Friedenssicherung beginnt in den Köpfen

Peace, Street Art
Marko Kafé, CC0, via Wikimedia Commons

Die aktuellen Kriege in der Ukraine und in Gaza/Israel werfen einmal mehr die Frage auf, wie denn derartige ruinöse Kampfhandlungen vermieden bzw. gestoppt werden können. Diese Frage richtet sich nicht nur an Politiker, Militärs, Geheimdienstler, Friedensforscher oder sonstige Strategieplaner, sondern auch und nicht zuletzt an die Bevölkerung insgesamt. Warum?

Weil Kriege in der Regel nur dann geführt werden können, wenn weite Teile der Bevölkerung stimmungsmäßig mitspielen und hinreichend Hass, Vorurteile, Panik und sonstige Aversionen und Feindbilder entwickelt haben. Dann nämlich können Politiker und Militärs relativ risikolos eskalieren. Das aber heißt im Umkehrschluss, dass Friedenssicherung letztlich nur dann gelingen kann, wenn die bestehende Kriegsstimmung im Volk abgebaut und eine möglichst ausgeprägte Kriegsskepsis in die Köpfe der Menschen Einzug hält.

Seit heute im Handel!

Probate Mittel dazu sind Aufklärung, Reflexion, politischer Perspektivenwechsel, Vertrauensbildung und andere Formen der kritischen Auseinandersetzung. Doch nicht nur das. „Mentale Abrüstung“ erfordert auch und zugleich den möglichst wirksamen Abbau bestehender Vorurteile, Aversionen, Ängste, Hassgefühle, Überlegenheitsphantasien, Missverständnisse und sonstiger mentaler und emotionaler Feindhaltungen. Das verlangt Umlernen und Verlernen mit dem Ziel, überzogene Feindbilder zurechtzurücken. Andernfalls ist es um die Chancen der Deeskalation, Versöhnung und gewaltfreien Friedenssicherung eher schlecht bestellt. Wie schwierig diese friedensstiftende Mäßigung in der Realität oft ist, lässt sich derzeit prototypisch in  der Ukraine und in Gaza beobachten. Dort haben sich die Fronten zwischen den Kriegsparteien infolge des wechselseitigen Terrors und der hasssteigernden Propaganda mittlerweile derart verhärtet, dass kaum noch jemand die Notwendigkeit dieser Kriege infrage stellt. Gnadenlose Zerstörungen und Tötungsorgien scheinen gleichsam alternativlos.

Es braucht Reflexionen und Perspektivenwechsel

Das Dilemma bei dieser mentalen und emotionalen Stimmungsmache und Hasserzeugung ist nur, dass es mit zunehmender Kriegsdauer immer schwerer wird, auf ernsthafte Waffenstillstands- bzw. Friedensverhandlungen umzuschalten. Die Gewaltspirale dreht sich immer weiter – es sei denn, das kriegsbejahende mentale Skript in den Köpfen der Menschen ändert sich. Dazu aber braucht es vor allem eines: die Einsicht, dass Kriege letztlich allen schaden, nur höchst selten Frieden bringen und in aller Regel nicht nur einen, sondern meist mehrere Verursacher haben, zu denen womöglich auch die politischen Eliten im eigenen Lager gehören. Dieses differenzierte Hinterfragen, Problematisieren und Reflektieren bestehender Konflikte, Kriegsbegründungen und sonstiger destruktionsfördernder Narrative in der Gesellschaft stehen im Mittelpunkt des angeführten Buches und eröffnen die Chance, dass sich ein Mehr an Vernunft und Friedenswillen entwickelt.

Leider finden diese mentalen und emotionalen Wurzeln der Kriegstreiberei bislang eher wenig Beachtung. Das ist deshalb gefährlich, weil eine einmal entfachte Kriegsstimmung Gefahr läuft, dass die infizierten Kriegsbefürworter das Gefühl bekommen, den militärischen Eskalationspfad nicht mehr verlassen zu dürfen bzw. zu können. Also wird die Gewaltspirale weiter gedreht. In Israel und in der Ukraine lässt sich dieses Phänomen derzeit recht gut beobachten. Soll dieser mentale und emotionale Teufelskreis durchbrochen werden, so ist es unabdingbar vonnöten, dass die bestehende Kriegsakzeptanz in der Bevölkerung gekappt und ein Mehr an Kriegsskepsis bzw. Kriegsresistenz kultiviert wird. Dazu braucht es besagte Reflexionen und Perspektivenwechsel, Hintergrundanalysen und Kriegsfolgenbetrachtungen, kritische Faktenchecks und Konfliktlösungsüberlegungen, Selbstkritik und Feindkritik, Friedenswillen und Versöhnungsbereitschaft. Dass es um diese pazifistischen Haltungen und Handlungen zurzeit nicht gerade zum Besten bestellt ist, bestätigen einige neuere Meinungsumfragen zu den Komplexen Aufrüstung, Waffenexporte in Krisengebiete, Wirtschaftssanktionen und Kriegsertüchtigung der Bevölkerung (vgl. das angeführte Buch, S. 74 ff).

Kriegstüchtig werden?

Sprachen sich bis vor wenigen Jahren noch die allermeisten Bundesbürger gegen Militäreinsätze, Aufrüstung und Waffenlieferungen in Krisengebiete aus, so hat sich dieses Stimmungsbild spätestens seit Beginn des Ukraine-Kriegs entscheidend geändert. Waffenlieferungen in Krisengebiete wie die Ukraine, Saudi-Arabien, Israel, Katar oder Ägypten finden inzwischen erstaunlich breite Zustimmung  – selbst wenn sie den deutschen Sicherheitsinteressen, Menschenrechtsvorstellungen und außenpolitischen Grundsatzerklärungen zuwiderlaufen. Dieser irritierende Stimmungsschwenk in der Bevölkerung ist natürlich Wasser auf die Mühlen vieler rüstungsaffiner Hardliner in den Parteien, Parlamenten und Leitmedien, die schon länger für eine nachdrückliche „Kriegsertüchtigung“ der Deutschen plädieren. Dass deren Kalkül derzeit aufgeht, zeigt zum einen das relativ geräuschlose Verabschieden eines 100-Milliarden-Aufrüstungsprogramms zur Modernisierung und Aufstockung der Bundeswehr im Frühjahr/Sommer 2022 sowie zweitens die kaum problematisierte Ankündigung von Verteidigungsminister Pistorius Anfang Oktober 2023, dass die Deutschen „wieder kriegstüchtig“ werden müssen. Eine wahrlich unselige Formulierung!

Soll dieser neue bellizistische Zeitgeist korrigiert und die Idee einer gewaltfreien Völkerverständigung wiederbelebt werden, so spricht vieles für die erwähnte „mentale und emotionale Abrüstung“ in den Köpfen von Politiker/innen, Medienschaffenden und „Normalbürger/innen“.  Fehlt diese reflektierte Kriegsskepsis, Gewaltverneinung und Friedenssuche, so ist die Gefahr groß, dass vorschnell auf Konfrontation und Waffengänge gesetzt wird und mögliche Deeskalationsmaßnahmen und Verhandlungsoptionen erst gar nicht ernsthaft in Erwägung gezogen werden. Dieser Trend ist derzeit leider wieder stark im Kommen und wird von nicht wenigen als Ausweis von Stärke und Unerbittlichkeit bewundert. Soll dieser leichtfertigen Kriegstreiberei wirksam begegnet werden, so braucht es unbedingt entsprechende Reflexions- und Klärungsprozesse in Medien, Schulen, Universitäten, Parteien, Parlamenten, Akademien und sonstigen Einrichtungen der Erwachsenenbildung, die den Boden für die von Emanuel Kant angemahnte „Vernunft“ bereiten und ein friedensethisches und friedenspolitisches Umdenken bewirken. Wie gesagt: Friedenssicherung muss in den Köpfen der Menschen beginnen. Das angezeigte Buch beleuchtet die Hintergründe und Implikationen dieser Strategie.

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28 Kommentare

  1. Na schön. Kommt jemand auf die Idee, ob das Konzept “Kriegstüchtigkeit” in den 30er Jahren des letzten Jahrhunderts auch schon mal breit propagiert wurde? Nein? komisch…
    Wie unsinnig es heutzutage ist, erkennt man, wenn man die Rüstungsetats von Russland und NATO vergleicht (Faktor 19 Unterschied – nicht etwa 19%). Eine konventionelle Auseinandersetzung ist damit völlig ausgeschlossen, weil sie sofort zu unkonventionell – d.h. nuklear – eskalieren würde. Russland sagt das auch so an.
    Und was bitte möchte die Bundeswehr gegen Russland verteidigen? Die riesigen Braunkohlenvorräte etwa? Oder die abgewanderten Industriekomplexe? Irgendwo was zu finden, was die Russen nicht haben und dringend brauchen?
    Oder ist es nicht andersrum, daß die Russen etwas haben, was jemand anders dringend haben will? Vielleicht sind es wieder mal (wie vor 100 Jahren) die 25% der Weltrohstoffvorkommen?
    Nein, dieser Rüstungshype ist ausschließlich zur weiteren Verarmung der Bevölkerung und der Bereicherung der Aktieninhaber von Rüstungskonzernen gedacht. Dafür kann man schon mal die Ukrainer vor russische Kanonenrohre treiben… und “Zeitenwende” ausrufen…
    Denn: totschießen lassen sollen sich die kleinen Leute.
    “Nein, unsre Söhne kriegt ihr nicht”
    müsste eigentlich auf jeder Friedensdemo voran getragen werden…

    1. Die Bevölkerung soll besitzlos, rechtlos und gefügig sein.

      Damit die Herren der privaten Medien weniger leicht Macht über die Köpfe erlangen können, wurden am Anfang des 20. Jahrhunderts die Öffentlich-Rechtlichen geschaffen.
      https://de.wikipedia.org/wiki/%C3%96ffentlich-rechtlicher_Rundfunk

      Aber da sitzen inzwischen auch lauter Bürgersöhnchen und -Töchterchen, denen an demokratischer Aufklärung herzlich wenig gelegen ist.

      Wo und wie Heinz Klippert seine friedenstiftenden Ideen und Entwicklungsprojekte zur Bevölkerung bringen will, müsste er wohl noch ausarbeiten.

      1. Moin Müsli
        Öhm… “Wo und wie Heinz Klippert seine friedenstiftenden Ideen und Entwicklungsprojekte zur Bevölkerung bringen will, müsste er wohl noch ausarbeiten.” ??
        Hat der Heinz nicht gerade hier den Anfang dazu getan?
        Gruß

        1. “Hat der Heinz nicht gerade hier den Anfang dazu getan?”

          Ich wäre begeistert, wenn das nur der erste Schritt von einem ausführlichen Weg durch Deutschlands Medien wäre.

          Ich denke aber, dass es auf ein paar Blogs und vielleicht eine Gewerkschaftszeitung oder Vergleichbares beschränkt bleibt.

          Sehr sicher werden am Ende den Faschingswagen gestern, mit Figuren von Sahra Wagenknecht und Alice Weidel auf den Vordersitzen und Putin von hinten lenkend an einem Tag mehr gesehen haben.
          https://www.google.com/search?q=Fasching+Wagenknecht+Weidel+Putin+im+Auto&tbm=isch
          Was haben wir gelacht.

  2. Aufklärung schafft Frieden: Nur wenn die grosse Mehrheit die Kriegsursachen respektive Vorgeschichte kennt, kann den Kriegshetzern mit ihrer Geschichtsklitterung und Agitprop Paroli geboten werden.

    In dieser Hinsicht sieht es im “Westen” aber leider zappendüster aus. Nazi-Kollaborateure und Kriegsverbrecher kriegen Standing Ovations in nationalen Parlamenten und bei der Kriegshetze/Dämonisierung des “Feindes”, mit welcher die grosse Mehrheit fast täglich überflutet wird, würde es selbst einem Goebbels warm ums Herz.

    Keine Ahnung wie sich das ändern lässt. Ich versuch zb immer wieder meine Mitmenschen auf die Ursachen und Geschichte hinzuweisen, nur um dann ob der Gedankenkorsette und der mit dem Brustton der Überzeugung vorgetragenen Ignoranz zu resignieren. Längst gelte ich in meinem Bekanntenkreis, von den übriggebliebenen Freunden abgesehen, als Spinner oder Putinversteher und neu auch noch als “Rechts” (ich sehe mich selbst als linksaussen), bei den einfachst zu Beeindruckenden gar als Antisemiten (trotz jüdischer Abstammung). Ich hab mich fast 40 Jahre lang gefragt wie es bei den Reichsparteitagen zu tosendem Jubel kommen konnte, jetzt weiss ich es.

    Der einzige Trost ist, dass wir als Gesellschaft damit den eigenen Niedergang zementieren, quasi als Strafe für die eigene Ignoranz. Find ich nicht unbedingt toll, aber gerecht. Wir leben nunmal in interessanten Zeiten.

  3. “Vernunft” ist zu einer Vision verkommen und nur noch eine Hypothese.
    Wir plaudern hier munter seit Jahrzehnten von Stellvertreterkriegen?
    Ein Unwort unfassbaren Ausmaßes.
    In Afghanistan, Syrien und nun in der Ukraine wird dieses Konzept nun zum x-ten Mal erprobt, um herauszufinden ob die USA oder RF am Ende den Längeren hat.
    Im Schatten dieses ewigen “Spiels” betreiben jetzt auch kleine Regionalmächte ihren persönlichen Genozid.
    Sieht es etwa so aus, wenn die Menschheit zur “Vernunft” kommt?
    Die Massen werden im permanenten Kampf um Ressourcen gehalten und zusätzlich von Hype zu Hype gejagt:
    KI, Klimawandel, Identitätsselbstzweifel und anderen Weltuntergangsankündigungen.
    Wer setzt den jetzt noch ernsthaft auf die Vernunft, wenn wir bald durch KI alle reich werden und nie mehr arbeiten müssen und uns dann nur noch aus Langeweile mit Bitcoins die Köppe einschlagen, weil Neuralink einen Bug hatte. Falls das so auch wieder nichts wird, brauche ich jetzt noch am Dringendesten den dicksten SUV, damit ich wenigsten noch etwas Spaß habe und alle sehen was ich für ein Maximum bin, wenn diese Welt mit mir untergeht. Haben ist besser als brauchen ist die Maxime. Die Konsequenzen meiner Handlungen blende ich aus und spiele eine Runde Bullshit-Bingo.
    Gute Nacht Marie, Grüße ans Völkerrecht.
    Wer soll denn bitte verbindliche Regeln für eine gemeinsame Zukunft aller Beteiligten, basierend auf Gleichberechtigung, Frieden und gegenseitigem Verständnis vereinbaren und durchsetzen können, solange das Recht des Stärkeren alles dominiert?
    Eliten, Oligarchen, Militärs, Politiker oder das Krokodil aus der Augsburger Puppenkiste?
    Wer von denen putscht uns zur Vernunft – oder befreit uns von denen?
    Das Erschreckende ist doch einfach; dass wir heute nicht mehr einfach die Geschichte als Ereigniskette aus der Vergangenheit erfassen und daraus vermeintlich Lehren ziehen könnten, sondern mittendrin sind und zeitlupenhaft spüren, dass diese wohl nicht mehr gut ausgehen kann und WIR eben dies, mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit, am eigenen Leibe erfahren werden.
    Das die Geschichte der Menschheit dann damit auserzählt ist, ist auch kein wirklicher Trost.
    Vernunft bedingt Zuversicht.
    Es wird kein Messias erscheinen, der ist inzwischen zu alt für so einen Scheiß.
    Ich bin inzwischen überzeugter Defätist und werde das soeben geistig hierhin Erbrochene auch nicht mehr wegmachen.

    1. Sie sind nicht Defätist, sondern Realist.
      Es ist tatsächlich zum Verzweifeln. Die Bereitschaft, einen anderen Standpunkt, als die veröffentlichte Meinung uns erzählt, auch nur zur Kenntnis zu nehmen, schwindet rapide.

      Freunde, denen ich vor ein paar Jahren noch eins der Bücher von Michael Lüders über den Krieg in Syrien schenken konnte, weigern sich nun, ein Buch über Vorgeschichte und Hintergrund des Ukrainekriegs von Jaques Baud, Patrik Baab oder Thomas Mayer auch nur in die Hand zu nehmen.

      Man hat sich mental bequem eingerichtet, zwischen der Propaganda aus den ÖR Medien und glaubt, als Zeitleser umfassend und objektiv informiert zu sein.
      Ein Perspektivewechsel, ein Blick aus der Seite des “Gegners” ist den meisten nicht nur unerwünscht, sondern schlicht nicht mehr vorstellbar.
      Die meisten wollen sich mit nichts beschäftigen, was sie zu kritischem Nachdenken anregen könnte. Deren Weltbild ist fest gefügt, sie sind auf der Seite des Guten, die Gegenspieler des Westens sind das Reich des Bösen.
      Es wird nicht lange dauern und sie werden den totalen Krieg (natürlich gegen das “Böse”) wollen.
      Wie ein anderer Forist hier auch,
      sehe ich uns eine
      Minute vor dem Atomkrieg.

  4. @ CPA

    “Ich bin inzwischen überzeugter Defätist …”

    Dann schätzen Sie die Lage im politischen Westen vermutlich realistisch ein. Aber wer ist schon gerne Defätist?

    Ein Ausweg wäre sich den Illusionen der herrschenden Kultur hinzugeben, da ist doch kämpferischer Optimismus – und Ihrem Ego geht es wieder besser. Techniken, sich Illusionen hinzugeben gibt es zur Genüge (den Sarkasmus bitte nicht persönlich nehmen).

    1. Moin garno,
      ich bedanke mich für die Teilhabe an Ihrem schlagenden Optimismus.
      Ich träume bereits von der Illusion, mich aus voller Überzeugung sagen zu hören, nachdem ich das zweistündige Interview von Herrn Carlson mit Opa aus Übersee ebenfalls genossen habe, dass ich Herrn Putin irgendwie gut verstehen kann. Voraussichtlich werden mir dann die zwei Stunden mit Vlad auch nicht so lang vorgekommen sein, wie die mit Joe.
      Aber um die Frage zu beantworten, ich bin inzwischen sehr gerne Defätist.
      Schwarz ist einfach ein wunderschöner Zustand, wenn die Gewöhnung an die Dunkelheit von allem Besitz ergriffen hat.
      Es tritt eine unfassbare Ruhe ein, wenn es nicht mehr darum geht, ob A oder B nun das kleinere Übel ist, sondern stattdessen die gefestigte Überzeugung besteht, dass von A bis Z nun alles endgültig Scheiße ist.

      1. @ CPA

        Für mich wäre Schwarzsehen und “alles Scheiße” keine Option. Aber auch Sie nutzen ja noch Debatten, da ist also noch Hoffnung.
        Ich schwöre auf Dialektik, vorausgesetzt man ist noch nicht sehr alt und das Denken eingerostet. Ich suche nach der Gegenkraft von “alles Scheiße”.

        1. @ garno

          Ich meine mich zu erinnern, dass diese Gegenkraft mal als die Zuversicht beschrieben wurde.
          Ich bin aber auch sehr alt und wenn ich denke rieselt permanent der Rost zwischen die Tasten.
          Damals dachte ich wirklich, dass wir eine regelbasierte Ordnung gehabt hätten. Ich war eben noch jung und brauchte die Hoffnung.
          Es war aber tatsächlich nur so, dass ich mich auf der Seite der Guten in Sicherheit wägte und wir gemeinsam gerade die Reste des Kolonialismus ausgeträumt haben.
          Der Traum ist nun vorbei und die vermeintliche Ordnung ins Wanken geraten. Die Marktwirtschaften müssen nicht mehr sozial sein, um den Beweis anzutreten, dass sie humaner wären als der Kommunismus.
          Dies versucht jetzt BRICS und der Todeskampf der kolonialen Konkurrenz, die schlicht nie gelernt hat zu kooperieren, wird im Todeskampf alles vernichten, damit es im Zweifel nicht auch noch “dem Feind” in die Hände fällt.
          Für die Zuversicht ist da einfach kein Platz mehr.
          Es wird ein ähnliches Szenario “im Großen” geben, wie es gerade zwischen Israel und Palästina “im Kleinen” geschieht.
          Auch dort wird es am Ende mit Sicherheit keinen Gewinner und niemals Frieden geben.
          Solange tagtäglich mehr Mensch durch Gewalt traumatisiert werden, als davon geheilt werden können, wird die Friedenssicherung weiterhin schneller rausspringen, als ein FI im überfluteten Sicherungskasten.
          Paint it black.

          1. “… der Todeskampf der kolonialen Konkurrenz, die schlicht nie gelernt hat zu kooperieren, wird im Todeskampf alles vernichten, damit es im Zweifel nicht auch noch „dem Feind“ in die Hände fällt. Für die Zuversicht ist da einfach kein Platz mehr.”

            Da bin ich als Ostdeutscher wohl doch etwas im Vorteil, denn ich habe eine gewisse “Zuversicht” in die vom Westen verächtlich gemachten Autokraten und Diktatoren.

            Die politisch Irren und Verantwortungslosen sitzen heute im Westen, die politische Weisheit im Osten. Weshalb ich auf genügend östliche Weisheit und Verantwortung hoffe, dass sie weise und verantwortungsvoll mit den westlichen Irren umgeht. Da ist ohne Frage große Umsicht und Klugheit gefragt.

            1. @ garno

              Im Vorteil konkret wem gegenüber?
              Würde es am Ende eine Gruppe geben, die als die Irren zu bezeichnen wäre, wenn diese durch die Therapie von weisen, verantwortungsvollen und weitsichtigen Therapeuten geheilt werden könnte? Nicht vergessen, die Irren werden zu den Profis, wenn alle verrückt geworden sind. Aus der jeweils eingenommenen Perspektive, ist jeder im Besitz der letztendlichen Wahrheit.
              Gruß aus Griepswold.
              Paint it black.

              1. Es reicht, dass die Irren die Macht verlieren. Und eine “letztendliche Wahrheit” gibt es nur in der Religion und hat in der Politik nicht zu suchen. Wahrheit ist immer konkret; wahr ist etwas, solange es funktioniert, das weiß jeder Programmierer.

          2. @ CPA

            Die meisten Menschen in D sind mit westlicher, liberaler Ideologie sozialisiert worden, mit der individuellen Freiheit als höchstem Gut. Das prägt auch weiterhin, selbst wenn diese Ideologie an Grenzen stößt (mit der Realität in Konflikt gerät). Da die Ideologie auch ein entsprechendes Menschenbild erzeugt hat (individualistisch, vom Ego getrieben), wirkt das natürlich weiterhin: Die Welt wird aus westlicher, liberaler Sicht betrachtet. Erstaunlich für mich ist die offensichtliche Unfähigkeit westlicher Eliten sich in die Perspektive anderer Kulturen hineinzuversetzen (Kulturen die weniger individualistisch sondern mehr kollektivistisch geprägt sind).

            Was wir aktuell erleben, das hab ich als Ostdeutscher so ähnlich schon einmal erlebt: Die herrschende Elite verteidigt ihre Ideologie, anstatt sie der Realität anzupassen. Bei Problemen wird nicht nach der Ursache gefragt, sondern sie werden moralisch verurteilt. Das ist die Bankrotterklärung einer Ideologie, da sie sich von der Realität und den Bedürfnissen der Menschen entfern. Moralisch-ideologische Dogmen triumphieren über die praktische Vernunft, die sich an der Realität orientiert.

            “Haltung zeigen” kann als Symptom einer untergehenden Gesellschaft (oder Gesellschaftsmodell) betrachtet werden. Die westliche Elite gebärdet sich wie Don Quijote, unfähig sich in eine neue (multipolare und solidarische) Welt einzuordnen. Es werden weiter die Kämpfe vergangener Zeiten ausgefochten.

            1. @ garno

              Ich kann da beim besten Willen nicht widersprechen, wir sind zu sehr auf einer Linie. Nur glaube ich nicht mehr daran, dass dieses Mal der Druck im Kessel kontrolliert entweicht und eine Kettenreaktion der Veränderung herbeiführt. Ich bin mir sicher, dass dieses Mal eine Kettenreaktion die Energie freisetzt, welche den Kessel komplett verdampft. Es sind einfach zu viele Akteure, die bewusst auf dieses Ziel hinarbeiten und in ihrer Blindheit die Fehlbarkeit von Systemen (und Menschen) unterschätzen.
              Paint it black.

        2. @garno:
          Ist die Gegenkraft von “alles Scheiße” nicht das wache Bewusstsein?
          Dazu gehört für mich unter anderem das klare Denken, in Form von objektivem Wahrnehmen und dem Eruieren von Optionen, gerne im Austausch mit anderen Menschen. Auch mit Menschen anderer Meinung. Ich kann dann freier wählen, bin nicht den Manipulationen so sehr ausgeliefert.
          Vor allem aber auch zu wissen, daß man an und in Krisen wachsen kann. In der Freude entsteht wenig Entwicklung, wobei sie ein wertvoller Ausgleich ist.
          Ich bin ohnehin der festen Überzeugung: Am Ende wird Alles gut. Und wenn es nicht gut ist, dann war es noch nicht das Ende 🙂

    1. @ Coroner

      Würden wir annehmen können, wir hätten es einfach mit unvernünftigen Menschen zu tun, bestünde meinerseits Hoffnung. Vernunft ist erlernbar. Ich sehe hier jedoch Menschen, die selbst keinerlei Wahl haben und in den Fesseln der Sachzwänge agieren. Natürlich versuchen sie sich selbst zu retten und folgen damit dem menschlichen Überlebenstrieb. Ebenfalls nimmt es bisweilen groteske Züge an, wenn sie “seriös” verklären was Phase ist und welche Erwartung an uns als Bürger im Rahmen einer Mitwirkungspflicht gestellt ist. Ansonsten tun sie eben, was getan werden muss, egal was und wen das etwas kostet. Ob uns ein Merz oder ein Scholz, mit der Pistole auf der Brust verkauft, ist mir persönlich vollkommen egal, am Ende ist es jedoch mein Fell, welches sie mir über die Ohren ziehen werden. Und damit habe ich ein erhebliches Störgefühl und verliere die Lust ein rostiges Rädchen in diesem Getriebe zu sein.
      Paint it black.

  5. Es hängt alles davon ab, dass USA, GB und NATO endlich zur Vernunft kommen. Das ist doch Kindergarten, was die hier treiben. “Ich will aber die einzige Weltmacht sein”. Die anderen böse, gefährlich, Autokraten, blabla. Gegen den Kram, den sie gerade propagieren erscheint Putin hoch rational. Das sind nicht die Guten, Volk, kapier es endlich. Die wollen Euch nur in einen Krieg treiben, der nicht Eurer ist. Haben sie nicht schon genug Schaden angerichtet?

  6. Nach dem ersten Kommentar wollte ich bereits lästern, »Fein, dann sind wir schon zu zweit«. Dann purzelten weitere Beiträge in den Kommentarbereich, so schön, dass mir das Lästern vergeht. Offensichtlich befinde ich mich in guter Gesellschaft – obwohl die Regierung eine Zusammenrottung von drei oder mehr Personen gerne als “kriminelle Vereinigung” bezeichnet. Sei’s drum: ist mir ein Vergnügen!

  7. “differenziertes Hinterfragen, Problematisieren und Reflektieren”! Hei, kriegführende Mächte sind doch keine akademischen Diskutanten, sondern knallhart abwägende, insofern sogar “rational” agierende Kräfte! Womit inbegriffen ist, dass dieses den eigenen Vorteil, die eigenen Chancen, Kräfte und Kosten abwägende Kalkül, die Einschätzung der Kräfte und Kosten des Gegners, sich auch im Irrtum und in der Fehleinschätzung befinden kann. Zudem: “Nato”, “USA”, “GB”, “Russland”, etc. sind doch keine einheitlich Formationen und Handelnde. Auch dort gibt es widerstreitende und konkurrierende, um Vorherrschaft kämpfende Blöcke, bisweilen sogar Individuen.

    Und was “das Volk” betrifft: das sieht man hier beispielsweise auf Demos gegen Rechts. Aber auch auf Bauerndemos. Natürlich auch bei der schweigenden, aber tief murrenden Masse. Auch als Nicht-Anwesende auf dürftig besuchten Friedensdemos. Und so weiter.

  8. “dass die Deutschen „wieder kriegstüchtig“ werden müssen.”
    Eine nicht nur wahrlich unselige Formulierung, sondern die garantierte Einladung zum vorgezogenen Ableben mit Erfolgsgarantie: Für Mensch, Tier, Pflanze gleichermaßen.

    Nur Politiker sind natürlich – wie immer – davon ausgenommen.
    “Klingelt´s?” kann man die Kriegsbefürworter fragen. Und in der Rüstungs-Industrie-Kasse klingelt es definitiv. An der Haustür der Sensenmann.

  9. Die Vernunft ist in weiten Teilen der Welt verbreitet, es ist die goldene Milliarde, die sich mit ihrer Vernunft noch nicht im klaren ist!
    Der ‘Russe’ nimmt Teil an der Vernunft, nur der ‘Russe’ hat eben die besseren Strategien.
    Weil der ‘Russe’ gelernt hat, wie man seine Herausforderer opportun ihre Arroganz bekämpft, eben Opportunismus im Verbund einer gleichgesinnten Allianz.

  10. Mit diesen Politikern wird es aber nichts.

    Roderich Kiesewetter von der CDU hat der „Deutschen Welle“ unter anderem gesagt:

    „Der Krieg muss nach Russland getragen werden. Russische Militäreinrichtungen und Hauptquartiere müssen zerstört werden. Wir müssen alles tun, dass die Ukraine in die Lage versetzt wird, nicht nur Ölraffinerien in Russland zu zerstören, sondern Ministerien, Kommandoposten, Gefechtsstände.“

  11. “Der Kapitalismus trägt den Krieg in sich, wie die Wolke den Regen!”

    Der oberstehende Artikel ist m.E. ziemlich blauäugig und naiv – der könnte glatt von Gorbatschow sein. 300 000 Menschen in Bonn haben aus dem NATO-Wolf keine Friedenstaube gemacht und Gorbatschow hat einen Krieg nur hinausgezögert, indem er die Sowjetunion zerstört und Teil an Natostan verschenkt hat. Ohne die Systemfrage zu stellen werden wir m.E. noch in 100 Jahren unsere Konflikte mit Waffen lösen, weil das die Börsen klingeln läßt. Und dort ist der Friedenswille des Volkes egal – man frage Frau Baerbock. Gewinn war schon immer eine mächtigere Motivation, als kognitive Einsicht. In Zukunft wird die Meinung der Bevölkerung noch viel weniger bewirken, als in der Vergangenheit, weil Soldaten eine immer geringere Rolle spielen werden, statt dessen wird man mehr auf autonome Systeme setzen.

    Kurz gesagt: Ich bin auch Defätist B-)

    1. @.Mathäus Schmidt

      »Fein, dann sind wir schon zu zweit«.
      Also kurz vor einer Bewegung.
      Früher sprachen wir Menschen, die mit kognitiver Verzögerung auf ihre Umwelt reagierten, ein Brett vor dem Kopf zu. Heute geben wir dem Brett einen bequemen Haltegurt und vermarkten das Teil für 3k als Hohlo-Dings, koppeln das demnächst mit einer FPV-Drohne und erlauben bald jedem gutem Menschen explosives auf böse Menschen fallen zu lassen, wie eine Friedenstaube mit akutem Durchfall. Zwischendurch gehen wir in einer VR-Welt spazieren, die es nie geben haben würde und machen irgendwas, was nichts bringt und sollen uns dafür dann gefälligst gut und nützlich fühlen. Natürlich für Credits. Schon diese Idee bläht mich übelst an.
      Paint it black.

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