Als Dschungelkind wurde sie weltberühmt. Heute lebt Sabine Kuegler zwischen den Welten, fremdelt mal mit der westlichen Gesellschaft, mal mit dem Dschungel. Sie glaubt aber, dass Stammesleben und Zivilisation voneinander lernen könnten.
Roberto De Lapuente im Gespräch mit Sabine Kuegler.
De Lapuente: Sie haben viele Jahre Ihrer Kindheit bei einem kannibalistischen Stamm in Westneuguinea verbracht. Später erkrankten Sie und verbrachten weitere Jahre dort. Wenn Sie das westliche Lebensmodell betrachten: Entspricht dieses Leben Ihrer Meinung nach den menschlichen Bedürfnissen?
Kuegler: Ja und nein. Hier im Westen leben die Menschen schon im Luxus. Sie haben zum Beispiel körperlichen Schutz, Rechtssicherheit und genügend Nahrung. Im Urwald sind eher ihre seelischen Bedürfnisse abgesichert. Sie sind nicht so einsam wie im Westen, psychische Probleme sind im Stammesleben nahezu unbekannt.
De Lapuente: Wie kommt es, dass das Stammesleben psychisch gesünder zu sein scheint?
Kuegler: Weil man dort mit Stress anders umgeht. Natürlich ist das Stammesleben nicht einfach, es geht oft an existenzielle Grenzen. Aber der Mensch im Stamm ist Teil der Gemeinschaft und damit liegt die Verantwortung für den Einzelnen nicht auf einer Person, auf sich selbst, sondern alle tragen Sorge. Man verteilt Sorgen sozusagen auf den vielen Schultern der Gruppe. Und man ist nie alleine, kaum einsam. Die Freiheiten, die man in westlichen Gesellschaften für den Einzelnen kennt, hat man dort natürlich nicht. Auch keine Privatsphäre. Das sind aus westlicher Perspektive die Nachteile. Aber zufriedener sind die Menschen meines Erachtens dort dennoch.
»Ich selbst werde immer zwischen den Welten leben«
De Lapuente: Kriege gab es auch im Dschungel, liest man in Ihrem aktuellen Buch »Ich schwimme nicht mehr da, wo die Krokodile sind«. Würden Sie die Kriegsführung dort als »gesitteter« als in der sogenannten »zivilisierten Welt« einordnen wollen? Wenn ja, warum?
Kuegler: Krieg ist immer gefährlich und brutal, egal wo er geführt wird. Aber die Waffen in der modernen Welt haben viel größere Vernichtungskraft. Hätten die Stammesleute sind gehabt, so hätten sie die auch benutzt und es wäre noch viel schlimmer gewesen. Ich habe aber schon so sehr darunter gelitten.
De Lapuente: Sähen Sie sich heute in der Lage, nochmal ein solches Leben im Dschungel führen zu können?
Kuegler: Ich kenne beide Welten sehr gut und beide haben ihre guten und schlechten Seiten. Sie lassen sich nicht vergleichen und gegeneinander abwägen, dafür sie sind einfach zu unterschiedlich. Die Menschen können aber vielleicht voneinander lernen. Ich selbst werde immer zwischen den Welten leben und nie komplett irgendwo dazugehören, auch wenn ich mich für ein Leben im Westen entschieden habe.
De Lapuente: In welchen Momenten spüren Sie denn, dass Sie im Westen nicht »ganz heimisch« sind?
Kuegler: Wie ich vorhin sagte, man ist im Stamm nie alleine, die Gruppe ist immer um einen herum. Ich genieße die Freiheiten und die Privatsphäre, die man hier im Westen hat. Aber in Momenten der Einsamkeit spüre ich, dass ich in einer anderen Kultur aufgewachsen bin. Manchmal glaube ich auch, dass ich mit Stress sehr viel schlechter umgehen kann als Menschen, die hier aufgewachsen sind. Ich kenne eben einen Alltag, in dem es den nicht gibt.
De Lapuente: Denken Sie heute in deutscher Sprache?
Kuegler: Deutsch und Englisch eigentlich. Ob ich früher in der Stammessprache gedacht habe, weiß ich ehrlich gesagt gar nicht mehr. Ich habe ja so viele Sprachen gelernt und verlernt in meinem Leben …
»Macht man im Stammessystem einen Fehler, dann kann das ganz schnell gewaltsam werden«
De Lapuente: Wie nehmen Sie denn die oft recht heftige, emotionalisierte Debattenkultur im Westen wahr, die ja seit einiger Zeit besonders in den sogenannten sozialen Netzwerken ausgefochten werden? Fasst Sie das an? Nimmt sich der westliche Mensch mit seinen oft meinungsstarken Auftritten zu ernst?
Kuegler: Ich finde es hier teilweise extrem. Vor allem, wie in unserer Gesellschaft mittlerweile Meinung vorgebracht wird. Man will dem Anderen seine Ansichten regelrecht aufzwingen. Das sieht man immer mehr und mehr. Respekt in der Diskussion gibt es immer seltener. Und unter die Gürtellinie geht es auch oft.
De Lapuente: Werden Meinungsverschiedenheiten im Stamm anders ausgetragen?
Kuegler: In einer Stammeskultur denken alle ziemlich ähnlich. Individualismus ist dort, ich sagte es bereits, nicht so stark ausgeprägt. Es wird daher nicht so viel debattiert wie hier. Natürlich gibt es aber auch dort Meinungsverschiedenheiten. Es wäre sehr unhöflich, in einem Stamm seine eigene Meinung auf die Weise zu äußern, wie man es hier tut. Man äußert sich zunächst mal nie direkt. Außerdem hört man viel mehr zu. Es gibt gewissermaßen ein Zeremoniell, wie man seine Meinung äußert.
De Lapuente: Wie läuft das ab?
Kuegler: Wenn ich mich dort äußern will, dann muss ich erstmal zuhören, was die andere Person sagt. Es gibt so einen Ablauf, eine Methode, wie man in so einer Situation auftritt. Und das ist viel ruhiger als hier. Aber im Stamm ist man dafür körperlich viel aggressiver. Macht man im Stammessystem einen Fehler in einer solchen Diskussion, dann kann das ganz schnell gewaltsam werden. Das ist in der westlichen Gesellschaft eher nicht so.
De Lapuente: Sie sagen, dass beide Seiten voneinander lernen könnten. Was können Stämme vom Westen, was der Westen vom Stammesleben lernen?
Kuegler: Durch den fehlenden Individualismus gibt es im Stamm weniger Kreativität. Das muss man schon feststellen. Und viele Stämme entwickeln sich daher nicht weiter. Dass der Einzelne auch mal individueller denkt: Das könnten Stämme lernen. Ich finde auch das logische Denken im Westen gut. Im Stammesleben hat man ein anderes Denken als wir hier im Westen – ich bin auch schon in Situationen gekommen, in denen ich mir dachte, dass das überhaupt keinen Sinn macht, was die im Stamm so machen. Man muss viele Hintergründe kennen, damit man am Ende doch versteht, warum sie so handeln wie sie es tun. Oft fehlt zum Beispiel die Arbeitsteilung, weil alle dasselbe machen. Und so entwickelt man sich nicht weiter.
»Die Stammeskultur wird die Modernität nicht ignorieren können«
De Lapuente: Und was könnten wir vom Stammesleben lernen?
Kuegler: Eindeutig die Achtsamkeit gegenüber anderen. Wir überbetonen den Individualismus. Ich denke, wir sind da in ein Extrem verfallen.
De Lapuente: Wie sehen Sie die Zukunft dieser Kulturen, die lange isoliert waren? Gibt es dort heute schon Anpassungen an die westliche Hegemonie?
Kuegler: Ich sehe immer wieder, dass viele zurück in ihre Dörfer gehen, weil sie dort offenbar glücklicher und zufriedener sind. Sie mögen den Luxus der Zivilisation durchaus, all die Bequemlichkeiten gefallen ihnen. Dennoch zieht es sie zurück. Der Kulturunterschied ist ja auch gravierend, damit muss man erstmal klarkommen. Man kann die Entwicklung nicht verhindern, die Stammeskultur wird die Modernität nicht ignorieren können. Ich finde das auch richtig. Denn was ich für falsch erachte: Wenn manche meinen, man müsste den Fortschritt dort verhindern. Auch Stämme sehnen sich nach einem materiell einfacheren Leben. Man kann es ihnen doch nicht einfach vorenthalten wollen, nur weil wir Angst haben, dass es deren Kultur zerstört.
De Lapuente: Tut eine solche Anpassung das nicht?
Krueger: Nicht zwingend. Ihre Traditionen könnten sie ja kultivieren. Wir waren hier auch mal Stämme. Wer sehnt sich denn heute nach so einem beschwerlichen Leben zurück?
De Lapuente: Sie leben zwischen zwei Welten, wie Sie ja in Ihren Büchern betonen. Trifft das nicht gewissermaßen auch auf die junge Generation jener Stämme zu, die nun aus der Isolation auf das treffen, was wir Zivilisation nennen? Befinden die sich nicht auch zwischen den Welten?
Kuegler: Das kommt heute doch häufig vor. Die Kulturen vermischen sich überall auf der Welt. Das ist also nicht nur ein Phänomen, das sich in Neuguinea so entwickelt hat, sondern überall. Wir sind vielleicht von vielen tausend Jahren Stammesleben noch so geprägt, dass wir uns nur richtig wohlfühlen, wenn wir eindeutig wo hingehören. Aber das ändert sich wohl früher oder später auch.
De Lapuente: Eine letzte Frage, Frau Kuegler: Sehen Sie in der modernen westlichen Gesellschaft noch Atavismen und Relikte alter tribalistischer Herkunft? Steckt in uns also noch Stammesleben?
Kuegler: Ich glaube schon. Bis vor einem Jahrhundert war das Leben im Westen auch noch eher so, wie man es von Stämmen kennt. Man nannte es Dorfgemeinschaft. Das steckt noch viel in uns drin. Die moderne Welt macht aber viele einsamer, daher sagte ich meinen Kindern immer, sie sollten sich aktiv um Freundschaften bemühen. Das bringt Stabilität im Leben, ist wie Familie – oder eben wie ein Stamm. Vielleicht ist es so, dass die Einsamkeit im Westen heute daraus resultiert, dass der Stamm noch in uns steckt, ganz nach dem Motto: Ich muss mich nicht um Freunde bemühen, die kommen schon von selbst – denn im Stamm ist es so, da entkommt man der Gruppe nicht. Aber die Zeiten sind heute nicht mehr so.
Sabine Kuegler wurde 1972 in Nepal geboren. Im Alter von fünf Jahren kam sie mit ihren Eltern, beide Sprachwissenschaftler, in den Dschungel von Westpapua, Indonesien, wo sie ihre Kindheit und Jugend verbrachte. Die Familie lebte dort mit einem damals kaum bekannten indigenen Stamm, den Fayu. Mit 17 Jahren verließ Sabine Kuegler den Dschungel und machte ihren Schulabschluss in der Schweiz. 2005 erschien ihr erstes Buch Dschungelkind, ein Weltbestseller, der in über 30 Sprachen übersetzt wurde. 2012 kehrte sie, erkrankt und von den Ärzten aufgegeben, in den Dschungel zurück, wo sie fast fünf Jahre mit verschiedenen Stämmen im tiefsten Urwald von Papua-Neuguinea und den Salomon-Inseln lebte und schließlich Heilung fand. Heute arbeitet Sabine Kuegler als Unternehmerin und engagiert sich gegen soziale und kulturelle Missstände.
“Wir überbetonen den Individualismus. Ich denke, wir sind da in ein Extrem verfallen.”
Sehe ich auch so. Aber der Individualismus garantiert halt den liberalen Kapitalismus.
Vereinzelte Individuuen sind ganz atavistisch ängstlich, weil ganz tief drinnen klar ist, daß man als einzelner Mensch kaum überleben kann. Solche verängstigten vereinzelten Personen kann man viek besser kontrollieren und ihnen jeden Konsumquatsch als Ersatzbefriedigung verkaufen.
Dafür sind konkret fürs kapitalistische Dasein Gewerkschaften entstanden. Im gemäßigten Kapitalismus gibt es Sozialversicherungen, die als vom Staat organisierter Ersatz für Familienverbände dienen.
Der Neoliberalismus will möglichst viel dieser Ersatzorganisation, insbesondere der staatlichen auflösen, um wehr- und haltlose Individuen zu schaffen, die wie Naturvölker von der Hand in den Mund leben, nur eben nicht von der Natur abhängig, sondern im kapitalistischen Verwertungssystem eingespannt und statt den Donnergott, den Betriebsleiter anbetend und dienend.
@ Müsli zum Fest
“… um wehr- und haltlose Individuen zu schaffen, die wie Naturvölker von der Hand in den Mund leben …”
Auch Naturvölker leben nicht “von der Hand in den Mund”, sondern sie kennen immer auch eine Art von Vorratswirtschaft. Und schon gar nicht sind Naturvölker “wehr- und haltlose Individuen”, sondern wehrhaft, da sie Halt und Orientierung im Kollektiv des Stammes, der Sippe und der Familie finden. Das Kollektiv ist sogar der entscheidende Aspekt der den Menschen zum gesellschaftlichen Wesen macht. Noch mehr, im Kollektiv ist der Mensch entwicklungsgeschichtlich erst zum Menschen geworden, wie er heute genetisch vorbestimmt ist.
Indem der Liberalismus die individuelle Freiheit am höchsten gewichtet, schafft er Menschen, denen die gesellschaftliche Dimension fehlt (weshalb der liberale Mensch eigentlich nur ein halber Mensch ist). Als Ersatz musste mehr oder weniger die Religion herhalten, ansonsten hätte es der liberale Kapitalismus bis hierher nicht geschafft.
Mein Fazit: Mit dem Individualismus als Leitmotiv ist der Liberalismus auch nur eine Herrschaftsideologie die auf dem “Teile und Herrsche”-Prinzip baut.
Dem muss ich widersprechen, denn es ist einfach zu oberflächlich.
Das Problem ist gerade die Verweigerung der der Akzeptanz Eigenverantwortung für alle eigenen Entscheidungen.
Gerade heute ist Opfer als Beruf und Lebensinhalt sehr populär… Ausreden und Jammern sind neben dem aufs-Display starren die wichtigsten Beschäftigungen geworden. Die Einsicht, dass jeder mit den Konsequenzen seiner Entscheidungen leben muss. Natürlich gilt das auch für ganze Völker, die zB die Entscheidung über Krieg und Frieden einer Mehrheit von Idioten überlässt, aber wenns zu spät ist, über den bössen Putin jammern werden!
Mir scheint, Sie sehen Entscheidungsfreiheit wo gar keine ist. Entscheidungen werden im Wesentlichen von äußeren und inneren Zwängen diktiert.
Das sind Ausreden. Es gibt täglich jede Menge Situationen in denen man ganz klar die Wahl zwischen Ja und Nein hat. Aber man bleibt lieber inauthentisch, da man etwaige Konsequenzen fürchtet.
Ganz abgesehen davon geht es sowieso darum ob man mit so einem Land noch etwas zu tun haben will, ob man die Massnahmen des Landes durch sein braves Stillhalten unterstützt.
Natürlich dürfen sie gerne auch weiterhin alles rationalisieren. Nur von mir werden sie dann weiterhin hören, dass sie nicht Teil der Lösung, sondern Teil des Problems sind.
Ihr macht es euch viel zu einfach mit euren Ausreden und eurem “so tun als ob”. Keiner kann sagen nach welcher Schwachsinns Entscheidungen der NATO / EU Politiker, Putin, genau wie im Falle dere Ukraine, beschliesst: Bis hierhin und nicht weiter! Wenn man sich klar macht was von dort alles ausgeht, wäre eine taktische Atombombe auf Rammstein für mein ethisches Verständnis akzeptabel. Länder und Völker die es für ganz, ganz toll halten von den Stoltenbergs, Bidens, vdLeyens oder gar Baerbock geführt werden, muss man sich einfach irgendwann stellen.
So etwas wird wenn, dann bald kommen, denn nach Trumps Wiederwahl ist es fürs erste vorbei sein mit dem Spuk.
Immer wieder interessant die Beobachtungen der Grenzgängerin Kuegle zu lesen. Durch ihren Vergleich von moderner und ursprünglicher Stammesgesellschaft kann man immer etwas lernen.
Mich nervt das permanente Gelaber vom Zuhören und Tolerieren bei jeder Sauerei.
Das massenmörderische, rassistische Verhalten der Fundi-Israelis ist nun mal nicht diskutierbar. Das weltweite Anzetteln jeder Menge Kriege der Amerikaner zum Schutz ihres Imperiums und ihres Dollars auch nicht!
Das was sich heute langsam in die Mainstream Medien zum Thema Corona einschleicht, wussten Leser von Ken Jebsen bereits im März 2020. Den hat man dafür aus dem Land vertrieben! Auch dass die Impfung weder den Geimpften noch seine Umgebung schützt, konnte man bereits wissen, als halb Deutschland noch den Widerlingen in den Medien und der Politik UND DER WISSENSCHAFT zujubelte, die die weniger Verblödeten beschimpften und beleidigten.
Ich habe jahrzente lang geduldig den Blöden zugehört und mit ihnen geredet, aber sie sind einfach IMMER die Mehrheit und irgendwann kommt der Zeitpunkt, wo man die Schnauze voll hat. Im Augenblich arbeiten jene fleissig an etwas das in einem Atomkrieg in Mitteleuropa enden könnte..
Mit sowas soll ich von gleich zu gleich reden und mich dann deren “demokratsischer! Entscheidung unterwerfen?
Ihr könnt mich alle mal!
Tut mir leid, aber das MUSSTE endlich mal gesagt werden… tagtäglich das Gelabere der ewigen Gut-Menschen…
Das Interview ist hochinteressant mit sicher richtigen Einsichten. Es bleiben aber Fragen für mich.
Erstmal die eine Stammesgesellschaft gibt es nicht. Es gibt sicher den benannten Faktor der Gemeinschaft. Aber die Kulturen sind weltweit so vielfältig, dass man sicher nicht alle über einen Kamm scheren kann.
Richtig ist die “edlen Wilden” gibt es nicht.
Die modernen Massengesellschaften haben sich ja aus Stämmen entwickelt, wie und warum ? Vermutlich in den Weltgegenden, wo die natürlichen Bedingungen so waren, das man weder sorglos in den Tag reinleben konnte noch völlig vom Existenzkampf gefordert war. Die kulturellen Besonderheiten haben natürlich auch eine Rolle gespielt, wie man zu Innovationen stand.
Nicht zuletzt sind die westlichen Staaten auch Stammensgesellschaften, die Clans der kriminellen und Oligarchen haben das Sagen. Es ist eher so, dass die Massengesellschaften nicht keine Stammesgesellschaften mehr sind, sondern so, dass sie ab einer gewissen Komplexität wieder in einzelne Stämme zerfallen. In ein paar Mächtige und in viele kleine. Die Mächtigen sind natürlich daran interessiert, die anderen klein zu halten und durch Förderung der Individualisierung jeden organisierten Widerstand zu zersetzen. Das Dumme dabei die Individualisierung wird teilweise auch als angenehm empfunden, weil natürlich der Druck und Zwang, die Unterdrückung gerade besonderer Menschen durch den Stamm, die Gemeinschaft wegfällt. Damit wird andererseits enormes Kreatives Potential freigesetzt.
Wirklich komplexes interessantes Thema.
@Alfred Nonym.
Danke ! das haben sie wunderbar mal auf den Punkt gebracht. Denn die Blöden wie Sie sie nennen haben leider wirklich fast immer die Mehrheit, das ist das gemeinsame Dilemma von Stammes und Massengesellschaft. Es ist aber an sich nicht Blödheit sondern die Instinktsteuerung der meisten Menschen. Von Vernunft werden nur die wenigsten geleitet. Und diese Wenigen werden dann auch noch meist schnell zum Hassobjekt des Stammes, der Menge, der “Eliten”.
Man kann Blödheit gerne definieren als die Inkompetenz den Instinkten durch den Intellekt Einhalt zu gebieten, WO NÖTIG!
Man übersieht dann aber, dass die meisten dies ja auch gar nicht WOLLEN. Ich habe, sogar in meiner eigenen Familie lernen müssen, dass es sogar dort jüngere Menschen mit abgeschlossenem Studium(!) gibt, die mir ins Gesicht sagen, sie wüssten bereits alles zB zu Corona, Impfen, Ukraine und Israel und seien deshalb an ihren Anischten widersprechenden Informationen nicht interessiert, und würden solche niemals zur Kenntnis nehmen!
Gerade Letzteres meine ich mit Dummheit
Die unterschiedlichenn Gesellschaften (auch zwischen Europa und Asien) und deren unterschiedliche Denk- und Sichtweise, ist schon öfters thematisiert worden. Derart enge Strukturen, wie Stammesgesellschaften, haben ihre Vorteile, aber auch Nachteile. Ich denke zum Beispiel daran, was mit Menschen passiert, die sich in einer stammesgesellschaft irgendwas zu Schulden kommen haben. Die werden gnadenlos ausgegrenzt. Und sterben dann einsam. Und wenn ich ehrlich bin, hat unsere ach so individualisierte Gesellschaft dieses Verhalten mal eben in die Gesellschaft integriert. Denke bloß an diese unsägliche Rechtsextremismus-, Rassismus- udn Antisemitismusdiskussion. Dort werden oft die gleichen Mechanismens umgesetzt: Ausgrenzung und damit Lebenszerstörung. Wir müssen dringend lernen, die negativen Seiten unseres Denkens undHandelns untereinander zu überwinden. Auch jeglicher Totalitarismus ist fehl am Platze und wenn wir hier es nicht lernen, andere zu akzeptieren (und zwar gegenseitig! Denn das ist keine Einbahnstraße), wird diese Gesellschaft zerfallen und was dann übrig bleibt, ist schier nicht zu ertragen.
Ich kann dem nicht zustimmen. Irgendwelchen Mist zuzustimmen, nur weil man sonst zu einer Minderheit gehört, das wäre einfach nur dumm.
“Und sterben dann einsam. ” Das ist völlig lächerlich. Das passiert nur denen, die ständig andere belehren wollen. Eim intelligenter Mensch benutzt diese dazu zu erkennen, wo man diskutieren sollte, und wann man lieber im Wald spazieren geht…
Man sollte aber in der Tat dafür sorgen, dass man zumindest einen Partner hat, wenn man alt wird. Aber sich selbst verleugnen… genau das ist es doch was uns dahin gebracht hat, wo wir heute sind. Einsam und verbittert werden nur Gut-Menschen die die Wahrheit gepachtet hat und daran verzweifeln, dass keiner da ist, der sie zum Weisesten aller erklärt.
Dass DIESE Gesellschaft zerfällt, wie sie schreiben, mag wahr sein, nur warum sollte ich damit ein Problem haben? Ich finde es gut, wenn sich die Blöden in Kriegen selber dezimieren, wo soll da ein Problem sein? Empathie ist gut, aber man sollte schon hinsehen, ob sie sie auch angebracht ist. Wer das nicht begreift, der wird leiden. Mitleid mindert Leid nicht, es verdoppelt es…
Ist von Nietzsche, nicht von mir… die Woken hätten den wohl totgeschlagen… und damit mir sowas nicht passiert, lass ich die Blöden machen, und lebe mein Leben.
Sloterdijk hat es mal irgendwo zitiert: “Nur wer sich gut versteckt, der lebt gut!”
Diese beeindruckende Klugheit, mit der Sabine Kuegler ihre ‘grenzgängerische’ Lebenserfahrung reflektiert und für uns alle darstellt, gibt mir den Glauben zurück. dass die Spezies Mensch vielleicht doch nicht nur eine Fehlentwicklung der Evolution bedeutet. Oder: Dass die Menschheit vielleicht doch noch eine Chance hat.
@ Alfred Nonym: >> Durch ihren Vergleich von moderner und ursprünglicher Stammesgesellschaft kann man immer etwas lernen. <<
Mich regt sie an, den jüdischen Exilanten und Soziologen Norbert Elias, der die Affektkontrolle als Grundlage eines "Prozesses der Zivilisation" ansah, erneut zu lesen. Er entwarf die Geschichte eines Europas, welches – von der zunehmenden Affektkontrolle im Westen und den Revolutionen in England und Frankreich, der Emanzipation der Zivilisierten gegen die rohe Gewalt der Herrscher ausgehend – auf Zusammenarbeit und nicht auf Krieg beruht.