
370 Superreiche fordern aktuell, man möge sie endlich gerecht besteuern. Natürlich wird das nicht geschehen. Wo sich aber räuberische „Eliten“ das Vermögen der Menschheit aneignen, da kann schon mal der Gedanke aufkommen, es ihnen mit Gewalt wieder abzunehmen. Seit Langem findet diese Vorstellung Ausdruck in der Figur des edlen Banditen.
„Sturm, Wildnis und Gebirge. Alles Wichtige passiert nachts.“ So charakterisiert der Germanist Martin Greiner die Atmosphäre der im 18. Jahrhundert beliebten Räuberromane. Ihr populärster Held Rinaldo Rinaldini, eine Erfindung des Trivialautors Christian August Vulpius, wird schließlich bei Mondschein auf der Flucht erschossen. Das höchst romantische Ende eines edlen Banditen.
Brutale Realität, romantischer Mythos
Die Realität der Räuberbanden wie sie nach der Französischen Revolution vor allem den politisch destabilisierten deutschen Südwesten unsicher machten, sah anders aus. Der typische Raubzug lief dort folgendermaßen ab: Ein „Baldower“ macht den Räuberhauptmann auf eine Raubgelegenheit aufmerksam und hat vielleicht in der harmlosen Rolle des Hausierers die genaueren Umstände erkundet.
Die Banditen versammeln sich nun aus verschiedenen Richtungen, indem sie sich an den „Gaunerzinken“, einer an den Hauswänden angebrachten Geheimschrift, orientieren. Irgendwo wird ein langer Balken oder ein herausgerissenes Wegkreuz mitgenommen: der „Rennbaum“, um Türen und Tore einzurennen. Überall geschwärzte Gesichter, Gewehre, heruntergekommene Gestalten. Bei Dunkelheit marschiert man ins Dorf ein, lärmend und singend – dann meint der Bauer, es seien ein Paar Betrunkene und legt sich beruhigt auf die andere Seite.
Doch plötzlich wird mit der Wucht des Rennbaums die Haustüre gesprengt. Die Hausbewohner werden brutal eingefangen und gefesselt. Wo sind Geld, Juwelen, Tafelsilber? Verstockte Bewohner werden mittels Gewalt zum Sprechen gebracht. Von den eingeschüchterten Nachbarn kommt niemand zur Hilfe, die örtliche Polizei ist niedergemacht worden, das Schlüsselloch der Kirche mit Wachs verstopft, um Sturmläuten zu verhindern. Die Räuber fühlen sich so sicher, dass sie noch am Tatort ein Fress- und Saufgelage abhalten. Anschließend Abmarsch, Aufteilung der Beute, Flucht in alle Richtungen.
War das nun romantisch? Dennoch hält sich hartnäckig die Vorstellung von der schönen heilen Räuberwelt. Auch Rinaldo Rinaldini war Thema unzähliger Comics, Romane und Filme. Doch mehr noch als der Mythos vom freien und ungebundenen Räuberleben überdauert eine andere Überlieferung: die Vorstellung vom Sozialbanditentum. In ausgleichender Gerechtigkeit hätten einige Räuber die Reichen beraubt, um den Armen zu helfen. So wie einst Robin Hood im Sherwood Forrest. Weltweit wird von ihnen berichtet.
Rebellen gegen Ausbeutung
Insbesondere der britische Historiker Eric Hobsbawn hatte behauptet, bei der Figur des sozialen Räubers habe es sich nicht nur um eine Verklärung der Volksmythologie gehandelt. Einzelne Banditen, ja ganze Räuberbanden, seien auch als Rebellen gegen Ausbeutung und Unterdrückung einzustufen. „Eine Räuberbande steht außerhalb jener Sozialordnung, die den Armen Fesseln anlegt. Sie ist eine Bruderschaft von Freien und nicht eine Gemeinschaft von Untertanen.“ Nicht immer stand die „Umverteilung“ im Vordergrund, oft ging es schlicht um Rache. Aber: „Vernichtung war ihre Sozialjustiz.“
Beispiele dafür sind die süditalienischen Briganten, die sardischen Banditi, die spanischen Bandoleros oder die südosteuropäischen Heiducken, ja selbst die russischen und ukrainischen Kosaken. Die Kosaken waren ursprünglich Gemeinschaften berittener Bauern, die sich aus ihrer Leibeigenschaft gelöst hatten und plündernd auf Beutezüge ausgingen. Ähnlich die Cangaceiros im verarmten, vom Großgrundbesitz niedergedrückten Nordosten Brasiliens. Ihr berühmter Anführer Virgulino Ferreira da Silva hatte erlebt, wie seine Eltern brutal von Grundbesitzern ermordet wurden.
Die These, solche Desperados hätten sich an Ideen sozialer Gerechtigkeit orientiert oder seien als Beglücker der Armen aufgetreten, wird von der gegenwärtigen Forschung jedoch zumeist bestritten. Manches Banditentum sei häufig zwar sozial verursacht gewesen und könne somit wohl als eine Form des sozialen Protests interpretiert werden. Die dafür gewählten Methoden finden vor den Augen der Historiker aber wenig Gnade.
Gerechter Räuber oder Serienmörder?
Ein Beispiel ist der italienische Bandenführer Salvatore Guiliano (1922 bis 1950). Der Volksmund verklärt ihn zum „Robin Hood Siziliens“. Vielleicht war er eher ein Guerillero für ein unabhängiges Sizilien, möglicherweise aber auch schlicht ein Serienmörder. Jedenfalls weist er alle Merkmale eines Volks- und Kinohelden auf. Der charismatische Sohn eines Landarbeiters, glänzend aussehend, tatkräftig und rebellisch, wurde schon zu Lebzeiten eine Ikone der Massenmedien. Stets verteilte er seine Beute an die Armen, so der Mythos. Von den mindestens 300 Ermordeten, die auf das Konto seiner Bande gingen, waren rund 87 Carabinieri. Nach Ansicht vieler Bauern traf es damit nicht die Falschen, denn diese paramilitärischen Polizisten wurden nicht ganz zu Unrecht als Verteidiger der agrarischen Ausplünderung angesehen.
Überall, wo agrarische Ausbeutung vorherrschte, Großgrund- und Latifundienbesitzer, Viehzüchter und Feudalherren die Menschen als Leibeigene oder Wanderarbeiter zur Billigarbeit und zu Frondiensten zwangen, erzählte man seit alters her von derlei Volkshelden. So wird auch Billy the Kid (Henry McCarty), einem der vielen berühmten Revolverhelden des Wilden Westens, nachgesagt, er habe eine soziale Ader gehabt. An der mexikanischen Grenze agierend, habe er, wie die Folklore berichtet, die Weißen bestohlen, um die Beute an die armen Mexikaner zu verteilen.
In Wirklichkeit war dieser Pistolero eher einer der zahllosen berittenen Viehhirten, die man in den USA Cowboys nannte und die sich leicht in Outlaws und Kriminelle verwandeln konnten, denn ihre soziale Lage war mehr als miserabel. Billy geriet als Anführer einer kleinen Gruppe von Revolverhelden um 1878 in den so genannten Lincoln County Rinderkrieg, eine Privatfehde zwischen reichen Rinderbaronen. Dort tat er sich als besonders treffsicherer Killer hervor. Als er einmal zufällig unbewaffnet war, wurde er von Pat Garrett, dem berühmten Sheriff von Lincoln County, umgelegt.
Wie sehr solche Formen des Banditentums Tradition haben, zeigt ein Blick in die weiter zurückliegende Geschichte. Schon im Feudalwesen des Mittelalters und der frühen Neuzeit rekrutierten sich Gauner und Räuber in erster Linie aus den breiten Schichten der sozial Deklassierten und Entwurzelten. Fahrendes und „unehrliches Volk“, landlose Bauern, Bettler, Zigeuner, marodierende Landsknechte, Deserteure, Schausteller, Huren, Quacksalber und Beutelschneider, kurz Galgenvögel jeder Art, alle unter der Bezeichnung „Vaganten“ zusammengefasst, wanderten von Ansiedlung zu Ansiedlung. Kriminell zu werden war naheliegend und durch die soziale Lage vorbestimmt. Wer sich hier besonders hervortat und sei es nur, indem er über längere Zeit geschickt seine Häscher an der Nase herumführte, hatte beste Chancen gefeiert zu werden.
Bankraub als „Expropriation“
„Was ist der Einbruch in eine Bank gegen die Gründung einer Bank?“ Bertold Brechts Bonmot aus seiner Dreigroschenoper spielt auf das Sozialbanditentum an. Vielleicht gehörte zu Brechts Zeit das Verbrecherpärchen Bonnie und Clyde zu dieser Klasse von gerechten Gangstern. In den Wirren der Weltwirtschaftskrise waren sie Bankräuber aus Passion. Ihren von zahllosen Einschusslöchern durchsiebten Ford Deluxe, den sie nicht mehr lebend verließen, kann man immer noch im Internet bestaunen. Bonnie E. Parker war die Tochter eines Maurers, Clyde Ch. Barrow entstammte einer verarmten Landarbeiterfamilie. Sie hatten begriffen, dass auch Wirtschaftskrisen ungleiche Verteilung befördern. Oben gibt es viel zu holen, während man unten vor Suppenküchen Schlange steht.
Eher schon bewusste Rebellen gegen die soziale Ungerechtigkeit des Kapitalismus waren vielleicht Sacco und Vanzetti. Diese beiden in die USA eingewanderten italienischen Arbeiter hatten sich den Anarchisten angeschlossen. Hart gingen damals die US-Behörden gegen sozialistischen und kommunistischen Widerstand vor. Ferdinando Sacco und Bartolomeo Vanzetti wurden 1927 wegen eines angeblichen doppelten Raubmords auf dem elektrischen Stuhl hingerichtet. Aus der Mythengeschichte der Arbeiterbewegung sind sie seitdem nicht mehr wegzudenken.
Obgleich Sacco und Vanzetti möglicherweise zu Unrecht hingerichtet wurden, war die Verbindung von Kriminalität und Anarchismus nicht so abwegig. Der Unterschied zwischen einer Räuberbande und einer Gruppe anarchistischer Sozialrebellen ist eine Sache der Perspektive. Was innerhalb eines Rechtssystems, das die Reichen und den Reichtum schützt, als kriminell eingestuft wird, ist vielleicht aus der Sicht der Benachteiligten und Gebeutelten ein Schrei nach Gerechtigkeit.
Deutlich wird dies am Beispiel der so genannten „Expropriationen“, wie sie den Anarchisten im vorrevolutionären Russland angelastet werden. Bei diesen „Enteignungen“ handelte es sich um nichts Anderes als Banküberfälle. Die Bolschewiki übernahmen diese Methode, um ihre Partei zu finanzieren. Besonders schockierte 1907 ein Überfall in Tiflis. Er brachte den Bolschewiki rund eine Million Rubel ein und kostete 40 Menschen das Leben. Der junge Stalin hatte sich dabei als Anführer verdient gemacht.
An romantisches Sozialbanditentum mag man im Zusammenhang mit Stalin nicht mehr denken. Doch wäre Stalin damals von der Polizei erschossen worden – vielleicht wäre ihm ein ähnlicher Nachruhm beschieden gewesen wie etwa Diego Corrientes (1757 bis 1781). Dieser „edle Räuber“ Andalusiens wurde vom Volk sogar mit Jesus Christus verglichen.
Das Bedürfnis nach Helden und Beschützern war durch die Jahrhunderte hindurch offenbar so groß, dass man auch unpassende Kandidaten verherrlichte. Die Figur des heroischen Beschützers, der Unrecht wieder gut macht, für Gerechtigkeit und sozialen Ausgleich sorgt, ist ein tief verwurzelter Traum, der bis in die Nähe des endzeitlichen Erlösers reicht. Im christlichen Raum des Messias, im islamischen des Mahdi. Ein solcher Hoffnungsträger schafft jene neue Erde, auf der die Unterdrücker bestraft werden und die Entrechteten endlich bekommen, was ihnen zusteht.
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Niemand sollte mehr als 100 Millionen Dollar besitzen dürfen, da Staatszersetzend!
50 Mio wären auch ne vernünftige Grenze.
Noch einer der nicht versteht, dass das System und die Strukturen abgeschafft gehören.
Kapitalismus ist unvereinbar mit Demokratie, es sei denn, man versteht unter Demokratie nichts anderes als alle vier Jahre an Wahlen teilzunehmen.
Das wichtigste ist aber, dass alle Bürger gleiche Rechte haben, und das kann im Kapitalismus nicht garantiert werden.
Je ungleichmäßiger die Besitzverhältnisse verteilt sind um so abhängiger sind die Arbeitnehmer von den Arbeitgebern und um so mehr können die Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis diktieren und um so mehr können die Besitzenden Regierungen erpressen.
Dass die Besitzenden Regierungen erpressen und dass die Besitzenden kein Interesse an Vollbeschäftigung haben, sind keine Verschwörungstheorien, je ungleicher die Bedingungen von Arbeitnehmern und Arbeitgebern sind, umso günstiger ist die Verhandlungsposition der Arbeitgeber.
Der Sinn dieses Artikels erschließt sich mir nicht. Sollen die wirklichen Banditen, die Millionäre und Milliardäre, reingewaschen werden? Vermutlich.
Der Autor teilt gegen Brecht und Stalin, auch allgemein gegen Widerständler gegen die herrschende Klasse aus und stammt allem Anschein nach aus der reaktionären Ecke. Nun gut, das soll sein Problem sein. Aber warum gibt ihm „Overton“ hier eine Plattform? Er schreibt auch nichts, was den Geist erhellt. Fragen über Fragen…
Ich denke nicht daß dies Herrn Waldrichs Ansinnen ist. Durch die Nennung von Brechts Äußerung führt er eine Gwichtung der Schwere von Taten ein. Und zeigt auf, daß durch ihre interessengeleitete Schaffung und den Gebrauch von Recht, es als ein Mittel der Durchsetzung von Herrschaft der Besitzenden über die Besitzlosen wirkt. Die Herrschenden können bei Straffreiheit jegliches Verbrechen begehen, am anderen Ende der Nahrungskette wird eingeschritten.
Iossif Wissarionowitsch Dschugaschwili, genannt Stalin, ist eine schwere Hypothek, und eine Lehre die nicht vergessen werden sollte, was passieren kann, wenn man ein ursprünglich emanzipatorisches Projekt dadurch kontaminiert, indem man einfach eine nicht demokratisch legitimierte Elite, durch eine andere nicht demokratisch legitimierte Elite ersetzt. Vlt. gibt es den guten Kaiser, König, Führer, Premier, Kanzler, Generalsekretär, was auch immer. Wenn der oder die mal weg ist, auf natürliche Weise oder auch anders, werden sie einen schlechten Nachfolger ohne ein demokratisches Grundgerüst auch nicht mehr los.
Nein, mir auch nicht. Der Tenor ist nicht so ganz klar.
Was hat er mit dem Anliegen der Wohlhabenden, steuern zu zahlen zu tun ? Das kaufe ich denen sogar bis zu einem gewissen Grade ab, dass die das ehrlich meinen.
Aber historisch interessant ist der Beitrag allemal.
Es wäre spannend gewesen auf die eigentliche Frage einzugehen. Warum üben Räuber und auch Piraten bis heute so eine positiv romantisierende Faszination aus ? Es scheint mir die These zu stützen, dass eine wirklich faire gerechte Ordnung gar nicht das Ideal ist, dem die die Mehrheit anhängt. Tief im inneren ist es ja nichts anderes der Wunsch selbst, genau wie der reiche Ausbeuter, ohne eigene mühsame Arbeit auf Kosten anderer reich zu werden. Vielleicht sogar noch mehr. Denn ein reicher Ausbeuter bzw seine Vorfahren können beim Geld scheffeln im Nebeneffekt durchaus auch produktive nützliche Dinge getan haben.
Nur der SOZIALISTISCHE Weg ist zielführend.
