»Die Trauer ist allgegenwärtig, mir fehlt die Heimat«

Gepackte Koffer, Abreise, Symbolbild Emigration
Quelle: Dieses Bild wurde mittels Grok entwickelt.

Immer mehr Deutsche verlassen ihre Heimat und suchen ihr Glück im Ausland. Ihre Heimat haben sie oft indes schon verloren, als sie noch da waren.

Roberto De Lapuente sprach mit Rechtsanwalt Alexander Christ, der Deutschland zumindest größtenteils den Rücken gekehrt hat. Auch er war Beiträger in dem Buch »Deutschland – Auswandern aus einem kranken Land«.

 

De Lapuente: Herr Christ, Sie haben Deutschland so gut wie ganz verlassen und beschreiben nun Ihr ausländisches Exil nicht als bloße räumliche Trennung, sondern als einen geistigen Zustand. Wie meinen Sie das?

Christ: Wenn man einen Ort verlässt, ist das fast immer ein Aufbruch ins Unbekannte, von dem aber schon eine Vorstellung existiert, ein Wunschbild. Es besteht eine Erwartungshaltung, wie es werden soll, und die bilden wir allein in unserem Kopf. Natürlich kann man vorher Erkundigungen und Ratschläge einholen, aber da man die jeweiligen Erfahrungen dann ohnehin selber und im Grunde allein mit sich selbst machen muss, bleibt jeder vorab gegebene Hinweis bloße These, die sich erst in der Praxis bestätigen muss – oder eben nicht. Beim Verlassen eines Landes nehmen wir nach meiner Auffassung unsere Bilder und Horizonte mit, tragen Hoffnungen und Erwartungen für die bessere Zukunft in uns und fangen an, das Ganze zu überprüfen, indem wir uns in einen geistigen Zustand der Offenheit versetzen, der die Veränderung erst möglich macht. Ob das am Ende gelingt, ist damit noch nicht gesagt. Es kann sich auch ergeben, dass Probleme auftreten. Mit großer Wahrscheinlichkeit sogar ist dies der Fall. Dann bleibt es aber trotzdem bei einem Exilzustand im Kopf sozusagen, denn der bloß räumlichen Veränderung ging ja eine Veränderung in den Auffassungen, Bewertungen, Denkprozessen voran. Damit will ich sagen, dass man nach meiner Einschätzung wohl zuerst in eine Art inneres Exil geht, bevor man die Reißleine zieht und eine Ortsveränderung vornimmt.

»Mein persönlicher Auslöser war wirklich erst Corona«

Bestellen und dann schnell weg!

De Lapuente: Der Verlust der Heimat spielt in Ihrem Text eine zentrale Rolle. Haben Sie diesen Verlust eher als schmerzhaftes Ende oder als notwendige Voraussetzung für einen neuen Anfang empfunden?

Christ: Eindeutig als schmerzhaftes Ende. Erst kam die Erkenntnis, dass ein Verlust der Heimat klammheimlich bereits eingetreten ist, dann die Überlegung, was nun, und dann die Entscheidung für einen neuen Anfang. Ich muss aber ausführlicher antworten, der Verlust der Heimat ist mir übrigens – und das ist wichtig – in doppeltem Sinn schmerzhaft deutlich geworden. Einmal natürlich so, wie viele es seit Corona, manche wenige schon deutlich früher erlebt haben, in dem Verlust der heimatlichen Sicherheit und Geborgenheit, als noch bestehende, verlässliche Gemeinschaften dem Einzelnen, mir auch, Schutz in Krisen und bei Gefahren gewährt haben. Es gab in meinem Leben vor Corona eigentlich fast immer eine große »Erwartungssicherheit«, um einen wichtigen Begriff von Dieter Suhr aufzugreifen, man wusste mehr oder weniger, was passieren könnte und wie man sich dagegen alleine oder notfalls mit Hilfe zuverlässiger Anderer sichern und trotzdem seine Freiheit bewahren konnte. Das brach für mich spätestens mit Corona weg. Zum Zweiten empfand ich zeitgleich dann aber ganz fundamental, wie geradezu alles wegbrach, was mir Heimat war. In einem also ganz Heideggerschen Sinne sah ich die Welt plötzlich mehr und mehr als bloße Maschinerie, als technisches Gehäuse, das mir als Einzelnem praktisch keine Freiräume mehr ließ, sondern nur noch ein Funktionieren im Räderwerk verlangte. Heidegger spricht vom »Gestell« und meint ein unheimliches Gehäuse, sieht den einzelnen Menschen eigentlich verloren in dieser durchtechnologisierten Moderne. Manche, ich etwa, ziehen sich sofort schreckhaft abwehrend zurück. Viele fliehen in eine Öffentlichkeit und Oberflächlichkeit, in der sie sich zur Schau stellen und so aufgehoben fühlen wollen in einer Pseudogemeinschaft. Das führt aber schnell zu noch mehr Einsamkeit und Verlorenheit, paradoxerweise gerade weil der alltägliche Betrieb gleichbleibt oder eher zunimmt in seiner Bedeutung und Intensität. Jedenfalls werden eigentlich alle ihrer ursprünglichen Angebundenheit und ihrer Beziehung zur Welt beraubt, die nur noch feindlich und bevormundend wahrgenommen werden kann. Diese zweite Entfremdung ist mir im Grunde erst während Corona nach und nach klargeworden.

De Lapuente: In Ihren Ausführungen beschreiben Sie ein tiefes Gefühl der Entfremdung gegenüber der deutschen Gesellschaft. Sicher: Da war Corona – aber der Bruch kann sich doch nicht erst 2020 vollzogen haben. Wann stellte sich diese Entfremdung erstmals bei Ihnen ein?

Christ: Nein nein, mein persönlicher »Auslöser« war wirklich erst Corona. Natürlich habe ich schon vorher Verwerfungen mit einiger Verwunderung zur Kenntnis genommen, aber die konnte ich mir tatsächlich immer noch irgendwie »erklären«. Es ist ja ganz wichtig, dass man sich die Dinge selbst erklären kann und dann auch erklärt, bei mir nicht anders als bei anderen Menschen, aber das ver–klart dann leider auch vieles … Corona hat es aber dann sehr eindeutig zum Vorschein gebracht, ich meine: was wirklich vor sich ging und nach wie vor stattfindet, der Austausch sämtlicher Werte, die große Umerziehung. Dass sich da die weit überwiegende Mehrheit so willenlos darauf eingelassen hat, das hat mich zwar an sich nicht überrascht, aber doch sehr sehr enttäuscht.

»Nach meiner Erfahrung ist der Weg, wegzugehen, der schwierigere«

De Lapuente: Nun kann ja Flucht oder Auswandern, wie man es auch nennen will, nicht die Lösung für alle Menschen sein. Es gibt viele Gründe, nicht alle Zelte hinter sich abzureißen: Familiäre, berufliche und pekuniäre etwa. Ist der Weg, sich einem Land zu entziehen, dass Sie und viele andere unglücklich macht, nicht viel einfacher, als dort zu bleiben und sich widerständig den besorgniserregenden Entwicklungen entgegenzustellen?

Christ: Auch ich kann nicht alle Zelte abbrechen, wie Sie es formulieren, als Anwalt in Deutschland ist man – leider – gewissen Zwängen unterworfen. Und auch ich habe keine Goldsäcke im Keller, muss also sehen, wie es überhaupt möglich ist. Übrigens besteht ein gewichtiger Teil meiner Kritik an unseren heutigen Freiheitskonzeptionen darin, dass wir bereit sind, solche Grenzen, wie Sie sie nennen, pekuniäre, berufliche, familiäre und auch banale bürokratische Hindernisse so klaglos als gegeben hinzunehmen. Aber die Hindernisse sind am Ende nicht wirkliche Barrieren, denn wer wirklich weggehen will, kann das auch machen. Nach meiner Erfahrung ist der Weg, wegzugehen, der schwierigere. Es gibt so viele Hindernisse, die sich einem Weggehenden in den Weg stellen, es ist also gerade andersherum, als in Ihrer Frage angedeutet. Dableiben ist der deutlich bequemere Weg. Und nur die wenigsten der Dableibenden stellen sich widerständig irgendwelchen Entwicklungen in den Weg, sondern tauchen vielmehr ab.

De Lapuente: Sie betonen, dass räumliche Distanz auch Klarheit schaffen kann. Erleben Sie diese Distanz tatsächlich als Erkenntnisgewinn? Oder spüren Sie manchmal, dass sie neue Formen der Isolation und Entfremdung mit sich bringt?

Christ: Beides. Der Erkenntnisgewinn zunächst ist immens, wahrscheinlich kann man nur nirgends sonst so elementare Lebenserfahrungen sammeln wie in der Fremde, in der räumlichen Distanz zum Bisherigen. Günther Anders sprach von der »Kalamität des Glücks« der Dagebliebenen, die sich die Dinge so zurechtlegen können, dass sie bleiben können, denen aber die Chance verwehrt wird, auf die übrigen Welt zu stoßen und Erfahrungen zu machen. Und man macht auch nochmal ganz neu Bekanntschaft mit sich selbst. Man lernt sich kennen in der Distanz, wie ist man da so, wie verhält man sich. Für mich war das eine ebenfalls eher schmerzhafte Erkenntnis und sie vollzog sich in der Erfahrung der Isolation. Letztlich bleibt man mit sich allein, sprachlos und entwurzelt.

De Lapuente: In Ihren Schilderungen klingt eine Mischung aus Erleichterung, Trauer und Nachdenklichkeit mit. Sind Sie fern von Deutschland ein anderer Mensch? Und wenn ja: Wie haben Sie sich verändert?

Christ: Die Erleichterung rührt daher, dass ich mir bestätigen konnte, dass es geht, dass man gehen kann. Das hatte ich gehofft, aber hier noch einmal exemplarisch mir selbst bestätigen können. Die Trauer ist allgegenwärtig, mir fehlt die Heimat, und ich fürchte, dies wird bleiben. Ich sehe nicht, wie diese zurückzugewinnen wäre. Ich bin eben nicht da zuhause, wo meine Familie und meine Sachen sind. Dort bin ich, und es kann dort auch ein neues Heimatgefühl entstehen, aber nicht auf Knopfdruck eingeschaltet werden. Zuhausesein ist vor allem ein langsam entstehendes und langanhaltendes Gefühl, kein Faktum, das man ein und aus schalten kann. Und die Nachdenklichkeit? Ich bin auf jeden Fall anderswo ein anderer, freier einerseits und anders gebunden andererseits. Vor allem habe ich an mir eine neue Form der Neugier und einen guten Tatendrang kennengelernt, beides Elemente, die mir die deutsche Trübseligkeit und totalitäres Gebaren fast genommen hätten.

»Ich wäre gerne freiwillig an einen anderen Ort gegangen«

De Lapuente: Wenn Sie heute auf Ihr Leben im Exil blicken – ist dieser Zustand für Sie eine Zwischenstation oder soll er dauerhaft werden?

Christ: Alles ist Zwischenstation heutzutage. Die Zeit, in der irgendetwas als von Dauer angesehen werden kann, ist, so fürchte ich, zunächst einmal vorbei. Damit ich nochmal etwas Dauerhaftes planen kann, müsste sich erstmal wirklich vieles ändern, in Deutschland wie in der Welt insgesamt.

De Lapuente: Mein Vater ging als Gastarbeiter nach Deutschland – er verlor im Laufe von Jahrzehnten den Anschluss in seiner Heimat. Er wusste nicht mehr, was die Menschen dort antreibt, neue Sprachmoden verstand er nicht. Kurz: Er war Fremder in seiner einstigen Heimat. Fürchten Sie eine solche Entwicklung nicht?

Christ: Das ist schon jetzt bei mir der Fall. Schlimmer noch, man ist fremd hier wie dort, oder wie Ursula Krechel zur Einleitung ihres kleinen Exilbüchleins so ungefähr dichtet »Kann nicht hier sein, kann nicht dort sein, hier wie dort ein fremder Ort«. Ich hadere auch nicht wirklich damit, dass es jetzt so ist, wie es ist, das gehört vielleicht logisch zum Leben, dass die Dinge sich in Nuancen anders entwickeln, als man es für sich geplant oder erhofft hatte. Aber ich klage an, dass ich erst in diese Unfreiheit geworfen worden bin, von skrupellosen Machtgierigen, und mir meine Freiheit und die meiner Familie nur dadurch wieder zurückerkämpfen konnte, indem ich Ort und Bedingungen verändert habe. Ich hasse es, gezwungen zu werden, ich möchte das nicht. Ich wäre gerne freiwillig an einen anderen Ort gegangen, allerdings glaube ich, auch dann wäre man dem Alten entfremdet worden ohne dem Neuen ganz zugehörig zu werden. Es bleibt wohl am Ende, um es nochmal mit Günther Anders zu vorauszusagen, ein Liegen in falschen Gräbern, in Gräbern an einem falschen Platz.

 

Alexander Christ studierte Rechtswissenschaft, Politikwissenschaft, Philosophie und Germanistik in Augsburg und promovierte über Montesquieu. Nach mehreren Buchveröffentlichungen widmete er sich in seinem letzten Buch, das 2025 erschien, dem »Arbeitsrecht für Führungskräfte«. Seit drei Jahrzehnten als Rechtsanwalt in Berlin tätig, engagierte er sich seit langem für Freiheit, Grundrechte und Demokratie und verfolgte die Corona-Entwicklungen von Anfang an mit kritischem Blick. Seine Sorge um den deutschen Rechtsstaat mündete in dem Spiegel–Bestseller »Corona Staat«, der 2022 erschien. Dem Angstverdikt setzt er die Freiheitsliebe entgegen.

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25 Kommentare

    1. Man kann die Narzissten im Hollywood für Hässliche auch einfach ignorieren. Wenn man ein gewisses Einkommen hat, sogar noch leichter. Außerdem gibt es in Brasilien auch furchtbare Politiker und den gleichen Kapitalismus wie bei uns. Teilweise, wenn sie den Regenwald zerstören, den Indigenen Land klauen für Siedlerkolonialismus, für internationale Konzerne, geht es noch brutaler zu als in Deutschland.

        1. So wirklich richtig besser ist das bei anderen brasilianischen Regierungen auch nicht, was ich so von hier in Deutschland aus sehen kann. Bolsonaro war nur der widerlichste und dreisteste seit langem scheint mir.

  1. Ich kann die Ausführungen von Herrn Christ sehr gut nachvollziehen, aber wohin ist er denn nun ausgewandert? Und womit verdient er seinen Lebensunterhalt? Als Rechtsanwalt ist er doch an Deutschland gebunden. Logisch wäre für mich dann nur ein grenznahes Land, in das man zur Arbeit nach Deutschland pendeln kann.

    Ich frage deshalb, weil ich schon weit entfernt davon bin, bleiben zu wollen. Mich macht dieses Land sprichwörtlich krank. So muss man sich fühlen, wenn eine Ehe zerstört ist. Man will nicht mehr diskutieren, man ist nicht mal mehr wütend, man will nur noch weg, weil der Schaden irreparabel ist.

    Die Frage ist für mich nur noch: Wie und da bin ich für jeden Hinweis dankbar!

  2. So sieht das also aus, wenn der Wessi seiner Heimat überdrüssig wird. Dort herrschen jetzt plötzlich Zustände, die er zutiefst ablehnt. Völlig undemokratisch, wie kann das denn sein?
    Dagegen der „Jammerossi“ hat immer nur übertrieben. Der hat doch zu Recht alles verloren! Warum hatte er nicht längst gegen den russischen Untermenschen aufbegehrt? Es gab da mal was augenscheinlich Revolutionäres…Ach Quark, das haben ja die Guten, die Westler, selbst inszeniert…
    Aber jetzt, bei sich selbst zu Hause, mag der Wessi keine Umgestaltung zum eigenen Nachteil. Da wird er halt zum Jammerwessi, der doch eigentlich überall auf der Welt nur Demokratie und Menschenrechte verbreiten wollte. Daß so viele der Beglückten daran gestorben sind, lag sicher daran, dass ihnen das hohe westliche Bildungsniveau fehlte…

    1. Liebe Bettina, da bist du recht polemisch, aber inhaltlich ist leider zutreffend, was du schreibst. Auch ich bin erst durch Corona aufgewacht und kann nur entsetzt den Kopf schütteln, wenn ich daran denke, wie lange ich im seligen Dornröschenschlaf lag. Der Gehirnwäsche ist nicht so leicht zu entkommen!

  3. Heimat, Heimat, Heimat
    Trübsal, Trauer

    Bisschen zu viel Gefühlsduselei hier für mich … klingt nach Kuckucksuhr und Dirndl. Oder nach so was hier:

    https://www.youtube.com/results?search_query=colonia+tovar

    Wo ist denn der Interviewte hin ausgewandert, habe ich das überlesen? Wie ist es da?

    Bei 99 zu eins gab es eine Folge zu Nietzsche. Darin wurden seine Schwester und ihr Mann erwähnt, die glühende Antisemiten waren. Die sind nach Paraguay ausgewandert. Das lief aber nicht so gut und sie kamen zurück. Die Schwester lebte dann der Vermarktung der Bücher ihres verstorbenen Bruders, u.a. an die Nazis.

    https://www.youtube.com/watch?v=dTuHI1c_tfk

    Ich fand, das war eine amüsante Parallele zu den Corona-Flüchtlingen und anderen obskuren Auswanderern und deutschen Ansiedlungen in Paraguay von denen ich schon gehört habe. Die Frage wäre auch, was aus denen wurde? Ja, sicher gibt es auch „normale“ deutsche Auswanderer in Paraguay.

    Viele Auswanderer kaufen auch Land, gerade in ärmeren Ländern, wo die Einkommen aus Erwerbsarbeit niedriger sind als in Deutschland, und verkaufen das dann an Landsleute (oft zu überteuerten Preisen). Das kann irgendwann auch zu Konflikten führen, wenn die Einheimischen merken oder meinen, dass sie kolonisiert werden sollen. Oder es läuft gar wie bei der Colonia Dignidad:

    https://www.amazon.de/Colonia-Dignidad-Von-Psychosekte-Folterlager/dp/3896576186

    Oder die deutschen 1848er waren berühmte Auswanderer, bzw. Einwanderer in den USA. Die wären ein positives Beispiel.

    Ich denke auch ans auswandern, bzw. reise mehr als früher. Für mich immer die schönste Zeit des Jahres. Ich glaube aber, dass ideologische Gründe ein ganz schlechter Ratgeber sind, es sei denn man würde wirklich politisch verfolgt und muss flüchten. Wenn ich in ein anderes Land reise, dann doch nicht, weil dort die Ideologie der Bewohner so toll wäre oder gar weil ich da endlich meine politische Ideologie meinte ausleben zu können. Man kann in jedem Land der Welt wunderbare Menschen treffen oder wunderbare Natur erleben. Danach suche ich meine Reiseziele aus. Doch nicht, weil dort die richtige Partei regiert. Oder wenn man „freier“ mit weniger Menschen um sich herum leben will, zieht man doch in ein Gebiet mit wenigen anderen Einwohnern, also niedriger Bevölkerungsdichte. Natürlich stellt sich dazu die Frage, ob man das dann auch aushält und sich so wirklich wohl fühlt. Das ist oft auch ein härteres und entbehrungsreicheres Leben als in Deutschland oder in armen Ländern hat man viel mit der Armut dort und dem allgegenwärtigen Mangel zu tun, den hässlichen Seiten davon.
    Beim Auswandern käme nur noch hinzu, ob man das finanzieren kann und nicht irgendwelche Verpflichtungen oder Familie in Deutschland hat, die Einen brauchen.

    Insofern fand ich den Artikel befremdlich. Da scheint Jemand noch eine Rechnung offen zu haben mit der „Corona-Diktatur“ hier. Wie lange ist das jetzt schon vorbei?

    Wenn ich in ein anderes Land reise oder gar auswandern würde, dann würde ich gerne über meine Erlebnisse und die Menschen dort berichten. Dann suche ich dort doch Erlebnisse, die ich so in Deutschland nicht erleben kann oder nicht so intensiv.

    1. Warum sind „Corona Flüchtlinge “ obskur? Auch ich bin u a deswegen ausgewandert, aber nicht um meine „Ideologie “ auszuleben, sondern zum einen um in einem Land zu leben, wo der Staat weniger Zugriff und Kontrolle hat und ich dadurch mehr Freiheit habe, und zum anderen hat auch mich das Verhalten des größten Teils meiner Landsleute in der Coronazeit so entsetzt, dass jegliches Vertrauen weg ist, und ohne Vertrauen lebt es sich schlecht. Ich lebe jetzt im Senegal.

      1. Hast du dort ein Einkommen? Ansonsten sind die Rahmenbedingungen sicher nicht so schlecht, aber das ist halt leicht gesagt, wenn das Finanzielle stimmt.

        Ich war mal in den 0er Jahren dort und dabei auch ein wenig Kontakt zu deutschen Auswanderern… und das hat mich tatsächlich doch eher abgeschreckt.

  4. Aha, es gab Corona und es gibt diverse Länder. Da ist dann der Deutsche aber Ausländer. Und Durst ist schlimmer als Heimweh. (Pulitzer, ich komme!)

  5. Viele Ostdeutsche sind in die Schweiz oder in skandinavische Länder ausgewandert. Das waren oft die intelligenteren Ossis, oft Ärzte. In Beijing gibt es eine Gruppe ehemaliger DDR-Bürger – oft ehemalige Mitarbeiter des diplomatischen Dienstes der DDR – die eine deutsche Community von ein tausend Leuten gebildet haben. Die allerwenigsten sprechen einigermaßen gut Mandarin, kommen aber trotzdem durch. Auch Rechtskonservative aus Europa, auch sog.. „Coronaleugner“, hat es in die Volksrepublik verschlagen. Man kann als Exilant offensichtlich gut dort leben, aber ich glaube die Einwanderungsbedingungen sind hart. Aber wenn du nach Deutschland einwandern willst, mußt du mittlerweile eine Prüfung ablegen und dich zum Staat Israel bekennen. Was ist dies nur für ein beschissenes Land geworden!
    Für mich bleibt nur das innere Exil, aber der Text oben ermutigt!

        1. Das mag ja sein, aber wenn man wegen den Freiheitseinschränkungen während Corona auswandert, dann wandert man doch nicht in eine Land ein, wo die Einschränkungen noch viel heftiger waren?

  6. Willkommen in Deutschland, im Land der Angst, der Lüge, der Propaganda und Zensur. Einst ein Hort der Freiheit – 35 Jahre nach der Wende ein zerrüttetes Land der Gängelung und Gesinnungskontrolle auf dem Weg in den 3. Weltkrieg. Gespritzt, gegängelt, gehorsam gemacht, eine Gesellschaft im Zerfall. Wer heute unbequeme Fragen stellt, wird diffamiert. Wer widerspricht, gecancelt. Wer aufwacht, steht allein. Oder? Nicht ganz. Dieses Buch vereint die Stimmen von 18 Auswanderern, die nicht länger bereit waren, die deutschen Zustände zu ertragen. Sie haben das gemacht, wovon viele träumen – aber sich nicht trauen: Sie haben dieser zerstörten Gesellschaft den Rücken gekehrt. Geflohen vor Willkür, Wahnsinn und Wokeness. Vor Bürokratie, Bevormundung, Blockwarten. Ihr Weg führte sie zum Beispiel nach Frankreich, in die Schweiz, nach Paraguay oder Russland. Nicht, weil sie aufgegeben haben – sondern weil sie leben wollen. Frei. Würdevoll. Menschlich. Dies ist ihr Bericht. Und ihre Abrechnung. Ein Buch für alle, die spüren: Dieses Land ist nicht mehr unser Zuhause. Inkl. Checkliste für jedes Auswanderland mit allen wesentlichen Details zu Sprachen, Visum, Steuersystem usw.

    Das ist der Klappentext. Ich weiß nicht, warum man meint, so ein Pamphlet verlegen zu müssen, aber muss ja Jeder selber wissen, auch die Käufer des Buches. Wohl auch mit Interviews von 18 Auswanderern. Immerhin.

    Als ob es nicht auch schlechte Politik und Politiker in anderen Ländern gibt. Gut, als Ausländer trifft die schlechte Politik einen vielleicht erst einmal nicht so oder manchmal eben doch, gerade weil man Ausländer ist. Das hängt natürlich viel davon ab, ob der Auswanderer und Ausländer genug Geld hat und z.B. die richtige Hautfarbe, sonst wäre es ja ein böser, illegaler Migrant.

    1. Wenn du konkret verfolgt wirst und das gab es in Fülle während und nach Corona, dann kannst du überlegen, ob du dir das weiter antust oder woanders eine Option siehst die Situation zu verbessern. Warum sollte man das nicht tun?
      Und natürlich gibt es auch in anderen Ländern scheiß Politik, aber man lässt dich als Deutschen, der deutsche Politik kritisiert, wahrscheinlich in der Regel in Ruhe und ich denke es ist schon ein durchaus angenehmes Gefühl nicht ständig damit rechnen zu müssen, dass dir morgens früh die Polizei die Tür „eintritt.

  7. In den 70ern wurde ich geprägt und sozialisiert.
    Meine Eltern waren beide sehr politisch.
    Mein Vater, ein ehemaliger Widerstandskämpfer im WKII, war Christdemokrat
    Meine Mutter, als Flüchtling der Auseinandersetzungen des 17. Juni, ein Sozi.
    Ich bin mit Willy Brandt und Helmut Schmidt aufgewachsen und war ein absoluter Fan von Herbert Wehner.
    Dann kamen die 80er und Helmut Kohl und seine arbeitnehmerfeindliche Politik.
    In den 90ern dann die grotesken Fehler der Wiedervereinigung mit den verheerenden Folgen für den deutschen Osten.

    Und ab 2000 der Offenbarungseid der SPD. (wegen Schröder kehrte ich im Frühjahr 1999 der SPD den Rücken)
    – Krieg in Jugoslawien
    – Der Krieg gegen die Arbeiter in Deutschland
    – Die Fehler der Osterweiterung und NATO
    – Die Finanzkrise
    – Die Beihilfe zum arabischen Frühling
    – CumEx und Cum-Cum
    – Corona
    – Anstiftung und Beihilfe zu Putsch und Bürgerkrieg in der Ukraine
    – Die Beihilfe zum Völkermord in Gaza

    Mein Deutschland war und ist die Vision von Willy Brandt und Helmut Schmidt.
    Ein friedliches & prosperierendes Europa für Jeden.
    Ein Europa, das Kriege verhindert.
    Aber dieses Europa und vor allem dieses Deutschland ist nur (noch) eine Illusion.

    1. Dein Deutschland hat sich selbst ruiniert. Wir Ossis hatten nie eine Heimat in der BRD, waren und sind immer Fremde geblieben. Deshalb wählen leider – es ist keine Lösung – viele meiner Landsleute AfD. Das lehne ich ab, verstehe es aber. Ich würde deshalb nie einen AFDler beschimpfen, linksliberale westdeutsche Besserwisser schon. Das ist der Unterschied!

  8. Habe mich gerade bei DeepSeek nach den Einwanderungsbedingungen nach China erkundigt, die mit „sehr anspruchsvoll“ beschrieben werden. Du mußt nachweisen das du dich selbst ernähren kannst, also Investor mit viel Geld, einen Arbeitsvertrag mit chinesischen Unternehmen hast oder eine hohe Qualifikation. Chinesische Familienangehörige reichen oft als Einwanderungsgrund auch. Politische Bedingungen wie in Deutschland, habe ich nicht gefunden.
    Deutschland könnte von den chinesischen Einwanderungsbedingungen lernen!

    1. Deutschland braucht nicht mehr lernen, denn es steht auf der Seite der Guten. Am deutschen Moralwesen soll und muss die Welt genesen. Schließlich hat Deutschland als erstes Land der Welt die Zweigeschlechtlichkeit einfach abgeschafft. So geht Fortschritt.

      Ferner: Lernen, Fakten lernen, von anderen lernen, Lernen überhaupt ist mühsam und old school, also totaler Quatsch. Ebenso verhält es sich mit dem Argumentieren auf Faktenbasis. Haltung, Meinung, Einordnung, Gesinnung: das sind die Maßstab gebenden und Maßstab bildenden Kategorien einer neuen Zeit in Deutschland.

    1. Alter ist eigentlich kein Hindernis. Mit einer deutschen Rente lässt es sich in vielen Ländern gut leben. Es ist viel schwieriger sich im Ausland beruflich etwas aufzubauen, wenn man nicht gerade sehr viel Kapital hat.

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