Technik ohne Seele

KI-generiertes Bild: Mensch und KI.
Quelle: Dieses Bild wurde mittels Grok entwickelt.

Warum Fortschritt kein Fortschritt ist.

Es passiert still, fast unbemerkt. Man wacht auf, und plötzlich braucht man für jede Kleinigkeit ein Smartphone, eine App, ein Passwort, eine Bestätigung, noch ein Passwort, eine TAN, eine Gesichtserkennung, eine Einverständniserklärung zur Gesichtserkennung und am Ende funktioniert es trotzdem nicht.

Willkommen im digitalen Deutschland 2025: dem Land, das angeblich „entbürokratisiert“ werden soll, während der Bürger immer mehr zum eigenen Verwaltungsgehilfen wird.
Alles, was einst als Dienstleistung des Staates galt, Formulare, Überweisungen, Behördengänge, wurde Stück für Stück ausgelagert. An uns. „Selbstservice“ nennt man das. In Wahrheit: Verlagerung staatlicher Arbeit auf den Steuerzahler.

Wir füllen selbst die Formulare aus, scannen unsere Ausweise, fotografieren unsere Gesichter, lesen Datenschutzerklärungen, bestätigen AGBs, klicken Captchas, und wenn etwas nicht funktioniert, heißt es: „Bitte wenden Sie sich an den Support.“

Wir haben das nicht gewählt. Niemand hat gefragt, ob wir das überhaupt wollen. Es wurde einfach entschieden. Unter dem schönen Vorwand: Digitalisierung ist Fortschritt.

Seit Jahren erzählen uns Politiker von „Bürokratieabbau“ und „Effizienz“.
Das Ergebnis: noch mehr Regeln, noch mehr Passwörter, noch mehr IT-Abteilungen.
Der Staat, der uns angeblich entlasten wollte, hat sich vervielfacht, digital und analog.

Man sprach von Entlastung, aber tatsächlich wurde nur der Kanal gewechselt:
Statt Papierstau im Amt gibt es jetzt Datenstau in der Cloud. Statt Wartezimmer gibt es Warteschleifen. Statt Beamten, die etwas stempeln, gibt es Systeme, die etwas ablehnen.

Bürokratie verschwindet nicht. Sie mutiert. Sie wird schneller, undurchsichtiger, schwerer zu greifen. Früher wusste man wenigstens, wo man sich beschweren konnte. Heute heißt es: „Systemfehler. Bitte versuchen Sie es später erneut.“ Und der Bürger? Der macht mit. Weil er glaubt, dass Fortschritt unausweichlich sei.

Fortschritt als Zwang – Die neue Unfreiheit

Das größte Missverständnis unserer Zeit: Digitalisierung sei eine Wahl. Ist sie nicht. Sie ist Zwang. Man bekommt heute kein Bahnticket, keine Steuererklärung, keine Banküberweisung, kein Arztrezept, keine Kinderbetreuung mehr ohne App. Wer kein Smartphone hat, steht am Rand der Gesellschaft, so wie früher jemand, der nicht lesen konnte. Das nennt man „digitale Teilhabe“. Es ist in Wahrheit digitale Erpressung.

Wir reden über Inklusion, aber schaffen täglich neue Ausschlüsse. Alte Menschen, Arme, technikferne Bürger, sie alle werden zu Bittstellern in einer Welt, die vorgibt, für alle offen zu sein. Die App-Gesellschaft ist die neue Klassengesellschaft. Nur dass man diesmal kein Geld braucht, um dazuzugehören, sondern Geduld, Strom und Nerven.

Das Smartphone ist längst nicht mehr Werkzeug, sondern Schlüssel, Ausweis, Portemonnaie, Gesundheitskarte, Fahrschein, Steuercode und Beweismittel in einem. Verliert man es, verliert man seine Identität.

Und mit der Einführung der digitalen ID-Wallet, der Gesundheits-Cloud, des digitalen Führerscheins und des EU-Brussels-ID-Projekts (EDIP) ist klar:
Der nächste Schritt ist nicht der Fortschritt, es ist die Totalkonsolidierung unserer Existenz in einem Gerät.

Wer sein Handy verliert, ist heute fast handlungsunfähig. Wer kein Netz hat, ist unsichtbar.
Wer sich verweigert, gilt als rückständig. Und genau das ist das perfide System dahinter: Abhängigkeit als Modernität. Ein Volk, das glaubt, es sei modern, weil es ständig erreichbar ist, merkt gar nicht, wie es sich selbst in die totale Kontrolle einschließt.

Man kann es niemandem verübeln: Niemand will stundenlang im Bürgeramt sitzen.
Also laden wir uns Apps herunter. Wir machen Fotos von unseren Pässen. Wir tippen Codes. Und irgendwann glauben wir, das sei Fortschritt. Doch Bequemlichkeit ist der trojanische Gaul des 21. Jahrhunderts. Sie wirkt wie ein Geschenk, spart Zeit, Nerven, Wege. Aber in Wirklichkeit ist sie die Eintrittskarte in eine Welt, die uns erzieht, statt uns zu dienen.

Jede App, die wir nutzen, ersetzt ein Stück Eigenständigkeit. Wir lagern aus, was uns mühsam erscheint und geben dafür Kontrolle ab. Nicht nur über unsere Daten, sondern über unser Denken. Der Staat liebt das. Denn Bequemlichkeit ist die leise Schwester der Obrigkeit.
Wer bequem lebt, stellt keine Fragen.

Der Beamtenstaat 2.0

Früher sagte man: Der Staat ist zu groß, zu träge, zu teuer. Heute ist er digital und trotzdem zu groß, zu träge, zu teuer. Der Unterschied: Früher war man wenigstens persönlich genervt.
Heute ärgert man sich anonym, über Chatbots, Portale und automatische Rückmeldungen.

Und während Bürger und Unternehmen alles digitalisieren sollen, entstehen in Ministerien ganze Abteilungen für „digitale Transformation“, „KI-Koordination“ und „Open Government Data“. Es ist ein Wachstum ohne Mehrwert, ein Bürokratie-Tumor mit WLAN.

Jede Behörde hat jetzt ihren eigenen IT-Beauftragten, jedes Ministerium sein eigenes Digital-Labor. Doch am Ende können sie nicht einmal miteinander reden, weil jeder ein anderes System nutzt. Das ist kein Fortschritt, das ist nur teurer Stillstand in neuer Verpackung.

Die moderne Politik glaubt an Daten so wie frühere Generationen an Götter. Sie vertraut darauf, dass man aus Zahlen Wahrheit, aus Algorithmen Moral und aus Plattformen Demokratie gewinnen kann. Aber Daten sind keine Weisheit. Sie sind Rohstoff und wer sie besitzt, besitzt Macht.

Wenn also von „digitaler Transformation“ die Rede ist, geht es nicht um Komfort.
Es geht um Kontrolle, um eine neue Architektur der Gesellschaft. Wer den Zugang zu Datenströmen kontrolliert, kontrolliert die Wirklichkeit selbst. Das ist die wahre Dimension dieser Revolution: Nicht, dass wir effizienter werden, sondern berechenbarer.

Und wem gehört dieser Fortschritt eigentlich?
Nicht uns.

Die Infrastruktur: amerikanisch.
Die Software: amerikanisch.
Die Cloud: amerikanisch.
Die KI-Modelle: amerikanisch.
Die Daten: auf Servern außerhalb unserer Kontrolle.

Wir sind Konsumenten in einem System, das vorgibt, uns zu dienen, während es uns abhängig macht. Und weil niemand das Wort „Kolonie“ mag, nennt man es lieber „Digital Partnerschaft“. Der Preis dafür ist unsere Souveränität. Wir verlieren nicht nur Arbeitsplätze oder Industrie, wir verlieren die Fähigkeit, überhaupt noch unabhängig zu denken, zu entscheiden, zu gestalten.

Was wäre, wenn wir langsamer wären?

Was, wenn wir einfach sagen: Nein danke.
Wir müssen nicht alles sofort haben. Nicht jede KI, nicht jedes Update, nicht jede App.

Langsamkeit ist keine Schwäche, sie ist Widerstand. Ein Staat, der Qualität vor Geschwindigkeit stellt, schützt seine Bürger. Ein Land, das seine Infrastruktur selbst betreibt, bleibt frei. Warum also rennen wir einem Fortschritt hinterher, den wir nicht verstehen und der uns nicht gehört? Vielleicht, weil wir Angst haben, abgehängt zu werden, ohne zu merken, dass wir längst geführt werden.

Souveränität ist nicht das Gegenteil von Digitalisierung. Sie ist ihre Bedingung. Ein souveräner digitaler Staat ist keiner, der die Bürger erzieht, sondern einer, der sie schützt.
Keiner, der Daten hortet, sondern einer, der sie trennt. Keiner, der alles misst, sondern einer, der Maß hält.

Souveränität bedeutet:

  • Eigene Server, eigene Software, eigenes Wissen.
  • Offene Standards statt proprietärer Fesseln.
  • Bildung vor Algorithmen.
  • Datenschutz als Staatsräson, nicht als Fußnote.

Das ist der Unterschied zwischen Technik mit Seele und Technik als Machtinstrument.

Wenn man heute Ämter, Banken oder Versicherungen beobachtet, erkennt man ein neues Muster: Der Bürger ist nicht mehr Kunde, sondern Zuarbeiter.

Man füllt Formulare, lädt Nachweise hoch, scannt Codes, überträgt Daten und am Ende kassiert man dafür nicht einmal Lohn, sondern Gebühren. Der Beamte kontrolliert nur noch, ob der Bürger seine Arbeit ordentlich gemacht hat.

So entsteht ein paradoxes System: Ein Staat, der seine Bürger dafür bezahlen lässt, dass sie seine Aufgaben übernehmen. Und niemand nennt es, was es ist: eine Umkehr des Gesellschaftsvertrags.

Die Müdigkeit der Demokratie

All das wäre nicht möglich, wenn Menschen sich wehren würden. Aber sie sind müde. Überfordert. Reizüberflutet. Man hat ihnen eingeredet, dass Fortschritt unausweichlich sei und dass jeder Zweifel Rückschritt ist. Doch das Gegenteil ist wahr: Nur wer zweifelt, kann noch frei denken.

Vielleicht ist es Zeit, diesen angeblichen Fortschritt zu verlangsamen.
Nicht aus Nostalgie, sondern aus Vernunft. Die Zukunft braucht keine 200 neuen Apps. Sie braucht Verlässlichkeit. Sie braucht Systeme, die funktionieren, weil sie verstanden wurden, nicht, weil sie blind befolgt werden.

Sie braucht Beamte, die wieder Verantwortung übernehmen, statt Verantwortung in digitale Portale zu verlagern. Und sie braucht Politiker, die wissen, dass Technologie kein Ersatz für Vertrauen ist.

Epilog: Technik ohne Seele

Vielleicht ist das die eigentliche Tragödie unserer Zeit:
Wir bauen Maschinen, die alles können, außer verstehen, warum. Wir nennen das Fortschritt. Aber vielleicht ist es bloß ein großer Irrtum in Hochglanzoptik. Denn was nützt die schönste App, wenn sie den Menschen überflüssig macht? Was nützt KI, wenn sie den Geist verkümmern lässt? Was nützt Effizienz, wenn sie uns die Freiheit kostet?

Vielleicht ist die wahre Zukunft die, in der wir wieder lernen, nein zu sagen. Langsam, vorsichtig, aber mit Haltung. Nicht gegen Technik, sondern gegen ihre Entmenschlichung.

Denn Fortschritt ist nur dann Fortschritt, wenn er uns nicht ersetzt, sondern versteht.

 

Quellen

Bundesrechnungshof – Verwaltungsdigitalisierung (Bericht) – 11. Juli 2025
„Die Bundesregierung steuerte die Verwaltungsdigitalisierung nicht ausreichend. Digitalstrategien waren lediglich Bestandsaufnahmen …“
https://www.bundesrechnungshof.de/SharedDocs/Downloads/DE/Berichte/2025/verwaltungsdigitalisierung-volltext.pdf?__blob=publicationFile&v=2

Bundesrechnungshof – Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes (OZG) (Beratungsbericht) – 8. Oktober 2024
Kritische Bestandsaufnahme zu Zielen, Steuerung, EfA-Rollout.
https://www.bundesrechnungshof.de/SharedDocs/Downloads/DE/Berichte/2024/umsetzung-onlinezugangsgesetz-volltext.pdf?__blob=publicationFile&v=2 Bundesrechnungsho

Nationaler Normenkontrollrat – Jahresbericht 2025 „Einfach, schnell, wirksam“ (PDF) – 2. Oktober 2025
Entlastung/Erfüllungsaufwand, Empfehlungen für echte Vereinfachung.
https://www.normenkontrollrat.bund.de/Webs/NKR/SharedDocs/Downloads/DE/Jahresberichte/2025-jahresbericht.pdf?__blob=publicationFile&v=5

BundID – Start/Übersicht (offizielle Portalseite) – laufend aktualisiert
Zentrale Drehscheibe für OZG-Diensteanmeldung.
https://id.bund.de/

BaFin – Verbraucherinfo: Starke Kundenauthentifizierung – 17. April 2019 (weiter gültig)
Verbraucherverständliche Darstellung der SCA-Pflichten.
https://www.bafin.de/DE/Verbraucher/Bank/Starke_Kundenauthentifizierung/Starke_Kundenauthentifizierung_node.html

BMG – Elektronisches Rezept (E-Rezept) – offizielle Information – laufend (Hinweis: Pflicht seit 01.01.2024)
Primärquelle zu Einlösewegen (eGK, App, Ausdruck).
https://www.bundesgesundheitsministerium.de/e-rezept.html

EU-Kommission – „What is the Wallet“ (offizielle Erläuterung) – 2025
Nutzung, Signaturen, Dokumente, Governance.
https://ec.europa.eu/digital-building-blocks/sites/display/EUDIGITALIDENTITYWALLET/What%2Bis%2Bthe%2BWallet

BRH – Digitalstrategie der Bundesregierung (Prüfbericht) – 30. Aug. 2024
https://www.bundesrechnungshof.de/SharedDocs/Downloads/DE/Berichte/2024/digitalstrategie-volltext.pdf?__blob=publicationFile&v=2

Günther Burbach

Günther Burbach, Jahrgang 1963, ist Informatikkaufmann, Publizist und Buchautor. Nach einer eigenen Kolumne in einer Wochenzeitung arbeitete er in der Redaktion der Funke Mediengruppe. Er veröffentlichte vier Bücher mit Schwerpunkt auf Künstlicher Intelligenz sowie deutscher Innen- und Außenpolitik. In seinen Texten verbindet er technisches Verständnis mit gesellschaftspolitischem Blick – immer mit dem Ziel, Debatten anzustoßen und den Blick für das Wesentliche zu schärfen.
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49 Kommentare

  1. Digitalisierung ist Fortschritt. Digitalisie-
    rung ist Freiheit. Digitalisierung ist Um –
    welt- und Klimaschutz. – Die tausenden
    Satelliten in der Erdumlaufbahn ? Der Weltraumschrott? Die aus dem Boden
    schießenden neuen Atomkraftwerke ?
    Klimaschutz ? Belém Belém Blem Blem

    1. > Die aus dem Boden schießenden neuen Atomkraftwerke ?

      Naja. Die Engländer und Franzosen bauen 20 Jahre und länger an ihren AKWs.

      Natürlich spart Digitalisierung einen Haufen Geld (Energie). Sonst hätte es sich nicht durchgesetzt. Schon dieses Genöle, vor Jahren, dass Google-Sucaufrufe so viel Geld kosten würden, waren Quatsch, weil jede andere denkbare Alternative solche Informationen zu beschaffen, ein vielfaches an Zeit und Geld kosten würden. Gleiches dann mit Film-Streaming wo die 10 Euro Monatsbeitrag überwigend für die Lizenzen bezaht werden und nicht für den Strom oder die Leitung. Etwas undurchsichtiger ist es mit KI. Die 10 Euro, die da teils fällig werden, sind aber eher Investitions-Payback bzw. Ausbau neuer Vomputerkapazitäten.

      @Artikel
      Ich teile die Skepsis, was die Händie-Zentrierung angeht. Aber…

      > …: amerikanisch

      Jeder der noch die Original Deutsche Post kennt, befürchtet natürlich, dass wenn nicht mehr die Amerikaner oder jetzt die Chinesen die Standards vorgeben, wieder der deutsche Bürokratenbeharrungsstumpsinn obsiegen würde.
      Während in den USA bereits Kino-Spielfilme wie Wargames Erfolge feierten, war es in Deutschland illegal, mit bspw einem selbstgebastelten Modem am Telefonanschluss online zu gehen. Selbst Telefon oder Anrufbeantworter, die nicht das Postprüfzeichen hatten, waren verboten.

      BTX war lange die Deutschversion des Internet. Wer will schon dahin zurück?
      Auch wer heute irgendwelche Online-Verwaltungsgänge tun will, braucht spezielle Personalausweise, spezielle Personalausweislesegeräte und was weiß ich noch alles.

      Als Deutschland seine Glasfaserkabel verlegt hatte, der Systemname war Opal, konnte man daran ISDN mit 64 kb/s betreiben.

      Wer denkt, dass das heute irgendwie besser laufen könnte, muss sich nur das schon jahrelang in Zeitlupe ablaufende Debakel mit dem Digitalfunk der Bundeswehr anschauen. 2029 soll Deutschland kriegsbereit sein? Pah! Mit Glück kann die Bundeswehr da das erste Jpg der Panzer-Besatzung digital verschicken.

      1. @ Müsli: us u.a.Techkonzerne wollen viele viele Atomkraftwerke betreiben und viele viele Rechenzentren. Der Stromverbrauch wird gewaltig sein

  2. Leider werden im Epilog alle gescheiten Urteile im Artikel widerrufen.

    „Der Bürger ist nicht mehr Kunde, sondern Zuarbeiter.“ – Epilog: „Denn was nützt die schönste App, wenn sie den Menschen überflüssig macht?“ Sie macht den Menschen ja nicht überflüssig. Sie lagert nur die Arbeit an den Kunden aus. Sie spart keine Arbeit, sondern Sie halst dem Bürger unbezahlte Arbeit auf. Das ist nicht nur Ausbeutung, dass ist Raub von unbezahlter Arbeit.

    Bei den Telefonwarteschleifen das selbe: „Wegen momentan hohem Telefonaufkommen kommt es zu unvorhergesehenen Wartezeiten“ – Immer ist das Telefonaufkommen hoch? Wie das? Die Drecksäcke lügen dir mitten ins Gesicht. Die Wahrheit ist: Weil wir zuwenig Leute einstellen und unsere Servicemitarbeiter rund um die Uhr voll auslasten wollen, müssen sie leider 1 Stunde in der Warteschleife hängen. – Weil wir Geld scheffeln wollen bis zum Abwinken – nageln wir dich du kleines Würstchen am Telefonhörer fest. Blöde Wi….!

    „Was nützt Effizienz, wenn sie uns die Freiheit kostet?“ – ist doch klar was sie nützt! Die Einen scheffeln effizient Geld und die anderen kostet es die Freiheit. Es gibt kein „uns“. Den einen nützt es, den anderen schadet es.

    „Nicht gegen Technik, sondern gegen ihre Entmenschlichung.“ – gegen die Entmenschlichung? Echt jetzt. Hilfe ich werde entmenschlicht! Von wem? der seelenlosen Technik? Ajajai – Ich werde nicht entmenschlicht, sondern zum Sklaven von Profitinteressen gemacht.

    1. „Ich werde nicht entmenschlicht, sondern zum Sklaven von Profitinteressen gemacht.“

      Das ist kein Widerspruch, denn Sklaverei ist Entmenschlichung. Ansonsten haben Sie recht: Im Kapitalismus werden wir zu Sklaven von Profitinteressen. Die Technik oder die Digitalisierung ist nur ein Mittel dafür aber nicht das Übel an sich. Bei der Technik-Kritik (wie auch hier im Artikel) arbeitet man sich den an Symptomen ab, übersieht aber die zugrunde liegende Krankheit.

      1. Auch Sklaven sind menschlich. Bloß sind sie nicht frei und werden ausgebeutet.
        Bei „Entmenschlicht“ wird ein verletztes Ideal von Menschlichkeit eingeklagt.
        Aber nicht die Menschlichkeit ist das Opfer, ich bin das Opfer wenn ich mit meiner
        Lebenszeit zur Intensivierung der Arbeitszeit anderer (der Telefonservicekräfte) eingespannt werde.
        Rest einverstanden.

  3. Je älter ich werde, desto mehr erkenne ich, dass der technische Fortschritt nicht nur viel weniger hilft als behauptet, sondern dass er die Menschen in ein „technisches Kollektiv“ (F.G. Jünger) einspinnt und ihnen Freiheiten nimmt.

    Dabei ist es aber völlig irrelevant, wem die Produktionsmittel nun gehören und wie sich die technische Zivilisation nennt oder wie andere sie nennen mögen. Aus der Existenz von Technik resultierenden an sich schon sozusagen zwangsläufig bestimmte Folgen für unser Leben und für das Verhältnis der Menschen untereinander.

    Der Artikel ist gut.

    1. Im Gegenteil. Gerade dann ist es wichtig wem die Produktionsmittel gehören, denn es ist doch wohl wichtig WEM die Fortschritte Vorteile bringen. Der Bourgeoisie noch mehr Profit oder dem Volk/Proletariat Fortschritt in Form von weniger Arbeitszeit, Arbeitserleichterung, höheren Wohlstand.

    2. „Aus der Existenz von Technik resultierenden an sich schon sozusagen…“

      Unsinn. Es gibt keine Technik „an sich“. Der Technik ist immer eine Idee ihrer Verwendung inhärent.. und sie kann ohne den sinngebenden Menschen nicht einmal gedacht werden. Somit ist auch der Satz vorher nicht richtig.

      1. @Simon
        Sie denken nur in Ihrer gewohnten Gedankenbahn.
        Ich kann verstehen, dass Sie als Linker so denken, und auf den ersten Blick und rein materialistisch gesehen scheint diese Überlegung auch richtig. — Die Sache ist nur die, dass ich eine ganz andere Thematik behandle!

