinsame Musizieren einfach haben verbieten lassen, belügen sie beständig ihr Publikum, reagieren nicht auf kritische Fragen, spielen vor Beethovens Neunter, ein „Überlebender aus Warschau“….
    Analog zur Publikumskonferenz von Maren Müller sollte es eine für Konzerte und Opern geben!
    Schöne Grüße
    Axel Klein

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert