Cancel Culture als niederschwellige und wirksame Zensur

Zensur
User:Rfsjim, Public domain, via Wikimedia Commons

Die Begrenzung des Raumes der „akzeptierten“ Meinungen funktioniert heute subtiler als früher. Hier ein abgesagter Vortrag, dort ein, zwei gestrichene Wörter in einem alten Text. Kritiker nennen die Bestrebungen Cancel Culture. Dabei werden missliebige Meinungen oder Haltungen aus dem öffentlichen Diskurs verbannt. Unser Autor hat drei Bücher gelesen, in denen das Thema auf verschiedene Weise betrachtet wird.

Der Begriff ist vielerorts zu hören: Cancel Culture. Michael Meyen nennt sie im gleichnamigen Buch eine „Zensur ohne Zensor“. Es handele sich um ein Programm, das Deutungshoheit sichert. Der Raum der politischen Diskussion wird eingegrenzt, dissidente Meinungen an den Rand gedrängt und ihre Träger ausgeladen – aus Veranstaltungsräumen, Universitäten oder anderen Diskussionsforen. Wir erleben demnach die Unkultur des Absagens oder des Löschens.

Drei Bücher gegen die Zensur

Aber nicht nur in der politischen Diskussion wird gecancelt. Auch und gerade in der Literatur. Hier wird, so schreibt es Melanie Möller, „der Leser (der Gegenwart) vorsorglich ,entmündigt‘, derjenige der Vergangenheit an den Pranger (der Unaufgeklärtheit) gestellt“. Möller hat jüngst eine leidenschaftliche Streitschrift für die Autonomie der Literatur vorgelegt, in der sie sich als Altphilologin und Verteidigerin der Literaten in der Geschichte (und zuweilen auch der Gegenwart) dem Thema nähert. Titel: „Der* ent_mündigte Lese:r“ – bewusst und provokant mit Sonderzeichen, denn das „Gesterne“ lehnt Möller primär aus „sprachlich-grammatikalischer Überzeugung“ ab und verweigert sich ihm konsequent.

Der Schriftsteller Gunnar Kunz wendet sich in seinem neuen Buch ebenfalls gegen diejenigen, die die Meinungsfreiheit einschränken: „Spießer jedweder politischer Couleur eint, dass sie Menschen, die sich nicht ihren beschränkten Vorstellungen von erlaubten Betragen unterwerfen, mit sozialer Ächtung bestrafen und anderen vorschreiben wollen, in welchem schmalen Korridor an zulässigen Meinungen und Verhaltensweisen sie sich aufhalten dürfen.“ Der Titel seines Buches:  „Achtung. Sie verlassen den demokratischen Sektor“.

Die drei aktuellen Bücher nähern sich dem Thema also auf unterschiedliche Weise, gemeinsam ist ihnen, dass sie die Zensur der Gegenwart nicht hinnehmen wollen. Während Möller sich vor allem mit der Literatur und den Umgang in Universitäten und Verlagen beschäftigt – wichtig ist ihr dabei insbesondere, Dichter aus der Antike zu verteidigen –, durchmessen Meyen und Kunz den politischen Raum. Beide gehen davon aus, dass die Machenschaften der Zensoren, die sich nicht so nennen, die Demokratie und die Freiheit zerstören.

Zensur durch Plattformen

Meyens Buch ist eine gut lesbare kurze Zusammenfassung der wichtigsten Aspekte, die es zum Thema zu sagen gibt. Meyen stellt unter anderem die enge Verbindung zwischen Regierung und Medien dar. Dazu kommt die Bedeutung der Plattformen, die dafür sorgen, dass bestimmte Meinungen gar nicht erst gehört werden können. Meyen spricht vom „Digitalkonzernstaat“, schließlich müssen sich die Plattformen mittlerweile einer Reihe von Zensurgesetzen unterwerfen, die zwar auch nicht so heißen, aber so wirken. Mit Plattformen sind Facebook, Instagram, Youtube und die Google-Suchmaschine aber auch Apple oder Microsoft gemeint, die jeweils mit ihrer Konzernmacht bestimmte Meinungen unterdrücken können. Das tun sie auf Basis diverser Gesetze insbesondere der EU, aber auch selbstständig im vorauseilenden Gehorsam.

Dabei sprechen die Vertreter des Mainstreams gerne von Einzelfällen, Meyen verweist auf einen Bericht der Süddeutschen Zeitung vom Anfang des vergangenen Jahres, der die Diskussion ins Lächerliche zieht. Wie viele Einzelfälle brauche es, um von einem strukturellen Problem zu sprechen, fragt der Autor der Süddeutschen süffisant. Allerdings: Es gibt viele Einzelfälle, auch wenn der Mainstream sie nicht wahrnehmen will oder kann. Sie laufen meist so ab, wie Michael Meyen am Fall eines angekündigten Vortrags von Kayvan Soufi-Siavash beschreibt. Hier sorgte der Bericht der FAZ für eine Medienlawine bis zur Tagesschau, in der Folge gab es Distanzierungen, Rücktritte im Vorstand des Veranstalters, Gegendemonstrationen und ein Versprechen des Saalbetreibers, „künftig besser aufzupassen“. Anderswo läuft es ähnlich. Dabei, so Meyen, sind „die Angriffe geschützt durch ein Meinungsklima, das der Digitalkonzernstaat über die Leitmedien verbreitet und durch Helfershelfer zementieren lässt, die von ihm ausgebildet, gelockt, erpresst werden“.

In diesen drei Verben – also ausbilden, locken, erpressen – liegt die Erklärung dafür, warum das so gut funktioniert und warum niemand dagegen aufsteht, der „drinnen“, also im leitmedial akzeptierten gesellschaftlichen Diskurs, bleiben will. Wichtig für das System der (Selbst-)Zensur ist die Verankerung in den Universitäten und anderen Bildungsstätten. Dort geht das kritische Nachfragen und Nachdenken verloren. Die genauen Prozesse hat Meyen bereits vergangenes Jahr in seinem Buch „Warum ich meine Uni verlor“ (Edition Ost) beschrieben. Melanie Möller liefert weitere Fälle für die Einengung des Geistes im Bildungssystem. Ein Beispiel: In Baden-Württemberg wurde in den Literaturkanon und die Abiturprüfung eingegriffen, weil eine Lehrerin mit Wurzeln in Afrika sich von dem vermeintlich „rassistischen Vokabular“ eines Romans attackiert fühlte, der für die Abiturprüfung obligatorisch war. Möller hält dagegen: „Die kritische Auseinandersetzung mit dem Text und seiner Sprache ist doch, wie bei jeder Literatur, etwas, das die denkerische Leistung gerade in der Abiturvorbereitungsphase besonders prägen kann.“ Wer nicht mehr mit den mannigfaltigen Widersprüchen in Geschichte und Gegenwart umgehen muss, der wird kaum einen kritischen Geist herausbilden.

Die Vielfalt der Literatur, die gleichzeitig die gesamten Abgründe des menschlichen Lebens abbildet, wird unter den Bedingungen der Cancel Culture kaum zunehmen. Was zunimmt ist ein neuer Moralismus, schreibt Gunnar Kunz. Bloßes Unwohlsein reiche aus, um Menschen das Wort zu verbieten. Und weiter: „Wir leben in einer Zeit, in der es schick ist, andere mit den eigenen Befindlichkeiten zu schikanieren.“ Einspruch werden diejenigen sagen, die die Kritik an der Cancel Culture als Machtmittel der alten Eliten deuten, die nicht begreifen wollten, dass ihre Zeit vorbei ist. Michael Meyen nennt einige Vertreter, die die Kritiker der Cancel Culture als die wirkliche Bedrohung der Debatte beschreiben. Die Fronten sind verhärtet. Woher kommt das?

