Was der Journalist Walter Lippmann im Jahr 1920 schrieb, könnte auch aus dem Jahr 2024 stammen: Wie Journalismus nach Art der Könige als Verteidiger des Glaubens auftritt.
Die erste Ausgabe der ersten amerikanischen Zeitung – sie hieß Publick Occurrences – wurde am 25. September 1690 in Boston veröffentlicht. Die zweite Ausgabe erschien schon nicht mehr, weil der Gouverneur und der Rat dies verhinderten. Sie befanden, dass Benjamin Harris, der Herausgeber, überaus »hochgesteckte Überlegungen« gedruckt hatte.1 Tatsächlich scheinen einige seiner Überlegungen bis auf den heutigen Tag sehr hochkarätig zu sein. In seiner Broschüre hatte er geschrieben:
»Dass man etwas tun möge, um den vorherrschenden Geist der Lüge zu heilen oder doch zumindest zu bannen. Darum soll unter Rückgriff auf die besten verfügbaren Informationsquellen nur das berücksichtigt werden, wovon wir Grund zu der Annahme haben, dass es wahr ist. Und wenn sich in den dargelegten Informationen irgendein sachlicher Fehler herausstellt, dann wird er in der nächsten Ausgabe korrigiert. Des Weiteren ist der Herausgeber der Publick Occurrences bereit, sich in Anbetracht zahlreicher Falschmeldungen – die in böswilliger Absicht gemacht und in Umlauf gebracht werden – für Folgendes einzusetzen: Dass jeder von einer rechtschaffenen Person aufgespürte Urheber einer solchen Falschmeldung in dieser Zeitung (außer, es wird ein gegenteiliger Hinweis gegeben) als böswilliger Initiator der Falschmeldung bloßgestellt wird. Es wird davon ausgegangen, dass dieser Vorschlag niemandem missfallen wird; außer vielleicht denen, die durchaus beabsichtigen, sich eines derart schäbigen Verbrechens schuldig zu machen.«
Heute sind sich die Menschen durchgehend im Klaren darüber, dass sie sich auf die eine oder andere Weise mit Fragen beschäftigen müssen, die komplizierter sind als alle Fragen, für deren Bearbeitung die Kirche oder die Schule sie vorbereitet hat. In zunehmendem Maße begreifen sie, dass ihr Verständnis bald an seine Grenzen stößt, wenn die relevanten Fakten nicht schnell und zuverlässig verfügbar sind. Sie sehen sich angesichts dessen zunehmend ratlos; und sie fragen sich, ob ein auf Zustimmung angewiesenes Regierungshandeln in einer Zeit Bestand haben kann, in der die Herstellung von Zustimmung2 eine unregulierte private Unternehmung ist. Denn in einem ganz konkreten Sinne ist die gegenwärtige Krise der westlichen Demokratie eine Krise des Journalismus.
Nach Art der englischen Könige
Ich stimme nicht mit denen überein, die meinen, dass Korruption der einzige Grund ist. Gewiss gibt es reichlich Korruption: geldgesteuerte Kontrolle, Kastendisziplin, finanzielle und soziale Bestechung, Seilschaften, Dinnerpartys, Clubs, politisches Geplänkel. Die mit russischen Rubeln handelnden Spekulanten, die an der Pariser Börse über die Einnahme von Petrograd gelogen haben, sind nicht das einzige Beispiel ihres Schlages.3 Trotz alledem erklärt die Korruption nicht den Zustand, in dem sich der moderne Journalismus befindet.
Kürzlich schrieb Franklin P. Adams: »In der sogenannten freien Presse finden sich heute viele Belanglosigkeiten – und eine schier unglaubliche Dummheit und Unwissenheit; aber es sind dies Trivialitäten und dergleichen, die dem Menschengeschlecht nun einmal inhärent sind – Trivialitäten, wie man sie bei Musikern, Installateuren, Vermietern, Dichtern und Kellnern antrifft. Und wenn Miss Lowell [welche die übliche aristokratische Beschwerde vorgetragen hatte] von dem unverbesserlichen Wunsch aller amerikanischen Zeitungen spricht, sich bei jeder Gelegenheit über jede nur erdenkliche Sache zu jeder passenden oder unpassenden Gelegenheit lustig zu machen, dann sind wir uns wieder uneinig. In amerikanischen Zeitungen gibt es den unverbesserlichen Wunsch, die Dinge sehr viel ernster zu nehmen, als sie es verdienen. Liest Miss Lowell die gewichtigeren Nachrichten aus Washington? Liest sie die Nachrichten aus der Gesellschaft? Man kann sich fragen, ob sie überhaupt Zeitungen liest.«
Mister Adams liest sie zweifellos. Und wenn er schreibt, dass die Zeitungen die Dinge viel ernster nehmen, als sie es verdienen, dann kann man das wohl so sagen – wie die Frau des Bürgermeisters gegenüber der Königin bemerkte. Insbesondere seit dem Krieg sind Redakteure überwiegend zu der Überzeugung gelangt, dass ihre höchste Pflicht nicht darin besteht, zu berichten, sondern zu belehren; nicht darin, Nachrichten zu drucken, sondern die Zivilisation zu retten; nicht das zu veröffentlichen, was Benjamin Harris »den Zustand der öffentlichen Angelegenheiten im In- und Ausland« nennt, sondern die Nation auf Kurs zu halten. Nach Art der englischen Könige haben sie sich selbst zu Verteidigern des Glaubens erkoren. »Seit fünf Jahren«, so Mister Cobb von der New York World, »gibt es in der Welt keinen freien öffentlichen Meinungsbildungsprozess. In Anbetracht der unerbittlichen Zwänge des Krieges haben die Regierungen die öffentliche Meinung kassiert. […] Sie lassen sie im Gleichschritt marschieren. Sie haben ihr beigebracht, stramm zu stehen und zu salutieren. […] Manchmal hat es den Anschein, dass Millionen von Amerikanern nach der Unterzeichnung des Waffenstillstands ein Gelübde abgelegt haben müssen, wonach sie nie wieder selbstständig denken würden. Sie waren bereit, für ihr Land zu sterben, nicht aber, für ihr Land zu denken.« Jene Minderheit, die stolz darauf ist, dafür zu denken – und die nicht nur bereit, sondern auch todsicher ist, dass sie allein weiß, wie sie für das Land zu denken hat –, hat die Theorie übernommen, dass die Öffentlichkeit erfahren sollte, was gut dafür ist.
in den 50ern wäre Lippmann eindeutig als Kommunist verurteilt worden( MC Carthy Regime mit Todesstrafe). Heute würde man ihn Nazi nennen. Insbesondere Nazi Phaeser würde ihn so nennen.. Die schützt ja die Demokratie in dem sie die entfernt und sicher wegschliesst.
MEINUNGSFREIHEIT ist ja schon immer so gewesen. Entweder bist du im richtigen Meinungskorridor oder du wirst gebannt oder gemordet.
Liebe Grüsse aus dem Land der traditionellen Berufsverbote, lebenslänglichen Haftstrafen für Kritikerr usw.
Hauptsache tatsächliche oder besser noch erfundene Sachen in China etc. sorgt für Ablenkung von Verbrechen des eigenen Landes.
So ist es richtig Stoltenberg. Der erste vernünftige Satz den ich von dir in den dutzenden von verschwendeten Jahren gehört habe.
„Wir wollen, dass dieser Krieg endet. Der schnellste Weg, den Krieg zu beenden, ist, ihn zu verlieren.“
https://t.me/Juri_Jurovic/381
Die Menschen sollten auch erfahren was außerhalb unserer Medienblase so über uns den “Werte”-weste gedacht und geredet wird.
https://t.me/Juri_Jurovic/383
So einen Typen würde ich gerne mal bei Markus Lanz um 21:00 Uhr zur prime time der Mainstreamzombies sehen, der ihm direkt die Diagnose Geisteskrankheit um die Ohren haut. Wirklich, zieht euch das mal rein, es gibt nicht wenige Milliarden andere Menschen auf der Welt die genau so denken und die in unseren “Anführern” nicht mehr als einen durchgeknallten Haufen grenzdebiler halb irrer sehen.
Ließt sich 1:1 wie Hans-Magnus Enzensberger’s “Einzelheiten – Teil1 ” von 1962.
Ich hatte dieses höchst empfehlenswerte Buch (Büch-lein-chen…) in den 90ern gelesen – und war überwältigt, wie visionär Enzensberger die Entwicklung der Medien analysiert und vorhergesagt hatte…
Enzensberger gilt als der Erfinder des Ausdrucks “Bewußtseins-Industrie”.
Bis dahin nannte man das irreführend und verharmlosend “Kultur-Kritik”…
Medien lügen durch Weglassen ! von Information – wie bei einer gefälschte Information, soll auch hier der Empfänger einen falschen Schluß ziehen…
Also egal ob verdreht oder verkürzt – in beiden Fällen verändert…
Ich gehe noch weiter:
Medien lügen nicht nur – inzwischen betreiben sie auch Gehirnwäsche:
so heißt es heute: Rotwein verlängert das Leben – und nächsten Monat hat irgend ein Experte das Gegenteil erforscht…
Dito Kaffee, Gummibärchen, Handy, Flugscheiben, Fusion, AfD, China, ….
Lustig, ich kenn den Namen Enzensberger nur von Pispers, da kriegt er sein fett weg weil er mit dieser “Bewusstseins-Industrie” für den Irak-Krieg geworben hat (da war noch nicht Putin sondern Saddam der “neue Hitler”).
Jetzt muss ich dieses Büchlein lesen um zu sehen welches eigene Geschwätz ihn später nicht mehr interessierte 😉
… na ja, Pispers ist ja etwa der Level von Ricarda L. :
Lehramtstudium verkackt, Piratenpartei, Kathole, …
Hat der überhaupt mal was zu Ende gebracht? Das er mit H-ME ein Problem hat, kann ich mir vorstellen – denn er ist ja Teil der Tittytainment-Bewegung. Eher Elton als Hallervorden oder Hildebrandt…
Die Irak-Aussage ist übrigens von 2003 – aber er ist ja genauso angelogen worden, wie der restliche Planet…
Man kann das aus dem Zusammenhang zerren – dann aber bitte richtig…
Der Krieg ging ja nicht um Demokratie oder Frauenrechte – sondern weil Saddam den Amerikanern gedroht hat, sein Öl nur noch in Euro zu handeln…
So viel zu unseren “Freunden” …
Vor allem war der Mann im Gesichtsbereich offenbar unzulänglich rasiert, was für mich unter normalen Bedingungen ein Ausschlusskriterium bezüglich der Auswahl einer Sexualpartnerin darstellen könnte. Damals war aber alles andere als normal und daher verzeihe ich diesem Mr. X auch jedwede Abweichung von genormten Verhaltensregeln aber deswegen bin ich nicht noch lange nicht automatisch sein Freund.
Naja, Walter Lippmann ist 1974 gestorben. Interessant das er hier als Autor aufgeführt wird, für ein Zitat und eine Buchwerbung. Kapitalismus macht halt vor keiner Grenze halt.
Ja, ich kann es verstehen, dass zunehmend Pseudonyme verwendet werden. Die Zeiten sind halt so. Auch wenn es nichts hilft. Aber wenn man ein Buch bewirbt, und dann nicht mit seinem Namen dafür einsteht, sagt das doch einiges. Mir mehr als genug.
Vielleicht riskiert mal jemand einen kurzen Blick in -Gottseibeimir- Wikipedia, um Walter Lippmann als eine Art “Vorreiter des Neoliberalismus und einer gelenkten Demokratie” einigermaßen einordnen zu können.