»Die Artungerechtheit des Menschen nimmt mit dem technologischen Fortschritt zu«

Fischer an Küste
fedewild, CC BY-SA 2.0, via Wikimedia Commons

Lebt der zeitgenössische Mensch noch so, wie er von Natur aus soll? Und gibt es ein richtiges Leben im falschen?

Roberto De Lapuente hat sich mit dem Arzt und Molekulargenetiker Michael Nehls unterhalten.

 

De Lapuente: Herr Nehls, Sie sagen, dass der Mensch nicht artgerecht lebt. Gibt es das überhaupt für den Menschen, ein artgerechtes Leben? Ist der Mensch nicht eben die Spezies, die sich als Art immer wieder neu erfindet?

Nehls: Es gibt im Wesentlichen zwei Möglichkeiten, auf eine veränderte Umwelt zu reagieren. Es gibt die genetische Anpassung und es gibt das, was ich in meinem ersten Buch »Die Methusalem-Strategie« genannt habe, eine memetische bzw. kulturelle Anpassung. Interessanterweise verändern sich Meme, also Gedanken oder Informationen und somit auch Technik und Kultur nach dem gleichen evolutionären Grundprinzip. Man hat zufällige Ideen, die guten werden selektiert, die schlechten werden verworfen und verschwinden wieder. Das Gleiche passiert in der genetischen Evolution. Hier gibt es zufällige genetische Veränderungen, von denen manche dem Träger dieser Veränderungen einen kleinen Vorteil verschaffen. Sie setzen sich eher durch. Die memetische Evolution benötigt jedoch keine Generationen, um eine Anpassung zu bewirken. Das menschliche Gehirn generiert unablässig neue Ideen. Kombiniert mit dem Umstand, dass wir soziale Lernmaschinen sind und rasant kommunizieren, führt dies viel effizienter und schneller zu Lösungen. Allerdings vergessen wir bei all den Vorzügen des technischen Fortschritts allzu leicht, dass wir nach wie vor auch ein Produkt der genetischen Evolution sind und natürliche Bedürfnisse haben. Werden diese ignoriert, leidet der Mensch. Unsere Natur verlangt gerade aufgrund der rasanten kulturellen bzw. technologischen Evolution nach einer artgerechten Lebensweise, wie der dramatische Anstieg an psychischen Krankheiten eindeutig belegt.

»Wir Menschen müssen aufgrund unserer genetischen Ausstattung weiterhin »artgerecht« leben, um gesund zu bleiben«

De Lapuente: Haben Sie für diese memetische Evolution ein Beispiel?

Nehls: Wenn zum Beispiel die Pole etwas abtauen sollten und die Meere steigen, weil wir uns beispielsweise am Ende einer Eiszeit befinden, dann wird das natürlich nicht dazu führen, dass Menschen, die an der Küste leben, Kiemen bekommen. Es gäbe also keine genetische Auslese, selbst wenn durch eine seltsame Mutation zufällig ein solcher Fischmensch entstünde (tatsächlich entwickelt der menschliche Embryo zunächst Kiemenanlagen, aus denen dann bspw. Mittelohrknochen entstehen). Vielmehr würden die Menschen technische oder soziale Strategien entwickeln und sagen: »Ich baue mir ein Boot« oder »Ich baue mir einen Damm« oder »Ich ziehe ins Landesinnere«. Und da wir, wie gesagt, soziale Lernmaschinen für memetische Lösungen sind, würden die meisten Menschen auf diesem Weg überleben. Doch trotz dieser technischen, mentalen oder memetischen Selektion, die in diesem Beispiel stattfindet, müssen wir Menschen aufgrund unserer genetischen Ausstattung weiterhin »artgerecht« leben, um gesund zu bleiben. Warum das so ist, lässt sich ebenso leicht an einem Beispiel erklären.

De Lapuente: Und wie genau?

Nehls: Was ist artgerecht für einen Kaktus und was für einen Farn? Beide werden zwar als Zimmerpflanzen verwendet, dennoch müssen wir uns Gedanken machen: Was braucht der Kaktus, was braucht der Farn, um zu gedeihen? Den Kaktus stelle ich am besten ans Fenster, wo es viel Sonne gibt. Für den Farn ist das keine so gute Idee, der bekommt relativ schnell braune Flecken. Der Farn braucht viel Feuchtigkeit. Beim Kaktus dagegen werden die Wurzeln schnell faul, wenn man sie feucht hält. Artgerecht heißt also, genau zu erklären: Wo kommt der Farn her? Woher kommt der Kaktus? Der Kaktus kommt aus der Wüste und hat sich an die dortigen Lebensbedingungen angepasst. Der Farn dagegen kommt aus dem Wald. Am Boden unter den Bäumen bekommt er normalerweise wenig Licht, aber dort ist es oft feucht. Er hat sich also genetisch an eine feuchte, eher dunkle Umgebung angepasst. Und diese genetische Anpassung, die seine Artgerechtheit definiert, hat er auch mit in unser Zimmer gebracht. Das heißt, was artgerecht ist, ist die Summe aller Bedürfnisse aufgrund einer zurückliegenden evolutionären Anpassung.

De Lapuente: Wie kann man dieses Bild auf den Menschen übertragen?

Nehls: Übertragen auf den Menschen muss man sich also fragen: Wann hatte der Mensch genetisch ein Stadium erreicht, in dem er an seine Umwelt angepasst und zugleich geistig so weit entwickelt war, dass er weitere genetische Anpassungen an eine sich verändernde Umwelt weitgehend durch memetische Evolution ersetzen konnte? Ich verorte das in die Zeit, als er als Fischer und Sammler in einer langen, über 70 Tausend Jahre währenden Eiszeit überleben musste, die vor etwa 195 Tausend Jahren begann und den Menschen nur noch an den Küsten Afrikas überleben ließ. Wie ich in meinem Buch »Die Algenöl-Revolution« anhand neuester wissenschaftlicher Erkenntnisse aufzeige, musste er aufgrund der dortigen Nahrungsangebots nicht mehr als nomadisierender Jäger und Sammler umherziehen, sondern konnte sesshaft werden. Sehr wahrscheinlich haben wir zu dieser prägenden Zeit begonnen, uns fast ausschließlich kulturell zu entwickeln.

De Lapuente: Also hat sich diese Veränderung in unserer Lebensweise auf die menschliche Natur ausgewirkt? Wie das?

Nehls: Da das Meer eine – zumindest damals – unerschöpfliche Nahrungsquelle bot, ermöglichte dies nicht nur Sesshaftigkeit. Ein weiterer Effekt war, dass die Sippen, die zusammenlebten, größer werden konnten als jene von Nomaden, die ständig den Herden wilder Tiere folgen mussten. Aufgrund der exponentiell steigenden Komplexität des sozialen Zusammenlebens größerer Gemeinschaften mussten die geistigen und vor allem die sozialen Fähigkeiten sich entsprechend entwickeln, um das Überleben zu gewährleisten bzw. damit die Menschen sich behaupten konnten.

»Wir sitzen den ganzen Tag und können problemlos Fett ansetzen, gleichzeitig fehlen uns die Mikronährstoffe«

De Lapuente: Sie sagen allerdings, die Sesshaftwerdung, das war im Grunde der Beginn unserer nicht artgerechten Lebensweise. Kann man sagen, dass die gesamte menschliche Geschichte sich seither beharrlich in Richtung weniger Artgerechtheit entwickelt hat? Ich meine, wir leben ja heute wahrscheinlich demnach weniger artgerecht als bspw. vor 1.500 Jahren.

Nehls: Sesshaftigkeit, die durch die oben beschriebene Eiszeit erzwungen wurde, war sehr wahrscheinlich ein Vorteil für die Evolution unserer geistigen Fähigkeiten. Trotzdem war man körperlich aktiv. Diese Form der Sesshaftigkeit, in ihren vor allem positiven Abweichungen zum Nomadentum, hat nichts zu tun mit dem heutzutage übermäßigen Sitzen, das man aufgrund seiner Schädlichkeit auch als »das neue Rauchen« bezeichnen kann. Letzteres ist artfremd und nimmt mit dem technischen Fortschritt exponentiell immer weiter zu. Wir finden immer mehr technische Lösungen als ungesunde Alternative zu artgerechter Bewegung. Da stellt sich natürlich die Frage, ob man das wirklich als Fortschritt bezeichnen kann. Der Begriff »Fortschritt« ist bei uns ja meistens positiv besetzt. Man schaut ein bisschen überheblich zurück und denkt vielleicht: »Okay, die waren ja noch primitiv«. Aber ehrlich gesagt glaube ich, dass die sogenannten primitiven Kulturen ein bisschen glücklicher waren als der Durchschnittsmensch heute in den sogenannten fortschrittlichen Kulturen. Die industrielle Ernährung scheint zwar Vorteile gebracht zu haben, wenn man es rein an den Zahlen misst: Acht Milliarden Menschen wären als Jäger und Sammler nicht zu ernähren, und als Fischer und Sammler auch nicht, schon weil es dafür nicht mehr genug Fisch gäbe. Andererseits sind die neuen Ernährungsstrategien, vor allem die hochtechnisierten, nicht besonders gesund. Man achtet vor allem auf Kalorien, also auf Makronährstoffe, aber es fehlt an Mikronährstoffen, die früher im gefangenen Fisch oder in den Pflanzen, die man in der Wildnis sammelte, reichlich vorhanden waren.

De Lapuente: Also ist unsere heutige Ernährungsweise eine ganz andere, als die, für die wir uns ursprünglich entwickelt haben?

Nehls: Ja, genau hier kommt der Faktor Artgerechtheit ins Spiel: Ursprünglich hatten wir uns noch so ernährt, dass wir nur so viele Kalorien zu uns nahmen, wie wir benötigten. Übergewicht ist in heute noch lebenden Naturvölkern nicht zu beobachten. Bei der modernen Ernährung ist der Energiegehalt der Nahrung unnötig hoch, der Vitalstoffgehalt jedoch sehr niedrig. Das war früher genau umgekehrt. Dazu kommt: Wir sitzen fast den ganzen Tag, neigen also dazu, schädliches Gewicht zuzulegen, während uns gleichzeitig chronisch Mikronährstoffe fehlen. Die Auswirkungen auf unseren Gesundheitszustand sind dramatisch. Das bring einen nicht sofort um, aber der Mangel hat langfristige Konsequenzen, wie zum Beispiel ein chronisch hyperaktives Immunsystem. Man spricht von der stillen Entzündung, die nahezu allen Zivilisationskrankheiten zugrunde liegt.

»Der Mensch fühlt sich als Krone der Schöpfung, aber wir stehen nicht außerhalb der Natur«

De Lapuente: Sie sagten jetzt gerade eben, wir sitzen zu viel und setzen dadurch zu viel Fett an. Höre ich da heraus, dass der westliche Lebensstil unter allen der am wenigsten artgerechte ist? Also gibt es in der heutigen Welt durchaus noch Lebensmodelle, die artgerechter sind?

Nehls: Es gibt die sogenannten Blue-Zones – das sind Regionen auf unserer Erde, wo Menschen auf gesunde Weise außergewöhnlich alt werden. Man muss nicht gleich in die Steinzeit zurück. Man muss nur wissen, in welchen Bereichen sich unser Leben verändert hat und in welchen Bereichen sich die Diskrepanz zwischen früher und heute als schädlich erweist. Ein Beispiel: Fischer und Sammler arbeiteten, laut Untersuchungen von heute noch lebenden Wildbeuter-Gesellschaften, maximal drei bis vier Stunden am Tag. Ich bin aufgrund eigener Erfahrungen überzeugt, dass diese drei, vier Stunden das Limit unserer mentalen Leistungsfähigkeit darstellen.

De Lapuente: Nun können sich die meisten Menschen leider nicht aussuchen, wie lange oder wie viele Stunden am Tag sie arbeiten. Können wir trotzdem Dinge tun, um unser Leben etwas artgerechter zu gestalten?

Nehls: Ich denke, zwei Stunden am Tag physisch aktiv zu sein – und das gar nicht unbedingt am Stück oder gar besonders anstrengend – das wäre artgerecht. Und die zwei Stunden kann man problemlos zusammenkriegen. Man muss ja nicht zwei Stunden auf dem Home-Trainer sitzen oder zwei Stunden durch den Wald spazieren. Man kann das über den ganzen Tag immer wieder in Häppchen machen, indem man zum Beispiel ohne Auto einkaufen geht, und die paar hundert Meter zu Fuß zum Supermarkt läuft. Viele stehen inzwischen bei der Computerarbeit, auch das ist schon ein erheblicher Fortschritt gegenüber dem Sitzen. Noch ein Beispiel: Wenn ich Freunde besuche überlege ich, ob ich das nicht auch mit dem Fahrrad machen kann. Da kann man die zwei Stunden relativ leicht zusammenbringen und realisiert dann das, was ein Steinzeitmensch eben wahrscheinlich auch getan hat. Es zeigen mittlerweile unzählige Studien, dass man dem ungesunden Altern, also bspw. dem Alzheimer, wortwörtlich davonlaufen kann.

»Omega-3-Mangel hat Auswirkungen auf das Abschneiden von Kindern in den PISA-Studien«

De Lapuente: Kommen wir noch mal auf die Ernährung zurück. Sie vertreten ja auch die Ansicht, dass das Defizit in der Bildungsmisere, wie man es nennt, durchaus auch an einem Mangel an diesen Elementen liegt, also unter anderem an aquatischen Omega-3-Fettsäuren.

Nehls: Ja, absolut. Es gibt Studien, die zeigen, dass gerade der Omega-3-Mangel, insbesondere DHA noch während der Stillzeit, noch 15 Jahre später Auswirkungen auf die mentale Leistungsfähigkeit hat, wie bspw. auf das Abschneiden von Kindern in den PISA-Studien. Auch ein Jodmangel in der Schwangerschaft oder in der Stillzeit hat verheerende Auswirkungen auf die sich entwickelnde geistige Leistungsfähigkeit eines Kindes.

De Lapuente: Jetzt sagt man ja immer, früher waren die Schüler klüger. Lässt sich das damit erklären, dass Schüler heute einen Mangel haben? Haben sich Kinder früher noch anders ernährt? Kann das nur daran liegen?

Nehls: Es sind verschiedene Dinge, die da zusammenkommen. Der Leistungsdruck hat natürlich massiv zugenommen, es besteht weniger soziales Miteinander – und so weiter. Stress ist nicht gut für die mentale Leistungsfähigkeit, Stichwort: Neuroinflammation. Siehe dazu die Ausführungen in »Das indoktrinierte Gehirn«. Natürlich hat sich der Lebensstil in allen möglichen Bereichen bei Kindern geändert. Wir sind früher nachmittags stundenlang auf den Bäumen herumgeklettert. Heute sitzen viele Kinder den ganzen Tag vor der Glotze beziehungsweise vor ihrem Handy oder vor der Spielkonsole. Das heißt, die körperliche und soziale Aktivität hat sich mit Sicherheit deutlich reduziert gegenüber dem, was früher üblich war. Ich bin noch abends zum Essen nach Hause gekommen und war körperlich fix und fertig, weil ich wirklich nur körperlich aktiv war. Und das galt für alle meine Freunde bei uns im Dorf. Das kenne ich heute so gar nicht mehr, wenn ich die Kinder sehe. Da ist es eine Freude, wenn man mal ein Kind sieht, dass auf einem Fahrrad ohne Elektromotor herumfährt. Es hat sich viel verändert in den letzten Jahrzehnten. Das nur auf die Ernährung zurückzuführen, wäre nicht richtig. Mit Sicherheit spielt die mangelhafte Ernährung aber eine wichtige Rolle unter mehreren Aspekten, auf die ich ja auch immer wieder hinweise.

