Hat er »Bürgerkrieg« gesagt?

Berlin zerstört
Quelle: Dieses Bild wurde mittels KI entwickelt.

Sie wollen nach Deutschland einreisen? Seien Sie äußerst vorsichtig. Das Land gilt im Ausland als Pulverfass – deutsche Behörden kümmert das herzlich wenig.

Stell Dir vor, meine Freundin wurde in Kanada von den dortigen Behörden am Flughafen gefragt, ob ihre Einreise nach Deutschland denn dringlicher Natur sei – war es natürlich: Sie wollte nach Hause. Man sagte ihr auch, dass es eine Sicherheitswarnstufe Drei für nach Deutschland Ausreisende gäbe. So berichtete mir mein Kind kürzlich – ganz glauben wollte ich das nicht, obgleich ich mich erinnerte, irgendwo dazu was gelesen zu haben. Eine kurze Recherche ergab: Hier und da gab es Berichte über Kanadas Warnung. Von deutscher Regierungsseite allerdings: Fehlanzeige. Das Auswärtige Amt: Eine Nullnummer. Aber eine kanadische Regierungsseite half weiter.

Kanada warnt vor Einreisen nach Deutschland – besser sei es, man reise nur in dringlichen Fällen ein. Grund: Terrorgefahr. »Seien Sie äußerst vorsichtig«, liest man dort. Außerdem: Kleinkriminalität käme vor, organisierte Banden seien auf diesem Sektor tätig. Es käme zudem zu einem deutlichen Anstieg von Passdiebstählen; Gewaltverbrechen seien selten, kämen aber vor. Rechtsextremisten verübten Übergriffe. Und dann ist da noch der Terrorismus: »Terroranschläge können jederzeit stattfinden. In den letzten Jahren gab es mehrere Anschläge in Deutschland. Diese haben viele Verletzte und Tote gefordert. Weitere Anschläge sind wahrscheinlich.« Potenzielle Anschlagsziele: »Regierungsgebäude, einschließlich Schulen, Gotteshäuser, Flughäfen und andere Verkehrsknotenpunkte und -netze, öffentliche Bereiche«.

Fragen Sie in Kanada nach!

Die kanadischen Behörden empfehlen: »Achten Sie in der Öffentlichkeit stets auf Ihre Umgebung.« Und: »Es finden regelmäßig Demonstrationen statt. Selbst friedliche Demonstrationen können jederzeit gewalttätig werden. Sie können auch zu Störungen des Verkehrs und des öffentlichen Nahverkehrs führen.« Deutschland wird als ein Land begriffen, in dem es auf den Straßen Risiken gibt, die man kennen sollte. Die Vereinigten Staaten und Australien sollen sich dem angeschlossen haben und warnen nun auch seit einigen Wochen vor diesem Land, in dem der Terror allgegenwärtig zu sein scheint.

Weiß das Auswärtige Amt überhaupt, dass Deutschland von westlichen Partnern so betrachtet wird? Anfrage an die Kurstraße 36 in Berlin. Unter anderem: »Kennen Sie das Motiv der Warnung?« Und wichtiger noch: »Was gedenkt das Auswärtige Amt als Teil der Bundesregierung, um den Bedenken gegenzusteuern?« Die Antwort kam prompt und fundiert: »Mit Fragen zu Reisehinweisen Kanadas bitten wir Sie, sich an die zuständigen kanadischen Behörden zu wenden.«

Die Idee schien nicht schlecht, also wendete sich das Overton Magazin, ich in Person, an die kanadische Botschaft in Berlin. Die Frage, wie man das Ansehen Deutschlands verbessern könnte, vermied ich jedoch – denn ich nahm an, dass dies über die Kompetenz des kanadischen Diplomatencorps hinausgehe. Die Antwort von Seiten der Botschaft gestaltete sich so, wie vermutlich Antworten von Behörden überall auf der Welt aussehen. Umfangreich, aber leider ohne Neuigkeiten. Einzig interessant: »Das Risikoniveau für Deutschland hat sich seit November 2022 nicht verändert und liegt weiterhin bei erhöhter Vorsicht. Dies entspricht der Einstufung anderer westeuropäischer Länder, darunter Frankreich, die Niederlande, das Vereinigte Königreich und Italien.«

Braver Journalismus sollte freilich Rechenschaft ablegen über das, was er macht, wenn Behörden es ihm schaffen. Und so konfrontierte das Overton Magazin nochmals das Auswärtige Amt und erklärte der Pressestelle, dass es den Vorschlag beherzigt habe. Dann erneuerte es die Anfrage wie folgt: »Wie sieht es das Auswärtige Amt, dass Kanada Deutschland als Land unter fortwährender Terrorismusgefahr erachtet? War dem Auswärtigen Amt bekannt, dass Deutschland in Kanada so eingestuft wird? Was gedenkt das Auswärtige Amt als Teil der Bundesregierung zu tun, um wieder als sicheres Einreiseland gelten zu können?«

Hören Sie auf sich Sorgen zu machen!

Die Antwort ließ lange auf sich warten und fiel gekonnt versiert aus: »Wir verweisen auf unsere bisherige Antwort, der wir nichts weiteres hinzuzufügen haben.« Keine schlechte Erwiderung für eine Behörde, die 2025 mit 5,96 Milliarden Euro Steuergeld ausgestattet wurde und die davon 1,35 Milliarden Euro für Personalaufgaben aufbringt. Wobei die Anfrage alleine vielleicht schon disqualifiziert, denn eine Frage, die etwas über die destabilisierte Situation der Bundesrepublik – oder die im Ausland angenommene Destabilisierung – in Erfahrung bringen möchte, muss sofort als delegitimierend eingeordnet werden. Denn darin schwingt etwas mit, was man offenbar außerhalb Europas wahrnimmt und auch zum Thema macht: Westeuropa steckt in einer tiefen Krise – und marschiert in Verhältnisse ein, die man sich für Staaten vorstellt, die kurz davor sind, wie ein Pulverfass hochzugehen.

Hat er »Bürgerkrieg« gesagt? Das mag man sich an den Stellen, die der Presse Antworten geben sollen, gedacht haben. Denn schließlich wollte da jemand wissen, warum man Deutschland im Ausland als chaotisches Land erachtet, als Vorstufe zum failed state. Und wer in Deutschland vor einem Bürgerkrieg warnt, gilt schnell als rechtsextrem – denn wer warnt, wer sich Sorgen macht, der ist als Bürger und Journalist umgehend verdächtig. In Deutschland gilt jedoch: Sorgenfrei haben die Leute zu sein – und keine Fragen zu stellen, verdammt nochmal! Sorgenträger sind gefährlich. Man wird sich mit ihnen noch auseinandersetzen müssen, wenn der Ernstfall eintritt. Das aber ist Zukunftsmusik. Der Ansatz des Crescendos ist bereits vernehmbar.

David Betz erklärte in einem Interview mit diesem Magazin, dass ein Bollwerk gegen einen dräuenden Bürgerkrieg wäre, wenn es kompetente und vertrauenswürdige Eliten gäbe. Anfragen wortkarg zu kommentieren: Spricht das etwa für Kompetenz und Vertrauen? Immerhin ist es eine berechtigte Frage für einen Bürger der Bundesrepublik, wie man das Ansehen des eigenen Landes im Ausland wieder stärken möchte. Eine mögliche Antwort wäre dann auch gewesen: Die Kanadier übertreiben. Aber nicht mal dazu konnte man sich durchringen, wohl in dem Wissen, dass die Nordamerikaner gar nicht mal so falsch liegen mit ihrer Einschätzung. Ob man in den Ämtern dieser Republik ahnt, dass der Verfall so weit fortgeschritten ist, dass sich darüber auch nur nachzudenken nicht mehr lohnt und nur schlechte Stimmung macht?

Sicher, eine nicht beantwortete Anfrage macht noch keine Staatskrise. Sie ist vielleicht nicht mal ein Symptom dafür. Aber exemplarisch ist sie allemal für den Niedergang Deutschlands. Das Land ist unsicher – und es ist verunsichert. Und als problematisch gilt derjenige, der Fragen stellt, die mittlerweile wieder als Nestbeschmutzung gelten. Die ist wieder Thema: im Bundestag wirft nun selbst die CSU der AfD Vaterlandsverrat vor. Die alten Begriffe blühen wieder auf. Georg Kreisler hat mal die Nestbeschmutzung folgendermaßen erklärt: Einer kommt in einen leeren Raum und macht einen Haufen, dann geht er wieder. Danach kommt ein anderer in den Raum und sagt laut, dass es stinke – und genau der ist der Nestbeschmutzer.

Roberto De Lapuente

Roberto J. De Lapuente, Jahrgang 1978, ist gelernter Industriemechaniker und betrieb acht Jahre lang den Blog »ad sinistram«. Von 2017 bis 2024 war er Mitherausgeber des Blogs »neulandrebellen«. Er war Kolumnist beim »Neuen Deutschland« und schrieb regelmäßig für »Makroskop«. Seit 2022 ist er Redakteur bei »Overton Magazin«. De Lapuente hat eine erwachsene Tochter und wohnt in Frankfurt am Main.
Mehr Beiträge von Roberto De Lapuente →

Ähnliche Beiträge:

12 Kommentare

  1. Ich meinerseits würde im Leben nicht in Canada einreisen. Während der Covidie eins der totalitärsten Länder überhaupt! Ohne ArriveCan App (dies beinhaltete mindestens 3 Spritzen) keine Einreise.
    Überhaupt eins der scheinheiligsten Länder auf der Welt! Tun immer so als wären sie politisch ultrasauber und liberal! Naja, möge sich jeder selbst ein Bild von dieser weißen Weste machen!
    Und das furchtbarste: wenn man einen Francokanadier französisch sprechen hört!
    Spätestens dann reist man liebend gern zurück nach Europa. Egal was hier los ist.

  2. Was ist von dieser Dysfunktionalen Verwaltung, außer dem kassieren von Schmiergelden und/oder dem Ausführen jeder, mag sie noch so Illegal sein, Anweisung, auch noch anders zu erwarten?
    Diese kaputte höchst korrupte Justiz und Verwaltung in diesem Staat der noch viel korrupteren und kaputteren Politik, lässt sich wirklich nur mit einem Bulldozer reformieren. Einmal komplett Abreißen und neu machen ist alles was noch möglich ist. Ob mittels Krieg oder ohne spielt dabei keine Rolle.
    Und wo es möglich ist, die letzten 3 Generationen aus Politik, Justiz und Verwaltung für das durch sie Angerichtete Unheil Regress fordern und kassieren.

  3. Kanada ? Nur mal zur Erinnerung: Bei den Truckerprotesten 2022 hat Trudeau jr. aber gar keinen Spass vertragen, den Protestierern wurden die Konten gesperrt, die Versicherungen wurden genötigt die Trucks zu “ Entversichern“, selbst Unterstützern und Symphatisanten würden die Konten gesperrt. Abschleppunternehmer, die sich weigerten, die LKW abzuschleppen, wurde mit Haft und dem Entzug der Lizenz gedroht. Die TAZ schrieb: “ Die Proteste sind ein gezielter Umsturzversuch von rechts, von Hass und Hetze kann man hier sprechen.Noch alarmierender ist die Tiefe der rassistischen und faschistischen Ansichten“. Als die Truckerkolonnen sich Ottawa immer weiter Ottawa näherten, hat der kleine Feigling Justin vorsichtshalber die Flucht ergriffen. Soviel zur “ links- liberalen Demokratie“ in Kanada. Nun können die TAZer mal beweisen, das es in Neukölln und Wedding absolut sicher ist und die Kanadier alles maßlos übertreiben.

    1. Die tazler können sich die Bezirke ja direkt vor der Haustür ansehen oder mit der BVG hinfahren. Dabei kann man auch noch die Penner in den Wagen begutachten. Alles Ergebnisse der bisherigen Politik.

      Die Diffamierung der Fernfahrer als Nazis war ganz schön schwach. Was mich aber wunderte, daß die Versicherungen eingeschüchtert wurden. Die müssen doch vermutlich gesetzlich vorgeschrieben die LKW versichern. Die Kündigungen dürften auch nicht gültig gewesen sein. Gab ja eigentlich keinen Grund die zu kündigen. Aber wenn der König Trudeau befahl, dann folgten sie alle. Warum eigentlich? Illegalen Anordnungen muss man nicht nachkommen. Ganz schön schwaches Bild Des Rechtsstaates Kanada.

      Tja gibt es da jetzt eine Welle Schadensersatzklagen?

      1. Schadenersatz ? Die Liberalisten berufen sich auf ein Notstandsgesetz von 1979/1988, Schadenersatz ist da wohl ausgeschlossen, da es sich hier angeblich um “ Umstürzler“ handelt. Viele Trucker sind mittlerweile finanziell vernichtet worden, schon von daher wäre es schwierig überhaupt Prozesse durchzuführen. Da nützt es auch nix, dass der kleine Feigling Justin inzwischen in der Versenkung verschwunden ist.

  4. Ja klar, wenn ich wissen will wie die Situation in Italien ist, frage ich jetzt immer erstmal in Südafrika nach. Die können mich bestimmt umfassend informieren. Oder doch nicht?

    Jetzt bin ich doch tatsächlich 48 Wochen im Jahr in Deutschland, häufig auch noch in einer der gefährlichsten Städte des Landes. Und dann soll mir Kanada erzählen wie es hier zugeht.

    Scheiße nochmal, wie unnötig ist das denn.
    War da Langeweile im Spiel?

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert