
Für die einen ist er rechts – für die anderen nur Notwehr: Der gute alte Konservatismus. Darf man sich noch zu ihm bekennen?
Roberto De Lapuente sprach mit Markus Langemann, dem Herausgeber des »Clubs der klaren Worte«, der sich selbst einen Konservativen nennt.
De Lapuente: Sie sind konservativ. So lautet auch der Titel Ihres neuen Buches. Viele betrachten den Konservatismus als Spießigkeit – aber wie ein Spießer wirken Sie nun ganz und gar nicht. Was bedeutet es für Sie, konservativ zu sein?
Langemann: Konservativ zu sein heißt für mich, das zu bewahren, was sich bewährt hat – nicht das, was veraltet ist. Der Spießer ist ein Gefangener der Form, der Konservative der Hüter des Inhalts. Der eine poliert die Vase, der andere kümmert sich darum, dass die Blumen darin nicht verwelken.
De Lapuente: Sie üben – teils heftige – Zeitgeistkritik. Wenn ich Sie jetzt fragen würde, was Sie aus konservativer Sicht am augenblicklichen Zeitgeist vielleicht doch zu schätzen wissen: Was wäre das?
Langemann: Ich schätze die Geschwindigkeit, mit der der Zeitgeist seine Irrtümer produziert. Noch nie war es so einfach, Dummheiten in Echtzeit zu erkennen. Das ist auch ein Fortschritt. So muss man dem Zeitgeist zugestehen: Er sorgt für gute Unterhaltung. Früher musste man in den Zirkus gehen, heute reicht der Nachrichtenticker. Das ist immerhin effizient.
»Ich fühle mich nicht verfolgt, sondern gut unterhalten«

De Lapuente: Wie erklären Sie sich, dass es heute die Konservativen sind, die sich viel zentraler für Meinungs- und Redefreiheit einsetzen, als es die Progressiven tun? Denn das war zu anderen Zeiten auch schon mal genau andersherum.
Langemann: Geschichte liebt Rollentausch. Früher kämpfte die Linke für Freiheit, heute kämpft sie für Formulare. Das Freiheitsvakuum haben die Konservativen gefüllt – aus purer Notwehr.
De Lapuente: Fühlen Sie sich als Konservativer heute verfolgt? Oder doch nur einfach lächerlich gemacht?
Langemann: Ich fühle mich nicht verfolgt, sondern gut unterhalten. Wenn man heute als Konservativer gilt, nur weil man vollständige Sätze bildet und den Duden kennt, dann ist das fast schon eine Auszeichnung. Lächerlich gemacht? Vielleicht. Aber Lächerlichkeit ist die Uniform derer, die keine Argumente mehr haben. Ich trage sie mit Würde.
De Lapuente: Kritisch gehen Sie besonders mit Themen wie Social Media und Mode um. Was zeigen diese Alltagsbeobachtungen über den Zustand unserer Gesellschaft?
Langemann: Sie zeigen, dass wir mehr Wert auf das Schaufenster legen als auf den Inhalt des Ladens. Unsere Gesellschaft trägt das Digitale wie ein zu enges Kostüm – ständig bemüht, gut auszusehen, aber unfähig, sich frei zu bewegen. Social Media ist das Fitnessstudio des Egos. Seit der Coronazeit und der Einführung von Zoomzeugs haben viele Menschen ihre Würde verloren. Wer heute ohne Hose am Küchentisch arbeitet, den sehe ich morgen mit Bekleidung, mit der ich mir nach einem Unfall nicht mal das Bein abbinden würde. Bequemlichkeit in der Kleiderwahl wird über Würde gestellt. Der Trend zur geschlechtslosen Mode verrät mehr über die Verwirrung dieser Epoche als über ihren Fortschritt.
»Konservative restaurieren Werte, um sie wieder nutzbar zu machen«
De Lapuente: Der Gentleman taucht bei Ihnen als Figur auf, die Anstand und Haltung miteinander verbindet. Gentlemen gibt es im Alltag wenige – es sei denn, man stuft junge Herren in Jogginghosen als neue Gentlemen ein. Das Ideal des Gentlemans ist sicherlich anachronistisch. Glauben Sie, dass das Höfliche, das im Gentleman mitschwingt, noch eine Renaissance erleben kann?
Langemann: Der Gentleman wird zurückkehren – nicht als Mode, sondern als Notwehr. Nach einer Ära der Lautstärke wächst die Sehnsucht nach stilvollem Umgang. Es ist wie bei guten Manieren: Man bemerkt sie erst, wenn sie fehlen. Der Gentleman ist nie ganz verschwunden.
De Lapuente: Sie schreiben gegen das »große Egal« an, das »Anything goes« und die Beliebigkeit. Wie kann der Konservatismus Orientierung geben, ohne in Nostalgie oder Rückwärtsgewandtheit zu verfallen?
Langemann: Indem er das Gestern kennt, um das Morgen zu gestalten. Orientierung braucht Erinnerung. Nostalgie ist Flucht, Konservatismus ist Verantwortung. Und Konservatismus ist kein Museum, sondern eine Werkstatt. Wir restaurieren Werte, um sie wieder nutzbar zu machen – nicht, um sie zu vergittern.
De Lapuente: Das alte Konservative und die alte Linke hatten viele Schnittmengen: Respekt gegenüber jedermann etwa – oder die Bewahrung der Schöpfung. Manchmal waren nur die jeweiligen Begriffe andere. Anders gefragt: Steckt in diesem Markus Langemann nicht ein Stück weit auch ein Progressiver, vielleicht sogar ein Linker?
Langemann: Natürlich. Jeder echte Konservative hat ein progressives Herz – sonst würde er ja gar nichts bewahren wollen. Ich bin so konservativ, dass ich sogar die guten alten linken Werte bewahren will: Freiheit, Verantwortung und Solidarität. Ich bin ein Linker, der stehen geblieben ist, als die anderen weiter nach links marschierten. Aber der politische Kompass ist ohnehin kaputt – wer heute geradeaus denkt, gilt schon als radikal.
Markus Langemann ist Publizist, Autor und Medienunternehmer. Er gründete Sender, entwarf Formate für Leitmedien und prägte die deutsche Medienlandschaft. Heute zählt er zu den unverwechselbaren Stimmen eines unabhängigen Journalismus. Mit dem „Club der klaren Worte“ schuf er einen Ort für Debatte, Aufklärung und Widerspruch.
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„Aber Lächerlichkeit ist die Uniform derer, die keine Argumente mehr haben.“
das Lächerlichmachen des politischen Gegenübers ist leider weit verbreitet (auch hier).
Langemann bringt es auf den Punkt.
Gutes Gespräch.
Auch ich habe mich vor 60 Jahren über die Schnittmenge linken Denkens mit den Konservativen, gewundert. Seine Schlussfolgerungen dazu kann ich bestätigen.
Ich kenne den Mann nicht, aber er spricht Klartext.
Danke für das Gespräch, Roberto. Schön, mal jemanden reden zu hören/lesen, dem man zustimmen kann.
club der klaren worte…*lach
die sprache der charaktermasken.
das interview wimmelt von undeutlichkeiten.
Ich kann mich dem Herrn Langemann nur anschließen. Zeitlebens habe ich mich als „ links“ gesehen. Während die heutigen „ Linken“ immer weiter nach links gewandert sind, so das sie schon „ rechts“ sind, wollte und konnte ich meine Position nicht aufgeben. Ob man das nun konservativ nennt, ist mir egal. Danke Herr De Lapuente für den Artikel.
@Ronald
Ging mir lange Zeit ähnlich, bis ich schließlich begriff, dass ich offenbar wirklich konservativ geworden war und mich dann auch etwas mehr mit den geistigen Grundlagen des Konservativen beschäftigte.
Auch wenn es manche verblüffen sollte, aber ich denke im Grunde heute nicht großartig anders als vor 25 oder 26 Jahren.
Damals las ich „Die Globalisierungsfalle“ von Schumann/Martin und galt mitnichten als Konservativer oder als Rechter. Der Verrat der Linken an den kleinen Leuten im eigenen Land öffnete mir am meisten die Augen.
Man sollte auf jeden Fall ökonomische und gesellschaftspolitische Standpunkte auseinander halten, wie es beispielsweise die Webseite politicalcompass.org macht.
Ich kann Sozialist sein und für oder gegen die Homo-Ehe und ich kann neoliberaler Turbokapitalist sein und für oder gegen die Homo-Ehe. Das berührt sich ja nicht. Nur um zu illustrieren was ich meine.
Und ich halte es für einen Fehler „links“ oder „rechts“ an gesellschaftspolitischen Fragen zu messen.
Die sind nicht nach links gewandert, sondern scharf rechts abgebogen. Sie GLAUBEN nur, weiterhin links zu sein, weil sie hinter jedem Widerwort einen Rechten zu sehen glauben…
Wie der Respekt der ‚alten Koonservativen‘ vor den ‚alten Linken‘ aussah, kann euch jeder Kommi erzählen, der im adenauerschen Ranzstaat gelebt hat.
Man suche nach der Fernseh-Doku „Als der Staat rot sah“…
Na heut‘ zu Tage ist das Pendel in die andere Richtung geschlagen. Fängt zwar auch mit „R“ an ist aber das andere Links gemeint.
Freiheit und Gerechtigkeit sind nur Steckenpferde der linken Psychose.
In Wahrheit ruht in ihnen wie im NS Armut, Krieg und Zerstörung.
„Ich baue mir einen kalten Thron aus Stahl“ :Frauenfeind und arbeitsscheues Zionisten Werkzeug Karl Marx.
Hier dein 🐟
….haste dir redlich verdient.👍
Ein interessantes Gespräch, danke an die Teilnehmer.
Vom Inhalt, möchte ich zustimmen.
Was mich jedoch beschäftigt ist die Frage der Mode? Diese angebliche Mode ist eine immer wieder kehrende Mode, nur zeitlich versetzt. Jetzt nun zur Frage der Ideologie : Ist die Mode wie die Ideologie, eine immer zeitversetzte Erscheinung?
Ja natürlich ist sie das, denn die Schafe müssen blöcken um ihren Schafsführer zu folgen.
Wir fabulieren über Sachen, aber lösen nicht die Probleme, die diese Welt besitzt.
Weder das eine oder andere ideoligische Problem hatte jemals eine Lösung vorangetrieben.
Das ist des menschliche Manko, das er das Denken nicht mehr praktiziert.
Meines Erachtens ist das Links-Rechts-Schema weitgehend ungeeignet, einfach deshalb, weil darunter jeder etwas anderes versteht.
Für zielführender halte ich die Benennung konkreter Achsen:
sozialistisch / kapitalistisch
progressiv / konservativ
individualistisch-liberal / kollektivistisch-autoritär
pazifistisch / interventionistisch
Volksherrschaft / Elitenherrschaft
und ja, gerne auch:
unten / oben
Wohl die meisten interpretieren den jeweils erstgenannten Begriff als „irgendwie links“, dehnen diese Bezeichnung damit aber auf zu viele Felder aus, obwohl nicht direkt Gemeinsamkeiten bestehen.
Nur, weil irgendwelche Parlamentspräsidenten sich gezwungen sahen, jede neu hinzugekommene Partei in ein Links-Rechts-Schema zu pressen, um ihnen anschließend Sitzplätze zuordnen zu können, müssen wir uns dem nicht unterordnen. Oder meint hier jemand, die marktradikale FDP sei soetwas wie eine „Mitte“?!?
Ja, weil die herrschende Klasse durch „kognitiv warefare“ sämtliche Begriffe verdreht hat.
Wie viel klare Worte verträgt eigentlich so ein Club? Oder ist er – wie alle Clubs – bloß ein Etablissement für eine bestimmte Klientel – und für andere wiederum reglementiert?
Darf man in Ihrem da über Genitalverstümmelung und Gewalt gegen Männer debattieren?
Zweifel am Verschwinden von Rudolf Diesel anmelden, an der offiziellen Darstellung der NSU-Morde, 9 / 11 oder dem Amri-Komplex?
Für die Freigabe von Drogen, Prostitution und Inzest plädieren?
Die Hölle als – verglichen mit der Erde – aufregenden, würdevollen Spaßpark im Post-Live-Segement beschreiben?
Gegen Nuklearenergie wettern?
Mohammed / Jesus / Buddha / Beckenbauer / daine Mudda karikieren?
Festhalten, dass Deutschland zwei Weltkriege vom Zaun gebrochen hat und jeweils den zweiten Platz belegte?
Russland / China / den Iran / Kuba / Nordkorea verstehen?
Fragen über Fragen.
Früher nannte man das „Pragmatismus“. Oder „Hirneinschalten“. Mit „konservativ sein“ muss so was gar nichts am Hut haben.
Da erscheint mir das Polieren aber noch sinnvoller. Eine gepflegte Form besteht nämlich länger als ihr so Moden unterworfener wie sonstig austauschbarer Inhalt. Den zu konservieren ist schwierig, weil Leben nun mal Wandel bedeutet. Heißt: Die Blumen sind nach ein paar Tagen hinüber, dann braucht man neue – und dann? Wer liefert die? Fleurop? Wer baut die an, wer pflückt die? Kenianische Kinderhände? Kanaken in holländischen Gewächshäusern? Überhaupt – wer sagt, dass die Blumen von heute morgen noch „in“ sind? Da bestellt man sich zwanzig gelbe Astern und dann sind plötzlich umbrafarbene Narzissen der Renner! Nein – wer dagegen poliert, schafft immerhin noch Stabilität und gibt einem funktionierenden Gerüst / Guss den Vorzug gegenüber kurzfristigem Genuss / Konsum.
Ein fortschrittlicher Gesell‘ würde ohnehin einfach eine Pflanze vorsichtig in einen Topf geben und sie dann hegen, pflegen und ihr überwintern helfen, sodass man noch im nächsten Jahr etwas von ihr hat.
Und ein Freiheitlicher ließe die verdammten Allergieschleudern einfach in ihren Beeten und schaute ihnen beim Wachsen zu. Er topft sie nicht um, er zwängt sie in keine Vasen, er will sie nicht formen, biegen und brechen. Ihm genügt, dass sie aus eigener Kraft gedeihen – manche vielleicht gerade, manche vielleicht krumm. Andere wieder wild, andere ordentlich, dritte dann überraschend. Aber alle eint, dass sie echt und authentisch bleiben dürfen. Der Freiheitliche nimmt in Kauf, dass manche der Blumen verkümmern, andere wuchern und dass das Ganze nie ganz kontrolliert werden kann. Und auch nicht muss. Denn gerade im Unvollkommenen, im Durcheinander, erkennt er den Wert: dass Leben sich selbst organisiert, ohne dass da jemand ständig poliert, sät, stützt, topft, häkelt, oder ersetzt. Was sind dagegen die Schnittblumen anderes als identitäre Massenware? Kurzfristige Moden, austauschbarer Plunder, (von der Deutsch-EU) genormter Tand? Abgeschnitten, längst erkaltet wenn sie eintreffen und sprichwörtlich tot? Und selbst im Tod noch in Fesseln gelegt, bevor man sie irgendwann einfach achtlos in den Müll schmeißt – genau wie die Vase, die man aus Gusto durch eine andere ersetzt? So wie man eben Gesetze, Moral und Co. KG gerne nach Gusto ersetzt?
Und was hat man davon? Ist es nicht vielmehr traurig, wenn man „Dummheiten in Echtzeit“ erkennt – und sieht, dass niemand etwas ändert? Ändern will? Oder zumindest kaum einer? Oder dass die anderen vielmehr einen als den Dummen beschimpfen und die „Dummheiten“ gar nicht als Dummheiten verstanden wissen wollen?
Die Gesellschaft ist der Zirkus, Herr Langemann. Und da liegt eines der Probleme.
Wer ist „die“ Linke? Meinen Sie die Partei – also die Linkende? Oder ist für sie die Linke ein monolithischer Block? Welche Linke kämpfte denn für die Freiheit, Herr Langemann? Waren das nicht vornehmlich so pöse Leute wie Goldman, Maîtrejean, Misař? Schon zu deren Lebzeiten gab es ja bereits längst andere Linke, die alles in Parteien, Anträgen und Parteianträgen organisieren mussten und dem Geist des Bürokratismus, dem Unlebendigen, den Vorzug vor dem Lebensbejahenden gaben? Einige davon nannte man dann Sozialdemokraten. Und besonders unlebendig wurden dann Typen wie Kolonialmeier-Noske und dieser Sattler aus Heidelberg, nach dem später eine gewisse Stiftung benannt wurde (Arbeitermörder-Ebert-Stiftung).
Aha. Welches Freiheitsvakuum füllen die denn so? Das ökonomische? Das musste nie gefüllt werden, das zu füllen war gar nicht nötig, so wie sich alle drum gebalgt haben, dieses Loch zu stopfen. Und ein Loch war es, zumindest ein geistiges.
Nochmals: Bei welchen Themen setzten sich denn sogenannte „Konservative“ genau für Meinungs- und Redefreiheit ein? Bei Abtreibung? Jesuskarikaturen? Ausländern? Waffenverboten? Oder ist es nicht eher so, dass diese – genau wie die letztlich nicht weniger rechten, da systembejahenden, Spießgesellen von Liberalen, Sozialdemokraten und Woken – nur immer genau dann „Freiheit“ für sich entdecken und für sie kämpfen, wenn sie mal von einem Problem, wenn sie mal von einer Unfreiheit betroffen sind? Insofern könnte das mit der Notwehr hinhauen – aber auch nur fallbezogen, temporär. Wenn sie eben von Symptomen betroffen sind, dann schreien sie nach Vadder Staat. Wollen ihre Goodies zurück.
War doch während des Maßnahmenregimes auch so. Plötzlich sahen sich einige Rechte eingeengt und entdeckten dann, dass mal „was getan werden müsse“. Kaum hatte ihr Staat ihnen ihre Privilegien wiedergegeben oder zumindest genügend Goodies wieder aus der Tasche geholt, trotteten sie ihm schön brav hinterher. Und die Leute, die für echte Freiheit einstanden, standen wieder allein im Regen. Die waren eben dafür, an die Wurzel des ganzen zu gehen, die anderen wollten nur Symptombekämpfung – und Wurzelbehandlung für die Schwächsten.
Das ist eher eine Signatur von Verfall.
Und was gilt heute denn nicht als „konservativ“? Ich bin konservativ, sozialkonservativ. Ich dusche kalt, lese papierne Bücher (auf einer Parkbank – höchst verdächtig!), rasiere mich täglich (heute muss jeder einen Bart haben, am besten dieses halbzerfranste Ding vom Söder, das aussieht als sei sein Rasierer kaputt), mache Eigengewichttraining (Panzerkörper! Nazi-Körperkult!), bin überpünktlich (Nazi! Nazi!), habe einen geordneten Schreibtisch (Eichmann!), habe die Kontrolle über mein Leben, weil keine Jogginghose (Lagerfeld!), wechsle meine Partner nicht öfter als meine Unterhose (Hitlerist !) und mag Hunde (Blondi!). Aber ich mache meine individuellen Vorlieben und Neigungen doch nicht zum Gebot für meine Mitmenschen. Zumindest nicht mehr (war früher selber bolle rechts) und zumindest bemühe ich mich nun. Der Rechte dagegen sagt: Ich rasiere mich täglich, also bin ich der geilste und alle anderen müssen sich auch rasieren. Dann drückt er seine Mode durch, weil er so seine Beziehungen hat – und schwuppdiwupp gibt es die Rasierpflicht oder die Bartwachstumssteuer.
Also hat er jetzt keine Argumente mehr? Hä?
„Lächerlich“ ist letztlich doch nur, was man als lächerlich empfindet. „Arschloch“ ist ein Wort und „Kamillenhandcreme“ ist auch eines. Ob eines von beiden oder gar beide beleidigend, lächerlich machend oder sonst was sind, liegt nicht in den Worten selbst begründet, sondern in „unserer“ Beurteilung. Das wird oft von außen aufgeladen. Der Stoiker würde meinen, dass jemand, der sich beleidigt fühlt, bereits zugelassen hat, dass fremde Worte über sein Innerstes herrschen. Und davon müsse man sich freimachen. Nun – das mag jeder für sich selbst entscheiden. Nur darf daraus nie folgen, anderen den Mund zu verbieten.
Und ich Dussel dachte immer, dass die oktroyierten Maßnahmen oder der Umgang mit Ungeimpften unwürdig gewesen waren…
vs.
Ja, was denn nun, Langemann? Entweder es zählt der Inhalt des Menschen oder sein Schaufenster. Wenn der Inhalt zählt, kann Ihnen ja wurscht sein ob er Jogginghose, „geschlechtslose Mode“ (Was ist das genau für Sie? Zählen Jeans bereits dazu?) oder den Oxford Check à la Altlandrebell trägt. Davon abgesehen: wer bestimmt denn, was „modisch“ ist? Wieder nur irgendeine Clique an der Spitze, die ihre Stils und Styles dann via angeschlossener Rundfunkanstalten, „Experten“ und „Kenner“ dem gesellschaftlichen Unterbau vorsetzt mit dem Befehl „Friss!“ (Was dieser freilich tut – und dem ganzen Schmarrn auch noch allzu oft hinterherrennt wie der Pawlow seinem Würstelmeister.)
Überhaupt: Was jucken Langemann die Klamotten anderer Leute? Das ist doch in der Tat mal rechts (und keineswegs konservativ, denn das beinhaltet durchaus auch den Respekt vor individueller Freiheit), sich über das Aussehen und die Kleidungswahl anderer zu ergehen und ihnen dann Vorschriften zu machen und Maulaffen darüber feilzuhalten, was sie daheim zu tragen haben. Ein Konservativer dagegen verführe nach dem Prinzip: Leben und leben lassen. (Ich konzediere, dass er in öffentlichen oder formellen Kontexten wie einer Beerdigung die Nase rümpfen könnte. Aber auch dann eher unter Hand oder das ganze für sich bewahrend. Mein (sehr konservativer) Großonkel und ich waren bei meines Vaters „Beerdigung“ sicher mehr als overdressed, aber wir haben uns dann bloß mit Blicken verständigt.)
Okay, okay. Langemann ist der Inhalt wohl durchaus wichtig – aber er habe sich gefälligst auch im äußeren Erscheinungsbild zeigen. Da ist man dann wieder beim Reglementieren und Vorschreiben. Da braucht es dann den Staat. Spätestens da wird’s dann rechts.
Cheffe, wer oder was ist 1 Gentleman? Oder meinst Du Gentleman, den Rapper?
Unter den sogenannten Gentleman-Tugenden begegnet man ja meistens Ableitungen der antiken Kardinaltugenden oder verwandten Denkrichtungen, landet also bei Eigenschaften wie Höflichkeit, Aufrichtigkeit, Gerechtigkeit, Hilfsbereitschaft, Mut, Besonnenheit, Rücksichtnahme, Verantwortung, Selbstkontrolle… ich schreib das Buch nicht ganz ab. Und gerade Geschichten wie Gerechtigkeit, Rücksichtnahme, Hilfsbereitschaft, Mut (zur Wahrung der Freiheit), ja selbst Besonnenheit (innere Freiheit über äußere Zwänge) sind ja Fertigkeiten, die für eine friedliche und freiheitliche Gesellschaft durchaus maßgebend sein können. Keine staatlich verordneten Zwänge, sondern Fähigkeiten, die ein freies, konsensuales, einander achtendes wie helfendes Miteinander vorantreiben. „Das ist aber eine kapitalistisch-imperialistische Ellbogengesellschaft, die auf Aufrüstung und Raubkriege setzt @ Altlandrebell.“ Achso. Ja, dann kann das Zeug doch auf den Müll.
Davon abgesehen: wie kann ein Ideal bitte anachronistisch werden? Idealzustände werden ja seltenst verwirklicht. Ein Ideal ist ja per definitionem etwas Zeitübergreifendes oder Utopisches, etwas, das i.d.R. nur erstrebt, doch nie erreicht wird und nicht unbedingt von der Wirklichkeit abhängt. Es ist fluid und bleibt ungreifbar. Insofern kann es auch nur schlecht altern. Altern – und aus der Mode fallen – können allein die Rahmenbedingungen oder Denktraditionen um so ein Ideal herum, sodass es dann von vielen Leuten eben nicht mehr als erstrebenswert angesehen wird. Aber dass ein Ideal nicht mehr erstrebt wird – von wem eigentlich nicht? Und ist Quantität bei Idealen so entscheidend? – sagt ja noch nichts darüber aus, dass es automatisch veraltert sei. Vielleicht veraltern / verknöchern auch einfach die Leute oder die Umstände.
Die meisten Leute, die sich „konservativ“ nennen, restaurieren allenfalls Sachwerte, versuchen die Gesellschaft in ein Freilichtmuseum zu überführen und sperren alle hinter welche Gitter auch immer, die nicht ihren Moden, Manieren, Idealen und Kleidungsgeboten folgen wollen.
Bin gespannt, wann Ihre „Konservative“ anfangen Leninstatuen zu bewahren, marxistische Lehrstühle oder anarchistische Katechismen…
Immerhin einer, der sich noch erinnert, dass Freiheit zum Linkssein gehört. Aber verraten Sie das bitte nicht der Linkenden oder den sich „links“ nennenden Wokisten. (Das mit der Solidarität auch nicht, die zelebrieren die auch nur zum 01. Mai in altbekannten Sprechblasen und Parteitagsbeschlüssen.)
Die marschierten bloß nicht nach „links“. Das habe ich letztes Jahr schon hier anzureißen versucht. (Darunter entspannte sich übrigens bereits der Diskurs, warum man sehr wohl weiterhin zwischen „links“ und „rechts“ unterscheiden solle. Weil hier bestimmt wieder die einunddrölfzigste Debatte zu kommt.)
Das galt man auch früher bereits. Stichwort: „Ein falsches Wort – schon biste Kommunist!“ Und dass der politische Kompass kaputt ist, ist durchaus zutreffend. Leute, die für Auslandseinsätze, Aufrüstung, Hartz IV, Austerität, Massenüberwachung, Impfpflichten, Genderi und Gendera eintreten, gelten heute weiterhin als „links“, „liberal“ oder gar „linksliberal“. Andererseits – für die Rechten war ja auch Hitler immer „links“, denn er war „nationalSOZIALIST“…
Es gibt kein richtiges Leben im falschen,
als Existentialist trägt man lange Schwarze-Feinripp Unterhosen*, im übrigen verbessert man auch sich selbst, und nicht die anderen Mitmenschen. Führt in eine Existenz in Askese mit kleinen Marschgepäck bevor man irgendwelche wichtigen oder unwichtigen Entscheidungen trifft atmet man siebenmal Tief durch.
*Jedi Meister im Ninja style
Glück und Freiheit!
Ich hoffe, Sie interpretierten meinen hiesigen Kommentar nicht dahingehend, dass ich nun andere Mitmenschen verbessern möchte. Mir sind die und ihre Klamotten wie Marotten wurscht, solange sie die mir nicht oktroyieren wollen.
Na – Askese ist nur umgekehrtes Habenwill. Der Konsumist ist zwanghaft darauf fixiert Dinge zu haben – und der Asket eben genauso zwanghaft darin Dinge nicht zu haben:
Sich am Sein zu orientieren, bedeutet nicht Selbstgeißelung, Entsagung oder Armut – sondern schlicht einen Einstellungswandel. Bedeutet seine sieben Sachen zu gebrauchen statt sich mit ihnen zu identifizieren oder sie zu fetischisieren. Es geht nicht um das ob, sondern das wie. 🥳
Das heißt heute Capsule Wardrobe! Mehr Denglisch now! 😎
Als Asthmatiker kann ich Ihnen bestätigen, dass das eine sehr gute Taktik ist. 👍
Das is‘n Wort! 🤝
Askese ist Magersucht im Quadrat
@Altlandrebell: Bei vielen Dingen, die Sie in Ihren stets ungemein ausführlichen und vor Wissen strotzenden Beiträgen schreiben, bin trotz allem absolut nicht Ihrer Meinung.
Aber hier finde ich von A bis Z kaum etwas, wo ich ernsthaft widersprechen kann.
👍👍👍
Grüße Sie, danke für die freundliche Rückmeldung!
Da stehe ich jetzt ein bisschen auf dem Schlauch, da Sie noch vor ein paar Wochen mal meinten – so ich mich richtig entsinne – Sie teilen sehr oft meine Meinung. 🧐
Wo sehen Sie jetzt genau die Differenzen? Können ja mal drei, vier kurz skizzieren, wenn Sie möchten, dann kann man sich gegebenenfalls zu austauschen. 🙂
Wäre es denn schlimm, wenn Sie von A bis Z widersprechen müssten? Ist ja ein Meinungsforum, können Ihre Meinung danebenstellen. 🤷♂️
Ehrlich gesagt hatte ich mir von diesem Gespräch etwas mehr Substanz und Tiefgang versprochen.
So hätte man durchaus Jordan B. Petersons Buch „Konservatives Manifest“ erwähnen können, denn so viele zeitgenössische Konservative gibt es ja nicht.
Auch ein kurzer Rückblick auf die gedanklichen Grundlagen dieser Richtung sowie auf Edmund Burke hätte nicht geschadet.
So frage ich mich, ob dieses Buch von Langemann für mich denn überhaupt etwas Neues bringt … ?
Ich kann mich an dem Text auch nicht begeistern. Vielleicht liegt das daran, dass ich kein Konservativer bin. Nur mehr als den Versuch, ein paar griffige Sätze zu formulieren, habe ich nicht wahrgenommen. Ging im Fall der Lächerlichkeit als Uniform sogar richtig schief.
So bleibt nach dem ersten Lesen bei mir nur im Kopf, dass man sich nicht wie ein Flegel benehmen soll. Sollte man auch nicht. Und?
Der interessanteste Gedanke war für mich die Schlussfolgerung, dass – ich fasse das mal etwas grob zusammen – konservativ das neue Links ist. In diesem Sinne wäre ich es dann auch, Nur bin ich mir nicht sicher, dass das den Kern modernen Konservativismus‘ trifft.
@1211
Zu Ihrem letzten Absatz:
In inhaltlicher(!) Hinsicht sind die Konservativen von heute bestimmt nicht links, doch gibt es im Hinblick auf ihre gesellschaftliche Marginalisierung, ja Ächtung eine gewisse Ähnlichkeit mit der Marginalisierung und partiellen Ächtung der Linken zwischen 1945 und 1970. Gleiches gilt im Hinblick auf die kritische Haltung gegenüber den jeweiligen Denkmoden und Regierungen. Vermutlich meinen Sie letzteres.
Auch lässt sich unschwer konstatieren, dass heute das öffentliche Bekenntnis, konservativ zu sein, in einigen Gesellschaftsbereichen ähnlichen Mut erfordert wie um 1965 das Bekenntnis, links zu sein …
—
Was den Begriff „konservativ“ u.a. kennzeichnet, hat in dem anderen Kommentar von mir wohl Prof. Patzelt nett wie folgt zusammengefasst:
Aus der Skepsis, dass qualitativer Fortschritt überhaupt möglich sein, folgt die Sichtweise, dass nicht das Alte sich zu rechtfertigen hat, dass es da ist und Bestand haben will, sondern das Neue zu beweisen hat, dass es wirklich besser sei.
Es gibt natürlich noch mehr Aspekte, aber das soll ja jetzt hier kein ellenlanger Text werden.
Die Konservativen sind dazu da, das zu bewahren, was Linke gegen den erbitterten Widerstand der Konservativen errungen haben.
Lächel. Sehr schön.
Für die abstrakte Freiheit hat eigentlich nie jemand gekämpft. Jede Klasse kämpfte um ihre Herrschaft. Es resultierten Kompromisse wie die Weimarer Republik. Der Adel behielt Besitz und Titel, das Bürgertum die Herrschaft über Produktion und Produzenten, und die übrigen Bürger durften alle paar Jahre wählen. Die Kommunisten gingen ganz leer aus, weil sie die Diktatur des Proletariats wollten. Wie es ausgerechnet ein multiethnisches Bergbauernvolk schaffte, eine Direkte Demokratie zu errichten, und damit echte Freiheit zu schaffen, ist mir schleierhaft. Eine echte Scheindemokratie ist die BRD. Alle paar Jahre geben die Bürger ihre Rechte an der Wahlurne an „Repräsentanten“ ab, die tun und lassen können, was sie wollen. Direktdemokratische Elemente gibt es auf Bundesebene nicht. Das ist in Europa einzigartig.
Wo genau existiert in der Schweiz denn bitte „echte Freiheit“? Konsumfreiheit? Reisefreiheit? Die Schweiz ist immer noch ein Staat und bei allem liberalen Getue ist sie oft nicht minder autoritär. Eine Wehrpflicht hat sie auch und anderen Schmu.
Oder wen meinten Sie mit dem „multiethnischen Bergbauernvolk“?
Bonapartismus, Kartellparteienbildung oder „Transformation der Demokratie“ (Agnoli) sind jetzt aber keine neuen Geschichten.
Direktdemokratie ist aber immer noch Mehrheitsherrschaft. Nur zu mehr Themen vielleicht. Sie bedeutet, dass letztlich irgendeine Gruppe zu irgendeinem Thema anderen ihren Willen oktroyiert. Und ihre Abstimmungen sind genauso manipulierbar, verzerrungsanfällig – wie alle mit Geld, Medien und Macht beeinflussten Wahlkämpfe. Stichwort: S 21 hier. Oder ihre Entscheidungen werden von den Herrschenden eben nicht umgesetzt beziehungsweise in einer Form, die die Themenbefürworter womöglich gar nicht wollten. Stichwort: Schweiz! Kein Wunder, dass da gerne mal die Hälfte der Leute Abstimmungen fernbleibt. Konsensorientierte Entscheidungsprinzipien gingen da weiter – und bedeuteten nicht „alle(s) gleich zu machen“. Aber dafür brauchte es andere Ausgangsbedingungen.
Individuelle Freiheit beruht auf individuellen Entscheidungen, politische Freiheit auf Mehrheitsentscheidungen. Was ist dabei? Auch die individuelle Freiheit ist keine „totale“ Freiheit, weil man auch bei individuellen Entscheidungen „gespalten“ sein, kann weil ein Teil der Wünsche unerfüllt bleibt, was man als Opportunitätskosten bezeichnet.
Es ist einer der Vorteile der direkten Demokratie, dass sie die Leute dazu anregt, sich zu informieren und mit Problemen auseinanderzusetzen, und dass sie die Bevölkerung dadurch vor Desinformation und Manipulation schützt.
Außerdem verhindert direkte Demokratie die Auswirkungen von Blockbildung. In der Schweiz gibt es mal “sozialistische” mal “populistische” mal “neoliberale” Abstimmungsergebnisse, weil man meist so abstimmt, wie es die Situation erfordert. Die Leute merken schon, wo der Schuh drückt.
In der direkten Demokratie wird der Konformitätsdruck durch geheime Abstimmungen reduziert. Es gibt zuvor Diskussionen und die Menschen informieren sich. So wurden bei der Volksabstimmung vom 13.06.2021 in der Schweiz abgelehnt das Bundesgesetz über die Verminderung von Treibhausgasemissionen (CO2-Gesetz) sowie die Volksinitiativen «Für sauberes Trinkwasser und gesunde Nahrung» und «Für eine Schweiz ohne synthetische Pestizide» Bei polarisierenden Kampagnen gibt es meist Ergebnisse plus/minus 50%, was zeigt, dass Konformitätsdruck nicht wirksam war. Es gibt auch keine Brandmauer gegen die SVP, sondern sie ist an der Regierung beteiligt. Konformität entsteht in autoritären Systemen und ist ein Maß für den Mangel an Demokratie und Medienfreiheit, der in der BRD ganz eklatant ist. Scheinkonformität entsteht, wenn bei Wahlen nur Parteien zur Verfügung stehen, die eigentlich keiner will, so dass zähneknirschend das kleinere Übel gewählt wird, um noch Schlimmeres zu verhindern. Dasselbe blöde Gefühl entsteht, wenn man notgedrungen in einem Laden einkauft, der nichts hat, was man wirklich will.
Ferner ist zur Gestaltung vor Rahmenbedingungen für die Wirtschaft unbedingt ein direktdemokratischer Staat notwendig, damit staatliche Eingriffe nicht im Interesse von kleinen „Eliten“ missbraucht werden.
Fazit: Repräsentative Demokratie hat mit direkter, also echter Demokratie soviel zu tun, wie Arschbacken mit Kuchenbacken.
Wer gegen Direkte Demokratie ist, ist überhaupt kein Demokrat, sondern ein autoritärer Demokratiesimulant oder ein linker Spinner, der von der Räterepublik träumt.
Da haben Sie jetzt ein schönes Plädoyer für Ihr politisches Wunschsystem gehalten, doch meine Überzeugung bleibt eine andere. Beachten Sie bitte auch, dass man gegen Mehrheitsdemokratie sein kann und trotzdem nicht in autoritären Bahnen denken muss. Es gibt sogar ganze Veranstaltungsreihen dazu und die werden nicht von irgendwelchen Eiferern oder Gewaltaposteln ausgerichtet.
Ich bin gegen repräsentative wie direktdemokratische Konzepte, weil dort eine Mehrheit ihren Willen durchdrückt – das habe ich gestern schon geschrieben. Ich möchte die Autonomie jedes Mitglieds eines Gemeinwesens zu wahren suchen. Doch selbst – oder: gerade – in einer direkten Demokratie bleibt der Mehrheitsentscheid noch immer eine Form von Herrschaft. Minderheiten – und sogar (Bevölkerungs-)Mehrheiten – können an der Urne überstimmt und ihre Freiheit eingeschränkt werden (siehe unten). Ich mag aber keine Herrschaft, weder von Mehrheiten noch von Minderheiten und ich möchte nicht, dass irgendjemand beherrscht und in die oder die Richtung gezogen wird.
Deswegen ist die Schweiz für mich auch kein Vorbild. Das ist immer noch ein Staat, ein – durch seine Verwobenheit mit dem westlichen System – imperialistisch-kapitalistischer obendrein, mit einer zentralisierten Machtstruktur, die von einer kleinen, gleichwohl heterogenen, Klasse an der Spitze beeinflusst wird. Die unteren Teile der Pyramide mögen durch „direkte Demokratie“ ein „Gefühl von Mitbestimmenkönnen“ haben – aber auch nicht so viele, ich kenne so einige kritische Stimmen aus der Schweiz und dortige Nichtwähler – aber wie eingangs gezeigt, verlaufen die Abstimmungen auch bei den Eidgenossen in vorgegeben Planken. Die von Ihnen erwähnte Vielfalt der Abstimmungsergebnisse sehe ich so nicht – das ist eher eine Begrenztheit, zumal auch in der Schweiz die Parteien immer ununterscheidbarer geworden sind. Von den erwähnten Manipulations- und Verzerrungsmöglichkeiten ganz zu schweigen. Und Propaganda gibt’s in der Schweiz ja auch genug.
Konsensuale Praktiken dagegen – sind weder gleichmachend noch autoritär. Genau das Gegenteil des letzteren. Konsensverfahren versuchen, Lösungen zu finden, die für alle akzeptabel sind, statt bloß Stimmzettel zu zählen und sich dann toll zu fühlen, weil der eigene Rennstall als erster über die Ziellinie gefahren ist. (Das ist übrigens Habenwill-orientiert – nämlich: Sieg / Recht haben wollen). Oder zu geifern und zu jammern, weil man nur dritter wurde. Sie sorgen auch dafür, dass Konformitätsdruck nicht bloß reduziert, sondern zum Verschwinden gebracht wird. Der „Wahlkampf“ als solcher erzeugt ja bereits sozialen Druck sich zu positionieren und einer bestimmten politischen Position anzuschließen. Dafür sorgen nicht zuletzt die Leidmedien und der Freundeskreis. Für mich sind Entscheidungen unter solchen Verhältnissen alles andere als frei. Ergo trifft man Ihre „Scheinkonformität“ auch in der direkten Demokratie an, zumal die zur Wahl stehenden Optionen eben von oben vergebenen und von den genannten anderen Leitplanken eingeengt werden. „Echte Freiheit“ ist das für mich nicht.
Doch das Zusammenleben, Organisieren wie auch das „Wirtschaftsleben“ können sehr wohl anders organisiert werden – konsensual eben, ganz ohne Staat, Markt, Tempel und „direkte Demokratie“. Lektüretipp hierzu: Besemer, Christoph (2024): „Konsens mit Tausenden. Entscheidungsfindung in großen Gruppen“, in: Stölner, Thomas et al.: Anarchistische Gesellschaftsentwürfe Zwischen partizipatorischer Wirtschaft, herrschaftsfreier Vergesellschaftung und kollektiver Entscheidungsfindung, Münster: Unrast, S. 354–375
Autoritär dagegen ist, ich wiederhole es, wenn eine irgendwie geartete Mehrheit meint, anderen ihren Sabbel und ihre Wertvorstellungen oktroyieren zu müssen. Das gilt auch und gerade für „demokratisch legitimierte“ Mehrheiten, die wie geschrieben sehr gerne Minderheiten systematisch überstimmen und deren Interessen missachten. Ich schrieb es im Forum bereits mehrfach, zum Beispiel hier:
Wahre individuelle Freiheit entsteht für mich einfach nicht durch Abstimmungen, sondern durch Überwinden des Zwangssystems, sodass die Leute ihre Angelegenheiten endlich selbstbestimmt und frei regeln können. Für meine Vorstellungen gibt’s dann passende Verunglimpfungsvokabeln wie „Idealist“, „anarchistische Spinnereien“, „linkes Tagträumertum“, „Utopismus“ und natürlich „vergasungswürdiger Abschaum“ (alles aus dem Netz wie echten Leben). Die sagen dann freilich mehr über die Anwerfer aus als über die so Beworfenen. 🤷♂️
Sie mögen zu dem Thema eine andere Position haben – die lasse ich Ihnen und die erkenne ich auch an. Ich habe bloß versucht meinen Standpunkt etwas zu verdeutlichen. So können sich unsere Mitleser ihre eigene Meinung machen.
Es gibt nun mal sogar auf individueller Ebene ja/nein Entscheidungen bei denen kein Kompromiss möglich ist und die man dazu unter Unsicherheit treffen muss. Wie sagt Donald immer so schön, ich treffe folgende Entscheidung, die zu Folgendem führt oder auch nicht. Das Glück der gößten Zahl impliziert Mehrheitsentscheidungen, die nicht immer Minderheiten benachteiligen müssen. Oft wissen Minderheiten gar nicht, dass bestimmte Entscheidungen in ihrem Interesse sind, und Mehrheiten wissen nicht, dass sie falsche Entscheidungen treffen. So ist das Leben. Da gibt es keinen Ausweg. Man kann auch gegen Mehrheitsentscheidungen kämpfen. Direkte Demokratie schließt das nicht aus. Für mich ist ein Kriterium, dass Direkte Demokratie leicht zu verwirklichen ist.
Ein kompromissfähiger Vorschlag. Erst führen wir Direkte Demokratie ein und dann stimmen wir über ein Rätesystem ab.
Schon wieder so ein konservativer Schleimscheisser.
Abartig.
Club der klaren Worte – ist das die neue Jugendorganisation der AfD, oder was?
Wahrscheinlich ist das die neue Jugendorganisation der AfD, in die sich der Kanzler aktuell möglichst diskret einzuschleimen sucht. In der Jugend liegt schließlich die Zukunft und was wäre ein Kanzler, wenn er nicht andauernd die absurdesten Lügen und Halbwahrheiten zum Besten geben dürfte, die danach auch noch 1:1 im Staatsfernsehen reproduziert würden, nur um einen kleinen Teil des Ruhmes zu ernten, der eigentlich diesen rechtsradikalen Jugendorganisationen gebührte und das ist nur eine der Entwicklungen die ich aktuell als zutiefst arschmäßig bezeichnen könnte.
Völlig nichtssagend, schon der Titel ist auch sehr verwirrend.
Noch mal was zur Mode.
Zitat: „Wer heute ohne Hose am Küchentisch arbeitet, den sehe ich morgen mit Bekleidung, mit der ich mir nach einem Unfall nicht mal das Bein abbinden würde.“
Damit hat sich dieser Langemann für mich entlarvt…mit seiner „mehr schein als sein Mentalität“ und zementiert gerade wieder damit die bestehenden Verhältnisse.
Der putzt seine Vase ohne auf den Inhalt zu achten.
Wer sich durch sein Äußeres mit zu viel Schmuck (Goldkettchen) Mode oder Parfüm, Piercings oder gar Tattoos oder sonstigen Entstellungen, meint sich darstellen zu müssen ist auch raus!
Solche Leute definieren sich in allgemeinen eben über Äußerlichkeiten.
Die alten Linken kämpften auch u.a. gerade darum, diese Schlipsträger wieder loszuwerden.
@Motonomer: „Wer sich durch sein Äußeres mit zu viel Schmuck (Goldkettchen) Mode oder Parfüm, Piercings oder gar Tattoos oder sonstigen Entstellungen, meint sich darstellen zu müssen ist auch raus!“
Große Güte, ich muss Dir tatsächlich mal zustimmen! Mais c’est la vie.
Ça peut arriver. 😉
Hört sich ziemlich Totalitär von dir an, den Menschen vorzuschreiben was sie am Körper nicht zutragen zuhaben.
Wo du Hier immer wieder betonst „sie werden uns alles wegnehmen“ sogar das kleine bisschen Individualismus!
Ich schreibe gar nichts vor, ich kommentiere nur und stelle fest.
Das sind alles nur reine Wahrheiten einer völlig entfremdeten Gesellschaft, die sich über Äußerlichkeiten definiert.
Die Kardashians lassen grüßen.
Natürlich empfinden diese rechtsradikalen Schwanzträger und ihre in dieser Hinsicht verhinderten, weiblichen Gegenstücke die sexuelle Revolution eher als Makel, weil in diesen Kreisen immer der zuerst zum Schuss kommt, der am meisten Kapital in die Beziehung einbringt oder im Gegensatz dazu durch die unbändige Schaffenskraft seines jugendlichen Alters zu bestechen weiß. Der Gesamtzusammenhang lässt sich etymologisch auch sehr gut an wildlebenden Pavian Populationen demonstrieren. Zwar gewinnt dort zumeist auch das stärkste Männchen die Oberhand aber im Interesse der genetischen Vielfalt muss dieser Fortpflanzungswunsch nicht unbedingt dem Willen einer knappen Bevölkerungsminderheit entsprechen.
@Motonomer
„Wer sich durch sein Äußeres mit zu viel Schmuck (Goldkettchen) Mode oder Parfüm, Piercings oder gar Tattoos oder sonstigen Entstellungen, meint sich darstellen zu müssen ist auch raus!“
Das ist wirklich eine sehr tolerante Einstellung, die du da vorzeigst.
(Dafür hättest du einen ganzen Schwarm deiner Fische verdient.)
Ich kann Langemann nur recht geben.
Zwar kommt meine Mode, seit es sie gibt, aus Altkleidersammlungen oder dafür bestimmten Containern. Doch es gibt viele Kleidungsstücke, da würde ich lieber nackt einkaufen gehen, als das anzuziehen, und das sind dann meistens Klamotten, für die die Träger Unmengen von Geld ausgegeben haben.
Wer keinen eigenen Kleidungsstil hat, hat überhaupt keinen Stil.
Oder um es Klartext für die Begriffsstutzigen zu sagen: Wer keinen eigenen, von der Mode unabhängigen, Kleidungsstil hat, der hat auch keine eigene, von der Mode, unabhängige Meinung.
(Was auf die meisten alten und neuen Linken zutrifft. Ob das bei den Rechten auch so ist, weiß ich nicht, da kenne ich mich noch nicht so gut aus.)
Lassen Sie ihm doch seine Meinung. Er betonte doch:
Das ist seine Meinung, sein Kommentar – er kann mit diesen Leuten nichts anfangen. Die sind für ihn persönlich raus.
Sobald er freilich anfangen sollte mit seiner Scharia-Polizei diese „Entstellungen“ bekämpfen zu gehen, bekommt er Gegenwind.
Und wer definiert den Style? Wer legt den fest? Dieser Blog hier und hier?
Wenn das so ist, möchte ich sofort eine anti-modische Aktionsgruppe ins Leben rufen. Ich hasse zum Beispiel Sneaker, insbesondere weiße, die würde ich nicht mal dem Rottweiler meines Nachbarn zum Nagen geben.
„Wer keinen eigenen Kleidungsstil hat, hat überhaupt keinen Stil.“
Und wer definiert den Style? Wer legt den fest? Dieser Blog hier und hier?
Was für eine, entschuldige, bescheuerte Frage.
Den eigenen Kleidungsstil legst du selbst fest, indem du das trägst, was dir gefällt. Darum nennt es sich „eigener Stil“.
Solltest du das satirisch gemeint haben, nehme ich meine Worte gerne zurück. Ich verstehe die meisten satirischen Einlagen nicht.
Dafür verstehen die Menschen meine Witze auch nicht.
Na, ich dachte da vielleicht schlicht anders als Sie. Die Frage ist m.E. auch nicht ganz so bescheuert, wie man beim ersten Lesen vielleicht annehmen mag.
Mein Gedanke war folgender: Ein Stil mag seine persönlichen Ausdrucksformen finden, ist aber immer an gesellschaftliche Muster und / oder Marotten einzelner Gruppen rückgekoppelt. Stil ist ja oft schon eine Wertung, ein Synonym für Geschmack und ein Orientieren entlang gewisser ästhetischer Maßstäbe – doch wer setzt die? Wer stil-prägend ist, hat meistens Macht – oder zumindest ein Gefühl für die Masse. Wenn jemand „Stil“ hat, bedeutet das demgemäß auch meist, dass er / sie / es bloß die ästhetischen Maßstäbe oder gesellschaftlich anerkannten Codes reproduziert und um Zugehörigkeit bemüht ist. Stil ist ergo für mich grundsätzlich sozial gerahmt. Denn wer erschafft denn die Stile und Styles? Das sind immer Moden, Trends und Geschmäcker. Einen völlig „eigenen Stil“ kann es so schwer geben.
Sich authentisch zu kleiden geht sich für mich dagegen schon eher aus. Authentisch zu sein, bedeutet sich so zu kleiden, dass Form und Ausdruck zur eigenen Persönlichkeit, zum Selbst und den ureigenen Vorlieben passen – unabhängig davon, ob das modisch, geschmackvoll… oder eben „stilvoll“ wirkt oder ist. Authentizität verweigert sich der Bewertung durch das Kollektiv und dessen Normen, orientiert sich einzig am Selbst und sucht Kohärenz. Nämlich die zwischen dem eigenen Inneren und der äußeren Hülle, die man dann auch wirklich tragen will.
Keine Ahnung, ob Ihnen und anderen das zu verworren und / oder gaga ist – das waren auf jeden Fall jetzt meine Groschen zum „Stil“.
Nochmal nur zur Info.
Die Leute, die mich am meisten gelehrt haben, oder mir einfach nur aufgefallen sind, weil sie vielleicht stinkereich waren und in der Masse überhaupt nicht aufgefallen sind, weil sie sich nicht mit den tollsten Klamotte ausstaffiert hatten, das waren meist genau die Menschen mit denen man am meisten anfangen konnte.
Stimmt schon, Kleider machen Leute und seit geraumer Zeit eben auch die ganzen anderen, teils bleibenden Entstellungen.
Die Damen mit den Guccitaschen, oder die mit den aufgepusterten Lippen in Begleitung mit den künstlichen langen Fingernägeln, sind eben einfach raus.
Genau so wie die Goldkettchenjungs mit dem Siegelring…die kann man alle vergessen….
Lebenslang hab ich das erfahren.
Genau im „Christina Block Style“ die nach außen getragene Bescheidenheit.
„An ihren Taten sollt ihr sie erkennen“
Ich kann mich an einen Sylvesterabend erinnern, an dem ich als solo-lebende Menschin in D-West deutlich vor 1989 dachte: „Jetzt emanzipierst du dich mal.“ Ich reservierte einen Platz fürs abendliche Mahl im anerkannt ersten Haus der Stadt, küchenmäßig, musikmäßig… .
Was ich bekam: ein kleines quadratisches Tischchen unmittelbar neben der Pendeltür zur Ausreiche der Küche und ein sündhaft teures Abendessen im eleganten Kleid, während an der nahen Tafel eine Familie der örtlichen Hautevolée (gesichtsmäßig bekannt) fröhlich in Jeans, Sweatshirt mit Markenaufdruck und frei von Tischsitten ins neue Jahr „dinierte“. Auf meinem anschließenden Weg zum traditionell feiernden Pöbel auf öffentlichen Plätzen unterhalb der Burg köpfte ich meine unterwegs erstandene Flasche Sekt und erfreute mich meines Lebens.
Seitdem beschäftigt mich hie und da die Frage, ob es einen Stil der herrschenden Klassen noch gibt. Eine Möglichkeit der Antwort: Die Unterscheidung macht nicht (mehr?) der Stil, sondern bloß noch das Geld. Na und? Änderts´s was an den Zuständen?
Vor kurzem konnte ich in eben dieser inzwischen fremdenverkehrsmäßig wirksamen historisch aufgewerteten Industriestadt sehen, dass es mittlerweile Second-Hand-Läden für in die Pfandleihe gebrachte Gucci-Taschen, Rolex- Uhren oder Designer-Kleider gibt. Ist es nicht schön zu wissen, dass die herrschenden Klassen selbst den Nachweis erbringen, dass sie mit Geld nicht umgehen können? Ändert´s was? Vielleicht habe ich nur eine antiquierte – vielleicht einfach falsche – Vorstellung von Zahlungsmitteln?
@bonnie: Wie ich bereits oben schrieb, bin ich normalerweise immer auf Konfrontationskurs mit dem Motonomen, aber wo er recht hat, hat er recht und einige hier inklusive Ihrer Wenigkeit haben seine Kritik völlig missverstanden.
Greifen wir z.B. noch mal die mittlerweile zu einer Art Landplage gewordene Tätowiererei und Piercerei auf: Abgesehen davon, dass dieser Kram absolut nicht meinem ästhetischen Empfinden entspricht, kann sich natürlich jeder und jede einfärben und mit Altmetall behängen, bis die Tinte aus dem Allerwertesten läuft oder die Visage aussieht wie bei den Zenobiten aus dem Horrorfilm „Hellraiser“ (https://www.posterlounge.de/p/697938.html).
Gerade diese ganzen Figuren, die obendrein meiner Meinung nach sehr häufig nicht die hellsten Kerzen auf der Torte sind, meinen aber noch sehr oft, ihr bescheuertes Aussehen wäre irgendwie „subversiv“ oder „freaky“ und sie würden sich ja total von den Spießern abheben, obwohl sie in Wirklichkeit ganz tief im Arsch des kapitalistischen Systems stecken und dieses auf ihre Art und Weise optisch repräsentieren.
Denn warum wohl ist mitlerweile gefühlt die Hälfte der millionenschweren Fußball-Profis, Pop-Stars, Werbe-Models, mit deren Tattoos und Piercings gezielt Werbung für schweineteuren Luxusschrott etc. gemacht wird, teilweise fast am ganzen Körper bunt bemalt? Weil es eben mittlerweile absolut systemkompatibel ist und perfekt in die kapitalistische Verwertungslogik passt!
Die Zeiten, als bestimmte Formen von Tattoos bei Knastinsassen oder Seeleuten wirklich noch etwas „Underground-Mäßiges“ waren, sind längst vorbei. Und da ist es natürlich auch kein Zufall, dass peinliche Polit-Hofschranzen wie z.B. die pseudolinke Reichinnek auch so rumlaufen.
Eins muss man dem Kapitalismus lassen: Er schafft es in seiner ungalublichen Flexibilität permanent, ehemaliges Außenseiter-Gehabe (man nehme z.B. auch die Vereinnahmung des Hip-Hop für die Werbung teurer Sportartikel von Adidas etc.) in Wertschöpfung umzuwandeln und die meisten raffen’s noch nicht mal, sondern halten sich für unglaublich cool, mit dicken Goldkettchen und den angesagten Sneakers sowie exklusiven Sportklamotten auf dem Basketball-Feld im Hinterhof rumzuhampeln.
@ Motonomer
Die Zukunft eines Landes bemisst sich nicht an der Kleidung seiner Bewohner, sondern an den Entscheidungen seiner Herrschenden. Daran, wie frei die Menschen in ihm denken und handeln dürfen – und wollen. Die Herrschenden können nur über das Morgen entscheiden, weil zu viele hier es vorziehen klein und deutsch zu sein. Wie eine Gesellschaft wirklich ist, erkennt man daran, wie sie ihre Schwächsten behandelt (Hartz, Lockdowns…), ob sie Macht hinterfragt oder ihr dient und wie sie gegenüber ihren Nachbarn in der Welt auftritt. Ob sie Brücken zu ihnen baut – oder lieber Pontons zu ihnen schlägt, um Panzer überzusetzen und sie auszurauben.
Das nennt man Habenwill-Orientierung. Das Gros der Insassen dieser Gesellschaft definiert sich eben über Besitz, Eigentum oder Kontrolle – also darüber, was sie haben und nicht etwa darüber wer sie sind. Sie streben ständig nach Mehr – und müssen auch nach mehr streben: nach mehr Reichtum, nach mehr Macht, nach mehr Status oder nach mehr Wissen, nach mehr sonstigem Zeug, das sie eben haben wollen, dass sie brauchen sollen und an das sie sich dann klammern, um sich bedeutend und zugehörig zu fühlen und die innere Leere zumindest für ein paar Momentlein aufzufüllen. Sie brauchen die zwölf großen K’s:
Karriere, Kohle, Kinder, Köter, Knowledge (nur Original mit Denglisch), Konkubinen, Klitsche, Karre, Kurzweil, Kunst, sonstigen Konsum – und eben Klamotten.
Ohne diese Ingredienzen is einfach nich – sonst gilt man nicht als „wer“. 🤷♂️
Nun – diese Leute mögen am Ende jede Menge bedruckte Zettelchen und noch mehr Büchsenblech ihr Eigen nennen und viele von ihnen „der Mehrheit“ und den Leidmedien als jemand gelten, der es im Leben zu etwas gebracht habe. Für mich sind sie freilich am Leben vollkommen gescheitert.
Man sollte aber zugleich nicht zu viel auf diese Leute eindreschen – das ist einfach eine typische Haltung, die aus einer normopathischen Gesellschaft wie der kapitalistisch-imperialistischen erwächst, die nun mal auf Säulen wie Privateigentum, Konkurrenz und Gewinnstreben basiert. Die Entfremdung folgt da auf dem Fuße, da die Hamsterradtreter, statt ihr Ureigenes, Authentisches zu suchen, sich unweigerlich mit Dingen und Rollen zu identifizieren beginnen – denn ohne sie fühlten sie alsbald das Nichts, ihre Leere, und diesen Schmerz könnten sie einfach nicht aushalten.
Und zugleich sollte man ziemlich viel auf diese Leute eindreschen, denn natürlich könnten sie sich aus ihrer selbstgewählten Konsumfalle und sonstigen Abhängigkeiten und Unmündigkeiten selbst befreien. Es gibt Alternativen. Aber sie werden nicht gewählt und nicht erstrebt. Die Leute wählen lieber das hier:
Toll. „Hirn für alle“ war nicht drin? Hirn war wohl eher alle? Vom Sein ganz zu schweigen?
Und da nun mal so gut wie keiner hierzulande eine Seins-orientierte Gesellschaft anstrebt, zumal das ja als anarchistische, kommunistische oder sonstige utopische Spinnerei gilt, schlage ich jetzt einfach mal Daoismus vor:
Denn das ständige „Habenwollen“ bedeutet, gegen den natürlichen Fluss, gegen das Natürliche anzukämpfen – und wer kämpft, verliert seine innere Harmonie. Nur wer aufhört zu schaffen und zu raffen und das Erschaffene und Erraffte festzuhalten, wird eins mit dem Fluss des Lebens.
Vielleicht zieht das ja eher. Sind ja heute alle so für Achtsamkeit und Gi-Gong. 🤷♂️
Nun, nicht unbedingt kämpften die alle darum, Menschen loszuwerden. Vielleicht tun / taten das bestimmte Altlinke, kp. Es gab auf jeden Fall viele Gruppen, denen es zuvorderst um die Gesellschaft ging, die solche Typen hervorbringt. Das ist ja der Punkt – die Leute kann man liquidieren, toll, was hat man davon? Kommen bloß neue nach, solange die Verhältnisse dieselben sind. Die Verhältnisse werden freilich auch bloß reproduziert, wenn man alles in verspritztem Blut und Hirnmasse ersäuft. Besser Verhältnisse anstreben, aufbauen und vorleben, in denen keiner liquidiert wird – und wo in der alten Gesellschaft „Schlipsträger“ gemordet, geraubt oder sonst wie geschändet haben, werden dann Sühnemaßnahmen festgelegt, durch die sie ihren Opfern Wiedergutmachung und der neuen Gesellschaft etwas Gutes tun können. Und damit meine ich nicht mit ihren Knochen die Äcker zu düngen. 🕊️
Wenn ich die alle umbringen wollte, hätte ich einen anderen Begriff gebracht.
„Loswerden“ war einfach so gemeint, das sie in einer humanen Gesellschaft nicht mehr gebraucht werden.
Ganz so wie Tolstoi „vernichten“ gebraucht, wenn er vom Überwinden des Staats spricht:
Das hat der Mann richtig erkannt.
vor 50 Jahren habe ich im Knast „Krieg und Frieden“ gelesen. Es gab nur ein Buch pro Woche und in der ersten Woche habe ich das dickste genommen, das da war.
Tolles Buch.
Obwohl ich immer viel lese, habe ich sonst von Tolstoi nichts gelesen. Scheint ein Fehler gewesen zu sein.
Echt guter Text.
Mich zerreißen sie immer, wenn ich in etwa dasselbe von mir gebe.
Den Staat wünschen sie alle nicht aufzugeben. Immer sind die Betreiber (Machthaber) schuld und mit besserem Personal (ihnen selbst) wird alles besser, lehrt man mich immer wieder.
Doch so ist es nicht, es ist wie der olle Leo es beschreibt.
Danke für den Hinweiss.
Dafür nicht doch! 🙂
Der Text ist ein Auszug aus Die Sklaverei unserer Zeit, das Werk findet sich hier im Netz und hier wiederum in gedruckter Form (gibt wohl auch billigere Exemplare für die Mitleser mit kleinem Geldbeutel). 📚 🕯️ 🦉
Sie können ja gegebenenfalls mit De La Boétie dagegenhalten oder mit Thoreau, im Falle all diejenigen Gesprächspartner, die bei Tolstoi bereits allergisch aufsprängen (pöser Russe!) und bei Linken sowieso (Hilfe, Anarchist!). 😉
Andererseits – warum sich unnötig aufregen und -reiben. Die „Weihnachtszeit“ kommt ja auch wieder früh genug…
Nur, geht es hier und jetzt um UNSER Leben.
Die wollen UNS vernichten!
Wir oder die!
Mich versucht man schon das ganze Leben lang zu vernichten. Ob staatliche Stellen, Markt, Verwandte, Mitschüler, Religiöse, politische wie sonstige Ideologen – Gewalt kann man von vielen Seiten kommen. Auch und gerade solche mit explizitem Vernichtungscharakter. Ich habe irgendwann gelernt, dass eigene Gewalt keine Lösung ist und man durch sie nur wie der andere wird. 🤷♂️
Darum begann ich mich irgendwann davon frei zu machen und meinen eigenen Weg zu suchen. Sie mögen es anders halten. 🕊️
Mit Sicherheit hat Ihnen bisher niemand nach dem Leben getrachtet.
Jetzt wollen die uns alle dezimieren und einen kleinen Rest versklaven, das ist die Agenda der Reichen und Mächtigen…. natürlich alles in bewährter Salamitaktik.
Die haben uns mit der Impfung ganz offen den Krieg erklärt.
Die wollen zukünftig die letzten Ressourcen nicht mehr mit uns teilen.
Das weiß ich seit 1974.
Nun, haben sich die Oligarchen erstmals zur Umsetztung ihres Plans 2020 dafür gegen uns in Stellung gebracht.
20 Millionen Tote durch die Impfung, ist doch für den Anfang gar nicht so übel…
Und jetzt kommt der Krieg gegen alle, die nicht das westliche Narrativ teilen…. das wird ein Gemetzel.
This is what we get: https://theworldwatch.com/videos/1637933/portland-where-empathy-died-of-an-overdose/
Oder auch hier: https://theync.com/unarmed-man-shot-and-killed-by-florida-officer.htm
Woher nehmen Sie Ihre Sicherheit? Wohnen wir etwa seit drei Jahrzehnten Tür an Tür?
Einen Vierjährigen durch einen Raum zu werfen, läuft bei mir durchaus unter „nach dem Leben trachten“ – ob das „nach dem Leben trachten“ nun absichtlich erfolgt oder unabsichtlich. Einem Mitschüler zu bestimmten räuberischen beziehungsweise machtdemonstrativen Zwecken ein Messer an den Hals zu legen, läuft bei mir ebenfalls durchaus unter „nach dem Leben trachten“. Bestimmte Praktiken des Pandemieregimes liefen – wie Sie selbst wiederholt schrieben – unter „nach dem Leben trachten“, zumal ich pöser „Ungeimpfter“ war und bin. Ich könnte auch noch andere Beispiele aus dem holden Familien- oder Schulleben schildern oder dem „Austausch mit Behörden“ und „Einrichtungen“, aber hier lesen Leute mit, die vielleicht gerade essen und ich möchte nicht, dass die dann aus Gründen fluchend ihre Tastatur und ihren Bildschirm säubern müssen.
Der Rest Ihres Beitrags ist mir inhaltlich bekannt. Man nennt das „kapitalistisch-imperialistisches System“. Gehört man der richtigen Klasse an, ist man von den Auswirkungen der von Ihnen geschilderten Phänomene nicht oder nur peripher betroffen. 🤷♂️
Das sind aber nur die Superreichen und deren Funktionselite. ich gehöre sicherlich nicht dazu, auch, wenn ich aus deren Schoß entstamme. 😉
Und ja, ich musste mich 3 mal Prügeln, weil ich draußen ohne Maske rumgelaufen war.
Einmal davon im Supermarkt, aber bei diesen Beispielen, ging es nicht um mein Leben.
Habe ich das denn behauptet!? 😉
Tja, die Welt ist auch nicht mehr das, was sie noch nie war…
…was aber junge Emporkömmlinge nicht daran hindern sollte, so früh wie möglich das Licht der Welt zu erblicken. Jeder noch so kurze Moment in diesem kurzen Leben zählt schließlich doppelt. Die Welt, wie sie die Menschheit aktuell zu kennen glaubt, ist nichts als der feuchte Schmutz zwischen den Lenden unserer superreichen Influencer. Tja, die Welt ist auch nicht mehr das, was sich jemand unter dem Aspekt der Geldvermehrung mehr oder weniger zufällig darunter vorgestellt hat.
+++++
Das Spiel ist aus, weil es niemals ein Lebensentwurf war. Es grüßen der Orangenmann, Prince Mathew und die ganze Familie.
https://www.youtube.com/watch?v=irVAGbldUx4
Mal ein bisschen Butter bei die Fische. Ich denke, das Thema verdient ein bisschen mehr Substanz.
Deshalb hier einige Anregungen.
Gespräch mit dem konservativen Philosophen Alexander Grau:
https://www.youtube.com/watch?v=4TnGReQ_ugY
Vortrag des gemäßigt konservativen Politikwissenschaftlers Prof. Patzelt:
https://www.youtube.com/watch?v=PUj0Yj4rPRQ
Vortrag des konservativen Historikers Weißmann:
https://www.youtube.com/watch?v=1UCPQ80eU24
Diese ganzen rechtskonservativen Fischköpfe schicken sich gerade wieder einmal an, Deutschland in ein Truppenübungsgelände für vollkommen durchgeknallte Rüstungsstrategen zu verwandeln. In Sachen Diplomatie befindet sich unsere Bundesregierung auf einer einer Skala von +10 bis -10 bei etwa -11. Wenn es hoch kommt, werden da gerade mal Generalamnestien für erwiesene Kriegsverbrecher postuliert und wer trotzdem noch sein Aktiendepot halten kann, gilt schon als Volksheld.
@Grubenhund
Jeder merkt doch, dass Sie sich mit den verlinkten Vorträgen überhaupt nicht ernsthaft beschäftigt haben.
Was haben denn Konservative mit unserer Bundesregierung zu tun??
Ich empfehle Ihnen, das Gespräch mit Alexander Grau als Einstieg zuerst zu hören.
Konservatismus ist heute nur noch ein Tarnbegriff für reaktionär-faschistoide Umtriebe.
Trump und Netanjahu sind auch konservativ – darüber sollte man mal nachdenken.
Sehr richtig!
Danke.
„ist heute nur noch ein Tarnbegriff“
Heute?
Weil Precht gerade in einem Interview noch einmal daran erinnert hat:
Und weil man einfach nicht oft genug darauf hinweisen kann:
https://www.youtube.com/watch?v=1ipGGyo1uTU
Ungeheuerliche Vorwürfe gegen einen sehr prominenten deutschen Politiker! Und? Hat es die Öffentlichkeit damals interessiert?
Es gäbe da noch so viel mehr ins Gedächtnis zu rufen!
Trump und Netanjahu sind auch konservativ – darüber sollte man mal nachdenken.
Beide sind nicht in dem Sinne konservativ, wie Langemann es beschreibt.
Da würde ich aus Deutschland doch eher Sahra Wagenknecht nennen.
@Eric Meyer
Ihr „Beitrag“ demonstriert sehr schön den geistig-intellektuellen Niedergang der Linken.
Unabhängig davon, ob Sie ein echter Leser sind oder ein Troll.
@Wirth:
Gehen Sie doch einfach mal in die Wirthschaft. Haha.
Ich glaube ja, er wirth seinen Wirthskörper eines Tages der „Arschkarte für Doofe“ (AfD) vermachen!
Der geistige Niedergang gewisser linker Milieus ist sogar noch größer als ich dachte … !
Das Schöne ist, dass manche dort so dumm sind, dass sie nicht mal begreifen, wie sehr sie sich blamieren.
Prima!
Danke! (Wann habe ich eigentlich zuletzt so gelacht?)
Wobei es es natürlich sein kann, dass die, die heute noch lachen, schon bald nicht mehr lachen werden!
Du widersprichst dir doch selbst mit dieser Aussage. Und das innerhalb von nur zwei Sätzen:
„Konservatismus ist heute nur noch ein Tarnbegriff für reaktionär-faschistoide Umtriebe.“
Und dann tarnst du Trump und Netanjahu direkt selbst:
„Trump und Netanjahu sind auch konservativ……“
Ja, es sind Faschisten.
Nein, wieso denn, meine Aussage stimmt. Trump und Netanjahu tarnen sich als konservativ, geben sich also einen seriösen Anstrich, sind aber im Kern reaktionär-faschistoid. Das würden sie aber selber niemals von sich behaupten. Sie müssen sich tarnen. Genauso wie eine Meloni oder ein Orban. Tarnung ist in diesen Kreisen alles, denn ihre wahren Absichten müssen verschleiert werden, sonst würden die Massen aufbegehren.
Grosso modo Zustimmung.
Wobei es m.E. gar nicht mal um die Massen geht – denn der kann man letztlich alles verkaufen. Bloß würde es – zumindest jetzt noch – einfach zu luzid und PR- wie moraltechnisch schwierig, zumal hier in Schandland, wo man sich den lieben langen Tag einen von der Palme wedelt, darauf, wie viel man aus der deutschen Vergangenheit gelernt habe und wie modern und „friedliebend“, nein „friedensverseucht“ man geworden sei und irgendwie und sowieso. Deswegen muss ein schMerz dann etwas stammeln wie:
Statt luzid zu sagen:
Das wäre offen, das wäre ehrlich, das wird auch von vielen gedacht – aber bei den Entscheidern traut man es sich eben (noch) nicht so zu sagen, denn wie will man es mit seinem ganzen Moralin und sonstigem Tralala unter einen Hut bringen? Aber viele Leute würden mitziehen – getreu des Mottos: „Kanaken / Neger / Zigeuner ins Gas – und’s schon macht’s Läbä im Land auch wieder Spaß!“
War das 1918 anders?
Konservatismus ist, wenn man vier Politologen konsultiert und zwölf verschiedene Antworten erhält. 🤷♂️
Es gibt zum Beispiel Sozialkonservatismus – jemand hat bestimmte persönliche Einstelluneng und ist eher traditionalistisch unterwegs (legt Wert auf Pünktlichkeit, rasiert sich täglich, besucht keine Swingerclubs, ist nicht tätowiert… was auch immer man darunter packt). Solche Einstellungen müssen nicht mit entsprechenden politischen Überzeugungen einhergehen – ein Sozialkonservativer kann ohne Weiteres auch politisch libertär sein, gerade dann, wenn er seine Einstellungen nicht anderen aufzwingt.
Dann gibt es die High Tories – die Vertreter dieser janz alten Konservatismus-Spielart aus England, deren Vertreter natürlich auch eine hierarchische, patriarchalische Gesellschaft bevorzugen – aber dabei Wert legen auf „Noblesse oblige“ sowie eine starke Verankerung der Gesellschaft in anglikanischer Religion und bestimmten Kulturvorstellungen (Britishness). Sozialer wie ökonomischer Liberalisierung, Individualismus und sogar diversen kapitalistischen Elementen stehen sie äußerst kritisch gegenüber. Sie sehen als „Bewahrer“ im Unterschied zum modernen, neoliberalen Tory. Manche haben Jacob Rees-Mogg als „High Tory“ bezeichnet, was ich mit Blick auf sein Berufsleben eher zurückweisen würde.
Davon abgesehen existieren Christlich-Konservative – Leute, die sich am christlichen Glauben (was immer das ist) orientieren, für bestimmte Soziallehre-Vorstellungen oder „traditionelle Familienwerte“ eintreten und zugleich gegen Drogenfreigabe oder Abtreibung kämpfen. Und durchaus auch gegen Monarchismus und Faschismus (Stichwort: Résistance), weswegen man sie auch nicht unbedingt als „rechts“ im Sinne einer Unterstützung des herrschenden Systems (das auf neoliberalistischen Kapitalismus, imperialistischen Transatlantizismus etc. beruht) bewerten kann. Einige können sogar anti-etatistisch sein und anderen Gemeinschaftsordnungen den Vorzug geben.
Und dann gibt es mehr oder weniger in der Tat rechte Konservatismen wie „Nationalkonservatismus“ oder „Paläokonservatismus“ oder „autoritären Konservatismus“ und wie sie alle heißen, die sich sehr gut in das System einpflegen lassen. Gerade letzterer – als Gegenstück zum Libertären, der nur auf persönlicher Ebene sozialkonservativ ist – passt ja gut, da dessen Vertreter ihre persönlichen Meinungen und Haltungen durch den Staat und andere Herrschaftsorgane anderen zu oktroyieren suchen. Die auf Ordnung, Hierarchie und staatliche Kontrolle und Überwachung setzen.
Die Grenzen verlaufen wie üblich fließend, diverse Mischformen sind üblich und die Begriffe können je nach Politologe und sonstigem Vereinsmeier mit der und der Definition belegt werden. Wie einige andere politische Richtungsbegriffe auch.
Kurzum: Das sind letztlich alles vielschichtige Begriffe ohne einheitliche Definition, die je nach Gusto – und gerade je nach politischem, zeitlichem und schulischem Gusto – interpretiert und ausgelegt werden können. Viele Ausprägungen – ob beim Konservatismus, Liberalismus, politischen Islamismus oder was Sie einsetzen wollen – sind weniger geschlossene Theorien als Haltungen, die sich in unterschiedlichen Kontexten / Zeiten / Räumen ganz unterschiedlich manifestieren.
Wenn man es versucht, ganz herunterzubrechen, könnte man vielleicht noch meinen, die „Konservatismen“ präge in der Regel die Kritik an / Distanz zu radikalen Neuerungen, die Wertschätzung und Wahrung bestimmter vorgefundener Praktiken und Güter sowie der Wunsch nach Sicherheit bei gleichzeitigem Postulat, dass menschliche Vernunft nur begrenzt existent sei. Schon beim Aspekt „Autorität“ ästelt sich das ganze auf – während politische Konservative dann auf irgendeine ordnende Institution setzen, die die Einstellungen durchboxt (Kirche, Moschee, Staat, Markt…), werden die, sagen wir mal, privat konservativ seienden dem kritisch gegenüberstehen.
Wenn Ihnen also jemand gegenübertritt und sagt „Ich bin konservativ / liberal / links…“ – fragen Sie am besten immer gleich zurück: „In welchem Sinne?“
Aufgeblasener Kerl. Für seine Propagandaeffekte verdreht er die die Basics: „Die Linke kämpfte für Freiheit…“ – So’n Quatsch.
Die Rechte kämpfte schon immer für die „Freiheit“ der Privilegien durch Eigentum.
Die Linke kämpft für Emanzipation und gleiche Rechte.
Links ≠ Woke (Susan Neiman)
„Wer heute ohne Hose am Küchentisch arbeitet, den sehe ich morgen mit Bekleidung, mit der ich mir nach einem Unfall nicht mal das Bein abbinden würde. Bequemlichkeit in der Kleiderwahl wird über Würde gestellt. Der Trend zur geschlechtslosen Mode verrät mehr über die Verwirrung dieser Epoche als über ihren Fortschritt.“
Treffer!
Seitdem ich öfter in Italien verkehre, hat sich mein Bekleidungsstil erst entwickelt. Hierzulande bejubelt man nur all zu oft die Funktionskleidung.
Mag sein. Nur ist mir die Idee, anderen Leuten vorschreiben zu wollen, wie die sich kleiden sollten, vollkommen fremd. So wenig, wie ich es mir vorschreiben lasse. Weder von der Mode noch – mit Einschränkungen, zum Beispiel Begräbnis – von der Konvention.
Als heterosexueller Mann habe ich eine Wahrnahme davon, wie sich Frauen kleiden und das vermag nicht immer zu erfreuen. Aber es ist vollkommen klar, dass es mich nichts angeht, nicht meiner Kritik unterliegt, rein gar nichts. Es ist so und Schluss.
Und dann ist da noch das weite Feld derer, die um jeden Preis auffallen wollen und dabei in neuer Konformität ersaufen. Männer in Frauenkleidern, Tattoos, Nasenringe, aufwändige Frisuren und was sonst so noch gern genommen wird. Nun sollen sie, auch klar. Aber angesichts dieser Albernenheiten kann ich mir kaum noch Einwände gegen Jogginghosen vorstellen, die greifen.
„Einwände gegen Jogginghosen …die greifen“
Gibt’s nicht.. Letzter Schrei: Feinrippwollunterhose lang, mit Eingriff, sloppy dirty style.
Wenn man sich schon ständig Gedanken machen muss, über die historischen Grundlagen der Begriffe:
Wäre es vielleicht möglich, zur Kenntnis zu nehmen, dass für einzelne Menschen Zeit einfach verstreicht, kein Ereignis wiederholbar oder im Nachhinein korrigierbar ist. „Dumm gelaufen“ ist im Kern der einzig mögliche Satz, für alle Menschen, die evt. manche Verläufe im Nachhinein gerne in der ein oder anderen Richtung korrigieren würden und sich dabei ständig auf ihre „Altvorderen“ beziehen.
„Ideologisch“ ist ein Mechanismus, der idealistische Positionen aus vielerlei zeitlich zurückliegenden Komponenten immer wieder neu zusammensetzt, weil man annimmt, besser `hofft´, etwas daraus gelernt zu haben. Was also etwas ganz anderes ist, als „materialistisch“. In meiner Muttersprache formuliert: „gscheng is gscheng“.
Hoffnung erwächst aus der Utopie. Nicht aus ständig verfeinerten Sieben, für die Ereignisse in der Vergangenheit.
„Hoffnung erwächst aus der Utopie.“
Das ist falsch.
Utopien erwachsen aus der Hoffnung.
Ohne Hoffnung ist das Leben leer.
Es ist die Hoffnung, aus der die Kraft erwächst. Die Kraft, etwas zu verändern, etwas zu erhalten oder was immer ein Mensch tun möchte. Am Anfang steht die Hoffnung.
Auch am Anfang der Liebe steht die Hoffnung.
@ bonnie
Was bitte ist eine am Anfang stehende Hoffnung des/der/ Menschen? Die Hoffnung – ohne eine utopisch inhaltliche Konstruktion – kann zu einer zukunftsträchtigen Alternative der Menschen werden? Ist das ihre Antwort auf eine weitgehend unbefriedigende Realität?
Welche Hoffnung hätten sie denn gern?
Wie viele geprügelte Ehefrauen hören vor lauter Liebe nicht auf zu hoffen.
Wie viele national-völkische Mitmenschen hoffen, dass ihr Leid eine Ende hat, wenn … ?
Wer profitiert eigentlich von ziellosen, inhaltsleeren Hoffnungen?
Die Hoffnung, den morgigen Tag zu erleben, was bewirkt die?
Das ist ein Gesülze, das in D nicht einmal hinreicht, die Straßen zu füllen gegen einen Krieg – Kriege – die zu Lasten der Bevölkerungen die Kassen von Rheinmetall und Konsorten füllen. Wer inhaltlich keine REALEN Forderungen zu bieten hat, bleibt auf den Straßen unter sich. Reale Menschen verlangen reale Antworten, reale Problemlösungen, umsetzbare Vorschläge. Der einfachste davon: „Die Waffen nieder!“ Mit idealistischem Pazifismus hat das nichts zu tun. In der gegenwärtigen „Friedensbewegung“ hat sich der deutsche Idealismus durchgesetzt. Kein reales Interesse. Deshalb kommt auch fast keiner.
Inhaltsleere Hoffnungen dienen immer den Machthabern, ganz gleich welchen ideologischen Bekenntnisses.
Der Begriff des „Gentleman“ ist der Begriff für lügnerische Unehrenhaftigkeit par excellence. „Gentlemen“ sind gegeneinander angeblich ehrlich und verlässlich – was auch spätestens schon dann nicht mehr stimmt, wenn es um gegensätzliche Interessen geht. Aber gegenüber Menschen, die vom „Gentleman“ nicht als „Gentleman“ eingestuft werden, fühlt sich der „Gentleman“ völlig frei bei Lüge, Betrug, ja, bis hin zu Verletzung und Mord.
„Gentleman“ ist ein gezielt aufgebauter Mythos um die Verlogenheit, Gewalttätigkeit und Weltbeherrschungsattitüde der britischen Elite unter einem Mantel der Lüge zu verstecken. Dass dieser angebliche Konservative hier ausgerechnet dieses kranke Vorzeigemodell bemüht, spricht Bände – über die zu erwartende Geisteshaltung dieses „Gentleman“ selbst.
Nicolas Sarkozy ist übrigens auch konservativ und muss heute seine fünfjährige Haftstrafe wegen „Bildung einer kriminellen Vereinigung“ in der sog. Libyen-Affäre antreten.
https://www.tagesschau.de/ausland/europa/sarkozy-gefaengnis-100.html
Er erscheint jedenfalls sehr erregt! ;->
https://mf.b37mrtl.ru/deutsch/images/2025.10/article/68f73f82b480cc724c3ba603.jpg
(In Frankreich sind Staatsanwälte offenbar nicht weisungsgebunden?)
Eine wirre Aneinanderreihung von Floskeln macht nicht intelligent. Das könnte auch eine KI generiert haben, was der Herr da sagt.
„Die Linke“ – was immer das auch sein soll – hat sich noch nie für Freiheit eingesetzt. „Die Freiheit“ ist gerade eine bürgerliche und kapitalistische Konstruktion, sich in Konkurrenz zueinander begeben zu können (und damit aber auch zu müssen). Diese Freiheit zwingt heute jeden, sich ständig Gedanken darüber machen zu müssen, ob er nicht irgendwie abgehängt werden könnte, ob er nicht in Armut und Krankheit alleine klarkommen muss.
Für den, der reich ist, verhält sich das dann genau andersherum: da er auf ein wohlwollendes Miteinander nicht angewiesen ist, kann er mit diesen Freiheiten seine Ego-Party feiern und Leute bis in Krankheit und Tod ausbeuten.
Dafür haben Linke wirklich noch nie gekämpft. Linke waren der Meinung, dass eine Konkurrenzgesellschaft einen Haufen Scheiß ist und diese Freiheit konkurrieren zu dürfen völlig sinnlos. Im übertragenen Sinne: wenn man sich eine Familie denkt, die gemeinsam Lebensaufgaben bewältigt, dann ist die Freiheit Familienmitglieder auszunehmen und platt zu machen auch völlig sinnlos. Man lebt einfach GEMEINSAM miteinander und hilft sich da, wo man eben Hilfe braucht.
Mit Formularen hat das alles dann auch nichts zu tun. Formulare gibt es in jeder Bürokratie. Jeder Staat BRAUCHT eine Bürokratie und hat sie daher auch – egal ob kapitalistisch oder sonst wie. Jeder bürgerliche Staat, der sein Geschäft mit dem Kapitalismus macht und damit mit der „Freiheit“ in der Konkurrenz seiner Einwohner, hat jede Menge Formulare. Wer gegen Formular ist, ist auch nicht links oder rechts oder progressiv oder konservativ oder woke oder …. Das meinte ich mit KI-Inhalt: das ist einfach völlig dumm, was da an Zeug aneinander gereiht wird.
Gentleman, Rasur und Rechtschreibung: der Mann hat echt Probleme. Man steht vor einem klimatischen Zusammenbruch der Erde mit einem potentiellen Atomkrieg, einem Kollaps des Handelsystems und Verelendung der gesamten Gesellschaft. Aber hey, man kann auch über rasieren reden und wie gut die alte Zeit war. Diese gute Zeit mit Vietnam, kalter Krieg, Smog, Hunger, Schwulenhass, Völkermord, Kolonialismus, Sklaverei und so einen adrett rasierten Führer.
Wenn der Lehrer die Kinder mal wieder ordentlich zusammenprügelt, damit sie nicht mehr widersprechen. Hach, was vermissen wir diese gute alte Zeit. Den Kindern mal wieder schön die Fresse polieren, damit sie anständig werden.
Wenn man sich mal den youtube-Kanal von diesem Typen ansieht, kann man sich nur noch übergeben.
Ein aufgeblasener und hyperventilierender Konservatismus-Darsteller, der zu viel Geld beim Herrenausstatter ausgegeben hat.
Dieses Urteil ist unfair! In der Anfangszeit seines Kanals hat er ein langes Interview mit Flassbeck (Paywall!) geführt und (so aus dem Gedächtnis!) hat Flassbeck gesagt, dass Langemann sehr gut vorbereitet war und Fragen gestellt hat, die tiefer gingen, als er es woanders (TM) gewohnt ist!
Nach dem, was ich gesehen habe, würde ich mit Langemann jederzeit ein Bier trinken!
@ Oliver S
„Wenn der Lehrer die Kinder mal wieder ordentlich zusammenprügelt, damit sie nicht mehr widersprechen.“
Ist Ihnen noch nicht aufgefallen, dass gegenwärtig die Herrschaft gewaltlos konservativ alles machen kann, was sie will? OBWOHL auf so gut wie allen Pausehöfen keine Lehrer mehr `gewaltsam´ dazwischen gehen, weil die gesellschaftlich korrekte Arbeitsteilung nach polizeilicher Unterstützung zum Schutz des friedfertigen Nachwuchses ruft? Keine Eigenmächtigkeiten, bitte!
Scheiß Dialektik. Es will einfach nicht gelingen, eine widerspruchsfreie Gesellschaft zu organisieren. Dabei haben wir uns das 68 doch so schön vorgestellt.
Keine Eigenmächtigkeiten?
Es ist doch noch nicht so lange her, als die staatlichen Erziehungs-, Bildungs- und Ausleseanstalten während den jahrelangen „gesundheitspolitischen“ C- Sonderaktionen, einen erbitterten Wettstreit austrugen, wer von ihnen am radikalsten und totalsten, dem Ideal einer „widerspruchsfreien Gesellschaft“ am nächsten kommen wird. Auch damals ging fast niemand gegen diese Büttel der Herrschaft vor. Ganz ohne Bullengewalt oder der tatkräftigen Hilfe unserer demokratischen Wehrmacht beim zwangsimpfen gegen renitente und „verwirrte“ Greise in unseren Sterbeheimen. Am schlimmsten wüteten die gelernten bildungspolitischen Gewalttäter dort, wo auch die GEW- Mitgliedschaft überdurchschnittlich war. Die unzähligen minderjährigen Opfer waren diesem kollektiven Missbrauch, den gesundheitlichen Schäden und Terror dieser Leute jahrelang ausgeliefert. Inkl. den massenhaften „Schutzimpfungen“ vor Schulbeginn in der Frühe. Wo im radikalsten Ausnahmeregime der Nation, Hamburg, unzählige Schüler, in massenhaft angekarrten „Impfbussen“ mit der Giftgülle vollgepumpt wurden. Auch tausende Migrantenkinder aller Altersklassen wurden ungefragt (auch ihre Eltern wurden nicht gefragt) sonderbehandelt.
Die Gewalttäter feiern ihre Verbrechen bis heute, als besonders sozialengagierte Herzensangelegenheit.
An der „korrekten Arbeitsteilung“ hat sich überhaupt nichts geändert.
Ach je. Noch so einer, der in Moden gefangen ist und ein gefühliges Statement abgibt.
Einer, der in der Welt verloren gegangen ist, u d sich eine imaginäre gute alte Zeir zurück wünscht.
BTW: Die konservative „Freiheit“ ist meist arg egoistisch als dass sie eben anderen keine Freiheit über ihr eigenes Weltbild hinaus zugestehen.
Und das „anythong goes“ habe uns doch erst die sogenannten Konservativen mit ihrer ganzen marktkonformen alternativlosem Demokratie und der damit verbundenen Freiheit der Deregulierung und Umverteilung eingebrockt.
Aber sich über ein paar alberne laute Sprachregelungen als Problem aufregen und sich als große Bewahrer stilisierten während man einer zunehmenden Ausbeutung das Wort redet.
Sorry alberner geht echt nicht.