»Der DFB sieht es nicht gerne, wenn ein Spieler eine Meinung hat«

Fußballtor
XoMEoX, CC BY 4.0, via Wikimedia Commons

 

Sportler erlauben sich selten eine regierungs- und gesellschaftskritische Meinung. Der ehemalige Nationalspieler Thomas Berthold ist das Gegenteil sportsmännischen Duckmäusertums.

Roberto De Lapuente im Interview mit Thomas Berthold.

 

De Lapuente: Herr Berthold, Sie sind eine der wenigen Persönlichkeiten aus dem Sport, die kritisch mit Politik und Medien umgehen. Woran liegt es, dass sich Sportler heute kaum noch etwas trauen – außer vielleicht eine wilde Frisur?

Berthold: Selbstbestimmte Fußballer gibt es sehr selten. Das liegt unter anderem daran, dass die exponierten Fußballer Einzelunternehmer sind. Es gibt Berater, Medien und PR-Konsulenten, Social-Media-Vermarkter etc.: Das heißt also, das Erscheinungsbild nach außen, die Vermarktung des Namens, spielt eine große Rolle. Da geht es um sehr viel Geld. Ich habe dafür Verständnis, dass sich Fußballer von kritischen Themen fernhalten. Hätte ich in diesem Alter auch getan. Wenn man ehrlich ist, leben die privilegierten Fußballer in einer Blase, die mit den Problemen der realen Welt nichts zu tun hat. Ich persönlich gehe zum Beispiel auch davon aus, dass die meisten Spieler in den höchsten Spielklassen Europas nicht geimpft sind. Nach außen erklären sie es aber nicht. Der Körper ist Ihr Kapital – und solche Risiken nimmt in der Regel keiner in Kauf.

»Der DFB könnte mal was Gutes tun«

De Lapuente: Sie sagen, als junger Spieler hätten Sie sich auch nicht exponiert. Nun tun Sie es. Tun Sie das nur, weil Sie nicht mehr ganz so jung sind?

Berthold: In meinem Fall musste ich in die Öffentlichkeit treten, da mein Verständnis für Freiheit und Selbstbestimmtheit in einer Demokratie nicht mehr gewährleistet war. Als ehemaliger Hochleistungssportler weiß ich nun mal, dass ein gesunder Körper mit einem funktionierenden Immunsystem stark genug ist, um einen Virus zu bekämpfen. Allerdings hat sich herausgestellt, dass die Impfung vielfach Schaden anrichtetete – und die Tatsache, dass sogar Kinder und Jugendliche geimpft wurden, lässt mich schon fragen, was dahintersteckt. Ich kann mich auch nicht daran erinnern, dass so viele junge Sportler gestorben sind. Ist das Zufall? Die Tatsache, dass es so gut wie keinen wissenschaftlichen Diskurs gab, sondern stattdessen eine Verfolgung von Wissenschaftlern, die nachgewiesen haben, was für Risiken und Gefahren mit der Impfung verbunden sind, lässt viele Fragen offen. Solange es keine unabhängige Aufarbeitung der Coronazeit gibt, bleibt dies alles ein sehr dunkles Kapitel.

De Lapuente: Sie hatten während der Corona-Jahre immer wieder Kritik an der veröffentlichten Meinung geübt. Auch im Zuge des Ukrainekrieges fanden Sie deutliche Worte. Sollten Sportler sich mehr trauen – oder plädieren Sie eher für den alten DFB-Kurs, die Politik aus dem Sport herauszuhalten?

Berthold: Sportler haben eine große Reichweite, der Tennisspieler Novak Djokovic hat sich positioniert und dafür viel Kritik eingesteckt; einzelne Sportler wie der Basketballer Joshiko Saibou wurden fristlos gekündigt. Das ist ein Armutszeugnis für unsere Gesellschaft. Vereine und Verbände wie der DFB sehen es grundsätzlich nicht gerne, wenn ein Spieler eine Meinung hat und die nach außen trägt, ganz besonders wenn es politische Themen betrifft. Es gibt aber auch Beispiele wie den ehemaligen Fußballer Didier Drogba, er hat während des Rebellenkrieges in der Elfenbeinküste dafür gesorgt, dass ein Spiel der Nationalmannschaft in die Rebellenregion verlegt wurde, nach einem halben Jahr wurde der Friedensvertrag unterschrieben. So etwas würde ich mir für die Kriege zwischen der Ukraine und Russland und zwischen Israel und Palästina auch wünschen. Da könnte die UEFA mal was Gutes tun.

»Gesunde Menschen sind kein Geschäftsmodell«

De Lapuente: Sie sind unzufrieden mit der Berichterstattung zu den Kriegsschauplätzen?

Berthold: Was die Kriege betrifft, komme ich auf das gleiche Ergebnis wie bei Corona. Kriege werden vorbereitet und geplant, die NATO-Erweiterung im Osten hat dazu geführt, dass dieser Konflikt zwischen der Ukraine und Russland entstanden ist. Der Militäretat der USA liegt bei 900 Milliarden Dollar, der Etat Russlands bei 70 Milliarden Dollar. Schauen Sie sich die Rüstungskonzerne an, die sitzen mehr oder wenig in den USA. Krieg bedeutet business, nach dem Zerstören wird wieder aufgebaut, das ist das nächste business und immer wieder sind die gleichen player im Geschäft. Verluste in der Zivilbevölkerung und tote Soldaten werden in Kauf genommen, in der Ära von Bush, Clinton und Obama, sind 15 Millionen Menschen gestorben. Frieden und gesunde Menschen sind kein Geschäftsmodell. Die Medien spielen leider brav mit – und die Menschen werden durch die einseitige Berichterstattung gespalten.

De Lapuente: Was glauben Sie, wird den Rezipienten denn medial vorenthalten?

Berthold: Wenn man die Aussagen der US-Politiker nach dem Zweiten Weltkrieg recherchiert, geht es immer nur in eine Richtung, keep the germans down and away from the russians. Der deutsche Finanzminister stellt zwei Prozent des BIP, das sind soweit ich informiert bin 73 Milliarden Euro, für den NATO-Topf zur Verfügung. Deutschland verkauft Waffen an die Ukraine und ist als amerikanischer Erfüllungsgehilfe besonders eifrig. Als ob die Politiker aus der Geschichte nichts gelernt hätten. Da Deutschland kaum noch Wirtschaftswachstum hat und ganz Europa an der Industrielokomotive Deutschland hängt, werden die negativen wirtschaftlichen Auswirkungen ganz Europa treffen. Ohne kostengünstige Energie ist Deutschland nicht mehr wettbewerbsfähig. Die aktuelle Regierung soll dem Volk erklären, wie das Geschäftsmodell Deutschlands in Zukunft aussehen soll. Made in Germany ist schon längst Vergangenheit. Geld fehlt an allen Ecken und die Verarmung steigt in Deutschland rapide an. Deutschland hat die höchsten Energiekosten und Steuern, die Menschen werden permanent be- statt entlastet. Die Zeche zahlt wieder einmal der Bürger. Und Politiker genießen anscheinend Narrenfreiheit, siehe den Cum-Ex-Skandal und Herrn Scholz Umgang damit.

»Die Kraft für Veränderungen ist so groß, wenn man unten ist«

De Lapuente: Als Spieler hatten Sie eine schwierige Zeit beim FC Bayern. Sie kamen als Nationalspieler nach München und saßen oft auf der Tribüne. Die Medien berichteten gerne vom »Edelreservisten«. Hat Sie diese Zeit denn sensibilisiert für die oft unangemessene Berichterstattung der Medien?

Berthold: Meine Zeit in München war für mich persönlich die größte sportliche Enttäuschung, ich habe nicht annähernd die Erwartungen erfüllt bzw. mein Leistungspotential erreicht. Das hat sehr an mir genagt, daher hat es mich sehr gefreut, dass ich nach meinem Wechsel nach Stuttgart in der Saison 93/94 von meinen Kollegen zum Spieler der Saison gewählt wurde. Ich konnte mir auch nie erklären, warum ich so oft verletzt war und dadurch nie körperlich in eine Top-Verfassung kam. Ich war in dem ersten Jahr so oft verletzt wie in meiner gesamten Karriere. Eine unangemessene Berichterstattung kommt dann zustande, wenn der Verein sich nicht vor seinen Spieler stellt. Der FC Bayern musste ablösefrei einen Weltmeister abgeben, das ist sicher kein Geschäftsmodell. Ich habe aus dieser Erfahrung viel mitgenommen für meine weitere Karriere. Negative Erlebnisse stärken einen Sportler viel mehr als positive. Die Kraft und Motivation für Veränderungen ist so groß, wenn man unten ist.

 

Thomas Berthold hat von 1982 bis 2000 für Frankfurt, Stuttgart und den FC Bayern 332 Bundesliga-Spiele bestritten. Er war Nationalspieler und Weltmeister 1990. Außerdem spielte er in der italienischen Serie A.

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17 Kommentare

  1. Eine kleine Anmerkung zum sich fortlaufend drehendem Rad der Geschichte. Die Bezeichnung Made in Germany mußte auf Geheiß der damals (18./19. Jahrhundert) führenden Industriemacht Großbritannien auf die damals vermeintlich schlechteren deutschen Produkte und Plagiate aufgebracht werden, um sie von den britischen Qualitätserzeugnissen zu unterscheiden. Ein Großteil der deutschen, auch geistigen, Entwicklungen wurde ursprünglich, nennen wir es mal Wirtschafts- und Industriespionage, von England adaptiert. Mittlerweile darf sich das Made in Germany in Teilen wieder in seiner ursprünglichen Bedeutung suhlen. 😂😂😂

    1. Genau! Welcher vernünftige Mensch will schon elfmal hintereinander deutscher Meister werden! Oder gar, wie es Beckenbauer so schön ausgedrückt hat, mit 10 anderen, die alle einen Ball stoppen können, in einer Mannschaft spielen….
      Immer wieder lustig, all die Bayern-Neider.

      1. Na ja, es gibt ja auch den Carlo Ancelotti. Nachdem er schnöde geschasst wurde vom Vorzeigemeister Deutschlands -er hatte die “Weltmeister” Müller, Boateng und Hummels in einem Championslaegue-Spiel auf die Bank gesetzt- gewann er doch diese Championsleague für Real Madrid mehrmals hintereinander, mit der Hilfe von Toni Kroos, den die Bayern nicht halten wollten. Und Louis van Gaal war auch ein höchst respektierter Trainer, der nur dem eitlen Steuerhinterzieher Hoeness nicht passte. Der Fisch stinkt immer vom Kopf zuerst.

  2. Halleluja, der putinextremverstehende coronahardcoreleugnende radikalfundamentalistische Massenvernichtungsverschwörungsterrorist Thomas Berthold muss nach Assangemaßstab jetzt mindestens für zehn Jahre an das Brandenburger Tor genagelt werden.

  3. Der Berthold war schon immer ne coole Socke, auch in seiner aktiven Zeit, als er sich noch nicht politisch geäußert hat. Kann mich noch an ein Interview in seiner Eintracht-Zeit nach einem Spiel erinnern. Der Reporter stellt ihm eine etwa eine Minute lange Frage und er antwortet mit “Ja”.
    Daraufhin stellt der Reporter nochmal eine ähnlich lange Frage und er antwortet mit “Ja, und?”
    Selten war Fußballberichterstattung lustiger.
    Als er bei Bayern auf der Tribüne saß, war die Rede vom bestbezahlten Golfer Deutschlands.
    Ich dachte mir, finde ich gut, selbst dran Schuld, die Bayern und ihm geht es wahrscheinlich am Arxxx vorbei. Da habe ich mich aber wohl getäuscht.

    1. Ja, ein ganz schlimmer sogar. Was lese ich im Wiki?
      ” Im August 2020 bekannte Berthold sich in einem Video zu zwei Kernthesen der „Reichsbürger“: Deutschland habe keinen Friedensvertrag und sei kein souveräner Staat.”
      Nein aber auch! Selbstverständlich hat Deutschland einen Friedensvertrag und ist in allen Fragen souverän.
      Äh, oder….?

      1. Naja, also da hat der Forist schon recht!
        Sollte er im Jahre 2024 solche Wahrheiten wiederholen, macht er sich strafbar!

        So ist sie nun mal die Logik für grün angehauchte Menschen….

  4. Man sollte schon berücksichtigen, dass ein 18 oder 20 Jähriger, dem man mit einem Millionenvertrag winkt, sich zunächst mal nicht sonderlich für die Probleme interessieren wird, die uns hier beschäftigen… So ein Vorwurf ist heuchlerisch .
    Ich glaube es war Upton Sinclair, der sinngemäss gesagt hat: “Es ist sehr schwer etwas zu verstehen, wenn das eigene Gehalt davon abhängt, dass man es nicht versteht!” Gilt natürlich heute in erster für alle Journalisten und Politiker.
    Bei Fussballern hat man ja am Beispiel von Joshua Kimmich gesehen was passiert, wenn jemand versucht zu seinem negativen Verständnis des Impfens zu stehen. Nur kurze Zeit später erkrankte dann Alphonso Davies an der mittlerweile bekannten Herzmuskelentzündung. Nicht ein einziges Medium berichtete damals, (oder heute!) über den Zusammenhang dieser Erkrankung mit der Impfung.

    Gut für Herrn Berthold, aber auch er wird nichts ändern….

    1. Bei den heutigen Jungfussballern kommt noch dazu, daß die ja meistens schon als Jugendliche in spezielle Trainingsprogramme kommen und so in ihrer eigenen kleinen Fussballwelt aufwachsen.

  5. Einerseits vermutet Berthold, dass viele Profi-Fußballer ungeimpft sind (woher auch immer er das zu wissen glaubt), andererseits führt er an, dass so viele junge Sportler gestorben seien. Woran denn? Wegen Impfung? Dann müssten sich ja Sportler anderer Sportarten anders verhalten haben, als er es von Fußballern vermutet.

    Insgesamt vermute ich, dass auch ein Herr Berthold zutiefst in neoliberalen Denkstrukturen zuhause ist.

    1. Offen darüber reden, wer sich hat pieksenblassen und wer nicht wird wohl kaum einer. Ist doch überall so, daß da die Omerta wirkt. Im Profisport habe ich nur den Djokovic mitbekommen, weil es da so viel Wirbel gab um ihn und die Einreise nach Australien.

      1. Bei Djokovic waren es schlicht auch der westliche Chauvinismus und Rassismus, Serbe=Russe=Böse. Ich erinnere mich noch gut an die Diskussionen im Drecksspiegel, in den ich damals ab und zu noch reingeschaut habe. Asche auf mein Haupt…😁

        1. Ja, es ist ein übles Drecksblatt, aber immerhin informiert es über das, “was der Feind denkt”.
          Da es auch die Printausgabe kostenlos im Internet gibt, “lese” ich ihn jeden Samstag.
          Wer diese Informationen nämlich nicht hat, der macht sich leicht Illusionen über die Lage…

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