
Im November 2003 äußerte sich der bekannte Strafgefangene Mumia Abu-Jamal zu den Kriegsabenteuern der USA – uns kommt das heute auch bekannt vor.
Während die Zahl der Toten stetig steigt und der Widerstand gegen das fehlgeleitete Abenteuer im Irak wächst, versichern uns die Stimmen in den Konzernmedien, »wir« müssten jetzt alle »auf Kurs bleiben«, da ja ganz gewiss »am Ende des Tunnels allmählich Licht in Sicht kommt«.
Für jemanden, der zur Zeit des Vietnamkriegs gelebt hat, sind solche Versicherungen gelinde gesagt beunruhigend. Sie sind Echos, die auf eine andere Zeit, eine andere Erfahrung, einen anderen Krieg zurückverweisen. Solche Echos »machen uns klar«, dass das grundlegende Wesen der Regierungen und der Parlamente sich nicht geändert oder sich vielleicht sogar zum Schlechteren entwickelt hat.
Demokratie als Kriegsexportschlager
Bereits am ersten Tag der Angriffe gegen den Irak verlauteten Stimmen der Antikriegsbewegung, all das weise eine geradezu gespenstische Ähnlichkeit mit der berüchtigten Kongressresolution zum »Zwischenfall« im Golf von Tonkin in Vietnam auf, bei der sich Regierung, Kongress und Presse miteinander verschworen, um der Öffentlichkeit einen falschen Kriegsgrund zu präsentieren, mit dem die amerikanische Kriegsmaschine in Gang gesetzt werden konnte. Schlagzeilen fantasierten über den »brutalen Angriff« auf amerikanische Kriegsschiffe vonseiten »abgefeimter Kommunisten«, die in einem »grundlosen« Angriff auf amerikanische Streitkräfte losgegangen seien. Es dauerte fast eine ganze Generation, bis geklärt werden konnte, dass der Krieg auf der Basis einer Lüge geführt worden war.
Auch dieses Mal behaupten die Vereinigten Staaten wie schon immer zuvor, sie wollten der geistig minderbemittelten Bevölkerung des Irak »Demokratie bringen«, um sie zugleich damit vor einer »brutalen Diktatur zu retten«. Dabei werden die fieberhaften Warnungen vor »Massenvernichtungswaffen«, die einen feigen Kongress dazu gebracht haben, der Regierung so viel Macht zu überlassen wie nie zuvor, jetzt auf bequeme Art dem Vergessen überantwortet. Stattdessen bringt Amerika jetzt den Menschen im Irak »die Freiheit«. Aha.
Ich habe mich oft gefragt, warum Afroamerikaner in den Antikriegsbewegungen, die in dieser Periode entstanden sind, anders als während des Vietnamkriegs in hohem Maß präsent sind. Vielleicht hängt das mit dem tiefen kulturellen Verständnis zusammen, das Schwarze aufgrund ihrer eigenen historischen Erfahrungen in den USA für diese Frage haben.
Schwarze wissen, dass Millionen von Amerikanern jahrhundertelang über »Freiheit« gesprochen haben, ohne auch nur einmal an Schwarze »Freiheit« zu denken. Sie wissen, als tiefe Lektion der Geschichte, in jeder Zelle ihres Körpers, dass ihre Vorfahren von Menschen, die schworen, sie täten es »zum eigenen Besten« der Opfer, in Ketten hierher geschleift wurden. Sie wissen aus bitterer Erfahrung, dass Amerikaner das eine sagen mögen, aber vielleicht etwas ganz anderes meinen. Sie wissen das.
Daraus gelernt?
Nur wenige haben das so brillant auf den Punkt gebracht wie Frederick Douglass, der die Verfassung der USA als zutiefst unvollkommen verurteilte:
»Freiheit und Sklaverei – einander entgegengesetzt wie Himmel und Hölle – stehen beide in der Verfassung; ebenso der Eid, genau das zu tun, was Gott verboten hat. […] Wenn wir die Präambel mit Freiheit und Gerechtigkeit akzeptieren, müssen wir die dazugehörigen Klauseln über die Entführung und Versklavung von Menschen verwerfen. […] Die Verfassung der Vereinigten Staaten – Was ist sie? Wer hat sie gemacht? Für wen und wofür wurde sie gemacht? Stammt sie vom Himmel oder von den Menschen? Wir halten sie für ein höchst schlau ausgedachtes und böses Werk und verlangen von den Freunden wahrer Freiheit unverbrüchliche und ernsteste Bemühungen zu ihrer völligen Beseitigung. Sie ist »in Sünde empfangen und trägt den Stempel des Unrechts«.
Der große amerikanische Abolitionist und Journalist William Lloyd Garrison liefert ein Echo der Kommentare von Douglass, wenn er die Verfassung der Vereinigten Staaten »einen Bund mit dem Tod und einen Vertrag mit der Hölle« nennt.
Die US-Besatzung des Irak wird, auf die ein oder andere Art, enden. Die einzige Frage ist, wann und wie. Die Menschen in Amerika werden dieses vom Präsidenten inszenierte Abenteuer im Rückblick als Aberwitz betrachten. Sie werden die Kosten bedauern oder sogar ignorieren. Sie werden behaupten, daraus »gelernt« zu haben, und sie dann schnell in den dunklen Winkeln des nationalen Gedächtnisses vergraben. Bald, nur allzu bald, wird sie Geschichte sein – das Gebiet, das die Amerikaner am meisten hassen und ignorieren. Vielleicht wird irgendwann eine neue Generation in die verstaubten Wälzer der Vergangenheit schauen und sich erneut fragen, wie so etwas geschehen konnte.
Die Amerikaner blicken anscheinend weniger als andere auf die Vergangenheit, um etwas zu lernen. Sie sind ungeduldig und denken nach vorn, ihr Radar richtet sich auf morgen, und gestern ist so gut wie vergessen. Deswegen sind immer bereit, sich täuschen zu lassen, wenn Politiker wieder einmal die Angstkarte ziehen, um sie ein weiteres Mal in die Hölle zu schicken.
Ähnliche Beiträge:
- „Das Erschießen von Menschen ist nicht der Weg, Krisen zu lösen“
- USA gegen Kanada: Der Krieg von 1812
- „Teilen statt töten“
- Die militärische Lage in der Ukraine
- »Ein unglaubliches Versagen des Westens«
Die Amerikaner blicken anscheinend weniger als andere auf die Vergangenheit, um etwas zu lernen. Sie sind ungeduldig und denken nach vorn, ihr Radar richtet sich auf morgen, und gestern ist so gut wie vergessen. Deswegen sind immer bereit, sich täuschen zu lassen, wenn Politiker wieder einmal die Angstkarte ziehen, um sie ein weiteres Mal in die Hölle zu schicken.
Die EU Bewohner sind da nicht besser
Der Krieg ist ein besseres Geschäft als der Friede. Ich habe noch niemanden gekannt, der sich zur Stillung seiner Geldgier auf Erhaltung und Förderung des Friedens geworfen hätte. Die beutegierige Canaille hat von eh und je auf Krieg spekuliert.
Carl von Ossietzky (1889 – 1938), deutscher pazifistischer Chefredakteur der „Weltbühne“, Schriftsteller und Symbolfigur des Widerstands gegen das NS-Regime, Friedensnobelpreis 1935
„Bereits am ersten Tag der Angriffe gegen den Irak verlauteten Stimmen der Antikriegsbewegung, all das weise eine geradezu gespenstische Ähnlichkeit mit der berüchtigten Kongressresolution zum »Zwischenfall« im Golf von Tonkin in Vietnam auf, bei der sich Regierung, Kongress und Presse miteinander verschworen, um der Öffentlichkeit einen falschen Kriegsgrund zu präsentieren, mit dem die amerikanische Kriegsmaschine in Gang gesetzt werden konnte.“
Die Antikriegsbewegung ist heutzutage wie jegliche Art von Bewegung, welche der Regierung ihre Grenzen oder zumindest ihr Fehlverhalten aufzeigt, wie wegespritzt, wegindoktriniert, wegisoliert. Wir sind diesbezüglich zum Kadergehorsam der Nazizeit zurückgekehrt. Nur mit dem Denunziantentum sind wir noch nicht ganz auf der Höhe der (vergangenen) Zeit, aber das wird schon noch! Die anonymen Meldestellen sind ja bereits eingerichtet…
Es geht nur um die Besitzstandswahrung der herrschenden Klasse!
Eher noch um die Ausweitung des Besitzes, mit Wahrung als inakzeptablem Kompromiß.