»Bei uns kommen keine Experten zu Wort, die unbelegt irgendwas behaupten«

Screenshot, Hintergrund Magazin 9/10/23
Screenshot, Hintergrund Magazin 9/10/23

Das Magazin »Hintergrund« macht nun auch wieder auf Papier – nach jahrelanger Pause.

Warum die Redaktion diesen Weg beschreitet, darüber hat sich Roberto De Lapuente mit Redakteur Andreas Peter unterhalten.

 

De Lapuente: Sie sind Redakteur des Nachrichtenmagazins Hintergrund, lieber Herr Peter. Nach langer Zeit reiner Webpräsenz erscheint das Magazin jetzt auch wieder auf Papier. Wieder: Weil es schon mal ein Printmagazin gab, ist das richtig?

Peter: Richtig, in den letzten drei Jahren erschien das Magazin nur online. Davor 27 Jahre lang, mit kurzen Unterbrechungen, auch gedruckt. Pünktlich zum 30-jährigen Jubiläum gibt es uns seit Juli auch wieder als Print. Und dann geht es alle zwei Monate weiter.

De Lapuente: Was war denn der Grund für diese dreijährige Pause?

Peter: Die Corona-Maßnahmen führten 2020 auch dazu, dass die Umsätze im Bahnhofsbuchhandel zusammenbrachen. Das war aber eine tragende Säule unserer Finanzierung. Außerdem gab es einen Riss quer durch Ensemble, Redaktionen, Arbeitsgruppen … – quer durch die Gesellschaft. Davon waren leider auch unsere Autoren betroffen.

»Das Heft ist für Leute gemacht, die blättern und sich inspirieren lassen«

De Lapuente: Was ist der Unterschied zu anderen Magazinen, was ist das Besondere? Und welche Themen greift es auf?

Peter: Wir arbeiten ausdrücklich und sehr stark mit Quellenhinweisen. Bei uns kommen keine so genannten »Experten« zu Wort, die, eingebettet in eine Mainstream-Redaktion, unbelegt irgendwas behaupten. Wir arbeiten mit namhaften Autoren, prüfen die Quellen und führen Interviews mit Menschen, die eine langjährige politische Erfahrung in unterschiedlichen Bereichen mitbringen, wie etwa Oskar Lafontaine, Klaus von Dohnanyi und Günter Verheugen. Im letzten Heft haben wir den Schwerpunkt auf den Ukraine-Konflikt und die Möglichkeit eines Dritten Weltkrieges gelegt. In der aktuellen Ausgabe widmen wir uns zum Beispiel der globalen Umwälzung, den neuen Bündnissen wie BRICS und Shanghai Organisation für Zusammenarbeit. Aber auch zu Corona, Medien, Tiefsee, Arbeit, Gesellschaft und vielen anderen Themen publizieren wir fundierte Hintergrundartikel.

De Lapuente: Etwas auf Papier zu bringen: Ist das zukunftsweisend? Stellen Sie sich in gewisser Weise gegen den Zeitgeist?

Peter: Das Heft ist eine eigenständige zweite Säule unserer Berichterstattung. Es ist für Leute gemacht, die blättern, sich inspirieren lassen, auf Neues aufmerksam gemacht oder etwas auf eine Bahnfahrt mitnehmen möchten. Die es zu schätzen wissen, dass sich eine Redaktion die Mühe macht, gezielt fachkundige Autoren anzusprechen, zu recherchieren, Artikel auszuwählen und zu einem Magazin zu komponieren. Und dafür, genau wie die Autoren, auch bezahlt wird.

»Alternativmedien brauchen ein Auslandskorrespondentennetz«

De Lapuente: Limitieren Sie mit einem gedruckten Heft nicht das potenzielle Publikum?

Peter: Ich glaube, dass auch Online nicht alle Bevölkerungsteile erreicht. »Hintergrund« gibt es im Bahnhofsbuchhandel, in kleineren Kiosken, im Supermarkt und an Tankstellen.

De Lapuente: Werden Alternativmedien auch im Print vermehrt wahrgenommen?

Peter: Viele Menschen haben die Nase voll von Medien, die ihre Auslandsberichterstattung auf Meldungen von Geheimdiensten stützen, wo sich die Redaktion irgendwelche Einschätzungen aus den Fingern saugt und die dann in Form eines Berichts veröffentlicht, wo Meinung als faktenbasierte Berichterstattung verkauft wird. Ich hoffe, dass wir dem ein Angebot entgegensetzen können, das überzeugt, was dann auch auf die Nachfrage auswirkt.

De Lapuente: Das Magazin ist also ein Stück gelebte, geschriebene Medienkritik, dem Sinne nach, dass es das besser machen will als jene, die vorgeben es besonders gut zu machen?

Peter: Aus unserer Sicht haben die Leitmedien, dazu zählen leider auch Publikationen wie die taz, große Lücken in ihrer Berichterstattung. Die versuchen wir mit unseren bescheidenen Mitteln zu füllen. Dabei kann es selbstverständlich nicht bleiben. So verstehen wir uns als ein Mosaikstein. Die alternativen Medien müssen sich vernetzen und gemeinsame Projekte entwickeln. Zum Beispiel eine eigene Nachrichtenagentur mit einem Auslandskorrespondentennetz. Bis zu einer grundsätzlichen Änderung wäre es schon schön, wenn auch die Leitmedien mehr mit Quellenangaben arbeiten würden, offenlegen würden, welchen Hintergrund ihre »Experten« haben, denn allzu häufig ist nicht erkennbar, dass beispielsweise immer wieder US-amerikanische Lobbyorganisationen dahinterstehen.

De Lapuente: Herr Peter, viel Erfolg mit Ihrem Magazin – und viele Leser.

Peter: Vielen Dank für das Gespräch.

 

Andreas Peter, Jahrgang 1966, tri-mediales Volontariat beim MDR, Radio-Journalist und Korrespondent für MDR und ARD-Radio im ARD-Hauptstadtstudio, Presse-Referent Uni Potsdam, Pressereferent Institut für Sexualwissenschaften und Sexualmedizin der Charité, Korrespondent und Redaktionsleiter des deutschsprachigen Dienstes der staatlichen russischen Nachrichtenagentur Sputnik/SNA, freie Tätigkeit als Journalist und Sprecher.

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8 Kommentare

  1. Wir arbeiten ausdrücklich und sehr stark mit Quellenhinweisen. Bei uns kommen keine so genannten »Experten« zu Wort, die, eingebettet in eine Mainstream-Redaktion, unbelegt irgendwas behaupten. Wir arbeiten mit namhaften Autoren, prüfen die Quellen und führen Interviews mit Menschen, die eine langjährige politische Erfahrung in unterschiedlichen Bereichen mitbringen, wie etwa Oskar Lafontaine, Klaus von Dohnanyi und Günter Verheugen.

    🤡

    phz

    1. Ihnen fehlen wahrscheinlich die in den selbsternannten „Qualitätsmedien“ von Redaktion zu Redaktion weitergereichten und permanent auf das Publikum losgelassenen sogenannten „Experten“ vom Schlage Strack-Zimmermann, Hofreiter („Haubitzen-Toni“) oder Kiesewetter.

  2. Toll wieder ein Heft das nur im Abo zu bekommen ist. Ich vermisse die Zeiten wo man noch an einem Zeitschriftenstand in verschiedenen Magazinen blättern konnte und dann das ausgewählte mitnehmen konnte. Jetzt muß ich online schauen, was in diesen steht und die mir dann irgendwie bestellen. Außer ich aboniere solche Erzeugnisse über eine App oder dergleichen. Dann fehlen meist wieder bestimmte Presseerzeugnisse. Warum lesen so wenige Leute überhaupt noch? Da braucht es nicht mal eine Feuerwehr aus Fahrenheit 451, wenn diese sich nicht mal unabhängig informieren wollen.

    1. Der Redakteur Andreas Peter sagt in diesem Interview:

      »Hintergrund« gibt es im Bahnhofsbuchhandel, in kleineren Kiosken, im Supermarkt und an Tankstellen.

      Was genau verstehen Sie nicht an diesem Satz?

      1. Na Schlaumeier in letzter Zeit in den betreffenden Läden gewesen? Wieviele Magazine gibt es da noch? Wenn ich auf die Internetseite gehe, steht nur was von einem Abo. Das man eine ISSN Nummer angeben könnte ist was neues. Ein Impressum von der Zeitschrift kann ich nicht mal sehen, wenn ich den Auszug anschaue.

        Mußte erst die Seite MyKiosk finden und oh Wunder gibts tatsächlich nicht überall.

        Impressumpflicht auf dem Online Auftritt haben die wohl nicht mal verstanden. Wenn ich Anwalt wäre hätte ich schon wieder ein paar Groschen verdient.

  3. Danke für die Infos. Sieht so aus, dass es immer noch seriösen Journalismus gibt. Ich werde garantiert Leser, online wie gedruckt.

    Dass das Medium nichts für Klassenclowns ist,
    versteht sich von selbst. Es spricht Menschen
    mit Anspruch an Niveau und Authentizität an.

  4. Keine Ahnung, aber das Gespräch erscheint mir zu simpel, zu blöd und ohne bereichendere Inhalte!
    Meine Entscheidung zu meinen Lesezirkel bleiben fortbestehend, unabhängig von kreierten Evolutionen.
    Es ist mir auch übrigens egal, was das ‚westliche Klischee‘ hervorbringt.
    Der Westen besitzt keine Ethik, Moral noch Verantwortung. Was soll der Mensch in einer solchen Simulation?

  5. Klasse. Es gibt noch Menschen, die für eine aufgeklärte Gesellschaft arbeiten. Die sind hier leider auch in der Minderheit. Man sehe nur einmal die perfiden Kommentare dazu hier an.

    Solomon Asch: es soll der Eindruck erweckt werden, wie wenn eine Mehrheit ablehnend gegen das Projekt eingestellt wäre. Kranke oder bezahlte Hirne ohne Anstand, Ehre, Würde – billigstes PR-Pack mit Büttelmentalität. Man ist gegen Vielfalt und benutzt dafür und baut auf die miesesten Denunziations-Strategien.

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