        Es geht mir überhaupt nicht darum, wem die Technik (vermeintlichen) Nutzen bringt. Mich beschäftigt ein viel tieferer Gedankengang, nämlich das Ausmaß, in dem Technik allein dadurch, dass sie da ist und den Alltag und das Wirtschaftsleben prägt, zu Veränderungen führt. Veränderungen im Verhältnis der Menschen zu einander, Veränderungen im Hinblick auf die Organisation von Arbeits- und Planungsabläufen, Veränderungen im Hinblick auf die Freiheitsgrade des Einzelnen.

        Anders gesagt: Wenn bestimmte technische Verhältnisse in einer Gesellschaft vorliegen, dann erfordert die schiere Existenz dieser technischen Verhältnisse, dass Menschen auf eine bestimmte Art mit der Technik leben.

        Beispiele:
        Bevor es genaue Uhren gab, konnten Menschen noch nicht zu besonderer Pünktlichkeit gezwungen werden. Man verabredete sich zu einer Zeit, die den Naturrhythmen entsprach, z.B. mittags, zu Sonnenaufgang oder vielleicht auch beim nächsten Vollmond.
        Die Menschen blieben – im Hinblick auf ihre eigene Zeiteinteilung – freier als wir heute.
        Sobald es genaue Uhren gab, war es hingegen möglich, die Menschen – alle(!) Menschen – in ein Zeitkorsett zu zwingen. Selbst der Adel konnte sich davon nicht ganz freimachen.
        Wem nun die Produktionsmittel in den Büros oder Fabriken gehören, das spielt keine Rolle im Hinblick auf den Umstand, dass die Menschen im Zeitalter genauer Uhren der Pünktlichkeit unterworfen sind: der Manager ebenso wie ein Arbeiter am Band oder eine Sekretärin.

        Ein anderes Beispiel wäre das Mobiltelefon, das allein durch seine Existenz dazu führt, dass das Gros der Menschen – und erst recht alle Berufstätigen – permanent erreichbar ist und auch reagieren muss. Ein vergleichbar schnelles Reagierenmüssen gab es vor 30 Jahren noch nicht.

        Je größer die technischen Anlagen und Betriebe, desto mehr ergibt sich auch die Ausbildung großer Verwaltungen und die Notwendigkeit eines planvollen Wirtschaftens. Man braucht ja bloß mal eine Tischlerwerkstatt von 1800 mit einem heutigen großen Möbelhersteller vergleichen. Wie viele „Verwaltungsjobs“ mit eher entfremdeten Tätigkeiten gab es damals, wie viele gibt es heute angesichts der Existenz eines komplexen Möbelkonzerns!
        Die technischen Innovationen, die die Existenz so eines Möbelkonzerns ermöglicht haben (-> maschinelle Produktion, normierte Fertigung, Verarbeitung viel größerer Mengen, geringe Transportkosten durch motorgetriebene Fahrzeuge usw.), erzwingen bestimmte Berufsbilder.

        Und die Digitalisierung bedeutet im Rahmen der technischen Innovationen nun einen ganz besonders folgenschweren und vermutlich regelrecht verhängnisvollen neuen Schritt.
        Wenn @ Jemp1965 unten im Hinblick auf digitale Techniken von „Versklavung“ spricht, so dürfte das keine Übertreibung sein.

        Ich denke, dass diese Beispiele zeigen, was ich meine. Die Freiheitsverluste, die ich meine – und vermutlich auch Herr Burbach – haben überhaupt nichts mit Besitzverhältnissen zu tun, sondern resultieren aus technischen Innovationen.

        Oder glauben Sie etwa, dass es in einem fiktiven linken Sozialismus keine Uhren, keine Kraftfahrzeuge oder keine Elektrizität geben würde … ??
        Technik, die in der Welt ist, bleibt in der Welt. Leider.

        @ Zebraherz

        Sie haben gar nicht verstanden, was ich meine.

        1. Nun sieh dir den Rest an, nicht nur die Uhren. Wie sie damals in strengen Wintern hungerten und froren, wie sie von Adel und Kirche ausgebeutet wurden, Leibeigenschaft, Klassenjustiz weit schlimmer als heute, fehlende Glaubensfreiheit, wie streng die Zunftvorschriften waren, wer Land besitzen durfte/konnte, die Lebensweise von Handwebern..
          Es wäre falsch Fortschritt pauschal zu verteufeln. Denn man muß materialistisch denken, der Fortschritt muß für alle da sein.

          1. @Simon

            Wir bewegen uns auf verschiedenen Diskussionsebenen und reden über verschiedene Dinge.
            Ihre Ausführungen sind ja nicht falsch, aber sie sind nicht geeignet, meine Gedanken zu widerlegen.

            Vielleicht bleibt die Bilanz auch in Wahrheit immer ähnlich, da jedem Gewinn an Komfort (nicht so sehr an Freiheit) gleichzeitig Verluste gegenüberstehen … ?!
            Ein anderes Thema sind die vermeintlichen Gewinne, aber tatsächlichen Verluste an Freiheitsgraden und Entscheidungsfreiheit.

            Es ist nicht so, dass ich „Fortschritt“ verteufle, denn ich rede ja bloß über die Technik und nicht über gesellschaftlichen oder ethisch-moralischen Fortschritt.
            Ansonsten ist es so, dass ich Fortschritt nicht so sehr kritisiere, sondern die Möglichkeit von echtem Fortschritt bezweifle.

            Abschließend möchte ich Sie doch bitten, beim höflichen Sie zu bleiben. Wir sind doch erwachsen.

            1. Wenn du ein Sie willst dann solltest du chats meiden. Werde erwachsen und laß diese Empfindlichkeiten bleiben! Am Besten auch deine Überheblichkeit und Arroganz – überlaß diese Eigenschaften besser dem Kanzler..
              Ansonsten verweise ich auf meinen ersten Kommentar.

            2. Möchten Sie ohne Uhr leben? Die pünktlichen Uhren waren auch Voraussetzung für die Eisenbahn, die Eisenbahn verband man mag es im Zeitalter der Deutschen Bahn kaum schreiben, in effizienter Weise verschiedene Märkte und konnte relativ kostenkünstig Güter und Menschen transportieren. Zumindest vor 170-100 Jahren war das so.

              Ob Autos die am Fließband produziert werden oder Möbel die auseinandernehmbar sind. Es ist immer nur der nächste logische Schritt. Ein Ford ist nunmal dank Fließband billiger als ein in Handarbeit hergestellter Porsche oder Ferrari. Und IKEA-Möbel sind dank des Prinzip des Selbstaufbaus, Selbstabholens aber auch dank enormer Ausbeutung (Umwelt und Menschen) bei Produktion enorm billig.

              Und genau das wollen die Kunden doch. Und genau das selbe Prinzip greift auch bei Computer, Smartphone und Tütensuppe. Es sind in Massenproduktion hergestellte Güter. Montiert an Orten wo es am günstigsten ist – sprich wo die meisten Profite zu holen sind. Es geht immer um die Effizienz zumindest im Kapitalismus.

              1. @NCC1701D

                Was ich selber möchte oder nicht möchte, das spielt hier doch eigentlich gar keine so große Rolle. Es geht mir nur darum, auf einen Sachverhalt hinzuweisen, der m.E. gemeinhin wenig gesehen wird: nämlich den Umstand, dass die Technik den Menschen viel mehr beeinflusst, treibt, vereinnahmt, als Rädchen einbaut und zum passiv-hilflosen Objekt macht als viele denken.

                Und ja, darüber gehen Freiheitsgrade verloren, gerade heute in der Zeit der Digitalisierung. Ob die Gewinne auf der Habenseite die Verluste ausgleichen, mag jeder für sich entscheiden. Natürlich gibt es auch einige Gewinner, denen die Rolle als Rädchen im System (im „technischen Kollektiv“) immer noch gefällt, weil doch auch einige Vorteile herausspringen.

                Ob die Erfindung genauer Uhren oder die Einführung der maschinellen Fertigung nun ein Vorteil oder Nachteil waren, das hängt natürlich vom Blickwinkel und Interesse des jeweiligen Betrachters ab. Eine pauschale Antwort hierauf ist unmöglich und so sie doch erfolgt, ist sie parteilich und daher belanglos.

                Sie schreiben ganz richtig:
                „Es geht immer um die Effizienz zumindest im Kapitalismus.“

                Genauso könnte man aber auch sagen, dass der Kapitalismus die logische und vielleicht sogar alternativlose (ich zögere etwas, weil ich das Wort hasse) Folge eines bestimmten Entwicklungsstandes der Technik ist.

                Anders gesagt: Hätten wir heute die technische Entwicklung des Jahres 1200, so gäbe es natürlich keinen Kapitalismus in der heutigen Form und das uralte Konkurrenzspiel um Besitzmehrung würde sich anders abspielen – vermutlich ähnlich wie im Jahre 1200.

        2. @ W Wirth : im Zeitalter Genauer Uhren sind alle (?) der Pünktlich keit unterworfen, egal ob Mana ger. Akkordarbei ter oder Sekre tärin. – Ohne Unterschied ? Da muss ich lachen.

          1. @lichtenberg

            Sie haben meinen Gedankengang anscheinend nur auf sehr oberflächlicher Ebene verstanden – wenn das Wort „verstanden“ hier überhaupt passt.

            1. Ihre Überheblichkeit schmeichelt ihnen nicht, ist vermutlich aber kompensatorisch für sie gewinnbringend. Man könnte jetzt einiges zu ihren Ausführungen entgegnen, besonders, da sie mit dem Beispiel der Uhren/Zeit die Schwäche ihrer Argumentation bereits auf dem Silbertablett präsentieren.. allerdings sind sie ganz offenkundig in einem Grad von sich selber überzeugt, der wortreichere Antworten von vornherein als Vergeudung jener Zeit begreifen lässt, deren knappe Verfügbarkeit meine Uhr mich auch gerade wieder zu erkennen nötigt…

  4. Danke für diesen hervorragenden Beitrag, Herr Burbach!

    Was die offizielle Propaganda permanent als „technischen Fortschritt“ verkauft, ist nichts anderes als der Weg in eine moderne Sklaverei unter einem digitalen Terrorregime, in dem die ohnehin schon unerträglichen Zumutungen des Kapitalismus nochmals verschärft werden.
    Und die gehirngewaschene Masse in ihrer Vollverblödung nickt noch dazu und stellt ihre geistige Umnachtung zur Schau, wenn sie z.B. wie verwurzelt bei jeder Gelegenheit auf ihre Scheiß-Smartphones glotzt oder mit den Dingern rumdaddelt.

  5. Nur schnell zu den ersten Zeilen, weil ichs so lustig fand….

    Nein nein mein Herr, das sehen sie föllig falsch. Tatsächlich wurde doch die Bürokratie massiv abgebaut. Stellen von Beamten die in Pension gingen wurden nicht neu besetzt und so… Sie haben nur angenommen das Bürokratieabbau in irgendeiner Form etwas sinnvolles sein soll das dem Bürger zu gute kommt. Das war aber nie der Plan. Es sollten Kosten für die Staatskasse reduziert werden. 😀
    Herzlich willkommen im Haus das Verrückte macht https://www.youtube.com/watch?v=7dO9Lm_CXz0

  6. Die Infrastruktur: amerikanisch.
    Die Software: amerikanisch.
    Die Cloud: amerikanisch.
    Die KI-Modelle: amerikanisch.
    Die Daten: auf Servern außerhalb unserer Kontrolle.
    Der Kanzler: Blackrock, us-amerikanisch.

    So läufts nun mal im Kapitalismus. Ein angebliches Zitat von A. Einstein (selbst übrigens Sozialist, zu recht ein Bewunderer von Lenin und Stalin)
    „Die Definition von Wahnsinn ist, immer wieder das Gleiche zu tun und andere Ergebnisse zu erwarten.“

    Auf deutsch:
    Wer immer kapitalistische Parteien wählt und andere Ergebnisse erwartet, der ist nicht zurechnungsfähig.

    1. „Wer immer kapitalistische Parteien wählt und andere Ergebnisse erwartet, der ist nicht zurechnungsfähig.“
      Was hat das mit Kapitalismus zu tun? Im Sozialismus wäre dann die DDR heute von der Cloud des großen Bruder in Moskau abhängig. Was der natürlich niemals ausnützten würde. Im Sozialismus sind ja alle Länder Freunde.

      1. Ich lese aus deinem Kommentar heraus, daß du gerne bild tagesschau spieglein liest.
        Ansonsten würde ich dir empfehlen deinen Internetzugang zu nutzen. Man muß nicht blind Oligarchen des Wertloswestens und ihrer Lügenpresse glauben.

  7. Digitalisierung bedeutet in den meisten Fällen, dass es umständlicher wird.

    Früher: Briefkasten auf, Telefonrechnung raus, Briefkasten zu.

    Heute: App aufrufen, registrieren, anmelden, Mulitfaktor-Authentifizierung, durch individuelle Menüs klicken, Rechnung runterladen. Einfacher finden das höchstens Leute, denen selbst der Weg zum Briefkasten zu weit ist.

    Und das Gleiche für Strom und Gas und jede einzelne Versicherung und und und …

    „Langsamkeit“ ist da ein seltsames Argument. In den 80ern bekam man eine Baugenehmigung auf Papier in wenigen Wochen. Heute? Eher Jahre – aber voll „digital“.

    1. Digitalisierung hat einen Rebound-Effekt zur Folge: die Vereinfachung von Prozessen ermöglicht die die Ausweitung von Prozessen, und das zusätzlich zu den im Artikel beschriebenen Effekten.

    2. „Digitalisierung bedeutet in den meisten Fällen, dass es umständlicher wird.“ –
      Ja voll Zustimmung. Und darunter leider gerade auch ältere Menschen massiv. Seh dies gerade selbst in meine Umfeld.
      Selbst banale Dinge wie Fernseher einschalten und Programm auswählen, sind heute für eine pflegebedürftige Person mit starker Sehschwäche nicht mehr machbar. Früher ein (1) Drehknopf an der Kisten zum Einschalten und Programm wählen. Heute eine Fernbedienung mit 50 kleinen Tasten.
      Oder diese völlig bescheuerten touch-only Radios im Auto. Wo man zum Lautstärke regeln einen virtuellen Slider auf dem Bildschirm schieben muss und dafür 1-2 Sekunden draufblicken muss, um den überhaupt zu finden.. Etwas was man früher mit Drehknopf blind machen konnte.

  8. Bin technikaffin ausgewachsen, ersten Computer mit 13 als sowas noch nicht in jedem Haushalt üblich war. Und beruflich auch dort gelandet.
    Vor gut 20 Jahren auf einem Seminar eines damals ca 80 jährigen französischen Arztes gewesen, der mit seinen alternativen Ansichten und Erkenntnissen einen ganzen medizinischen Fachbereich neue Wege aufgezeigt hat. Er hatte lange Zeit in die Indien praktiziert, nachdem er am seelenlosen Fabrikbetrieb in den heimischen Krankenhäusern nicht mehr teilhaben wollte.
    Zurück im Westen brachte er einen völlig neue menschlicheren Ansatz in seinem Fachbereich ein, der weltweit etwas in Bewegung setzten. Er war definitiv ein Pioneer.
    Er strahlt eine unglaubliche Weisheit und Menschlichkeit aus, ohne dabei auch nur einen Funken guruhaftes zu haben.
    Einige seiner zahlreichen Bücher war damals schon vergriffen und ich fande es Schade, dass diese nicht mehr verfügbar waren und damit ein Teil seines Wissen. Ich schlug ihm vor, dass man diese doch selbst verlegen lassen könnte und er schien interessiert. Ich erwähnt noch kurz, dass man dies ja leicht mit Computer machen könnte heutzutage. Sein Stimmung schlug plötzlich um, und er sagte nur mit sehr ernstem Blick „Non! Non! Kein Computer. Computer ist Mephisto!“
    Dachte damals nur, ein alter Mann, andere Generation. Kann halt mit der neuen Technik nichts mehr anfangen.
    Und jetzt 20 Jahren später und viele Berufsjahre mit IT, denke ich in Blick auf die technischen und gesellschaftlichen Entwickungen, die geistige Abhändigkeit der Menschen von Handy und Co, die Machtkonzentration, die Platformsklaverei, die total Überwachung , die Manipulationsmöglichkeiten durch KI-Bilder, Stimmen und Videos und vor allen den zukünftigen totalen Wertverlust menschlicher geistiger Skills durch eine seelenlose künstliche Pseudointeligenz, immer öfter, was wenn er recht hatte mit Mephisto?

    1. „Things are made to be used and people are made to be loved. The reason why the world is in chaos is because people are being used and things are being loved.“

      Der Spruch ist zwar ein bissel arg romantisiert, aber er trifft den Kern der Sache, finde ich.

  9. Herr Burbach hat ein äußerst interessantes Thema angeschnitten, nämlich den Sachkomplex „Fortschritt“. Über diesen Begriff und seine Geschichte ließe sich viel schreiben.

    Nur so viel:
    Es dürfte ein echtes Problem sein, dass es für die Weiterentwicklung von a) technischen Möglichkeiten, b) erfreulichen / komfortablen materiellen Lebensumständen und c) politisch-ethisch-moralischer Verbesserung in der Gesellschaft dasselbe Wort gibt: Fortschritt.

    Dass alles in diesem EINEN Wort zusammenfällt, könnte darauf hinweisen, dass alle drei Fortschritte im Grunde als eine zusammenhängende Sache verstanden wurden/werden – ein Komplex, bei dem angeblich der eine Fortschritt, den anderen Fortschritt nach sich zieht.
    Dass dem aber nicht so ist, das wurde spätestens im Ersten Weltkrieg deutlich.

    Trotzdem hält sich die Vorstellung und wird von interessierter Seite gerne gefüttert, dass eine technische Weiterentwicklung gleichsam automatisch auch zu verbesserten Lebensbedingungen führen würde – und dass Bejahung und Förderung des technischen Fortschritts einen alternativlosen Wert darstellen würde. Dass technischer Fortschritt zumeist nur auf Vermehrung von Macht und Profit zielt, das wird natürlich unterschlagen.

    Wir wissen inzwischen, dass der Glaube an den Fortschritt bloß ein Narrativ ist oder – um in eine noch größere und vermutlich besser passende Dimension zu gelangen – dass es ein Mythos ist. Es ist ja nicht so, dass es heute keine Mythen mehr gäbe, weil die Zeit der Alten Griechen vorüber ist. Mythen gibt es immer wieder, und der Fortschrittsmythos ist ein besonders starker. Er lebt immer noch, ja er steigert sich sogar noch, wenn man etwa an Bücher wie „Homo Deus“ von Hariri denkt.

    Nun ja, aufhalten kann man den technischen Fortschritt nun allerdings in der Tat nicht, doch bleibt immerhin noch soviel individuelle Freiheit, dass man darüber nicht jubeln muss. Wer trotzdem jubelt, ist in meinen Augen dumm.

    Für mich als Konservativen ist Fortschrittszweifel etwas Banales und vollkommen Naheliegendes, deshalb mag es mir mitunter schwerfallen nachzuvollziehen, wie andersartig nicht-konservative Menschen über den Fortschritt denken und dass sie hier allen ernstes Hoffnungen haben. Manche hoffen sogar heute noch. Zweifellos haben nicht nur die im 19. Jahrhundert stark werdenden Liberalen, sondern auch die Linken ein prinzipiell fortschritts- und auch technikbejahendes Weltbild. Dies wurde ja in diesem Kommentarstrang auch hier und da deutlich. Hieß es nicht bei Lenin oder Stalin, dass die Verbindung von Elektrizität und Sowjetmacht die gute Utopie ermöglicht?

    Wie sehr dieser galoppierende und sich beschleunigende technische Wandel die Menschen indessen längst zu bloßen Objekten und Getriebenen einer als alternativlos verstandenen Veränderung gemacht hat, das hat der Artikel von Herrn Burbach sehr gut beschrieben.

    Wie weit und wie lange mag das noch so weitergehen? Welche Grenzen und Umbrüche sind denkbar?
    Möglich, dass die Überlebenden nach einem Atomkrieg tatsächlich zu einer radikalen Umbewertung von Technik gelangen würden. (Ich schreibe hier lieber im Konjunktiv als im Futur). In irgendeinem alten Science-Fiction-Roman, den ich vor Jahrzehnten mal gelesen habe, wurde dieser Gedanke behandelt.

  10. Unser Technikfortschrittsglaube, der schon eine Technikfortschrittsreligion ist, mit Erlösungs- und Heilserwartung, lässt uns den Blick auf Technik und insbesondere Technikfolgen völlig verklären.

    Wir sind längst in die Phase eingetreten, in der Technik mehr Schaden als Nutzen bringt. Und zwar als Folge unseres Konkurrenz- und Profitdenkens, als Folge eben unseres kapitlaistischen Denkens.

    Profit kann nur aus immmer mehr und mehr Technikanwendungen geschlagen werden. Technikvermeidung – wo es sinnvoll wäre – vermindert die Profitmöglichkeiten. Darum lässt unser System Letzteres prinzipiell nicht zu.

  11. Digitalisierung könnte auch stehen für Leben ohne Lohnarbeit , oder 1 Klassen Medizin.
    Könnte o))

    DIe Digitalisierung ist nicht das Problem, eher wohl Eigentumsverhältnisse ..
    Gerade Behörden zb, finde ich das eine echt gute Entwicklung .
    Antrag angeben , Online, oder Gespräch mit Vermittler, Online, Finde ich eine gute Sache …
    Meine Unterlagen Leben, liegen bei der Ex, kam da nie wieder ran. Heute wäre das alles auf USB Stick, den man immer bei sich haben kann..
    Digitalisierung macht auch Gesellschaftliche Widersprüche sichtbar die klassengeselschaft eigen sind..
    Man muss diese erst sehen eh man Sie gedanklich auch aufnehmen kann. Da stehen Wir heute.
    Gerade an den Konzepten von KI kann man gut die Selbstbedienungsmentalität heutiger Finanzwirtschaft erkennen.
    Natürlich wird das brechen, muss. Gibt dieser Planet nicht mehr her, die Gier der Aktionäre auf Dauer noch befriedigen zu können.
    Das Problem ist nicht die Digitalisierung, Maschinenstürmer hatten WIr schon mal letztes Jahrundert ..

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