Zuletzt wurde ja viel über Twitter gesprochen: Man konnte fast den Eindruck gewinnen, dass wegen der Übernahme des Netzwerkes durch Elon Musk das »gute Twitter« an sein Ende gelangt. Wie gut es jedoch war und ist, hat Dietrich Brüggemann in seinem Buch »Materialermüdung« persifliert. Ein kurzer Buchauszug.
Heute herrschte auf Twitter große Aufregung über die Gleichstellungsbeauftragte der Universität Mannheim, die in einer internen Besprechung gesagt hatte, nicht jede Widrigkeit, die einer Frau widerfahre, sei schon automatisch Sexismus, das Leben halte für jeden Menschen auch so schon genügend Schwierigkeiten bereit.
Das Meeting, in dem sie das gesagt hatte, war mitgeschnitten worden, jemand hatte den Ausschnitt auf Twitter gepostet und dazu geschrieben, die Uni Mannheim habe hier ja offensichtlich den Bock zum Gärtner gemacht. Daraufhin war ein Sturm der Empörung über die Gleichstellungsbeauftragte hereingebrochen. Politiker zeigten sich betroffen, Journalisten waren süffisant und Fernsehkomiker höhnisch.
Die Twitter-Ständeordnung
Die Bevölkerung von Twitter ließ sich grob in drei Teile einteilen, ungefähr so wie die Ständeordnung des Mittelalters. Es gab Leute, die auch im realen Leben Autorität und Reichweite hatten, das waren überwiegend Journalisten und Politiker, und sie trugen als Ausweis ihrer besonderen Vertrauenswürdigkeit einen blauen Haken hinter ihrem Namen. Das war der Adel.
Dann gab es die Geistlichkeit, deren zivile Person hinter ihrer Rolle als Priester verschwand und die meist unter Pseudonym auftraten. Sie hatten sich durch originelle Gedanken oder unterhaltsame Anekdoten, vor allem aber durch beharrliches Dranbleiben eine vier- oder fünfstellige Zahl an Followern erarbeitet. Twitter belohnte permanente Präsenz. Einmal am Tag einen Geistesblitz posten und dann wieder verschwinden funktionierte nicht. Wer auf Twitter etwas werden wollte, musste nicht nur posten, sondern auch liken und retweeten und kommentieren und möglichst viel Zeit auf der Plattform verbringen, mit anderen Worten, er musste permanent am Smartphone kleben.
Und dann gab es noch die dritte Gruppe, das war das Fußvolk, also irgendwer. Namen oder Pseudonyme mit ein paar hundert oder drei oder null Followern, die den großen Accounts folgten und meistens nur kommentierten oder likten oder retweeteten, was die Großen von sich gaben. Als kleiner Account konnte man jedoch im Strom der Millionen Tweets sichtbar werden, indem man Hashtags verwendete. Wenn ein Hashtag in kurzer Zeit oft verwendet wurde, erschien er bei Twitter in den Trends. Heute trendeten die Hashtags #Gleichstellungsfail und #BockZumGärtner, beide bezogen sich auf Melanie von Ostrowski, die Mannheimer Gleichstellungsbeauftragte, und wenn man einen dieser Hashtags anclickte, dann sah man Tweets, in denen er vorkam, zum Beispiel den Beitrag eines Users, der sich @mobmitglied89 nannte und schrieb:
Frau Baronin v. Ostrowski war mir bisher nicht bekannt aber da die @UniMannheim ja offenbar gern den #BockZumGärtner macht empfehle ich #AdolfHitler als Professor für Geschichte des 20.Jh.
How Twitter works
Mobmitglied89 hatte nur 156 Follower, aber sein Tweet hatte bereits 78 Likes und fünf Retweets. Moses las die anderen Beiträge mit dem Hashtag #BockZumGärtner. Die Twitter-User aller drei Stände waren sich einig, dass Melanie von Ostrowski eine gefährliche Fehlbesetzung sei, die umgehend von ihrem Posten entfernt werden müsse.
Die Universität Mannheim sah sich zu einer Stellungnahme genötigt und schrieb, dass Einzelmeinungen in internen Besprechungen nicht die offizielle Linie der Universität wiedergäben, dass man die Meinungsfreiheit respektiere, aber der Sache nachgehen und eine Kommission zusammenstellen werde, die klären sollte, ob Frau v. Ostrowski als Gleichstellungsbeauftragte noch tragbar sei.
Melanie von Ostrowski selbst war bis Samstagabend auch auf Twitter gewesen, dann hatte sie ihr Konto gelöscht, aber jemand hatte vorher einen Screenshot von ihrer Profilseite gemacht, auf der zu lesen war, dass sie Katzen und Kinder liebte und hier privat sei, außerdem war da ein Foto von ihr, auf dem sie einen jungen Tiger auf dem Arm hielt und ein T-Shirt trug, auf das ein roter Kussmund und die Aufschrift FEMMINIST mit zwei M gedruckt war. Dieser Screenshot kursierte jetzt wiederum in verschiedenen Varianten auf Twitter – Leute hatten dem Tiger die Köpfe von Donald Trump, Konrad Adenauer und Josef Goebbels aufgesetzt, aus Katzen und Kinder war Küche und Kirche geworden, und auf dem T-Shirt stand »Frauen an den Herd« oder »Mädels, jammert nicht so rum« oder »Ich kann nix dafür, mein Mann hat mir das diktiert«.
Der Beifall-von-der-AfD-Vorwurf
Melanie von Ostrowski bekam allerdings nicht nur Spott und Häme ab, sondern auch Zustimmung. Eine Journalistin der BILD gratulierte ihr und bot ihr eine Stelle an, falls sie in Mannheim rausfliegen sollte, eine konservative Publizistin twitterte Die Revolution frisst ihre Kinder, und eine Bundestagsabgeordnete der AfD schrieb, dass die Cancel Culture hier mal wieder zugeschlagen habe und dass Melanie von Ostrowski herzlich eingeladen sei, vor der Fraktion einen Vortrag zu halten. Daraufhin schrieb ein Journalist der ZEIT mit blauem Haken hinter dem Namen:
Auweia, Beifall von der AfD. Bin gegen Skandalisierung, aber das Problem ist doch, dass man an einer deutschen Uni anscheinend mühelos mit #noAfD-kompatiblen Positionen Gleichstellungsbeauftragte werden kann. #WirMüssenReden #sagNEINzumsexismus #nazisraus
“..nicht jede Widrigkeit, die einer Frau widerfahre, sei schon automatisch Sexismus.”
Butter bei die Fische !
Für die angehenden, zertifizierten Studienabbrecher und Nichtakademiker ( Bachelor )
war die Binse der Frau Ostrowski einfach eine Nummer zu hoch.
Russland ist aus dem Bologna-Express ausgestiegen und hat sich von der universitären Verblödung mit Bachelor und Master verabschiedet.
Gratulation !
Das wird ihnen in Zukunft viele Vorteile bringen! Da es in der russischen Forschung schon immer Gebiete gab, die der Westen nicht erforschte. Dazu zählt die Wasserforschung, die Phagen Medizin oder alternative Geoforschung. Wobei man davon ausgeht das Öl nicht durch Bakterien gebildet wird sondern durch die Erde selbst. Dieses wir in der Praxis seit Jahren eingesetzt. Das erste Land, was den Anbau von Hanf freigeben wird, wird riesige Vorteile bekommen. Noch größer würde es werden wenn Russland zu einer umlaufgesteuerten Vollgeldwährung wechselt.
Relevant? Twitter geht mir aAv.
„..nicht jede Widrigkeit, die einer Frau widerfahre, sei schon automatisch Sexismus.“ Widersprechen kann da nur, wer nicht die geringste Vorstellung von einem Unterschied zwischen privater und öffentlicher Sphäre hat. Die Darstellung von Frauen als Wesen mit Wallehaaren, Kleid oder Rock und Handtäschchen durch Männer außerhalb einer Travestie-Show halte ich für offenbarten Sexismus. Mann macht sich ein Bild von Frau… . Frau macht sich ein Bild von Mann… . Beide Bilder sind mit Bezug auf reale Menschen in aller Regel falsch und dürften Grund der meisten Scheidungsverfahren sein. Ob, mit welchen und mit wie vielen anderen Menschen ein Mensch hinter verschlossenen Türen sein Leben verbringt, das ist Privatsache. Dann muss man es auch nicht rechtlich regeln. Frauen oder Männer machen oft leichtsinnig die Tür hinter sich zu, weil sie nicht fähig oder willens sind, zwischen privat und öffentlich zu unterscheiden. Das Risiko liegt dabei beim Individuum. Im allgemeinen ist es nämlich in der öffentlichen Sphäre gut geschützt. Sobald jemand einen Schlüssel umdreht – gleichgültig ob von innen oder von außen – gilt die oberste Alarmstufe. Egal ob im Eigenheim, der Wohnung, dem Kloster oder dem Gefängnis.
Gutes Buch! Eignet sich bestimmt auch gut als Weihnachtsgeschenk 🙂
Dieses Selbstdarstellungs-Wichtigtuer-Portal hat mich noch nie interessiert. Politiker und Journalisten sollen ja angeblich süchtig danach sein. Beim gelegentlichen Mitlesen fand ich es nur langweilig oder abstoßend. Jeder will Recht haben und Recht behalten und wer anderer Meinung ist wird einfach diffamiert. Was für ein primitiver Schrott und einfach nur Zeitverschwendung.