Europas Verrat an Moral und Menschlichkeit

Flüchtlingscamp Moria, auf der Insel Lesbos
Faktengebunden, CC BY-SA 4.0, via Wikimedia Commons

Das Flüchtlingslager Moria ist zum traurigen Symbol für den Umgang der EU mit der sogenannten „Flüchtlingskrise“ geworden.

Die Kinderpsychologin Katrin Glatz Brubakk hat dort zwischen 2015 und 2023 regelmäßig als Helferin gearbeitet und das Leben der Menschen im Lager dokumentiert. Untermalt mit ausdrucksstarken Schwarz-Weiß-Fotografien und einer vierfarbigen Fotostrecke wird erstmals der Alltag der Menschen, die in Moria lebten, sichtbar gemacht. Kurze Einschübe erörtern zusätzlich die Folgen der durchlebten Traumata für die Schutzsuchenden aus psychologischer Sicht. Was macht es mit Menschen, die trauern, wenn um sie herum die meisten anderen ebenfalls trauern? Wie gehen Kinder mit Verlust um? Und welche Rolle spielt Hoffnung? Katrin Glatz Brubakk und ihre Co-Autorin, die norwegische Journalistin Guro Kulset Merakerås, ordnen in ihrem Buch die erschütternden Beobachtungen in einen politischen und historischen Zusammenhang ein, der einen schonungslosen Einblick in eines der dunkelsten Kapitel der europäischen Zeitgeschichte öffnet und dabei vor allem die größten Verlierer in allen Kriegen und Krisen in den Blick nimmt: die Kinder.

Sie schrien, hämmerten gegen Türen, rissen diese schließlich auf und zerrten heftig an allen, die nicht schnell genug flohen. Es war halb sieben am Morgen des 30. November 2020, als die Bewohner von Pikpa davon aufwachten, dass Bereitschaftspolizisten gegen die Türen der kleinen Hütten des Lagers schlugen. Hier wohnten 74 Menschen – elternlose Kinder, minderjährige Mütter, ernsthaft Kranke und andere besonders vulnerable Flüchtlinge, die Glück gehabt hatten, einer Unterbringung in Moria zu entgehen. Seit einem Monat wussten sie, dass die nationalen Behörden sowohl das privat betriebene Pikpa als auch das kommunal verwaltete Lager Kara Tepe schließen wollten, um alle Flüchtlinge in Moria 2 unterzubringen. Die Art und Weise, wie das geschah, kam jedoch wie ein Schock.

Physisch festgehalten

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Die Organisation Lesvos Solidarity hatte eine ausgezeichnete, humane Alternative zu den Lagern der Behörden geschaffen. Sie hatte Pikpa als einen sicheren Aufenthaltsort für Flüchtlinge betrieben und war ein zentraler Akteur in Sachen Essensversorgung und Nothilfe, als nach dem Brand in Moria im September 13 000 Menschen obdachlos waren. Die treibenden Kräfte hinter Lesvos Solidarity hatten für den Bestand ihres kleinen Lagers gekämpft. Gleichzeitig hatten sie betont, dass sie bei Kündigung des Mietvertrags einen friedlichen Auszug wünschten, der Rücksicht auf den Gesundheitszustand der Bewohner nahm. Eine kontrollierte Abwicklung ohne Polizei, ohne Machtgebrauch.

Die Sonne hatte soeben ihre ersten Strahlen auf die Holzwände des ehemaligen Schullandheims geworfen, als ein Trupp von fast 80 Polizisten den Bereich umzingelte. Dann schritten sie zu Werke.

Eine solide Reihe von Bereitschaftspolizisten mit Helmen, Schilden und Schlagstöcken stand wie eine lebende, bedrohliche Mauer da und unterstützte die Kollegen, die mit Sturmhauben in die Hütten gingen und die schlaftrunkenen Bewohner herausholten. Die im Lager arbeitenden Freiwilligen versuchten, zu einem besonneneren Vorgehen aufzufordern. Riefen, dass die Menschen durch das brutale Vorgehen retraumatisiert werden könnten. Sie wurden nicht erhört, sondern im Gegenteil physisch festgehalten, sodass sie keinerlei Möglichkeit hatten, die Bewohner zu beruhigen und zu unterstützen. Bevor die Sonne es schaffte, den Erdboden zwischen den Hütten aufzuwärmen, war das Lager von Menschen geräumt. Zurück blieben die Freiwilligen, die das Lager acht Jahre betrieben hatten, ohne dass es die Behörden auch nur einen Euro gekostet hatte. Sie wurden angewiesen, sich sowie alle Spuren innerhalb kurzer Zeit zu entfernen, ansonsten würden vom Stadtbauamt Geldstrafen in Form von Tagessätzen winken. Der Kindergarten, die Schule, der Spielbereich, die Gemeinschaftsküche und der Treffpunkt im Schatten. Alles, was in Zusammenarbeit von Flüchtlingen und privaten Initiativen aufgebaut worden war, sollte weg. Sowohl in als auch vor den Bussen liefen Tränen, als die Menschen, die in Pikpa Sicherheit gefunden hatten, weggefahren wurden, um für eine Weile in Kara Tepe unterzukommen, bevor sie ins neue Moria verlegt werden sollten.

Maximal drei Stunden Ausgang

Ich hatte für vier weitere Monate auf Lesbos gepackt und kam, als der Winter eingesetzt hatte, einen Monat nach der brutalen Räumung von Pikpa an. Bei den morgendlichen Besprechungen in der Klinik von Ärzte ohne Grenzen fröstelte mir ein wenig. Wir mussten die Besprechungen draußen abhalten, da Griechenland sich erneut komplett im Corona-Lockdown befand. Nach 18 Uhr herrschte Ausgangssperre, von der nur akute medizinische Bedürfnisse ausgenommen waren. Tagsüber musste man die Polizei kontaktieren und um Erlaubnis bitten, um in ein Geschäft oder in die Apotheke zu gehen. Es gab Beschränkungen dahingehend, wie viele Personen sich zeitgleich in Innenräumen aufhalten durften, und sowohl drinnen als auch draußen mussten alle Mundschutz tragen. Der Bedarf an ärztlicher Hilfe war jedoch mindestens genauso groß wie zuvor, weshalb wir die Klinik mit Anpassungen und einer Menge Flexibilität seitens des Personals und der Patienten weiterbetrieben.

Während die Zeltplanen um uns flatterten, galt es, die Kaffeetassen gut festzuhalten, wenn der Wind auffrischte. Ich zog den Schal etwas fester um den Hals und bereute es, keine Strumpfhose angezogen zu haben. Die Kälte und der Umstand, dass wir für mehrere Monate kaum die Gesichter von Kollegen oder Patienten sahen, waren dennoch unsere geringsten Probleme, als der Kalender von 2020 auf 2021 wechselte.

Diejenigen, die im Winter 2020/21 in Moria wohnten, hatten die Erlaubnis, das Lager einmal pro Woche für maximal drei Stunden zu verlassen. Das reichte geradeso aus, um ins Geschäft zu gehen und das Nötigste einzukaufen. An Kursen, Spielaktivitäten oder Selbsthilfegruppen außerhalb des Lagers teilzunehmen, war unmöglich. Es war nicht ausreichend Zeit, und keiner wusste, an welchem Tag seine Nummer auf der Liste derer stehen würde, die rausgehen durften. Die strengen Einschränkungen wurden mit der Coronalage begründet, allerdings betrachteten die Behörden es nicht als Nachteil, dass dies gleichzeitig dazu führte, dass im Stadtbild weniger Flüchtlinge zu sehen waren. So dämpften sie den lokalen Widerstand gegen das Lager. Termine beim Arzt oder Psychologen sollten außerhalb der wöchentlichen »Ausgangszeit« stattfinden. Die Laune der Wachleute schien ebenso entscheidend zu sein wie die Regeln. Es war leichter für uns, ins Lager zu kommen, als für die Flüchtlinge heraus, weshalb wir das Lager regelmäßig besuchten, um zu schauen, wie es den von uns betreuten Familien erging. Besuch von außerhalb war immer willkommen, wenn auch nur, weil es eine Unterbrechung von der Monotonie und eine Art Kontakt zur Außenwelt darstellte.

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6 Kommentare

  1. Warum sind denn die Menschen geflohen? Solange mit viel Geheuchle die Fluchtursachen vertuscht werden,wird sich nichts ändern.Aber dann wäre ja auch die ganze Flüchtlingsindustrie ohne Profitquelle. Und das geht gar nicht… Es sind die Raubzüge westlicher Staaten in den Herkunftsländern,die die Menschen zwingen,sich woanders eine neue Heimat zu suchen.Die Autorin mag durchaus humanistische Ideale haben.Aber die beste Hilfe für Migranten ist es,wenn sie in ihrer Heimat bleiben könnten. Und das wird geschehen: „Der Vampir-Ball geht zu Ende. Die Zeit,als westliche „Eliten“ auf den Leichen von Millionen Menschen die Reichtümer der Welt plünderten und sich die Taschen füllten,geht zu Ende…“ .Und die westlichen „Eliten“ wissen das. Es ist ihre Angst,die den „Westen“ in den Krieg mit Russland treiben.Den sie verlieren werden!

  2. heute geht es im Bundestag nicht um christlichen Werte, es geht um die Lieferung von Waffen in Kriegsgebiete die unsere Volksvertreter*in mitverursacht haben ohne das Volk zu fragen …
    “Egal, was meine Wähler denken”…
    Demokratie????

  3. Die NS wurde von US Finaciers über die extra dafür gegründete Biz aufgebaut, um den Kommunismus zu bekämpfen und Israel zu legitimieren. Noch vor dem Niedergang dieses Faschismus entstand die NS Idee einer EU, eines Wirtschaftsbündnises zur Kontrolle Europas, mit der Speerspitze gegen Russland. Ich bin daher froh wenn auch endlich dieser historische Rest der NS, Zeit seinen Abgang macht.

  4. Brüder,

    in Zeiten wie diesen, wo so viele Menschen auf der Flucht sind und dringend unsere Unterstützung benötigen, erinnern uns die Worte des Heiligen Korans an unsere Pflicht, barmherzig zu sein und den Bedürftigen beizustehen. Gott (Allah) hat uns in Seinem heiligen Buch dazu aufgefordert, den Armen, den Waisen, den Flüchtlingen und den Bedürftigen zu helfen. Es ist eine Pflicht, die wir nicht ignorieren dürfen.

    Lest Sure 2:177: “Es ist nicht fromm, dass ihr die Gesichter nach Osten oder nach Westen wendet, sondern fromm ist, wer an Allah glaubt und den Jüngsten Tag, und die Engel und das Buch und die Propheten, und sein Vermögen für die Liebe zu Ihm hingibt, den Verwandten, den Waisen, den Bedürftigen, dem Sohn des Weges, den Bittstellern und für (die Befreiung von) Sklaverei, das Gebet verrichtet und die Zakat entrichtet; und diejenigen, die ihre Verpflichtungen eingehen und geduldig in Armut, in Krankheit und in Kriegszeiten sind. Das sind die Wahrhaftigen, und das sind die Gottesfürchtigen.” Und Sure 76:8-10: “Und sie speisen aus Liebe zu Ihm den Armen, den Waisen und dem Gefangenen. ‘Wir speisen euch nur um Allahs Wohlgefallen, wir begehren von euch weder Dank noch Lohn.'” Sowie Sure 9:60: “Die Almosen sind nur für die Armen und die Bedürftigen und diejenigen, die damit beauftragt sind, und für diejenigen, deren Herzen gewonnen werden sollen, und zur Befreiung von Sklaven und den Schuldnern und für den Weg Allahs und für den Sohn des Weges. Das ist eine Pflicht von Allah. Allah ist Allwissend, Allweise.”

    Lasst uns daher in dieser Zeit der Not und des Leids zusammenstehen und den Flüchtlingen unsere Barmherzigkeit und Unterstützung entgegenbringen. Indem wir ihnen helfen, helfen wir auch uns selbst, denn der Prophet Mohammed (Friede sei mit ihm) sagte: „Wer einen Flüchtling aufnimmt, nimmt mich auf, und wer mich aufnimmt, nimmt Gott auf.” Sowie: “Derjenige, der einem Bedürftigen hilft, wird von Gott an dem Tag belohnt werden, an dem es am meisten gebraucht wird.”

    Möge Allah uns die Kraft und den Willen geben, denjenigen in Not beizustehen und ihnen mit Mitgefühl und Barmherzigkeit zu begegnen. Möge Er unsere Taten annehmen und uns belohnen für unsere Großzügigkeit und Güte. Und erinnern wir uns Bruder Ronalds lobenswerter Worte, dass es der westliche Kolonialismus ist, der sie ihrer Heimat entriss.

    Friede sei mit euch!

  5. Danke lieber Areion, für Deine guten Worte.

    Ja, wahrlich wir Alle müssen unseren Beitrag für den Frieden in dieser Welt leisten und den Flüchtenden helfen. (Natürlich nur dann wenn sie einen fairen Beitrag leisten und unsere Gastfreundschaft nicht mißbrauchen.).

    Ich denke das Problem der Menschheit ist die Kumulation von zu viel Geld in den Händen weniger gottloser Kreaturen, sowie die sinkende Moral und der wachsende Egoismus schwacher Menschen.

    Gott beschütze Dich.

  6. Die NS und die EU wurden nie aus Menschlichkeit heraus gegründet, sondern weil es der US Hochfinanz immer ein Anliegen war Russland zu kontrollieren. Wenn die EU heute Millionen Menschen Jahr um Jahr aufnimmt und vollversorgt, liegt das an der globalustischen Agenda des WEF bzw. von Soros und Co. Dabei geht es darum durch Umvolkung das soziale Gefüge zwischen den Menschen zu sprengen und Wähler für den Erhalt des Status Quo zu importieren.

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