De Lapuente: Gut, Herr Nehls, das heißt dann, man kann abschließend feststellen: Der wahre Fortschritt des Menschen läge eigentlich in seinem Rückschritt?

Nehls: Zurück in die Zukunft würde ich das mal nennen. Wir müssen wissen, wo unsere Wurzeln liegen. Wir müssen den Begriff des Artgerechten, der so bislang nur von Tierschützern verwendet wird, auch auf den Menschen ausweiten, da er davon fälschlicherweise ausgenommen wird. Ich habe manchmal das Gefühl, das liegt ein bisschen auch an unserer jüdisch-christlich geprägten kulturellen Entwicklung. Der Mensch fühlt sich außerhalb der Natur, als Krone der Schöpfung. Aber wir stehen nicht außerhalb der Natur. Wir sind selbst Teil der Natur und wir haben daher auch natürliche Bedürfnisse. Und das ist, so glaube ich, einer der größten kulturellen Fehlentwicklungen, das zu negieren beziehungsweise nicht wahrhaben zu wollen. Es ist ein wesentlicher Grund dafür, dass unser mentales Immunsystem, wie ich es in »Das indoktrinierte Gehirn« beschreibe, nicht optimal funktioniert und wir deshalb immer mehr von unserer Freiheit einbüßen. Kurzum: Wir können uns zwar dazu entscheiden, unsere essentiellen Bedürfnisse zu ignorieren, aber die fatalen Konsequenzen, die sich aus dieser Ignoranz ergeben, werden uns früher oder später einholen.

 

Michael Nehls ist ein deutscher Arzt, habilitierter Molekulargenetiker, ehemaliger Extremradfahrer und Bestsellerautor.

Ähnliche Beiträge:

41 Kommentare

  1. Guter Beitrag, würde ich so unterschreiben.
    Natürliche Lebensweise ist das Gegenteil von Vergewaltigung des eigenen Körpers. Wisse also, was Dein Körper braucht, und gib es ihm. Über den Rest muss man dann reden: viel zu wenig wird über die ökonomischen Zwänge eines Ausbeutungssystems gesprochen, wodurch es ständig zu psychischen und physischen Vergewaltigungen kommen muss. Dass der Autor es wenigstens andeutet, finde ich einen guten Ansatz zur Systemkritik. Wobei sein Gedanke „eine(r) der größten kulturellen Fehlentwicklungen, das zu negieren beziehungsweise nicht wahrhaben zu wollen“ wohl auf Defizite in politischer Ökonomie schließen läßt, wenn man das Ausbeutungssystem als kulturell fehlentwickelt auffasst…. Da wünschte ich mir mehr!

    1. „Natürliche Lebensweise“

      Ich verstehe schon nicht, was das sein soll. Man kann doch nicht die genetische Evolution des Menschen für vor 70.000 Jahren als beendet erklären und dann darauf fokussieren, dass es jetzt drauf ankommen würde, dass der Mensch möglichst lange mit Idealgewicht und dezent gebräunter Haut lebt und das dann als natürlich deklarieren.

      Mit am krassesten zeigen Insekten, wie Natürlichkeit bei „höheren“ Lebewesen aussieht: Irgendwie – auch außerhalb von Gebärmutter – durch die Entwicklungsstadien kommen, bis dann die geschlechtliche Fortpflanzung stattfindet und der Erneuerungskreislauf geschlossen wird.

      Ob der Kreislauf durch „fette“ Jahre oder am Ende demente führt, wo dann eh keine Fortpflanzung mehr stattfindet, ist gänzlich egal. Wie sich die Spezies während des individuellen Teils des Kreislaufsystems fühlt, ist einem angeborenen Hormon-Neuronensystem geschuldet, das primär darauf geeicht ist, dass das Individuum nicht selbstzerstörerisch handelt. Bis heute führen immer noch genetische/hormonelle Abweichungen von Individuen dazu, dass es bei einer hohen Anzahl von beginnenden Schwangerschaften zu frühen Fehlgeburten kommt.

      Das ist Selektion! Das ist Evolution!

      Das ist Natürlichkeit, die sich menschlichen Eingriffen nach wie vor größtenteils entzieht. Alle Individuen, die es bis zur Reproduktion schaffen, haben ihre natürliche Aufgabe erfüllt. Ob sie dick, dünn oder glücklich waren, interessiert die Evolution erst – aber nach wie vor! – wenn es Vorteile bei der Vermehrung bringt. So hat sich bei den Viehzüchtern in Europa die Laktoseverträglichkeit ausgebreitet.

      Ich denke, der Denkfehl beruht auf zu einseitigen Ansichten über Natürlichkeit. Je mehr Möglichkeiten sich der Mensch schafft, umso mehr weiten sich seine möglichen Lebensstile bis zur Fortpflanzung aus, aber umso mehr läuft er Gefahr, dass dabei andere Möglichkeiten, die seine Genetik mitbringt, über- oder unterfordert sind und ihm in körperlicher oder emotionaler Hinsicht Probleme bereiten.

      Bei Insekten, die auf ganz bestimmte Nahrungspflanzen oder Fortpflanzungsbedingungen angewiesen sind, ist viel leichter zu urteilen, was die lebensnotwendigen Grundbedingungen für dies Art sind.

      Wenn Biologen bei anderen Spezies über Erfolg urteilen, wird meist die Anzahl der Individuen als Erfolgskriterium genutzt. Auf den Menschen wird das dann aber nicht angewendet, sondern da müssen die Individuen, wenn sie schon lange nicht mehr zur Vermehrung der Art beitragen, immer noch adrett und ansehnlich sein. Dabei nehmen sie den Jungen den Platz weg, die große Wohnungen bräuchte, um mehr Nachkommen aufziehen zu können.

      Komplett und total unnatürlich.

      Wieso nicht einfach anerkenne, dass wir Menschen sind und statt natürlicher Maßstäbe menschliche anwenden?

      1. – dass es bei einer hohen Anzahl von beginnenden Schwangerschaften zu frühen Fehlgeburten kommt. –
        Gibts da Quellen, Belege? Hab ich, bis jetzt, noch nix von gehört.

        1. Suchmaschine kaputt? Meine tut’s noch, und nach Eingabe der Suchbegriffe »frühe Fehlgeburten« war der allererste Treffer dieser hier: Fehlgeburt (Abort).

          Zitat daraus:

          Etwa zehn bis 15 Prozent der medizinisch festgestellten Schwangerschaften enden als Fehlgeburt. Es gibt auch Schwangerschaften, die sich nur im Labor nachweisen lassen. Dabei zeigt sich die Erhöhung eines bestimmten Wertes (ß-hCG), klinisch gibt es jedoch noch keine Anzeichen. Zählt man diese Schwangerschaften dazu, liegt die Aborthäufigkeit bei circa 50 bis 70 Prozent.

        2. Mutter Natur hat es praktischerweise so eingerichtet, daß nach der Befruchtung und Einnistung schon sehr bald die ersten Überprüfungen des Embryos auf genetische Funktionalität erfolgen. Dazu werden biochemische Stoffwechselprodukte des Embryos gecheckt, und wenn die nicht passen, erfolgt eine Immunantwort und Abstoßung. Je früher und genauer dieser Check erfolgt, um so besser ist das Baby dann genetisch ausgestattet oder im anderen Fall kann die Frau um so schneller wieder schwanger werden. Daher höherer Fortpflanzungserfolg, diese genetische Ausstattung setzt sich dann durch. Natürlich ist der Check nie 100%in genau, es bleiben doch noch Missbildungen übrig, die biochemisch eben nicht auffällig sind. Aber die Gesamtrate ist für das Überleben der Spezien bisher nicht gefährlich. Wobei man schon darüber nachdenkt, ob die verringerte Geburtenrate auch darauf zurückzuführen ist, daß chemische Umwelteinflüsse wirken.

      2. @ Müsli zum Fest
        „Das ist Selektion! Das ist Evolution!“

        Und dann haben wir heute auch noch die Gentechnik, die bringt die Selektion und die Evolution erst richtig voran.

  2. – Wir müssen den Begriff des Artgerechten, der so bislang nur von Tierschützern verwendet wird, auch auf den Menschen ausweiten, da er davon fälschlicherweise ausgenommen wird. –
    Die Tendenz läuft umgekehrt. Für Tiere wird Käfighaltung verboten, für den Menschen angestrebt.
    Das liegt zum einen an der Massenmenschhaltung, zum anderen an der Gier als gesellschaftliches Ziel.

  3. Interessanter Punkt, dass 3 – 4 Stunden Arbeit das Limit der mentalen Leistungsfähigkeit darstellen. Insbesondere, da „Experten“ jetzt herausgefunden haben, dass der Wunsch nach weniger Arbeit den Wohlstand in D gefährden würde… https://www.berliner-zeitung.de/news/institut-der-deutschen-wirtschaft-iw-experten-wunsch-nach-weniger-arbeitszeit-gefaehrdet-wohlstand-in-deutschland-li.2211419
    Allerdings finde ich Aussagen wie „Es zeigen mittlerweile unzählige Studien, …“ sind nichtssagend.

    1. – der Wunsch nach weniger Arbeit den Wohlstand in D gefährden würde… –
      Ja, vor allem den Wohlstand derer, die den Hals nicht voll kriegen.

    2. Die Frage ist, was ist Wohlstand?
      Unbedingt viel Konsum oder doch eher ein einfaches, mäßig tätiges Leben mit Befriedigung der Grundbedürfnisse?!
      In der westlichen Konsumwelt werden eigentlich die wichtigsten menschlichen Bedürfnisse durch oft ausgesprochen und in jeder Hinsicht schädliche Surrogate nicht befriedigt, sondern begraben.

  4. Konsequenter Biologismus. Gesellschaftliche Veränderungen bzw. Entwicklungen laufen einfach analog zur biologischen Evolution ab. Da werden halt „Meme“ selektiert: „Man hat zufällige Ideen, die guten werden selektiert, die schlechten werden verworfen und verschwinden wieder.“ Wie einträchtig.
    Und derselbe Typ warnt in „Das indoktrinierte Gehirn“ davor, dass Klaus Schwab und eine „in einen einzigen Raum passende Elite“ unser Gehirn angreifen wollen, um uns zu versklaven. Ja, kann man denn Herrn Schwab nicht einfach freundlich mitteilen, dass sein „Meme“ nicht gut ist und sich nicht „zur Selektion“ eignet? Oder gibt’s am Ende zusätzlich zu den „Memen“ noch sowas wie harte gesellschaftliche Auseinandersetzungen, die sich darum drehen, welches „Meme“ denn ausgewählt wird?
    Die Inkonsistenz von Nehls Gedankenwelt ist doch einigermaßen offenkundig.

    Früher haben bekannte Naturwissenschaftler über ihren Tellerand geschaut und ernsthafte Sozialwissenschaft und Philosophie rezipiert. Oppenheimer (und andere aus seiner „Gang“) hatte nicht nur Marx gelesen, Einstein korrespondierte mit Freud, Heisenberg hatte sich ernsthaft in die griechische Philosophie eingelesen etc.

    Dieser Mangel macht sich auch beim Nehlsschen Begriff der „artgerechten Lebensweise“ bemerkbar. Die besteht für Herrn Nehls in genügend Bewegung, ausreichender Sonneneinstrahlung (Vitamin D), genügend Mikronährstoffen, Omega 3 und Jod. So spricht ein Biobauer stolz über sein Vieh und dessen artgerechte Anzucht.
    Wenn nun Herr Schwab die umfassende Versorgung mit den von Nehls genannten Faktoren der „artgerechten Lebensweise“ garantieren würde, was könnte Nehls dann noch einwenden gegen die drohende „Versklavung“?

    Nehls scheint überhaupt nicht bewußt zu sein, dass sich sämtliche Grundlagentexte der Geistesgeschichte genau mit dieser „artgerechten Lebensweise“ beschäftigen, dazu aber doch ein wenig mehr zu sagen hatten, als der Molekularbiologe.

  5. Erstmal müssen wir feststellen, dass Artgerechtigkeit für den Menschen zu definieren, schwer bis unmöglich ist. Kein Tier und keine Pflanze ist in der Lage, in buchstäblich allen Klimazonen der Welt existieren zu können. Nicht erst seit der Industrialisierung, diese Fähigkeit ist wesentlich älter. Jeder Mensch trägt diese Fähigkeit in sich. Ein Eskimo, der sich bisher nur mit tierischem Essen ernährte, kann auch in Indien, wo es nur Verganes gibt, überleben. Und umgekehrt, auch Afrikaner können jenseits des Polarkreises überleben. Das ist in der gesamten Natur einzigartig.

    Früher, wenn ein Linker in einer Talkshow war, hat man ihn gern aufs Glatteis geführt, indem man ihn aufforderte, Gerechtigkeit zu definieren. Das geht nicht. Was geht, ist das Umgekehrte: eine ins Auge springende Ungerechtigkeit als solche zu benennen.

    Ähnlich bei der Artgerechtigkeit. Auch die ist kaum zu definieren. Hingegen mit Artungerechtigkeit tut man sich leichter. Hier trat mit dem AfD-Wähler eine neue Spezies auf die Bühne, die diesen Lebensstil explizit zu pflegen scheint.
    Er kauft kein Fahrrad, um CO2 zu sparen und einen nicht existierenden Klimawandel zu bekämpfen. Um grüne Bevormundung zu kontern, isst er extra fette Schnitzel und Pommes dazu.

    Frage: ist der AfD-Wähler Teil der Evolution, die eine Überbevölkerung vermeiden will?

    1. – Hingegen mit Artungerechtigkeit tut man sich leichter. Hier trat mit dem AfD-Wähler eine neue Spezies auf die Bühne, die diesen Lebensstil explizit zu pflegen scheint. –
      Der AfD-Wähler wächst einfach durch die massive Steigerung der Artungerechtigkeit bei den anderen Parteien.
      – Um grüne Bevormundung zu kontern, isst er extra fette Schnitzel und Pommes dazu. –
      Er glaubt eben nicht mehr an den Klimawandel, was man ihm, nach der Aneignung von „Wissenschaft“ durch die anderen Parteien während Corona, nicht einmal mehr vorwerfen kann.
      – Frage: ist der AfD-Wähler Teil der Evolution, die eine Überbevölkerung vermeiden will? –
      Keine Ahnung, es sieht aber so aus, als ob die anderen Parteien das mittels Krieg angehen wollen.

      1. Interessante Gedanken, danke.

        Was machen eigentlich diese Evolutionsbiologen? Die erforschen diese längst bestensd dokumentierten Saurier. Alle abziehen und auf den AfD-Wähler ansetzen. Mein Vorschlag.

  6. Dazu ein nettes Zitat des evolutions-humanistischen Philosophen, und Buchautoren, Michael Schmidt-Salomon – frei aus meiner Erinnerung zitiert:

    „Wir sind alle nur Steinzeitmenschen, die dazu befähigt wurden moderne Verkehrsflugzeuge zu fliegen“…..

    ….vortrefflich formuliert, und ich denke es passt hier auch…..denn der Homo Sapiens Sapiens hat sich – rein evolutionä-körperlich bezogen – seit dieser Zeit nicht weiterentwickelt, nur seine Technik ist immer moderner geworden, aber ansonsten sind wir „die alten (bösen) Affen“ geblieben (von Kurt Tucholksy? Bertold Brecht? Carl Spitzweg? egal, hab’s vergessen, aber irgendwie passt es eben 2024 immer noch das Zitat).

    Wir sind die letzten Überlebenden der Zeit der Wollmammuts, des Höhlenbären und der steinzeitlichen Riesenhirsche – unsere (altertümliche) Spezies hat eben die alle überlebt, und ist nicht ausgestorben, wie diese ….Steinzeitmenschen eben….auch 2024…..

    Vielleicht sollte sich Roberto J. De Lapuente auch mal mit Michael Schmidt-Salomon unterhalten? Wäre ein interessantes Gespräch….da bin ich mir (fast) sicher…..;-)

    Grüße
    Bernie

  7. Da hat Herr Nehls schon recht und meiner Meinung nach richtig gedeutet.
    Danke RdL für diesen Schwätzchen!
    In den 90zigern fragte ich mich, warum arbeite ich so viel und unterm Strich blieb kaum was übrig. Den Grund sah ich in der damaligen PR Szene verortet, ‚mein Haus, mein Auto, mein Pferd’… Ich entschloss mich zur 30’stunden Woche und 6 Monate später zur 23.5h Woche…, um das Loch finanziell zu stopfen, ging ich zu Fuß, Fahrrad zum einkaufen, zum Sport zu den Kneipen oder kulturellen Veranstaltungen, oder mit öffentlichen Verkehrsmitteln. Mein Arbeitsplatzhusten verschwand, hatte Zeit mir die Natur beim morgen, Mittag, Nachmittag oder Abends anzuschauen…
    Heute lebe ich als freiberuflicher im Ausland (legal) und erfreue mich dort an täglichen Spaziergängen am Strand…
    Meine Erfahrung sagt mir, ändere dich selbst und lasse dich nicht vom ‚System’s leiten.
    Ist das der Grund, warum mich manche als Spinner sehen?

  8. Mit dieser ätzenden Mischung des „Arzt und Molekulargenetiker“ hamsesich aber was ins OM-Nest gelegt: diese Artgerechtheit aus Vulgärstbiologismus und Vulgärstmaterialismus ist`n Griff in die reaktionäre Mottenkiste. Und kaum noch zu toppen.

  9. Es gibt kein vonNatur aus sollen.
    Das ei zige, was geht, ist dass der Mensch bestimmte Maßnahmen ergreift, ein Habitat für n Mrd. Menschen zu erhalten.

    Btw 1Mrd Menschen wären keine schlechte Größe, entspricht etwa dem Vorindudtriellen Zeitalter.

  10. Zitat:
    Wir sitzen fast den ganzen Tag und neigen dazu, schädliches
    Gewicht zuzulegen. *)
    Ende.

    Es sitzen v.a. die Schreibtisch -täter. Dick ? Lastwagenfahrer:
    sitzen auch sehr viel: Dick ? Bau -arbeiter sitzen nie : Dick? Nein, oder ? Pflegerinnen sitzen wenig: Dick ? Ja, viele.

    Dieser Schluss *) scheint mir
    wenig zutreffend.

  11. Welch ein absurd, albernes Thema…

    Die Vorstellung jemand wisse, wie die Menschheit sich zu verhalten und zu entwickeln habe, und dieser jemand könne uns auch sagen wie wir das gefälligst zu machen haben…

    Gehen sie zu den Grünen, die sind die Fachleute für „wie etwas sein sollte“, und lehnen alles „wie es ist“ ab.

    1. Es gibt viele Untersuchungen und Erkenntnisse über artge –
      rechte Haltung von Hühnern zB. u.a. Tieren. Man weiß, was
      Krokodile fressen, was sie brauchen, welche Umgebung, usw. usw. Ausgerechnet beim
      Homo sapiens ist das anders ?

      1. Ja, es ist anders! Weil für Menschen, zumindest NORMALE Menschen, zugegebenermassen eine Minderheit unter diesen, FREIHEIT eine ziemlich Bedeutung hat.

        Wenn sie die üblichen Massenmenschen, wie zB den Urnenpöbel meinem, dann haben sie natürlich recht. Nur… das ist halt dann genau das was wir ja schon haben. Wenn sie das, inkl der derzeitigen Regierung toll finden… bitte, auch sie dürfen selbstverständlich so leben wie sie wollen.

        Manch anderen ist das halt nicht genug, bzw denen erscheint es ein Fravel an der Schöpfung, auch wie einer der Massen Zombies zu leben, deren einzig verbliebens Hobby es ist, anderen vorschreiben zu wollen, wie diese gefälligst zu leben hätten. Also genauso wie sie selber.
        Ihre Beispiele von Hühnern und Krokodilen trifft das übrigens recht gut.

  12. Wie meist bei solchen Themen und solchen Experten eine wilde Mischung aus interessanten Ideen, Wahrheiten und völligem Blödsinn.
    Trotzdem interessant und anregend zu lesen. Wichtige Aspekte der realen Welt wurden zwar nicht erwähnt (Populationsgröße, sexuell bedingte Verhaltensweisen,…) aber egal, zum nachdenken anregend allemal.

  13. Warum wird das „un“ im Falle des Menschen systematisch vergessen und vor allem in den Industriegesellschaften strikt vom Gegenteil ausgegangen: Dass der technische Fortschritt artgerecht ist, weil er uns die Erde verfügbar macht? Solange nicht über das ganze Bündel von falschen Theorien – vom Liberalismus über den Darwinismus bis zum Marxismus – diskutiert wird, die das Denken von 99 % der Menschen hier beherrschen, wird es keine Einsicht geben! Da kann der Frühling noch viel stummer, die Hitze noch unerträglicher und der Krieg noch viel unerbittlicher werden, ehe der Mensch ein Einsehen haben wird, dass er Teil der Natur ist und nicht die Krone der Schöpfung, nicht der Erfinder ohne Grenzen und nicht das freie Subjekt jenseits aller Naturnotwendigkeiten.

  14. Angesichts der Jahrmillionen, die die Entwicklung des Lebendigen bis zum gegenwärtigen Stand gebraucht hat, halte ich es für stark übertrieben, ausgerechnet die menschliche Art, nach Schätzungen der Wissenschaft gerade mal ca. 300.000 Jahre alt, für die überlegene zu halten. Selbst Menschen, die sich auf einen göttlichen Auftrag beziehen, sich die Erde untertan zu machen, haben da manchmal gelinde Zweifel, ob der Auftrag richtig verstanden wurde.
    Was der „Art“ das Leben schwer macht, ist die chronische Selbstüberschätzung, die spätestens mit den monotheistischen Religionen einsetzte. Die menschliche Wissenschaft, ist weit davon entfernt, umfassend über die Zusammensetzung der Erde im Balkonkasten Bescheid zu wissen. In Sachen Funktionsweise der individuellen Körper ist sie nur sehr beschränkt aussagefähig.
    Die Menschheit BEGINNT gerade, den Raum und die Lebewesen in den Tiefen der Ozeane, im Bereich des Vulkane und der obersten Schichten der Atmosphäre punktuell zu erforschen. Sie kann sich bis jetzt mit der bemannten Raumfahrt im EIGENEN Planetensystem noch nicht zuverlässig und sicher bewegen. Wissenschaften und ihre Vertreter behaupten trotzdem über zukünftige Entwicklungen Bescheid zu wissen und diese maßgeblich gestalten zu können. Das halte ich für ein artgemäß leicht übetriebenes Selbstbewusstsein, dem man vielleicht Einhalt gebieten sollte. Wissenschaftlich!
    Welcher Weg der Wissenschaft begleitete die Entwicklung einer sich aus Afrika heraus invasiv entfaltenden Art? Quasi von einem selbstbewusst aufrecht gehenden behaarten, dunkelhäutigen Wesen, mit wulstigen Lippen und einem gerundetem Gesäß (so werden sie gerne dargestellt) zu einem „fitten“, hierzulande zumeist hellhäutigen Hungerhaken, der seine Körperoberfläche durch chemische oder mechanische Techniken windschlüpfrig hält… . Ob es „Sinn“ machte, diese Entwicklung zu betreiben, werden unsere Nachfahren – möglicherweise – beurteilen können.
    Ich glaube das eher nicht. Man kann zwar gegenwärtig jedes menschliche Individuum als solches an Hand einiger Übereinstimmungen in den DNA-Sequenzen erkennen, so man deren Spuren irgendwo entdeckt. Über Abschnitte der Doppelhelix und deren besondere Funktionsweisen wissen wir, außer bei manchen Erbkrankheiten, zufälligen Entwicklungsbeeinträchtigungen oder Erkrankungen, so gut wie nichts. Die zellulare Reaktion auf Bakterien, Viren, Gifte ist weigehend unbekannt. Wenn überhaupt, so liegt deren zielgerichtete Manipulation im „Interesse der Art“ in weiter Ferne. Zum Glück, meine ich.

    1. Es geht um den Chauvinismus der Menschen, ihre maßlose Selbstüberschätzung und Gier nach Haben, Kontrolle und materielle Sicherheit bis zum Geht nicht mehr, und nicht nur um die christliche Theorie der Ebenbildlichkeit Gottes und des Untertanmachens der Erde, die ja nach der Aufklärung von ähnlich anthropozentrischen wissenschaftlichen Theorien abgelöst wurde, an die heute fast alle Menchen glauben und daher nicht bereit sind, Abstriche bei ihren maßlosen Bedürfnissen (das sind keine Grundbedürfnisse) zugunsten der Natur und auch zugunsten der Grundbedürfnisse anderer Menschen zu machen.
      Warum wird in den Kommentaren hier nicht darüber geredet?

      1. Weil es Unsinn ist?

        Und: Sie sehen da draussen tatsächlich „Menschen“ die was mit dem am Hut haben, was „Aufklärung“ bedeutet?

        1. Ihre nietzscheanisch-zynische Arroganz insistiert auf einem Recht auf Freiheit der selbsternannten Klugscheisser, die in Wahrheit tausend Lügen benötigen, um eine Nutzung menschlicher Intelligenz und Vernunft für eine ihr gemäße Menschlichkeit zu verhindern. Oder gibt es bei Nietzsche irgendein tatsachenbasiertes Argument, das sein Übermenschengehabe wirklich rechtfertigt?

          1. Nein. das gibt es nicht, auch nicht bei Nietzsche. Braucht man auch nicht wenn man nicht wegen Syphilis dem Wahnsinn verfällt. Aber da es sowas nirgendwo gibt und geben wird, macht das nicht das Geringste, uns so bleibt nur die Frage die zB Nietzsche auch gestellt hat, nämlich wie man sein Leben leben sollte, damit man nicht am Ende feststellen muss man habe es verschwendet. Nietzsche hat sehr schön beschrieben wie man das macht. Aber da es nicht allzu viele gibt die eine wahre Antwort auf diese Frage sehen wollen, wird sein Rat nahezu universell ignoriert…
            „Meine“ nietzscheanisch-zynische Arroganz beruht auf dem Vertrauen in die eigene Urteilskraft, den Wert der Spontaneität und dem Willen für die Konsequenzen der eigenen Entscheidungen auch die Verantwortung zu nehmen.

            Etwas das ihrer Welt wohl fern liegt, da sie sogar an eine „ihr gemäße Menschlichkeit“ glauben. Oder haben sie gegen Nihilismus etwa auch ein Argument?

            1. Daher war Foucault, der Nietzsche-Adept, vom Vorzug der Unmittelbarkeit und Sinnlichkeit der körperlichen Folter gegenüber der staatsgewaltlichen Vermitteltheit des Strafvollzugs in modernen Gesellschaften ebenso überzeugt wie von der Iranischen Revolution der Mullas, weil beides die „eigene Urteilskraft, den Wert der Spontanität und dem Willen, für die Konsequenzen der eigenen Entscheidungen auch die Verantwortung zu (sollte vermutllich heißen: über-)nehmen“, dem Mensch- und Subjekt-Sein mehr entspricht und wohl tut, als ein auf Wissen, Einsicht, gegenseitigem Respekt und Empathie basierendes Zusammenleben und Auskommen mit der Natur und allen anderen Menschen?
              Wo wir mit dem Beharren auf einer narzistisch überhöhten eigenen Urteilskraft, Spontanität und Bereitschaft zur Verantwortungsübernahme für die Konsequenzen eigener Entscheidungen, die nicht durch die tatsachenbezogene und -basierte Rücksicht auf das genauso lebenswerte Leben anderer, also durch gemeinschaftliche Vernunft und Voraussicht vermittelt sind, sehen wir derzeit überdeutlich auf allen Kriegsschauplätzen der Welt, einschließlich der digitalen Zerstörung des Subjekts und des galoppierenden Kahlschlags in der Biosphäre.

              1. Sie sind ja witzig… Ich soll mir allen Ernstes den Kopf über Leute zerbrechen, die zu dumm oder zu bequem sind, oder dabei finanzielle Verluste fürchten, ihre Koffer zu packen, wenn die grosse Mehrheit der Verrückten in ihrer Nähe meint unbedingt einen Krieg führen zu müssen?

                Und falls sie tatsächlich annehmen, dass Foucault sich über das, was letztlich zu Khomeinis Machtübernahme geführt hat, nicht im Klaren war, sind sie ein noch grösserer Komiker als ich annahm.
                Wer hat denn mehr gefoltert, der Schah, aus Machtgeilheit und Habgier, oder der religiös verblödete Ayatollah?

                Angesichts solcher Weisheiten wie der ihren, ziehe ich es halt vor im Kriegsfall von meinem jetzigen Strand an einen anderen zu ziehen. Sie glauben gar nicht wieviel wunderschöne Strände es gibt.

          2. @ EvodurchKoop
            Der folgende Text nähert sich der Länge eines Artikels. Ich hoffe, das wird mir verziehen.
            „Warum wird in den Kommentaren hier nicht darüber geredet?“
            Vielleicht weil das Tier `Mensch´ in seiner Wirklichkeit nicht einmal annähernd so selbstreflexiv ist, wie manche (Sie) glauben, eher vielleicht hoffen. Der Mensch sieht sich gerne als `Sonderfall´. Ist er das?
            Über Bedürfnisse und Verhalten bestimmen menschliche Individuen unter Betrachtung persönlicher, individueller Besonderheiten wie Familiensituation, Wohngegend, Einkommen… . Auch Sie. Doch nicht die „menschliche Art“ und erst recht nicht eine gemeinsame menschliche Moral. Andere Arten und ihre Exemplare machen es nicht anders. Es ist eine weit verbreitete menschliche Eigenart, manche nennen sie Hochmut, sich selbst für ein Individuum zu halten und die anderen für zu vernachlässigende Exemplare.
            Ein deutschsprachig, idealistisch denkender Mensch hat nach seiner Geburt 1724 seinen Geburtsort Kaliningrad bis zu seinem Tod 1804 nicht verlassen. Wie viele idealistische Menschen kennen Sie, denen gegenwärtig die fußläufig erfahrbare Welt und ihre eigene Welt im Kopf genügt? Sind es unter umsichtigen `grünen´ Menschen mehr? Weder „uns Greta“ noch „uns Luisa“ bewegen sich ausschließlich schadstofffrei. Und erst Recht nicht, die vielen naturliebenden Mitmenschen, die in den Wäldern um meinen Wohnort leider nicht nur ihre Exkremente hinterlassen sondern auch die Taschentücher, die sie verwenden um sich zu säubern und ihre bösen Hinterlassenschaften zuzudecken. Manchmal lassen sie auch ihre lieben „besten Freunde“ jagen, weil denen das so gut gefällt.
            Alle Arten könnten wir als „invasiv“ bezeichnen, denn alle Arten, die wir kennen vermehren sich bei günstigen Bedingungen und werden bei ungünstigen weniger. Für manche von ihnen engagieren sich NABU, Vogelschützer, … und andere. Gab es nicht einmal einen Schreiberling, der sich vorstellte, dass die zukünftige Erde von Ameisen beherrscht sein würde, weil die überall in großer Zahl zu finden sind?
            ALLE Arten LEIDEN unter Veränderungen ihrer Umwelt , denen sie sich nicht anpassen können. Porzelliner wurden taub; Arbeiter, die mit Sprühasbest umgingen lungenkrank und so mancher auf Herren spezialisierte Friseur bekommt die gleichen allergischen Ausschläge wie seine Kolleginnen, weil sich der moderne Mann die Haare färben, bleichen, festigen… lässt, wie früher nur die Frauen.
            Manche Menschen sterben an solchen Einflüssen genauso wie vereinzelte Exemplare irgendwelcher nicht heimischer Arten: Der Wind trägt sie in eine unwirtliche Gegend, ein Paket verbringt sie in ferne Weltteile. Sie gehen ein, oder werden „invasiv“. So ist das mit dem Lebendigen. Manche dieser Lebewesen haben Glück, werden von einem Menschen gefangen, bringen der Zoohandlung Geld und hoffen auf ein artgerechtes Leben im Wohnzimmerkäfig oder im Zoo.
            Warum sollte ausgerechnet die Erde mit ihren Bewohnern jeglicher Art – und dazu gehören auch Menschen – unveränderlich sein? Wer weiß denn – zuverlässig und umfassend – was über Millionen von Jahren auf diesem Planeten entstanden ist, nach welcher Zeitspanne wieder verschwand und warum?
            Es gibt nach meiner unmaßgeblichen Beobachtung tatsächlich nur eine Art, die glaubt, überzeugt ist, mit einem umfassend überlegenen Verstand versehen zu sein. Manche sagen auch `gesegnet´. Irgendwie putzig, so ein Selbstbewusstsein! Ein Psychologe könnte und dürfte es als übertrieben bezeichnen. Aber nur ein Psychologe! Die ganz besonders entwickelten Exemplare der menschlichen Art meinen, sie könnten der Natur schaden oder nützen und seien befähigt über die möglichen Zukünfte der Lebewesen auf der Erde zu entscheiden. Ist das keine Selbstüberschätzung?
            Was wird passieren, wenn die Menschen mehr werden, die – strotzend vor Bescheidenheit – zuhause bleiben und von dem leben, was auf ihrem Balkon wächst oder – den Bollerwagen ziehend – zu Fuß aus dem Umland ihr Getreide holen? SIE wissen es genauso wenig wie ich. Werden dann mehr Menschen verhungern und weniger Ratten überleben oder umgekehrt. Wissen Sie´s oder hoffen sie´s? Sie pflegen insgeheim die gleiche Überlegenheits-Phantasie, wie manche Technik-Gläubige. Uns Elon z. B. Gewissheiten gibt´s aber nur für Gläubige.
            Wem hier unterstellen Sie „nietzscheanisch-zynische“ Arroganz? Sie haben keinen Adressaten genannt. außer selbsternannte „Klugscheisser, die in Wahrheit tausend Lügen benötigen, um eine Nutzung menschlicher Intelligenz und Vernunft für eine ihr gemäße Menschlichkeit zu verhindern.“ Eine wahrhaft mitmenschelnde Aussage.
            Könnte es sein, dass Sie die Jahrtausende alte Unterscheidung von Materialismus und Idealismus nicht kennen? Ihr Weltbild ist ein idealistisches. Es wird von vielen Menschen geteilt, die sich selbst und die Art, der sie angehören so überschätzen wie Sie. Idealisten nehmen an, Menschen seien etwas ganz Besonderes. Jeder Einzelne. Und schon aus diesem einzigen Grund habe er es verdient, nicht zu ertauben, keine Ausschläge zu bekommen und keinen Durchfall. Vielleicht sitzt doch oben einer auf einer Wolke und lacht sich eins. Manche hoffens. Sie hoffens anscheinend auch. Mit oder ohne das Bild vom Wolkensitzer. Ob einen das „aufgeklärter“ macht, weiß ich nicht.

  15. Es geht tatsächlich darum, dass Sie nur bereit sind eine Sorte von Tatsachen anzuerkennen, nämlich dass der Mensch mehr Tier als Mensch ist, dass er, wie K. Lorenz sagt, erst auf dem Weg zum Menschen ist. Jene Tatsachen, die beweisen, dass er mit seinem allzu tierischen, also unreflektierten und unvernünftigen Verhalten ständig die Welt zu seinen Ungunsten verändert, indem er die natürlichen Lebensgrundlagen vernichtet, interessieren Sie nicht.
    Diese bekannten Tatsachen der möglichen katastrophalen Zukünfte ignorieren Sie, wie Nitzsche, der ebenso wie Sie am freien Willen kraft seiner inneren Bestimmung zum Höheren und überlegenen Konsumenten zweifelt, um sein Leben nicht durch allzuviel vergebliches Nachdenken zu „vergeuden“, wie pascal meinte. Ja ich bin Idealist auf der Grundlage materieller Tatsachen, die Sie mit ihrer einseitigen Sicht wie einen Freibrief benützen, um sich aus der besonderen, einsichts- und solidaritätsgebundenen Verantwortung des Menschen für das Leben zu verdrücken.

    1. Ich käme nie auf die Idee jemandem das Recht abzusprechen Idealist zu sein und sich auf die eigene Schulter klopfen und, wie Idealisten das schon immer getan haben, über die anderen zu beschweren. Diese Sicht ist genauso einseitig wie meine, und deshalb nicht richtiger als meine… Realismus hilft bei solchen Entscheidungen zwischen zwei so konträren Positionen.
      Zeigen sie mir Menschen die sich „einsichts- und solidaritätsgebundenen“ verantwortlich verhalten, und ich zeige ihnen doppelt so viel die, selbst wenn es denen nicht klar ist, es vorziehen so zu denken und handeln wie ich.

      Banales: Es gibt keine Macht ausserhalb des Menschen. Wir existieren eine Unendlichkeit lange NICHT, dann existieren wir für 80 Jahre, und dann wieder eine Ewigkeit nicht! Aus welchen Gründen auch immer, haben wir als Species bestimmte Fähigkeiten entwickelt, die uns erlauben auf diesem Planeten mehr als nur zu überleben. Wir können eine Zauberg schrieben und einen Tristan komponieren…. und geniessen!
      DIES ist das einzige Paradies in dem wir je leben werden! Sie können arbeiten oder Familien gründen, sie dürfen sogar ihre Vorstellung von „einsichts- und solidaritätsgebundenen Verantwortung“ verwirklichen, falls sie tatsächlich so blind sind, zu glauben, dies sei möglich oder gar sinnvoll. Sie dürfen, wie gesagt, ihr Leben an alles verschwenden was ihnen einleuchtet. Wenn es geht, sollte man vermeiden Politiker zu werden um das herrschende Elend nicht auch noch zu vermehren!

      Sie können aber auch ihr Leben als ein Geschenk betrachten. Sie haben einige Zeit um damit auf dieser wunderbaren Welt zu leben und zu tun was sie möchten. Sie wählen das eine, weil sie vergessen ws Nietzsche zur Moral gesagt hat, und ich lache darüber, weil sie meinen dort feste Grundlage für Sinn zu suchen, und zu finden.
      Ich ziehe es halt vor das Leben zu geniessen und habe beim Sterben nichts zu bereuen… Sie wissen ja sicher, dass man beim Strerben nicht das bereut, was man getan hat, sondern immer nur das was man nicht getan hat?

      1. „Das Leben als ein Geschenk betrachten“ hört sich bescheiden und daher vornehm an, ist aber daran gebunden, dass es einem nach der Geburt nicht gleich wieder genommen wird und später dann, wenn man selber geben kann, nicht auf Kosten anderer gelebt wird. So wie in Nietzsches Zaratustra der „Übermensch“ zu Lasten des „Sklavenmenschen“, der das Gemeinschaftliche nur zur Befriedigung seiner niederen Bedürfnisse benützen würde und daher zu vernichten sei, weil er den Adel unter den Menschen am Aufstieg zu Höherem behindert.
        Kurz gesagt: Ihre nihilistische Position, die auf den Verlust der christlichen Lebensverneinung mit schamlosen hedonistischen Größenphantasien antwortet, ist grausam wie jeder Krieg, den sie in Gestalt des grenzenlosen Egoismus in die Gesellschaften und zwischen die Völker bringt. Und, weil der rationale Mensch dies, besser als jedes Tier, erkennen kann, richtet ihr Nihilismus sich gegen alles, wodurch der Mensch als Menschheit ein glücklicheres weil sinnerfülltes Leben führen könnte: Gegen objektive Tatsachen, gegen Wissenschaft als deren Aufklärungswerkzeug, gegen Solidarität, Gemeinschaftlichkeit, also gegen das Leben anderer und damit letztlich gegen das Leben selbst. An deren Stelle treten Ignoranz, Verlogenheit, Zynismus, wie wir ihn heute in den höchsten Kreisen der Nietzscheanhänger, bei den Propagandisten des Great Reset und des Transhumanismus finden.
        Noch eine Anmerkung zum „Dualismus“ Idealismus – Materialismus:
        Idealismus und Materialismus erscheinen nur dann als unversöhnliche Gegensätze, wenn man ihre Verbundenheit in der Spirale einer Entwicklung kappt, worin sie sich wechselseitig befördern und dem Menschen Expansion durch physische und mentale Ausdehnung ermöglichen.
        Daher ist jeder Mensch bei der Entfaltung seiner Existenz Materialist und Idealist zugleich, so wie auch die Gesellschaften immer beides zugleich sind: Einerseits bestimmt durch die materielle Basis ihrer Produktion und Produktionsweise, andererseits durch das Wissen, Können und die Weltanschauungen, die unter bestimmten Umständen entstehen und einen neuen Zugriff auf die Wirklichkeit ermöglichen, also als Ideen handgreiflich werden.
        Die Annahme von Karl Marx, wonach „das Sein das Bewußtsein bestimmt“ war daher nicht mehr als eine Halbwahrheit, die, wenn sie ganz zutreffend gewesen wäre, seine eigene Reflexion über die Gesellschaft gar nicht ermöglicht hätte. Sein und Bewußtsein, materielle Tatsache und Idee, sind wechselseitig sich befruchtende Momente des Lebensprozesses, wobei die Idee oder auch das Bewußtsein viel mehr ist als eine Vorstellung des Künftigen, wie Marx beim Vergleich des Baumeisters mit der Biene annimmt: Die Idee repräsentiert in Wirklichkeit konkrete praktische Möglichkeiten zur Veränderung des Seins, also mehr oder weniger gesicherte Erkenntnisse, deren Anwendung eine Veränderung des Seins in die eine oder andere Richtung ermöglichen. Das ist viel mehr als nur einen Plan praktisch umsetzen. Erkenntnis betrifft die Möglichkeit und Machbarkeit des Plans an sich, also folglich die Gestaltung des Seins als Realisation verschiedener erkannter Möglichkeiten.
        Diesen Status der Idee als Erkenntnis verschiedener Möglichkeiten und dadurch Wegbereiter der Seinsveränderung und, in dieser objektiven Form, als Repräsentant von Wissenschaft und Wahrheit, greift der Spruch von der Bestimmung des Bewußtseins durch das Sein an: Nach Marx sollte es nur eine sich zwangsläufig einstellende Möglichkeit der Entwicklung geben, wo mehrere Möglichkeiten angelegt waren und es auf die Überzeugungskraft der Ideen ankam, welche Möglichkeit zum Zuge kommen konnte: die sozialistische Gleichverteilung des Überschusses infolge Revolution oder ein Fortschritt durch Profit- und Konsumsteigerung.
        Jedoch ist die Überzeugungskraft der sich bietenden Möglichkeiten abhängig von ihren jeweiligen Folgen. Folgen, die also, wie die Möglichkeit selbst, Bestandteil der Idee bzw. Erkenntnis sind bzw. sein müssen, wenn Möglichkeiten realistisch erwogen werden.
        Die Engführung der materialstischen Auffassung, die die Idee als Moment der Veränderung auf Vorstellung reduziert, ist nur möglich durch die Ausklammerung aller Erwägungen, die mittelbaren und längerfristigen Folgen der Realisation der verschiedenen Möglichkeiten betreffend.
        Die Behauptung eines unversöhnlichen Dualismus zwischen entweder Materialismus oder Idealismus basiert also auf der Verdrängung der Macht der Ideen als Erkenntnis verschiedener Handlungsmöglichkeiten mit je unterschiedlichen Folgen und somit Wegbereiter bestimmter Entwicklungen: Wenn es also nach Marx, Nietzsche und Brecht heißt: Zuerst kommt das Fressen, dann die Moral, dann ist dies fundamental verlogen, weil das, was man in Art und Umfang zum Fressen hat, längst vorher, gerade aufgrund einer bestimmten Moral – im Umgang mit anderen Völkern, Menschen und der Natur – beschafft wurde. Wenn also, wie Marx sagt, der Mensch sich nur Aufgaben stellt, deren Lösungsmittel in den gegebenen Umständen bereits vorhanden sind, dann spielt dabei die Erkenntnis der Möglichkeiten samt Folgen, also das Ideelle, einschließlich Moral, eine zentrale Rolle.
        Und das negieren jene, die meinen sich als Materialisten geben zu müssen, um als Realisten gelten zu können. In Wirklichkeit sind sie knallharte Idealisten des schönen guten Lebens mit abgrundtiefer Wolfsmoral.

  16. Wenn ich das Interview in einem Satz zusammenfassen müsste: als Tiger gestartet und als Bettvorleger gelandet. Schon Theodosius Dobzhansky stellte fest „Nichts in der Biologie macht Sinn außer im Licht der Evolution“. Nur dann doch wieder die ollen Kamellen der üblichen Verdächtigen (Bewegungsmangel, falsche Ernährung) auszupacken und die Erkenntnisse der Gehirnentwicklung bestenfalls am Rande zu streifen, wir der Problematik nicht gerecht. Einsamkeit und frühkindliche Traumatisierung sind weit mehr für alle Zivilisationskrankheiten für den Menschen als hochsozialem Säugetier verantwortlich als alles andere. Wer diese Natur des Menschen missachtet, der kann sich noch so gesund ernähren und Sport treiben bis zum umfallen, er wird sich nicht retten. Von einer Martina Navratilova kann man nun nicht behaupten sie hätte zu wenig Bewegung und schlechte Ernährung (Vegetarierin) und hat jetzt schon die zweite Krebserkrankung überstanden. Dagegen ein Helmut Schmidt, Kriegsteilnehmer, Spitzenpolitiker, eine Qualmsocke ohne Ende und knapp 100 geworden. Solche krassen Fälle sind kein Zufall und solten zu denken geben: //Japanische Erkenntnis: Die Seele eines Dreijährigen bleibt ihm 100 Jahre//
    Und alle Bewegung nützt nichts bzw. gewinnt der innere Schweinehund, wenn man damit keine (aus Sicht der Psyche) sinnhafte Tätigkeit verbindet z.B. im Garten Essbaren anbauen oder kreativ Probleme lösen. Sonst schreit das Gehirn „Was soll die Rennerei? Das bringt dich doch nicht weiter. Lass den $©ħ€ı$$!“

    1. Im Prinzip ja. Es sind aber tiefer betrachtet nur die Formen in denen sich menschliche Dummheit manifestiert.
      Diese beruht wiederum auf der schon erörterten Diskrepanz zwischen technischer Weiterentwicklung und Stagnation der geistig kulturellen Entwicklung auf Steinzeitniveau. Nicht nur, aber doch wesentlich. Tendenzen der geistig kulturellen Höherentwicklung haben keinen EInfluß auf den Mainstream,, bleiben in Nischen hängen.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert