Komplizen des Holocaust – Wie man den Krieg mit Kernwaffen plant

Weltuntergang
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Die Ausgaben für Aufrüstung zu verdoppeln, forderte der Generalsekretär der Nato Jens Stoltenberg. Das gilt auch für Atomwaffen. Ein Psychiater und eine Soziologe analysieren, welche seelischen Mechanismen den atomaren Wahnsinn befördern.

Zunächst die Tatsachen: Wettrüsten ist wieder angesagt. Entschlossenheit zählt. Wer bereit ist, nötigenfalls in den Krieg zu ziehen, hat die Zeitenwende begriffen. Erneut wagen wir uns an jene Grenze, die das Leben der Menschen um Stunden, vielleicht nur Minuten von einem Holocaust trennt. Denn Atomkriege eskalieren voraussichtlich schnell und enden – freilich weiß es niemand so genau  – in äußerst kurzer Zeit bis zur vollständigen Zerstörung.

Dann die Illusionen: Weil wir vergessen haben, was vor dreißig Jahren noch Allgemeingut war – die ungeheure Gefahr der nuklearen Konfrontation – tun wir so, als gehe uns die Atomwaffenfrage wenig an. Mit Nuklearwaffen wird gedroht, aber niemals gehandelt, meinen wir. Der Grundwiderspruch der Abschreckung, dass dauerndem Drohen auch einmal Taten folgen müssen, irritiert niemanden mehr, weil keiner darüber nachdenkt. Damit befinden wir uns in einer Situation, die viele Experten nuklearer Abschreckung als besonders gefährlich betrachten: Verschwindet die Furcht vor dem Atomkrieg, wird dieser selbst umso wahrscheinlicher. Unwissenheit und Gleichgültigkeit in dieser Sache befördern eine Haltung, die man als „Ausrottungsmentalität“ bezeichnet hat.

Ausrottungsmentalität? Gewiss eine harte Bezeichnung für einen schlimmen Zustand. Doch der prominente amerikanische Psychiater und Gewaltforscher Robert Jay Lifton besteht darauf, dass sie jene seelische Disposition von Menschen kennzeichnet, die Massen- und Völkermord bewusst oder unbewusst vorbereiten.[i] Zusammen mit dem Soziologen und ehemaligen Forschungsdirektor des Dänischen Zentrums für Holocaust- und Völkermordstudien Eric Markusen hat er vor Jahren ein Buch vorgelegt, das wieder hochaktuell ist.[ii] Für Lifton und Markusen ist Ausrottungsmentalität (genocide mentality) die Bedingung dafür, dass es schließlich zu Ereignissen wie dem Massenmord an Ethnien kommt oder dem Völkermord, der durch einen Atomkrieg ausgelöst würde. Atomare Abschreckung – so die beiden Forscher – setzt die kollektive Bereitschaft voraus, wenn es sein muss,  „ganze Völker – Abermillionen von Menschen – zu vernichten.“[iii] Die beiden Forscher sehen deutliche Parallelen zur Nazi-Zeit. Woher kommt diese Bereitschaft?

Abstumpfung und Gewöhnung

Lifton und Markusen untersuchen die zugrunde liegenden psychischen Mechanismen: es sind Abstumpfung, Verleugnung und Dissoziation, Mechanismen, die auch während der Nazi-Zeit eine Rolle spielten. Die Abstumpfung ist ein Gewöhnungseffekt und beginnt damit, dass wir das Problem nicht mehr sehen. Für die Jüngeren unter uns sind Atomwaffen so selbstverständlich wie die Schwerkraft. Als sie geboren wurden, waren Atomwaffen schon da, und natürlich wird es auch in Zukunft so bleiben. Gerne glauben sie der Versicherung, Kernwaffen würden den Frieden verbürgen, und niemand denke auch nur im Traum daran, diese Waffe wirklich einzusetzen. Lifton und Markusen sehen das völlig anders:  Atomare Abschreckung sei ein „gespaltener“ Begriff und eine gespaltene Realität: „Die helle Seite heißt Frieden oder wenigstens die Abwehr eines nuklearen Holocaust; die dunkle birgt dagegen Pläne für den Holocaust.“[iv] 

Die beiden Forscher formulieren damit den psychologischen Aspekt dessen, was Experten als  „Aporien“ der Abschreckung bezeichnen.[v] Denn nukleare Abschreckung beruht auf unlösbaren Widersprüchen. Paradox muss auch derjenige, der Kernwaffen niemals einsetzen will, fest entschlossen sein, es dennoch zu tun. Welchen Sinn hätten sonst diese Waffen? Glaubwürdig und unbezweifelbar sollen sie den Gegner einschüchtern. Halte dich zurück oder ich drücke ab! lautet die Botschaft. Kernwaffen nur zu besitzen und heimlich in irgendwelchen Silos zu lagern – im Sinne der Abschreckung wäre das nutzlos. Gegnern muss klar sein: Kommt es hart auf hart, wird die andere Seite abfeuern. Und das in Minutenschnelle. Denn wer zögert, dem könnte der andere zuvorkommen.

Verleugnung

Hier nun kommt es zur Verleugnung im psychologischen Sinn. Man verfügt über Atomwaffen, leugnet aber, dass man vorhat, mit ihnen ein humanitäres Desaster anzurichten und man leugnet auch, dass daraus ein untragbares Risiko resultiert. Lifton: „Der Gedanke an den geplanten Krieg wird ausgeblendet, während man ihn gleichzeitig detailliert vorbereitet.“[vi] Mehr als wahrscheinlich ist es, dass jeder Einsatz von Kernwaffen, auch wenn man versucht, ihn zu begrenzen, zivile Opfer in Massen fordert. Im schlimmsten Fall stünde das Ende der Menschheit an.

Heißt das tatsächlich, dass man das Inferno richtiggehend vorbereitet? Wer sehen will, dass hier wirklich ein Massenmord auf den Weg gebracht wird, der muss sich entschließen, die öffentlich verordnete Schizophrenie aufzugeben. Man kann einfach nicht gleichzeitig behaupten, die Atomwaffe sei ein Instrument des Friedens und zur gleichen Zeit akzeptieren, dass zahllose Menschen tagtäglich ihren Einsatz planen, nicht nur in Manövern.  Etwa bei der Zielplanung. Strategen sind dauernd damit befasst, jene Ziele auszuwählen, die im Kriegsfall mit Kernwaffen vernichtet werden sollten. Für jede Phase eines Atomkriegs sind die möglichen Abläufe und die Ziele längst vorher durchdacht. Auch die endgültige Vernichtung von Großstädten wird – für den Fall, dass es  zum großen interkontinentalen Schlagabtausch kommt – nach allen möglichen Kriterien ins Auge gefasst und aufgelistet.

Es lohnt sich, einmal zu fragen, ob man selbst im Zielgebiet der nuklearen Planung liegt. Vor allem befinden sich natürlich Städte im Fadenkreuz, die über Führungszentralen verfügen. In Deutschland etwa Stuttgart mit den Patch Barracks, zu denen das Hauptquartier der US-Streitkräfte in Europa gehört. Oder Regionen, in deren Umgebung einsatzfähige Kernwaffen lagern, etwa die Region Koblenz, nicht weit vom Fliegerhorst Büchel. Wenn es soweit ist, sollen  von Büchel aus deutsche Jagdbomber US-Kernwaffen ins Ziel bringen – jedenfalls sofern sie das noch können, denn die Gegenseite wird Büchel blitzschnell ausschalten wollen.

Macht sich jemand Gedanken, wie es in Stuttgart und rund um Büchel aussehen würde, nachdem dort nukleare Sprengköpfe detoniert sind? Mental ein solches Inferno ausblenden zu können, überhaupt nicht darüber nachzudenken, das garantiert nach Lifton und Markusen ein weiterer psychischer Mechanismus der Ausrottungsmentalität: die Dissoziation. Hier sprechen die Forscher auch von „Spaltung“. Sie ist durchgreifender als die Abstumpfung oder die Verleugnung, sie spaltet den Menschen in zwei Hälften. Planer, die etwa festlegen mit welcher Anzahl von Sprengköpfen oder welcher Technologie sämtliche Einwohner Moskaus getötet werden können, haben eine gespaltene Persönlichkeit. Während sie empfindungslos ihre „wissenschaftlichen“ Probleme lösen, sind sie andere Menschen als in ihrer Freizeit, wenn sie mit ihren Kindern spielen. Da kann es aber schon einmal passieren, wie Lifton und Markusen berichten, dass ein Physiker unvermittelt von einem seiner Kinder gefragt wird: „Warum suchst du neue Methoden, so viele Menschen umzubringen.“[vii] Wir kennen diese Art der Spaltung aus der Nazi-Zeit: KZ-Wächter feierten Weihnachten und sangen mit deutscher Inbrunst „Stille Nacht, heilige Nacht“. Von solchen perversen Idyllen existieren Fotos. Völlig abgespalten und dissoziiert waren die SS-Männer während ihrer „Arbeit“ menschenfeindliche Verbrecher, „privat“  aber ganz normale Gutmenschen.

Komplizenschaft

Und nun der vielleicht härteste Vorwurf in Liftons und Markusens Analyse: der Vorwurf der Komplizenschaft. Fast alle Deutschen waren Komplizen der Nazis. Das Gefühl, dazu zu gehören, verschaffte ihnen Befriedigung. Aktiv machten sie mit oder ließen es geschehen. Ihre Zustimmung, aber auch ihr stilles Einverständnis, wenigstens ihre Passivität, waren jene Mentalität, die den Massenmord ermöglichte. Das Thema tauchte auf, als nach dem Krieg über die Kollektivschuld der Deutschen diskutiert wurde. Ohne Komplizenschaft und gemeinsame Schuld wäre das Gesamtverbrechen „Drittes Reich“ nicht ausführbar gewesen.

Wer ist gegenwärtig Komplize eines potentiellen Massenmords? Jeder fasse sich an seine eigene Nase und frage sich, inwieweit er es sei. Vor allem aber sind es alle,  die über Macht verfügen und die Gefahr durch Abstumpfung, Verleugnung und Abspaltung ausblenden. Aktuell sind so gesehen in erster Linie jene Politikerinnen und Politiker Komplizen, die sich ihrer Moral rühmen und zugleich tagtäglich im Ukrainekrieg das atomare Risiko steigern. Sie gehen davon aus, dass man Putins Atomdrohungen nicht ernst zu nehmen braucht, sind treue Vasallen der in Atomwaffen verliebten US-Administration, stützen das Büchel-Arrangement der „atomaren Teilhabe“ und müssten zwangsläufig in Kauf nehmen, wenn von Europa so gut wie nichts mehr übrig bleibt, falls die Abschreckung versagt.

Gemeinsame Sicherheit

Was schlagen Lifton und Markusen als Heilmittel gegen solchen Wahnsinn vor? Anstelle einer Ausrottungsmentalität müsste die Menschheit eine „Gattungsmentalität“ entwickeln. Nur gemeinsam können wir überleben, nicht gegeneinander.  „Gattungsbewusstsein schließt unausweichlich den Lebensraum aller Spezies ein: die Erde und ihr Ökosystem“, schreiben die Forscher.[viii] Vor langer Zeit – bevor sie sich zu bornierten Moralisten wandelten – war das einmal der zentrale Programmpunkt der Grünen. „Ökopax“ nannte er sich: Die Schonung des menschlichen Lebensraums und der Weltfrieden sind identisch! Die Logik des Gattungsbewusstseins würde, so Lifton und Markusen, – ganz im Sinn der ehemaligen Grünen – mit Notwendigkeit zum Gedanken der „gemeinsamen Sicherheit“ führen.[ix] Gemeinsame Sicherheit war das große Thema, das einstmals den KSZE-Prozess über Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa antrieb und 1990 zur Charta von Paris führte, die dieses Prinzip kodifizierte. „Sicherheit ist unteilbar, und die Sicherheit jedes Teilnehmerstaates ist untrennbar mit der aller anderen verbunden“, heißt es dort.[x] Leider ist auch diese Überlebensidee verloren gegangen. Sie zu revitalisieren, wäre eine wirkliche Zeitenwende.

 

Fußnoten

[i]Conversations with History: Robert Jay Lifton: Bing-Video.
[ii]Deutsch: Robert Jay Lifton, Eric Markusen, Die Psychologie des Völkermords, Atomkrieg und Völkermord, Stuttgart 1992.
[iii]Ebenda, S. 15.
[iv]Ebenda, S. 218.
[v]Peter Rudolf, Aporien atomarer Abschreckung, Zur US-Nukleardoktrin und ihren Problemen, Stiftung Wissenschaft und Politik, SWP-Studie 15, Juli 2018: Aporien atomarer Abschreckung. Zur US-Nukleardoktrin und ihren Problemen (swp-berlin.org).
[vi]Lifton/Markusen, S. 225.
[vii]Ebenda, S. 160f..
[viii]Ebenda, S. 289.
[ix]Ebenda, S. 280.
[x]Charta von Paris – Wikipedia

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34 Kommentare

  1. Hmmm. Wie so oft führen andere Prämissen zu anderen Schlussfolgerungen.
    “Man kann einfach nicht gleichzeitig behaupten, die Atomwaffe sei ein Instrument des Friedens und zur gleichen Zeit akzeptieren, dass zahllose Menschen tagtäglich ihren Einsatz planen, nicht nur in Manövern.” – DOCH. Das kann man, warum auch nicht? Besonders in Verbindung mit der weiteren Prämisse: “…Paradox muss auch derjenige, der Kernwaffen niemals einsetzen will, fest entschlossen sein, es dennoch zu tun….”
    Der Widerspruch ist so nicht korrekt zu Ende formuliert und so, wie hier oberflächlich genannt, nur scheinbar. Denn auch wenn ich Gewalt als Mittel der Durchsetzung meiner Interessen ablehne (wobei hier die Frage aufkommt, wo Gewalt beginnt, wenn ungleich entwickelte intellektuelle Fähigkeiten aufeinander treffen), so kann ich es dennoch als Mittel der Verteidigung gegen gegen mich gerichtete Gewalt akzeptieren.
    Ich jedenfalls würde mich wehren, wenn jemand anderes körperlich übergeiffig wird. Notfalls auch mit Pfefferspray, selbst wenn ich auch davon abbekäme.

    Die Abschreckung funktioniert ja aus dem Wissen heraus, dass im allergrößten Notfall, bevor jemand aufhört zu existieren, ihm die Existenz eines Angreifers eventuell gleichgültig sein wird.

    Damit diese Abschreckung – auch für jemanden selbst – glaubwürdig ist, muss sie natürlich auch durchführbar sein, was die Übungen durchaus plausibel macht, auch wenn man es niemals wahr werden lassen möchte.

    Daraus sprechen sich die Nukleardoktrinen der meisten Atommächte, dass ihre Arsenale nur in allergrößter Existenznot als zur Reaktion und nicht zur Aktion bestehen.

    Bis auf eine Macht, die sich Erstschläge ausdrücklich auch hochoffiziell vorbehält.

    Einige der hier ausgebreiteten Antinomien sind also bei näherem Hinsehen keine.

    Dennoch sind Abstumpfung, Verleugnung und Spaltungsinteressen gefährliche Umstände, besonders in Verbindung mit dem beinahe manischen Gedanken, die Welt sei grundsätzlich zu erklären und zu organisieren mit dem Gedanken an Konkurrenz und sich daraus ergebender Dominanz.
    Den Begriff ” Gattungsmentalität” finde ich da ganz gelungen. Das wäre ahnlich Alfred Adlers “Gemeinschaftsgefühl”, das den “Willen zur Macht” einhegen kann.

    Kurzum: Die Herleitung holpert etwas, die Konklusio ist aber treffend.

  2. Einem Großteil des Artikels kann man zustimmen. Ganz richtig weisen Lifton und Markusen auf die unlösbaren Widersprüche bei der atomaren Abschreckung hin.
    Und ja, Abstumpfung, Verleugnung und Dissoziation gerade unter Entscheidungsträgern dürften eine große Rolle spielen. Auch der Schluss mit dem Verweis auf den KSZE-Prozess und die Sicherheit der “Gattung” ist gut.

    Abwegig und regelrecht falsch sind hingegen die Gedanken zur „Komplizenschaft“, und zwar sowohl im Hinblick auf die NS-Zeit als auch im Hinblick auf die Gegenwart.

    Wobei heute immerhin große Friedensdemonstrationen möglich wären. Trotzdem ist es leider ziemlich abwegig zu glauben, dass die Mächtigen sich um solche Bekundungen viel scheren würden. Wie wenig selbst Großdemonstrationen mit Hunderttausenden von Teilnehmern mittlerweile bewirken, wurde doch bei den Corona-Proteten deutlich.

    Was 1939 oder gar 1943 aber mit jedem geschehen wäre, der es gewagt hätte, Regierungsmaßnahmen zu kritisieren, bei einer Friedensdemonstration zu erscheinen oder gar zu ihr aufzurufen, dürfte jedem geschichtlich informierten Menschen vollkommen klar sein. Hier eine Entscheidungsfreiheit zu postulieren, verrät einerseits vollkommene Unkenntnis der brutalen Gewaltverhältnisse im NS-Staat und verrät andererseits den Wunsch, ein eigenes Narrativ, also ein künstliches Wahrheitskonstrukt zu festigen.

    Aussagen wie die folgenden kann man daher unmöglich unwidersprochen stehen lassen:

    „Fast alle Deutschen waren Komplizen der Nazis.“
    Quatsch! Unsinn!!! Selbst 1933 wählten bei teilweise unfreien Wahlen nur ca. 42% die NSDAP.

    „Aktiv machten sie mit oder ließen es geschehen. Ihre Zustimmung, aber auch ihr stilles Einverständnis, wenigstens ihre Passivität, waren jene Mentalität, die den Massenmord ermöglichte. (…) Ohne Komplizenschaft und gemeinsame Schuld wäre das Gesamtverbrechen „Drittes Reich“ nicht ausführbar gewesen.“

    Wer so einen Unsinn behauptet, hat überhaupt keine Ahnung von den Herrschaftsmechanismen einer brutalen Diktatur wie jener in der NS-Zeit. Spätestens nach den über 100 Morden im Gefolge des sog. „Röhm-Putsch“ (1934) war doch jedem klar, welche Folgen widerständiges Verhalten hat! Wer etwas verhindern wollte, der konnte die Welt danach durch Gitterstäbe betrachten – im besten Fall.

    Übrigens ist es auch falsch, davon auszugehen, dass sozusagen jeder Erwachsene damals Genaueres von den Morden der Einsatzgruppen und dem Holocaust gewusst hätte. Gewiss wussten manche einiges und manche wussten auch ziemlich viel, aber alle wussten es nicht. Das Regime bemühte sich hier durchaus um eine gewisse Geheimhaltung, so waren die Vernichtungslager (im Gegensatz zu den anderen Konzentrationslagern) ja auch bewusst nicht im Reichsgebiet eingerichtet worden, sondern in Polen.

    Natürlich haben viele das Regime unterstützt, aber so manche eben auch nicht. Wer von „gemeinsamer Schuld“ faselt, der vergeht sich an jenen, die bewusst nicht mitgemacht haben, die berufliche Nachteile hinnehmen mussten und drangsaliert wurden (wie mein Großvater, der den Eintritt in die Partei verweigerte), die als Anhänger der KPD zähneknirschend die braune Diktatur zu ertragen hatten, die als Behinderte bei der „Aktion T4“ ermordet wurden (wie ein Verwandter meiner ehemaligen Frau), die still gelitten und geflucht haben, die heimlich die BBC hörten, die schon für Witze in der Straßenbahn mitunter zeitweilig ins KZ kamen, die als Angehörige der “Bekennenden Kirche” an exponierter Stelle manches verweigerten, die aktiven Widerstand leisteten wie etwa Johann Georg Elser, die unter Lebensgefahr Juden und politisch Verfolgte versteckten, die hingerichtet wurden wie Sophie Scholl, Dietrich Bonhoeffer, Bernhard Lichtenberg und die vielen anderen Deutschen, die vom Regime ermordet wurden https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_von_im_Deutschen_Reich_hingerichteten_Personen.

    Schäbig und frech, so einen Mist von Kollektivschuld zu behaupten, wie es Lifton und Markusen hier tun!

    Kollektivschuldthesen sind nahezu immer billigste Demagogie!

    1. @Wolfgang Wirth:
      “Kollektivschuldthesen sind nahezu immer billigste Demagogie!”
      Zum Glück schreibst Du “nahezu”.
      JEDER im damaligen 3. Reich konnte die massiven Pogrome der “Reichskristallnacht” sehen, sie waren ja gerade auf maximale Öffentlichkeit ausgerichtet.
      JEDER der stillschweigend daran vorbeiging (aus Angst, aus stillem Einverständnis, aus Eigeninteresse wegen verbilligter Waren, oder sogar aus Interesse an einer Übernahme nach Geschäftsaufgabe) machte sich mitschuldig – heutzutage heißt es “unterlassene Hilfeleistung” und ist Tatbestand.
      Es waren ganz wenige, die heimlich Widerstand leisteten, und noch weniger, die ihn öffentlich machten. Und verdeckten zivilen Ungehorsam hat in einem nennenswerten Ausmaß damals noch nicht einmal die Gestapo feststellen können.
      Da ist die öffentliche Friedensbewegung heutzutage ähnlich marginalisiert. Und genau so machen sich die passiven Mitläufer und Wegseher der Kriegspolitik der Regierenden mitschuldig. Dummheit ist angeboren und nicht heilbar, aber Unwissenheit kann behoben werden. Wer freiwillig unwissend bleibt, auch den trifft Mitverantwortung. Wer Unwissenheit noch aktiv befördert, den trifft eine noch höhere.
      Und jetzt sag Du mir mal, was bei “unterlassener Hilfeleistung” Demagogie ist.

      1. @ Noname

        Gut, ich konkretisiere: Kollektivschuldthesen im Hinblick auf ganze Völker oder die Bevölkerungen eines Staates sind IMMER falsch und demagogisch.

        Gewiss kann eine Mehrheit schuldig geworden sein – wenn auch in unterschiedlich starkem Maße – aber auch eine Mehrheit ist nicht das ganze Volk!

        Warum habe ich den Eindruck, dass Sie sich mit dem Gedankengang meines ersten Kommentars zu oberflächlich beschäftigt haben?
        ___

        Zum November-Pogrom und den von Ihnen erwähnten Gestapo-Berichten:

        Natürlich gab es bei vielen deutschen Zeitgenossen unterlassene Hilfeleistung – wie Sie es nennen. Die Gründe dafür dürften unterschiedlich gewesen sein – teils Zustimmung, teils Angst, teils Gleichgültigkeit.

        Aber selbst viele sind nicht alle! Das ist der Punkt!

        Was die Menschen und Zeitzeugen damals im Durchschnitt oder gar absolut wirklich dachten, inwieweit sie schadenfroh reagierten oder gleichgültig oder ob sie Mitgefühl und Mitleid hatten – das können Sie doch heute, 85 Jahre, später, ebenso wenig wissen wie ich.

        Die Gestapo-Berichte – später die “Meldungen aus dem Reich” (https://de.wikipedia.org/wiki/Gestapo-Berichte) sind zwar punktuell eine wichtige Quelle, haben aber dennoch hinsichtlich ihres Quellenwerts gewisse Grenzen.
        Ich zitiere hierzu aus Wikipedia (s.o.):
        “Tatsächlich kann die Aussagekraft der Gestapo-Berichte nicht mit der heute üblicher demoskopischer Umfrageergebnisse gleichgesetzt werden. Die Informationen wurden nicht repräsentativ erhoben, sondern zufällig mitgehört. Ferner ist zu berücksichtigen, dass öffentlich geäußerte Meinungen im Dritten Reich oft durch eine vorsichtige Selbstzensur gefiltert wurden (vgl. Flüsterwitz). Die redaktionelle Auswahl und Zusammenstellung der Informationen kann vom Eigeninteresse geleitet sein, um etwa die Unentbehrlichkeit der eigenen Dienststelle bei der Abwehr von Gefahren hervorzukehren oder eigene Zielsetzungen als Forderung der Volksmeinung darzustellen.”

        Nach dem, was ich im Geschichtsstudium (übrigens bei einem linken Prof) über das Verhalten der Bevölkerung beim Progrom erfahren habe, äußern sich die Gestapo-Berichte im Durchschnitt dahingehend, dass das Regime von der Mitmachbereitschaft der Bevölkerung enttäuscht war. Der Pogrom wurde im Wesentlichen von Parteimitgliedern (z.B. SA-Männer) und teils auch HJ getragen. Gewiss mag es hier und da anders gewesen sein, doch stellte das offenbar nicht die Regel dar.

        Auf der Wikipedia-Seite zum Pogrom wird die obige Einschätzung bestätigt:

        “Die nichtjüdischen Deutschen reagierten unterschiedlich auf die von SA und SS eingeleiteten und beaufsichtigten Pogrome. Die Deutschland-Berichte der Sopade meldeten, ´dass die Ausschreitungen von der großen Mehrheit der Bevölkerung scharf verurteilt werden.´ Aus vielen Regionen des Reiches wurde berichtet, dass sie auf Scham und Entsetzen gestoßen seien. Spenden zum Winterhilfswerk seien aus Protest gegen die Pogrome verweigert worden.”
        https://de.wikipedia.org/wiki/Novemberpogrome_1938#Reaktionen_aus_der_nichtj%C3%BCdischen_Bev%C3%B6lkerung

        Die oben erwähnten Deutschlandberichte der Sopade (= Sozialdemokratische Partei Deutschlands im Exil) sind ebenfalls eine wichtige Quelle.

        Denken Sie bitte mal über diesen Satz nach:
        “Und verdeckten zivilen Ungehorsam hat in einem nennenswerten Ausmaß damals noch nicht einmal die Gestapo feststellen können.”

        Wie sollte die Gestapo denn von “verdecktem zivilem Ungehorsam” erfahren, wenn er “verdeckt” war??
        Die Gestapo war zwar brutaler als die Stasi, hatte aber längst nicht deren perfektioniertes Spitzelnetzwerk. Wer entschlossen war, sich in bestimmten Bereichen zu verweigern, der musste dies geheimer tun als in der DDR!

        Können Sie sich so sicher sein, dass SIE damals der Held des Widerstands gewesen wären … ?

        1. Ihrem Widerspruch bezw. Konkretisierung kann ich mich teilweise anschliesen.

          Mein “alter Herr” wurde nach der “Rheinüberquerung” von den SA Schergen in das KZ Osthofen verbracht. Nach seiner Freilassung wurde jede Woche von der SA abgeholt, in eine Kaserne verbracht, in einen Sack gesteckt und verprügelt.
          Der Spruch “ab nach Kassel” wurde zwar in der Zeit des amerikanischen Unabhängigkeitskrieg geformt, dieser galt auch unter den Antifaschisten in unserer Stadt. Beim Autobahnbau war man etwas anonym. In unserer Stadt waren einige die “ab nach Kassel” ausgewandert” sind.
          Zu meinem Glück wurde mein alter Herr als wehrwürdig (blaue Augen, blodes Haar) anerkannt und hat somit die NS-Zeit und den Krieg überlebt. Hätte er nur eine Muks von sich gegeben, gäbe es, bis auf den ältesten Bruder, keine weiteren Familien mehr.
          Wer diese Zeit verinnerlicht hat, kann über die Stasi-Zeit nur grinsen. Schon ein Verdacht, eine Denunziation genügte um einem “Volksgenossen” die Staatsbürgerschaft zu nehmen und in eines der vielen Lager zu stecken.
          Mein Onkel wurde wegen einer Liason mit einer Jüdin verprügelt und ist nach Leipzig geflohen. Er wurde aufgegriffen und zu einem halben Jahr Gefängnis verurteilt (wegen Verstoß gegen Auflagen). Am Tag der Freilassung stand die Gestapo am Gefängnistor und stecke ihn in das KZ Buchenwald.

          Möchte aber keinen Nebenkriegschauplatz aufmachen.
          Der Artikel meint und beschreibt aber in der Hauptsache etwas anderes und dem kann ich mich voll anschließen.

          1. @ Wölfchen

            Danke für Ihre Zeilen. Da haben in Ihrer Familie einige Verwandte sehr Übles durchmachen müssen.

            Ich verstehe allerdings nicht ganz, was Sie mit „Rheinüberquerung“ meinen? Musste er im Sinne einer Strafmaßnahme auf die andere Seite schwimmen? Liest sich eigentlich so.
            Ja, es gab damals bei SA und SS oft eine widerliche Fantasie.

            Stimme Ihnen zu, dass dies hier aber nur ein Nebenthema ist.

            1. @Woilfgang Wirth
              Die linke Rheinseite war entmilitärisiert, die Deutsche Wehrmacht marschierte, gegen den Vertrag mit der Entente, über den Rhein. Mit dieser Maßnahme kam auch die SA. Die war offizell auch eine “Hilfspolizei”, nur das die Polizei in politischen Dingen nichts mehr zu sagen hatte.
              Zuerst wurden die Jungkommunisten, zuletzt die SPD Honorationen bis zum Oberbürgermeister abgeführt. Sinnigerweise stecke man diese zu den Kommunisten und wartete bis die etwas “Rache” übten. Diese Belustigung haben diese jedoch den SA-Schergen nicht gegönnt.
              Die SA war schon vor der “Rheinüberquerung” der Nazis aktiv, allerdings war die Polizeiführung sozialdemokratisch aufgestellt.
              Übrigens bei den Nazis hieß das anderes: “Rheinlandbefreiung” 1936.

    2. Es gibt gerade einen interessanten Hinweis auf ein Buch, in dem die Autorin den Verstrickungen ihrer Familie in das NS-System nachgeht.

      https://www.ardmediathek.de/video/ttt-titel-thesen-temperamente/evelyn-rolls-buch-pericallosa/das-erste/Y3JpZDovL2Rhc2Vyc3RlLmRlL3R0dCAtIHRpdGVsIHRoZXNlbiB0ZW1wZXJhbWVudGUvN2NhN2Y2NDYtNDYzZC00NGEwLTk4MTYtYjNlMzc5NTgzOTg3

      Als jemand, die sich schon lange mit diesem Thema sehr persönlich und auch die Familie betreffend auseinandersetzte, bemerke ich immer wieder, wie auch Freundinnen, die sich ansonsten für aufgeklärt halten, was die Nazizeit angeht, einen dicken blinden Fleck haben, wenn es um die Eltern oder Großeltern geht.
      Und auch, wie jetzt der Russenhass wieder unvermindert und unverändert aufblüht (zwischendurch verkleidet als hysterischer Antikommunismus), zeigt, dass auf individueller Ebene sehr wenig aufge- und verarbeitet wurde. Und ganz ähnlich übrigens in dem Umgang mit oft genug angeblich antisemitischen Erscheinungen bei Angehörigen anderer Nationen oder politischen Gegnern, mit einem Anti-Antisemitismus, der in der Form einer Reaktionsbildung sich als Philosemitismus präsentiert.
      https://de.wikipedia.org/wiki/Reaktionsbildung
      Und auch das fällt mir auf, der Philosemitismus und der Russenhass existieren gleichzeitig in den Personen. Beides resultiert aus mangelnder individueller Verarbeitung und stellen 2 Seiten der selben Medaille dar.

      Und noch eines zu den Atomwaffen: Die USA sind die ersten und Einzigen, die sie je angewendet haben und sie waren damals nicht wirklich gegen Japan gerichtet, sondern ein Signal an die Sowjetunion, die schon vor Kriegsende als eigentlicher Feind galt.

    3. Schuld, auch anteilige, aus Nichthandeln abzuleiten, funktioniert nur in konkreten Fällen mit konkreten Individuen.
      Nachträglich kollektive Schuld zuzuweisen unterstellt,l 1. die damalige Lebenssituation im allgemeinen zu verstehen und 2. einen mit heute vergleichbaren Informationsstand.

      Damals WAREN in der allgemeinen Wahrnehmung die von Medien und Macht kolportiert en Bösen ja die Bösen. Da hielt sich die Besorgnis in Grenzen. So wie heute hierzulande Russen an den Grenzen ihr Hab und Gut konfisziert bekommen, gecancelt oder sanktioniert werden etc.
      Russophobie ist allgegenwärtig, bis hin zu echtem Hass.
      Und lediglich die Strategie der Macht hat sich geändert: heute wird kaum noch wer für die falsche Aussage abgeholt (auch wenn das ja gesetzlich wieder vorbereitet wird), dafür sind die Möglichkeiten durch Aussagen oder gar passives Wahlrecht etwas ändern zu können, massiv reduziert worden.
      Heute kann man jeden Widerstand spielen lassen, weil es schlicht ohne großere Konsequenzen ignoriert werden kann.
      Straftaten im Amt, naja. Mal nicht so pingelig bitte. Lügen, Falschaussagen, vorsätzliche Veruntreuung? Naja.
      Die Mächtigen haben heuer einfach weniger Gewalt nötig.
      Und ich sehe auch heute keine Massen an Gerechten, die – um ihrer Schuld durch Unterlassung zu entgehen – den Ungerechtigkeiten, Doppelmoral und Bigotterie entgegentreten.

      Oft wahr: wer über unterlassene Taten in längst vergangener Zeiten moralisierend urteilt, gibt nur vor, sich mit der Gegenwart zu beschäftigen, weil er in Wahrheit genau das nicht will.

    4. Guten Abend @ Wolfgang Wirth!

      Zunächst möchte ich Ihnen für Ihre Antworten und Anregungen unter dem anderen Artikel danken. Den Waldgang habe ich sogar hier in einem der Regale herumstehen.

      Ich lebe allerdings leider nicht auf dem Land, sondern in einer Art Mischzone am Übergang von Großstadt zum Land und dort neben viel Beton. Deshalb ist es mir wichtig täglich auch noch die erwähnten anderen Seiten zu sehen, unter anderem das was man hier noch Natur nennen kann.

      Das Ungeistig-Physische hilft mir leider nicht zum Einschlafen. Es ist zum einen eher das Physische, das mich wachhält oder gar weckt (mein Asthma sowie meine Schwerbehinderung) und dann brauche ich gerade das Geistige um mich abzulenken. Auch Nietzsche suchte ja im Zustand des Schmerzes oft die Zuflucht im Schreiben (auch wenn ich mich weder mit ihm vergleichen kann noch möchte und zudem seine Leidensstufen gewiss noch nicht erreicht habe). Zum anderen bin ich zu „preußisch“, als dass bei mir Geschirr herumstünde oder sich etwas groß zum Aufräumen fände. Das wird immer gleich einsortiert und an seinen (mehr oder weniger berechtigten) Platz gestellt.

      Da Sie erwähnten, dass Sie heute Holz hacken wollten, erlaube ich mir noch folgende Gedanken mit Ihnen zu teilen. Ich kannte mal eine Dame aus der Sowjetunion, die in einem der russisch-besiedelten Teile Zentralasiens geboren war und dort auch einen Teil ihrer Kindheit verbracht hat. Für sie waren der Geruch des Rauchs, der aus dem Kamin strömte, wenn sie im Garten spielte, der Duft von Tee oder selbstgemachten Gebäck, der zum Essen rief und der Auf- beziehungsweise Untergang der Sonne über der Steppe etwas das sie auch Jahr(zehnt)e später in einem (mehr oder weniger) ganz anderen Land zutiefst prägte. Zum einen eine sehr wirkmächtige Erinnerung, aber zugleich auch der physische wie psychische Ausdruck dessen, was man „Heimat“ oder „Zuhause“ nennen kann. Ich weiß nicht, inwiefern sich für Sie das Gefühl von „Zuhause“ einstellt, wenn Sie allein oder mit der Familie vor Ihrem Kamin sitzen, aber für auch für mich verknüpft sich mancher Kamin durchaus mit einer alten Heimat, die ich aus verschiedenen Gründen lange hinter mir gelassen habe. Wobei ich dabei eben bewusst „mancher“ schrieb und sehr differenziere: es gibt diese gerade von Grünen gehypten Holzöfen, die Kachelmann nicht umsonst als „gemütliche Dementoren“ bezeichnet hat. Sie breiten sich auch in meiner Gegend immer mehr aus, weil jegliches Holz angeblich „öko“ sei. Viele Leute wissen aber nicht (mehr), wie man einen Kamin richtig bedient, wie man Holz richtig lagert (geschweige denn, dass sie es wie Sie noch selber hacken), welches Holz man überhaupt nehmen sollte und verbrennen zudem bis weit in die Nacht hinein gerne noch jeglichen Schrott mit im Ofen, sodass der Rauch, der hier herumwabert, ähnlich schwarz ist wie der aus den Schornsteinen alter Ozeandampfer. Und demgegenüber dann diejenigen Kamine, die man vielleicht nur für bestimmte Anlässe anwirft, die man noch selber reinigt und mit wirklichem Holz befüllt und bei denen sich eben diese oben skizzierten Gefühle und Erinnerungen einstellen mögen. Ist ein wenig wie mit Brot, Käse und anderen Nahrungsmitteln, die man noch selbst zubereitet oder vom regionalen Bauern(markt) gekauft hat. Und denen gegenüber man die industrielle Ausstoßware im Supermarkt nur noch schwerlich als „Brote“ und „Würste“ bezeichnen will (vom sogenannten „Convenience Food“ ganz zu schweigen, das vielleicht bequem (convenient) ist aber selten wirkliches „Food“). Nun, ich möchte Sie nicht langweilen oder zu sehr abschweifen. Das war einfach nur ein Gefühlsimpuls zum Thema „Signaturen von Heimat und Zuhause“, den ich hier teilen wollte.

      Nun aber zum heutigen Artikel:

      „Fast alle Deutschen waren Komplizen der Nazis.“
      Quatsch! Unsinn!!! Selbst 1933 wählten bei teilweise unfreien Wahlen nur ca. 42% die NSDAP.

      Kollektivschuldzuweisungen sind natürlich immer eine wenig hilfreiche Reduktion komplexer Wirklichkeit. Man muss allerdings festhalten, dass sich bereits 1932 große Zustimmungsraten zu nationalsozialistischen und nationalkonservativen Kräften fanden und viele Geburtshelfer des Faschismus. Und dass diese in den Folgejahren zahlenmäßig anwuchsen. Ich weiß aus meiner eigenen Familiengeschichte, dass in Österreich keineswegs 99 % für den „Anschluss“ gestimmt haben. Aber dass es eine deutliche Mehrheit, Zustimmung und Unterstützung für ihn gab, ist sicher.

      Hier einfach mal Dicks „Personality Traits and National Socialist Ideology“, eine Veröffentlichung aus dem Jahr 1950, in der der Verteilung der politischen Einstellungen unter deutschen Kriegsgefangenen nachgegangen wurde (Erhebungszeitraum: 1942 bis 1944; Stichprobengröße: 1000).

      Harte, überzeugte Nazis: 11 %

      Nazis: 25 %

      Unpolitische: 40 %

      Passive Anti-Nazis: 15 %

      Aktive Anti-Nazis: 9 %

      (zitiert nach Arno Gruen: Der Fremde in uns, S. 158 ff.).

      Es wurden wie geschrieben nur Wehrmachtsangehörige befragt. Ich denke aber, dass man ausgehend von diesen durchaus auf die Gesamtgesellschaft extrapolieren kann, auch wenn man gewisse Verzerrungen (Befragung während Kriegsgefangenschaft, nur Männer etc.) sicherlich berücksichtigen muss. Es wird – wie so häufig – deutlich, dass das Bild differenzierter ist. Der Anteil der Anti-Nazis war nicht groß (schon gar nicht jener der aktiven), kann aber auch keineswegs als „nicht vorhanden“ bezeichnet werden. Insofern wird es mit der Kollektivschuld schwierig. Kollektivverantwortung wäre wieder eine andere Geschichte und vielleicht bedenkenswert.

      Interessant ist zudem, dass sich bei den 36 % Befragten der Nazi-Kategorien zugleich sehr hohe Übereinstimmungen mit sadistischen Neigungen, Zärtlichkeitstabus in der Familie und einer Besetzung der Mutter als Liebesobjekt im Erwachsenalter auf Führer und Staat fanden.

      Diese Erhebung wollte ich jetzt einfach als Info für Sie (aber auch die Mitleser und Mitdiskutanten) dalassen.

      Was 1939 oder gar 1943 aber mit jedem geschehen wäre, der es gewagt hätte, Regierungsmaßnahmen zu kritisieren, bei einer Friedensdemonstration zu erscheinen oder gar zu ihr aufzurufen, dürfte jedem geschichtlich informierten Menschen vollkommen klar sein.

      Wenn Sie „linken“ Protest meinen oder kirchlichen Widerstand – dann ja.

      Für den Rest möchte ich als Gegenbeispiel auf die Trauerbezeugungen bei der Beerdigung Wilhelms von Preußen 1940 verweisen.

      Das war soweit ich weiß eine der größten (oder sogar die größte) nicht-staatlich organisierte „Kundgebung“ der NS-Zeit und sie hat beim Regime einige Alarmglocken schrillen lassen. Es gab allgemein ein nicht unerhebliches Potential für eine Allianz aus Nationalkonservativen, Monarchisten und Armeeführung mitsamt eines entsprechend mobilisierbaren, gesellschaftlichen Unterbaus. Das rechte Lager war damals keineswegs homogen und geschlossen hinter der NS-Führung stehend. Die Wehrmachtsführung war zwar durch die Bank revanchistisch, imperial und nationalkonservativ ausgerichtet, aber (noch) keineswegs bloßes Vehikel und Paladin der NS-Führung. Wären die Hohenzollern regime-kritisch gewesen oder das Gros der Nationalkonservativen und Monarchisten keine Unterstützer der NS-Herrschaft (ja es gab hier auch politische Divergenzen, zumal die Nationalsozialisten ihnen ein paar Fleischtöpfe weggenommen hatten, das blieb aber letztlich nebensächlich), hätten sie sich damals mit ihnen zugeneigten Kräften in der Armee zusammentun und das Regime absägen können. Ob sie ein besseres an seiner Stelle errichtet hätten, ist gerade aus linker Perspektive natürlich stark zu bezweifeln. Aber die Möglichkeit des Widerstands und Putsches aus dieser Richtung bestand.

      Dass sie nicht ergriffen wurde, hatte viele Gründe. Einerseits eben, dass das Gros der Monarchisten und Nationalkonservativen mit Hitler seine Frieden geschlossen hatte (der erwähnte Wilhelm ist auch nie als Regime-Opponent aufgefallen). Zudem hatte Hitler soeben mit seinem „Sichelschnitt-Plan“ (der weder von ihm stammte noch von ihm jemals verstanden oder gar in seinen strategischen Implikationen durchdrungen worden ist) seine „Genialität“ als Feldherr unter Beweis gestellt und den Sieg über Frankreich errungen. Keitel bezeichnete ihn ja damals als „Größten Feldherrn aller Zeiten“. Somit waren dann auch die kritischen Flügel der Wehrmacht ausgeknockt, beziehungsweise gaben von selbst ihre bisherige Haltung auf.

      Abschließend möchte ich noch anmerken, dass dieses Thema natürlich auch immer stark von persönlichen Prägungen lebt. Sie haben, wenn ich es richtig verstanden habe, in Ihrer Familie mehrere offene Opponenten und Opfer des NS-Regimes gehabt. Dementsprechend reiben Sie sich – zurecht – an Kollektivschuldvorwürfen à la Goldhagen. Ich habe in meiner Familie dagegen vornehmlich Profiteure und Mitläufer des Regimes (abgesehen von zwei entfernteren Verwandten, die als „Asoziale“ mehrere Jahre im KZ verbracht hatten und relativ früh nach Kriegsende verstarben). Mein einer Großvater war beispielsweise Panzerkommandant der Wehrmacht, seine Gattin stimmte für den Anschluss. Sie waren sogar harmlos verglichen mit anderen Verwandte, die wahlweise im NS-Staat aufwuchsen oder zutiefst von seinen Idealen durchdrungen waren und den Holocaust später als „angelsächsische Erfindung“ bezeichneten, strahlende Augen bekamen, wenn sie Irving hörten oder sich allgemein lieber über das Leid „unserer armen SS in der Tschechei“, den „Bombenholocaust“ oder darüber ausließen, dass die besagten Verwandten „schon irgendwie zurecht“ ins KZ gekommen seien.

      („Asoziale“ sind übrigens eine Opfergruppe, über die noch immer kaum etwas in der Öffentlichkeit bekannt ist und die auch nie Entschädigungen erhielt. Das waren Prostituierte und Promiskuitive, Langzeitarbeitslose, Obdachlose und viele andere und der Eindruck, dass ihr Leid ihnen zurecht widerfahren sei war nicht nur bei denen drei vier Prozent verbreitet, die sich wie Teile meiner Verwandtschaft als gottgläubig bezeichneten.)

      Unterm Strich haben in meiner Familie viele von der NS-Zeit profitiert (und sich bereichert), materiell wie ideell. Für die war das keine Diktatur, sondern ein gut geführter „sauberer“ Staat. Und sie waren nicht die einzigen mit dieser Denke. Dadurch, dass man viele Gruppen systematisch ausschaltete, fiel Gewinn und Entfaltungsmöglichkeiten für andere und einen selbst ab. Etwas Grummeln hat sich bei manchen in meinem Stammbaum erst breit gemacht, als die Flächenbombardements der Westalliierten 1942 ff. zur Entfaltung kamen. Aber auch dann wandte sich das Ressentiment weniger gegen das Regime, sondern maximal einzelne seiner Angehörigen und gegen zu wenig für den „Endsieg“ arbeitende Kräfte oder eben das feindliche Ausland. Menschen wie diese Verwandten sind in meinen Augen im Kollektiv schuldig gewesen, sie tragen persönliche Schuld.

      Doch auch im Hinblick auf andere, insbesondere „Passive“ und „Unpolitische“, gibt es in meinen Augen durchaus Argumente von einer gemeinsamen Verantwortung zu sprechen. So wurde beispielsweise in der Stuttgarter Schulderklärung (an der man viel kritisieren kann) explizit von der „Solidarität der Schuld“ gesprochen und man klagte (sich) an,

      daß wir nicht mutiger bekannt, nicht treuer gebetet, nicht fröhlicher geglaubt und nicht brennender geliebt haben.

      Das mag aus linker oder anderer Perspektive zu wenig (oder auch zu viel) sein. Aber es weist meines Erachtens in Richtung einer Kollektivverantwortung. Es geht da nicht schlicht um das persönliche Tun, sondern das Tun als Teil einer Gesellschaft. So hieß es ja auch anderer Stelle:

      Unsere Schuld liegt sehr weit zurück. Sie besteht darin, dass wir geschwiegen haben, wo wir hätten reden sollen, und redeten, wo wir hätten schweigen müssen.

      Sowie:

      Schuldig ist der deutsche Bürger … der um seiner Ruhe willen das Recht geopfert hat … der bis weit in den Krieg hinein zu schweigen willens war zu allen Greueln, wenn sie nur Erfolg hatten.

      Wie gesagt – das bezieht sich für mich auf die Passiven und Unpolitischen und somit natürlich nicht auf die von Ihnen Erwähnten, die ganz sicher nicht das Recht zugunsten ihrer Ruhe opferten, sondern Verantwortung übernahmen und / oder selbst zum Opfer wurden. Und die häufig ohnehin gar nicht mehr als (vollwertiger oder irgendein) Teil der deutschen Gesellschaft oder als Deutsche erachtet wurden.

      Allgemein finde ich, dass in beiden deutschen Staaten nach dem Krieg eine so mangelhafte wie falsche Erinnerungs- und Aufarbeitungspolitik erfolgt ist und oft bloß abstrakt von „den Nazis da oben“ oder dem Zusammenbruch und dem (anschließendem) Leid der Deutschen aber wenig den zugrundeliegenden Ursachen gesprochen worden ist (war in Ihrer Region und Familie womöglich anders). Ich reibe mich deshalb zum Beispiel sehr, wenn ich aktuelle Artikel aus der Zeitung meiner Kindheitsregion lese, die noch heute verkündet „An Karfreitag ’45 wurde die Stadt befreit“. Von wem oder was mussten meine Verwandten denn befreit werden? Von sich selbst? Wer waren denn die dortigen Nazis und ihre Helfer? Kamen die vom Mond? Insofern hat auch Weidel in dem Punkt recht, wenn sie sagt, dass Deutschland von den Alliierten nicht befreit worden ist. Es war ein zu besiegendes Feindesland, dessen Bewohner das herrschende Regime nicht von selbst abschütteln konnten (und bis zum Schluss mehrheitlich eben auch nicht abschütteln wollten). Nun gut, das führt hier wohl zu weit weg und ist auch eine andere Diskussion. Man mag es ohnehin anders beurteilen.

      Dies einfach nur als eine Ergänzung Ihrer Ausführungen. Bitte nicht als persönliche Kritik verstehen oder als Versuch Sie zu irgendetwas missionieren zu wollen. Wie Sie, so bin auch ich nur hobbymäßig hier unterwegs und will häufig bloß eine weitere Sichtweise und ein paar Gedanken zu den anderen hier kursierenden hinzufügen. Bekehren und überzeugen möchte ich niemanden, mit der Kirche hatte ich auch nie allzu viel persönlich am Hut.

      Ich wünsche Ihnen nun einen guten Abend (vielleicht am Kamin?) und verbleibe bis die Tage

      Ihr Altlandrebell

      1. Lieber @ Altlandrebell,

        herzlichen Dank für Ihren wirklich bemerkenswerten und guten Brief.

        Es tut mir leid für Sie, dass es Ihnen gesundheitlich nicht gut geht. Immerhin können Sie spazieren gehen und haben eine halbwegs nette Umgebung. Ja, das Leben ist nicht immer einfach. Ich persönlich kann in gesundheitlicher Hinsicht Gott sei Dank bisher nicht klagen. Etwas Preußisches habe ich wohl auch an mir, zumindest meinten das die Kollegen, während meine Frau meinen Ordnungssinn leider etwas unterschätzt.

        Die Art, wie Sie die Heimatempfindungen jener alten Dame schildern, hat mich sehr berührt und es stellten sich rasch schöne innere Bilder ein. Stimmt: Der Rauch eines fernen Holzfeuers riecht angenehm und unwillkürlich erinnere ich mich an eine Szene in Tirol: ein Tal in der Abenddämmerung. In den Küchen einiger Häuser wurde das Herdfeuer angeheizt – oder im Zimmer der Ofen.

        Ähnliche Empfindungen im Kontext von „Heimat und Zuhause“ gibt es bei mir natürlich auch: der morgendliche Kaffeeduft in der Küche, der Tau im Garten, die feuchte Luft im Wald oder das Knacken der Kiefernzweige in der Julihitze, die freie Feldlandschaft mit ihren weiten Blicken und dem Spiel der weißen Wolken darüber, die Rufe der Krähen, der Kraniche oder des Bussards – und dann auch das Knistern im abendlichen Kaminfeuer. Unser Kaminofen ist übrigens nicht nur der Gemütlichkeit wegen da, sondern er unterstützt die Heizung im Winter ganz erheblich. Vor Oktober wird er nicht benutzt werden.

        Auch ein Wohnen am Stadtrand oder im Speckgürtel ist zumeist schon etwas ganz anderes als das Leben in der Stadt. Zumindest hat man es meist nicht weit bis in die freie Landschaft. Ein Leben in der Stadt ist für mich heute kaum noch vorstellbar. Ich fühle mich dort auch unwohl und fremd.

        „Heimat und Zuhause“ – das ist schon ein wichtiges Thema, und zwar auch gerade angesichts der Zumutungen der Globalisierung. Wenn mich jemand fragt, warum ich eigentlich konservativ geworden bin, dann antworte ich, dass es auch mit dem zunehmenden Heimatverlust und der teils in Kauf genommenen, teils regelrecht gewollten Überfremdung und Umformung des Landes zu tun hat. Außerdem das mit den Jahren immer stärkere Erkennen, wo Utopien und naiv-schöne Vorstellungen ihre Grenzen in der Natur der Dinge (und des Menschen) finden.

        Manche Menschen haben haben wenig Mühe damit auszuwandern oder eben mal hier oder mal dort zu leben. Ich kann das schwer nachvollziehen. So verstehe ich auch Ostdeutsche, die einfach deswegen vor dem Mauerbau in der DDR blieben, weil es eben ihre Heimat war, weil sie dort ihre Wurzeln wissen.
        Und die globalistischen „Anyones“ heute: Wo sind ihre Wurzeln? Haben sie welche? Ein seltsames Phänomen.

        Dass Sie Ihre Heimat schon lange hinter sich gelassen haben, ist ja an und für sich eher traurig, doch werden Sie Ihre Gründe gehabt haben. Vermutlich sehen Sie daran auch das Positive, z.B. das Sichbefreien von negativen alten Familienmustern.

        Auf höherer Ebene gesehen geht es im Grunde im Leben aber auch immer darum, Altes loszulassen und – religiös gesprochen – nach Hause zu kommen. Oder nach Novalis: „Wo gehn wir denn hin? Immer nach Hause.“

        Ich kann Ihren Gedanken zum Thema NS-Zeit nahezu überall zustimmen. Die von Henry Dick genannten Zahlen zur Einstellung von Wehrmachtssoldaten kommen mir realistisch und glaubwürdig vor.

        „Kollektivverantwortung“ ist ein guter und sinnvoller Begriff. Damit habe ich überhaupt keine Probleme. Verantwortung im Sinne von: wachsam sein, bestimmte Fehler und Irrtümer zu vermeiden, frühere Opfer (soweit möglich) zu unterstützen und entschädigen. Diese Verantwortung kam jahrzehntelang im Hinblick auf die Israelpolitik der Bundesregierung und die Einrichtung zahlreicher Gedenkstätten zum Ausdruck.
        Allerdings kommt man unweigerlich zu der Frage, wie weit das dann in die Zukunft reichen kann? So fällt ja etwa auf, dass die inzwischen zahlreichen eingebürgerten Zuwanderer mit der Verantwortung wenig bis gar nichts im Sinn haben, was im Grunde aber auch nachvollziehbar ist. Man kann eben nicht ein Volk in Teilen austauschen oder den Austausch zumindest hinnehmen und trotzdem erwarten, dass es dasselbe bleibt. Aber auch im Hinblick auf die Deutschstämmigen dürfte der Aspekt des zeitlichen Abstands eine Rolle spielen. Dass für die Nachkriegsdeutschen – für Leute wie Adenauer, Brandt, Schmidt, v. Weizsäcker und auch noch Kohl – ein Empfinden für diese Verantwortung gefordert werden konnte – und diese auch geleistet wurde – ist klar. Gleiches gilt für die Generation meiner Eltern, die das Kriegsende als Jugendliche überlebt hatten und in der Nachkriegszeit erwachsen wurden. Mein Vater, der Flakhelfer gewesen war, nahm diese Verantwortung sehr ernst. Für unsere Generation – ich denke mal, dass auch Sie zwischen 1950 und 1965 geboren sind – gilt es wohl auch noch. (Und nebenbei bemerkt: für die Österreicher natürlich ebenfalls, denn ihre Selbstinszenierung als das erste außenpolitischen Opfer Hitlers ist ja nun denkbar unglaubwürdig.) Kann man diese Kollektivverantwortung aber auch noch von unseren Kindern und Enkeln erwarten? Von Menschen, die – wie die sog. „Generation Z“ – ein Menschenleben nach 1945 überhaupt erst geboren sind? Ich glaube nicht. Und wenn diese jungen Leute es dennoch behaupten, so ist vermutlich ebenso viel Ritualhaftes oder angepasst Strebermäßiges dabei. Nach meiner Erfahrung ist das historische Wissen von jungen Leuten heute – dem Geschichtsunterricht zum Trotz (oder deswegen?!) – auch bei Gymnasiasten und Studenten erbärmlich gering.

        Die Rolle des nationalkonservativen Widerstandes:
        „Wären die Hohenzollern regime-kritisch gewesen oder das Gros der Nationalkonservativen und Monarchisten keine Unterstützer der NS-Herrschaft (ja es gab hier auch politische Divergenzen, zumal die Nationalsozialisten ihnen ein paar Fleischtöpfe weggenommen hatten, das blieb aber letztlich nebensächlich), hätten sie sich damals mit ihnen zugeneigten Kräften in der Armee zusammentun und das Regime absägen können.“

        Ja, sehe ich auch so, zumindest vor Kriegsbeginn. Die Konservativen hatten ja 1933 den Plan gehabt, die Nazis zu benutzen. Nun muss man allerdings die Geschichte aus der Zeit heraus betrachten und nicht vom Ergebnis her. Eine wichtige Regel. Wohin Hitlers Politik führen würde und was noch alles geschehen würde, das war für die große Mehrheit der Zeitgenossen bis 1937/38 nicht so klar erkennbar wie manche es heute unterstellen. Selbst die deutsche Aufrüstung des nach dem Versailles Vertrag auf regelrechte Verteidigungsunfähigkeit zwangsweise abgerüsteten Deutschen Reiches in den Jahren von 1933 bis 1937 musste noch nicht auf Weltkrieg deuten, sondern konnte für die Zeitgenossen auch defensiv begründet werden. So hatte es etwa 1933 offenbar einen wenig bekannten Versuch Polens gegeben, Frankreich zu einem gemeinsamen Angriff auf Deutschland zu gewinnen.
        Vgl. https://www.ifz-muenchen.de/heftarchiv/1955_4_2_roos.pdf
        Okay, manche Deutsche waren hellsichtiger und behielten recht.

        Als das Hasardeurhafte von Hitlers Politik spätestens 1938 deutlicher wurde, gab es ja auch bis zum Münchner Abkommen die bewussten Putschpläne der Nationalkonservativen.
        Ich muss übrigens gestehen, dass ich zwar von den Putschplänen wusste, von jenem 1940 verstorbenen Enkel des letzten Kaisers aber nicht und eben recherchiert habe. Es war ja gar nicht so unmöglich, dass die sog. „Septemberverschwörung“ erfolgreich gewesen wäre. Als was wäre Hitler dann eigentlich in die Geschichte eingegangen? Er wäre von seinen Anhängern mit Sicherheit zum Märtyrer aufgebaut worden – auch keine schöne Vorstellung. Allerdings hätte es dann den Massenmord an den Juden vermutlich nicht gegeben und wohl auch keinen Zweiten Weltkrieg in der stattgefundenen Form. Übrigens erinnere ich mich, dass einige Historiker die erkennbare Radikalisierung des NS-Regimes im Jahre 1938 – nach den vergleichsweise ruhigeren Jahren 1936 und 1937 – mit dem bewussten Vorhaben des nationalkonservativen Widerstand erklären, und zwar dahingehend, dass es den führenden Nationalsozialisten durchaus klar war, dass sie hier echte Gegner hatten, die das Ziel verfolgten, das „In-die-ecke-drängen-bis-er-quietscht“ (v. Papen, 1933) nun endlich nachzuholen. Mindestens dürfte es bei der konservativen Opposition aber die Vorstellung gegeben haben, den NS nun (nach gelungener Instrumentalisierung gegen die Linke) wieder in den nationalkonservativen Staat der alten Eliten aus dem Kaiserreich einzubinden, also seine irritierende Verselbständigung zu beenden. Eben das war natürlich aus Hitlers Sicht inakzeptabel, weswegen es für ihn nun darauf ankam, eine Art „Flucht nach vorn“ anzutreten und Vertreter der alten Eliten zu entmachten. Dazu passt dann auch die Blomberg-Fritsch-Affäre im Frühjahr 1938 und einige andere Ereignisse danach.

        Die Geschichte jener Verschwörung, zu der auch Prinz Wilhelm und der verhinderte Attentäter Friedrich Wilhelm Heinz gehörten, ist ein schönes Beispiel dafür, dass Geschichte im Grunde immer offen ist und dass es oft wirklich kleine Zufälle sind, die Großes bewirken. War das Münchner Abkommen vom Ergebnis her absehbar? In Stefan Zweigs „Sternstunden der Menschheit“ wird das ja gut ausgeführt. Muss mal nachsehen, ob ich das Buch noch habe. Ob man es heute noch bekommt? Hätte ich übrigens nicht gedacht, dass Sie den „Waldgang“ haben. Er ist zwar von 1951, also recht alt, aber vieles passt erschreckend genau zur Gegenwart. Ich habe in den letzten zehn Jahren mehrfach darin gelesen.

        In meiner Familie – oder sagen wir mal: in meinem Verwandtschaftsfeld – war es anders als bei Ihnen, da gab es ganz unterschiedliche Leute: einige Verweigerer und viele Unpolitische, aber auch Sympathisanten und sogar drei Parteimitglieder, allerdings niemanden in einflussreicher Position. Bereichert hat sich niemand und die meisten haben im Gegenteil viel verloren – etwa das eigene Haus im Feuersturm oder die Heimat in den ehemaligen Ostgebieten und manche ihr Leben im Krieg oder im Elend der Jahre 1945-47.

        Irgendwer schrieb mal, dass es nicht gut war, dass die NS-Täter in erster Linie von den Siegern abgeurteilt wurden. Nun kann man sich natürlich fragen, inwieweit es nach 1945 überhaupt genügend unbelastete Deutsche mit juristischer Erfahrung gegeben hätte.

        Ach, das ist alles ein so weites Feld und man kommt so leicht vom Hundertsten ins Tausendste. Ich werde nun schließen, Sie sollen auch nicht so lange warten müssen, der Text ins schon ziemlich lang, das Abendbrot naht und meine Frau mag es nicht, mich lange am Computer zu sehen …

        herzliche Grüße
        Wolfgang

  3. “Erneut wagen wir uns an jene Grenze, die das Leben der Menschen um Stunden, vielleicht nur Minuten von einem Holocaust trennt. Denn Atomkriege eskalieren voraussichtlich schnell und enden…”

    Minuten von einem Holocaust entfernt?
    Hab ich irgendwie nix von mitbekommen…

    1. Ich habe es eher als Anspielung auf die Doomsday Clock gesehen. Wenn das ganze auch hypothetisch gesehen werden kann. Denn niemand kann wirklich garantieren wenn diese auf Null oder fast Null steht, auch ein Nuklearer Schlagabtausch stattfindet oder kurz bevorsteht. Dazu müßten schon die Alarmstufen der Militärs öffentlich bekannt sein.

      Es gibt immer noch das Problem für Entscheider, das durch die Automatisierung Signale falsch gewertert werden. Soldaten unter Druck anders reagieren als vorgesehen. Die nötigen Schritte nicht einleiten, verfrüht reagieren oder überzogen.

      1. Das sind wohl Hoffnungen um die Augen zuzudrücken. Nicgts hören, nichts sehen, nichts sagen.

        Doch wenn der Knopf gedrückt wird gibt es kein Erbarmen mehr, dann ist es zu spät sich noch Gedanken zu machen.Sofern es zeitlich noch möglich sein sollte kommt dann das berühmte: “Ach hätte ich mal….”

        Träumt schön weiter

        Ihr müsst nur euren Politikern und den “Militärexperten” hier im Forum glauben dann wird alles gut gehen.

        Die Gefahr am Horizont nicht zu bemerken und zu verdrängen bedarf schon einer größeren Ignoranz

    2. Technische Fehler (x-beliebige, und je komplexer ein technisches System ist, umso häufiger und unerklärlicher bzw. schwerer diagnostizierbar) können buchstäblich in JEDEM Moment auftauchen. Selbst bei einer Fehlerwahrscheinlichkeit von 1 pro Tausend Jahre wartet der Zufall nicht, bis 1000 Jahre um sind, sondern kann gerade jetzt passieren.
      Und dann dauert es nur noch Minuten bis zum ersten Einschlag. Jetzt verstanden?

  4. “Atomare Abschreckung – so die beiden Forscher – setzt die kollektive Bereitschaft voraus, wenn es sein muss, „ganze Völker – Abermillionen von Menschen – zu vernichten.“[iii] Die beiden Forscher sehen deutliche Parallelen zur Nazi-Zeit. ”

    Die beiden Forscher hätten durchaus auch Parallelen zur Nachkriegszeit sehen können:

    “Jetzt veröffentlichte US-Geheimpläne von 1956 sahen einen Atomwaffeneinsatz für Berlin vor. 91 Ziele sollten zerstört werden.
    ….
    Exakt 91 Ziele hatte das Militär vorgegeben, die auf Ost-Berliner Gebiet systematisch zerstört werden sollten: Kraftwerke, Bahnhöfe, Treibstofflager, Industrieanlagen sowie die Radio- und Fernsehsender. Und es gab noch ein Angriffsziel: „Bevölkerung.“

    Die lange geheim gehaltene Zielliste des US-Militärs von 1956 hat das National Security Archive jetzt veröffentlicht. Das 800-seitige Dokument nennt alle Ziele, auf die das US-Militär in einem Krieg Bomben werfen wollte – in Berlin, in der DDR, in Osteuropa, in der Sowjetunion und in China. Nuklearwaffen hätte es ausreichend gegeben.”

    https://www.tagesspiegel.de/berlin/geheimplane-der-usa-nuklearangriff-auf-ost-berlin-5203723.html

    “From 1945-49 the US and UK planned to bomb Russia into the Stone Age”

    https://canadiandimension.com/articles/view/from-1945-49-the-us-and-uk-planned-to-bomb-russia-into-the-stone-age

    “….How the Pentagon planned to nuke the Soviet Union and China during the Cold War”

    https://www.washingtonpost.com/news/checkpoint/wp/2015/12/28/declassified-how-the-pentagon-planned-to-nuke-the-soviet-union-and-china-during-the-cold-war/

    https://nsarchive2.gwu.edu/nukevault/ebb538-Cold-War-Nuclear-Target-List-Declassified-First-Ever/

    Na ja, usw.

      1. Eben, und die USA verteidigen nicht Deutschland und Europa, wie täglich behauptet wird, sondern sind jederzeit bereit, es vollständig zu vernichten bzw. der Vernichtung anheim zu geben.

  5. Der Artikel bringt es auf den Punkt und beschreibt haargenau wie es sich verhält.

    Die Gefahr vor Augen aber leugnen, nicht wahrhaben wollen, es besser wissen zu wollen, in welcher Situation wir uns befinden, das kann man in den Kommentaren hier überall lesen.

    Wozu benötigt man da noch Warner könnte man sich fragen aber gut dass es solche warnenden Menschen noch gibt.

  6. Wir leben im Zeitalter der Gentechnik. Wer Massenmord betreiben will hat heute ganz andere Möglichkeiten für ethnische Säuberungen oder zur Altenentsorgung. Und dank heutiger kognitiver Massensteuerung kann man die Leute sogar dazu bringen sich freiwillig entsorgen zu lassen und das alles auch noch gut zu finden. Und die Saat dazu ist längst gesät und der Boden längst bereitet, die ersten Testläufe sind abgeschlossen und ausgewertet. Soylent Green, THX 1138, Logans Run, die Zukunft von gestern kann kommen.

    1. Wenn wir schon bei Filmen sind, dann darf aber nicht fehlen:
      – Die Erde stirbt – Geburten verboten
      – ZARDOZ
      – Saturn 3
      – Plan 75
      – Old People
      – The Farewell Party
      – Endjährig
      – Hyperland

  7. Das eingeforderte “Gattungsbewußtsein” gibt es längst, sein Erscheinen auf der Bühne der Nukleardiplomatie und der mittelbar nuklear gestützten Kriegsschauplätze hat ein Datum, das neuerlich oft und breit im Gespräch gewesen ist: Die “Kubakrise”.
    Sie endete damit, daß die Führungsfiguren der damaligen feindlichen Atommächte und ein Teil ihres Personals einander als “Standesgenossen” anerkannt haben. Die Wikipedia nennt das jetzt eine “Neuordnung der internationalen Beziehungen”. Nun ja, im nackten Kern hat die einfach darin bestanden, daß die USA und die Sowjetunion sich wechselseitig den Status einer “Weltmacht” eingeräumt haben.

    Eigentlich nicht schwer zu sehen, daß die wechselseitige Anerkennung zweier herrschaftlicher Führungsmannschaften als “Weltmächte” bei allem, was man sonst dazu zu vermerken hat, eine Art klerikales One-World Konzept ist, das “Washington” und “Moskau” zu zwei Außenstellen einer Art säkularen “Vatikans” bestimmt hat, für den die Ideologie und der Mythos namens “wechselseitige Abschreckung” die Funktion eines Fetischs erhielt, der den “Papst” ersetzte. Was ja ein Leichtes ist, ist doch der “Papst” nichts anderes, als ein personalisierter Fetisch, für die Funktionen des Fetischs sind die Kardinäle zuständig, im Falle der “wechselseitigen Abschreckung”, ab hier abgekürzt zu MAD, waren das die Anführer der strategischen Streitkräfte der “Weltmächte” und deren politische Agenten.
    Letzteres vermerke ich in dieser Form, um wenigstens angedeutet zu haben, daß diese “Strategischen Streitkräfte” Kernelement einer globalen Militärherrschaft DES Imperialismus gewesen sind, über den sogenannten “Systemgegensatz” hinweg.
    Letzteres mag das entscheidende Moment gewesen sein, das JFK das Leben gekostet hat – es sollte doch eine amerikanische Weltherrschaft sein – keine amerikanisch-sowjetische. In einer herrschenden Ständeordnung bedarf die Aufrechterhaltung einer Illusion eines Mythos gegen eine Realität, die von den Mitgliedern des Standes gleichwohl praktisch anerkannt wird, weil sie sich überzeugt haben, daß sie nicht zu umgehen ist, des “höchsten Opfers” – das war JFK. Ein anderer MAD-Papst war nicht erhältlich …
    Egal.
    Aber illustrativ will ich erwähnt haben, daß in den folgenden Jahrzehnten schnurzelpupsig pfäffische Intellelle auf vornehmlich belletristischen Bühnen auftauchten, die von einer “nuklearen Religion” erzählten, weil es den einen oder anderen Leser geben mag, der klug und informiert genug ist, die Parallele zum vorliegenden Artikel zu sehen! Psychologie ist die Religion des Spätimperialismus, vere? Und zum Realteil dieses Imaginären ist oben das Allernötigste gesagt!

    Denn, wie jeder weiß, haben die Kardinäle nach 1962 die minutiöse Planung, Ausarbeitung und technische Ausstattung von MAD nicht etwa eingestellt, nach dem Motto, das könne man sich ja nun sparen. Sie haben das “Undenkbare” gedacht, das “Unsagbare” gesagt und, sei es mit oder ohne Rückgriff auf die jüdische Religion, das “Armageddon auf Knopfdruck” realisiert.
    Denn das ist überhaupt nicht paradox, es ist der Job dieser Schweinepriester der damals gültig gemachten "One World" – Ideologie der herrschenden Stände in der überwiegend imperialistischen Welt gewesen, den MAD – Fetisch vollendet auszugestalten.

    Just mit dieser Vollendung ist er “transzendiert” worden, und die historischen Hauptstichworte dafür sind die “Nachrüstung” in Deutschland, Reagans “Star Wars” und die “Neutronenwaffe”.
    So kam zur Erscheinung, daß der Fetisch “MAD” den praktischen Einsatz von Nuklearwaffen doch bittschön nie ausgeschlossen, vielmehr seine Bedingungen, Zwecke und Einsatzfelder neu bestimmt hat!

    Zu diesem Komplex wäre nun viel zu sagen, und dazu passe ich jetzt, verweise nur auf den einzigen richtigen Satz in dem unsäglichen pfäffischen Geseire.

    Der Grundwiderspruch der Abschreckung, dass dauerndem Drohen auch einmal Taten folgen müssen …

    Ein Halbsatz, mit dessen Fortsetzung die Autoren bezeugen, daß sie sich komplett in eine Wahnwelt exiliert haben:

    … irritiert niemanden mehr, weil keiner darüber nachdenkt.

    Darüber wird im Russlandkrieg nicht nur “nachgedacht”, sondern 24/7 kalkuliert.

    Daß die Herren des Globus ihre Herrschaftsquellen und damit einander vernichten, braucht angesichts des ständischen Gattungsbewußtseins niemand zu fürchten.
    Was wäre das auch für eine alberne Furcht. “Sterben müssen wir alle” ist ein durchaus korrekter Kalauer dazu.
    Sich vor dem “Leben mit dem Atomkrieg”, das vor zwei Jahren eskaliert worden ist, zu fürchten, ist das Dümmste, was einer tun kann ungefähr so dumm, wie die Furcht durchgeknallter Christen vor der Hölle, in der sie leben.
    Und wenn einer so dumm nicht ist, braucht er auch nicht das Leben nach dem, gemessen am aktuellen Status des Krieges, unvermeidlichen Nuklearwaffeneinsatz zu fürchten.
    Wissen ja, fürchten nein.

    1. Daß ist das Dümmste, was einer tun kann ist ungefähr so dumm, wie die Furcht durchgeknallter Christen vor der Hölle, in der sie leben.

      Yep 👍

  8. Wiederum ein Artikel, der die Mentalität zur Ausrottung ganzer Völker, wie es die Nazis vor allem in ihrem Generalplan Ost vorgesehen hatten, von den zwei entscheidenden Triebkräften und Legitimationen für eine solche Ausrottungsmotivation entkoppelt und diese damit in Vergessenheit geraten lässt: Entscheidend für diese Ausrottungsmentalität ist die Überzeugung von der Überlegenheit der eigenen Rasse, die um des Fortschritts der ganzen Menschheit willen das Naturrecht zur Ausrottung anderer besitzt! Heute ist dies eher die Überzeugung von der Überlegenheit des westlichen Systems der Werte, ohne das die Welt, wie vermutlich Börbock u.a. glauben, im Chaos versinken würden. Und zum zweiten und wichtigsten ist die Tatsache, dass Gesellschaften, die andere für minderwertig erklären und einen historisch-evolutiven Auftrag zu deren Vernichtung sehen, auf Expansion angewiesen sind, weil sie mit ihren eigenen Ressourcen nicht mehr auskommen. Das haben uns, erstmals in Dokumenten überliefert, die Assyrerer gegen die Sumerer und alle expandierenden Gesellschaften seit der Eisenzeit vorgemacht: Sie mußten expandieren, weil sie sonst verhungert wären, nachdem sie ihre eigenen Gebiete durch Übernutzung in Wüsten verwandelt hatten. Ist das heute nicht klar zu erkennen? Ist es etwa nicht so, dass die USA ihren Wohlstand nur mehr durch Eroberungen im Außen erhalten können, da sie die Ökologie in ihrem eigenen Land bereits so weit zerstzört haben, dass deren Produktivität zur Selbstversorgung nicht mehr ausreicht? Und trifft dies nicht auch und gerade für ganz Mittel- und Westeuorpa zu, in dem der Lebensstandard zu mehr als 50 % vom Export, also entsprechend großen Mengen an Rohstoffimport abhängt?
    Das “Gattungsleben” ist ein schöner und bereits vom Materialisten Feuerbach Anfang des 19. Jh. ins Gespräch gebrachter Bezugspunkt für die globale Sicherheit der Menschheit. Auch Marx hatte das in seinen Frühschriften als eigentliches Subjekt der Geschichte im Auge. Aber was ist dieses Gattungsleben gegen den Hyperverbrauch der modernen Gesellschaften (auch von Russland und China) heute und die Überzeugung, dass am Ende der Recht behält, der sich in der internationalen Konkurrenz um Ressourcen als der Stärkere erweist? Letztlich lenkt die Arbeit von Lyfton und Marcusson von diesem Kampf um Ressourcen und von den Politiken sowie Theorien ab, die diesen Kampf legitimieren oder als Ursache der Atomkriegsgefahr verdunkeln.

  9. Ein Atomkraftwerk in Japan Fukushima hatte eine erhebliche Störung durch ein Tsunami erhalten. Japan beschloss das benötigte Kühlwasser, angeblich gefiltert wieder ins Meer zu abzuleiten.
    Wenn eine Atomangriff so verwüstlich ist, warum dürfen die Japaner ihren Müll in die See freigeben?
    Der tägliche Irrsinn fängt mit Informationen an, ohne diese zu hinterfragen!

  10. Ich bin ja schon lange dafür, dass alle A-Waffen haben sollten, nicht nur der Dicke im Fernen Osten, auch Türkei, Saudi-A, Irak usw. usw.. Man sollte aber auch an die ganzen Bürgerkriege denken. Nach dem ersten Schuss sollten die jeweiligen Parteien mit kleinen, handlichen A-Waffen ausgerüstet werden.

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