Enge Verbindung mit dem Staat

Zurück zu den drei genannten Verben von eben. Wer oder was lockt? Es geht ums Geld, um Fördergelder, ein Kissen, auf dem es sicher „sicherer übernachten lässt als unter dem Damoklesschwert des Risikos, gerügt zu werden oder aus den gestifteten Gemeinschaften herauszufallen“, schreibt Melanie Möller. Michael Meyens These ist, dass die Cancel Culture von Leitmedien und Parteien-Staat ausgeht. „Sie stützt sich auf ein intellektuelles Prekariat, das aus Steuertöpfen lebt […]“ Manchmal geht es ums Geld und darum, es nicht zu verlieren. Mit dem Geld kann also erpresst werden – womit auch das dritte Verb noch einmal genannt wäre.

Gunnar Kunz schreibt davon, dass eine Trennung von Staat und NGO kaum noch zu erkennen sei und verweist auf das Demokratiefördergesetz. An dieser Stelle ist eine von mehreren kleinen Ungenauigkeiten in seinem Buch zu erwähnen, schließlich ist dieses Gesetz, das den „Hilfstruppen den Staates“ (Kunz über die NGOs) eine dauerhafte Finanzierung sichern soll, noch nicht beschlossen. Aber bereits bestehende Programme wie „Demokratie leben“ oder „Zusammenhalt durch Teilhabe“ funktionieren auf dieselbe Weise. Die NGOs dienten „als Kaderschmiede für künftige Lobbyisten und Aktivisten und stellen so sicher, dass die Gesellschaft von linientreuen Menschen durchdrungen wird, die die immer gleichen politisch gewollten Sprachhülsen in die Köpfe der Bevölkerung hämmern und regierungskonforme Ansichten durchsetzen“. Wer in und vor allem von diesem System lebt, ist erpressbar, denn macht er nicht mehr mit, verliert er die Fördertöpfe und damit sein Auskommen.

Stellt sich am Ende die Frage, welches der Bücher zu empfehlen ist? Interessant und erhellend sind alle drei. Melanie Möller verlangt ihren Lesern einige Kenntnisse in antiker Literatur ab. Sie ist als Altphilologin oftmals zu lange und zu intensiv an der Originalquelle, wobei diese Arbeit selbstverständlich ihre Berechtigung hat. Wer sich für die Literatur und den Kampf um die Integrität alter Texte interessiert, der erfährt von ihr viel Neues. Sowohl das erste Kapitel, das in das Thema einführt, oder auch die Ausführungen zu Astrid Lindgren im neunten Kapitel sind auch ohne tiefere Kenntnisse der antiken Dichter gut lesbar.

Gunnar Kunz arbeitet ebenfalls dicht an den Quellen, wenngleich seine Artikel meist aus dem Internet sind. Störend ist, dass er viele Beispiele aus einem seiner anderen Bücher übernimmt, so dass es hier nur ein Selbst- und kein Originalzitat gibt. Was hingegen nachahmenswert wäre: Kunz hat sich die Mühe gemacht, alle genannten Links über ein Internetarchiv zu sichern, die noch dazu relativ leicht abschreibbar sind. Ansonsten stellt sich die Frage, ob seine Reihung von angeblich männerfeindlichen Texten der taz zum Vatertag wirklich ein Indiz für deren Sexismus gegenüber Männern ist, sei einmal dahingestellt, es gäbe sicher noch andere Beispiele für mediale Doppelmoral. Dass Medien oftmals mit Männern anders umgehen als mit Frauen, Kunz weist noch auf die Unterschiede beim Thema Sextourismus hin, ist nicht von der Hand zu weisen.

Michael Meyens Buch ist schließlich ein Muss für jeden, der sich mit der Cancel Culture als aktuelle Form einer wirksamen und niederschwelligen Zensur befasst. Schließlich gelingt es dem Professor immer wieder, klar, deutlich und für jeden verständlich zu formulieren und dabei gleichzeitig auf hohem theoretischen Niveau zu argumentieren. Meyen greift auf Michel Foucault, Ulrich Beck, Sheldon Wolin oder Niklas Luhmann zurück und ist dabei ein Volksaufklärer im besten Sinne. Vermutlich deshalb versucht der Digitalkonzernstaat, den kritischen Professor zu canceln. Gerade erst wurde Meyen aufgrund von mehreren vermeintlichen Vergehen – unter anderem wird ihm die kurzfristige Herausgabe der Zeitung „Demokratischer Widerstand vorgeworfen – das Gehalt gekürzt. Die Landesanwaltschaft Bayern, die für den Beamten Meyen zuständig ist, hat mit diesem Vorgehen einen neuen (Einzel-)Fall von Cancel Culture geschaffen. Immer dort, wo der Professor, der gegen den Beschluss klagt, jetzt auftreten will, kann nun auf die Landesanwaltschaft Bayern verwiesen werden, um den Veranstalter unter Druck zu setzen oder einen Saal als Auftrittsort zu verweigern. Womit sich schließlich der Kreis schließt.

 

Quellen

Michael Meyen, Cancel Culture. Wie Propaganda und Zensur Demokratie und Gesellschaft zerstören, Hintergrund Verlag, 80 Seiten,

Melane Möller, Der* ent_mündigte Lese:r. Für die Freiheit der Literatur. Eine Streitschrift, Galiani Verlag, 238 Seiten, 24 Euro

Gunnar Kunz, Achtung Sie verlassen den demokratischen Sektor. Das Ende der Freiheit in Deutschland? Solibro Verlag, 217 Seiten, 18 Euro

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22 Kommentare

  1. Erwachsenensprache oder auch Neusprech wer von “Cancel Culture” spricht, markiert sich selbst als Rechtsradikaler Charakter und als Chauvinist*Innen

    1. Korrekt, lieber den Kopf in den Sand stecken damit man nichts mitbekommt.
      Was ich nicht sehe gibts auch nicht, alte Kinderweisheit.

      1. Wenn schon, dann anders rum: “Abbruch Kultur” – Verbotskultur ist das stärkere Wort in Deutsch. Canceln heisst nicht verbieten, aber unerwünscht und deswegen unsichtbar machen. Weil diese Neurechten vielen Menschen ziemlich stinken (wenn auch nicht dem Youtube Algorithmus), ist die Ablehnung ihnen gegenüber eine Kultur in deren Augen, oder vielleicht genauer eine marxistische Unterwanderung derselben, die *drum rolls* dem Land schadet.

        https://postimg.cc/jWZ4h6F0

    1. Würde ich so nicht sagen. Sonst kommt der nächste und meint, dass es mit der Sklavenbefreiung angefangen hat. Gleichstellung und zivilisierte Umgangsformen sind schon auch nützlich.

      Wenn das N-Wort beispielsweise “verboten” wird, ist das bei US-Weißen ein Handlungsersatz – und Eingeständnis -, beim strukturellen Rassismus machtlos zu sein. Der strukturelle Rassismus ist auf ein einzelnes Wort nicht angewiesen.

      Man muss, um die Wurzel der Absage-Kultur zu ergründen, nicht in die Vergangenheit schweifen.

      Die Veranstaltungen werden ja nur abgesagt, weil es Mächtige gibt, die ihre kritikwürdigen Geschäfte, wie die Feindschaftspflege gegenüber nicht ausreichend unterwürfige Staaten oder die Apartheid im eigenen oder befreundeten Land gerne ungestört weiterführen würden.

      Die digital Eingeborenen wurden auf Like-Bewusstsein konditioniert und haben zusammen mit ihren Künstlern absolut kein Problem damit, mit drastischen Vereinfachungsslogans wie #wir-sind-mehr gegen anders Sozialisierte oder Prekarisierte in den Verdrängungswettbewerb zu treten.

      Unterm Strich resultiert blanker Klassismus. Aber im Like-Suff merkt das keiner.

  2. Meyen kommt quasi aus dem “inneren Zirkel” (genau wie Guerot was EU betrifft). Wenn einer genau weiß wie Medien funktionieren dann er.

  3. Na den muss ich mir merken, der ist gut. Also mit dem intellektuellen Prekariat. Trifft voll.
    “Sie stützt sich auf ein intellektuelles Prekariat, das aus Steuertöpfen lebt”

  4. Zensur ist ekelhafter als Sex mit Tieren und da ich in der DDR aufwuchs, hatte ich gehofft, das nicht mehr erleben zu müssen. Warum eigentlich? Richtig erfolgreich waren wir in der DDR damit eigentlich nicht. Die Katholen hingegen schon. Ihre Herrschaft wurde ziemlich 1000 Jahre lang durch Zensur assistiert. Ich denke, dass man da von einem Erfolg sprechen muss. Man man wird aber anerkennen müssen, dass sich in den Reihen des katholischen Klerus im allgemeinen die geistige Elite der Zeit finden ließ. Wer, wenn er klar bei Verstand ist, wird das vom Personal, das uns aktuell zensieren lässt, behaupten?

    Ein bischen teuflisch ist das Overton-Magazin schon. Als von einem Verlag getragenem Portal, stellen sie so viele interessante Bücher vor und mein Stau von ungelesenen Büchern wird auch nicht kleiner. Bücher werden noch nicht so richtig zensiert. Wobei einst linke und liberale Verlage auch schon anfangen, am Rad zu drehen. Brüggemann hatte auch Probleme bei der Veröffentlichung seines Romanes “Materialermüdung “. Wenzel, allen Ostzonlern meist bekannt, nennt das was da läuft “Kulturstalinismus”. Der Begriff passt. Er wurde von durchgedrehten Wokeschisten mit einem Auftrittsverbot in Connewitz belegt.
    https://www.jungewelt.de/artikel/474677.offener-brief-das-lachen-nicht-verlernen.html
    Habe ich bei Gelegenheit schon geschrieben, wie sehr diese Dummköpfe zum Kotzen sind? Es ist kein Spaß, von exzellenten Leuten tyrannisiert zu werden. Von Dummköpfen ist es noch schlimmer.
    Achso, weil hier interessante Bücher vorgestellt werden, Brüggemanns “Materialermüdung ” ist auch ein richtig gutes und lustiges Buch, auch wenn mir das Lachen oft im Hals steckenblieb.

  5. Es ist nicht nur “ein neuer Moralismus”. Es ist moralischer Narzissmus. Der billigste Narzissmus, der zu haben ist.
    Narzissmus gehört in das gleiche Feld psychosozialer Störungen wie Psycho- und Soziopathie und die Borderline-Symptomatik.

    1. Das ist alles quasi identisch.
      All diese Muster basieren auf Selbstherrlichkeit, Herrenrasse Gefühle.
      Narzissmus ist das bis zu Gott gleich.

  6. Erst einmal vielen Dank, dass das neue Buch von Gunnar Kunz hier überhaupt besprochen wird, aber ich möchte gerne ein paar Punkte seiner Argumentation etwas detaillierter darstellen.

    Kunz schreibt, auf der nationalstaatlichen Ebene werde der Weg in den Überwachungs- und „Gesinnungsstaat“ ermöglicht durch die staatliche Subventionierung staatlicher und nichtstaatlicher Akteure, die „Zivilgesellschaft“ simulierend faktisch (verfassungsrechtlich verbotene) Regierungspropaganda betreiben. Dabei widmeten sich „Fake-NGOs“, die direkt oder indirekt vom Staat und/oder Machteliten finanziert werden in erster Linie der Kontrolle der öffentlichen Meinung. Ähnliches gelte auch für die Faktenchecker, bei denen es sich in Wahrheit um „Konformitätsprüfer“ handele.

    Regierung und „Gesinnungsaktivisten“ würden immer mehr zusammenwachsen (S. 36ff) und es werden gezielt Kritiker der Regierung als „systemoppositionelle Gegenmedien“ verleumdet, wie das am Beispiel der NachDenkSeiten via des Zentrums liberale Moderne (Ehepaar Fücks, ehemals Heinrich-Böll-Stiftung) geschehen dargestellt wird. Die Existenz und Tätigkeit dieses „Zentrums“ war dem Auswärtigen Amt, Innenministerium, Frauenministerium und Bundespresseamt bisher 5 Millionen Euro wert.

    Leitmedien bildeten mittlerweile ein „Medienkartell“, die es als ihre Hauptaufgabe verstünden, jeweils getroffene politische Entscheidungen als „alternativlos“ darzustellen und „Gegner des gegenwärtigen Kurses moralisch“ niederzuschreien (S. 71).
    Die Uniformität der Berichterstattung basiere auf der Basis gleicher politischer Ansichten, gleicher Herkunft und Sozialisation der Journalisten, gehe einher mit dem ökonomischen Niedergang der (Print-) Medien und mit einer Zentralisierung von Nachrichtenagenturen, von denen diese wiederum ihre Nachrichten beziehen. So sei ein Haltungsjournalismus entstanden, der Storys zuspitzte und kreativ mit den Fakten umgehe, sie aus weltanschaulichen und dramaturgischen Gründen zurechtbiege. Diesen Haltungsjournalismus nennt Kunz „Gesinnungsjournalismus“.

    Kunz resümiert, „dass die Leitmedien ein Paralleluniversum kreieren, das mit der Wirklichkeit der Menschen kaum noch etwas gemein hat.“ (S. 83) Stattdessen werde eine Wirklichkeit als Narrativ definiert, welches dann mit genehmen Experten und Entscheidern aus der Politik als unverhandelbar deklariert wird.
    Alternative Medien würden hingegen in einem „Propagandakrieg“ mit Hilfe von Faktencheckern, Internetkonzernen (ranking), EU-Richtlinien und dem deutschen Medienstaatsvertrag – notfalls mit Zensur und Strafandrohung – bekämpft.
    D.h. der eigentlichen Zensur gehen ganz andere Dinge voraus.

    Herr Schacht kritisiert: “Ansonsten stellt sich die Frage, ob seine Reihung von angeblich männerfeindlichen Texten der taz zum Vatertag wirklich ein Indiz für deren Sexismus gegenüber Männern ist, sei einmal dahingestellt, es gäbe sicher noch andere Beispiele für mediale Doppelmoral.”

    Das ist aber nicht der Punkt von Gunnar Kunz.
    Als Beispiel für die seit Jahrzehnten (!) kultivierte mediale Doppelmoral in Sachen Geschlecht widmet sich Kunz auf zwei Dutzend Seiten (S. 103 ff.) der medialen Berichterstattung zum Thema Sextourismus, Mord, Amok, Kindsmord und männlicher Opfererfahrung. Je nach Geschlecht: Einmal Mann als Täter, einmal Frau Täterin, einmal Frau Opfer, einmal Mann. Die kognitive Dissonanz in der nach Geschlecht wertenden Berichterstattung liegt für die Leser auf der Hand.

    Garniert wird dies mit der durchgängig sexistisch abwertenden Berichterstattung der taz über den Vatertag, die Kunz ab 1990 beginnend Jahr für Jahr (!) bis 2023 Revue passieren lässt.
    Dem Leser oder der Leserin soll qua Wiederholung dieses Männerbashings klargemacht werden, welche Sichtweise diesem sexistischen Ritual über 34 Jahre (!) hinweg zugrunde liegt: Väter sind ein saufendender, randalierender, sexuell belästigender rechtsradikaler Mob und alle Väter sind so.
    Ersetzte man “Väter” durch “Ausländer”, wären die “Sprachsensiblen” entsetzt.
    Diese schlimmen Stereotype! #aufschrei
    Der eigentliche Trick ist, die taz nutzt nicht nur die gleichen Verfahren (u.a. Schuld durch Assoziation und guilt by association) wie rechte Postillen, sondern es gelingt dieser, das als “links” zu verkaufen.

    Kunz zeigt auf, die medial kultivierte sexistische Doppelmoral ist per durchgängiger Propaganda ein so normaler Bestandteil der Realität geworden, dass sich offensichtlich jeder daran gewöhnt hat – es ist quasi die “neue Normalität”.

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