Die Herkunft der Vermögen sind Produktionsmittel, also Produktionsanlagen, Mietwohnungen, Acker, Wald, Banken…
All dies müßte enteignet und volkseigen gemacht werden. Enteignen geht auch mit Entschädigungszahlungen in Währung, nur eben dürfen diese Oligarchen keine Produktionsmittel mehr als Privateigentum haben. Erst dann, mit Volkseigentum, hat das Volk die Macht im Staat.
Die alles entscheidende Frage für die Zukunft der Menschheit: Wem gehören die Produktionsmittel?
https://sascha313.wordpress.com/2014/06/17/die-entscheidende-frage-wem-gehoren-die-produktionsmittel/
NICHT Fiat-Geld ist schuld, Goldwährungen gabs bis vor dem 1. WK und auch damals wurden die Werktätigen ausgebeutet und die Gesellschaft total ungleich.
Richtig!!!
Ausführliches zum Autor
https://de.m.wikipedia.org/wiki/Hans-Peter_Waldrich
Möglicherweise gibt es einen zweiten, dritten, vierten Teil.
Wer weiss? Das Feld ist gross und vieles ist strittig, nicht bekannt, oder gehört ins Reich der Sagen- und Fabelwelt.
Allein die Bauernkriege haben viele bekannte Namen hervorgebracht. Deren Rolle, Taten, Motivationen und Unterstützung durch ihre Mitbürger wurden von den Schreibern der Sieger mit Sicherheit im Sinne der Herrschaftlichkeit und sonstigen Nutzniessern beurteilt. Der heute postulierte, schonfärberisch genannte, zivile Widerstand war in früheren Zeiten Rebellion, Aufstand, Aufruhr, Umsturz, Revolte, Lästerung und Infragestellen der natürlichen Ordnung, etc.pp. Hatte ein Widerständler nebst seinen Unterstützern Erfolg, wurde das Vorgängerregime entsprechend verurteilt und verunglimpft.
In anderen Ländern, Landschaften und Kontinenten gab es das mit grosser Wahrscheinlichkeit ebenso. Dank einem teutonischen oder eurozentrischem Welt- und Geschichtsbild ist der Allgemeinheit hierzulande nicht allzuviel bekannt, was woanders geschah.
Ich muss abraten. Wenn ich nächtens mit Einbruchsabsicht in Mar-a-lago einbräche, wenn Trump auf Asienreise ist, hätte ich wohl keinen Erfolg. Plötzlich ginge das Licht an und da sitzen zehn grindende Cops und legen mir Handschellen an. Wir wussten, dass Du kommst. Wir haben Palantir.
Soziale Gerechtigkeit muss erkämpft werden. Im Betrieb und auf der Straße.
„Soziale Gerechtigkeit muss erkämpft werden.“
Richtig, allerdings bedarf es dafür eine Befreiungsideologie und wohl auch eine strikte Kaderpartei, ansonsten sind alle derartige Kämpfe nicht mehr als Räuber-Aktionen wie die im Artikel beschriebenen. Da aber bei uns die Ideologien vom individualistischen Typ vorherrschen, deswegen wird es auch keine soziale Gerechtigkeit geben und es bleibt beim bloßen Lamentieren.
Eine Befreiungsideologie kann nur eine kollektivistische Ideologie sein. Das war früher der Sozialismus, heute spielt allerdings nur noch der Islamismus und der Nationalismus im globalen Süden diese Rolle.
Völlig richtig. Aber so wie der Stalin dann doch nicht.
Da haben sie auch Palantir und Maulwürfe obendrein.
Die Sympathie des Autors mit diesen Helden hält sich in Grenzen, aber keiner dieser Helden kommt aus sozial gesicherten Verhältnissen.
Ob es nicht bedeutend weniger Banditen gäbe, wenn jedem von ihnen ein menschenwürdiges Leben geboten worden wäre und würde die Bevölkerung sie auch dann als Helden verehren, wenn sie zu Banditen geworden wären, obwohl sie aus gesicherten Verhältnissen gekommen wären?
Was die die Cangaceiros betrifft, vermute ich, dass Sergio Leone von einem Film aus den frühen 1950-er Jahren zu seinen Italo-Westren angeregt wurde, vorher drehte er vor allem billige Herkules-Filme.
Dieser Beitrag erinnerte mich nicht nur in seiner unbequellten Gerüchteküche nebst abenteuerlichem Geraune an einen Hinweis eines professoralen Altgenossen einer weiland real-existierenden Akademie der Wissenschaften: Bäcker ist doch ´n anständiger Beruf.
Nun, wie der Autor bereits zutreffend andeutete, ist diese widerliche Heuchelei dieser 370 (+-?) Superreichen nichts weiter als der Versuch, nicht als völlig antisoziale Arschgeigen zu erscheinen, obwohl sie zweifellos alle welche sind.
Es ist absolut offensichtlich, dass die Politik, die von eben diesen Superreichen dirigiert wird, nie und nimmer große Vermögen besteuern wird und daher ist es auch aktuell einfach und en vogue, den Schmalhans zu heucheln, obwohl die Dividenden für Superreiche aus allen Nähten platzen.
Herr im Himmel, ist das widerlich!
Ich versuche es `unideologisch´ auszudrücken:
Die Gleichbehandlung aller Mitglieder ist keine neuzeitliche, bürgerliche oder gar sozialistische Idee. Sie wirkt mit Bezug auf die Beteiligung an realen Ergebnissen des gemeinsamen Handelns in Familen, Clans, dörflichen Gemeinschaften… und anderen Strukturen, in denen Menschen noch einen realen Umgang miteinander oflegen.
Wer sich als dazugehörig empfindet, erwartet in und von der Gruppe eine angemessene materielle Beteiligung. Ist diese nicht gegeben, kommt es zu `Mord und Totschlag´. Wenn dabei Menschen zu Tode kommen [ungerechte Väter, unverantwortliche Mütter, missgünstige Cousins…] ist das kriminell, wundert aber niemanden.
Sobald ähnliche Mechanismen in dörflichen, kleinstädtischen, städtischen, neuerdings auch internationalen Zusammenhängen auftauchen, halten viele Menschen vergleichbare Aktionen quasi im Gegenzug für gerechtfertigt, weil sie mit ungerecht wirkender Macht verbunden sind.
Der gewöhnliche Mensch verträgt Ungleicheit nicht gut. Da man ihm historisch und zivilisatorisch begründet, gleiche Rechte und Pflichten zuerkennt, sind bei Verstößen durch Mächtigere auch Gegenmaßnahmen gerechtfertigt. Selbstverständlich gibt es ein anerkanntes Notwehrrecht gegenüber struktureller Gewalt, die diesem Gleichheitsgrundsatz nicht Rechnung trägt. Richter tragen dem Rechnung, wenn sie z. B. die Vergiftung eines gewaltbereiten Haustyrannen durch seine Ehefrau und evt. mehrfache Mutter gemeinsamer Kinder als Notwehr betrachten.
Entgegen den früheren politischen Versprechen ist in den gegenwärtigen Parteien korruptes Verhalten auf allen Ebenen in hohem Maß Realität. Manche hoffen in diesem gesellschaftlichen Zustand auf die Revolution, andere sorgen auf technischem Weg wie früher die Wegelagerer für ihren gerechten Anteil an den Umsätzen des bargeldlosen Zahlungsverkehrs. Funktion und Absicht sind gleich geblieben.
Meine Vermutung: Gesellschaftliche Organisation verändert sich – Wirkweisen und Machtverhältnisse bleiben, weil alles, was lebt genetisch ungleich ist. Auch wenn´s – abhängig vom Forschungsstand – nur 0,3 oder 0,03 oder 0,003 … Prozent des genetischen Materials betrifft.
@ micapi
Interessanter Beitrag!
Danke sehr fürs Teilen.
Begrifflich nennen das kritische SoWis heute auf der Strukturebene: institutionelle Korruption und auf der Prozessebene: personale Korrumpierung. Schön Gruß, Brian
@ Brian
Da bin ich jetzt richtig froh, dass die kritische Sozialwissenschaft für eine menschliche Erfahrung schon Begriffe entwickelt hat. Die erfahrenen und nachdenklichen Mitmenschen werden´s der Wissenschaft sicher danken.
Gäbe es noch Stammtische: Hinz und Kunz würden das vermutlich in eigenen Worten so sagen. „Gegenwärtige Politiker glänzen durch unzureichende Sachkenntnis, Selbstgefälligkeit und Geldgier.“ Sie kennen ihre Mitmenschen ja.
Vielleicht hätte es gerade die kritische Wissenschaft unter den gemeinen Menschen leichter, würde sie nicht ständig jede Änderung der Begrifflichkeit als Veränderung der Verhältnisse unter die Leute bringen.
ich habe vorhin das gefunden: Eine Diskussion mit Hans-Peter Waldrich.
Ohne Geschrei – Die Ukrainefrage
https://www.youtube.com/watch?v=xF3NrcLB–o
Diese Diskussion habe ich ziemlich schnell nicht mehr ertragen, nicht nur wegen dem anderen Diskussionspartner. Ein negatives Highlight war aber sicherlich als der andere Herr meinte, Pazifist könne man zu Friedenszeiten schon sein, aber doch nicht zu Kriegszeiten – NACH DER ZEITENWENDE.
Schuld, Verantwortung und Solidarität: Eine Kontroverse über Russland, Deutschland und die Nato im Ukrainekrieg
https://www.amazon.de/Schuld-Verantwortung-Solidarit%C3%A4t-Kontroverse-Ukrainekrieg/dp/3869626925
Ich bin immer noch oder heute gerade wieder fassungslos wie Friedensbewegte in Deutschland sich generieren, von den Kriegshetzern ganz zu schweigen, die natürlich nicht daran denken selbst in diesen Krieg zu ziehen.
Ich las folgenden Satz:
Von einem wichtigen Mitglied einer führenden deutschen Friedensorganisation (vom Staat bezahlt und als gemeinnütziger Verein registriert), den der Herr Waldrich sicher kennt.
Das könnte man so interpretieren, dass ukrainische Soldaten keine Menschenrechtsverletzungen an russischen Soldaten begehen, wenn sie die verletzen, gar töten, gar foltern – kann man alles auf Videos bewundern, denn sie führen einen Verteidigungskrieg nach Recht der UN. Gut, er würde sicherlich teilweise widersprechen und darauf hinweisen, dass z.B. Folter immer ein Kriegsverbrechen wäre und eigentlich kein Mensch einen anderen Menschen töten sollte. Aber das ändert nichts an der Frage:
Warum formuliert man den Satz so?
Das ist auch kein Versehen, denn solche Sätze muss ich seit Monaten immer wieder lesen. Ich glaube darin die gleiche Taktik zu erkennen, die Bernie Sanders und Jeremy Corbyn versuchten. Man biedert sich dem Mainstream (Existenzrecht Israels, Ukraine verteidigt sich gegen Angriffskrieg) an. Gebracht hat es ihnen letztlich nichts, weil das vergiftete Positionen sind. Sie sind gescheitert und bei Sanders ist mittlerweile klar, dass er seine Anhänger zwei Mal betrogen hat. Am Deutlichsten wurde das, als er deren Spenden an die Partei weitergab nach seinen beiden Niederlagen im Vorwahlkampf. Er war eben kein Außenseiter, sondern doch ein Insider und ist es heute noch.
Von einer Grünen, die Wahlwerbung machte, durfte ich mir heute anhören, dass all die Waffen an die Ukrainer geliefert werden müssten, obwohl Gegenteiliges im Koalitionsvertrag stand und ich sie darauf hinwies (sie wusste nichts davon), weil die Ukrainer ihre Kultur verteidigen würden (sind die Fakelumzüge für ihren Nationalhelden Bandera auch mit einbezogen in diese schützenswerte Kultur?) und es Putins Angriffskrieg wäre. Als ich wissen wollte, warum nur Russen keine „illegalen Angriffskriege“ nach internationalem Recht der UNO führen dürfen, aber USAler, Deutsche und Israelis schon, wurde ich darauf hingewiesen, dass man dies nicht vergleichen kann, dass ich unhöflich sei und bitte gehen solle.
So funktioniert politische Bildung in Deutschland im Jahre 2025 durch deutsche Parteien, deren Auftrag politische Bildung wäre, aber auch durch sogenannte friedensbewegte Vereine und durch friedensbewegte Personen.