
Die USA stecken in Gewalt fest. Das zeigen die Morde, Attentate und Massenschießereien, die ohne wirkliche Ziele den Sinn zu haben scheinen, durch den Mord an bekannten Personen oder an möglichst vielen Menschen selbst Prominenz zu erwerben – und sei es mit dem Preis auch des eigenen Lebens. Destruktion und Mord bzw. Tod, die durch Irreversibilität gekennzeichnet sind, könnten der Versuch sein, die Gelegenheit der leichten Verfügbarkeit von Waffen zu nutzen, aus der Virtualität, aus dem gerade von der Politik inszenierten Fake des Lebens, auszubrechen und auf die Realität zu treffen.
Ob etwa Thomas Matthew Crooks, der 20-jährige Attentäter, der auf Donald Trump geschossen hat, irgendeine Art politische Motivation hatte, ist ebenso fraglich oder nur sehr vage wie im Fall von Tyler James Robinson, des 22jährigen mit einigen ungereimten Details mutmaßlichen Mörders von Charlie Kirk. Beide kannten sich offenbar gut mit Schusswaffen aus und konnten ihr Ziel über eine größere Entfernung treffen. Zuvor hatte im Juni mutmaßlich Vance Boelter (geboren 1967), ein evangelikaler Christ, die Demokraten Melissa und Mark Hortman verletzt und John und Yvette Hoffman erschossen.
Am 24.9. hat der 29jährige Joshua Jahn, der sich selbst im Abschluss tötete, von einem Dach auf eine ICE-Anlage in Dallas geschossen, angeblich ohne auf eine bestimmte Person zu zielen. Kugeln trafen das Gebäude der Länge nach, schlugen wahllos in Fenster und in Fahrzeuge ein, auch in einen Van, in dem Gefangene festgehalten wurden. Von diesen starb ein Gefangener an den Schüssen, zwei wurden verletzt. ICE-Agenten wurden nicht getroffen, dennoch geht die Trump-Regierung davon aus, dass sich der Anschlag gegen ICE richtete. Auch hier ist unklar, wie er politisch eingestellt war, offenbar hatten ihn vor allem Computerspiele, Autos, South Park oder Marihuana interessiert.
Am Samstag eröffnete mutmaßlich der 40jährige Nigel Edge das Feuer auf die Besucher einer beliebten Bar an der Küste in Southport, North Carolina. Er tötete drei Menschen und verletzte fünf, floh mit einem Boot und wurde später festgenommen. Edge dient von 2003 bis 2009 bei den Marines, war zweimal im Irak und wurde, eingesetzt als Scharfschütze, angeblich schwer verletzt. Es soll unter einer posttraumatischen Belastungsstörung leiden und immer wieder Behörden beispielsweise wegen versuchten Mords angezeigt haben.
Am Sonntag ist der 40jährige Thomas Jacob Sanford mit seinem Pick-up, auf dem er zwei Nationalflaggen angebracht hatte, in eine Kapelle der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage in Grand Blanc Township, Michigan, gerammt, hat das Feuer auf die Gläubigen eröffnet, das Gebäude wahrscheinlich in Brand gesetzt und wurde beim Schusswechsel mit Polizisten getötet. Er war vier Jahre bei den Marines, verheiratet und hatte einen zehnjährige Sohn. Von ihm erschossen wurden zwei Menschen, mindestens zwei weitere starben im Feuer, acht Menschen wurden verletzt.
Fast nur Männer
Die beiden letzten „mass killings“ sind nur bekannter gewordene Schießereien der letzten Tage. Die Webseite Gun Violence listet die mass killings in den USA, bei denen mindestens vier Menschen, Täter ausgenommen, durch Schusswaffen getötet oder verletzt wurden. Alleine am 27. und 28. September gab es sechs mass killings mit acht Toten und 32 Verletzten. Bei einigen sind die Täter unbekannt, bei allen die Motive. Seit Beginn des Jahres gab es nach Gun Violence 325 Massenschießereien. Was bekannt ist, dass es sich fast nur um Männer handelt. Nach einer Aufstellung des FBI waren in neun von 220 Fällen von 2000 bis 2018 Frauen die Täter. Das entspricht 4 Prozent. Eine andere FBI-Liste, die Massenschießereien mit vier und mehr Toten zwischen 2000 und 2019 erfasst, kommt auf 345 Fälle. 332 Täter waren Männer, 13 Frauen.
Das ist natürlich nichts Neues. Männer greifen schneller zur Waffe. Das ist besonders einleuchtend bei denjenigen, die Soldaten waren und das Schießen und Töten gelernt haben. Das vergisst man. Frauen dürften weniger Schusswaffen besitzen und Schießen üben, in den USA dürfte der Zugang zu Schusswaffen für sie aber nicht sonderlich schwieriger sein als für Männer. Bei der von der Regierung inszenierten Todesfeier von Charlie Kirk als dem Märtyrer der Maga-Bewegung kam es zu einem denkwürdigen Widerspruch zwischen der Witwe und Trump. Während die Witwe öffentlich erklärte, sie vergebe dem Mörder, sagte Trump, er unterscheide sich da von ihr, er hasse seine Gegner.
Die zumindest demonstrierte, wahrscheinlich auch mit der sexuellen Selektion verbundene Bereitschaft zur Gewaltausübung ist sicher eine mit traditioneller Männlichkeit verbundene kulturelle Norm, auch die Liebe zu Waffen (und einem muskelbepackten Körper) und der Ästhetik des Tötens und Zerstörens. Die Gewalt explodiert auch gegenüber Familienmitglieder oder Schul- und Arbeitskollegen, aber oft wahllos gegen Menschen, die zufällig zur Tatzeit an einem Ort, mitunter einer verhassten Institution, sind und zum Opfer einer weniger surrealen als nihilistischen Vernichtungstat werden. Auffällig ist, dass sich zwar mit Sprengladungen viel mehr Unheil anrichten ließe oder dass man Drohnen zum Killen einsetzen könnte, aber die Täter wollen vor Ort sein, den Finger am Drücker haben und die Panik der Menschen sowie ihre Macht erleben – oft genug als finales Schauspiel für sich selbst, das sie in einem erweiterten Suizid aber in die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit bringen soll.
Männer scheinen eher bereit zu sein, wahllos wie islamistische Terroristen Menschen zu töten, die sie nicht kennen. Bei Mordanschlägen auf eine Person ist das anders, da wird nach Prominenz, nicht nach Quantität selektiert. Wenn Frauen Massentötungen begehen, scheinen die Opfer eher aus der Familie oder aus dem Bekanntenkreis zu stammen. Es geht eher um Rache und Gerechtigkeit als um Aufmerksamkeit.
Digitale Kultur
Massentötungen mit Schusswaffen sind in den USA besonders häufig. Das muss etwas mit der Kultur zu tun haben, denn auch in anderen Ländern gibt es viele Schusswaffen. Die USA sind politisch ein kriegerisches Land, Lösungen mit militärischer, also kinetischer Gewalt zu erreichen, ist Bestandteil der Kultur. Hegseth, der sich nun Kriegsminister nennt, machte dies deutlich: Die Soldaten sind zum Killen da, sonst nichts. Dazu kommt die Tradition der Kolonisierung des Landes, die sich etwa in den Western-Filmen niederschlug, in denen das „Gute“ heroisch mit Waffen durchgesetzt werden muss. Hollywood-Filme und Computerspiele zelebrieren Gewalt und prägen sie in den Köpfen ein. Mit Trump zieht überdies wieder ein Kult der destruktiven Männlichkeit ein.
Um ein wenig zu spekulieren: Die digitale Kultur könnte insofern Gewalt und Töten zur Faszination zu machen, weil sie wie die blaue Blume der Romantiker die Härte der irreversibel veränderten Realität wahrnehmbar macht, während sie sonst nur auf den Bildschirmen zu sehen sind – mit einer auratischen, unwirklichen Nähe. Walter Benjamin beschrieb das im Kontext des Films als „als einmalige Erscheinung einer Ferne, so nah sie sein mag“.
Die Ent-Fernung zu überwinden, den Tod in die Nähe zu bringen, die Erregung des Einzigartigen, Unwiederbringlichen zu spüren, könnte ein Element sein, das vor allem Männer zum Killen und zum Sich-Aussetzen an das eigene Todesrisiko treibt. Das ist auch im Krieg immer mehr der Fall, wo die Gewalt aus der Ferne durch mit Kameras ausgestattete Kampfdrohnen, die als Fernlinge des eigenen Selbst dienen, am Bildschirm exekutiert wird und trotz aller Nähe unwirklich bleibt. Das Bild der Kamera der Kamikazedrohne erlischt beim Aufprall, der den Tod mit sich bringt, er wird nur von einer anderen Drohne gewissermaßen als distanzierten Beobachter aufgenommen. Wenn sich die Täter oft selbst töten oder sich im Schusswechsel mit der Polizei töten lassen, könnte dieses Finale für die eigene Existenz die Verschmelzung mit der Realität im Hegelschen Sinne bringen: Er nimmt sich das Leben, das damit gleichzeitig erlischt.
Ähnliche Beiträge:
- Trump: Kein politisches Attentat, sondern erweiterter Selbstmord eines Aufmerksamkeitstäters?
- Wie es ist, in ein Schwarzes Loch einzutauchen
Zu dem was in Gaza-Stadt, Gaza und der West-Bank passiert:
In Anin, westlich von Jenin im Norden der West-Bank hat das Militär Wohnungen durchsucht und Schaden angerichtet. Es wurden mehrere junge Männer festgenommen. Alle wurden geschlagen bevor sie freigelassen oder weggebracht wurden.
In Gaza-Stadt werden die Wohngebäude weiter zerstört. Die Menschen werden vertrieben.
Es gibt keine Zelte und die Zelte sind beschädigt. Die Familien schlafen auf der Strasse.
Es werden nur fünfzehn Prozent von den benötigten Nahrungsmitteln geliefert. Die Hungersnot ist mit den Vertrieben nach Gaza-Mitte und Gaza-Süd gewandert.
Über die Angriffe ist nichts in den Medien obwohl Frauen und Kinder umgebracht werden.
Wenn der Friedensplan von den Amerikanern nicht akzeptiert wird werden die Kriegsverbrechen weiter begangen.
Bei einem Angriff wurden eine Mutter und ihre sechs Kinder getötet.
Es ist ein Mensch verhungert.
Es werden an diesem Tag mehr als sechsundvierzig Menschen getötet.
Die Konventionen von den Vereinten Nationen werden von den Ländern nicht erfüllt. Das ist so also ob Sie jeden Morgen zur Arbeit erscheinen und nur rumsitzen und die Arbeit nicht tun.
Das kommt auch davon daß man überall Kriege veranstaltet und dann traumatisierte Killer hat die den Krieg in ihren Köpfen nach Hause tragen. Abgesehen von der allgemeinen Waffenhysterie dort.
Besser wirds nicht werden.
Wie sagte der Kriegsminister?
„Das Zeitalter der politisch korrekten, überempfindlichen Führung, die niemanden verletzen will, endet jetzt auf allen Ebenen“, sagte er. Wer diesen neuen Ansatz nicht mittrage, solle zurücktreten.“
Ein Teil des Problems ist vermutlich, daß in den USA Irrenhäuser abgeschafft wurden. Geistig derangierte werden systematisch sich selbst überlassen. Das dürfte sich auch in der inneren Haltung der Gesellschaft zu dem Thema niederschlagen. Wohin wendet sich jemand, der den Boden verliert?
In den USA anscheinend an den Waffenhändler. Tod durch Schusswaffengebrauch sind in de USA meist Suizide. So geht es zumindest seit Jahrzehnten aus den Statistiken hervor.
Mal ganz abgesehen davon, dass nicht alle Männer us-amerikanische Männer oder islamistische Selbstmordattentäter oder schrunzdumme-militante antifaidioten sind:
Könnte es eventuell sein – aber nur eventuell -, dass Männer evolutionär die Funktion mitbekommen haben, die Kastanien (für die Frauen 😉) aus dem Feuer holen zu müssen? Irgendwer muss ja schließlich die „Drecksarbeit“ machen! Auch gilt es nicht nur die Frauen, sondern auch die Kinder, die Familie zu schützen. Vor allerlei Ungemach.
Es würde evolutionär durchaus Sinn ergeben, wenn sich nicht alle die Hände schmutzig machen. Insofern wären die eigentlich nicht gewollten Mord- und Totschlagsereignisse untereinander eben keine kulturelle, sondern eine evolutionär erworbene Fähigkeit und in gewisser Weise Kollateralschäden (die je nach kultureller Überformung abgeschwächt oder forciert werden kann).
Ach ja.. ich muss die Trauerfeiern und Schweigeminuten der Rechtsdrehenden für die Opfer der letzten mass shootings verpasst haben. Sicher hat wenigstens in den USA die NRA die Flaggen auf Halbmast gesetzt.
Wenn es sich tatsächlich um ein „Männerproblem“ handelt, dann möchte ich doch gern wissen, warum amerikanische Männer (ungefähr) zehnmal mehr morden als japanische oder deutsche Männer. Mexikanische Männer sind dann nochmal deutlich blutrünstiger.
Ob man mit der Beschreibung als männliches Phänomen richtig weit kommt? Jetzt mache ich nicht Statistik für Arme oder Soziologie für Anfänger aber mir scheint die Spur, die der Autor schon betrachtet hat, beachtlicher zu sein und ich meine nicht das Internet oder Computerspiele Aber wenn man in Gesellschaften aufwächst, in denen Gewalt gegen andere, wo immer auf der Welt sie leben mögen, vollkommen selbstverständlich ist, kann das kaum ohne Folgen bleiben.
Und überhaupt: Bürger der USA haben seit WK2 in aller Welt Millionen Menschen ermordet, von denen kein einziger den Amis was zu Leide tat. Dass sie sich gelegentlich gegenseitig umbringen, ist zweifellos nicht gut, fällt aber eigentlich nicht ins Gewicht.
Während der individuelle freie Wille in den USA geradezu verherrlicht wird, muss der reale Mensch jeden Tag seine völlige Machtlosigkeit gegenüber dem System ertragen.
Als Beweis der Einzigartigkeit der eigenen Existenz und des eigenen Willens bleibt als finaler Ausweg nur noch die Tötung einer Anzahl Menschen aus beliebigem Anlass.
Ich töte, also bin ich.
Einleuchtend💡
Recht so, Georg Wilhelm Friedrich Hegel und Walter Benjamin aus dem Hut gezaubert und immer feste druff.
In einer Welt, die immer mehr von Männern scheinbar dominiert wird, die mit Waffen, Autos, Geld etc. protzen, impotente Greise, die mit ihren jungen Frauen angeben, in solch einer Welt ist es notwendig, diesem lächerlichen Treiben das geballte Wort der Philosophen entgegenzusetzen, z.B. das der Kritischen Theorie, Adorno, Horkheimer, das volle Programm. Wer Waffen braucht, um sich durchzusetzen, ist per definitionem ein Schwächling.
Vorschlag an die werte Overton-Redaktion, die sich doch auch in Mainhattan und Umland niedergelassen hat: Schaut mal, was von der Frankfurter Schule dort noch übrig ist. Ich fürchte nicht mehr viel.
Wer kriegstüchtig werden will, der muss logischerweise auch in Kauf nehmen, dass es zu Schießereien im eigenen Land, zu Attentaten auf Politiker und Oligarchen und ganz allgemein zu viel mehr Gewalt auf den Straßen kommt.
Wenn man kriegstüchtig werden will, heißt das auch, dass sich die Menschen privat mit Waffen eindecken werden.
Das sollte auch den Kriegsmaulhelden Pistorius, Röttgen, Kiesewetter, Baerbock, Hofreiter, v.d. Leyen, Merz, Wadephul etc. pp. klar sein. Die sicheren Zeiten werden dann auch für diese Damen und Herren ein Ende haben, denn Krieg heißt Krieg. Wer bekämpft wird und wer gegen wen kämpft entscheidet kein Möchtegern-Gröfaz, diese Zeiten sind vorbei 😉