Frauenrechte mit Balanceakt

We can do it.
National Museum of American History, Public domain, via Wikimedia Commons

In Zeiten, in denen Gendersternchen groß-, aber echte Frauenrechte klein geschrieben werden, etabliert sich eine neue Frauenrechtsbewegung rund um die Gruppe der Frauenheldinnen.

Sie haben sich die schwierige Aufgabe vorgenommen, Frauen der unterschiedlichsten Couleur an einen Tisch und miteinander ins Gespräch zu bringen. Solange sie sich zumindest in einem Punkt einig sind: In ihrem Wunsch, die Würde und Freiheit von Frauen und Mädchen zu stärken. Ein Bericht über eine spannende Konferenz mit großer Vielfalt und streckenweise dünnem Eis.

Die Konferenz für widerständige Frauen nennt sich die „Heroica“, und fand dieses Jahr zum zweiten Mal statt. 170 Frauen trafen sich für drei Tage, um über die wichtigsten Themen der Frauenbewegung zu reden und zu ringen. Das ist ein spannendes Projekt, denn was sie alle eint, ist nicht nur ihre Forderung nach Frauenrechten. Sie sind allesamt streitbare Idealistinnen, die sich engagieren wollen für eine bessere Welt und nicht eine von ihnen ist eine brave Ja-Sagerin. Ausschließlich solche, die gerne selbst denken und diese Ansichten dann auch durchfechten wollen. Mit sehr verschiedenen konkreten Einzelpositionen. Eine interessante Gemengelage also.

Eine junge Alice Schwarzer

Um ein Bild zu schaffen, seien hier die fünf völlig verschiedenen Frauen proträtiert, denen jeweils ein Preis der Frauenheldinnen 2025 verliehen wurde. Denn dieser große Bogen sagt viel über die Gruppierung und ihre Mission aus. Beginnen wir mit Birgit Kelle, die für ihr Buch zu Leihmutterschaft „Ich kauf mir ein Kind“ ausgezeichnet wurde. Sie ist verheiratet, Mutter von vier Kindern, streitbar, konservativ, familienpolitisch ausgerichtet, und kann mit den herkömmlichen Forderungen der Frauenbewegung eher wenig anfangen. Wenn es aber um die Politik der Leihmutterschaft, der Frage der Transgesetzgebung oder der Sicherheit von Frauen und Mädchen im öffentlichen Raum geht, da wird Birgit Kelle leidenschaftlich und das laut und deutlich.

Für ihr Projekt „Was ist eine Frau“ erhielt Rona Duwe den Preis für die beste Kampagne. Sie ist eine Radikalfeministin mit Leidenschaft. Vielleicht tue ich ihr da unrecht, aber ich habe von ihr noch nicht viel Versöhnliches in Richtung Männer gehört. Patriarchale Strukturen erkennen, benennen und bekämpfen, das tut sie kompromisslos und mit viel Expertise. Eine junge Alice Schwarzer. Außer in dem einen Punkt, dass es ihr ziemlich egal zu sein scheint, was andere über sie denken. Wer mit ihr nicht klarkommt, muss halt noch an sich arbeiten. Ihre Texte, ihre Energie und ihr Substack sind für viele Frauen eine Inspiration. Ein Leuchtturm.

Noch bunter wird der Strauß, wenn man Anabel Schunke, die den Preis als beste Journalistin gewonnen hat, dazu nimmt. Mit 600.000 Followern schreibt sie vor allem für sehr konservative Journale, gelegentlich aber auch für die Emma. Sie liebt Chanel, kurze Röcke und perfektes Makeup und sticht da schon ein wenig gegenüber den meisten Frauenbewegten heraus, die hinter Stöckelschuhen tendenziell doch eine Unterwerfung unters Patriarchat vermuten. Ihre Thesen sind sehr klar, vor allem wenn es um Zuwanderung geht. Sie kämpft mit Überzeugung für Meinungsfreiheit, Frauenrechte und gegen Islamismus und ist damit tatsächlich eine wichtige Stimme innerhalb der neuen Frauenbewegung geworden. Egal, was passiert auf der Welt, man kann sich ziemlich sicher sein, dass man Anabel Schunke auf der Seite der Frauen und Mädchen wiederfindet.

Den Preis für das beste Medium haben die beiden Macherinnen des Formats „Die Podcastin“ gewonnen. Isabelle Rohner und Regula Stämpfli sind beide Geisteswissenschaftlerinnen, promoviert, die eine ist Expertin für die Philosophin Hannah Arendt, die andere für die Frauenrechtlerin Hedwig Dohm. Gemeinsam haben sie über 200 Podcasts mit „feministischen Wochenrückblicken“ entwickelt, denen immer erstmal ein literarisches Zitat vorneweg gestellt wird.

Widersprüche aushalten

Alle diese Frauen haben sich ohne Zweifel für die Würde und Freiheit von Frauen eingesetzt und dabei vieles erreicht. Abgesehen davon könnten sie unterschiedlicher kaum sein. Eine Familienmutter, eine Radikalfeministin, eine pointiert politische Journalistin und zwei Wissenschaftlerinnen. Jeder von ihnen wird unter dem Schirm der Heroica die Möglichkeit gegeben, ihre Sichtweise zu vertreten. Das macht die Veranstaltung sehr viel spannender, als wenn immer die Gleichen immer das Gleiche wiederholen. Aber natürlich auch viel zerbrechlicher. Und das betrifft erstmal nur die Frauenthemen. Von Gaza, Russland und dem Klimawandel braucht man gar nicht anzufangen, wenn man schlussendlich auf einen gemeinsamen Nenner kommen will.

In den letzten Jahren haben sich viele Widerstandsbewegungen, die mit großen Idealen angetreten sind, selbst zerlegt. Zu schnell kamen die Egos ins Spiel und damit der Streit. Die Frauenheldinnen versuchen gar nicht erst, die eine Wahrheit festzulegen. Ihr Ziel ist es von vorneherein, Widersprüche auszuhalten. Und vielleicht funktionieren Konzepte ja besser, wenn man gar nicht antritt mit der Idee, alle in allem zu einen. Vielleicht hat man eine bessere Chance, wenn man anerkennt, dass die Ansichten sehr verschieden sind. Und dass es um eine Koalition in nur einen einzigen Punkt geht: Einzutreten für Mädchen und Frauen.

Unter diesem Vorzeichen hat die Vorsitzende Eva Engelken eine große Gruppe an Expertinnen auf die Konferenz bekommen, altgediente wie Alice Schwarzer, ausländische Vertreterinnen aus Spanien und England, viele, viele aktive Frauen zu unterschiedlichen kontroversen Themen, wie Islamismus, Selbstbestimmungsgesetz, Pornographie in Schulen und vielem, vielem mehr. Tagsüber wurde diskutiert, abends gefeiert. Und doch, die Stimmung war gut.

Es wäre zu hoffen, dass dieses Konzept weiter aufgeht. Den Frauenheldinnen, die mit solcher Energie an der Heroica arbeiten. Vor allem aber den Frauen und Mädchen, die in den letzten Jahren viel verloren haben in diesem Land.

Anne Burger

Anne Burger ist Hochschullehrerin für Mathematik und Logik. Sie lebt mit Mann und Kindern in Süddeutschland.
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10 Kommentare

  1. Im Prinzip gehe ich mit dem Radikalfeminismus absolut konform aber leider bin ich männlichen Geschlechtes und zu alt, um mich noch daran zu gewöhnen, von weiblichen Influencer:innen mit Hochschulabschluss durchregiert und in den Staub geworfen zu werden. Insofern scheint es sich eher um ein geschlechtsspezifisches Thema mit Fokussierung auf ein vordefiniertes Zielpublikum zu handeln. Ob ich dabei mitmachen soll, weiß ich noch nicht wirklich.

  2. Vor allem aber den Frauen und Mädchen, die in den letzten Jahren viel verloren haben in diesem Land.

    So? Was denn?

    Und was genau sollen „Frauenrechte“ sein? Ich dachte Gesetze sind geschlechtsunabhängig zu halten, wenn irgendwie möglich (zumindest würde das „Gleichberechtigung“ bedeuten, das hat man leider schon mit der Istanbul-Konvention über Bord geworfen, zu Ungunsten von Männern).

    Immerhin beachtenswert, dass auch einige eher konservative Frauen mit von der Partie sind, nicht dass ich glaube, dass wirklich irgendetwas Sinnvolles dabei rauskommt, Frauen sind längst gleichberechtigt, Deutschland ist auch kein Patriarchat, wie gern lamentiert wird. Frauen und Männer sind nunmal unterschiedlich in Zielen und Leistungsfähigkeiten. Ich halte das für eine weibliche Nabelschau, emotionale Synchronisation, die den meisten Frauen bekanntlich sehr wichtig ist (und ihnen gleichzeitig auch das Leben so schwer macht, von wegen „die Gesellschaft“ will etwas von ihnen, idR machen Frauen sich gegenseitig Druck und leiden unter der weiblichen Hackordnung am meisten).

    1. Nun ja, Frauen sind in gewisser Weise aufgrund ihrer arterhaltenden Funktion schutzbedürftiger und haben teilweise völlig andere Prioritäten als unsere patriarchalisch organisierte Machteltie und wurden in der Ausübung ihrer Menschenrechte traditionell immer stark benachteiligt, bis die Suffragettenbewegung zu Beginn 20. Jahrhunderts erste Erfolge bei der Beseitigung geschlechtsspezifischer Benachteiligungen erzielen konnte. Als Frau hast es wahrscheinlich immer noch doppelt schwer, in die Machtelite aufzurücken, wenn du nicht gerade als Milliardenerbin zur Welt gekommen oder als superintelligente Professorin an der Uni dozierst. Frauen sind nicht die einzigen benachteiligten Wesen dieses Planeten aber ihre Benachteiligung nimmt mit der allgemeinen Benachteiligung benachteiligter Bevölkerungsanteile wieder zu.

      1. Nun ja, Frauen sind in gewisser Weise aufgrund ihrer arterhaltenden Funktion schutzbedürftiger

        Und daher haben sie ja auch Sonderrechte, müssen sich im Krieg z.B. nicht erschiessen lassen.

        und haben teilweise völlig andere Prioritäten als unsere patriarchalisch organisierte Machteltie

        Unsere „Machtelite“ soll patriarchalisch organisiert sein? Wo denn? Auf oberster EU-Ebene hockt eine Frau, bis kürzlich wurden wir von einer regiert.

        und wurden in der Ausübung ihrer Menschenrechte traditionell immer stark benachteiligt

        Behaupten die heutigen Frauen, tatsächlich waren beide Seiten schei*e dran. Man könnte es aber auch so sehen:
        https://youtu.be/YZxMqxVg8aM

        bis die Suffragettenbewegung zu Beginn 20. Jahrhunderts erste Erfolge bei der Beseitigung geschlechtsspezifischer Benachteiligungen erzielen konnte

        Welche? Ich bin nichtmal sicher, ob sie positiv zum Frauenwahlrecht beigetragen haben, denn meines Wissens waren sie militant und gewalttätig.

        Als Frau hast es wahrscheinlich immer noch doppelt schwer, in die Machtelite aufzurücken, wenn du nicht gerade als Milliardenerbin zur Welt gekommen oder als superintelligente Professorin an der Uni dozierst.

        Bezeichnenderweise wollen die meisten Frauen das gar nicht, denn dort wo Frauenquoten herrschen, fehlt dann oft die Auswahl. Siehe die Wahl von Göring Eckhardt, die einfach durchgerutscht ist, während drei Männer um einen Posten zu konkurrieren genötigt waren…

        Frauen sind nicht die einzigen benachteiligten Wesen dieses Planeten aber ihre Benachteiligung nimmt mit der allgemeinen Benachteiligung benachteiligter Bevölkerungsanteile wieder zu.

        Das Gegenteil ist der Fall, Frauen haben in Europa so viele Rechte wie nirgendwo auf der Welt, in der Praxis sogar mehr als ihre Männer. Dass du glaubst, dass sie benachteiligt sind, liegt wahrscheinlich daran, dass radikale Feministinnen im ÖRR von unseren Zwangsgebühren bezahlt herumjammern dürfen (während Forderungen und Beschwerden immer durchgeknallter werden).

    2. Ich würde vermuten, dass die Autorin damit meint, dass Frauen sich vor mehr als einem Jahrzehnt einfacher und sicherer im öffentlichen Raum bewegen konnten. Dass junge Frauen in muslimisch dominierten Wohngegenden und in den Schulen längst nicht mehr frei entscheiden können, wie sie sich kleiden und bewegen wollen, wen sie als Partner akzeptieren, ob sie fasten oder Alkohol trinken.
      Ich weiß aber nicht, was „Frauenrechte“ sein sollen. Ich dachte es gibt universelle Menschenrechte. Welche Rechte das sein sollen, die Männern nicht zustehen, bleibt mir verborgen. Vielleicht Schwangerschaftabbruch? Aber in dieser Frage hat die Autoren – jedenfalls glaube ich mich so zu erinnern – eine sehr viel differenziertere Haltung als die Weg-mit-dem-Zellklumpen- Fraktion.
      Immerhin aber interessant, dass mit Kelle und Schunke zwei ohne jeden Zweifel konservative Publizistinnen geehrt wurden. Und zwar zwei, von denen Wokeschisten nur mit Schaum vom Maul sprechen. Nach den medialen Gesetzen der Neuzeit müssen doch jetzt andere Preisträgerinnen die Annahme der Auszeichnung verweigern, die „Zeit“ und die „Süddeutsche“ scharfsinnige und wortreiche Kommentare darüber abgeben, wie schlecht diese Ehrungen sind usw.
      Oder totschweigen. Geht auch.

      1. Ich würde vermuten, dass die Autorin damit meint, dass Frauen sich vor mehr als einem Jahrzehnt einfacher und sicherer im öffentlichen Raum bewegen konnten. Dass junge Frauen in muslimisch dominierten Wohngegenden und in den Schulen längst nicht mehr frei entscheiden können, wie sie sich kleiden und bewegen wollen, wen sie als Partner akzeptieren, ob sie fasten oder Alkohol trinken.

        Ja, so lächerlich das ist, denn wer stand denn am Bahnhof und hat Teddys geworfen? Wer in der Regierung hat die Gesetzgebung ausgehebelt? Wer wählt überwiegend Migrationsparteien (Frauen haben immerhin die Bevölkerungsmehrheit)? Wer wählt nicht AfD und macht bevorzugt Propaganda gegen diese im ÖRR? Gehen Omas oder Opas gegen „rechts“ auf die Straße? Wer sitzt einer linksextremen Zensurorganisation wie der Amadeu Antonia-Stiftung vor?

        Vielleicht sollten die Damen endlich mal lernen, was Kausalität bedeutet und dass man seinem Bauchgefühl und Emotionen nicht immer bedingungslos vertrauen sollte.

      1. Du kannst ja mal versuchen, es mir ja mit gleicher Münze heimzuzahlen. Argumentum ad hominem ist nämlich schlechter Stil und eine Art Rabulistik (ich weiß, da sind Frauen besonders begabt drin, da habe ich sehr unangenehme Erfahrungen gemacht).

        Dass ich gerade hier poste, hängt damit zusammen, dass ich erst jetzt Zeit habe, ich habe nämlich eine Familie, um die ich mich kümmern muss… außerdem kotzt mich die verlogene privilegierte weibliche Jammerei endlos an.

  3. Sich auf einen gemeinsamen Punkt zu konzentrieren und den Rest außen vorzulassen, ist, denke ich, der optimale Ansatz. Zusammenarbeiten bei dem wo man Gemeinsamkeiten sieht. Das bringt am ehesten Erfolg.
    Wenn sie das schaffen, sind sie wirklich gut, das ist, meines Erachtens, einer der größten Stolpersteine für fruchtende Zusammenarbeit. Die Menschen wollen nicht mit dem oder dem zusammenarbeiten, weil der bei anderen Themen grundlegend andere Ansichten vertritt (ich auch).
    Das ist dumm.

  4. „…………….. die Würde und Freiheit von Frauen und Mädchen zu stärken“

    Der Feminismus ist eine fanatisierte und Ideologie

    Das Ziel muss Emanzipation heißen. Miteinander und auf Augenhöhe und gleiche Rechte!

    Alles andere ist zu bekämpfen

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