
Die Serie 1923 ist mehr als ein Neo-Western. Sie zeigt die Transformation Amerikas zu einer Propaganda- und Technologiegesellschaft.
Der Filmschaffende Taylor Sheridan hat mit seiner Serie 1923 ein Familienepos im Spät-Western-Look entwickelt. Sie reiht sich in seinen Yellowstone-Kosmos ein und soll zeigen, wie die Familie Dutton sich in einer Zeit durchhangelte, als neue Technologien und ein neues politisches Verwaltungswesen das Land veränderten. Auch damals war Zeitenwende. Dabei wird deutlich, dass die alten Duttons ihre Gewissheiten verlieren und die jungen Familienmitglieder orientierungslos in ihren Alltag gehen. Denn die Welt wurde nicht nur mit neuen elektrischen Gerätschaften vereinfacht, sondern auch in das Regime gepresst, das in den USA noch heute durchregiert.
Die alte und die neue Welt
Die erste Staffel der Serie ist nun auf Netflix verfügbar. Im Zentrum steht die Familie Dutton, deren Ranch im Bundesstaat Montana in der Krise steckt. Eine Dürre sorgt für Futterknappheit für die Rinder. Die Duttons sind nicht die einzigen Opfer der Dürre, auch andere Rancher sorgen sich um ihre Zukunft. Landräuber spekulieren nun auf Übernahme. Die Zeiten haben sich aber geändert. Die, die es auf das Land abgesehen haben, schicken keine bewaffneten Kuhtreiber zur Übernahme. Sie tragen feinen Zwirn und arbeiten eng mit Banken zusammen. Der Wilde Westen ist 1923 in Begriff, domestiziert zu werden. Und er wird durch Verwaltung, Big Business, durch stinkreiche Räuberbarone in Spur gebracht.
Der Umbruch wird in dieser Serie vielfältig gezeigt. Telegraphenmasten durchziehen die Prärie, die Siedler wissen ziemlich gut, was im fernen New York vor sich geht. In den Straßen der Stadt Bozeman werden Waschmaschinen als die Zukunft feilgeboten. Am stärksten zeigt sich die Transformation zum neuen Amerika allerdings in den neuen Methoden der Bändigung lästiger Bürger: Sie werden in monetäre Abhängigkeiten gebracht und kleingehalten. Der Finanzkapitalismus frisst die auf, die stören.
Helen Mirren und Harrison Ford verkörpern dieses alte Amerika mit einer stoischen Schwere. Ihre Figuren sind alles andere als modern, sie sind erdverwachsen, stur und hart zu sich selbst. Wenn sie verzweifeln, dann in der Stille der Prärie. Gefühlsausbrüche sind für sie Modeerscheinungen einer Zeit, in der sie nur schwer Fuß fassen. Anstand und Ehre hält ihr Weltbild zusammen. Ihnen wird im Laufe der Folgen klar, dass sie damit hoffnungslos von gestern sind. Beide Akteure spielen die restliche Crew an die Wand.
Gleichzeitig gelingt es Sheridan aber auch, das Aufbrechen des Alten nicht zu nostalgisch zu inszenieren. Seine Geschichte traut sich analytischen Realismus zu. Romantisiert wird nichts, außer die Ehe zwischen den alten Duttons, die von liebevollem Umgang miteinander geprägt ist. Gewalt gibt es in diesem Neo-Western wie eh und je, aber sie bettet sich in einen progressiven Rahmen. Einem, der Gewalt zunächst immer mit Geld und Profitstreben ausübt. Noch zwei weitere Handlungsstränge schenkt Sheridan seinen Zuschauern. Einer spielt in Afrika und erzählt die Geschichte des Neffen der Duttons, der zurückkommen soll, um die Ranch zu retten. Ein anderer berichtet von einem indianischen Mädchen, das in einem christlichen Internat leidet. Beide Geschichten sind gut erzählt, entwickeln aber nicht die Kraft, die die eigentliche Story ausbreitet.
Das Amerika der Demagogen und Propagandisten
Denn nur die Haupthandlung erzählt die Geschichte der Vereinigten Staaten des 21. Jahrhunderts. Eine Geschichte voller Technologie und neuer Weltsicht, voller Profitstreben und Marktradikalismus, voller Reichenherrschaft und Legalisierung gaunerhafter Krösusse. Dieses Amerika, das der Macher der Serie da präsentiert, enttarnt sich als ein Land, in dem der Fortschritt nicht edel und unter hehren Aspekten über die Leute kam, sondern mit brutaler Rücksichtslosigkeit und der Gewalt von dreisten Räuberganoven. Sie haben das Land unterworfen, die Menschen ausgebeutet und ihre Profite in Sicherheit gebracht.
Sheridan erzählt zwar nichts über die Unternehmenspropaganda, die das Land 1923 seit einiger Zeit im Griff hatte, man spürt sie aber an manchen Stellen doch. Der US-Präsident des Ersten Weltkrieges, Woodrow Wilson, hatte sich Propaganda-Fachleute ins Weiße Haus geholt. Edward Bernays war der bekannteste Kopf dieser Truppe. Zusammen haben sie das moderne Amerika geprägt, es zu einem Ort gemacht, an dem nationale Eliten ohne Rücksicht auf das Allgemeininteresse regieren und Handel treiben können. Die US-Regierung griff auf die Kommunikationsart zurück, die vormals die Räuberbarone für sich in Anspruch nahmen. Mit propagandistischem Eifer ließen sie sich zu Mäzenen und Menschenfreunden umdeuten. Das klappte so gut, dass gewisse Herrschaften aus diesem Zirkel noch heute als große Gönner gelten.
Damit ist 1923 nicht einfach bloß ein Historienepos. Es ist eine Einordnung der Gegenwart. Diese wird als die Fortführung des Räuberischen der damaligen Tage gezeigt. Die heutigen Vereinigten Staaten von Amerika entstanden in jener Zeit, damals wuchs das Land zu einer Weltmacht heran, auch wenn es zunächst noch eine Phase der Isolation durchlief. Geradezu verbrecherisch wuchsen Vermögen an, die heute noch bestehen und noch größer sind als damals. Die kleinen Leute, für die die Duttons stehen, haben den Fortlauf der Dinge kaum bestimmt. Sie waren Spielball von Demagogen, Propagandisten, Millionären, die nach heutigem Maßstab Milliardäre wären. Und sie waren die Opfer eines Staates, der auch mit der Armee anrückte, wenn das Big Business gestört wurde.
Das Land der Gauner
Wer genau hinschaut, erkennt in den großen Panoramen der Serie immer auch die kleine Verschiebung: ein Automobil zwischen Pferdewagen, ein Grammophon in einer Hütte. Die Moderne drängt ins Alltagsleben und gaukelt den Menschen eine neue Zeit vor. Natürlich wird ihr Leben bald schon leichter sein, der elektrische Strom wird ihr ländliches Leben gänzlich verändern. Man könnte aber sagen, die modernen Gerätschaften waren die Geschenke, die nötig waren, damit die Bürger sich auf eine Zeit einlassen wollten, in der sie wieder in ein feudalistisches System gepresst werden. Das leichtere Leben hat den Weg hinein versüßt.
Der alte Dutton, gespielt von Harrison Ford, scheint das zu ahnen. Er ist kein Philosoph, aber ein Gespür für die Pläne der Mächtigen hat er trotzdem. Er weiß, dass eine Zeit heranbricht, in der das Versprechen der großen Freiheit, die der Westen für die Siedler einst war, eingestellt wird. Die USA werden modern. Und sie werden morden. Immer dann, wenn es nötig wird.
Die erste Staffel von 1923 ist nicht in sich geschlossen. Eine finale zweite Staffel lief vor einigen Wochen in den Vereinigten Staaten aus. Dort wurde die Serie mit einigem Lob überhäuft. Die Kritik des Räuberischen der eigenen Staatsgeschichte kommt gut an. Die kleinen Leute in Amerika wissen gemeinhin, dass irgendwann eine Zeit anbrach, in der es für sie um nichts mehr ging. Obwohl es für sie jeden Tag um alles geht. Politisch sind sie ausgeschaltet, ökonomisch verbiegen sie sich. Die Gauner sitzen seit mehr als einem Jahrhundert sicher in ihren Villen und Penthouses. 1923 zeigt eines ganz deutlich: Das Land, das wie kein anderes als das Schaufenster der freien Welt betrachtet wird, ist eigentlich die reinste Gaunerei. Und das seit langer Zeit …
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Ich habe kein Netflixabo…grins.
s.to hat es auch im Programm 😉
S.TO ist aber illegal in der BDDR.
Nur in der Schweiz sind „Downloads“ noch legal. insbesondere wenn die „verseucht“ sind.
Was ist denn das für ein albernes legalistisches „Argument“? Ist mir doch egal ob das legal ist oder nicht.
Bis die Staatsanwalt vor der Tür steht und Fantastilliarden fordert und Sie obendrein einschliesst.
In der Schweiz ist aber Download noch legal, die Verseuchung lässt sich rausfiltern usw..
Vermutlich nicht mehr lang, der Bundesrat zeigt sich als mandatslos gekauft.
Ich empfehle VPN, bei solchen Seiten.
Ohne VPN würde ich da auch nicht unterwegs sein wollen.
Nicht alles was illegal ist, ist gleichzeitig eine Straftat bei der zwingenderweise das Staatsanwaltende einer Strafbegehungsbehörde in Erscheinung tritt (und zwar auch dann nicht, wenn die Content-Mafia dieses gerne hätte). Soll heißen, in manchen Fällen geht dieses dann doch – je nachdem um was für Vorwürfe es sich handelt – anschließend auch nicht vor ein Strafgericht, sondern in ein zivilgerichtliches Verfahren.
ps. Und in der Vergangenheit gab es dann meist erstmal eine schriftliche Abmahnung von einem Abmahnanwalt der Content-Mafia mit der „höflichen Bitte“ eine Unterlassungserklärung zu unterschreiben. Für weitere Details Suche man in diversen Foren, Beiträgen und Artikeln (zum Thema IT) u.a. aus den 00er Jahren (und beachte in welchen Teilen sich die Rechtslage inzwischen geändert hat und in welchen Teilen sich die Rechtslage eben nicht geändert hat).
in der BRD schon und in der gesteuerten Europappmaschee, von Nazieliten die sich in Revisionismus üben, weil über die nie Gerichtet wurde
Ja, die Seite ist nicht legal, selbst wenn streaming von Seiten von nicht rechtmäßig hochgeladenen Filmen oder Musik nicht unbedingt strafbar ist.
Allerdings ist es offensichtlich, dass diese Seite verbliebenweise illegalen Content anbietet und somit ein streaming illegal.
Und nun zu dem Risiko:
Ersteinmal muss ein Kläger an deine IP rankommen.
Hindernis Nr.1: der Server von diesen Seiten steht irgendwo im Ausland.
Hindernis Nr.2: woher soll der Kläger wissen wann ihr streamt, es sei denn dieser nutzt die Seite als honeypot und letzteres ist soweit ich weiß inzwischen selbst strafbar! Oder bin ich da falsch informiert?
Hindernis Nr.3: Alle VPN-Nutzer haben noch einen weiteren Sicherheitslayer. Da kennt auch der Serveranbieter von den Videos nicht deine IP.
Fazit: Das Restrisiko ist gering.
Achja: ein guter Werbeblocker ist auf solchen Seiten überlebenswichtig!
😉und 👍
Ich habe beide Staffeln von 1923 sowie auch 1883 gesehen.
Beide Serien sind mit Taylor Sheridan als Regisseur zu sehen.
Sie sind so mit das Beste, zusammen mit The Expanse, (aber das ist eine ganz andere Baustelle) was wir seit 2020 zu sehen bekamen.
Absolut sehenswert, um die Anfänge des Gemengelages im ach so freien Amerika zu dokumentieren.
Eine sehr viel bessere Serie ist hell on wheels.
Es gibt so viele gute Serien. Indische Serien sind mittlererweile extrem gut , scharf und sozialkritisch.
Südkoreanische Serien sind auch toll. Ebenso schwedische, englische, französische, italienische….
Ja, die kenne ich auch, aber die kam vor der Zeitenwende raus… 😉
Ich schaue gerade Prison Break. Abseits der Spannung(gut gemacht) und der überbordenden Brutalität zeigt es auch Politik auf, die niemand haben will, trotzdem da ist und sich lustigerweis Demokratie nennt.
Ich kann „Severance“ sehr empfehlen. Eine Serie, in der es sich unter anderem um die Arbeitswelt und gesellschaftliche Identität dreht.
Inhaltlich und handwerklich exzellent.
Severance klingt nach Apple, wird es da gestreamt?
„Als die Räuber lernten, wie man Staat macht“
Ich glaub die Räuber dachten:
So jedenfalls nicht.
And that`s it.
„Ich glotz TV“
– eines der genialsten Punklieder ever! Schon deshalb, weil wir da alle noch jung waren.
https://youtu.be/JWzPcDtZZZo?t=58
Ob die führende Industrienation nur auf der Basis von Wegelagerern, Raubrittern und Schutzgelderpressern entstanden ist? ===> Lasst Euch von zu viel TV nicht das Gehirn aufweichen! Und noch dazu Serien: die saugen Kalk aus den Knochen und lagern es in den Gehirnzellen ab!!!
Die USA waren von ungefähr der Jahrhundertwende 1900 bis etwa 1960 die führende Industrienation auf der Welt. Danach begann bereits die De-Industrialisierung und ist heute unumkehrbar (Neolibs und Neocons haben die USA kastriert, sie haben die Arbeiterklasse nach China transferiert).
Erzählen Euch Eure Serien etwas über die Wobblies? Die verlorenen Klassenkämpfe? Der New Deal war in den 1930ern und hat den Arbeitern nochmals eine Atempause bis in die 1950er verschafft.
Das letzte große US-Industrieunternehmen, das echte Basisinnovationen hervorbrachte, war IBM: sowohl Großrechner als auch die ersten Personalcomputer (PC). Der Neoliberalismus machte IBM den garaus, es musste sich auflösen, musste die Hardware IBM-compatibel gestalten. Sein DOS-Betriebssystem für PC (= IBMs Großrechner-DOS auf PC-Betrieb übertragen) verschenkte es an Bill Gates, dessen sehr einflussreicher Vater hatte das vermittelt.
IBM ist heute kein Industrieunternehmen mehr, sondern eine der unzähligen Beratergesellschaften. Seine Nachfolger stellen Consumerprodukte her, Apps für Smartphones, aber haben nichts mehr mit industriellen Basisinnovationen zu tun. Die sind nun in China zu erwarten.
Anstelle der Industrie trat in den USA der Schmarotzerkreislauf der Kapitalvernichtungsmaschine des Militär-Industriellen Komplexes, die einen großen Teil des Volkseinkommens der USA aufgefressen hat – und sich nun auch bei den dümmsten Vasallen wie Deutschland bedient – und den Aktionären märchenhafte leistungslose Einkommen beschert.
Und wenn Ihr mit Euren viereckigen TV Glotz-Augen wirklich glaubt, das alles hätten Mafiosi und Raubritter zustandegebracht, dann schlaft schön weiter!
Wer schickt mir ständig diese Videos?
https://youtu.be/w-ddeAEKK30
wie man mit Werbung vollgemüllt wird ist ja Eigenverantwortlichkeit. Man muss den Dreck selbst entsorgen.
Seit wann machen die Werbung?