»Bharat hört man in Indien nur in bestimmten Kreisen«

Indische Flagge
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Aktuell liest man, dass Indien seinen Namen ändern lassen will. »Bharat« soll das Land dann heißen.  Wie kommt es dazu?

Roberto De Lapuente stellt dem Indologen Oliver Schulz fünf Fragen zum aktuellen Gerücht der Namensänderung Indiens.

 

De Lapuente: Bharat – so soll Indien eventuell bald heißen, lieber Herr Schulz. Wo kommt denn dieser Name her? Ich höre ihn – wie viele andere vermutlich auch – zum ersten Mal.

Schulz: Bharat ist ein Wort aus dem Sanskrit, einer der klassischen indischen Sprache.

De Lapuente: Hat der Name eine Bedeutung?

Schulz: Er lässt sich auf bestimmte grammatische Wurzeln im Sanskrit zurückführen, aber das zweitrangig. Er stammt von dem in den Veden, tausende Jahren alten indischen Schriften, beschriebenen Stamm der Bharatas.

»Natürlich, die Hindunationalisten«

De Lapuente: Lässt sich die ins Auge gefasste Namensveränderung auf die Ideologie Modis und seiner Hindunationalisten zurückführen?

Schulz: Natürlich, die Hindunationalisten, mit Modi seit zwei Legislaturperioden in New Delhi an der Regierung, haben Schulbücher umgeschrieben und Städtenamen ent-islamisiert. Nun möchten sie dem ganzen Land einen anderen Namen geben.

De Lapuente: Erklärt wird, dass Indien der Name war, den die britischen Kolonialherren dem Land gegeben haben. Ist das der breiten Bevölkerung in Indien bewusst? Anders: Hört man den Namen »Bharat« im alltäglichen Gebrauch eigentlich?

Schulz: Das ist korrekt, India ist ein kolonialer Name. Und sicher ist es den Indern bewusst, dass er ein englischer Name ist. Aber nicht alle finden das beschämend. Bharat hört man in Indien nur in bestimmten Kreisen – und die sind mindestens streng konservativ und hinduistisch. Auch gern verwendet wird ja Hindustan, aber den Status eines Staatsnamens hat diese Bezeichnung anders als India und Bharat nicht.

De Lapuente: Bislang ist die Änderung des Staatsnamens nur ein Gerücht. Was glauben Sie, wird das so kommen?

Schulz: Ich tippe ja. Leider. Es wird sich kaum vermeiden lassen.

 

Kürzlich erschien Oliver Schulz‘ Buch »Weltmacht Indien. Geostratege. Wirtschaftsriese. Wissenslabor« beim Westend Verlag.

Oliver Schulz, geboren 1968, ist studierter Indologe, Tibetologe und Soziologe und arbeitet als Redakteur bei den Lübecker Nachrichten sowie als freier Journalist. Beim Westend Verlag ist bereits das Sachbuch 8849 von ihm erschienen. Er hat zahlreiche Artikel zur politischen Lage auf dem Subkontinent unter anderem in Die Zeit, Zeit online, taz und Welt verfasst. Oliver Schulz lebt in Hamburg.

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38 Kommentare

  1. Im derzeitigen Vielvölkerstaat (Noch-)Indien ist es wohl nicht arg weit her mit der vielbeschworenen Multipolaritaet der BRICS-Staaten.😂😂😂😂

  2. Ich kann das verstehen, auch wenn es “nur” in bestimmten Kreisen benutzt wird. Es dauert eben, bis 1.37 Milliarden Menschen ein Thema durchdiskutiert haben ;). Viele davon haben aktuell noch andere Prioritaeten.

    Aber es waere ein deutliches Signal, das Ende der Kolonialherrenzeit zu manifestieren.

    Rufen Sie nicht an, wir rufen Sie an. 😀

  3. Ist es nicht Sache der Inder ,wie sie ihr Land nennen?Warum bedauert ein Indologe,dass die Inder den von den Kolonialherren eingeführten Namen ändern möchten?
    Einfach das Land,das auf dem Weg zu einer souveränen Weltmacht ist,respektieren.In Gebieten mit gemeinsamen Interessen zusammen arbeiten und ansonsten die Inder ihr Ding machen lassen…wäre ja mal ein Vorschlag.
    Der Westen hat sich daran gewöhnt,dass aus Belgisch-Kongo Zaire ,aus Obervolta Burkina Faso und aus Burma Myanmar wurde.Und wenn die Inder meinen,den Kolonialnamen ihres Landes zu ändern,ist das ihr gutes Recht!

    1. “Warum bedauert ein Indologe,dass …”

      Weil er dann neue Visitenkarten braucht… “Bharatologe”.

      Und so weit her kanns mit dem auch nicht sein… offenbar kennt er Art.1 der indischen Verfassung nicht… “India, also known as Bharat” – Darauf weist Modi immer hin.

      Ach ja, und da gibts ja noch auch ne westlich indoktrinierte Oppostion, die sich “INDIA” nennt. Die schreien am lautesten dagegen an.

        1. Nee, dann kann man beide auch im Englischen viel leichter auseinanderhalten! 😉
          Allerdings bräuchten die ‘Indianer’ dringender einen neuen Sammelnamen, denn mit den ‘First Nations’ ist das auch so eine Sache, denn das beträfe ja eigentlich nur die 1.Einwanderungswelle. Und die als solche – aus Sibirien – angenommene ist höchstwahrscheinlich nicht mal die erste, wenn auch die dominante.

    2. Indien heißt auf Hindi schon immer Bharat und offiziell auch (Bhārat Gaṇarājya). Das erinnert auch an das Mahabharata, das den Kampf der Bharata („die große Geschichte der Bharatas“) beschreibt. Interessant ist dabei, dass es ein russ Wort, borót’s’a, gibt, das einfach nur ‘kämpfen’ heißt, während ind ‘maha’ mit griech ‘mega’ und ahd ‘mikkil’ verwandt ist, was ‘groß’ bedeutet und auch in ‘Mecklenburg’ enthalten ist.
      Der Name ‘Indien’ leitet sich vom Fluss Indus ab und das schon in der Antike. Auf Sanskrit und Hindi heißt er Sindhu (=Fluss), woraus die Griechen ‘Hindhos’ (Ersatz von stimmlosem s durch h findet sich auch bei den Zahlwörtern hexa und hepta) und später ‘Indos’ machten. Die Bewohner des Landes dahinter und ihre vorherrschende Religion wurden ebenfalls nach dem Fluss benannt.

  4. Der Lapuente ist die Personifizierung
    des Ganz-Jahres-Sommerloches.
    Froinde hat er angeblich beim reaktionären WDR, die ihm seine platte, selbstverliebte Scheiße auch ned abkaufen möchten, mangels Talent und Handwerk.
    Sogar der Freitag hat ihn als unbezahlten Spaltenaffen rausgeworfen.
    Warum schreibt Lapuente überhaupt noch was ?
    Integration gelungen, oder was ?
    Ein Onkel Tom der zu blöde ist, sich aus dem Kapitalismus herauszudenken ?

  5. Klingt spontan konstruktiv, allein mal über den kolonialen Ursprung einer bisher selbstverständlich erscheinenden Landesbezeichnung nachzudenken.
    Ein Gebirge bietet noch ein trauriges Wortspiel, da bis zum Jahr 2035 mit 90 % Wahrschein­lichkeit alle Gletscher geschmolzen sein werden und es dann mangels Eis kein Himalaya mehr sein wird.

      1. Wohl schon, nur scheint dann der ‘Frost/Schnee’ ebendort nicht mehr seinen alaya ‘Ort, Wohnsitz‘ zu haben… war also doch kein astreines Wortspiel, das à hinter him nicht mitbedacht.

  6. Und die Namen der Kontinente werden umbenannt, weil von der imperialistischen Großmacht Rom stammend, bzw. Im Fall von Amerika vom Kolonialismus der Neuzeit stammen. Und erst die ganzen Ländernamen in Afrika.

    1. In der Geologie ist das schon lange so bzgl ‘Amerika’, mit dem ursprünglich wohl eher S-Amerika (nach seinem 1.Kartografen) gemeint war. N-Amerika heißt dort ‘Laurentia’ nach dem St.Lawrence-Strom zwischen USA und/in Kanada. Als ehemaliger Bestandteil von Laurasia, dem N-Kontinent nach Aufspaltung von Pangäa, und neuerlicher Abspaltung von Laurasia durch Öffnung des Atlantiks, hat sich seine Platte inzwischen auf der anderen Seite wieder an Eurasia angelagert, denn die ostsibirische Tschuktschen-HI liegt auf der gleichen Platte (wie Alaska). Die Erde ist halt ein Spheroid und es geht darauf immer hinundher… 😉

  7. Es wird sich wohl entwickeln wie die Umbenennung von Bombay in Mumbai. Fast alle reden von Bombay, (der Flughafen heißt auch immer noch BOM, eine “Bombay Times” gibt es auch noch) und in der regierungsamtlichen Korrespondenz heißt es Mumbai. So sind alle zufrieden und die Westler können Ursachen und Folgen, Vor- und Nachteile derweil in Ruhe ausdiskutieren.

  8. Es wird wohl kommen wie bei der Umbenennung von Bombay in Mumbai. Fast alle reden noch von Bombay, der Airportcode ist immer noch BOM, auch eine Bombay Times gibt es noch, und in offiziellen Dokumenten heißt es eben Mumbai.

    1. Das wurde geschrieben, weil der darüber stehende Beitrag erst mal nicht erschienen war und ich dachte, ich hätte ihn nicht abgeschickt.
      Nun ist er überflüssig.

  9. Woher kommt eigentlich die These das der Name Indien der Name von Kolonialherren sei?

    Laut Wikipedia stammt der Name Indien vom Fluß Indus und wurde, wenn man Lautverschiebungen ignoriert, schon vor 2000 Jahren (Alt-Persien, Alt-Griechenland) benutzt. Nach meinem Verständnis ist der Name einfach nur der Name, wie ihn Ausländer benutzen.

    Also so wie wir Deutschen von Weißrussland oder der Ukraine sprechen, die Amerikaner uns als Germans und die Russen von den Nemetskis reden.

    1. Nach der Logik müssten wir uns Germanien oder Alemannia nennen, nicht Deutschland, und Thailand, Kambodscha und Vietnam wären Indochina….

  10. off topic
    Russen sollen Natoland angegriffen haben meldet ntv. Ich befürchte die Ukrainer ziehen uns schneller in den Krieg als gedacht

    Wurde NATO-Gebiet getroffen?
    Rumänien untersucht mögliche russische Drohnen-Reste
    Für die Ukraine ist der Fall klar:

    Eine russische Drohne trifft NATO-Territorium.

    Rumänische Vertreter reagieren zunächst zurückhaltend und spielen den Vorfall herunter. Nun werden jedoch Reste, die zu einer Drohne gehören könnten, untersucht.

  11. Apropo Geschichte ändern – der Papst Franziskus hat russische Katholiken in St. Petersburg die glorreiche Vergangenheit Russlands nahegelegt nicht zu vergessen, und wurde promp von Russlands Feinden, und deren osteuropäischen Allierten, zurechtgestutzt – Es gibt kein Russland, dass heißt seit 800 Jahren Ukraine…..ja,ja…..was rauchen die in Kiew für Drogen? Und läßt der Wertewesten bzw. Papst Franziskus/der Vatikan nun die russische Geschichte im Sinne der Banderisten in der Ukraine umschreiben? War Peter der Große Ukrainer? Oder Katharina die Große gleich mit?

    Warum berichtet Overton nicht über diesen dümmlichen (Propaganda-)Versuch der Ukraine gleich komplett 800 Jahre Geschichte als ukrainische Geschichte umzuschreiben? Wo ist hier der Aufschrei?

    Wer das für ein Märchen hält der kann es gerne nachgoogeln, ich fand es letzte Woche, und der Vatikan hat bereits reagiert – er hat sich entschuldigt, aber, zum Glück, nicht die russische Geschichte in Bandera-Kiews Geschichte umgeschrieben 😉

    Sarkastische Grüße
    Bernie

    PS: Die Russen sollen ja für die Informationskrieger auch nur “Kolonialisten” gewesen sein – seit 800 Jahren schon, und deswegen will Selenskij & Co. gleich die kompletten 800 Jahre russische Geschichte weglügen – soll heißen was bereits in ukrainische Schulbüchern bzw. dem -unterricht gelernt wird soll eben nun Weltstandard bekommen – beim “Wertewesten” und den Freunden der Bandera-Kiew.

    1. Während bisher wohl nur ein spinneter Pole auf seinem Blog (fast) alle Europäer zu eigentlichen Slawen machen will, was weder kulturell noch linguistisch haltbar ist, geht Kiew noch einen Schritt weiter und erklärt alle Indoeuropäer zu eigentlichen Ukrainern und das PIE zu Urukrainisch. Das soll seit Jahren so auch in ihren Schulbüchern stehen, verbunden mit einer Darstellung des Jamnaja-Siedlungsgebiets (PIE-Trägervolk) auf seinen ukrainischen Teil eingeschränkt. Folglich werden alle linguistischen Erkenntnisse der letzten Jahrzehnte zugunsten einer nationalistischen Agenda ignoriert. Da werden sicher auch Erkenntnisse zu vorherigen Wanderbewegungen unter den Tisch fallen, die die ursprüngl Herkunft dieser Leute aus dem NW-Iran und dem Gebiet um den Van-See vermuten lassen.

  12. Hier muss ein Irrtum vorliegen. Die Wikipedia nennt (seit Beginn) zwei gleichwertige Eigennamen Indiens: Republic of India (Engl.) und Bharat Ganarajya (Hindi). Dass nun der Name in der Hauptlandessprache die Priorität erhalten soll – was ist daran so abenteuerlich neu?

    Darüberhinaus gibt es über 20 weitere anerkannte Amtssprachen, damit ist Indien bei weitem weltoffener und toleranter als viele Nationen der Welt – von der UA ganz zu schweigen. Mir wird da etwas viel Gift über dieses Großreich ausgeschüttet, ausgerechnet seitdem es sich von der transatlantischen Umarmung löst.

  13. —-
    Schulz: Natürlich, die Hindunationalisten, mit Modi seit zwei Legislaturperioden in New Delhi an der Regierung, haben Schulbücher umgeschrieben und Städtenamen ent-islamisiert. Nun möchten sie dem ganzen Land einen anderen Namen geben.
    —-

    Es ist richtig, was Schulz sagt, trotzdem ist Bharat der Name unseres Landes so wie auch Deutschland und nicht nur Germany der Name eures Landes ist. Bharat ist unsere Eigenbezeichnung in Hindi und vielen anderen indischen Sprachen. Folglich wurde kurz nach der Unabhängigkeit in Artikel 1 der Constitution of India Bharat als alternativer Name festgelegt.

    Ein Beispiel, dass Bharat tief in der indischen Kultur verankert ist: Der epische Bollywood Film “Mother India” von 1957 hieß “Bharat Mata” und nicht “India Mata”. Hauptdarstellerin Nargis und der Regisseur Khan waren Muslime. Die Zeit nach der Unabhängigkeit war geprägt von Nehru und der Congress Partei und nicht von Hindufaschisten wie Modis BJP oder RSS.

    1. Eventuell ist die Umbenennung ein Zeichen dafür, das der demokratische Staat als Letztinstanz der Wortführer etabliert ist!
      Damit wird verhindert das das Kapital die Politik soweit berücksichtigen muss, um seine Aktivitäten fort zuführen.

  14. Eventuell ist die Umbenennung ein Zeichen dafür, das der demokratische Staat als Letztinstanz der Wortführer etabliert ist!
    Damit wird verhindert das das Kapital die Politik soweit berücksichtigen muss, um seine Aktivitäten fort zuführen.

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