Tagebuch aus der JVA Heilbronn

Gitterblick, JVA Fuhlsbüttel
GeoTrinity, CC BY-SA 3.0, via Wikimedia Commons

Menschen hinter Gittern: Wie leben sie? Wie sieht ihr Alltag aus? Und was genau geschieht im Gefängnis „im Namen des Volkes“?

Wollen wir überhaupt wissen, was aus den Menschen wird, nachdem sie als Straftäter verurteilt und weggesperrt sind? Und was ist mit den Frauen und Männern, die als Personal in den Anstalten Dienst tun – oft ebenfalls lebenslänglich? Joachim Walter war u.a. stellvertretender Leiter der Strafvollzugsanstalt Stuttgart-Stammheim und Leiter des Jugendstrafvollzugs in Pforzheim und Adelsheim. Aus seiner jahrzehntelangen Berufserfahrung erzählt er in seinem Buch lebendige, aber immer wahre Geschichten über die Menschen im Gefängnis – Gefangene wie Bedienstete – und überlässt es den Leserinnen und Lesern, sich selbst ein Urteil über Sinn und Unsinn des Strafvollzugs zu bilden.

Ein Buchauszug.

Zelleneinschluss im Heilbronner Gefängnis. Ein riesiger Radau: Lautsprecher knarzen, pfeifen und plärren los, schwere Eisentüren schlagen, Schlüssel rasseln, Kommandos erschallen, Stiefel stampfen, ein gewaltiges Wirrwarr von Stimmen. Man kann unmöglich angeben, woher die vielen lauten und hallenden Geräusche kommen. Offenbar von überall her. Weil es so viele Flure und Türen im Gefängnis gibt: Außentüren, Innentüren, Schleusentüren, Zellentüren, Stockwerksabschlusstüren. Es kommt einem so vor, als ob sie alle gleichzeitig geräuschvoll geöffnet und wieder zugeknallt werden. Menschenmassen drängen ins Gebäude, zu den Treppenaufgängen, trampeln über die Gänge und Galerien. Das sind die typischen Geräusche eines deutschen Gefängnisses zu Anfang der Siebzigerjahre beim Einschluss.

Panoptikum der Geräusche

Seit heute im Handel erhältlich!

Das Zellengebäude der JVA Heilbronn, in der ich nun seit einigen Monaten tätig bin, besteht aus vier langen Flügeln, jeder von ihnen drei Stockwerke hoch, die sich, ähnlich der Vierung einer gotischen Kathe­drale, in einem Zentralbau treffen. Jeder Flügel ist vom Erdgeschoss bis zum dritten Obergeschoss offen. Man nennt das panoptische Bauweise. Denn so kann von der verglasten Zentrale im Kreuzungspunkt aus jeder der davon abgehenden Flügel vollständig überblickt werden, sogar von einem einzigen Aufsichtsbeamten. Im zentralen Aufsichtsbereich kann man über Wendeltreppen alle Stockwerke erreichen.

Ein solches Gefängnis ist innen offen, vom Erdgeschoss bis zum Dach, welches mit seinen zahlreichen Fensterfeldern für Tageslicht sorgt. Es gibt keine Zwischendecken zwischen den Stockwerken. Oft werden die Flügel deshalb auch als Hallen bezeichnet. Der Zugang zu den in jedem Flügel auf beiden Seiten angeordneten Hafträumen erfolgt über schma­le eiserne Galerien, die an der Innenwand des jeweiligen Stockwerks ­hängend angebracht sind. Sie vereinigen sich im Zentralgebäude und erschließen so mehrere Hundert Zellen, in denen die Gefangenen untergebracht sind. Aufgrund des Mangels jeder Trittschalldämpfung führen diese metallenen Laufgänge zum hohen Lärmpegel beim Einrücken.

Diese eisernen Galerien auf den Stockwerken sind so schmal, dass zwei Personen dort nur mit Mühe aneinander vorbeikommen. Das ist Absicht. Ist auch nur eine der nach außen schwenkenden Zellentüren geöffnet, ist der Durchgang vollends versperrt. Bis die Tür mittels eines langen Hebels, senkrecht stehend und dreimal so lang wie eine normale Türklinke, wieder geschlossen wird. So wird die Vereinzelung beim Zelleneinschluss vieler Gefangener garantiert und darüber hi­naus im Gebäude ein Davonrennen praktisch unmöglich gemacht. Bei der täglich dreimal stattfindenden Essenausgabe hat der Essensausteiler daher große Mühe, mit seinem schmalen Schiebewagen und den da­rauf geladenen Kübeln mit Muckefuck, Suppe oder Eintopf überhaupt durchzukommen. Der ihn begleitende Beamte öffnet deshalb immer nur eine Zellentüre nach der anderen. Ansonsten droht Blockade.

Im offenen Luftraum zwischen diesen mit hohen Geländern versehenen Laufgängen sind in den oberen Stockwerken Sprungnetze gespannt, damit keiner, um sich das Leben zu nehmen, über das Geländer in die Tiefe springen kann. Der Lärm der schwer ins Schloss fallenden Türen, aber auch sonst alle Geräusche, die beim Zelleneinschluss von Hunderten in ihre Hafträume zurückströmenden Gefangenen und zahlreichen Wachbeamten verursacht werden, können sich also im ganzen Gebäude ungehindert ausbreiten.

Typischer Knastgeruch

Neben dem lauten Türenschlagen tragen zum enormen Lärm des Einschlusses ebenso bei: das Trampeln der Schritte auf den eisernen Treppen und Galerien, das Rasseln der Schlüsselbünde der Beamten, wenn sie die Türschlösser betätigen, und ihre Kommandos. Und natürlich die lautstarken Rufe der Männer, wenn es sein muss auch über Stockwerke hinweg, mit denen sie den allgemeinen Krach zu übertönen versuchen, um einen Kumpel oder einen Neuzugang zu kontaktieren. Alles noch verstärkt durch den Nachhall. Denn das Einzige, was den Lärm dämpfen kann, ist die Kleidung der Gefangenen und der Uniformträger. Ansonsten gibt es nur Mauerwände, Stahl und Glas.

Ein solcher Auf- oder Einschluss findet mehrmals täglich statt: morgens Abrücken zur Arbeit, mittags Einrücken zum Mittagessen, das in der Zelle eingenommen wird. Danach erneutes Abrücken zur Arbeit, sodann wieder Einschluss im Haftraum und Vollzähligkeitskontrolle. Am späteren Nachmittag Abrücken zum Hofgang und danach für heute letzter Einschluss in den Haftraum samt erneuter Zählkontrolle, versteht sich. Es sei denn, der Gefangene darf ausnahmsweise abends zu einer Freizeitveranstaltung gehen.

Und jedes Mal ist das ganze Gefängnis in Bewegung, jedes Mal geht es zu wie im Ameisenhaufen: Hunderte von Gefangenen, alle einheitlich in fadenscheinigem graublauen Drillich, strömen aus mehreren Richtungen über die engen Treppen und Galerien durch das Haus zu ihren Abteilungen. Das verursacht überall Stauungen und dauert seine Zeit. Schließlich steht jeder wartend vor seiner Zellentüre, bis sie ihm einer der Aufsichtsbeamten öffnet und sofort nach dem Betreten wieder verschließt.

Fast genauso wie der enorme Lärm beeindruckt den Neuling der typische Knastgeruch, der alles durchdringt. Er hat sich in die Kleidung und das Bettzeug der Gefangenen eingenistet und wabert durch das ganze große Gebäude. Eine Mischung aus Männerschweiß, kaltem Zigarettenrauch, schlecht gelüfteten Hafträumen und dem Mief abgestandenen Essens – undefinierbar, aber unverwechselbar. Er kann einem buchstäblich den Atem rauben. Mehrfach ist es vorgekommen, dass Besucher von außerhalb im Zellenbau ohnmächtig geworden sind und an die frische Luft gebracht werden mussten.

Nach Beendigung des abendlichen Einschlusses, letztem Türen-schlagen und Schlüsselrasseln scheint es ruhig zu werden im Zellenbau. Mittlerweile haben die Gefangenen über die Essenklappe in der Zellentür auch das Abendessen in Empfang genommen: lauwarmen Kräutertee, zwei bis drei Scheiben Graubrot, etwas Wurst oder Käse. Allerdings fangen nach dem Essen schon wieder einige an, sich vom Zellenfenster aus gegenseitig die letzten Neuigkeiten zuzurufen. Das ist zwar verboten, aber einfach, weil jeder von seiner Zelle aus eine Vielzahl von potenziellen Gesprächspartnern im gegenüberliegenden Flügel findet. Es dauert deshalb lange, bis das Stimmengewirr abebbt. Einzelne Zurufe und Unterhaltungen von Fenster zu Fenster gibt es aber noch lange.

Bambule!

Wann kehrt denn endlich Ruhe ein? Das dauert, je nach Jahres-zeit und Witterung. In warmen Sommernächten, wo in den schlecht belüfteten Zellen kaum einer Schlaf findet, sind einzelne Stimmen, manchmal auch unartikulierte Schreie noch bis spät in die Nacht zu hören. Außerdem stören die grellen Scheinwerfer, die bei Dunkelheit alle Gebäudeteile in helles Licht tauchen und zu jedem Fenster herein­leuchten.

Herrscht dann lange nach Mitternacht Frieden, kann ein einzelner Rufer den ganzen Bau wieder wecken. Dann kann es vorkommen, dass die Gefangenen anfangen, wütend mit ihren Löffeln gegen die blechernen Essgeschirre zu schlagen oder mit den Fäusten gegen die Zellentüren zu hämmern und mit den Füßen dagegenzutreten. Der ganze Knast gerät dann in Aufruhr: ein ohrenbetäubender Lärm und wüstes Spektakel. Nervenzerfetzend kann das sein – und soll das auch sein! Bambule machen, nennen die Gefangenen das. Ein ohnmächtiger Protest derer, denen kein anderes Mittel zur Verfügung steht, ihrer Wut und Empörung Ausdruck zu verleihen.

Sollte nun noch irgendwo einer der zahlreichen, an vielen kritischen Stellen angebrachten Alarmmelder eingeschlagen werden – Blau für Sicherheit, Rot für Feuer –, dann schrillen in allen Flügeln und Stockwerken die extrem lauten elektrischen Alarmglocken. Auf großen rot oder blau blinkenden Tableaus wird den losrennenden Beamten angezeigt, an welchem Ort der Alarm ausgelöst wurde. Gleichzeitig fährt die Alarmbeleuchtung hoch: Mit zahlreichen zusätzlichen Scheinwerfern wird die Anstalt in ein gleißend helles Licht getaucht. Jetzt ist endgültig die Hölle los!

Solcher Art dürften meine ersten prägenden Eindrücke und Erfahrungen im Heilbronner Gefängnis in der Steinstraße gewesen sein. Beeindruckend, bisweilen beklemmend, manchmal sogar furchterregend. In jedem Falle so ungewöhnlich, dass einem die ersten Wochen in einem solchen geschlossenen Männergefängnis wohl immer unauslöschlich im Gedächtnis bleiben werden.
Kein Wunder also, dass ich meine ersten Monate als stellvertretender Leiter der Justizvollzugsanstalt Heilbronn als sehr belastend in Erinnerung habe. Mit den täglich gemachten bedrückenden Erfahrungen konnte ich oft kaum klarkommen. Nur in dieser Zeit, nie zuvor und auch niemals mehr danach in meinem Leben, habe ich deshalb Tagebuch geschrieben und diesem meine Erlebnisse, Belastungen und Verletzungen anvertraut. Es war ein Versuch, die auf mich einstürzenden Eindrücke zu verarbeiten und dabei einigermaßen das psychische Gleichgewicht zu halten. Eine Art Selbst-Supervision.

Joachim Walter

Joachim Walter, Dr. jur., studierte Rechtswissenschaften, Psychologie und Kriminologie. Er war stellvertretender Leiter der Justizvollzugsanstalten Heilbronn, Karlsruhe und Stuttgart-Stammheim und Leiter der Anstalten in Pforzheim und Adelsheim. An der Jugendstrafanstalt Adelsheim wurden unter seiner Leitung erfolgreich eine Reihe von progressiven Resozialisierungsmaßnahmen eingeführt. Außerdem war er Dozent an der Universität Heidelberg und hat in einschlägigen Fachzeitschriften veröffentlicht. Heute lebt er in Adelsheim und arbeitet seit seiner Pensionierung als Rechtsanwalt.
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26 Kommentare

  1. Tja Leute, also aufpassen was ihr hier über die herausragende Arbeit (Zwinker Smiley) unserer besten Regierung aller Zeiten sagt, sonst könnt ihr euch selber bald einen genauen Überblick über die deutsche Knastkultur verschaffen.

    1. Die beste Regierung aller Zeiten sagt, dass mit dem ‚Cyberdome‘ von Dr. Dobrinth (oder wie ich die Bestie lieben lernte), sehr wahrscheinlich wieder mehr Menschen aus politischen Gründen zu inhaftieren sind, was unsere Justiz aber nicht überfordern wird, falls vorher eine Selektion stattfindet.

  2. Wie Auszug aus dem Buch zeigt, scheint sein Autor richtig gut schreiben zu können. Eine Fähigkeit, die heute einer beachtlichen Zahl von Journalisten abgeht.
    Trotzdem gebe ich zu, dass mich die Beschreibung auf eigentümliche Weise „kalt“ lässt. Und ich bin, so ist jedenfalls mein Selbstbild, ein eher emotionaler Mensch.
    Es gibt gute Gründe, sehr gute sogar, sich der Grenzen der irdischen Gerechtigkeit bewusst zu sein. Besonders in der Klassengesellschaft,
    Aber die Kriminellen, die in den Knast kommen, rebellieren nicht gegen diese Gesellschaft, sondern haben sie zutiefst verinnerlicht. Ihr Bestreben ist es, einen besseren Platz in dieser Gesellschaft zu haben, mit mehr Eigentum, Macht, Spaß, Sex. Die Mittel dazu sind Gewalt, Betrug, Hinterhalt und davon eine ganze Menge, weil so schnell schafft man es in Deutschland nicht, in den Knast zu kommen. Außer der Staat bekämpft seine Feinde, wie die Coronaleugner, Maßnahmenkritiker und ähnliche Gedankenverbrecher, von denen ich hier nicht schreiben möchte. Aber wenn selbst der Mittäter an einer Gruppenvergewaltisung eine Bewährungsstrafe erhält, weiß man, dass die Masse der Kunden schon sehr heftig unterwegs gewesen sind, um in den Knast zu kommen.
    Das ganze Geschwätz von Resozialisation, Wiedereingliederung, neue Chance nach der Entlassung, sollte der interessierte Leser ersthaft prüfen. Dagegen sind die sonntäglichen Heilsversprechen der Prediger von geradezu evidenter Wahrhaftigkeit. Der Strafvollzug kann das nicht und wird das niemals können.
    Warum trotzdem Strafvollzug?
    Regelmäßig wird, wenn das Thema auf den Tisch kommt, vorgetragen, dass es dabei nicht um Rache gehen könne und ebenso regelmäßig wird nie, wirklich niemals begründet, warum nicht. Wir dürfen sehr sicher sein, dass das Opfer einer Vergewaltigung oder deren Eltern, das nicht so sehen und ich kenne bisher kein Argument dagegen, das mich überzeugt und ich habe dazu viel gelesen. Dazu wäre mehr zu schreiben und ich kann das nur thesenhaft anreißen.
    Bleiben wir beim hier vorgestellten Buchauszug. Warum lässt es mich kalt, wie sich Kriminelle im Knast fühlen? Weil es die in aller Regel, und ich meine nicht geheuchelte Reue vor Gericht, um ein günstiges Urteil rauszuschinden, vollkommen kalt lässt, wie sich ihre Opfer fühlen. Wie sich der Mensch fühlt, in dessen Wohnung sie eindrangen und verwüsteten, den sie bestahlen, dem sie Gewalt antaten, Schmerzen zufügten, den sie lustvoll tyrannisierten. Macht euch keine Illusionen, das einzige, was die in ihrer Mehrzahl bereuen, ist, das sie sich erwischen ließen, gern auch verbunden mit der Ansage, dass die Drecksschlampe, die einen anzeigte und in den Knast brachte, dass bitter bereuen würde, wenn man wieder rauskommt.
    Ehrlich, das Leid dieser Leute ist nicht das meine und ich stehe auf der Seite derer, denen sie schadeten und nur auf deren Seite. Dass sie Weihnachten oder zum Opferfest nicht zu Hause sind, geht in Ordnung und wenn sie Bambule machen, tun mir nur die Bediensteten leid, nicht die Krimnellen.

    1. ++++

      Klingt alles ziemlich fundiert was Sie hier schreiben. Darf ich fragen haben Sie rein „zufällig“ beruflich mit diesen Leuten zu tun? Sie wissen schon Sozialarbeit oder Psychologe für die harten Jungs oder so was?

      Es klingt zumindest so.

    2. Solche Wie Du fanden das auch ok, als man mich als jugendlicher da reinsteckte, weil ich mich auf den Weg damals machte nach Kanada.. o(
      Die Menschen damals haben über mich genau so geredet wie Du hier über andere .. War halt „Knackie“ für die Normalen dann ..
      Justiz kann niemals etwas anderes sein als eben Werkzeug. Werkzeug für die Herrschenden was nicht automatisch auch als Werkzeug für Gerechtigkeit stehen muss.. o(
      Idiotentest abschaffen in dieser Form, und Deutschland hätte 50% weniger Insassen in solchen Einrichtungen.
      Aber wie immer, ein teil deiner Zeilen ist auch Objektiv, sicherlich gibt es auch das wirkliche „Böse“ hatte auch mit solchen zu tun, aber das ist bei weitem nicht die breite Masse .

      1. Es sind aber zwei verschiedene Dinge. Und im Übrigen ist die Funktion von Justiz etwas komplizierter aber generell, und da hast du vollkommen recht, ist Recht immer das Recht der herrschenden Klasse zur Durchsetzung ihrer Interessen und dazu gehört der Schutz des Eigentums, jedenfalls des eigenen, aber auch eine „Befriedung“ und Regelung der bürgerlichen Verhältnisse. Da könnte man viel drüber diskutieren und es wäre durchaus interessant. Aber darum geht es weder dir noch mir in diesem Faden. Der Einbrecher, den ich jetzt einfach beispielhaft nehme, der die Wohnung eines Mitbürgers knackt, sie beim Durchsuchen verwüstet und alles mitschleppt, was ihm nützlich erscheint, begehrt nicht gegen die repressiven ausbeuterischen Verhältnisse auf. Nicht die Bohne. Er verhält sich genau als bürgerliches Subjekt. Er stellt nicht die bürgerlichen Eigentumsverhältnisse infrage, sondern nur die Eigentumsverhältnisse seines Opfers, dass in der Regel für das Zeug gearbeitet hat. Er ist dem Ausbeuter, der sich den Mehrwert aneignet, näher als er denkt. Warum denkst du, dass man Mitgefühl mit einem zurecht verurteilten Täter, (ich weiß dass das längst nicht immer der Fall sein muss) haben sollte? Weil ihm das nicht gefällt?

        Was meinst du mit Idiotentest? Das habe ich nicht verstanden.

        Wie es aussieht, wenn der kapitalistische Staat nicht mehr in der Lage ist, Kriminalität zu bekämpfen, kann man in Teilen von Mittelamerika sehen, wo Banden Wohngebiete, Stadtteile und manchmal ganze Regionen beherrschen. Polizei, Justiz und Politik kauft man, alle anderen werden blutig an der Kandare gehalten.
        Nein, irgendeine romantische Sicht habe ich da nicht. Die übergroße Mehrheit der Opfer von Kriminellen sind nicht Herrschende, die sich ganz gut schützen lassen können, sondern andere Beherrschte.

        1. „wo Banden Wohngebiete, Stadtteile und manchmal ganze Regionen beherrschen. Polizei, Justiz und Politik kauft man, alle anderen werden blutig an der Kandare gehalten.“

          kannst du mir da nochmals den unterschied zum heiligen bürgerlichen staat erklären, den kann ich in deinen zeilen nicht finden.

          muss wohl DEINE bande sein, oder? ziemlich professionell, das bürgertum, gestehe ich ohne weiteres ein. und es progressiert immer weiter zu noch besseren haftbedingungen, ganz besonders für luxus-häftlinge wie der breivik, man will ja nicht unmenschlich sein. mit mehr arbeiten zum beispiel kann man sich noch einen unter-markt-lohn dazuverdienen, das geschäft ist ein echter brüller für die anbieter-knäste, warum nicht in der „freiwilligen“ feuerwehr zum beispiel? während sich der blockwart die fingernägel macht für sein gehalt und der direktor fett abkassiert.

          1. Vieleicht könnten das Menschen, die in solchen Gebieten leben müssen, sehr viel besser als ich?
            Aber ich verstehe deinen Einwand schon und es ist tatsächlich so, dass immer wieder berichtet wurde, dass kriminelle Kartelle dort, wo sie uneingeschränkt herrschten, Funktion des Staates substituierten. Da wurde die Wasserversorgung instandgesetzt, eine rudimentäre Gesundheitsversorgung organisiert, begabten Schülern ein Studium finanziert. Es gibt in Medellin Menschen, die Pablo Escobar noch heute als Heiligen verehren, Ob sich darunter Nachfahren der, wie man schätzt, 10.000 Mordopfer sind? Vermutlich nicht?
            Rechtstheoretisch wäre hier sicher umfassender zu argumentieren aber die Tendenz des bürgerlichen Staates, sich im Niedergang und sich der Krise wie ein Drogenkartell zu verhalten, ist kaum zu bestreiten. Daher wäre es eine verdammt gute Idee, etwas anderes und vielleicht besseres zu schaffen. Nur sehe ich nichts, was das in absehbarer Zeit sein könnte. Und, das schreibe ich in diesem Faden, der Einbruch in eine fremde Wohnung ist kein emanzipatorischer antikapitalistischer Akt sondern eine Straftat und Escobar ist kein Heiliger sondern ein Mörder, auch wenn Militärs ihn für einen Amateur halten könnten.

            1. ja zieh dir erst mal die opfer rein, die der bürgerliche staat bei seiner geburt gestemmt hat, oder auch in den weltkriegen, dagegen ist jede andere kriminelle bande ein heiligenverein, sogar wenn sie eine eigene kirche hat! offenbar sind bei dir straftaten nur dann erlaubt, wenn sie „emanzipatorisch“ sind, sich von der armut zu emanzipieren reicht da aber wohl nicht. du bist eben auch so ein marx-nicht-leser, der meint, eigentlich könnten alle reich werden, wenn nur… ja was?

              1. alle unschuldig wären, oder? in schönheit sterben sollen sie! nicht begehren und lange finger machen! nichts für sich nehmen, sondern das bekommen, was ihnen zusteht! und das ist haft! haften müssen sie für ihre verhalten, haften an den gitterstäben des privateigentums! weil so will es die gesellschaft, amen.

              2. Jetzt wirst du geradezu albern. Ich zweifle sehr daran, dass du mein Post gelesen und wenn doch, dass du es verstanden hast und ich habe nicht die Spur einer Ahnung, was du mir erklären willst. Wenn du selbst Marx tatsächlich gelesen hast, wovon ich nicht überzeugt bin, dann hättest du schon erkannt, auf welcher Grundlage ich den bürgerlichen Staat beschreibe.
                Lies dir mein Post nochmal durch und versuche dann klar zu erklären, was du zum Ausdruck bringen willst. Du musst dann auch nicht vermuten, welcher Meinung ich bin, weil ich das schon selbst schreibe.
                Aber nochmal ist einfacher Sprache. Wer einen anderen Menschen umhaut und ausraubt ist ein Krimineller, egal wie der bürgerliche Staat verfasst ist. Ist das so schwer zu akzeptieren?

                1. ausser er ist im recht! zum beispiel weil er polizist oder knastwärter ist, der die interessen der eigentümer gegen die nichteigentümer durchsetzt. ist das so schwer zu akzeptieren?

    3. Auf die meisten Menschen trifft deine ausführliche Täterbeschreibung kaum zu. Gegen wen richten sich Deine pauschalen Tatvorwürfe?

      1. Die Frage verstehe ich nicht. Ich schreibe über verurteilte Straftäter, die ja auch Gegenstand des Textes sind, nicht über alle oder die meisten Menschen. Nun mag man glauben, dass die Gefängnisse des Landes mit Unschuldigen gefüllt sind, sollte aber kalkulieren, dass man sich irrt.

    4. Meinen verbindlichsten Dank für diesen ungemein erhellenden Kommentar, so differenzierend wie eloquent beschrieben.
      Jetzt weiß ich endlich über „die“ Kriminellen Bescheid. Vielen Dank für die Einordnung dieses üblen Gesocks; da spricht der Experte.
      Wer schon mal an diversen Verfahren teilnehmen konnte, merkt eines ganz schnell : um ‚Gerechtigkeit‘ geht es in den seltensten Fällen. Es handelt sich recht häufig um eine einzige Farce, ein Theaterstück sondergleichen, in der Machtpositionen ausgenutzt und Machtspielchen betrieben werden; nicht selten wird versucht, mit juristischen Laien durch ausgeprägtes um-sich-werfen von Paragraphen regelrecht kurzen Prozess zu machen.
      Das „ganze Geschwätz von Resozialisation (…)“ wird v.a. von den sich paternalistisch Gerierenden betrieben; ein heuchlerisches und verlogenes Getue derjenigen, die ja ach so bemüht um ihre Schäfchen sind.
      Trotzdem gebe ich zu, daß mich Ihr Kommentar auf gar nicht eigentümliche Weise kalt lässt. Denn so einen platten Rundumschlag (sinngemäß : das Gesindel hockt schon zu Recht da drinnen) habe ich schon lange nicht mehr gelesen.

  3. Ist ja durchaus möglich als Justizopfer im Knast zu landen. Hier meine Buch-Empfehlung : Wege durch den Knast Alltag-Krankheit-Rechtsstreit Redaktionskollektiv (HG) zum selber Lesen, Verschenken und Weitergeben.

    PS. in einigen Haftanstalten ist das Buch aus Sicherheitsgründen verboten, das zur Kenntnisnahme‼️

    Kalsarikännit war Schöffe am Strafgericht und sagt Danke für den Overton Artikel von Joachim Walter

    1. sehr ihr? die dümmsten arschlöcher werden richter. zum glück gibt es die strafprozessordnung, dann können sie wenigstens nur den kapitalisten den schwanz lutschen und den faschisten nur als zweite wahl. jedenfalls bis zum notstand, dann gibt es neue order für diese freiwilligen milizen des bürgertums namens richter. die ruhen sich darauf aus, dass die leute kein geld scheissen können und verurteilen jeden zu haft, der das ändern wil. vermögensdelikte sind der grösste brocken, aber diese pisser kommen immer mit vergewaltigung, so als würden sie die irgendwie verhindern und nicht nur bestrafen. bei den vermögensdelikten allerdings, da wird rückabgewickelt! und aus einer vergewaltigung kann natürlich auch ein vermögensdelikt werden, sofern das kind unterwegs. auch sonst kann man vergewaltigungen nach bürgerlichem recht mit 1. haft und 2. geld wiedergutmachen, eine änderung der verhältnisse ist auf keinen fall nötig, weil es gibt ja ablass durch die richter und ihre anstalten.

  4. Finde ich seltsam. Das Mannheimer Gefängnis ist von 1909 und da kann man ganz normal auf einem Flur laufen.

    Ich habe dienstlich wie auch privat Dinge im Gefängnis in Auftrag gegeben und ich war immer wieder begeistert von der hohen Qualität. Es waren durchweg Exoten, die ich da bestellt habe, aber das wurde tadellos geliefert. Echtes Handwerk, wie man es sonst nicht mehr bekommt. Allerdings muss man warten, bis sie fertig sind. Das kann dauern.

    Von daher habe ich den Eindruck, dass hier zumindest versucht wird, den Leuten etwas beizubringen. Was aber noch nichts über die Resozialisierung sagt. Was ist da sonst noch? Gerne mehr über diese unbekannte Welt.

    In den USA spart man sich die Resozialisierung. In privaten Knästen ist der Gefangene quasi der Kunde. Und wie immer wünscht sich er Unternehmer, dass der Kunde wieder kommt.

  5. Strafbarkeit gilt es tunlichst zu vermeiden.

    >>Joachim Walter, Dr. jur., studierte Rechtswissenschaften, Psychologie und Kriminologie. Er war stellvertretender Leiter der Justizvollzugsanstalten Heilbronn, Karlsruhe und Stuttgart-Stammheim und Leiter der Anstalten in Pforzheim und Adelsheim.<<

    Diese hochdotierte Stellung setzt in Zeiten der Berufsausübung vermutlich maximale Professionalität und Distanz voraus. Im Alter fabulieren Gefängniswärter des gehobenen Dienstes aber auch manchmal über etwaige Gewissensbisse, erfreuen sich jedoch einer äußerst opulenten Beamtenpension, mit der man zur Not auch zwei nachwachsende Generationen durchfüttern könnte, im Iran Somalia oder so auch 20 oder mehr.

    Was ist schief gelaufen, dass einen informeller Gefängnisdirektor auf den alten Tag derart massive, psychische Probleme befallen, dass er auf diesem ungewöhnlichen Wege die Öffentlichkeit sucht? Hätte er das nicht auch schon gekonnt, als er noch sein opulentes Gehalt bezog, um für seine jetzige Pension vorzusorgen?

    Muss der Mann nun auch noch den Freiheitskämpfer geben, nachdem er in seinem überwiegenden Berufsleben das komplette Gegenteil davon war, um noch ein paar € zu seiner Pension hinzuzuverdienen? Reicht es vielleicht dann auch mal oder müssen wieder virtuellen Memoiren verfasst werden, als Zuverdienst im vorgezogenen Pensionsalter.

    Meiner Meinung nach spiegeln derartig verbalisierte Luxusprobleme zudem nicht den desaströsen Gesamtzustand der Gesellschaft wieder und sind schon alleine deswegen eher sinnfrei.

    Falls J. doch keine exorbitant hohe Pension bezieht, kann er jetzt und hier Auskunft darüber erteilen.

  6. cool, er arbeitet nun als rechtsanwalt. da trifft er sicher jede menge alter bekannter.
    „hallo ich bins, ihr alter knastwärter, neuerdings ihr rechtsanwalt!“ – just wow, zum glück ist das noch keinem drehbuchautor eingefallen.

  7. Die JVA Heilbronn kenne ich jetzt nicht, die Beschreibung hört sich aber an wie viele JVAen die noch aus Kaiserszeiten in Berlin kommen, die sind im inneren genauso aufgebaut und zwischen den Etagen noch Maschendrahtnetze gespannt falls mal jemand auf die Idee kommen sollte zu springen (Moabit). In Moabit kommt noch das ewige geklingel der überdimensionalen Schlüssel für die Hafträume hinzu.

    Aber was immer zu kurz kommt wen und was man da so in eine Haftanstalt mit hoher Sicherung einkerkert. Und in Berlin kommt es durchaus mal vor das man sich schneller in Moabit wieder findert als man überhaupt Buh sagen kann.

    Ersatzfreiheitsstafen wegen „schwarzfahren“ nicht abarbeiten können, angepiste Justizoberinspektorin die ohne Ankündigkung und Überprüfung eine bestehende Haftverschonung aufheben kann und schon findt man sich 5 Monate mit einem Bagatellvergehen in einer Haftanstalt der maximalen Sicherung wieder.

    Was das mit einem Menschen macht der wegen einem Bagatellvergehen zu einer Ersatzfreiheitsstafe verurteilt wurde und dann den Alptraum erlebt samt Existentverlust. Das ist mal ein ziemlich hoher Preis den diese (Eliten)Gesellschaft für ein Bagatellvergehen verlangt. Nur wenn es um ausgemachten Betrug in der Politikerkaste geht da reibt sich er Michel ganz verdattert die Augen das die Antikrrutionsgesetze in Deutschland doch nur für Beamte gelten, nicht aber für Politiker die sind IMMUN gegenüber der Strafjustiz, was mann ja mit den Maskendeals mehrmals bewiesen hat.
    Unten verliert man durch Vergehen mal eben die Existenz und ganz oben darf man betrügen und dann auch noch das Geld behalten.

    Meine Existenz hat man mir geraubt und in Asche gelegt, aufgestanden und wiederaufgebaut, was aber immer bleiben wird ist dieses Gefühl von abgrundtiefer Ungerechtigkeit. Das mag nicht der Alltag sein, kam 2015 und 2016 aber immer häufiger in Vollzug vor wo selbst die Vollzugsbeamten und -angestellten gesagt haben das diese Fälle nicht in eine JVA gehören.

    Wenigstens hat die damalige eigenfassung des Vollzugsgesetzes von Herrn Heilmann Erleichterung im offenen Vollzug gebracht, nur Michel von der Vogelweides(Michael Müller) Entkrininalisierung des „schwarzfahrens“ hat sich ja erledigt.
    Denn den Rest durfte ich dann im offenen Vollzug verbringen samt Neufassung des Vollzugsgesetzes welches damit auf eine eigene Landesfassung gestellt wurde.

    Und der Senat ist mal wieder -schwarz-, und es hagelte 2020 wieder Haftstrafen auf Bewährung für ein Bagatellvergehen. Bewährungszeit ist vorbei, die Moatskarte zwar wieder von 9 Euro auf 19 Euro angehoben, dafür ist der Nahverkehr marode und kaputt und der Senat streicht auch noch die Gelder.

    Aber aktive Sabotage der Daseinsvorsorge scheint ja mittlerweile ganz en vouge zu sein, anders lässt es sich nicht erklären das der berliner Senat angefangen mit neun Millionen Euro wegen ausgefallener Fahrten gestrichen hat, im aktuellen Jahr bei rund 70 Millionen Euro gestrichener Gelder landet und sich auch noch wundert das es nichts wird im Nahverkehr wenn man dem landeseiegen Unternehmen auch noch so die Substanz raubt. Was so eine Anfrage doch an das Licht befördern kann, aber es ist „Schall und Rauch“ im Blätterwald, dröhendes Schweigen.

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