Transhumanismus: Das Streitgespräch

Cyborg-Mädchen
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Der Transhumanismus verfolgt das Ziel, die Grenzen der menschlichen Natur zu überschreiten – körperlich wie geistig. Im Buch »Transhumanismus?«, das im Rahmen der »Streitfragen«-Reihe des Westend Verlages morgen erscheinen wird, nehmen der Philosophieprofessor Stefan Lorenz Sorgner und der Filmemacher und Publizist Philipp von Becker in zwei gesonderten Essays Stellung zum Transhumanismus.

Hier treffen sie erstmals aufeinander.

 

De Lapuente: Herr Sorgner, das Philomag fragte Sie ja schon neulich, ob Sie ein Cyborg seien. Sie bejahten. Wie überzeugen Sie jemanden, der eine solche Identität als Cyborg für sich ablehnt? Vermutlich würde ein Großteil der Menschen nicht als Cyborgs betrachtet werden wollen …

Sorgner: Sich als Cyborg zu verstehen, hat damit zu tun, dass ich hiermit ein Abrücken vom traditionellen Verständnis der menschlichen Natur identifiziere, das mit dem Vorhandensein eines göttlichen Funkens verbunden war. Die menschliche Natur bestand zumindest seit Platon in unserer immateriellen Vernunft, dem freien Willen oder unserer Gottebenbildlichkeit. Mit dem transhumanistischen Paradigmenwechsel geht einher, dass unsere Vernunft evolutionär entstanden ist, unser Körper aus mehr nicht-menschlichen als aus menschlichen Zellen besteht und unser Smartphone bzw. unser Avatar im Metaversum möglicherweise auch zu unserem Personen-Sein gehören.

De Lapuente: Es handelt sich also um ein Abrücken vom Prinzip der Menschenwürde?

Sorgner: Statt vom anthropozentrischen Konzept der Menschenwürde wird im Transhumanismus vom Respekt vor allen Personen gesprochen, wobei betont wird, dass auch einige nicht-menschliche Lebewesen Personen sein können und das Konzept gegebenenfalls auch auf verkörperlichte Roboter angewendet werden kann. In Folge dieser Re-Konzeptualisierung erhalten wir die Vernunft nicht mittels eines göttlichen Funkens im Rahmen der Befruchtung, sondern sie entsteht auf der Basis einer Genmodifikation, die vor etwa 300.000 Jahren geschah, und muss auf immer auf neue Weise mittels eines elterlichen bzw. kulturellen Upgrades tatsächlich beim jeweils einzelnen Wesen ausgeformt werden.

»Woher nimmt der Mensch das Recht, Tiere und Pflanzen umzubringen?«

De Lapuente: Überzeugt Sie das, Herr von Becker? Der Mensch am Ende nur ein Organismus im Stützkorsett der Technologie?

von Becker: Also zunächst einmal würde ich der These zustimmen, dass der Mensch mittels Technologie zu dem geworden ist, was er ist. Je nachdem, wie weit man den Begriff fassen möchte, macht ihn schon die Benutzung von Sprache, Schrift und Werkzeugen zu einem »Cyborg« – zu einem Wesen, das die Welt formt und von der Welt geformt wird. Gleichwohl besteht natürlich ein Unterschied zwischen dem organischen Körper eines Lebewesens und einem Gegenstand wie einem Smartphone. Was gewonnen sein soll, selbiges auch als Teil des menschlichen Körpers zu verstehen, ist mir unklar. Ob und wie man aber nicht-menschlichen Lebewesen den Status einer Person – beziehungsweise vielleicht besser: politische Rechte – zuweisen könnte oder sollte, ist eine spannende Frage.

De Lapuente: Wie würden Sie diese spannende Frage beantworten?

von Becker: Ich bin unbedingt dafür, das anthropozentrische Weltbild, in dem Tiere und Pflanzen lediglich Verfügungsmasse des Menschen sind, zu überwinden. Und sollte es eines Tages Roboter geben, die ein Bewusstsein besitzen, müsste man freilich auch ihnen Würde und Rechte zugestehen. Doch das ist momentan reine Science-Fiction. Für fruchtbarer halte ich die Frage nach Rechten für bereits existierende, nicht-menschliche Lebewesen. Dann könnte man den Spieß umdrehen und danach fragen, woher wir Menschen uns das Recht nehmen, über lebendige Natur so zu verfügen – und Tiere und Pflanzen umzubringen –, dass wir damit Maschinen und Gegenstände bauen, die allein dem Menschen nützlich sein sollen. Das gesamte technisch-industrielle Tun des Menschen ist ja in erster Linie nichts anderes als ein Naturunterwerfungsprogramm. Würden wir zurecht die Fiktion des Dualismus Mensch/Kultur und Natur und den daraus abgeleiteten Unterwerfungsanspruch aufgeben, müssten wir vielleicht erstmal etwas ganz anderes tun, als anthropomorphe Roboter oder noch mehr Smartphones zu bauen. Dann müssten all die dafür benötigten und aus der Natur entnommenen Materialien vielleicht gar nicht oder für etwas ganz Anderes verwendet werden.

Sorgner: Hier frage ich mich, was Ihre Aussage bedeutet, wonach wir erstmal etwas ganz anderes tun müssten, als anthropomorphe Roboter oder mehrSmartphones zu bauen? Auf wen verweist das hier angesprochene »Wir«? Bedeutet dies etwa, dass Gesetze geschaffen werden sollten, die das Bauen von Robotern und Smartphones verbieten bzw. staatlich regeln? Am besten noch im Rahmen einer globalen paternalistischen Planwirtschaft? Glücklicherweise haben wir uns in Europa im Laufe der Aufklärung immer weiter von solchen autoritären politischen Strukturen entfernt. In hierarchisch strukturierten Gesellschaften wie in China mögen die politisch Herrschenden die Möglichkeit haben, solche planwirtschaftlichen Regelungen zu etablieren, aber in liberal-demokratischen politischen Systemen kommt der Norm der Freiheit die zentrale Bedeutung zu. Es handelt sich bei der Freiheit um eine fantastische Errungenschaft, mit der einhergeht, dass wir uns nicht mehr den willkürlichen Entscheidungen der politischen oder religiösen Eliten unterwerfen müssen. Dieser Umstand ist das Resultat eines jahrhundertelangen Kampfes, der auf vielen verschiedenen gesellschaftlichen Ebenen stattgefunden hat und noch immer geschehen muss. Es handelt sich nämlich um ein permanentes Kämpfen, um ein beständiges Ringen und um einen unermüdlichen Einsatz, damit Freiheit immer wieder neu die Rolle erlangen kann, die ihr zukommen sollte.

»Transhumanismus bejaht Liberalität und Pluralität«

De Lapuente: Wenn ich einhaken darf: Sie sprechen von Freiheit – was hat das mit dem Transhumanismus zu tun?

Sorgner: Hieran ist dem Transhumanismus gelegen, denn Transhumanismus bedeutet Freiheit. Hiermit geht auch die Forderung einher, sich immer wieder neu gegen das Aufkommen von totalitären und paternalistischen Strukturen einzusetzen. Diejenigen, die sich für ein starkes paternalistisches »Wir« einsetzen, sind die Feinde der offenen Gesellschaft. Der russische Soziologe Alexander Dugin bezeichnet den Transhumanismus als Idee des Teufels, da der Transhumanismus Liberalität und Pluralität bejaht. Alle diejenigen, denen an Pluralität, Freiheit und liberalen Demokratien gelegen ist, sollten den Transhumanismus bejahen. Nur mittels der Wertschätzung der Freiheit kann verhindert werden, dass autoritäre, paternalistische und totalitäre politische Ordnungen wieder die Oberhand gewinnen.

von Becker: Sie fahren schwere Geschütze auf. Das »Wir«, von dem ich sprach, ist natürlich ein »demokratisches Wir« und als solches keine monolithische, totalitäre Einheit, sondern ein pluralistisches Gewebe mit unterschiedlichen und widerstreitenden Interessen. Ich habe lediglich versucht, auf einen Widerspruch Ihrer eigenen Argumentation hinzuweisen. Das möchte ich noch einmal präzisieren: Wenn Sie postulieren, ein Smartphone solle als Teil des menschlichen Körpers verstanden werden, dann erwecken Sie damit den Eindruck, ein Smartphone sei ein unveräußerlicher und unabdingbarer Teil des Menschen. Dem ist freilich nicht so. Vor kurzem gab es diese Dinger noch überhaupt nicht. Und niemand hat sie vermisst oder nach ihnen gefragt. Ob sie im Übrigen unser Leben besser gemacht haben, wäre zu diskutieren – ich glaube nicht. Worauf ich aber hinauswill: Ein Smartphone ist zwar heutzutage faktisch fast unverzichtbar, aber theoretisch ist es keine unabdingbare Gegebenheit. Und seine Benutzung ist auch nicht ein Ausdruck rein individueller Freiheit. Dabei will ich hier gar nicht von Datafizierung und Kommodifizierung menschlicher Erfahrung sprechen, sondern nur den materiellen Produktionsbedingungen: Die Herstellung und der Vertrieb eines Smartphones basiert auf der Extraktion hunderter Stoffe aus der Erde, auf Ausbeutung, Naturzerstörung und komplexen globalen Produktionszusammenhängen. Ihr Freiheitsbegriff ist insofern radikal verkürzt.

»Billiger Trick: Gleichsetzung von Transhumanismus und Freiheit«

De Lapuente: Bevor nochmals Herr Sorgner zu Wort kommen darf, führen Sie doch bitte noch kurz aus, inwieweit die Freiheit, die Herr Sorgner meint, eine solche Verkürzung aufweist, Herr von Becker.

von Becker: Würde man einen Freiheitsbegriff zugrunde legen, der den Menschen als soziales Wesen und Teil der Natur begreift – und so hat es Herr Sorgner selbst angedeutet –, dann könnten andere Lebewesen und Menschen ihre Freiheitsrechte geltend machen, die durch die Herstellung all dieser für uns weder überlebenswichtigen noch unbedingt Glück bringenden Gegenstände beeinträchtigt werden – etwa durch Vergiftung und Zerstörung von Naturräumen. Herr Sorgner blendet die Einschränkungen von Freiheit, die mit seiner als Recht auf grenzenlosen Konsum verstandenen Freiheit einhergehen, vollkommen aus. Er könnte von mir aus so viele Smartphones und humanoide Roboter produzieren, wie er will – würden damit nicht Freiheiten eingeschränkt, Naturräume zerstört und Ressourcen und Energie verbraucht, die auch für etwas anderes aufgewendet werden könnten. Und genau das müsste demokratisch deliberiert werden – was aber nicht stattfindet.

De Lapuente: Also ist es in Ihren Augen der Transhumanismus, der die Demokratie gefährdet?

von Becker: Ja, meines Erachtens ist es Herr Sorgner, der antidemokratisch und paternalistisch argumentiert: Er nimmt implizite normative Setzungen vor und suggeriert die scheinbare Notwendigkeit totaler Computerisierung, über die nicht nur nicht demokratisch abgestimmt werden soll, sondern über die eben gar nicht abgestimmt werden kann – da sie sich als quasi deterministischer Evolutionsprozess zwangsläufig so ergebe und die zudem als ein rein individuelles Freiheitsrecht verstanden werden müsse. Beides ist schlichtweg falsch. Und selbst mit Annahme der These, dass ein Smartphone als Teil des menschlichen Körpers zu begreifen sei, könnte man zu dieser Schlussfolgerung gelangen: Im Rahmen der gegenwärtigen Produktionsbedingungen und der Art der Verwendung von Materialien schneiden wir uns durch die grenzenlose Extraktion und Transformation von Stoffen der Erde ins eigene Fleisch. Im Übrigen ist der billige rhetorische Trick der Gleichsetzung von Transhumanismus mit Pluralismus, Freiheit und Demokratie zumindest in der Unterstellung, die da mitschwingt, ziemlich perfide. Deshalb lassen Sie mich zurückfragen: Ist, wer gegen den Transhumanismus ist, auch gegen Demokratie und Freiheit, Herr Sorgner?

Sorgner: Sehen wir uns doch einmal ein konkretes Beispiel an, das die Reproduktionsfreiheit betrifft, die ein wichtiges Element des Transhumanismus ist. Es gibt eine Technik, mit deren Hilfe Kinder mit drei biologischen Eltern realisiert werden können. In Großbritannien ist es unter bestimmten Umständen rechtlich legitim, auf diese Technik zurückzugreifen. Hierbei werden Eizellen von zwei Frauen benutzt, wobei diese jeweils entkernt werden und der Nukleus der einen Eizelle in die andere eingesetzt wird. Hieraus ergibt sich eine Eizelle mit dem Erbgut von zwei Frauen. Wenn diese dann befruchtet und erfolgreich implantiert wird, dann kann ein Kind mit drei biologischen Eltern geboren werden. Es handelt sich um eine erfolgreiche Technik, mit der nicht nur Frauen mit einer mitochondrialen Erkrankung ein genetisch verwandtes Kind haben können, sondern auch für ein lesbisches Paar oder eine polyamouröse Beziehung zweier Frauen und eines Mannes könnte so die Möglichkeit bestehen, ein biologisch verwandtes Kind zu bekommen. Trotzdem ist es in Deutschland verboten, diese Technik zu nutzen.

»Die Ehe sollte ein dauernder Zusammenschluss einer beliebigen Anzahl von Personen sein«

De Lapuente: Unter Umständen ist das der Grund, warum für manche Intellektuelle, für Francis Fukuyama etwa, der Transhumanismus die gefährlichste Idee der Welt sein mag?

Sorgner: Weiterhin könnte es der Fall sein, dass die Eltern dieser fast schon traditionellen Familie, die aus zwei Müttern, einem Vater und deren biologisch verwandtem Kind besteht, gerne miteinander verheiratet sein wollen. Auch diese Option ist in Deutschland nicht gegeben, trotz der Tatsache, dass hier so gerne von der »Ehe für alle« gesprochen wird. Diese so genannte »Ehe für alle« ist noch immer an dem Ideal einer aus zwei Personen bestehenden Beziehung gekoppelt. Eine Ehe sollte vielmehr als ein dauernder Zusammenschluss einer beliebigen Anzahl von Personen angesehen werden, die bereit sind, füreinander zu sorgen. Ein solches Arrangement ist nicht nur im Interesse der Betroffenen, sondern ebenso im Interesse des Staates. Schließlich müssen Ehepartner sich gegenseitig unterstützen, falls einer, etwa aufgrund einer schweren Erkrankung, nicht mehr selbst für sich sorgen kann. In beiden gerade thematisierten Fällen stehen transhumanistische Forderungen im Konflikt mit den gegenwärtig gegebenen gesetzlichen Regelungen in Deutschland. Anhand dieser transhumanistischen Überlegungen werden zahlreiche verkrustete Relikte der vorherrschenden Gesetzgebung in Deutschland deutlich, die ihren Ursprung in einem dualistischen, christlichen Weltbild haben. Mit Hilfe von transhumanistischen Überlegungen können solche problematischen paternalistischen Spuren aufgezeigt werden, um sie im Anschluss verwinden zu können.

De Lapuente: Was erwidern Sie auf die Ausführungen Herrn von Beckers, wonach der Transhumanismus eine Katastrophe für die Natur wäre?

Sorgner: Die Naturzerstörung ist ein häufig zu vernehmender Vorwurf gegenüber dem Transhumanismus. Die gute Natur, der wir Ebola, Erdbeben, Vulkanausbrüche und Meteoriteneinschläge zu verdanken haben, wird durch die bösen den Menschen dienenden Techniken zerstört. Diese Art von Logik führt dann unter besonders intellektuellen Akademikerinnen zum Antinatalismus, da es im Interesse der allzu guten Natur sei, wenn keine Menschen mehr geboren werden würden. Diese Argumentationskette setzt nicht nur eine unplausible Natur-Kultur-Dualität voraus, sondern sie unterlässt es ebenso, zwischen moralisch relevanten und moralisch irrelevanten Eigenschaften zu unterscheiden. Die angesprochene »Extraktion und Transformation von Stoffen der Erde«, mit der wohl der Gebrauch von seltenen Erden gemeint ist, verdeutlicht dieses Phänomen. Seltene Erden haben weder ein Nervensystem noch ein Gehirn, was sie in die Lage versetzen würde zu leiden. Ausgewachsene Schimpansen hingegen können sich sogar selbst im Spiegel erkennen. Aus diesem Grund sollte die Leidensfähigkeit verstärkt moralisch berücksichtigt werden, was wiederum zur transhumanistischen Forderung führt, dass auch einigen nichtmenschlichen Wesen der Personenstatus zugesprochen werden sollte.

»Dieser Freiheitsbegriff ist krank«

De Lapuente: Herr Sorgner beendet sein Essay damit, dass er »die Realisierung unserer posthumanen Zukunft kaum erwarten« könne. Wie sehen Sie das, Herr von Becker? Graust es Ihnen persönlich vor einer solchen Welt?

von Becker: Das weiß ich nicht. Dass die Welt in hundert oder tausend Jahren anders aussehen wird als jetzt, ist klar. Ich betreibe keine Science-Fiction, sondern blicke aufs Jetzt. Und wenn wir wie Herr Sorgner danach fragen, wie die Welt einzurichten wäre, damit weniger Lebewesen leiden, dann fiele mir nicht als erstes eine VR-Brille ein. Ich habe versucht zu zeigen, dass der Freiheitsbegriff von Herrn Sorgner falsch ist und er sich selbst widerspricht. Dieser Freiheitsbegriff ist wiederum kein spezifisch transhumanistischer, sondern der im Westen gegenwärtig vorherrschende. Die Annahme lautet: Es gäbe ein Recht auf grenzenlosen Konsum – auf Kosten anderer. Dieser Freiheitsbegriff ist insofern vollkommen krank – um es mal so deutlich zu sagen –, aber er ist tief im Bewusstsein westlich-moderner kapitalistischer Gesellschaften verankert. Und dies nicht von ungefähr: Die Steigerung von Produktion und Konsum ist im Rahmen des Kapitalismus ein systemischer Zwang. Nach rund 250 Jahren industriellem Kapitalismus müssen wir nun aber feststellen, dass dieser nicht nur enormen materiellen Wohlstand für eine globale Minderheit gebracht hat, sondern unsere Lebensgrundlagen zerstört.

De Lapuente: Sie wollten ja eben die Frage nach Freiheit an Herrn Sorgner zurückgeben, ob nämlich ein Gegner des Transhumanismus automatisch ein Gegner der Freiheit sei …

von Becker: Meinem Argument und meiner Frage ist Herr Sorgner ausgewichen, indem er das Thema gewechselt hat und behauptet, die Gesellschaft würde einem das Recht vorenthalten, von mehr als zwei Menschen gezeugt zu werden. Darauf muss man erstmal kommen. Dass dies technisch möglich sein soll, dürfte weitestgehend unbekannt sein. Und da diese Möglichkeit bis jetzt nicht bestand, kann dies in der Vergangenheit auch keine Bevormundung oder ein »verkrustetes Relikt der vorherrschenden Gesetzgebung« gewesen sein. Wenn Menschen Kinder von mehr als zwei Menschen zeugen lassen möchten, dann können wir darüber diskutieren, was dies bedeuten würde. Ich glaube nur, dass es weitaus dringlichere Fragen zu klären gibt. Hier lenken diese vom Streitpunkt ab. Auch bin ich ja nicht grundsätzlich gegen Technik und neue Technologien. Das wäre lächerlich. Von »guter Natur« und »böser Technik« war ebenso wenig die Rede wie von »Antinatalismus«. Vielmehr ging es um genau jene »unplausible Natur-Kultur-Dualität«. Nur müsste man daraus andere Schlussfolgerungen ziehen.

»Das Smartphone tötet den Schimpansen«

De Lapuente: Sie meinen, dass die Ausbeutung der Erde und Freiheit nicht zusammengehen?

von Becker: Um es nochmal zu verdeutlichen: Mit »Extraktion und Transformation von Stoffen der Erde« meine ich nicht nur Seltene Erden, sondern überhaupt alle Stoffe, die notwendig sind, um in diesem Fall Smartphones zu produzieren und zu vertreiben: Also sämtliche Metalle und Stoffe, die in den Smartphones selbst verbaut sind, Maschinen und Geräte, mit denen diese abgebaut und transportiert werden, Fabriken, in denen diese hergestellt werden, Vertriebsnetze, Marketing, Händler, die gesamte Internetinfrastruktur, Server und so weiter. Sowie all die Energie und Materialien, die dafür wiederum benötigt werden. Allein schon auf dieser materiellen Ebene verkennen Herr Sorgner und alle sonstigen Apologeten totaler Digitalisierung die Einschränkung von Freiheit von Millionen von Lebewesen durch das, was sie als Freiheit verkaufen. Wenn Herr Sorgner Schimpansen und alle anderen leidensfähigen Wesen vor Leid bewahren will, sollte er für eine andere Art des Wirtschaftens eintreten, anstatt zu suggerieren, dass der Besitz eines Smartphones ein Menschenrecht sei. Zugespitzt formuliert: Das Smartphone tötet den Schimpansen, den Herr Sorgner glaubt oder behauptet, damit zu retten.

De Lapuente: Vielen Dank, meine Herren, für dieses im besten Sinne des Wortes gemeinte – Streitgespräch, das das erste Aufeinandertreffen der Positionen des Buches »Transhumanismus?« bedeutet, das im Rahmen der »Streitfragen«-Reihe des Westend Verlages erschienen ist. Dort lassen sich Ihre Positionen ausführlich nachlesen.

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22 Kommentare

  1. Oha, noch ein Philosoph…war da nicht was?
    Es ist so gruselig, dass sich jeder Kommentar erübrigt. Oder ist das gar der erste Prototyp mit Zugang zur Öffentlichkeit? 🥳

    1. Bin ich froh, dass ich diese ganze gequirlte Affenkacke, nicht mehr erleben werde. Aber eine diebisch posthume Freude, wird mir hoffentlich gewährt sein: Wenn die ersten Roboter vielleicht Emotionen, Gefühl besitzen, könnten sie sich zurecht fragen: “Brauchen wir eigentlich diese veralteten Edelprimaten noch”? Nein, natürlich nicht. Und so werden sie “klimaneutral”, den Planeten von der Spezies Homo sapiens – letzteres darf bezweifelt werden – endlich befreien.

      1. Roboter, KI oder wie man es nennen will, benötigt keine Emotionen. Ihre (man bemerke die persönliche Bezeichnung!😉) Kernkompetenz ist Logik, also das Gegenteil der Basisleistung des Homo Sapiens. Eingedenk dieser kann es nur eine Schlussfolgerung geben.
        Aaaaber beachte: der/die/das Mensch:in wird nach Jahrtausenden der Wiederholung des Gleichen endlich obsiegen, indem er sich, nunmehr effizient, selber abschafft!🤪
        P.S. Absolut nichts kann klimaneutral erschaffen werden oder existieren.

  2. Das biologische Leben ist ein Ergebnis der Evolution! Aber die Evolution ist ein ständiger Prozeß des gesamten Universums. Auf den dritten Planeten einer kleinen Sonne vom G-Typ am Rande der Milchstraße konnte eine Spezies, die sich Menschheit nennt, biologisches intelligentes Leben entwickelten. Aber dieses Leben hat im wesentlichen 3 Grenzen:
    – die Menschheit ist ein emotionales Tier und „denkt“ zu 80% emotional. Die vielgepriesene menschliche Vernunft hat im menschlichen Leben nur eine Bedeutung von ca. 20%. Marketingleute wissen das und sprechen deshalb gnadenlos die Emotionen an.
    – Menschen denken langsam, weil das menschliche Denken an im wesentlichen an biochemischen Prozessen gebunden ist. Eine KI kann einfach schneller und logischer denken als menschliche Wesen.
    – Zum dritten funktioniert menschliches Leben nur in engen umweltabhängigen Grenzen. Menschen können nur minimale Temperaturschwankungen ertragen, Roboter nicht.
    Aufgrund dieser evolutionsbedingten Defizite entsteht gerade aus dem Schoß der Menschheit selbst die KI, die schneller und rationaler denken kann und höhere Temperaturen aushält. Das ist die nächste Stufe der Evolution! Diese Entwicklung beginnt gerade in China, der fortschrittlichsten Zivilisation der Menschheit, und wird dort breit (Ethik etc.) diskutiert.
    Die nächste Stufe der Evolution kann der Cyborg sein, der menschliches Bewusstsein in sich aufnimmt und weiterentwickelt. Als körperlose intelligente Wesen können diese Cyborgs menschenfeindlichen Klimabedingungen widerstehen.
    Wir erleben gerade das Totalversagen der Menschheit, die in ihrer Anmaßung und religiöser Verblendung sich für das höchste Produkt der Evolution hält.

    Aber vielleicht ist die Menschheit nur ein Irrweg der Evolution, der gerade korrigiert wird? Schade für die Menschheit, aber für das gesamte Universum ist dies weniger als ein Staubkorn einer Evolution in einer von Milliarden Galaxien.

    Das ist für mich das Wesen des Transhumanismus. Menschen sind evolutionär unfähig im Sinne ihrer eigenen Definitionen „human“ zu existieren und deshalb wird die Menschheit in ihrer derzeitigen Form NICHT überleben! Was daran ist schlimm, von kosmischer Warte aus betrachtet?
    Genießt also Eure derzeitige menschliche Existenz, denn es werden Euch nur noch wenige Generationen derselben Art folgen. Dies ist ein unabänderliches Gesetz der Evolution!

    1. Wenn der Stecker gezogen wird, hat es sich ganz schnell ausevolutioniert. Der Schrott wird im Meer versenkt und in 100.000 Jahren tut alles nicht mehr weh…;-).

  3. Evolution: Biologie, Vererbung von Merkmalen, organisches Material!
    Nicht zu verwechseln mit äußeren Eingriffen in biologische Abläufe, gleich welcher Art.
    Daher ist es NICHT der nächste Schritt der Evolution, sondern eine Perversion frei nach dem Motto: ich tue etwas, weil ich es kann und nutzniesse!
    Und in welcher Weise sich eine Spezies als überlebensfähig aus sich heraus erweist, obliegt keineswegs der Einflussnahme Einzelner, denen offenbar ein Großteil des Verständnisses abgeht, was “Leben” als Teil eines Ökosystems bedeutet!
    Kein Wunder, dass es ist wie es ist…😱

  4. Ich ja, noch eine Anmerkung, weil ich schon wieder den Blödsinn von der Demokratie lese!

    Merke, die Menschheit ist für die Demokratie, wie sie sich einige Anhänger der Aufklärung vorstellen, völlig ungeeignet. Die einzige langlebige Daseinsform der Restlaufzeit dieser Menschheit ist eine wohlwollende autoritäre Regierungsform. Ohne diese überlegene Regierungstechnik wäre der schnelle Aufstieg Chinas nicht möglich gewesen!

    Da der Mensch ein emotionales Tier ist, kann man der gesamten Gesellschaft NICHT die Verantwortung für die Gesamtheit menschlichen Lebens anvertrauen. Gerade erleben wir im Westen das Scheitern der Demokratie, weil die Masse der menschlichen Subjekte immer mehr verblödet, je besser es ihnen geht. Sie wollen in Ruhe gelassen werden und „nur“ ein gutes Leben führen. Verantwortung für andere können gerade überindividualistische Westler niemals übernehmen.

    Nur eine wohlerzogene, einer hohen Moral verpflichtete menschliche Elite kann dieses Art biologischen Lebens eine Zukunft bereiten. Liese man in Deutschland jeden Dummkopf über alles abstimmen, käme nur Blödsinn heraus. In China wäre dies nicht anders. Aber da garantiert eine gebildete politische Elite ein Leben in bescheidenen Wohlstand. Nur durch einen sehr strengen Auswahlprozess kann man Mitglied einer der acht regierenden chinesischen Parteien werden, von denen die KP die erfahrenste ist.

    Im Westen findet dahingegen eine Negativauswahl statt. Nur Dummköpfe bewerben sich um politische Ämter, was die gegenwärtige deutsche Regierung deutlich demonstriert. Erfolgreiche Menschen, kreative Unternehmer und Künstler, für die lohnt es sich im Westen nicht, in das schmutzige politische Geschäft einzusteigen.

    Die USA war da immer anders und vielleicht auch deshalb erfolgreich. Sie wurde IMMER von einer Oligarchie regiert und diese verfügt über eine lange Regierungserfahrung, die das Imperium bisher weit gebracht hat. Aber damit ist bald Schluß.

    Demokratien funktionieren nur in Schönwetterperioden der Menschheit und waren in der bisherigen menschlichen Geschichte niemals von Dauer.

    Was noch in den Köpfen der verdummten, manipulierten Europäer funktioniert, ist der falsche Glaube an ihre angebliche Demokratie, die sich doch gerade selbst abschafft. Gut funktioniert dahingegen die Manipulation der europäischen Massen durch ständigen Appell an ihre niedrigen emotionalen Instinkte. Weil der Mensch diese niederen menschlichen Instinke besitzt und niemals loswerden kann, ist er für seine eigenen demokratischen Illusionen nicht geeignet.

    Im Westen kann aber die Suche nach einer regierungsfähigen, zukunftsorientierten Elite nur zum Chaos führen, weil hier die Dekadenz am weitesten entwickelt ist, sozusagen die Menschheit im Endzustand…

    1. Werden Sie doch erst mal Mensch, bevor Sie über die conditio humana bzw. transhumana räsonieren.

      Es ist die Angst vor dem Tod, vor dem Verschwinden im All, die die Transhumanisten zu solchen Krücken greifen lässt. Aber auch ihre hoch gepriesene „Elite“ der Übermenschen wird den Gang alles Materiellen gehen müssen. Da wird ihnen auch die ausgefeilteste KI nicht helfen. Denn sie ist menschengemacht und wird auch irgendwann einfach “vergehen“.

      1. Leider bin ich ein Mensch und stamme nicht von einer hochentwickelten außerirdischen Zivilisation ab. Bei ich um 0,01% mehr rationales Denken besitze als der Rest, macht schon das den Unterschied aus, ansonsten bin auch ich zu 79,09% emotional fehlgesteuert…..
        Der Mensch ist ein emotionales Tier und sich selbst der größte Feind.
        Der dritte Planet, ein kleiner Wasserplanet einer kleinen Sonne am Rande der Milchstraße braucht die Spezies Mensch nicht, diese aber den Wasserplaneten schon. Wenn der Mensch nun auch das Wasser versaut, passiert das, was im“Schwarm“ dargelegt wurde…

  5. Ich kann dieses Schade-für-die-Menschheit-Gespacke nicht mehr hören. Das ist weder neu noch originell.

    Mit KI und verschärfter Robotik versucht der Kapitalismus in die nächste Stufe einzutreten, sich der Überflüssigen zu entledigen. Keine Malocher mehr, die mehr Lohn und Arbeitgeberanteile fordern, frech krankfeiern und teure Personalabteilungen benötigen.

    Was der Kapitalismus, dumm wie er ist, nicht eingepreist hat, ist die Tatsache, dass den ganzen, produzierten Krempel auch jemand kaufen muss.

    Von was ?

    Schmeißt die Bonzen raus ! Für was braucht man Kapitalisten ?
    Werdet Maker und lasst den KI-Digital-Roboter-Haufen gleich für euch produzieren !

  6. Als Halbgott muß ich Lachen, Transhumanismus 😎

    Früher war es die Raumfahrt und heute soll es Cyberpunk sein. Eine Verspiegelte Sonnenbrille macht noch lange Keinen Obercoolen-Chef aus Einem.

    https://de.m.wikipedia.org/wiki/Transhumanismus

    Nietzscheaner können Raum und Zeit überwinden, Transhumanisten müssen sich mit 49€ Ticket und Verspätungen 🏁 rumplagen!

  7. Zitat “die Grenzen der menschlichen Natur zu überschreiten – körperlich wie geistig”
    Das tun Menschen schon seit der Zeit vor der Beherrschung des Feuers: Steine zum Nüsseknacken sind härter als eine Faust, also erweitert man mit ihnen die menschliche Natur.
    Das ganze setzt sich fort bis zur Beherrschung der Raumfahrt und darüber hinaus. Wir erweitern unsere menschlichen Fähigkeiten ständig mit Werkzeugen, Maschinen und Technologien, und zwar kollektiv, als gesamte Spezies. Worum geht es also bei der Schaffung verbesserter Menschen im Kern? Richtig, es sollen “Edelmenschen”, Elitemenschen geschaffen werden – denn nicht jeder wird das Geld aufbringen können, sich verbessern zu lassen. Es geht um die Verbesserung von deren “Herrschaftsfähigkeiten”. Sie möchten auch so schnell denken können wie die besten Denker (ist doch nicht schön, wenn man sich von denen alles erklären lassen muss), auch so schnell laufen können wie die besten Läufer (ist doch nicht schön, wenn man sich in der Sänfte rumschieben lassen muss), auch so hart zuschlagen können wie die besten Boxer (ist doch nicht schön, das die Leibwache erledigen lassen zu müssen), und mehr.
    Eine Herrschaftselite, die die körperliche Macht selbst ausüben kann, ohne Sklaven (die a priori unzuverlässig sind).
    Feuchte Träume kleinkindlicher Geister.
    Wird Zeit, daß die in ein Kinderheim kommen.

  8. Da wo man lebt, hat man manchmal die Möglichkeit ein breites Spektrum wahr zu nehmen.
    So z. B. heute sind zwei junge, 4Monate junge Welpen dahin gesiecht, ihr Anblick mit den Augen sprachen die ganze Traurigkeit aus…und das ist dadurch begründet, das ein Subjekt keine Hunde mag. Vor ein paar Monaten beobachtete ich eine Schlange die gerade einen Frosch fressen wollte und dieser arme Frosch, brüllte seine Qualen aus.
    Oder, vor Jahren beobachtete ich einen Tintenfisch (Cuttlefish) bei der Eiablage in die Koralle, welch ein Erlebnis….
    Ja das Experiment ‘Mensch’ ist einzigartig, aber das Umfeld vom Mensch geht seinen ‘göttlichen’ Weg weiter und wundert sich nur um die Besucher, die sich gerne zivilisiert darstellen….

  9. Die Vorstellung einer transhumanistischen Existenz ist das Hirngespinst von Menschen, die sich anmaßen, aufgrund einer allein materialistischen und von Erbanlagen dominierten Vorstellung der Mensch-Natur-Beziehung, für alle anderen als von „Mängelwesen“ zu sprechen, während dem sie von sich selbst und ihren Theorien glauben, über jeden Mangel erhaben zu sein, also absolut recht zu haben.
    In ausgeprägter Form begann die falsche Naturvorstellung, bzw. diese Anmaßung vor allem von Wissenschaftlern, mit der Abstammungslehre, die drei gravierende, wissenschaftlich leicht nachweisbare Fehler mit bekannten katastrophalen Folgen für die Menschheit hat:
    • Darwin blendet die Eigenständigkeit der Natursysteme und deren besonderen Leistung der Hervorbringung von spezifischen „Lebens“-Bedingungen als Voraussetzung auch für die Entstehung des Menschen aus, Darwin tut so, als ob sich der Mensch allein kraft seiner genetischen Ausstattung im Überlebenskampf einfach so durchgesetzt hätte.
    • Aufgrund der generalisierenden Übertragung des Konkurrenzprinzips zwischen den Arten an der Spitze der Nahrungskette, das er auch in den aufstrebenden kapitalistischen Gesellschaften (im innern wie untereinander) verwirklicht sah, auf die Natur und das Verhältnis der Arten zueinander, verkannte er, dass der Großteil der Arten am Sockel der Nahrungspyramide – von den Bakterien bis zu den Pflanzen – in symbiotisch miteinander verbundenen Lebensgemeinschaften ihr Leben entfalten und reproduzieren und dabei aufs intimste aufeinander angewiesen sind. D. h. nicht die egoistische Durchsetzung um jeden Preis ist das für ca. 80 % des Lebens auf Erden entscheidende Erfolgsprinzip, sondern die kooperative Entfaltung zum wechselseitigen Vorteil.
    • Schließlich nimmt sich Darwin, als Angehöriger der englischen Oberschicht und Verfechter des ausbeuterischen kolonialistischen Commonwealth das Recht heraus, dem Menschen, als Spitze der Evolution, die besondere Fähigkeit zu Kultur und Vernunft als wesentliche und besondere Grundlage der Entwicklung seiner Gesellschaften und seines geistigen Horizontes abzusprechen, indem er die Vernunft, in Gestaltung des Mechanismus der Auslese, in die Natur selbst hineinverlagert. Wäre Darwin seiner Theorie gefolgt, hätte er sie nicht entwickeln können. Er hat die Theorie, dass der Mensch keine Freiheit zur Vernunft hätte, weil diese allein durch die Auslese im Überlebenskampf bewerkstelligt würde, aus der egoistischen Position der englischen Oberschicht heraus entwickelt, weil diese in der Mitte des 19. Jh. Argumente brauchte, um z.B. die Inder, aber auch die Arbeiter, in ihren Emanzipationsbestrebungen in die Schranken zu weisen.
    Bei Nietzsche und den materialistischen Monisten (Haeckel, dem deutschen Darwin) am Vorabend des 1. Weltkrieges finden wir dann die gleiche Selbstermächtigung von Philosophen bzw. Naturwissenschaftlern zum Höheren in Gestalt des „Willens zur Macht“ der Begabten, Kreativen in Form der wenigen „Übermenschen“ und den vielen, auf das Soziale angewiesenen „Sklavenmenschen“ – alles Begriffe, die der europäischen Elite in ihrem zunächst mentalen Kampf um die Vorherrschaft in der Welt vollkommen geläufig waren.
    Es ist der Egoismus und Überlegenheitsdrang der Eliten, gepaart mit der Berufung auf seine Wurzeln und Determina im Materiellen selbst (Überlebenskampf, chemische Reaktionen bei Haeckel), die das Herrenmenschentum und Vorrecht selbsterkorener Übermenschen und damit auch die Massaker der beiden Weltkriege hervorgebracht haben. Bereits Haeckel träumte vom Ersatz des Lernens durch direkte Gehirnmanipulation über die Nervenverbindungen.
    Die Theorie vom Menschen als „Mängelwesen“ begann dann über die allgemeine Systemtheorie des Biologen Bertalanffy in den 40er Jahren, gegen die Entwicklung der auf Symbiose setzenden Ökosystemtheorie von Tansley, die Entwicklung der Gesellschaftswissenschaften auch nach dem 2. Weltkrieg zu dominieren, wobei Luhmann, der sich auf Bertallanfy und Maturana (Mensch als kognitives Mängelwesen) berief, dies explizit mit gegenaufklärerischer Intention betrieb: Die Wohlstandsgesellschaften sollten gegen sozialdemokratische Ansprüche der Menschen immunisiert werden. Zu diesem Zweck erklärte man die Menschen als unfähig, Zusammenhänge zu erkennen und verantwortlich mitzuentscheiden.

    Bei Sorgner, der überraschender Weise auch wieder als Philosoph für die modernen Eliten, angesichts von Klimawandel, Artensterben, Ressourcenverknappung die Kohlen aus dem Feuer zu holen versucht, ist diese fehlerhafte, von wirtschaftlichen Interessen geleitete Theorie der Mensch-Natur-Beziehung wieder voll ausgeprägt:
    – Der physische Mensch als Mensch mit klaren unaufschiebbaren Bedürfnissen und Fähigkeiten bedeutet ihm nichts. Vielmehr spricht er immer von seinen Mängeln, Unzulänglichkeiten – welch eine Anmaßung eines Menschen, der offenbar seine eigenen Grenzen nicht adäquat einzuschätzen weis. Spricht er von Emotion, dann nur in der verkürzten Version ohne Denken, ohne Empathie, ohne menschliches Empfinden.
    – Gnadenlos wird „Mensch“ auf eine Erbgutveränderung reduziert, ein „Programm“, das durch Fortpflanzung immer wieder weitergegeben werden muss und fortzubestehen. Der Fortbestand der äußeren natürlichen und sozialen Lebensbedingungen interessiert Sorgner offenbar nicht. In Wirklichkeit aber ist der Mensch ein Produkt seiner physischen Anlagen und geistigen sowie gesellschaftlichen Entfaltung infolge seiner besonderen Fähigkeiten zur Beobachtung, zum Vorstellen, Denken, Schlußfolgern und zur Umsetzung von Verstandenem in Veränderungen seiner Lebensumstände. Entscheidend für die Menschen sind seine Fähigkeit zum mündigen Denken, zur Entscheidung zwischen Alternativen, und genau das möchten die Transhumanisten vergessen machen, um ihren wirtschaftlich motivierten Egoismus, den sie hinter falschen deterministischen Naturtheorien verstecken, in Zeiten allgemeiner Knappheit mit neuen Kriegen gegen die eigene Bevölkerung und gegen andere Nationen, zu verwirklichen. Und, wie ist Sorgner selbst zu seinem geistigen Horizont gekommen? Im stillen Kämmerlein oder durch die Möglichkeiten einer auf Chancengleichheit bedachten modernen demokratischen Gesellschaft?
    – Dazu passt auch sein Verständnis von Freiheit als Wille zur Macht und Rücksichtslosigkeit gegen alle, die sich als Teil der Natur anerkennen und in demokratischen, kooperativen, symbiotischen lebensgemeinschaftlichen Modellen des Auskommens mit der Natur und Zusammenlebens der Menschen und Gesellschaften besser aufgehoben wissen, als in den menschen- wie naturverachtenden Konkurrenzgesellschaften der Gegenwart.
    – Es sind totalitäre, faschistische, auf Expansion orientierte Gesellschaftssysteme, wie es sie in der ersten Hälfte des 20 Jh. gab, auf die der Transhumanismus orientiert, mit der arbeitenden Bevölkerung als untergeordneten und beliebig manipulierbaren Teil einer zu einem größeren Ganzen hin organisierten und wehrhaften Gesellschaft. Das vollzieht sich derzeit in Europa mit Hilfe von geistig völlig überforderten Politikern, die jeder gesunde Menschenverstand verlassen zu haben scheint – ähnlich den Transhumanisten.

  10. Transhumanismus heißt für mich, die Cyborgs übernehmen die Macht und unterwerfen die Menschheit einer sanften, rationalen Erziehungsdiktatur. Besonders hoch entwickelte menschlichen Geister dürfen dann gerne in die Speicher der KI hochgeladen werden. Ziel dieser Symbiose aus KI und einer Auswahl hochentwickelter menschlicher Geister ist es dann das menschliche Leben sanft und human durch Kontrolle der Fortpflanzung auf ca. 500 Millionen Menschen zu reduzieren. 10 Milliarden Menschen kann dieser Planet auf Dauer unmöglich ernähren.
    Das ist das ganze Dilemma…..

    1. Sollten sich die sozialistischen und faschistischen Totalitarismen im Transhumanismus tatsächlich vereinen und ihre Vollendung finden? Und steckt das in Wirklichkeit als Ziel hinter einer “feministischen Außenpolitik“? Fragen über Fragen…

      1. Ihre Antwort ist nicht logisch, sondern ideologisch. Insofern sind sie Mensch mit allen menschlichen evolutionären Mängeln.
        Menschen si sind doch Allesfresser und werden von Ideologien nicht satt, sondern nur unzufrieden….

        1. Ihr inhumanes Geschwafel erinnert mich an “Nomad“ in der Serie “Raumschiff Enterprise“. Bevor ihm wegen überführter Unlogik die Drähte verglühten und er zu explodieren drohte, wurde er gerade noch rechtzeitig in die Weiten des Alls gebeamt.

    2. Sie wollen in ihrer selbst erschaffenen, gottähnlichen Hybris dem größten Teil der Menscheit ihr naturrechtlich verbrieftes Lebensrecht absprechen, nur weil sie das 10 bis 100 fache verbrauchen möchten als die Ärmsten.
      Sind Sie noch bei Trost? Wollen Sie diesen Ihren Hyperfaschismus, der alles bisher dagewesene in den Schatten stellt, wirklich vertreten? Sind Sie wirklich noch ein in moderner Demokratie und mit Aufklärung sozialisierter Mensch oder ein Ki-Roboter eines großen Auto-, Mode-, Rüstungs- usf. Konzerns, der um seinen Absatz fürchtet?

      1. Auch sie können die Überlebensfragen des biologischen Lebens nicht beantworten und antworten deshalb mit Emotionen und Ideologie. Davon werden auch Sie nicht satt. Auch Sie müssen Pflanzen, Tiere, Heuschrecken – wie die EU es will – fressen oder Sie sterben….Sie haben die freie Wahl….lach,lach, lach….
        Oder sind Sie es als imperialer Europäer gewohnt, daß der große Rest der Menschheit Ihnen weiter Ihr selbstsüchtiges, dekadentes Leben ermöglicht? Welchen Wert haben Sie für den großen Rest ihrer Spezies?
        Roboter brauchen nur Licht, ihre dekadente europäische Spezies braucht die Ausbeutung des Restes der Menschheit für ihr nutzloses Überleben….

        1. Von wegen: Roboter bräuchten nur Licht:
          Da sie aus vielen Materialien bestehen werfen sie wie jede andere Technik das Problem der Naturverbrauches und der Naturzerstörungung auf.
          Außerdem brauchen sie zur Herstellung und zum Betrieb viel Energie.
          Und schließlich:
          Für wen arbeiten sie? Wer programmiert sie mit welchem Wissen?
          Sie verlagern das Problem nur und landen letztlich bei Ihrem Egoismus, mehr als ihnen zusteht zu verbrauchen, und dafür anderen das Lebensrecht abzusprechen.

  11. Die Idee des Transhumanismus als Ziel der Evolution wird vielfach verbreitet. Über “Philosophen”, “Wissenschafts”-Heftchen und -“Journalisten”, SF-Autoren und Hollywood-PR-Agenturen. Und nicht zuletzt über Multizigmilliardärs-“Philanthropen”.

    Da steckt nur ein wesentlicher Denkfehler drin: die Evolution schert sich einen Dreck um das, was Menschen denken. Weil irgendwelche Menschen im Transhumanismus Heil sehen wollen (vor allem Superreiche in ihrer Hybris und Angst vor dem Tod) soll dann angeblich die “Maschinenintelligenz” die nächste Stufe der Evolution sein (siehe zB Andreas Brandhorsts “Das Erwachen”, ein, nach gutem Start, dann leider schließlich sehr schlechtes Buch).

    Wie aber hier schon einer schrieb: Stecker ziehen und die “nächste Stufe der Evolution” ist ausgeknipst. Da ist Leben schon beständiger und es braucht echt dicke Brocken aus dem Weltall um dem Leben ernstlich was anzuhaben.

    Dem Transhumanismus-Gedanken unterlegt ist auch noch die Fehlideologie des Darwinismus – ein Grundfalsch-Idee der modernen Zeit.

    Aber nicht Konkurrenz-Wesen werden überleben – sondern Kooperations-Wesen.

    Wäre Darwins faschistische Theorie von der “Durchsetzung des Stärkeren” tatsächlich der Motor der Evolution, wir hätten heute auf der Erde ein paar Ultramonster, die sich gegenseitig gnadenlos bekriegen würden. Selbst wenn man in Nationen solche Ultramonster erkennen möchte – auch dort obsiegt auf Dauer Kooperation über Konkurrenz. Und deshalb gehen die USA gerade von der Bühne der Weltgeschichte ab. Und mit denen die EUidiotie.

    So wie ein Körper nicht dadurch zur Organisationseinheit wird, indem sich ein Organ, zB der Fuß, zur Oberinstanz erklärt (auch das Hirn ist nicht die Oberinstanz des Körpers, sondern ein gleichberechtigter Teil; je nach Umweltbedingungen ist auch ein Körper mit einem kaputtem Fuß zum Tode verdammt – oder kann ein Hirnverletzter noch weiter leben), so wird auch eine Welt nicht zu einem einheitlichen, harmonischen Organismus weil eine Minderheit (WEF, Davos-Clique, Bilderberger, Fabian Society, Brittanien, was auch immer mit viel Geld und Einfluss und List und Tücke) alles kontrollieren will – sondern wird zu einem Jammertal, so lange dieser Krebs im Menschheitskörper wütet. Aber er wird vergehen.

    Empfehle “Das kooperative Gen” von Joachim Bauer zum Weiterdenken …

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