
Nach der Durchsuchung seiner Wohnung spricht Autor C. J. Hopkins über Einschüchterung, den Zustand des Rechtsstaats – und warum er trotz wachsender Angst nicht daran denkt, Deutschland den Rücken zu kehren.
Roberto De Lapuente im Gespräch mit C.J. Hopkins.
De Lapuente: Ihre privaten Räume wurden von Bundesbeamten durchsucht. Welchen Verdacht soll denn in Ihrem Fall im Raum stehen?
Hopkins: Die neue Ermittlung geht angeblich um die Veröffentlichung und Verbreitung meines Buches »The Rise of the New Normal Reich: Consent Factory Essays, Vol. III (2020–2021)« sowie der Werbung dafür auf meinem Blog consentfactory.org. Die Berliner Polizei durchsuchte meine Wohnung, um Beweise für die Veröffentlichung und Werbung des Buches sowie für den Betrieb meines Blogs zu finden und sie hat meine Computer beschlagnahmt. Die Tatsache, dass ich das Buch geschrieben und veröffentlicht habe und dass ich meinen Blog besitze, ist öffentlich bekannt, also es gibt überhaupt keine Rechtfertigung für den Durchsuchungsbefehl oder die Beschlagnahme meines Computers. Dies war ganz klar ein Versuch, mich einzuschüchtern und zum Schweigen zu bringen, sowie Zugang zu meinem Computer und all meinen privaten Daten zu erlangen.
»Wir fühlen uns extrem verletzt und unsicher«
De Lapuente: Wollen Sie uns kurz schildern, wie die Durchsuchung Ihrer privaten Räume vonstattenging?
Hopkins: Die drei Polizisten waren höflich und professionell. Ich empfand Mitleid und Scham für sie, weil sie den Befehl erhalten hatten, diese absurde Durchsuchung durchzuführen.
De Lapuente: Ich nehme an, Sie sind jetzt wieder in Ihrer Wohnung. Wenn Sie mir die persönliche Frage erlauben, wie fühlt sich »Ihr Platz« nun für Sie an, nachdem man mittels richterlicher Anordnung bei Ihnen eindrang?
Hopkins: Meine Frau und ich fühlen uns extrem verletzt und unsicher. Wir fürchten, die Polizei könnten jederzeit zurückkommen und an die Tür hämmern. Meine Frau reagiert besonders empfindlich auf Waffen, daher war für sie die Anwesenheit bewaffneter Polizisten in unserem Haus traumatisch. Aber genau das ist ja der Sinn der Sache: uns einzuschüchtern und zum Schweigen zu zwingen. Das Schlimmste ist, dass die Behörden deutlich gemacht haben, dass es in Deutschland keinen Rechtsstaat mehr gibt und dass sie alles tun werden, um mich einzuschüchtern und zu bestrafen. Es ist beängstigend, in einem solchen Land zu leben.
De Lapuente: Auf dem Cover Ihres Buches »The Rise of the Normal Reich« ist ein Mund-Nasen-Schutz zu sehen, auf dem sich ein Hakenkreuz abzeichnet. Dafür wurden Sie bereits verurteilt – das Gericht erklärte damals, dass aus dem Motiv keine Gegnerschaft zur NS-Ideologie hervorgehe. Herr Hopkins, ich habe Sie bislang als einen Linken wahrgenommen – hat das Gericht Ihre politische Orientierung bewusst ausgeblendet?
Hopkins: Ich möchte Folgendes abschließend klarstellen: Das Coverbild zeigt eine Covid-Maske, hinter der ein Hakenkreuz schwach erkennbar ist. Das Hakenkreuz befindet sich nicht »auf« der Maske, sondern dahinter. Das Kunstwerk ergäbe keinen Sinn, wenn es auf der Maske wäre. Das Amtsgericht und das Kammergericht haben das Bild absichtlich falsch dargestellt, und die Presse hat diese Lüge weiterverbreitet. Und ja, ich bin ein Linker alter Schule. Seit über 30 Jahren schreibe und spreche ich gegen aller Formen von Autoritarismus und Faschismus. Die deutschen Behörden wissen das. Sie benutzen Artikel 86(a) des Strafgesetzbuches einfach als Vorwand, um mich für meine Kritik an den sogenannten Covid-Maßnahmen und meinen Vergleich ihres Autoritarismus mit dem der Nazis zu bestrafen.
»Manche Prinzipien sind es wert, verteidigt zu werden«
De Lapuente: Wie immer, wenn ein Publizist einer solchen Durchsuchung ausgesetzt ist, ist auch in Ihrem Fall die öffentliche Unterstützung eher übersichtlich. Ihre Kritik der Corona-Politik, die Vergleiche zum Totalitarismus und Faschismus anstellt, ist für viele harter Tobak. Hätten Sie die Kritik konzilianter formulieren sollen?
Hopkins: Nein. Die Leute vergessen schnell, aber das Verhalten der deutschen Behörden in den Jahren 2020 bis 2023 war auch »harter Tobak«. Im Januar 2024 habe ich vor dem Amtsgericht erklärt: »Nicht jede Form des Totalitarismus ist gleich, aber sie haben gemeinsame Merkmale. Menschen zu zwingen, Symbole der Konformität mit der offiziellen Ideologie des Systems zu zeigen, ist ein Kennzeichen totalitärer Systeme. Die Ausrufung eines Ausnahmezustands und die Aufhebung verfassungsmäßiger Rechte ohne rechtfertigenden Grund ist ein Kennzeichen totalitärer Systeme. Das Verbot von Protesten gegen Regierungsbeschlüsse ist ein Kennzeichen totalitärer Systeme. Die Überschwemmung der Öffentlichkeit mit Lügen und Propaganda, die darauf abzielt, die Menschen in Angst und Schrecken zu geistlosem Gehorsam zu versetzen, ist ein Kennzeichen totalitärer Systeme. Die Segregation von Gesellschaften ist ein Kennzeichen totalitärer Systeme. Die Zensur abweichender Meinungen ist ein klassisches Kennzeichen des Totalitarismus. Menschen ihrer Arbeit zu berauben, weil sie sich weigern, sich der offiziellen Ideologie anzupassen, ist ein Kennzeichen des Totalitarismus. Das Schüren von Massenhass gegen eine Sündenbock-Klasse von Menschen ist ein Kennzeichen des Totalitarismus. Die Dämonisierung von Kritikern der offiziellen Ideologie ist ein Kennzeichen des Totalitarismus. Die Instrumentalisierung des Rechts zur Bestrafung von Dissidenten und Regierungskritikern ist ein Kennzeichen des Totalitarismus. Ich habe seit März 2020 das Aufkommen all dieser Merkmale des Totalitarismus in Gesellschaften im gesamten Westen, einschließlich, aber nicht beschränkt auf Deutschland, dokumentiert. Ich werde dies auch weiterhin tun. Ich werde meine Leser weiterhin vor dieser neuen, aufkommenden Form des Totalitarismus warnen, und versuchen, sie zu verstehen, und mich ihr zu widersetzen. Ich werde diese neue Form des Totalitarismus mit früheren Formen des Totalitarismus und insbesondere mit Nazi-Deutschland vergleichen, wann immer es angebracht ist und zu unserem Verständnis der aktuellen Ereignisse beiträgt. Das ist meine Aufgabe als politischer Satiriker und Kommentator und Autor, und meine Verantwortung als Mensch.«
De Lapuente: Sie sind US-Amerikaner. Wenn Sie Ihren Landsleuten daheim erzählen, was Ihnen hier widerfährt, wie reagiert man darauf?
Hopkins: Sie sind empört. Aber mittlerweile kennen sie den neuen Autoritarismus in Deutschland. Die ganze Welt kennt ihn. Es gibt viele Berichterstattung in den internationalen Medien. Nur die Deutschen tun so, als gäbe es ihn nicht.
De Lapuente: Tragen Sie sich mit dem Gedanken, die Bundesrepublik zu verlassen?
Hopkins: Vielleicht, wenn das alles vorbei ist. Aber nicht mitten in diesem Kampf. Manche Prinzipien sind es wert, verteidigt zu werden. Meinungsfreiheit ist eines davon. Rechtsstaatlichkeit ein anderes.
De Lapuente: Der US-Vizepräsident hat Ihr neuestes Buch empfohlen. Glauben Sie, dass die US-Administration sich für Sie einsetzen wird in dieser Causa?
Hopkins: Nein. Und das sollte sie auch nicht. Das ist ein deutsches Problem. Die Deutschen müssen es lösen. Nur wenn die deutschen Mainstreammedien darüber berichten und die Öffentlichkeit die Rückkehr von Rechtsstaatlichkeit fordert, kann dieser neue Autoritarismus in Deutschland gestoppt werden.
Mehr zum Fall des C.J. Hopkins finden Sie hier:
https://cjhopkins.substack.com/p/the-verdict
https://www.velazquez.press/p/freispruch-fur-den-us-amerikanischen
C.J. Hopkins ist ein in Deutschland lebender amerikanischer Dramatiker, Romanautor und politischer Satiriker. Zu seinen Werken zählen die Stücke Horse Country, Screwmachine/Eyecandy und The Extremists.
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Das wird auch immer so weitergehen.
Wartet´s mal ab, wenn die den Spannungsfall ausrufen, dann wird´s hier erst richtig lustisch.
Die werden uns alles nehmen, nicht nur die Freiheit!
Ist die deutsche Hausdurchsuchung in politischen Fällen inzwischen so etwas wie der feuchte Traum eines übermotivierten Staatsapparats geworden – ein pädagogischer Überraschungsbesuch in den frühen Morgenstunden, der weniger Beweise als Charakter festklopfen soll?
Man könnte fast meinen, es gehe nicht darum, ob irgendwo wirklich noch ein USB-Stick mit Weltsensationen versteckt liegt, sondern darum, dem Delinquenten – pardon: dem Bürger – freundlich, aber bestimmt mitzuteilen, wo der Hammer hängt. Schließlich braucht ein moderner Staat sichtbare Rituale seiner Autorität. Und was wirkt eindrucksvoller als das Überrennen einer Wohnung wegen eines Tweets, der schon längst im Cache des halben Internets liegt?
Und wäre es völlig abwegig zu fragen, ob diese Lust am Durchgreifen mit der deutschen Spezialität der weisungsgebundenen Staatsanwälte zusammenhängt?
Wenn ein Justizminister im Einzelfall sagen darf: „Da schauen wir jetzt mal richtig nach“, besteht dann nicht die Gefahr, dass manche Ermittlungen weniger dem Rechtsstaat dienen als dem politischen Haussegen?
Kurz gefragt:
Ist die Hausdurchsuchung noch Ermittlungsmaßnahme – oder bereits staatliches Stimmungsmanagement?
„De Lapuente: Tragen Sie sich mit dem Gedanken, die Bundesrepublik zu verlassen?
Hopkins: Vielleicht, wenn das alles vorbei ist. Aber nicht mitten in diesem Kampf. Manche Prinzipien sind es wert, verteidigt zu werden. Meinungsfreiheit ist eines davon. Rechtsstaatlichkeit ein anderes.“
Angesichts der krassen Repression gegen sie ist das wirklich eine bewunderswerte Einstellung!
„Man könnte fast meinen, es gehe nicht darum, ob irgendwo wirklich noch ein USB-Stick mit Weltsensationen versteckt liegt, sondern darum, dem Delinquenten – pardon: dem Bürger – freundlich, aber bestimmt mitzuteilen, wo der Hammer hängt. “
Wieso fast? Es ist mittlerweile derart offensichtlich, dass es eher irritiert, wenn man das verneint.
Das Bild erinnert mich an lustigere Zeiten. Empfehle Hopkins den passenden Aufkleber:
https://www.materialien-fechenbach.de/produkt/aufkleber-wir-mssen-drauen-bleiben/