Deutschland war vielleicht nie eine reine Leistungsgesellschaft. Denn Geld ersetzte viel zu oft die Leistungsbereitschaft. Heute heißt es aber: Leistungsverweigerung für alle. Und das schadet dem Land.
Roberto De Lapuente hat mit der Geographin und Wissenschaftlerin Heike Egner gesprochen.
De Lapuente: Zwei Professoren steckten mir neulich, dass Habilitationen und Dissertationen von ihren Mentoren oder Beteuern gar nicht mehr gelesen würden. Man würde sie grundsätzlich mit besten Noten bewerten. Ist das die berühmte Leistungsgesellschaft, von der man so oft hört?
Egner: Ich vermute mal, dass die beiden Kollegen recht haben. Hier muss man wissen, dass die Universitäten in den vergangenen drei Jahrzehnten massiv umgebaut wurden. Dazu gehört auch, dass das Betreuungsverhältnis zwischen dem Doktoranden und seinem Professor oder dem Habilitanden und dem Mentor weitgehend aufgelöst wurde. Ich weiß gar nicht, ob es noch Universitäten gibt, an denen das klassische Doktorvater- oder Doktormutter-Verhältnis mit einem Doktoranden überhaupt noch als legales Betreuungsverhältnis möglich ist. In der Regel ist zumindest eine »Mitbetreuung« durch einen Kollegen verpflichtend, oft sind es größere Kollektive oder Doktoratsschulen, die eine Doktorarbeit betreuen. Dies alles, um »Machtmissbrauch« zu verhindern.
»Realistische Benotung erzeugt Konflikte und stößt auf Missfallen«
De Lapuente: Das wäre ja erstmal ein nobler Grundgedanke …
Egner: Für Doktoranden wird dieser vermeintliche Schutz aber recht schnell unübersichtlich! Man stelle sich einfach die Situation vor, dass alle Betreuer diskutieren und ihre je eigenen Vorstellungen in die Doktorarbeit einfließen lassen wollen. Insofern ist es nur eine logische Konsequenz, dass niemand mehr diskutiert. Ist eine Arbeit schlecht, kann jeder Professor sich denken »na ja, da sind ja noch so viele andere Kollegen, und es ist nicht wirklich ganz mein Fachgebiet. Der andere wird das schon kommunizieren.« Das macht dann selbstverständlich niemand. Auch, weil mittlerweile bekannt ist, dass Nachwuchskräfte bei Kritik an ihrer Arbeit sich schnell bei entsprechenden Ombudsstellen beschweren. Die Erfahrung zeigt leider, dass sie umso leichter Gehör finden, wenn sie dort die fachliche Kritik an ihrer Arbeit als gegen sie persönlich gerichtetes Mobbing formulieren.
De Lapuente: Das hieße ja, Benotung ist Mobbing?
Egner: Richtig. Diese »Logik« setzt sich dann in der Notengebung fort. Es mag durchaus hier und dort noch Kolleginnen oder Kollegen geben, die dies anders halten und versuchen, »echte Noten« zu vergeben. Also solche, die in etwa das Leistungsniveau der Arbeit widerspiegeln. Das ist vermutlich jedoch eher selten. Denn das erzeugt Konflikte und stößt auch bei Kollegen eher auf Missfallen.
De Lapuente: Betreuende Professoren, die regulär bewerten wollen, machen sich somit unbeliebt? Und werden – zu Störenfrieden?
Egner: Das könnte man so sagen, ja. Mir ist noch eindrücklich im Ohr, wie mir eine hoch angesehene Kollegin an einer der deutschen Exzellenz-Universitäten vor einiger Zeit etwa folgendes sagte: »Ich kümmere mich nur noch darum, dass es den Nachwuchskräften gut geht und sie sich wohlfühlen. Das ist das Wichtigste. Dazu gehört auch, dass ich nur noch beste Noten gebe. Alles andere ist mir zu gefährlich. Zwar gucken manche Kollegen ein wenig komisch, weil ich dadurch ja auch viele Doktoranden habe. Aber die Kollegen können nicht dafür sorgen, dass ich entlassen werde. Die Doktoranden schon.«
»Woher sollen dann die Leistungsträger dieser Gesellschaft kommen?«
De Lapuente: Entschuldigen Sie, aber ich muss lachen – wenn auch bitter. Aber das Bild von Professoren als fürsorgliche Mentalpflegekräfte, finde ich doch ulkig. Auch wenn das letztlich Dystopie vom Feinsten ist. Sie finden das sicher nicht witzig …
Egner: Nein, witzig finde ich das überhaupt nicht! Ich selbst habe das als Professorin ganz anders gehalten, d.h. ich habe alle Qualifizierungsarbeiten gelesen und diskutiert. Und ich habe versucht, »echte Noten« zu geben. Ich sehe das übrigens nach wie vor als eine der Kernaufgaben einer Professorin in der Betreuung des wissenschaftlichen Nachwuchses. Aber ich wurde ja auch wegen Mobbingvorwürfen einer Postdoktorandin entlassen. Diese Mobbingvorwürfe – sofern sie überhaupt konkretisiert wurden – lassen sich auf von mir formulierte Leistungserwartungen und sachlich-fachliche Diskussion der wissenschaftlichen Arbeiten zurückführen. Dies wurde als »überzogene Leistungsanforderungen« gewertet, übrigens auch vor Gericht. Insofern könnten die Vertreter und Befürworter der nun gängigen Praxis, nur noch auf Plagiate zu prüfen, völlig recht haben. In gewisser Weise schützen sie sich und ihre Professur. Dass der Verwurf des Mobbings aufgrund von Leistungsanforderungen mittlerweile bereits relativ leicht zur Entlassung eines Professors führen kann, hat ja auch die Studie ergeben, die ich gemeinsam mit Prof. Dr. Anke Uhlenwinkel von der Universität Salzburg seit 2020 durchführe. Entlassungen dieser Art fallen in die Kategorie »Führungsfehlverhalten«.
De Lapuente: Offenbar ist es auch so, dass solche Arbeiten durch den Plagiatsprüfer gejagt würden – Sie sprachen es an. Das scheint nur noch die einzige Prüfung zu sein, der man Promovenden unterzieht. Nicht abschreiben als Qualifikation?
Egner: Eine Plagiatsprüfung gehört mittlerweile zum üblichen Procedere des Einreichens einer Qualifizierungsarbeit. Aber auch das lässt sich ja so leicht manipulieren. Sie brauchen einen geklauten Text nur in ein Übersetzungsprogramm zu geben, dies zwischen zwei, drei vielleicht nicht so gängigen Sprachen hin und her zu übersetzen und schon haben Sie einen Text, der dem Ursprung nicht mehr so ähnlich ist, dass es leicht auffällt.
De Lapuente: Das ist doch danach nicht mehr lesbar. Spielt aber wahrscheinlich keine Rolle, oder?
Egner: Na ja, da kommt schon ein lesbarer Text heraus – Sie können das ja einmal ausprobieren. Es gibt ja immer mehrere Begriffe für ein Wort und das ist der Trick bei der Übersetzung. Entscheidende Wörter werden durch das Hin und Her anders ausgedrückt, so dass sich der Text dann durch den anderen Sprachgebrauch von dem geklauten Text unterscheidet. Darauf kommt es ja an, um nicht als Plagiat erkannt zu werden. Aber vielleicht noch einmal zurück zur Frage, ob noch jemand Dissertationen oder Habilitationen liest. Da es ja immer noch üblich ist, dass eine Dissertation und Habilitation begutachtet wird, gehe ich schon davon aus, dass irgendjemand die Arbeit noch lesen wird. Wie sonst sollte das Gutachten entstehen? Wobei, heute werden die meisten Arbeiten ja elektronisch eingereicht. Somit wäre es auch für den Gutachter ein leichtes, die Arbeit durch eine Software zusammenfassen zu lassen und dies als Gutachten abzugeben. Die (gute oder sehr gute) Bewertung ist dann schnell hinzugefügt. All jene Nachwuchskräfte, die tatsächlich etwas leisten, sich anstrengen, eine echte Arbeit vorlegen und unter Umständen tatsächlich hervorragend sind – die gibt es ja glücklicherweise immer noch –, haben hier das Nachsehen. Sie werden in der Inflation der Bestnoten unsichtbar. Für unsere Gesellschaft ist das eine brandgefährliche Entwicklung. Wenn Leistungsbereitschaft und Leistungsfähigkeit untergehen, weil alle gleichermaßen als »sehr gut« bewertet werden, und gleichzeitig Leistungsforderung auf Seiten der Professoren bestraft wird – tja, woher sollen dann die Leistungsträger dieser Gesellschaft kommen?
»Heute denkt man, dass alle Menschen eine Art Grundrecht auf die höchsten Bildungsabschlüsse haben«
De Lapuente: Die Note »Sehr gut« repräsentiert dann das neue Mittelmaß? Dahinter steckt doch auch Ideologie? Von woher kommt die, glauben Sie?
Egner: Um die Entwicklung zu verstehen, muss man, glaube ich, noch einmal zurückblicken auf die bildungspolitische Diskussion im Deutschland der Siebzigerjahre. Hier war es ja vor allem die SPD, die für mehr Chancengerechtigkeit in der Bildung eintrat und zum Beispiel mit der Einführung des BAföG vielen, die vorher nicht hätte studieren können, diese Möglichkeit eröffnet hat. Ich selbst bin, wenn man so will, ein Erfolgsprodukt dieser »sozialdemokratischen« Bildungspolitik. Als Tochter eines Bäckers hätte ich sonst sicherlich nicht studiert. Seit dieser Zeit hat sich die Debatte um Bildungsgerechtigkeit und Bildungschancen immer weiter dahin verschoben, dass man heute denkt, dass alle Menschen eine Art Grundrecht auf die höchsten Bildungsabschlüsse haben. Grundsätzlich ist die Idee ja nicht verkehrt: Wenn man alle Talente produktiv für die Gesellschaft einsetzen möchte, dann müssen diese auch Zugang zur Bildung erhalten. Ungeachtet der Herkunft und der finanziellen Möglichkeiten der Eltern usw. Nur haben wir in der Debatte etwas vergessen: Dass sich Menschen nun einmal in ihrer intellektuellen Befähigung, ihrer Leistungsfähigkeit, aber auch in ihrer Leistungsbereitschaft unterscheiden. Das hat uns in die groteske Situation geführt, dass wir heute das Thema Leistung, Leistungserwartung, Leistungsfähigkeit und -bereitschaft gar nicht mehr in die Diskussion einbringen können, ohne uns dem Verdacht auszusetzen, jemanden diskriminieren zu wollen.
De Lapuente: Lohnt sich also Leistung – um einen alten FDP-Slogan zu bemühen –, heute überhaupt noch?
Egner: Es gibt ein gutes Bild dazu [Anm. d. Red: Man sieht es hier an zweiter Stelle.]: Links zeigt die Situation, wenn die Gesellschaft auf Gleichbehandlung setzt – »Equality« wäre der englische Fachbegriff. Alle bekommen dann zum Beispiel die gleiche Bildung. Jene, die sowieso gut sind, stechen weiter heraus, die Mittleren schaffen es ganz gut. Aber es gibt immer welche, die es nicht schaffen. Der nächste Schritt (das mittlere Bild) ist der Versuch der »Zugangsgerechtigkeit« oder »Equity«, also z.B. finanzielle Unterstützung über BAföG oder Förderunterricht für jene, die nicht Muttersprachler sind, mit ADHS, Legasthenie, Dyskalkulie oder ähnlichem so zu unterstützen, dass sie den Abschluss erreichen. Damit gibt es aber immer noch jene, die aufgrund ihrer intellektuellen Leistungsfähigkeit oder individuellen Leistungsbereitschaft bestimmte Abschlüsse nicht schaffen werden. Und das ist genau der Punkt, an dem das einsetzt, was Sie vermutlich mit »Ideologie« meinen. Wann das zeitlich war, kann ich gar nicht genau sagen. Aber letztlich hat man – um mit dem rechten Bild unten zu argumentieren – erkannt, dass man einfach die Hürde wegnehmen muss, damit alle das Ziel erreichen. Die Hürde sind in unserem Fall die Bildungsinhalte. Das Wissen, die Kenntnis von etwas, die Kompetenz sich Wissen anzueignen und etwas in Kontexte einordnen zu können usw. Nichts davon brauchen Sie heute mehr ernsthaft nachzuweisen, um in unserem Bildungssystem erfolgreich zu sein.
»Denken ist nicht nötig«
De Lapuente: Verstehe. Man könnte nun also behaupten, dass es die Aufgabe eines zeitgenössischen Professors sein soll, die Hürden auszublenden – und nicht etwa darauf hinzuwirken, Werkzeuge zu entwickeln, um die Hürden erklimmen zu können?
Egner: Ich erinnere mich an ein Gespräch aus dem Jahr 2013 mit dem damaligen Dekan der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Universität, an der ich Professorin war. Er sagte zu mir, dass jeder eingeschriebene Student das Recht auf einen Abschluss habe. Meine ungläubige Antwort, dass er doch sicher meine, dass jeder Student das Recht darauf habe, auf einen Abschluss hinzuarbeiten, aber sich doch erst herausstellen müsse, ob er das Ziel auch erreiche, ließ er nicht gelten und ermahnte mich, seine Worte nicht zu vergessen und mich daran zu halten. Vergessen habe ich das tatsächlich nicht. Aber nur, weil es mir so absurd vorkam. Leider ist das die heutige Bildungsrealität. Auch – und vielleicht gerade – an Universitäten. Hätte ich das damals verstanden, oder eingesehen, wäre ich vermutlich heute noch Professorin.
De Lapuente: Wie sehr hat der Bologna-Prozess diesen dystopischen Zustand begünstigt?
Egner: Bologna hat seinen guten Teil dazu beigetragen, ist aus meiner Sicht aber nur ein Teil der ganzen Entwicklung. Denn das, was ich oben beschrieben habe als bildungspolitische Entwicklung, gilt ja für den ganzen Bildungsweg, angefangen in der Vorschule, über alle Schulstufen bis in die Universitäten. Viele Universitäten schalten vor das erste Semester mittlerweile Kurse, in denen einfachste Mathematik wiederholt, Text-Lese-Verständnis und anderes geübt wird, um die Studenten so auf das erste Semester vorzubereiten, dass sie eine Chance haben, den Inhalten überhaupt zu folgen. Wie gesagt, das gilt nicht für alle Studenten, da es glücklicherweise immer noch jene gibt, die begabt und aus sich selbst heraus motiviert sind. Leider sind die meist grob unterfordert, da sich der Unterricht an der Schule und Lehre an der Hochschule weitgehend an den Schwächsten orientiert.
De Lapuente: Wie sieht das dann letztlich im Hochschulalltag aus?
Egner: Die Modularisierung und Verschulung der Hochschullehre durch Bologna war wirklich nicht dazu geeignet, diesen ganzen Niedergang der Bildung aufzuhalten. Im Gegenteil. Der Raum und die Freiheit für Bildung im eigentlichen Sinne wurde auf Null reduziert. Jeder Kurs wird mit einer Prüfung beendet, oft mit einer Multiple-Choice-Klausur, bei der nur bekannte Inhalte abgerufen werden, Denken nicht nötig und die Darlegung eigener Erkenntnis oder etwa einer Argumentation gar nicht gefordert wird. Oft genug sind die Fragen zudem vorher bekannt, z.B. dadurch, dass aus einem Fragenkatalog von vielleicht 150 Fragen in der Klausur dann zwanzig per Zufall in die digitale Klausur eingespeist werden. Der Lehrende hat damit keinerlei Arbeit, da sich die Antworten auf Multiple-Choice-Fragen automatisch feststellen und somit der »Erfolg« der Klausur unmittelbar errechnet wird. Nicht-Bildung am Fließband, sozusagen. Erst kürzlich lernte ich den Ausdruck HonK kennen: Hochschulabsolvent ohne nennenswerte Kenntnisse. Eine treffende Beschreibung, wie ich finde. Wenn ich dabei jedoch an uns als Gesellschaft denke, bleibt mir das Lachen im Halse stecken.
Heike Egner (*1963 in Heidelberg), Geographin, freie Wissenschaftlerin und Mediatorin. Nach Vertretungsprofessuren an der Goethe-Universität Frankfurt am Main, der Universität Kassel, der Ludwig-Maximilians-Universität München sowie einer Gastprofessur an der Universität Wien und einer Gastdozentur an der Universität Innsbruck, war sie von 2010 bis 2018 Universitätsprofessorin für Geographie und Regionalforschung an der Universität Klagenfurt, wo sie 2018 überraschend fristlos entlassen wurde. Sie betreibt seit 2020 gemeinsam mit Anke Uhlenwinkel das Forschungsprojekt „Entlassung oder öffentliche Degradierung von Professorinnen und Professoren im deutschsprachigen Raum“.
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Die akademische Deprivation ist schon heute an den vielen “WissenschaftlerInnen” erkennbar, die Fakten und gesicherte Erkenntnisse ideologisch hinbiegen oder verschweigen. (Selbst) denkende Menschen sind im neoliberal zugerichteten “besten Deutschland aller Zeiten” eine Gefahr. Da muss man schon in der Vorschule vorbauen… Cancel Culture und Ausgrenzung sind die Drohkulissen, die “auf Kurs” halten sollen.
@AeaP
Ja, die Ideologisierung der Wissenschaften ist ein Trauerspiel.
—
Die Feinde des Leistungssystems finden sich aber in wesentlichen Teilen gerade gerade bei solchen Zeitgenossen, die sich selbst als “links” betrachten – und nicht bei Neroliberalen.
Die Linke hat ein Problem mit Hierarchien, mit Ungleichheit, mit Verlierern und Gewinnern.
Der Neoliberalismus hat selbst hingegen überhaupt kein Problem mit Verhältnissen, in denen es viele Verlierer, Versager, Nieten usw. gibt.
“Gleichheit” ist nun ganz gewiss kein neoliberaler Wert!
—
Der Neoliberalismus ist an den katastrophalen Verhältnissen allerdings insofern mit schuldig, weil er zur eigenen Herrschaftsstabilisierung ab etwa 2000 sich als links bezeichnenden Gruppierunge und Kräfte gewissermaßen korrumpiert hat, indem er ihnen in der Gesellschaft viel Raum für Narreteien überlassen hat. Darunter litten und leiden der gesamte Wissenschafts- und Kulturbereich. Begriffe wie “Bildungsgerechtigkeit” oder “Chancengleichheit” bedeuten inzwischen etwas anderes als früher und haben sich in linksextreme Richtung hin verselbständigt.
Endlich bringt es mal jemand korrekt auf den Punkt.
Danke, Herr Wirth. Genau so ist es.
Es ist immer schwierig, sich zwecks Machterhaltung, an gegensätzliche Kräfte
anzubiedern. Das kann, wie man sieht, schnell ins Gegenteil umschlagen.
Zu viel Toleranz kann sich sehr schädlich auf eine Gesellschaft auswirken.
Das Ergebnis können wir nun live und in Farbe betrachten.
Toleranz ist die letzte Tugend einer untergehenden Gesellschaft.
Toleranz ist die Feigheit seine eigenen Werte zu verteidigen und zu leben.
Toleranz heißt etwas dulden was man nicht gutheißen kann.
Toleranz ist die Feigheit vor dem eigenen Ich.
Toleranz ist die Faulheit der Klugen, die die Dummen an die Macht bringt.
(Verfasser unbekannt, es wird Aristoteles zugeschrieben, ist aber nicht bewiesen)
Hier ein schönes Beispiel:
Petplay in der Provinz
https://www.br.de/nachrichten/bayern/petplay-in-der-provinz-wie-findet-straubing-das-rollenspiel,UGcgHje
@ Zauberfee
Merci!
—
Ja, die Toleranz …
Sie haben da sehr wahre Aussagesätze aufgelistet.
Meist wird Toleranz nur von anderen gefordert, aber nicht selbst geleistet.
Und dann solche Widersprüche in sich wie jene berüchtigte “repressive Toleranz” von Habermas … !
Schließlich auch der Missbrauch des Begriffs in dem Sinne, dass dazu aufgefordert wird, etwas schier Unerträgliches doch brav zu tolerieren, weil wir ja so tolerant und bunt sein sollen.
Toleranz – ein schrecklich missbrauchter Begriff!
@ Zauberfee: Das was Sie meinen, ist falsch verstandene Toleranz, die man auch als Selbstaufgabe bezeichnen könnte. Ich spreche gerne auch von Scheintoleranz oder billiger Toleranz. Wirklich tolerant kann ich nur sein, wenn ich meiner selbst sicher bin. Denn dann setze ich das Meine in Beziehung zum Gegenüber und wäge ab, was ich am Andersein oder Fremdsein des Gegenübers “auszuhalten” oder “zu erdulden” bereit bin. Echte Toleranz ist eine der wichtigsten Tugenden einer aufgeklärten und wirklich demokratischen Gesellschaft.
Wolfgang Wirth@. Ein bisschen Wasser in den Wein muss ich schütten, denn die Neoliberalen sind durchaus “Feinde des Leistungssystems”. Dann nämlich, wenn allein das (geerbte) Geld über Bildungs- und Aufstiegschancen entscheidet und nicht Wissen und Können. Wenn reicher Papi die Eliteuni zahlt, kann der Sprössling auch eine Null sein. Er wird Karriere machen.
Das ist aber unabhängig vom Neoliberalismus oder jeder anderen Ideologie. Geld und Beziehungen und Protektion und Nepotismus helfen immer weiter.
Gerade WEIL es hier nur überschaubar lesenswerte Beiträge gibt, ist an dieser Stelle ein Danke an Heike Egner für die Beschreibung des IST-Zustandes zwingend notwendig (der bereits in der Grundschule/von Eltern “gefördert” wird)!
Realität kann man zwar ausblenden/nicht erkennen, aber die Konsequenzen sind unausweichlich – wir sind schon mitten drin!
Der Vorteil der allgemeinen Inkompetenz sollte jedoch nichts desto trotz anerkannt werden: heute kann tatsächlich JEDER alles werden.🤪
Sie müssen in den meisten Bereichen, sogar und da intensiv in der Pädagogik und Psychologie, ein Narzisst sind.
Hier ist Ende Gelände.
Wenn ich die Aussagen von unserem Kanzlerdarsteller so höre, indem er die unterirdischen EU-Wahlergebnisse zwar richtig mit dem Ukrainekrieg in Zusammenhang bringt (und nicht mit seiner katastrophalen Politik und seinem unterwürfigen US-Vasalentum), aber einen Teufel tun wird seine Kurs zu ändern, dann weiß ich das die Stunde für Europa geschlagen hat und dass ich schleunigst hier weg und irgendwie in ein BRICS Land Unterschlupf finden muss. Falls die überhaupt Leute aus dem Westen herein lassen, weil die denken müssen wir alle haben wie unsere politischen Sockenpuppen eine Voll Meise.
Ich bin seit über 30 Jahren raus aus dem Wissenschaftsbetrieb. Damals gab es diese Zustände nicht, zumindest nicht an meiner Hochschule (TH Darmstadt).
Hat sich in der Zwischenzeit in den Hochschulen ein System etabliert, bei dem das Fehlen des Rückgrats eine Voraussetzung für eine Anstellung ist? Ist das überall so? Wie geht es in anderen Ländern zu? Keine Ahnung. Es ist gut, dass Frau Egner zu Wort kommt, denn was sie erlebt hat, ist mit Sicherheit authentisch. Aber man sollte nun auch jemanden zu Wort kommen lassen sollen, der ganz andere Erfahrungen gemacht hat. Dieses Interview ist gutes Beispiel für eine einseitige, suggestive Betrachtungsweise, die Klicks und Emotionen generiert, aber alles andere als wissenschaftlich ist. Der goldene Grundsatz der Berichterstattung lautete früher: Audiatur et altera pars: Man höre auch die andere Seite.
Mit der Forderung, auch eine andere Seite anzuhören, haben Sie ja durchaus recht.
Aber verraten Sie mir bitte mal, wie und warum ein Interview wissenschaftlich sein soll ? M.E. geht es hier um den Erfahrungsbericht und die Sichtweise einer Person, nicht mehr und nicht weniger. Daß die ggf. subjektiv ist, liegt in der Natur der Sache. Eine “einseitige, suggestive Betrachtungsweise” kann ich in diesem Interview nicht erkennen.
(Nebenbei bemerkt : die permanente Forderung, daß etwas “wissenschaftlich” sein müsse – btw : allein die Definition dieses Begriffs dürfte schon zu zahllosen Diskussionen und Schwierigkeiten führen – ist m.M.n. mittlerweile nicht nur völlig überstrapaziert, sondern grenzt in meinen Augen schon an religiöse Verklärung und stellt selbst eine eindimensionale, materialistisch orientierte Reduzierung der Welt dar. “Die” Wissenschaft (ein Widerspruch in sich) hat zwar durchaus ihre Berechtigung, aber ebenso eine Menge Grenzen.)
Die Vergötzung von Wissenschaft hat manchmal Kultcharakter und war – besonders zu Corona-Zeiten – noch nicht mal kalter Kaffee, sondern Muckefuck. Da haben sie recht. Aber hier ging es um eine Wissenschaftlerin, die von eigenem Erleben stark beeinflusst, die ganze Zunft in Frage gestellt hat. Das sehe ich kritisch. Wenn es auch nur an einer einzigen Uni so zugeht wie von ihr beschrieben, dann ist das eine Katastrophe. Vermutlich ist das kein Einzelfall. Deshalb war das Interview wichtig und informativ. Dennoch sollte man sich stets vor Verallgemeinerungen hüten. Gerade Wissenschaftler sind da sehr pingelig und schränken die Gültigkeit der von ihnen aufgestellten Thesen mit einer langen Latte von Voraussetzungen ein, um sich ja nicht angreifbar zu machen. Das hat mir da gefehlt.
Ok.
Nein, ein Fan von Verallgemeinerungen bin ich auch nicht.
Wenn man sich dann allerdings die Erfahrungen der letzten Jahre vor Augen hält, dann denke ich schon, daß eine gewisse Tendenz zu erkennen war/ist. Daß z.B. die Fähigkeit zur Selbstreflexion deutlich abgenommen hat. Daß deswegen gerne mit dem Finger auf andere gezeigt wird, aber sobald man ein bißchen Gegenwind bekommt, z.T. aggressivst ‘zurückgeschossen’ wird. Daß die Fähigkeit, seine unmittelbare Umwelt überhaupt noch wahrzunehmen mittlerweile von den Protagonisten aktiv unterbunden wird – es gibt kaum noch jemanden im Straßenverkehr, der keine Stöpsel im Ohr oder Kopfhörer auf hat; kaum jemanden, der sich nicht – egal, ob er sitzt, steht, liegt, geht oder fährt – mit seinem (sorry) Drecks-Smartphone beschäftigt. Dementsprechend wird man auch vielfach (eben z.B. im Straßenverkehr) nicht mehr als Mensch, sondern vielmehr als Störfaktor, als Hindernis angesehen, das man so gut es geht und ohne Rücksicht auf Verluste ignorieren kann.
Ohne mit den geschilderten Erfahrungen einen Anspruch auf die absolute Wahrheit erheben zu wollen, sind – wie gesagt – in meinen Augen in vielen Bereichen gewisse Tendenzen zu erkennen und die sollte man m.E. im Auge behalten.
Aber nochmal : es handelt sich bei obigem Text um ein Interview, nicht um eine wissenschaftliche Abhandlung; natürlich beschreibt die Interviewte die Dinge aus ihrer Sicht.
Was denn sonst ? Da absolute Neutralität zu erwarten, geht m.M.n. völlig an der Sache vorbei. Manche Dinge bekommen doch gerade erst durch die persönliche Erfahrung Kontur.
BTW : Was ist denn z.B. mit den Erfahrungen eines Michael Meyen ? Eines Patrick Baab ? Einer Ulrike Guerot ? Den Erfahrungen einiger Universitätsdozenten, deren Seminare von Studenten ‘gesprengt’ wurden, weil deren Anschauungen ‘inakzeptabel’ waren ?
Waren das Ihrer Meinung nach auch alles Randerscheinungen ?
Eine Vergötzung ist religiös. Eine Sekte.
Kult ist weit drunter.
Ich verstehe Sie nicht.
Würde ich so ähnlich sehen.
Bei Wirtschaftswissenschaften oder z.b. Theologie war es schon immer schlimm, weil diese “Wissenschaften” in großen Teilen Pseudowissenschaften sind. Daran änderte doch auch die alte “Leistungsgesellschaft” nichts.
Die Meisten hier, die sich über dumme Studenten und mangelnde Leistungsgesellschaft beschweren, würden ja nicht einmal im derzeitigen System, wo jeder angeblich einen Abschluss bekommt, einen kriegen. Und ich meine nicht die ganz offensichtlichen Spinner wie den Klimawandelleugner neulich, der mir dann natürlich mit Chemtrails kam in einer Antwort auf einen Beitrag von mir zu einem anderen Thema.
Der Eindruck hier ist auch teilweise falsch. Die Abbrecherquoten sind in manchen Fächern und Unis trotzdem ziemlich hoch.
Er hier bespricht das Thema auch:
https://www.youtube.com/@morfmitMeinung/search?query=noteninflation
neulich angehört:
Gast mit Meinung: Doc Siri spricht über universitäre Noteninflation | gmM#45
https://www.youtube.com/watch?v=TmBxBQd5m_Y
Auch hier wiederum gilt: Er hat seine eigene Weltsicht, die wiederum Manche hier, die meinen sich auch beschweren müssen, gerade über “linke Leistungsverweigerer” (wenn sie nicht gerade ihre Paranoia vor “Messerausländern” schieben, so vorhersehbar, wo sie das her haben … ), die sich über Noteninflation und mangelnde Leistungsbereitschaft beschweren, absolut nicht teilen würden.
Diskussionen hier über wissenschaftliche Themen sind oft nicht möglich, weil zu den Themen zu wenig Fachwissen vorhanden ist, manchmal sogar von den Autoren, die hier veröffentlichen. Manchmal, gerade bei so “linken” Themen (aber nicht nur), finde ich aber Threads, wo ich erstaunt bin, wie viele gute Beiträge darin sind, die ich nicht so gut schreiben könnte, weil mir das Fachwissen fehlt.
Bei manchen Beiträgen, gerade wenn es um Naturwissenschaften geht, tut es mir sogar Leid, dass sie praktisch keine Antworten kriegen – wiederum weil einfach zu wenig Expertise da ist. Ich lese die dann, genieße es, aber will kein Lob dazu schrieben, denn dieses Ja-Sagertum ist auch eine Seuche des Internets, gerade was Gurus und Influencer betrifft – oder die Bundeswehr. Bots halt.
Ich habe den wissenschaftlichen Betrieb nach der Promotion schon vor 20 Jahren verlassen, also vor dem Bolognaprozess, weil ich diese extreme Abhängigkeit der Seilschaften zwischen Nachwuchs und ProfessorInnen schrecklich fand. Denn nur die Schleimer sind damals weiter gekommen und das war gegen meine Würde.
Ich hatte dann doch noch einmal die Möglichkeit auf eine Professur gehabt. Ich war ein Semester an der Uni und bin dann zurück in meinen alten Beruf, weil es tatsächlich so war, dass man jeden sinnlosen Vorwurf, einen Test nicht korrekt korrigiert zu haben, oder rassistisch bzw. sexistisch zu sein, umfassend rechtfertigen musste. Und tatsächlich war der Hintergrund der Beschwerden meist, dass ich etwas mehr Disziplin oder Genauigkeit bei der Beantwortung der Testfragen bei den Studierenden eingefordert hatte. Und genau die ganz schlechten Studierenden, denen man selbst bei bestem Wohlwollen keine gute Note geben konnte, haben dann geklagt, mit Anwalt und allem drum und dran… In meinem jetzigen Beruf muss ich aufgrund des Fachkräftemangels genau jene einstellen, die noch nicht einmal einen Dreiwortsatz fehlerfrei schreiben können… Viele haben dann noch nicht einmal ein Einsehen, dass das irgendwie wichtig sei. Mittlerweile stellen wir solche Menschen nicht mehr ein und schließen lieber ganze Bereiche, was zu einer Unterversorgung wichtiger Infrastruktur führt.
Dessertation wird eh bald wichtiger als Dissertation.
Und rehabilitiert kann man auch heute schon werden, ohne jemals habilitiert zu haben.
gestern hörte ich in einem englischen Podcast:
“Retracted – no more happening amongst journalists.”
Auf Deutsch wäre es die Richtungstellung. Die Sprecher machten explizit noch deutlich, dass sich Jeder mal irren kann und dass das nicht gemeint war.
Ich warte z.B. auf die Korrektur des Beschlusses zum Holodomor vom Bundestag und der Propaganda in den Medien dazu. Jemand wie ich kann das nicht machen. Das müssten entsprechende Historiker machen vor Gericht. Macht aber Keiner. Niemand traut sich.
Oder die neue Antisemitismus-Definition, wozu es auch genug Material gibt, auch auf TP oder Overton, wie falsch die ist. Die wird aber sogar noch verschärft, weil sich die Beteiligten am Massenmord in Gaza vor späteren juristischen Konsequenzen, z.B. wegen Waffenlieferungen fürchten, auch wenn die Wahrscheinlichkeit dafür wirklich gering ist.
Der Denkfehler bei vielen war, dass nur Hochschulbildung wirkliche Bildung ist und möglichst jeder das auch machen sollte. Dann kam noch Bologna dazu. Tatsächlich braucht eine Gesellschaft aber erstens nicht nur Akademiker und die Abwertung händischer Arbeit ist inzwischen ein wirkliches Problem. Ich fand da das DDR-Bildungssystem jenseits gewisser ideologischer Einschränkungen in gesellschaftspolitischen Fragen deutlich besser, eine breite Bildung für alle und erst nach 10 Jahren gemeinsamer Zeit die Auffächerung in die verschiedenen gesellschaftlich notwendigen Bereiche und die einigermaßen gleichwertige Anerkennung der verschiedenen Berufe.
In der Politik ist doch noch soviel Platz für diese ganzen Typen.
Hier wird immer von den Schwafelwissenschaften geredet. Da ist es eigentlich egal, die Leute tun sowieso nichts Produktives.
Die arbeitenden Wissenschaftler sind längst der Industrie gefolgt und die ist nicht mehr hier.
Das beste Beispiel für unzureichende Bildung bilden doch unsere Politiker und Medienverantwortliche ab. Sie sind das Produkt der “thinktanks”. Schon dieser Name ist Irreführung. Denken, forschen, die Natur und die Geschichte verstehen, Lösungswege finden, sich auch in einer Skala, die wirkliche Leistungsfähigkeit abbildet, einzuordnen und an dieser Stelle das Beste draus zu machen, ist nicht erwünscht. Statt dessen wird mit dem Holzhammer eingedroschen, was die Schickeria für richtig hält. Das Ergebnis ist mehrfach ablesbar, am Müll in unseren Städten, am Hass, der existiert, am Vergleich westlicher Urbanisation im Vergleich mit China und Russland (selbst norkoreanische Städte sind sauberer und ansprechender als viele westliche, trotz Diktatur). Die Selbstzufriedenheit und Korruption wird der westlichen Welt den Todesstoß geben, früher oder später. Wenn wirklich Demokratie herrschte, würde man Kritik ernst nehmen und publizieren, um Lösungen zu finden. Mit der derzeitigen Regierung und der CDU ist das schlichtweg nicht mehr möglich.
Die Leistungsgesellschaft hat uns doch genau dorthin gebracht wo, wir jetzt sind!
„Leistungsbereitschaft“ bzw. wer definiert überhaupt, was Leistung ist?
Im kapitalistischen Schweinesystem ist wohl auch der Entwicklungsingenieur bei Rheinmmetall, der mit seinen großartigen Produkten hilft, Menschen zu verkrüppeln oder unter die Erde zu bringen, ein „Leistungsträger“ oder wie man heutzutage auch neudeutsch sagt, ein „High Performer“.
Mir ist jedenfalls jeder harmlose Bügergeldempfänger 1000mal sympathischer als solche Schweinehunde.
Und damit rede ich bestimmt nicht hoch bezahlten politischen Flachpfeifen und Vollstversagern wie Bärbums, Fester, Habeck, Flak-Trümmerfrau undsoweiterundsofort nach dem Maul.
Und diejenigen, die wirklich unentbehrliche Leistungen für dieses Dreckssystem erbringen, Pflegekräfte, Müllwerker, Feuerwehrleute etc., werden mit Hungerlöhnen abgespeist, zum Kotzen!
Na, da sehe ich aber schwarz. Richtig schwarz.
Erst mal zur Brandt’schen Bildungsreform: das Bildungswesen wurde seinerzeit regelrecht mit Geld überflutet. Bei uns wurde ein neues Gymnasium gebaut und weil noch Geld übrig war, baute man eine Sternwarte. In der Gewerbeschule, wo die Lehrlinge bislang nur auf den ausgedienten Maschinen üben mussten, wurde jetzt das Neueste vom Neuen beschafft. Ich hatte ein ungutes Gefühl dabei, denn ich fürchtete, dass sie dann extrem hohe Erwartungen in uns setzen würden, wenn sie so viel Geld investieren. Genau so war das dann auch.
Womit ich als Linker keine Probleme habe. Das kapitalistische System ist von sich aus ungerecht, aber wenigstens bei der Bildung sollte Chancengleichheit herrschen. Was zählt dann, wenn man einen akademischen Abschluss haben will, wenn nicht das Vermögen der Eltern den Ausschlag geben soll? Leistung eben. Und die wurde verlangt. Hier in Mannheim hatten sie einen Dozenten, der sagte dem Erstsemester erst mal, sie sollen sich mal nach ihrem Nachbarn umsehen, in einem halben Jahr sitze der nicht mehr dort. So nämlich war das.
Festzustellen ist, dass das Brandt’sche Experiment ein voller Erfolg war. Das kleine Deutschland war über viele Jahre Exportweltmeister und das hieß ja wohl, dass hier erstklassige Produkte erzeugt wurden. Dieser Exportweltmeister wurde kritisch gesehen, aber man muss schon fragen, ob wir denn da so die Alternativen hatten. Als rohstoffarmes Land müssen wir sehr viel aus den Exportüberschüssen bezahlen.
Aber was hier geschildert wird, ist einfach das Ende dieser Erfolgsstory. Ein akademischer Titel ist nichts beonderes mehr, denn man kann ihn sich erklagen, indem man auf Diskriminierung klagt. Dann ist er nichts mehr wert.
Ich spreche hier für den Maschinenbau, der eine gewisse Sonderstellung hat. Eigentlich ist er seit Kriegsende der Kamin, in dem man den Aufstieg schaffen kann. Ob Einheimischer oder Migrant. Und weil das so ist, sind Vorurteile oder Diskriminierung extrem selten. Aber Leistung wollen sie sehen. Das schon.
Ich denke auch, dass die Reformen Anteil daran hatten, (West)deutschland für die wissenschaftlich-technische Revolution fit zu machen. Sie habe das intellektuelle Potential, das gebraucht wurde und das, indem weite Teile aus sozialen Gründen brach liegen mussten, weil sie nur schwer Zugang zu einer akademischen Ausbildung fanden, bereitgestellt. Soweit kann man das mit einem klassischen marxistischen Ansatz auch verstehen.
Was dann aber folgte und was im hier vorliegenden Text beispielhaft beschrieben wird, kann ich mir jedenfalls nicht erklären. Und es ist ja in den Schulen das Gleiche. Die für jeden erkennbare Entwertung von Ausbildung kann doch niemandem nützen. Nicht “dem Kapital”, nicht “den Eliten”, nicht der Gesellschaft.
In Berlin hat sich die Zahl der Abiturabschlüsse mit “sehr gut” im Laufe von Jahren verzehnfacht. Meine Fresse, was wir auch für schlaue Füchse geworden.
Keine Ahnung. Sollte man was von erodierenden Gesellschaften und weiß der Teufel was schreiben? Jedenfalls ist absehbar, dass man nicht Spur einer Chance hat, so im Wettbewerb gegen asiatische Aufsteiger zu bestehen.
Auf jeden Fall hat sich in Deutschland und wie es scheint, auch in anderen europäischen Ländern, eine Klasse an die Macht bringen können, und es ist eben nicht vulgär das “Kapital”, dass eine rein ideologische Position bezieht.
Ich habe in den späten achtziger Jahren des vorigen Jahrhunderts Physik studiert.
Die entscheide Prüfung vor das Vordiplom.
Wer das bestanden hatte, konnte in der Abschlussprüfung mit der Note “eins” rechnen.
Die Diferenzierung bestand aber darin, ob ein Absolvent eine 0,7, eine 1,0, eine 1,3 oder eine 1,7 erhielt.
Das war aber allgemein bekannt und die Personalabteilungen potentiller Arbeitgeber haben das entsprechend eingeordnet.
Nachdem ich alle Prüfungen durch fähige Professoren mit besten Erfolg bestanden hatte, hatte ich noch eine Prüfung bei einem völlig unfähigen Professor. Die Prüfung lief schlecht, weil ich überhaupt nicht vorbereitet war. Am Ende fragte er, wie die Kollegen benotet hatten. Er gab mir dann dieselbe Note.
Der Deal war wohl, ich verbreite nicht wie schlecht seine Vorlesung ist und er verbreitet nicht wie schlecht mein Prüfungsverlauf war.
Später in den neunziger Jahren habe ich eine Aufbaustudium für Chemiker mit guten Erfolg an einer Hochschule in der ehemaligen DDR absolviert.
Da ich eben kein grundständiger Chemiker war, war die Note erwartungsgemäß etwas schlechter.
Subjektiv hatte ich aber den Eindruck, dass sie angemessen war. Die prüfenden Professoren haben die volle Notenskala angewendet.
Ich finde diese Entwicklung recht erfreulich….
Es handelt sich bei den letztlich von dieser Entwicklung der Führungskräfte Betroffenen ja um die künftigen Untertanen. Mit oder ohen Bachelor… Den Prototyp dieser neuen Species der Leader haben wir ja bereits als Aussenministerin und, so kann ich nur eine gewisse Gerechtigkeit in dieser Entwicklung erkennen. Denn diese ganze Generation wird dann, ganz demokratisch, von ihresgleichen regiert werden, was für die Entwicklung des Planeten, der ohnedies nicht gerade im erfreulichsten Zustand ist, nur schlechte Nachrichten bedeuten kann. Was die künftige Lebensqualität angeht, so fehlt mir das Übermass an Fantasie, das nötig wäre um sich diese vorzustellen…
Aber, wenn man sich in den Wirtschafts Seiten die derzeitige Entwicklung ansieht, so kann man zumindest kaum mehr am Kommen eines dringend nötigen Krieges zweifeln.
Diese Einschätzungen betreffen nicht allein Universitäten. Die Ursachen liegen schon in den ersten Lebensjahren. Ich spitze es zu: Wie soll ein Kind lernen Blase und Darm zu kontrollieren, das mit Windeln versorgt werden kann in denen es kein Einnässen mehr gibt und das noch nie auf einem Scheißhaufen ausgerutscht ist?
Jeder Mensch hat nach meinem Verständnis Anspruch auf eine möglichst korrekte und sachgerechte Rückmeldung zu dem was er tut. Es ist gut und richtig, dass diese Rückmeldung nicht mehr in Form von Kopfnüssen, Backpfeifen oder versohlten Hinterteilen erfolgt.
Gute Eltern und gute Lehrer kann man daran erkennen, dass sie sachgerechte Rückmeldungen geben ohne zu entmutigen. Auch die früher Zöglinge genannten jungen Menschen erkennen solche guten Lehrer. Egal auf welchem Bildungsniveau. Dass diese Leistung von Lehrenden von Eltern, Schülern, Vorgesetzten und einer steigenden Zahl von Kollegen nicht mehr gewünscht wird – statt dessen nur noch die Aushändigung einer sachlich nicht gerechtfertigten Empfehlung für etwas “Höheres” – wird in den nächsten Jahren noch viele gute Lehrer aller Bildungseinrichtungen dazu bewegen, das Lehren sein zu lassen.
Die von Heike Egner beschriebene Lage hat ihren Ursprung aus meiner Sicht in PISA und vorgeblich wissenschaftlichen, standardisierten Testverfahren. Seitdem wird immer weniger unterrichtet und gelehrt, sondern mit Blick auf Testverfahren dressiert. Nicht alles was man zählt und misst, verdient den Namen Wissenschaft.
Auch in meinem Beruf als selbständiger Kaufmann ist mir das Geschäftemachen seit mehr als einem Vierteljahrhundert mit Profis sehr angenehm. Lästig ist der immer häufiger anzutreffende Dilettantismus. Dort, wo Schwätzer, Pseudo-Besserwisser oder Möchtegerns rumfuhrwerken, kommt es regelmäßig zu Versagen, daß natürlich auch gefährlich werden kann. Niemand, der seine fünf Sinne beisammen hat, würde es Kindern oder Betrunkenen erlauben, das Cockpit in einem Flugzeug zu übernehmen. Und wer als Richter einen Kausalzusammenhang nicht von einer Korrelation unterscheiden kann, schickt einen Unschuldigen aus Dummheit und Versehen in den Knast, während der Täter weiter frei rumläuft. Natürlich muß es Prüfungen geben und selbstverständlich ohne Quote. Steigen Sie in einen Jet, der von einem Quotenkapitän gesteuert werden soll? Die Masse an Dummheiten kommt heute leider aus den Medien. Wenn ich beispielsweise schon höre: Die “aktuellste” Meldungen oder die “extremsten” Wetterlagen o.Ä., alles absolute Adjektive, die weder Komparativ noch Superlativ haben können. Und das von Medien, die eigentlich von Kennern der Sprache, von Sprech- und Sprachprofis herausgegeben sein sollten. Hier wird Information zugunsten einer kindischen Superlativ-Verliebtheit zusammengestammelt. Und man könnte diese Dummheitenaufzählung noch lange so weiterführen. Heute kann jeder mit Textbausteinen Bildung und Intelligenz simulieren. Und die besonders Blöden glauben sich das dann sogar selber. Bildung, Können und Qualität fällt nicht vom Himmel. Wenn der Zugang wie beim Piloten nicht strikt beschränkt wird, fallen die Flugzeuge vom Himmel, und in der Politik, wo durch adverse Selektion das Auswahlverfahren sogar die Bödesten bevorzugt werden, fallen dann eben Volkswirtschaften oder ganze Staaten vom Himmel. Wie man ja gerade sieht.
Einen Aspekt möchte ich dazu ergänzen: Grundlegende auf die Verwendung von Geld bezogene Kenntnisse und Praktiken des Alltags. Wer Aktiva, Passiva und Salden nicht unterscheiden, zusammenschreiben und addieren kann, beherrscht nicht einmal sein eigenes Haushaltsgeld – geschweige denn ein Unternehmen gleich welcher Art und Größe. Auch mit Abitur gibt es davon jede Menge Mitmenschen, oft aufgewachsen mit der Vorstellung “Über Geld zu sprechen ist unanständig”. Das schadet nicht bloß den Gewerkschaften, sondern vor allem den einzeln Gewerbe- und Handel treibenden Menschen, von denen es anscheinend immer mehr gibt. Die offizielle Propaganda erzählt ihnen täglich, wie toll es ist, als Selbständiger “frei” sein Geld zu verdienen. Möglicherweise sogar noch viel moralischer, weil man Unverpacktes verkauft, naturnah Produziertes aus dem eigenen Garten, fair Gehandeltes, selbst Geschneidertes, Gestricktes oder Gekünsteltes… . Dass die meisten dieser Menschen über eine prekäre materielle Existenz nicht hinauskommen, wird selten berichtet.
Die propagierte Möglichkeit mit Hilfe eines Smartphones sinnlose, falsche oder kostspielige Transaktionen hervorzurufen, gaukelt dem Verwender Fähigkeiten vor, die er in vielen Fällen nicht hat. Die stetige Zunahme von Privatinsolvenzen ist nicht allein ungerechter Verteilung geschuldet, sondern oft auch der individuellen Unfähigkeit mit dem eigenen Einkommen sachgerecht umzugehen. Wer leidlich vernünftig ist und seine Schwächen kennt, hebt deshalb nach wie vor das Haushaltsgeld – gleich welchen Ursprungs – in bar zuhause auf und kann so erkennen, wann `Ende der Fahnenstange´ ist. Es geht deshalb in der Frage “Barzahlung möglich oder unmöglich” nicht bloß um mögliche kriminelle Machenschaften, wirtschafts- und geldpolitische Fragen, sondern um die Sicherstellung eines realistischen Umgangs mit dem eigenen Geld im Alltag.
Die Voraussetzungen für einen sinnvollen alltäglichen Umgang mit dem eigenen Geld werden in unseren Schulen nicht gexschaffen.
@ Wolfgang Wirth
Neoliberale der Wirtschaft und Linke der Kultur haben sich gefunden und bilden heute im Westen die beherrschende Kraft in Politik und Medien. Die Linken haben die Funktion übernommen den Neoliberalismus in der Gesellschaft unter anderem Namen akzeptabel zu machen: Er heißt nun einfach Demokratie. Das bewerkstelligten sie indem sie angeblich progressive Elemente hinzutaten. Elemente die vor allem aus dem kulturellen und ideologischen Bereich stammen (vom Weltbürger übers Gendern bis zum Regenbogen). Das einigende Band ist der auf den Individualismus bezogene Liberalismus. Den Sozialismus (der sich auf das Kollektiv bezieht) haben diese sogenannten Linken damit allerdings verraten.
@garno
Guten Vormittag, @ garno,
wir liegen mit unseren Einschätzungen sehr eng beieinander.
Ihr erster Satz trifft voll ins Schwarze.
Bezogen auf den Nutzen für den neoliberalen globalisierten Kapitalismus haben Sie natürlich recht. Vieles – wohl nicht alles, aber doch sehr viel – was heutige “Linke” (wir sparen uns mal eine Definitionsdebatte) fordern, nutzt dem liberal-kapitalistischen System.
Der Treppenwitz des Ganzen ist nun allerdings, dass die Mehrheit der “linken” bzw. der sich für “links” haltenden Protagonisten das heute gar nicht bemerkt, nicht wahrhaben will oder verdrängt. Die glauben in ihrer Naivität oft, dass der Schwanz mit dem Hund wackeln könnte.
Indem das System den Linken seit Ende der 1990er Jahre auf unterer oder allenfalls noch mittlerer gesellschaftlicher Ebene ziemlich großzügig gewisse Freiräume, “Spielplätze” und Posten überließ – natürlich nur bei solchen Themen, die systemkompatibel waren und sind (z.B. Migration, Atomisierung/Individualisierung) – wurde deren Energie auf harmloses Spinnereien oder sogar nützliche Dinge umgelenkt.
Das System hat sich die Linke mit div. Fördergeldern, Posten und Pöstchen gekauft, ihr “Störpotential” entschärft und den Rest ihrer Energie auf die eigenen Mühlen umgeleitet.
Indem sich die Mächtigen nun selbst als “links” und prinzipiell als “demokratisch” bezeichnen, haben sie sich selbst unangreifbar gemacht. Jegliche nicht linksextreme Kritik als “rechts” und “undemokratisch” verdammt (teils sogar Wagenknecht!). Gleichzeitig wird das Attribut “rechts” durch alle TV-Sender tagtäglich mit der NS-Zeit geframed, damit dieses Attribut nicht seine zerstörende Wirkung als Kampfbegriff verliert.
Zurück zur Bildung.
Vermutlich wird so manchem von den Mächtigen das närrische Treiben an den Schulen und Hochschulen auch schon lästig oder gar peinlich, andererseits wissen sie aber, dass das sozusagen der Preis dafür ist, dass es keine systemkritische Linke gibt.
Da sie ihre eigenen Sprösslinge sowieso auf teure Privatschulen und Eliteuniversitätren schicken, sind ihnen die Verhältnisse andernorts ziemlich egal.
Ich frage allerdings auch nach den materiellen Grundlagen dieser Entwicklung. Und natürlich können die nicht von den idealistischen Linken kommen, sondern aus der vom Kapital getriebenen Wirtschaft – dem eigentlichen Machtfaktor in der (neo)-liberalen Demokratie. Ein Machtfaktor der lediglich gestört wurde durch äußere Einflussnahme, die in der “Zeitenwende” zum Ausdruck kamen. Die Wirtschaft musste sich danach neu sortieren und positionieren.
Aber was ist die materielle Grundlage dieser Entwicklung? Ein Punkt der viel zu wenig beachtet wird, denn er rührt am Grundverständnis westlicher Narrative, die zusammengefasst lauten: Wir sind im Westen wohlhabend weil wir Demokratie und die richtigen Werte haben. Und weil wir die richtigen Werte haben berechtigt uns das die Welt zu missionieren und zu dominieren.
Inzwischen sieht das jedoch ein großer Teil der Welt anders und der Westen erhält Kontra: Es ist der Reichtum des Westens, der seine Macht in der Welt begründet – und auch seine moralisch-ideologischen Werte. Es sind die materiellen Werte, die Wohlstand und Macht begründen, aber nicht die moralischen.
@ garno
Müsste das, was Sie im zweiten Absatz als die “materiellen Grundlagen” bezeichnen, nicht eher die “geistige Grundlage bzw. Begründung” heißen?!
Sie zielen ja vermutlich darauf, dass die westlichen Narrative den eigenen Wohlstand neuerdings auch mit dem eigenen “Gutsein” bzw. den “westlichen Werten” (u.a. Demokratie, Regenbogenkultur, proklamierte Dekolonisierung) rechtfertigen.
Früher wurde der eigene Erfolg bzw. die Macht des Westens ja eher mit eigener Tüchtigkeit und klugen technischen Innovationen begründet.
Und ja, dieses neue Narrativ (das “Gutsein” des Westens) glaubt man den westlichen Vertretern mittlerweile nicht mehr. Der Lack ist ab und das, was bleibt, ist eben nur die Macht des schnöden Mammons und die Macht der Kanonen.
Hinzu kommt, dass die westliche “Regenbogenkultur” und auch andere kulturelle “Errungenschaften” – etwas, worauf manche hier seeehr stolz sind – im “Rest” der Welt nur noch ablehnendes Kopfschütteln und Gelächter hervorruft. Man lacht doch darüber!
Übrigens ist dies ein interessantes Beispiel dafür, wo die lange geduldeten Narreteien der (woken) Linken inzwischen die Interessen der Mächtigen behindern.
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@ Wolfgang Wirth sagt:
“Der Lack ist ab und das, was bleibt, ist eben nur die Macht des schnöden Mammons und die Macht der Kanonen.”
Richtig, und sind das nicht die „materiellen Grundlagen“? Der Geist dient dann der Rechtfertigung indem man es mit Idealen und moralischen Werten ausschmückt.
ich habe als dozent ähnliche erlebnisse gehabt. zwei studentinnen beschwerten sich über zu hohe leistungsanforderungen. für die fachrichtungsleitung spielte überhaupt keine rolle, dass sie die einzigen waren, denen es angeblich so ging. ich bekam an dieser hochschule keinen anschlussvertrag. ich hätte „geräusche“ verursacht …! alles an diesem vorgang ist absurd. ich habe jegliche lehre an ähnlichen einrichtungen abgebrochen. ja, abgebrochen. denn dieses lehrpersonal ist bei dieser haltung ZERbrochen. ich vermied diesen weg. jedoch untergänge deuten sich immer im bildugsbetrieb an. denn die absolventen tragen eine ideologie und haltung in die real existierende schöpfende welt. diese welt kann mit solchem personal aber nicht mehr schöpfen. sie vergeht, verdampft. und dann sind andere hier. leute, die fleissig sind, lernen, etwas schaffen wollen. mitteleuropa! eine klimatisch und landschaftlich zauberhafte gegend. nirgendwo steht geschrieben, dass da deutsche leben müssen. wer ist das überhaupt ?…
Ich glaube, unterschwellig geht es in sehr vielen Bereichen – sei es nun die Universität, der Handel, die Schule uvm. – hauptsächlich um den “guten Ruf” und v.a. die Angst davor, diesen zu verlieren; unabhängig davon, ob dieser überhaupt besteht. In einer Zeit, in der jeder jeden und alles “bewertet” und das natürlich auch sofort jedermann kundtun muss, kann man – zumindest bei ängstlichen Persönlichkeiten – schnell mal sehr viel Druck aufbauen.
Ich durfte es als Physiotherapeut in verschiedenen Praxen mehrfach miterleben, daß der Patient buchstäblich ‘König Kunde’ war, unabhängig von seinem Verhalten. Wenn ich es dann gewagt habe, mal jemanden auf gewisse Dinge hinzuweisen, wurde das i.d.R. nicht gerne gesehen und grundsätzlich – ohne den Sachverhalt hinreichend zu klären oder z.T. mich überhaupt anzuhören – dem Patienten recht gegeben.
Insofern kann ich mich nur wiederholen : die Bereitschaft bzw. Fähigkeit zur ehrlichen und ernsthaften Auseinandersetzung hat m.M.n. in unserer Gesellschaft rapide nachgelassen. Und das schon seit ziemlich vielen Jahren.
Ich habe als Kind miterlebt, wahrscheinlich auch erlitten, wie meine Eltern sich über Jahre hinweg – beide in verschiedenen Berufen – neben der Arbeit ihre Qualifikationen erwarben. Neben der Arbeit bedeutete in der DDR damals die Sechs-Tage-Woche. Das war heftig und vor Prüfungen, vor allem schriftlichen, brannte die Luft. Schön war anders, aber letztendlich war ich schon stolz auf die Alten und bin so in einem “Akademikerhaushalt”, der natürlich bis auf die Knochen proletarisch war, aufgewachsen. Übrigens bedeutete das in der DDR nicht, dass mehr Geld da war. War mehr so ein sozialer Anspruch, mit dem wurde ich auch groß. Dass ich dann studieren konnte, ohne mir Geld zum Leben besorgen zu müssen, habe ich als das Privileg empfunden, dass es auch war. Und da ich ein Fach studierte, dessen Gegenstand nicht die Größe und Schönheit des Sozialismus war, musste man bei uns auch konkretes Wissen nachweisen.
Ich habe durch die Familie Einblick in die heutigen Zustände an den Unis behalten, wie sie die Interviewpartnerin beschreibt und finde sie in vollem Umfang bestätigt. Bis hin zur Tyrannei minderbegabter Studenten, die, seien sie nun unwillig oder unfähig, Wissen zu erwerben, zumindest jede Note bekommen, von der sie glauben, dass sie ihnen zusteht.
Bei der Vorstellung, dass sowas bald als Arzt praktiziert, technische Geräte konstruiert oder Brücken baut….
Wenn die dann dereinst Professoren und Rektoren oder sonst was sind, falls von der Sorte nicht eh schon viele dort zu finden sind, darf man sicher sein, dass sich der Prozess der Auslese – Leute, die richtig was können und wollen, werden ausgesondert – noch beschleunigt. So was kann man nicht dulden, das könnte gefährlich für das eigene Fortkommen sein. In der Politik, mit seiner Häufung von akademischen Hochstapler und Betrügern und solchen, die nicht mal schafften, mit Betrug einen Abschluss zu erwerben, sehen wir heute schon die fatalen Folgen.
“Jeder eingeschriebene Student hat das Recht auf einen Abschluss.”
Ja, das Recht, einen Abschluss nach Eignungskriterien zu erreichen.
Wer beim Hochsprung unter der Latte durchläuft bekommt keine Medaille.
Punkt.
Alles andere pervertiert die Hochschule. Dann können wir uns das Geld auch sparen.
@ jjkoeln
Es stimmt schon, daß es die Hochschule pervertiert.
M.E. ist das in meinen Augen größte Dilemma, daß jeglicher Hochschulabschluß der in den deutsch-österreichischen Landen erworben wurde und wird, in Zukunft im Rest der Welt als ein Muster ohne nennenswerten Wert betrachtet werden kann. Österreich habe ich aus dem Grund benannt, da die Frau Egner in Klagenfurt ihre vorerst letzte Professur hatte. In D hat sie als Aushilfsprofessorin und im Studium/Doktorantin ihre Erfahrungen und zudem ihre persönlichen, wissenschaftlichen Maßstäbe sammeln können. Des weiteren vermeine ich, nicht nur, im bildungspolitischen Bereich eine gewisse Angleichung an den US-Hegemon zu erkennen, wobei die beruflichen Perspektiven ähnlich sein könnten.
Untermauern möchte ich diese Behauptung am Beispiel der derzeitigen politischen Ampel-Machthaber. Wzbw, daß diese bildungspolitische Inklusions-Nummer schon geraume Zeit läuft.
Wenn schon ein Abitur mit 1,0 nicht mehr als ausreichend gesehen wird, wurde 0,9/0,85 …. eingeführt. Ein Unding.
Aber mit der ganzen Wokeness und Gleichmacherei hat sich Deutschland doch nun die zunehmend arbeitsscheue Generation Z herangezogen.
Jedes Land hat die Kräfte, für die es selber verantwortlich zeichnet. Dass manche diesem System in andere Länder entfliehen oder die Wirtschaft von besseren ausländischen Standorten versucht zu profitieren, kann man mit gesundem Menschenverstand und entsprechender Lebenserfahrung nur nachvollziehen. Wäre ich jünger, hätte ich mich auch international umgesehen.