Die Welt zu Gast bei Henkern

Fußball-Fans jubeln, WM 2022
Silverije, CC BY-SA 4.0, via Wikimedia Commons

Fast heimlich, still und leise hat die FIFA die Fußball-Weltmeisterschaft 2034 an Saudi-Arabien vergeben. Aber schuld ist nicht der Verband – schuld sind die Fans.

Eine Nachricht ging Ende letzten Jahres fast unter. Die FIFA hat die Weltmeisterschaften für 2030 und 2034 vergeben. In fünf Jahren wird die Trias aus Spanien, Portugal und Marokko Gastgeber sein. Und 2034 darf Saudi-Arabien seine Gastfreundschaft beweisen. Was war das 2022 für ein Aufruhr, als die Weltmeisterschaft im Wüstenstaat Katar steigen sollte! Schon Jahre zuvor gab es Kritik, als von Sklaven auf den Stadionbaustellen berichtet wurde. Dann schlief alles wieder ein. Über Katar sprach jahrelang kaum jemand.

Zwei Wochen vor dem Turnier entdeckten die Medien dann den Skandal: Sie forderten dazu auf, Gesicht zu zeigen im Katar. Denn dort gäbe es keine Menschenrechte. Das hat die deutsche Elf dann auch getan, mit Unterstützung einer deutschen Ministerin, die Armbinde trug. Armbinden trugen deutsche Politiker bis dahin seit Jahrzehnten nicht mehr bei Auslandsbesuchen.

Systemimmanente Kritik an den Zuständen im Fußball

Die Sportschau im Ersten übte zögerlich Kritik an der Vergabe nach Saudi-Arabien. Nicht am geplanten Austragungsort, sondern am Modus. Die FIFA nominierte die Gastgeber ohne Gegenkandidaten. Despotisch geradezu. Aber das ist vom Fußballweltverband nun auch nicht anders zu erwarten. Dass er Saudi-Arabien ausgesucht hat, obwohl die Kritik an Katar weltweit laut war im Vorfeld der Weltmeisterschaft 2022, deutet mindestens an, wie die FIFA über die Stimmungslage bei den Anhängern des Sports denkt.

Die pflegen aber auch einen hohen Anspruch an ihrem Sport. Für sie stecken darin hehre Werte: Kampfgeist, Fairness, Völkerverständigung. Die FIFA zeigt ihnen hingegen, was der Sport wirklich ist und wie auch die Vereine und Verbände ihn sehen: Wir haben es mit einer Gelddruckmaschine zu tun. Mit einem brummenden Geschäft, das keine Rücksichten nehmen kann und will auf irgendwelche Wertvorstellungen, die das Zeug dazu haben, den Profit einzudämmen. Natürlich ist Saudi-Arabien eine despotisch regierte Monarchie. Aber wenn der Riyal rollt, dann nimmt man ihn gerne entgegen. Ehemals Katar, bald schon Saudi-Arabien: Die arabischen Despotien veranstalten nicht mal eben bloß ein großes Turnier – sie sind zu Sponsoren, Mäzenen und Investoren im europäischen Fußball geworden.

Das wird von vielen Fans kritisiert. Aber oft nur halbherzig. Geld stinkt nicht. Ein anderes Beispiel belegt das: Auch in Dortmund ist das Stadion noch immer rappelvoll. Bei den ersten acht Heimspielen der laufenden Spielzeit waren im Schnitt 81.365 Zuschauer zugegen. Das Stadion, das den Namen eines milliardenschweren Finanzdienstleisters trägt, war immer ausverkauft. Das überrascht ein wenig, denn vor der Saison, als bekannt wurde, dass Rheinmetall Trikotsponsor der Borussia wird, war die Kritik der Fans schallend laut. Nach wie vor äußern die ihren Unmut, buhen, drehen sich mit dem Rücken zum Spielfeld. Aber all das passiert nach entrichtetem Eintrittsgeld, durch Merchandising-Artikel einkaufende Kundschaft. Der Protest der so genannten kritischen Fans ist immer nur systemimmanent. Ist das lediglich eine Form der Selbstkasteiung?

Die Araber kommen

Fußball ist nicht einfach ein Geschäft. Es ist Big Business. Very Big Business. Und die europäischen Ligen sind längst in Hand von Milliardären aus Ländern wie Saudi-Arabien und Katar. Bis vor 20 Jahren fanden diese Staaten auf der Fußball-Landkarte so gut wie nicht statt. Bei der Weltmeisterschaft 2002 putze die DFB-Elf Saudi-Arabien noch mit 8:0 vom Spielfeld. Heute ist die Monarchie mitten im Big Business angekommen. In die eigene Liga holt man mittlerweile große Stars: Dem alternden Christiano Ronaldo zahlte man angeblich 200 Millionen Euro Jahresgehalt. Aber nicht nur alternde Spieler werden verpflichtet, sondern auch junge aufstrebende Talente zieht man mit märchenhaften Gagen in die Wüste.

Gleichzeitig haben arabische Geldgeber nach europäischen Spitzenklubs gegriffen. Manchester City gehört seit 2008 der Abu Dhabi United Group. Im Jahr 2011 erwarb ein Staatsfond Katars den französischen Klub Paris Saint-Germain und formte ihn zu einer Topadresse des europäischen Fußballs. Und erst 2021 erwarb der saudi-arabische Public Investment Fund 80 Prozent des Premier-League-Klubs Newcastle United. Andere Spitzenklubs haben lukratives Sponsoring mit verschiedenen arabischen Unternehmen unterschrieben: Der FC Barcelona etwa. Oder Real Madrid, der FC Bayern München und Arsenal London. Zuletzt konnte man lesen, dass der Public Investment Fund auch Anteile am Streaming-Dienst DAZN erwerben möchte. DAZN hat die Übertragungsrechte für die Bundesliga. Auf diese Weise würden Finanziers aus der arabischen Region auch einen stärkeren Zugriff auf den deutschen Fußball erhalten.

Natürlich reiben sich die Anhänger an dieser Entwicklung im Fußball. Feindlichen Übernahmen durch Investoren sind sie ohnehin immer feindlich gesonnen. Denn die übernehmen Vereine nicht aus Liebe zum Spiel, sondern weil sie damit Geld verdienen wollen. Die Renditeabsichten von Geldgebern aus Saudi-Arabien und den Golfstaaten geht viel weiter: Sie nutzen den Fußball außerdem, um sich in Europa einen besseren Ruf zu verschaffen und die Zerrissenheit innerhalb ihrer Staatswesen zu übertünchen. So wird wohl kaum Kritik vom DFB an der Vergabe der Weltmeisterschaft 2034 an Saudi-Arabien forciert werden, wenn ein saudi-arabischer Fond bereit ist, Milliarden in den Streaming-Dienst zu stecken, der Bundesligaspiele überträgt.

Die Fans sind Teil der großen Misere

Daher war die Aktion der DFB-Mannschaft bei der Weltmeisterschaft 2022 in Katar schlicht grotesk. Die deutsche Auswahl, die stark von Spielern des FC Bayern geprägt war und die sich nachher als Rädelsführer der Aktion herauskristallisierten, als Animateure sich auf dem Mannschaftsfoto den Mund zuzuhalten, hatten es ja auf Vereinsebene in München schon mir Qatar Airways zu tun. Das Logo der Fluggesellschaft prangte an den Trikotärmeln der Münchner Edelkicker. 20 Millionen Euro soll das dem Verein von der Säbener Straße pro Jahr eingebracht haben. Natürlich monierten die Fans das gelegentlich. Aber sie strömten weiter ins Stadion, buchten DAZN und kauften sich das neueste Trikot.

Fußball ist kein lebenswichtiges Produkt. Wenn man darauf verzichtet, ins Stadion zu gehen, leidet man keinen existenziellen Mangel. Wer kein Trikot kauft, trägt eben richtige Anziehsachen und sieht außerdem gleich besser aus. Und es gibt auch brauchbare Tassen ohne Vereinslogo, das den Preis nur in die Höhe treibt. Ein Leben ohne Fußball im Fernsehen zu schauen, ist nicht nur möglich, sondern vielleicht sogar ergiebiger. Wer den Sport wirklich boykottieren will, der hat anders, als bei anderen Produkten, die notwendig sind, um den Alltag bestreiten und überleben zu können, recht gute Chancen, das zielstrebig durchzuziehen.

Trotz teils wütenden Protesten bedient man den Markt des Very Big Business immer weiter, bleibt im Stadion, an der Glotze und im Trikot. Man kann es sich daher einfach machen und den FIFA-Verantwortlichen vorwerfen, sie würden mit Despoten gemeinsame Sache machen. Aber das ist nur ein kleiner Teil der Wahrheit. Obwohl eine große Mehrheit sicherlich nicht möchte, dass die Weltmeisterschaft 2034 dort stattfindet, wird man einschalten und mitfiebern und vielleicht sogar dorthin fliegen und ins Stadion gehen. Eventuell zwar mit Skepsis, aber dennoch ohne dem Zirkus den Rücken zu kehren. Die Klagen über den korrupten Fußball auf Abwegen sind wohlfeil, denn die sich beklagenden Fans sind Teil der Misere, solange sie Fans bleiben, die ihr Geld in den Schlund dieser Unterhaltungsindustrie schmeißen.

Ähnliche Beiträge:

29 Kommentare

  1. Tja, leider wahr.
    Als Anhänger eines pupsigen Zweitligiusten habe ich mit der Abkehr von dem Big Fußballbusiness zwar etwas einfacher. Aber ich muss zugeben, dass meine Weigerung, Sky – oder DAZN – oder Wasauchimmer – Abos abzuschließen, mich immer mehr davon entfernt hat, was mir früher mal wichtig war. Ich habe wirklich keine Ahnung mehr, wer wo und wie da oben in der ersten Geldliga spielt. Und die Spiele der Nationalmannschaft sind für mich seit Katar auch Geschichte.
    Schön war’s damals. Aber meine Abwesenheit ist völlig Wurst, es wachsen Millionen willige Konsumenten nach, die ihr Geld hergeben für den großen Zirkus.

  2. Worauf der Artikel hinaus will, ist leider nicht ganz klar….
    Sollen Staaten wie Saudi-Arabien nun als “minderwertige” Staaten von der Ausrichtung internationaler Sportereignisse ausgeschlossen werden? Oder soll die Politisierung von Sportereignissen kritisiert werden?
    Und was würde die jeweilige Sichtweise bedeuten?
    Sind “wir” im Westen einfach großartig und haben die politische Deutungshoheit über unpolitische Ereignisse?
    Ist es gut oder schlecht, wegen der Landespolitik Staaten auszuschließen? Und wie will man das rechtfertigen, wenn man gleichzeitig fordert, der Sport möge nicht politisch missbraucht werden?

    Hier kann die FIFA nichts richtig machen, entweder sie diskriminiert aus weltanschaulichen Gründen Publikum und Sportler bestimmter Nationen, oder sie verhält sich zu unpolitisch, indem sie sich auf Organisation und Durchführung sportlicher Großereignisse konzentriert.

    Soll Sport jetzt unpolitisch sein oder nicht? Das wird nicht ganz klar. Offenbar soll Sport selektiv unpolitisch sein….

    Nebenbei ist es vermessen und heuchlerisch, von der FIFA zu verlangen, die Weltanschauungskämpfe auszutragen, für die die offizielle Politik zu feige ist.
    Profit ist im Westen ein Wert an sich. Dass FIFA und autoritäre Regime ihm huldigen ist doch eine Bejahung dieses Wertes…

    1. @ T.h.omas:
      Ich bedanke mich für diesen sehr überzeugenden Kommentar. Sie bringen die Heuchelei und Großmannssucht des Wertewestens auf den Punkt.

    2. Ich finde auch, dass du das grundlegende Problem klarer benennst als der Autor.
      Vielleicht kann man noch anmerken, dass das IOC, kaum weniger Korrupt und die FIFA selbst, wenn sie seit Jahren russische Sportler tyrannisieren, schon sehr entschieden politisch agieren und das sehr einseitig.
      Wie schreibst du? “Selektive unpolitisch” Oder eben das Gegenteil.

        1. Die US-Amerikaner dopen. Nichts passiert. Seit 1949 haben die US-Amerikaner über 250 kriegerische Aktionen – weltweit mit mehr als 100 Millionen Toten initiiert. Interessiert zumindest keinen mir bekannten Sportverband. Irgendwann müssten doch selbst die tumben Deutschen, nicht nur deren Sportfans begreifen, mit wieviel Heuchelei, in diesem Land Sportpolitik betrieben wird.

          1. Wie Schröder schon richtig feststellte: Für die tumben Deutschen reicht Bild, BamS und Glotze…mehr “Denksport” ist für sie ungesund.

  3. Was genau unterscheidet die saudischen Henker jetzt eigentlich von den westlichen…? Der Autor nimmt denn ja auch recht schnell zur ‘Despotie’ Zuflucht. ‘Wir’ können immerhin unsere Herrschaft regelmäßig austauschen, auch wenn da die Grenzen immer enger und die Veränderungen immer unbedeutender werden. Und Rheinmetall verschwindet auch nicht einfach, wenn ihr Logo nicht mehr in Stadien prangt. Die Verhältnisse werden nicht in Frage gestellt, wenn der ‘Fan’ sein Geld nicht mehr im Milliardengeschäft Fußball versenkt, sondern in irgendeinem anderen.

    1. @renard
      “Was genau unterscheidet die saudischen Henker jetzt eigentlich von den westlichen…?’
      .Siehe Syrien, besuchen da nicht gerade Henker ihre Henker Kumpane?

  4. Lustig, heißt es nicht FIFA “Fédération Internationale de Football Association” also ein internationaler Verband. Und trotzdem sind die Mehrzahl der Mitglieder nicht braun, schwarz oder gelb im Gesicht, sondern es sind Weiße. Das Gleiche bei der UN, IWF, IAEA, usw. Und auch die Spiele werden zu einem Großteil bei westlichen Staaten ausgetragen, obwohl die Mehrzahl aller Menschen in nicht westlichen Staaten lebt. Merkwürdig, oder?
    Und die Überschrift “Die Welt zu Gast bei Henkern” soll wohl auf die Todesurteile in Saudi-Arabien anspielen, während diejenigen in den USA nie erwähnt werden. Es werden auch nicht die Genozide erwähnt, wenn mal wieder die Israelis oder Ukrainer den Euro Grand Prix gewinnen oder wenn unsere Freude aus den USA mal wieder ihre Mumie zum Besuch nach Berlin schicken. Auch die Kriege seit Ende des 2. Weltkrieges vor allem von westlichen demokratischen Staaten begonnen wurden, werden nie erwähnt.
    Warum seit ihr nicht ehrlich; in Wahrheit wollt ihr einfach, nicht, dass irgendwelche Kamelficker aus einem Scheißhausland euch euren Fußballspaß nehmen. Deswegen ist mir ein ehrlicher Rechtsradikaler mit seinen Beleidigungen auch immer lieber als ein verklemmter linker Gutmensch. Befürworter von Massenmord, Genozid und Kolonialismus sind sie beide, rassistisch sind sie auch beide, aber der Rechtsradikale ist wenigstens dabei ehrlich und das ist heute schon eine echte Leistung.

  5. Na ja.. die Fanschelte ist wohlfeil und in manchen eher intellektuellen Kreisen gut geübt, geht aber am Problem vorbei. Und das Problem ist wie so oft – der Kapitalismus.

    Alles wird zum “Produkt” das auf einem “Markt” verkauft wird. Und wer am meisten verkauft, kann im Umkehrschluß auch die besten Akteure einkaufen, udn ist sportlich am erfogreichsten. Es ist ein Teufelskreis.
    Nur, was soll der Fan dagegen tun? Sich selbst kasteien und auf Fußball verzichten? Wohlwissend, daß die meisten anderen in den sauren Apfel beißen und bspw. PayTV-Gebühren bezahlen, um Bundesliga schauen zu können?

    Damit bestraft man sich doch nur selbst, und am System ändert man damit gar nichts.

    Ps: Dem Ausrichter der “Weihnachts-WM” in Katar kann man aber auch mal dankbar sein. Sie haben die fest eingeplante “Grußbotschaft” des Kiewer Clowns Selenski untersagt, und den Deutschen (DFB+Faeser) die Bühne bereitet, sich vor aller Welt “woke” zu blamieren.

    Btw… Ist Faesers Binde jetzt eigentlich, wie angekündigt, in der deutschen Ruhmeshalle ausgestellt? 😉

    1. Typisch kurzsichtige Denke…
      Was kann ich schon ändern wenn sich nicht alle gleichzeitig ändern?
      Veränderung beginnt immer im Kleinen/bei einem Selbst.
      Ist das schon zu mühsehlig weil man evtl. Verzicht üben müsste (gibts den z.B. keine kleinen regionalen Fussballvereine mehr?), wird sich auch nie etwas im Gesamten ändern.

      Vermutlich schwer zu verstehen für den Otto-Normal-Konsumzombie aber es lässt sich nicht ändern.
      In diesem Sinne viel Erfolg beim Vertrauen auf die Rettung durch Andere. Ist zwar schon tausendfach gescheitert aber warum nicht nochmal versuchen. Bekanntlich ist die Definition von Wahnsinn, immer wieder das gleiche zu tun und ein anderes Ergebnis zu erwarten.
      Sollten Sie sich also fragen, warum die Welt so ist, wie sie ist, genügt ein aufrichtiger Blick in den Spiegel.

      1. Ich bin seit ich bewußt bin, ein Leben lang gegen die Windmühlenflügel gerannt, Ich weiß, wovon ich spreche. Und ich weiß auch, wessen Leben darunter gelitten hat: das der Anderen nicht!
        Übrigens zieht das Argument Verein nicht, denn mit genau demselben Recht müßte man ja diese ebenfalls boykottieren, weil sie die Grundlage für das Fußballgeschäft der Großen bilden, nicht?

        Es ist nicht so einfach.

  6. Die Entscheidung -wurde in den USA präsentiert, also Nordamerika (per OnlineVoting)
    Den ersten Platz belegte Asien (WM 2034 in Saudi Arabien)
    Zweitplatzierter war Europa (WM 2030 in Spanien und Portugal)
    Drittplazierter war Afrika (Beteiligung Marokkos an der WM 2030)
    Der Trostpreis ging an Südamerika (Eröffnungsspiele der WM 2030 in Paraguay,Urugay und Argentinien)

    Ich finde das die FIFA eine sehr salomonische Entscheidung gefällt hat. Jeder Kontinent wurde berücksichtigt mit Ausnahme von Australien und Antarktika. Aber die werden dann vielleicht bei der nächsten WM berücksichtigt (WM in der Antarktis, mit Eröffnungs- und Finalspiel in Australien und dem Achtelfinale in Neuseeland. Viertelfinale in Indien) Klimawandel, CO2 – ach wo, das sind doch immer nur die anderen …

  7. Zirkus ist Zirkus und Gladiatoren sind Gladiatoren und wenn Saudi Arabien jedes Jahr ein paar hundert seiner Staatsbürger den Kopf abhackt, dann geht uns das ehrlich gesagt nichts an. Oder mischen wir uns etwa ein oder werden wir etwa moralisch, wenn die USA jedes Jahr dutzende seiner Bürger hinrichtet?
    Es geht um gut und böse. Es geht um die Zugehörigkeit. Es geht darum Gemeinschaft zu erleben. Ein Trikot ein Schal zwei Farben. Hurra. Im dreißig Jährigen Krieg war es wichtig seinen Farben zu folgen, Freund und Feind im Getümmel der Söldnerheere unterscheiden zu können. Und genauso ist es heute dem Fan wichtig zu wissen auf welcher Seite er steht. Auf welcher Seite er mitbrüllen, sich freuen oder ärgern darf.
    Fußball wurde schon in seiner Frühzeit von Unternehmern genutzt um das Zugehörigkeitsgefühl der Arbeiter zum Betrieb zu stärken. In der Woche am Fließband schuften und am Wochenende für die Werksmannschaft brüllen. Das erhöht die Arbeitsmoral und lässt den Profit höher sprudeln.
    Damals waren die Spieler noch Kollegen. Freigestellt für den Sport aber immerhin ehemalige Kollegen.
    Heute kommen die Spieler von Bayern München aus Afrika, Südamerika, Asien, ein paar europäischen Staaten und vielleicht sogar noch eins zwei Spieler tatsächlich aus Bayern. Aber ein echter Fan lässt sich dadurch nicht erschüttern. Dem ist es egal woher die Spieler kommen und dem ist es auch egal wenn sein Verein aus Katar gesponsert und von China gemanagt wird. Man fühlt sich zugehörig weil man einen Schal mit den richtigen Farben trägt und weil man am Wochenende auf der richtigen Seite im Stadion steht und man mit Bayern München zu den Gewinnern zählt. Das “wir” Gefühl ist das was zählt.Ist das was das Herz des kleinen Menschen höher schlagen lässt. Endlich sicher fühlen in der Masse.

  8. Die bei dem Thema überall zu findende quasi-kolonialistische Heuchelei, die der Artikel leider unreflektiert übernimmt, ist hier dankenswerterweise schon sehr konsequent kommentiert worden. Ich verstehe ehrlich gesagt auch nicht, wieso Millionen aus den Schatullen saudi-arabischer oder katarischer Unternehmen schlimmer sein sollen als Millionen aus den Schatullen von Konzernen wie Adidas, Nike oder Coca-Cola usw. Für Hinrichtungen und andere Missstände in diesen Ländern kann man Qatar Airways oder Etihad ja nun genauso wenig verantwortlich machen wie Exxon für die Todesstrafen in den USA, staatliche Eigentümerschaft der Fluggesellschaften hin oder her. Es sind ja nicht deren CEOs, die die Todesurteile aussprechen.

    Ich werde den Verdacht nicht los, dass wir es bei den kritischen Stimmen aus dem Wertewesten zu diesen Entwicklungen mit Europäern zu tun haben, denen es nicht behagt, von reichen Leuten aus anderen Kulturkreisen als Einwohner eines Freiluft-Disneylands betrachtet zu werden (wobei der Spieß lediglich mal umgedreht wird).

    Dem Fußball schadet all das den Unkenrufen zum Trotz überhaupt nicht. Man zeige mir den Sponsor, der seinem Verein taktische Vorgaben macht. Ok, es mag immer noch vorkommen, dass Ergebnisse gekauft werden, aber ehrlich gesagt sind arme Vereine und ihre Spieler für solche unseriösen Angebote viel anfälliger als die von den Scheichs gepamperten Spitzenklubs.

    Also, wer Fußball mag, und gerne die besten Fußballer sehen möchte, der sollte sich das von niemandem ausreden lassen, schon gar nicht mit dieser Pseudo-Moralisiererei. Es gibt nämlich nur den einen Spitzenfußball, und der ist wie er ist. Entscheidend ist eh auf dem Platz und da spielen elf gegen elf. Und keine Milliarde der Welt zimmert dir einen Freistoß aus 30 Metern in den Winkel.

    Dass Fußball gucken teuer ist, liegt im Wesentlichen daran, dass es so viele Fußball-Liebhaber gibt. Und gemessen an Tickets für Popstar-Konzerte (gerne mal 200+ Euronen für 2 Stunden Musik) ist das immer noch moderat. Ich jedenfalls schaue einem Florian Wirtz hundertmal lieber bei der Arbeit zu als einer Taylor Swift – deutlich billiger ist es noch immer.

    Man kanns auch mal so sehen: Was die Reichen im Fußball verzocken, geben sie nicht für Bomben aus.

  9. Das sich ein Teil der Anhänger des BVB Gedanken macht, die über das nächste Spiel hinausgehen, ist eigentlich beachtlich und ich möchte das nicht geringschätzen. Aber letzendlich stimmt es, wie es im Text beschrieben ist – es hat keine Folgen und kann daher von den nationalen und übernationalen Bonzen lächelnd hingenommen werden. Das Stadion in Dortmund wäre übrigens auch voll, wenn diese Kritiker tatsächlich nicht mehr kämen.

    Aber es bleibt dann einfach nur Gratismut ohne Folgen für die Protestanten, die nicht mal die Abwesenheit bei einem Heimspiel in Kauf nehmen wollen.

    Letztendlich war der durch und durch peinliche Auftritt der deutschen Nationalmannschaft von der gleichen Sorte. Es war klar, dass sie, wenn sie mit der Regenbogen – Armbinde antreten, einen Regelverstoß begehen, weil die Kapitänsbinde vom Veranstalter gestellt wird. Die Deutschen verlangten nun, dass für sie die Regel, die für alle gilt, nicht anzuwenden ist. Als der Verband das ausschloß und sicher war, dass Spieler mit der Binde verwarnt und dann vom Platz gestellt worden, wenn sie die nicht abnehmen, war das Thema beendet. Diese Meinungsfreiheithelden waren nicht bereit, die Folgen für ihren geplanten Regelverstoß zu tragen.
    Nun sehe ich auch, dass nicht falsch ist, sich dem für alle geltenden Regelwerk zu unterwerfen. Hätte man dabei belassen können und sich dieses peinliche Gruppenbild sparen können.
    Große Fresse und nichts dahinter.

    Wenn sie hätten ein Zeichen setzen wollen, ohne die Ausübung ihres Jobs zu gefährden, wofür man noch ein gewisses Verständnis haben kann, hätte es andere Möglichkeiten gegeben. Warum sind sie denn nicht in eines der Lager der Arbeiter gefahren, deren Schicksal unseren offiziell lizenzierten Wahrheitsmedien so am Herz lag? Diese waren sicher nie in einem der Stadien. Hätten sie ein paar Sätze Trikots verschenkt, vielleicht ein paar Bälle. Hätten ein paar Minuten mit denen gekickt und sich für deren Arbeit bedankt und bei der Gelegenheit gesehen, wie die so leben.
    Die Ministerin ist da auch nicht hingefahren. Die saß lieber und Stadion und provozierte auf der Ehrentribüne die Gastgeber, wohl wissend, dass sie keine Folgen zu erwarten hat, außer Deutschland lächerlich zu machen, was aber nichts Besonderes mehr ist.

  10. Fußball ist Teil des Problems.
    Außerdem, werden wir bis dahin ganz andere Probleme haben als die Frage wo auch immer dieser Schwachsinn stattfinden wird!

  11. Ach so! Die Fans sind Schuld. Super! Dann lösen wir das Problem, dass wir keine Fans mehr sind. Super! Die kommerzielle Ausbeutung des Sports ist nicht das Problem. Die Fans sind es. Na dann. Raus aus den Stadien. Ich empfehle eine Dauerplandemie mit rigidesten Einschränkungen und das Problem Saudi-Arabien ist Geschichte.
    Sarkasmus Ende.

  12. Das Fußball inzwischen nur noch ein großes Geschäft ist, ist mir spätestens seit 2014 und der Weltmeisterschaft in Brasilien klar. Die damalige Bundeskanzlerin Merkel jubelte in Echtzeit über das 1 : 0 und Brasilien wurde düpiert. Ich kann mich erinnern, das ich dieses Spiel gesehen habe.
    Ein weiteres Spiel habe ich in guter Erinnerung und zwar das Champions-League-Finale zwischen Borrusia Dortmund und dem FC Bayern München auf englischen Boden. Das war Fußball vom feinsten. Ansonsten fällt mir nichts mehr ein.
    Was heute in den Stadien von schwerreichen Profis gezeigt wird, ist größtenteils nur noch die pure Langeweile. Die Fans können so lange über den Ausverkauf der deutschen Bundesliga jammern, soviel sie wollen. Sie finanzieren dieses ganze Affentheater, indem sie Eintrittskarten kaufen, im bordeigenen Clubladen einkaufen (und zwar für teures Geld) und DAZN abonnieren, nur um zu sehen, wie 22 Spieler hinter dem Ball herlaufen. Die öffentlich rechtlichen und die Privatsender können die Übertragungsrechte nicht mehr stemmen, weil die Geldgier der Clubs es für sie unmöglich macht, sie zu bezahlen und so läuft der ganze Schmarrn auf kostenpflichtigen Sendern wie den schon genannten.
    Fußball interessiert mich nicht mehr und ich abonniere grundsätzlich keine Bezahlsender. Da auch der Mist in den sonstigen Programmen nichts mehr taugt, schalte ich die Flimmerkiste nur noch ein, um den Teletext zu lesen. Der Rest der Programme ist Müll und absolut uninteressant, außer man liebt amerikanische und deutsche Seifenopern und Nachrichten, in denen gelogen, betrogen und weggelasen wird.
    Auch das ausufernde Framing ist nicht mehr tragbar. Die FIFA wird sich in Saudiarabien dumm und dusselig verdienen und die National-Elf wird dann in pinken Dressen auflaufen, um den Zeitgeist zu bedienen.
    All das brauche ich nicht. Ich boykottiere diesen Fußballkäse, der aus allen Löchern stinkt.

  13. Die Saudis filetieren unliebsame Journalisten fachgerecht aber das macht nichts denn Saudi Arabien ist halt Partner des Westens. Da drückt auch die feministische Außenministerin ein Auge zu. Immerhin dürfen Frauen dort seit kurzem Auto fahren.
    2034, wer auch immer von den Volksvertretern hinfährt kann ja eine Regenbogen Flagge mitnehmen und vielleicht kann man bis dahin klimaneutral fliegen. Bei Pipi Langstrumpf haben sie mal ein Flugzeug aus Fahrrädern gebaut.

  14. Und das, während der Spitzenfußball durch gegenseitige Neutralisierung sportlich immer langweiliger wird. Größere Tore könnten Abhilfe schaffen, in Echtzeit mittickende Uhren wie bei Handball, Eishockey oder Basketball statt ausgedehnter “Nachspielzeiten”, Zeitstrafen wie dort und natürlich ein härteres Vorgehen gegen den Spielfluss unterbrechende “taktische Fouls”. Aber will man das? Dann wird das Endresultat ja unberechenbarer und es geht möglicherweise dem Einen oder Anderen etwas Geld verloren.

  15. Und das, während der Spitzenfußball durch gegenseitige Neutralisierung sportlich immer langweiliger wird. Größere Tore könnten Abhilfe schaffen, in Echtzeit mittickende Uhren wie bei Handball, Eishockey oder Basketball statt ausgedehnter “Nachspielzeiten”, Zeitstrafen wie dort und natürlich ein härteres Vorgehen gegen den Spielfluss unterbrechende “taktische Fouls”. Aber will man das? Dann wird das Endresultat ja unberechenbarer und es geht möglicherweise dem Einen oder Anderen etwas Geld verloren.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert