8: Methangehalt über der Laptewsee steigt auf 8-fachen Wert. Ist der erste Kipp-Punkt erreicht?

Zahl der Woche: 8

 

Am 27. Oktober 2020 meldet Örjan Gustafsson von Bord der Akademik Keldysh beunruhigend hohe Methangehalte, die die wissenschaftliche Crew des Forschungsschiffs in und über dem Wasser der ostsibirischen Laptewsee gemessen hat: Bis zum 8-fachen des bislang als normal betrachteten Wertes sind es an der Wasseroberfläche.1

Das Gas stammt aus den im Permafrost gebundenen Methanhydraten aus jahrtausendealten Ablagerungen – bislang stabilisiert durch die niedrigen arktischen Temperaturen. Mit der Rekorderwärmung der Arktis – sie verläuft deutlich schneller als auf dem restlichen Planeten – löst es sich nun und trägt seinerseits zur weiteren Klimaerwärmung bei.

Als Treibhausgas wirkt Methan im 20-Jahrerszeitraum 80-mal stärker als CO2. Der United States Geological Survey hat die Destabilisierung der arktischen Methanhydrate als eines der vier ernstesten Szenarien einer „abrupten“ Klimaänderung aufgelistet, wie sie beim Überschreiten bestimmter Kipp-Punkte eintreten kann. An diesen Punkten kommen selbstverstärkende irreversible Prozesse in Gang, die den Klimawandel steil beschleunigen.

Zwar sind die Ergebnisse der Expedition noch nicht durch Peer Reviews bestätigt und veröffentlicht, die Wissenschaftler waren jedoch alarmiert genug, um in einer Liveschaltung noch direkt vom Schiff ihre Befunde zu reportieren. Das Datum könnte das Ende der Arktis markieren, wie wir sie kannten.

 

 


  1. https://www.independent.co.uk/environment/methane-arctic-seabed-greenhouse-gas-emissions-climate-siberian-shelf-study-expedition-b1396150.html

 

Andreas Schlumberger

Andreas Schlumberger, geboren 1967, hat das Studium der Biologie absolviert und in Wien, London und Berlin geforscht, bevor er sich ganz dem Umweltjournalismus zuwandte und als Berater für Kommunikationskonzepte zur nachhaltigen Entwicklung tätig wurde. Als Chefredakteur leitete er eine Fachzeitschrift über die Umweltpraxis. Ihm liegt besonders daran, komplexe ökologische Zusammenhänge anschaulich zu vermitteln und somit eine Brücke von der Theorie in die Praxis des Alltags zu schlagen.
Mehr Beiträge von Andreas Schlumberger →

Ähnliche Beiträge: