Generalinspekteur Zorn muss gehen, Pink Floyd-Musiker Roger Waters soll nicht kommen

Deutsches Reich, um 1943. Bild: Mattes/gemeinfrei

Wer nicht das Narrativ der Bundesregierung im Hinblick auf Israel und den Ukraine-Krieg nachbetet, muss mit Problemen rechnen.

General Eberhard Zorn muss, so Medienberichte, recht plötzlich seinen Posten als Generalinspekteur der Bundeswehr räumen und wird in den einstweiligen Ruhestand versetzt, um seinen Nachfolger Carsten Breuer Platz zu machen. Nach Bild „schmeißt“ Verteidigungsminister Zorn hinaus. Der will den Vorgang gelassen sehen: „In dieser Funktion, in der ich bin, müssen Sie immer damit rechnen, dass wenn es politische Wechsel gibt, es dann auch zu Personalwechseln kommt.“

Generalleutnant Breuer ist Kommandeur des neuen Territorialen Führungskommandos der Bundeswehr, also des trendig gewordenen militärischen Heimatschutzes und sogenannter hybrider Bedrohungen, er war auch Leiter des Corona-Krisenstabs im Kanzleramt. In welcher Funktion er das Vertrauen von Verteidigungsminister Pistorius erworben hat, wird man absehen müssen. Offenbar scheint er ein der deutschen Regierungspolitik treuer ergebener Offizier zu sein, als dies Zorn gewesen ist, der 2018 noch von der damaligen Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen sein Amt erhalten hat.

Im Hintergrund des Personalwechsels scheint das Bemühen zu stehen, für eine geschlossene Front zu sorgen und Ansätze von kritischen, nicht immer konformen oder auch nur zweifelnden Positionen abzuschrecken. Das wird auch sonst als Hexenjagd veranstaltet, wie beispielsweise bei Pink Floyd-Musiker Roger Waters, der wegen seiner Israelkritik und der Kritik an der Nato-Politik gegenüber Russland dämonisiert wird, um seine Konzerte zu verbieten oder zu verhindern. In Polen wurde dies bereits geschafft, in Deutschland verweigert ihm Frankfurt die Halle, möglicherweise ziehen Hamburg, Berlin, Köln und München nach, um das offenbar gefährliche Gedankengut des Musikers in der irrsinnigen Zeit, in der Informationen zu Waffen erklärt werden (weaponised information), von den Gehirnen der debilen Deutschen fernzuhalten, die von den Besitzern der Wahrheit geschützt werden müssen.

Heiner Effern, eifrig für die Verengung des Overton-Fensters eintretend, sagt in der Süddeutschen dementsprechend, Waters würde „Gift verspritzen“. Da kann man sich nur schützen, eine diskursive Auseinandersetzung wird durch solche Terminologie vom Ansatz her verunmöglicht. Dazu wird Waters Unterstützung für die „zumindest in Teilen antisemitische Israel-Boykottbewegung BDS“, die im Wesentlichen israelkritisch ist und zum Boykott der in dem von Israel völkerrechtswidrig besetzten Westjordanland hergestellten Produkte und Firmen, „die durch ihre Geschäftstätigkeit von den diskriminierenden Praktiken in Israel und im besetzten palästinensischen Gebieten profitieren“,  aufruft, noch so hingedreht, als würde damit das Existenzrecht Israels in Frage gestellt (Das Schwein-e-System). Es ist schon paradox, dass Waters‘ Kritik an der jahrzehntelang völkerrechtswidrigen Besetzung und Besiedlung von palästinensischem Land dazu herhalten soll, seine Konzerte zu verhindern, während er gleichzeitig gegeißelt wird, wenn er zwar den russischen Angriffskrieg verurteilt, aber es wagte zu sagen, dieser sei nicht unprovoziert gewesen, um zu einem Waffenstillstand aufzurufen. Das will man alles nicht hören, das stört die nationale und transatlantische Einheit.

Das Verwaltungsgericht hat der Stadt München nicht durchgelassen, einer Diskussionsveranstaltung über BDS einen Raum zu verweigern. Der Stadtrat hatte 2017 beschlossen, keine Räumlichkeiten an Personen oder Organisationen zu geben, die sich mit der BDS-Kampagne befassen. Verweigert wurde ein Raum auch einer Veranstaltung, die sich damit beschäftigen wollte, ob der Beschluss die Meinungsfreiheit einschränkt. Das Verwaltungsgericht erklärte in einem Urteil vom Januar 2022, dass ein solches Verbot gegen das Grundrecht der Meinungsfreiheit verstößt: Es sei zu berücksichtigen, „dass Art. 5 Abs. 1 und 2 GG die Freiheit der Meinung als Geistesfreiheit unabhängig von der inhaltlichen Bewertung ihrer Richtigkeit oder Gefährlichkeit gewährleistet. Er erlaubt nicht den staatlichen Zugriff auf die Gesinnung, sondern ermächtigt erst dann zum Eingriff, wenn Meinungsäußerungen die rein geistige Sphäre des Für-richtig-Haltens verlassen und in Rechtsgutverletzungen oder erkennbar in Gefährdungslagen umschlagen. Dies ist der Fall, wenn sie den öffentlichen Frieden als Friedlichkeit der öffentlichen Auseinandersetzung gefährden und so den Übergang zu Aggression oder Rechtsbruch markieren.“ Noch also bietet Roger Waters die Rechtsprechung die Möglichkeit, mit Erfolgsaussichten gegen Verbote vorzugehen, was er angeblich auch vorhat.

 

Trotzdem ist auch in der Bundeswehr mit seinem mündigen Bürgern Maulkorb angesagt, ein offener Diskurs über strittige Fragen, die im Fall des Ukraine-Kriegs existentiell werden können, soll offenbar nicht mehr geführt werden können. Der Diskursraum wird eingeengt, um nur noch Scheindebatten zu führen, aus denen wirkliche Opposition als gefährlich extremistisch ausgesperrt oder entsprechend vorgeführt wird. Und das ausgerechnet von denjenigen, die die Demokratie und Freiheit in der Ukraine von den Ukrainern verteidigt sehen wollen, auch wenn diese keineswegs auf der Seite der europäischen Kultur stehen und Kriegsverbrechen von ukrainischen Nationalisten während des Zweiten Weltkriegs weißwaschen.

Ob wirklich neben dem personellen Umbau der Bundeswehr, zu dem auch der neue Staatssekretär  Nils Hilmer anstelle der Lambrecht-Vertrauten Margaretha Sudhof gehört, Eberhard Zorn wegen seiner Äußerungen zum Ukraine-Kritik bei Pistorius in Ungnade gefallen ist, kann nur vermutet werden. Es wird eine Rolle gespielt haben, schließlich ist der Generalinspekteur ranghöchster Militär und Berater des Bundeskanzlers. Zorn hatte in einem Interview im September 2002 gegenüber dem Focus nach den russischen Gebietsverlusten durch den überstürzten Rückzug russischer Truppen in Charkiw nicht von einer echten Gegenoffensive sprechen wollen, sondern von „Gegenstößen, mit denen man Orte oder einzelne Frontabschnitte zurückgewinnen, aber nicht Russland auf breiter Front zurückdrängen kann“.  Er zweifelte auch damals schon an, ob die Ukrainer zu einer Gegenoffensive in der Lage wären: „Sie bräuchten eine Überlegenheit von mindestens 3 zu 1.“

Zorn verteidigte auch die Lieferung von schweren Waffen an die Ukraine wie die Panzerhaubitzen, Geparden und IRIS-T, warnte aber damals vor weiteren Lieferungen, weil die Bundeswehr für eine wirksame Abschreckung die Kapazitäten benötige. Und er warnte, dass Putin die Kräfte habe, eine weitere Front zu eröffnen: „Kaliningrad, die Ostsee, die finnische Grenze, Georgien, Moldau… es gibt viele Möglichkeiten. Die Fähigkeiten hätte Putin. Auch wenn etwa 60 Prozent seiner Landstreitkräfte im Ukraine-Krieg gebunden sind, verfügen die Landstreitkräfte sowie vor allem die russische Marine und Luftwaffe noch über ungebundene Kapazitäten. Würde Putin eine Generalmobilmachung anordnen, hätte er auch keine Personalprobleme.“

Anfang März mahnte er weiterhin zur Zurückhaltung von Waffenlieferungen und forderte mehr Balance: „Für mich als Generalinspekteur ist natürlich wichtig, diese Balance immer wieder zu sehen: Nämlich die eigene Einsatzbereitschaft und die eigene materielle Ausstattung im Auge zu haben, auf der anderen Seite aber die strategische Notwendigkeit zu erfüllen, Material an die Ukraine zu liefern.“ Dies gelte besonders für Waffensysteme, die nicht aus Industrievorräten, sondern aus den Beständen der Bundeswehr abgegeben würden – wie den Kampfpanzer Leopard 2 und die Panzerhaubitze 2000.

Mag sein, dass dies nicht mehr passt, wenn Deutschland nun militärisch eine Führungsrolle einnehmen will. Und nachdem immer wieder von Regierungsmitgliedern gesagt wird, dass Russland weitere Länder angreifen wolle, wenn die Ukraine nicht massiv militärisch unterstützt wird, passt vielleicht ins Narrativ auch nicht, wenn er die Sorgen vor einer Erweiterung des Kriegs zu beruhigen suchte und damit auch seine frühere Warnung zurückzog: „„Ich kann definitiv sagen, dass wir zurzeit gar keine Anzeichen haben, dass die russischen Streitkräfte in irgendeiner Form NATO-Territorium oder NATO-Länder angreifen wollen. Es gibt dazu keine Vorbereitungen, die wir erkennen.“

Im Januar 2022 musste der damalige Kommandeur der deutschen Seestreitkräfte, Vizeadmiral Kai-Achim Schönbach, zurücktreten, weil er ausgesprochen hat, was jetzt auch noch zutreffend ist, nämlich dass die Ukraine nicht den Anforderungen der Nato entspreche, um aufgenommen zu werden, und dass die Ukraine die Krim nicht mehr zurückbekommen werde („Ukraine gehört nicht in die Nato“). Zum russischen Truppenaufmarsch an der Grenze meinte er allerdings auch, es sei Nonsens, dass sich Putin Teile der Ukraine einverleiben werden, er wolle vielmehr Druck ausüben, „Respekt auf Augenhöhe“ zu erhalten. Man brauche das christliche Russland gegen China, die Sanktionen seien falsch, man müsse mit Russland kooperieren.

Ähnliche Beiträge:

44 Kommentare

  1. Was soll dieses ‚allerdings‘ im letzen Abschnitt zu den Schönbach-Äusserungen? Wenn der ‚Respekt auf Augenhöhe‘ rundweg verweigert wird, im Gegenteil die ukrainische Armee zum Angriff auf die beiden abtrünnigen Entitäten ansetzt – was man an den letzten paar OSZE-Tagesberichten unzweifelhaft erkennen kann -, hat das eben Konsequenzen. Ich sehe da keinen Widerspruch zwischen der Schönbach-Aussage und dem, was dann geschah.

    Inzwischen wird die Gefahr einer Eskalation immer grösser. Wie auch immer es beim Zwischenfall mit der Reaper-Drohne zugegangen ist – man muss sich die bange Frage stellen, wie viele solcher Zwischenfälle es noch bedarf, bevor es dann richtig losgeht. Oder anders – wer jetzt nicht nach sofortigen Verhandlungen schreit, ist lebensmüde.

  2. Was soll dieses ‚allerdings‘ im letzen Abschnitt zu den Schönbach-Äusserungen? Wenn der ‚Respekt auf Augenhöhe‘ rundweg verweigert wird, im Gegenteil die ukrainische Armee zum Angriff auf die beiden abtrünnigen Entitäten ansetzt – was man an den letzten paar OSZE-Tagesberichten unzweifelhaft erkennen kann -, hat das eben Konsequenzen. Ich sehe da keinen Widerspruch zwischen der Schönbach-Aussage und dem, was dann geschah.

    Inzwischen wird die Gefahr einer Eskalation immer grösser. Wie auch immer es beim Zwischenfall mit der Reaper-Drohne zugegangen ist – man muss sich die bange Frage stellen, wie viele solcher Zwischenfälle es noch bedarf, bevor es dann richtig losgeht. Oder anders – wer jetzt nicht nach sofortigen Verhandlungen schreit, ist lebensmüde.

    1. Zustimmung: anstatt alles dafür zu tun das Feuer einzudämmen wird überall gezündelt …
      Ich fass es nicht!!!
      Und „mein“ Deutschland und die fehlgestaltete EU sind nur noch ‚überflüssig‘!!!

      1. Ja, so ist es. Dabei ist die Ukraine längst am Ende. Ich denke, man macht neue Kriegsfelder auf, damit es nicht so peinlich wird, wie mit Afghanistan. Sonst ist Biden erledigt.

    2. „Inzwischen wird die Gefahr einer Eskalation immer grösser.“

      Die Nato-Osterweiterung ist nicht abgesagt, nur weil die Ukraine ausblutet. Aber die USA ist bisher auch nicht so dumm, sich selber in den Kriegsfokus gegen Russland zu begeben.

      Auch bei Tawain bin ich ziemlich sicher, dass die USA versuchen wird Proxy-Krieger vor Ort zu finden, sich aber als direkter Kriegsgegner raus halten wird.

      1. Da derzeit nur noch pathologische Verhaltensmuster zu bemerken sind, fürchte ich, gerade im Falle Chinas, dass die verhaltensgestörte USA, sogar den Druck auf das Knöpfchen nicht scheuen würde.

        Geplant ist ja, 2025, China anzugreifen. Nebenbei: Wie blöd, muss man sein, das anzukündigen. Anderseits, hat der eine Pazifik-Admiral mit Bremsstreifen in der Hose gemeint, China hätte eine Waffe entwickelt, die in 30 Sekunden die USA, zerstören könnte. Auch wenn das Hoffnung machen könnte, so sind die „Wunderwaffen“, eher ein feuchter Traum. Wenn es so sein sollte: Dann nicht nur im Schächtelchen stehen lassen, sondern damit spielen.

        Jedenfalls ist meine Einschätzung, dass sich die Chinesen, nicht so viel bieten lassen werden, wie die Russen. Die Chinesen, sind knallharte Pragmatiker – und sie haben über die Jahrrhunderte hinweg gelernt, dass der Westen, selten „lieb und nett“ mit ihnen ist.

  3. Die Bundeswehr benötigt ’50‘ Jahre um auf einen ‚modernen‘ Standard zu erreichen plus mehrere hundert Milliarden und das inmitten einer Wirtschaftskrise.
    https://www.ft.com/content/ec33afcb-0efb-473d-a38e-56a3f7f7c21d
    Was medial verbreitet wird, hat nichts mit der realen Politik gemein.
    Die gesamte westl. Politik der vergangenen Jahre ist gegen die eigene Bevölkerung gerichtet, um die ‚Zeitenwende‘ umzusetzen. Leider findet man zu dieser Wende keine klare Angaben was diese beinhaltet!

  4. Israelfreunde wie die von der Springer-Presse werfen Kritikern an der Politik Israels Antisemitismus vor, obwohl selbst prominente Juden wie Noam Chomsky oder Seymour M. Hersh ebenfalls Kritik an der Politik Israels üben.

    Die gleichen »Israelfreunde« haben aber kein Problem mit rechtsextremen ukrainischen Nazis und Antisemiten wie
    Tyahnybok (die Ukraine wird von einer jüdisch-russischen Mafia regiert) oder Biletsky (die weißen Rassen weltweit in einen Kreuzzug gegen von Semiten geführten Untermenschen führen). Da stimmt doch etwas nicht.

    Diese Leute benutzen den Antisemitismus-Vorwurf nur um unliebsame Kritiker ihrer eigenen Politik zum Schweigen zu bringen, gegen echte Antisemiten wie den rechtsextremen ukrainischen Nazis haben sie nichts, ganz im Gegenteil, sie sind ihnen hoch willkommen in ihrem Kreuzzug gegen Russland.

    1. „Israelfreunde“

      Ich bin ziemlich sicher, dass es auch Israelfreunde gibt, die israelische Regierungen kritisieren.

      Roger Waters Ansichten kenne ich nicht im Detail, aber das, was ich auch im Artikel gelesen haben, sieht für mich eher so aus, dass die Palästinenser-betreffende israelische Politik kritisiert wird und nicht Israel ansich. Das wäre antizionistisch. Wobei man da dann noch unterscheiden müsste, ob Israel ansich abgelehnt wird oder nur Israel als jüdischer Staat.

      Wobei ich finde, dass seit sich Israel eine jüdische Verfassung gegeben hat, es ein gutes Stück von der Aufklärung abgerückt ist. In diesem neu geschaffenen Nationalstaatsgesetz werden bspw. die jüdischen Siedlung auf Palästinensergebiet für gut und richtig befunden:
      „7. Jüdische Siedlungen
      Der Staat Israel sieht im jüdischen Siedlungsbau einen nationalen Wert. Er ermutigt und unterstützt den Bau und die Konsolidierung jüdischer Siedlungen.“

      Wer seither noch an eine UN-konforme Entwicklung in Richtung einer Zweistaatenlösung glaubt, träumt oder stellt sich absichtlich blind.

      Für die Palästinenser in Großisrael neige ich inzwischen zur Sicht, dass nur noch nicht klar ist, wie lange die Qualen dauern noch werden.

      1. Um eins klar zu stellen: Ich bin eindeutig für das Recht Israels auf einen eigenen Staat, aber auf einen Staat in den Grenzen von 1967 – vor dem Sechs-Tage-Krieg.

        Weiter denke ich, dass Israels Existenz auf dem Spiel steht, wenn es Israel nicht gelingt seine palästinensischen Nachbarn davon zu überzeugen, dass Israel bereit ist die Palästinenser als gleichberechtigte Partner zu akzeptieren.

        Jetzt etwas ganz anderes, bedeutet »Heise-Vertriebener« in Deinem Nick, dass Du wie ich auch von Heise vertrieben wurdest? Ich vermisse zahlreiche Nutzer bei Heise, und sowohl die Artikel als auch die Heise-Nutzer haben nachgelassen.

          1. Um eines zu erfahren : welcher Staat hat eine Daseinsberechtigung?
            Ist das die USA, die Europäer oder sonst irgend ein Staat?
            Ich empfinde die dargestellten Staaten Simulationen einfach klasse, weil dadurch die seperation vom Menschen zum Menschen, entfacht wurde!

            1. Angesichts der über tausendjährigen Verfolgungen der Juden, hauptsächlich durch die Christen aufgrund ihrer Religion und später mit dem Vorwand ihrer »minderwertigen Rasse«, denke ich, dass die Juden das Recht auf einen »Staat« haben.

  5. Wer heute noch davon spricht, dass es in D. Meinungsfreiheit gibt, der ist entweder dumm, naiv, hat Angst, oder steckt tief im Annus der Herrschenden.

  6. Es wäre ein ertragreiches Unterfangen, die moralische Aufrüstung der Heimatfronten und die ständische Umsortierung oder Neujustierung mittels Öffentlichkeitsmanagement in der RF, der EU und den USA gegen einander zu halten, um heraus zu stellen, wie diese drei sich kriegerisch zueinander stellenden Bestandteile des Imperiums sich vermittels des Ukrainekrieges neu formatieren.
    Ich habe es satt, schreibe deshalb nur das abstrakt-allgemeinste Resultat hin, das heißt: So, wie ich es ausspreche, ist es gleichermaßen falsch wie richtig:

    Die USA stehen in keinem Russlandkrieg (stattdessen in einem Krieg gegen sich selbst und China)
    Die EU führt einen Dreifrontenkrieg gegen die USA, Russland und sich selbst
    Die RF führt einen Krieg ausschließlich gegen sich selbst

  7. Zu „(…) für eine geschlossene Front zu sorgen und Ansätze von kritischen, nicht immer konformen oder auch nur zweifelnden Positionen abzuschrecken.“:

    Die „geschlossene Front“ gibt es nicht mehr.
    Angesichts der Lageentwicklung gibt es inzwischen sowohl bei amerikanischen wie auch europäischen Falken „zweifelnde Positionen“, die eine gemeinsame westliche Vorbereitung auf Friedensverhandlungen mit Russland für nötig halten.
    Demgegenüber scheint die EU-Führung, unterstützt vom NATO-Generalsekretär sowie u. a. deutschen Medien, den „totalen Krieg“ mit entsprechender Kriegswirtschaft zu bevorzugen.

    EU:
    Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell hat wörtlich „KRIEGSMENTALITÄT“ („war mentality“) gefordert.
    Unterstützt von NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg legte Borrell den EU-Verteidigungsministern in Stockholm einen 3-Stufen-Plan zur gemeinsam finanzierten EU-Rüstungsproduktion vor.
    Borrell betont einerseits, die Ukraine müsse schnellstens mehr beliefert werden, weil ihr Krieg dieses Frühjahr in die entscheidende Phase komme, aber andererseits, der Krieg würde noch lange andauern, weil er von der Ukraine gewonnen werden müsse (wörtlich: „To win the Peace, Ukraine must win the war“)

    USA:
    Während der Atlantic Council „What Does Ukraine Need to Win?“ und wie die westliche Bevölkerung zur langfristigen Unterstützung des Ziels, die westliche Welthegemonie gegen Russland und China zu „verteidigen“, motiviert werden könne, diskutiert, kommen vom Council on Foreign Relations neuerdings ganz andere Töne – anscheinend aufgrund anderen Einschätzung der realen Optionen.

    Artikel, die Foreign Affairs (Council on Foreign Relations) ohne Bezahlschranke, also für ein breiteres Publikum (!) veröffentlicht hat:

    28.2.2023:
    „The Reckoning That Wasn’t
    Why America Remains Trapped by False Dreams of Hegemony“

    10.3.2023:
    „What the Neocons Got Wrong
    And how the Iraq War Tought Me About the Limits of American Power“

    13.3.2023:
    „The Age of American Naval Dominance is over“

    14.3.2023:
    „How to Prepare for Peace Talks in Ukraine
    Ending a War Requires Thinking Ahead“

    Promptes Echo von Wolfgang Ischinger (ehemaliger SiKo-Chef):
    „How to Prepare for Peace“

    Nun werfen deutsche Medien wie Focus ausgerechnet Ischinger vor, Wagenknecht und Schwarzer „auf den Leim gegangen“ zu sein, obwohl er natürlich keine sofortigen Friedensverhandlungen, sondern zunächst mehr Waffenlieferungen an die Ukraine fordert.

    „Friedensbewegte“ sollten darüber mal nachdenken, um gezielter argumentieren zu können.

    1. Passend dazu Putin heute:
      „We are interested in seeing our European partners as independent and sovereign, and making decisions based on their own national interests. Regretfully, this is not entirely the case, and quite often is not the case at all“
      —>
      „I suppose that we should meet each other halfway. We cannot shift all of the blame for today’s situation solely onto our partners, although we would very much like to do so“

      Daraus sowie den Aussagen des CFR + Ischingers über die Notwendigkeit, sich auf (spätere) Firedensverhandlungen mit Russland vorzubereiten, bei denen das Kriegsziel der Ukraine, sämtliche ehemaligen Territorien einschließlich der Krim zurückzuerobern, nicht durchsetzbar sein wird, könnte die Friedensbewegung Bestärkung für ihre Forderungen ziehen, denn das sind ja keine „Außenseiter“.

      https://tass.com/politics/1589831

        1. Der Artikel ist himmelschreiender Müll. Statistiken, bei denen die RF zehnmal so viel Drohnen verliert wie die heldenhafte Ukraine, das ganze dumme Geschwätz über die inflexiblen unfähigen russischen Streitkräfte, die gewaltigen Siege der Ukraine.

          Kein Wort über Lancet, Produkt-503, kein Wort über den täglichen Einsatz von Quadcoptern, kein Wort über FPV-Drohnen auf beiden Seiten. Mit solchen „Experten“ kann man nur gewinnen ..

          1. gut, ich hatte es via „Informationsstelle Militarisierung (IMI) e.V.“ gesehen und weil Jürgen Wagner dort idR sinnvolle Sachen verlinkt hatte ich es nur kurz überflogen.

            Ich muss es noch durchlesen.
            Frühere Ausgaben von CSIS waren nicht so schlecht.

            Und es stammt ja von den Amis. Dafür kann bei uns dann auch keiner, sollte es nicht taugen.

      1. re: Ischinger

        das grundlegendere Problem ist oft, wie der Alltag ebenso wie die Presseauslese zeigen: Jede Aussage des „Feindes“ – mag sie noch so sinnvoll und konziliant sein – wird per se als „Lüge“ in Abrede gestellt.

        Die De-Humanisierung des Gegners hat ihm auch das Recht zur Kommunikation mit „uns“ genommen.
        Daher ist nur Unterwerfung die einzige akzeptable Antwort.

        Der Russe ist damit potentiell Kombattant außerhalb des Rechts geworden, wie die Praxis des war on terror es als Präzedenz etabliert hat.

        Damit gehen wir auf einen Zustand zurück noch vor die Haager Landkriegsordnung.

        Ähnlich pathologisch wird im Fall des Atomkriegs argumentiert, wie ich kürzlich mir anhören musste:
        Während die ukrainischen Städte alle total zerstört würden (!?) würden WIR uns Sorgen machen um einen unwahrscheinlichen Atomkrieg. Das sei unlauter und moralisch verwerflich und feige.

        Denn die Zerstörung in der Ukraine sei Fakt. Die Zerstörung unserer Städte sei hingegen Hypothese.

        Nageliegend, dass diese Verdrehung aus Akademikermünden kam.

        p.s. jedes Diskursszenario scheint einen eigenen Lösungsansatz vonnöten zu machen. Oder aber ich habe das Pech, es mit besonders Wahnsinnigen zu tun zu haben.

        1. @xyz
          Zu „re: Ischinger (…):
          Schade, dass Sie in Ihren Antworten auf meine beiden Kommentare – mal wieder – deren Aussage wie auch die Aussagen von CFR + Ischinger über die Notwendigkeit der Vorbereitung auf kompromissbereite Friedensverhandlungen mit Russland komplett IGNORIEREN.

          Aber ausgerechnet Sie meckern über „die Jugend“, die ja so IGNORANT sei……

          Mir hat heute eine Gruppe junger Leute einen guten Artikel geschickt, den sie auf Grundlage meines Artikels über Deutschlands zukünftige Rolle verfasst haben, und mir vorgeschlagen, zu einem anderen Thema – das ich hier im Forum vergeblich thematisiert habe – gemeinsam einen Artikel zu erstellen. Gleichzeitig bekomme ich auch in meiner Altersgruppe die Möglichkeit zur Zusammenarbeit mit Leuten, die nicht IGNORIEREN, sondern Bezug auf das nehmen, was ich sage und schreibe.
          Wenn ich mich stattdessen am Overton-„Kommentariat“ orientieren würde, hätte ich längst völlig entmutigt aufgeben. – Hier schreibe ich nur noch, weil ich hoffe, dass es „stille Mitleser“ gibt.

          1. Sabine Schulz

            Ich bin in der Sache ihrer Meinung.
            Ich finde es wichtig, dass Ischinger (gegen dessen Vorgänger ich auch noch auf die Straße ging, absurde Welt) jetzt sich möglicherweise umorieniert.

            (Obwohl ich da auch immer vorsichtig bin. Siehe Kissinger.
            Zudem scheint das alles noch instabil und widersprüchlich. Und wenn die USA sich zurückziehen, das Feld den Europäern überlassen, nur damit wir hier aufrüsten und den permanenten Ausnahmezustand üben ist das natürlich katastrophal. Bei Wolfgang Streeck in New Left Review von gestern z.B. liest sich das alles zwar etwas oberflächlich in der zusammenfassenden Analyse, aber der Ausgang wird als völlig offen dargestellt. Deutschland als Führungsmacht? Keine Ahnung, aber ist das etwas was Ischinger sich wünschen könnte? Vielen Dank, ich verzichte.)

            Aber egal. Wenn ich Sie hier im Forum nur bestätigen soll kann ich auch einfach schweigen.

            Ich hab halt meine haarsträubenden Erfahrungen in dieser Sache (Friedensverhandlungen) kurz mitgeteilt und die etwas unerwartet kruden Argumentationen, denen ich begegnete. Subjektive Eindrücke über Stimmungen in diesem Wirrwarr.

            Was ist daran falsch?

            Ich hatte nicht den Eindruck, dass Sie von meiner Seite irgendeines Inputs bedurften. Außerdem habe ich im Falle Ischinger dazu auch nichts besonders Kluges zu sagen.

            Aber mich gleichzusetzen mit Leuten, die der Meinung sind, man solle alle Hoffnung fahren lassen, alle Foren außer OT seien korrupt und dumm und dass wir ohnehin bald sterben werden und wir sollten NICHTS tun – dann ist das natürlich komplett an der Realität die mich betrifft, vorbei.

            1. @xyz
              Meine Güte, ich habe weder Ischinger noch die Autoren bei Foreign Affairs als Friedenstauben oder in ihren Aussagen als glaubwürdig bezeichnet. Genauso wenig wie Borrell, bei dem Sie mir ja mal ähnliches unterstellt hatten.
              Ausgerechnet mir auch noch zu unterstellen, ich sei nur auf Bestätigung aus, ist wirklich das Allerletzte.
              Aber eben typisch…..

              1. sagen Sie mal was wollen Sie eigentlich von mir hören?!
                Sie haben eine Expertise darin entwickelt mich falsch zu verstehen.

                Ich habe doch nicht behauptet, Sie hätten Autoren von FA als Friedenstauben mißzeichnet.
                Und ebenso wenig habe ich gesagt, Sie würden Borrell so oder ähnliche deuten.
                WEnn ich mich recht entsinne, war ich nun mal der Meinung, das diese Leute – sie können das gerne naiv halten – nach meiner Rezeption überfordert wirken oder in ihrem Denkhorizont begrenzt oder, wenn Sie es bewusst tun, zutiefst opportunistisch und korrupt.

                Was ich aber nicht verstehe ist ihre völlig unnötige Tendenz alles zu personalisieren.
                Es geht nicht um SIE!
                Genauso wenig wies es um MICH geht!
                Es geht um die Sache und die Auseinandersetzung um diese und die weist zahlreiche unterschiedliche Fronten auf. Und viele betätigen sich in verschiedener Weise an jeweils verschiedenen „Frontenabschnitten“.

                Warum muss man sich darüber in die Haare kriegen.

                1. @xyz
                  Zu „sagen Sie mal was wollen Sie eigentlich von mir hören?! Sie haben eine Expertise darin entwickelt mich falsch zu verstehen. (…..)“:

                  Ich verstehe tatsächlich nicht, warum Sie meine Kommentare nicht einfach in Ruhe lassen.
                  Und jetzt belehren ausgerechnet Sie mich auch noch darüber, ich hätte eine „völlig unnötige Tendenz alles zu personalisieren“, es gehe nicht um mich und auch nicht um Sie.
                  Tja, kurz zuvor haben Sie meine allgemeine Bemerkung über das Overton-„Kommentariat“ so persönlich genommen, dass Sie mir vorgeworfen haben, ich hätte Sie mit anderen Kommentierenden „gleichgesetzt“ – so, als ginge es im Forum nur um Sie!

                  Es ist nun mal menschlich, Antworten persönlich zu nehmen, wenn man sich mit dem, was man schreibt, identifiziert. Wenn man dazu keinerlei Empfindungen hätte, warum würde man sich die Mühe machen?

                  Oder ist es in der menschlichen Kommunikation völlig egal, ob Aussagen zur Kenntnis genommen oder ignoriert werden?
                  Sie schreiben doch selbst, wie enttäuscht Sie sind, wenn Gesprächspartner Ihre Argumente ignorieren!

    1. Ein wenig selektive Wahrnehmung in eigener Sache muss man bzgl. telepolis schon tolerieren..
      Von 2015 an rund 1500 Postings meinerseits, etwa 80 Hinweise an die Redaktion wegen inhaltlicher, grammatikalischer oder orthographischer Fehler und etwa so viele gesperrte Postings, allerdings meist indirekte, weil „über meiner, unter meiner“ gesperrt wurde.
      Schreibverbot dauernd wegen eines links auf eine Palästinenerzeitung, tja, selbst das EU Parlament ist da schon weiter..
      Hat mich zwar geärgert, aber mit der Nennung eines Zensors bin ich lachend versöhnt – heise im Kreis und LaKai

  8. Paradoxerweise entgeht den selbsternannten Verteidigern der Demokratie, dass eine Gesellschaftsform, in der kontroverse, widersprüchliche oder für die aktuelle Mehrheit unpopuläre Meinungen unterdrückt oder sanktioniert werden müssen, mehr mit einer Diktatur gemeinsam hat, als mit einer echten Demokratie. Na gut, die Sanktionen bestehen nur aus gesellschaftlicher Ächtung und Ausgrenzung und sind nicht lebensbedrohlich … aber Menschen und ihre Meinungen werden dennoch unsichtbar gemacht, zum Verschwinden gebracht. Bleibt es bei einem bloss symbolischen Verschwindenlassen oder wird das irgendwann aus lauter Gutmeinerei auch ausser Kontrolle geraten?

  9. Cancel cancel cancel cancel cancel cancel cancel cancel cancel cancel cancel cancel cancel cancel cancel cancel cancel cancel cancel cancel cancel cancel cancel cancel cancel cancel cancel cancel cancel cancel cancel cancel cancel cancel cancel cancel cancel cancel cancel cancel cancel cancel cancel cancel cancel cancel cancel cancel cancel cancel cancel cancel cancel cancel cancel cancel cancel cancel cancel cancel cancel cancel cancel cancel cancel cancel cancel cancel cancel cancel cancel cancel cancel cancel cancel cancel cancel cancel cancel cancel cancel cancel cancel cancel cancel cancel cancel cancel cancel cancel cancel cancel cancel cancel cancel cancel cancel cancel cancel cancel cancel cancel cancel cancel cancel cancel cancel cancel cancel cancel cancel cancel cancel cancel cancel cancel cancel cancel cancel cancel cancel no culture left

  10. „Offenbar scheint er ein der deutschen Regierungspolitik treuer ergebener Offizier zu sein, als dies Zorn gewesen ist, der 2018 noch von der damaligen Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen sein Amt erhalten hat.“

    Nun, ich muss zugeben, ich würde auch ausnahmslos jedem, der von Frau von der Leyen persönlich ein Amt erhalten hat, mit äusserster Skepsis und Misstrauen begegnen…

  11. Verständlich. Breuer war ja schon bei „Corona“ erfolgreich in Sachen Psychologische Kriegsführung und Vorfeldmilitarisierung.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert