
Nach 50 Jahren Duldung wollen viele Gemeinden die zwiespältige Situation mit den Coffeeshops endlich auflösen.
Frei und liberal – dieses Bild haben viele meiner Bekannten von den Niederlanden, in die ich 2009 für meine Forschung und Lehre an der Universität Groningen zog. Und was könnte einen besseren Beweis dafür liefern als die Coffeeshops, in denen man unkompliziert ein paar Gramm Gras oder Haschisch kaufen kann?
Doch dieses Bild ist nicht unbedingt treffend: Eine Kombination von Geschäftssinn (wenn man doch Geld und Steuern verdienen kann), Pragmatismus (wenn es sich sowieso nicht effektiv verbieten lässt) und Individualismus (jedem das Seine) könnten die faktische Duldung – nicht Legalisierung! – von Cannabis und den Coffeeshops seit den frühen 1970ern besser erklären.
Seit vielen Jahren wächst aber das Bewusstsein dafür, sich mit dieser halbherzigen Lösung ein neues Problem geschaffen zu haben, die sogenannte Hintertürproblematik (niederl. achterdeurproblematiek). Denn auch wenn man sich als Kunde in den Coffeeshops bis zu 5 Gramm seines Wunschprodukts straffrei einkaufen kann, gilt das nicht für den gewerblichen Einkauf: Die kommerzielle Herstellung der psychoaktiven Substanz blieb nämlich illegal. (Abgesehen von ein paar neueren Ausnahmen für den medizinischen Gebrauch.) Daher konnte die Lieferkette für die Coffeeshops – irgendwoher müssen die Produkte ja kommen – nur mithilfe von laut Gesetz kriminellen Organisationen aufrechterhalten werden. Von diesen haben einige seit den 1970ern gut verdient und sind inzwischen auf lukrativere Märkte umgestiegen (z.B. den Kokainhandel); doch heben wir uns das für ein anderes Mal auf.
Pilotprojekt
Während Deutschland noch nach einem gangbaren Weg aus der Cannabismisere sucht, hat man die Niederlande in Nordamerika inzwischen vielerorts mit einer echten Legalisierung überholt. Wie ironisch, dass die USA die Verbotspolitik im 20. Jahrhundert federführend durchgesetzt haben – und sie jetzt als Erste selbst brechen.
Dass Cannabis überhaupt auf die schwarze Liste kam, ist allerdings das Verdienst Ägyptens: Da man die internationale Drogenpolitik nicht allein den Europäern und Amerikanern überlassen wollte, meinte man das unter ägyptischen Eliten damals unbeliebte Cannabis verbieten lassen zu müssen. Die Delegation unter Leitung von Dr. Muhammad El Guindy konnte diese Interessen durchsetzen – und so wurde die Substanz anno 1925 auf der Zweiten Opiumkonferenz in Genf nach internationalem Recht illegal.
Fast hundert Jahre später kann man ab heute in den Niederlanden, wo das Betäubungsmittelgesetz immer noch nostalgisch „opiumwet“ heißt, zum ersten Mal wieder einen 100% legalen Joint rauchen. Nach mehr als fünf Jahren Vorbereitung des sogenannten „wietexperiment“ wird das Produkt in anfänglich in 19 Coffeeshops in den Städten Breda und Tilburg zum Verkauf angeboten. Beliefert werden sie dafür von drei offiziellen Cannabiszüchtern – oder nennt man sie Bauern? Der Transport wird gesichert.
Vorerst sollen während einer halbjährigen Testphase Erfahrungen für die Fortsetzung des Pilotprojekts gesammelt werden. Besitzer der Coffeeshops klagen allerdings, dass die erlaubte Lagermenge von 500 Gramm zu niedrig sei. Um die Nachfrage ihrer Kunden zu bedienen, müssten sie darum weiterhin illegalen Stoff anbieten.
Hoher Besuch
Laut Ed Pattché, Besitzer des Coffeshops „Paradijs“ (Paradies) in Breda, sei das legale Cannabis von guter Qualität und pestizidfrei. Sogar der Gesundheitsminister wird heute für den Verkaufsstart in Breda erwartet. Will er die Wirkung des 100% legalen Produkts persönlich testen?
Das niederländische „wietexperiment“ wurde 2019 vom Gesetzgeber möglich gemacht. Doch erst im Februar dieses Jahres bekamen Teilnehmer in den beiden Städten im Süden des Landes grünes Licht. Wie es mit dem Projekt weitergehen wird, steht zurzeit noch nicht fest. Auch andere Gemeinden haben Interesse angemeldet.
Der Artikel wurde dem Blog „Menschen-Bilder“ des Autors entnommen. Stephan Schleim ist studierter Philosoph und promovierter Kognitionswissenschaftler. Seit 2009 ist er an der Universität Groningen in den Niederlanden tätig, zurzeit als Assoziierter Professor für Theorie und Geschichte der Psychologie.
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War on Drugs,
soviel zum Ewigen Krieg. Fentanyl ist schon da, damit sich die Geplagten vom ewigen Lebens-Schmerz befreien können, Neoliberalismus wie zur Zeiten der Opiumkriege.
Ich lebe Straight Edge* die anderen können gerne bei lebendigen Leib verrotten.
*Ist kein Kapitalistisches Konzept, Kostenlos und ein einfaches Leben ohne Zwänge
Freigabe aller Drogen und dann kann JEDER frei entscheiden.
Die Staatsgängelung ist vollkommen willkürlich!
Wenn du Straight Edge leben willst, finde ich das gut.
Wenn nicht genauso!
Freiheit, weißt?
Zwänge und Süchte haben absolut nix mit Freiheit zutun
Du denkst so klar, so klar und bist komplett vernebelt!
Du willst frei von Sucht und Gewohnheit sein? Na dann erzähle mal von deinen Hobbies und Sammelleidenschaften. Oder deinem Sport den du täglich treiben musst……
Der Mensch ist ein Sucht- und Gewohnheitstier. Immer schon. Wenn Drogen unnatürlich wären, gäbe es sie nicht – hätten wir die z.B. Endocannabinoid-Rezeptoren schonmal gar nicht
Wer nicht raucht und trinkt, und straight edge ist, kompensiert das meistens mit krassem Sport, sich zutättowieren bis zum Hals, oder anderen freiwilligen Zwängen.
Du bekommst am Lebensende keine Auszeichnung dafür…… .
Rauche und trinke nicht, habe noch nie eine Prostitutierte besucht oder Drogen konsumiert, bin nicht tätowiert oder gepierct, betreibe keinen Extremsport, war noch nie beim Glücksspiel, zocke nicht an der Konsole oder sonstwo – ich glaube meine „Drogen“ sind Lesen und Backen. So what? Wie schon Schiller dichtete: leben und leben lassen.
Zwänge können m.E. aber per definitionem nicht freiwillig sein – Süchte vielleicht schon. Doch wer definiert überhaupt, wann etwas eine Sucht ist? Zwangsverhalten ist ja noch nachvollziehbar – fünfzig Mal die Tür kontrollieren macht keiner gern und freiwillig. Aber Sport treiben und Briefmarkensammeln? Kommt es nicht immer auf das individuelle Maß an und ob sich jemand gut damit fühlt?
@n.b. @wilhemine Warum nur, so Aggressiv?
Daß Lebensende ist ein Teil des Lebens welches ich selbst bestimmt führen möchte wenn man mich Leben lässt.
https://de.m.wikipedia.org/wiki/Mens_sana_in_corpore_sano
Beste Grüße der Freiewille
Sorry, wenn du das als aggressiv empfunden hast. Kann ich nicht ganz nachvollziehen. Ich komme nur direkt zum Punkt.
Man kann nicht über Dinge reden, die man nicht kennt*
*Zitat: wilhelmine, 16.12.23
Heißt: Dein Hirn kann viel mehr, als du es kennst/nutzt. Daher: wer noch kein Licht „geschmeckt“ hat, der kann nur bedingt über das Sein an sich etc. philosophieren.
Zudem: Der perfekte Mensch trinkt nicht, raucht nicht, nimmt keine Drogen und hält sich immer schön an die Vorgaben, die einer rassistischen Propaganda entspringen (USA-GB).
Eine ‚tschuldigung vorab, wenn das wieder zu hart klingt für dich. Ich bin vollkommen entspannt.
Diese Auffassung teile ich explizit nicht.
Muss man obdachlos gewesen sein, in einem Kriegsgebiet leben, persönlich Gewalt unter der Geburt erfahren haben oder zum Opfer von Genitalverstümmelung werden, um über solche „Erfahrungen“ reden zu dürfen?
Da sage ich: nope. Das liefe auf Diskursabschneidung und Expertokratie hinaus. Obwohl – das passte ja wiederum ganz gut zu diesem Land und seiner Gesellschaft (wie auch dem restlichen Wertewesten)…
Der freie Verkauf würde ungeahnte Möglichkeiten freisetzen, die nichts mit dem Rauchen zu tun haben.
Papier – Holzbretter/Balken – Isolationsstoff – Spezialbeton – Medizin – Stoffe – Kleidung – und vieles mehr!
Hanf ist ein Bodenverbesserer, ersetzt Wälder …
@ „Der freie Verkauf würde ungeahnte Möglichkeiten freisetzen, die nichts mit dem Rauchen zu tun haben.
Papier – Holzbretter/Balken – Isolationsstoff – Spezialbeton – Medizin – Stoffe – Kleidung – und vieles mehr!
Hanf ist ein Bodenverbesserer, ersetzt Wälder …“
Dafür bedarf es aber kein THC, den Anbau von THC freien Hanf gibt es schon legal.
Früher wurde Hanf auch zum Schutz der Felder angebaut.
Problem dabei ist nur, dass der THC-Gehalt von der zweiten Generation Nutzhanf schon über dem gesetzlichen Limit liegen kann, ganz durch natürliche Rückverwilderung. Ein Hanfbauer steht damit im Zweifelsfall mit einem Bein im Knast, wenn er sein Saatgut nicht immer schön vom Händler erwirbt.
Ich war im Frühjahr Gülleland, so ca. 30 km vor Osnabrück Richtung Bremen. Verschickung. Hab Fahrrad nachgeholt, bin viel rumgefahren dort. Gülleland, A1, Auto Fenster auf, Höchsstrafe. Radel da nun rum, 30-80 Kilometer täglich, das war bisschen Erschreckend, KZ’s kōnnen Wir, in der Gegend Hühnerhallen, ca. 1 Km Abstand, Vogelgrippe, die Ställe riesig, eingezäunt, Fett, so Hochrisiko Dings. Das lustige ist aber glaube ich, in jedem 2 Stall wird Gras angebaut, weil Huhn bringt es doch nicht, von Zaster her. Es wird von Vertriebszentren gemunkelt. Niederlande, Gras, jaja, woher wohl? Das mittlerweile kpl. Deutsche Hand. Export 😂
Das so lustiges Ding.
Edit: 1 Grünkohlstrunk, geklaut Acker nebenan ☝️
Die Niederlande und liberal? Das war schon immer ein Mythos. Genauso wie die Vorstellung von der Schweiz als neutralem Staat mit Heidi, Käse und Bergen (statt NATO-Schutzschirm, Banken sowie Geschäftemachen mit Nazis, Diktatoren und sonstigen Verbrechern aller Art). Wenn schon, dann war Holland stets rechtsliberal und wie Herr Schleim zurecht anmerkt mit einem gehörigen Schuss Calvin versehen (Stichwort: Bijbelgordel).
Zu den Mythen zählt auch die angeblich ach so liberale niederländische Prostitutionspolitik. In Wahrheit ist dort die Gängelung der Sexarbeit ebenfalls seit langem in Gange und hat unlängst beispielsweise in der Verdrängung von De Wallen wieder ihren Ausdruck erfahren.
Wenn die Drogen- und Prostitutionspolitik wirklich liberal sein soll, wenn eine Gesellschaft wahrhaftig freiheitlich werden will, muss folgendes Prinzip gelten:
Es geht den Staat nichts an – und auch sonst keine Institution (ob Markt, Arbeitgeber, Tempel, Moschee, angediente Altvordere oder selbsternannte Blockwarte) – was mündige Erwachsene einvernehmlich miteinander und / oder mit ihrem Körper anstellen. Alles was nicht freiwillig erfolgt, wo Grenzen (von Dritten) überschritten werden und Zwang ins Spiel kommt, ist dagegen nicht hinzunehmen.
Das Prinzip ist eigentlich ziemlich simpel und muss nicht groß erklärt werden. Trotzdem zur plastischen Erläuterung: Mündige Leute sollen sich Drogen reinkippen, ihren Körper von Kinn bis Fuß tätowieren, Pornos drehen und ihre Partner öfter wechseln können als ihre Unterhosen. Sie sollen auch ihren Körper für sexuelle Dienstleistungen „verkaufen“ (warum regt sich eigentlich niemand darüber auf, wenn Bauarbeiter ihren Körper auf dem Arbeitsstrich verkaufen?), Sterbehilfe in Anspruch nehmen, bis zu einer bestimmten Frist oder bei Gesundheitsgefahr abtreiben, den lieben langen Tag den Göttern freveln, frei heraus sagen, was sie denken und auch sonst alles tun können, wofür bereits der alte Diogenes berüchtigt war – solange sie damit keine anderen schädigen. Das heißt: im Suff Leute totfahren geht genauso wenig, wie Vergewaltigung in der Ehe oder Genitalverstümmelung von Jungen (landläufig als „Beschneidung“ heruntergespielt). Gerade letztere ist nichts als himmelschreiendes Unrecht. Wenn mündige Männer sich dagegen ihre Vorhaut absägen lassen wollen oder gleich den ganzen Schwanz – na, wenn‘s gefällt? Andere stecken sich Nadeln und Knochen rein, soll mancherorts als schick und modisch gelten…
Und all das schreibe ich als jemand, der wohl anknüpfend an @ Tanz der Teufels Post oben als „straigt edge ultra“ zu bezeichnen ist. Ich habe nie in meinem Leben Drogen eingenommen, weder gesellschaftlich akzeptierte (Alkohol, Tabak) noch sanktionierte (der ganze Rest). Kaffee verträgt mein Körper nicht, dafür dusche ich täglich kalt und höre Metal. Doch wer nicht so lebt, mit dem habe ich überhaupt keine Probleme. Verrotten braucht hier wirklich niemand, das tun schon zu viele Leute beim War on Drugs in Lateinamerika und beim täglichen Abschlachten in Gaza, der Ukraine, Äthiopien (do they know it’s Christmas?), Sudan…
PS: Das heißt im Übrigen nicht, dass man an der konkreten Ausgestaltung von Abtreibung, Sterbehilfe, Drogenkauf et cetera im herrschenden System keine Kritik zu äußern brauchte. Im Kapitalismus wird eben alles fetischisiert und kommodifiziert. Aber deswegen das Kind mit dem Badezimmer ausschütten und generell dagegen sein? I’m not convinced.
Was verstehst du unter Sterbehilfe? Einen selbst bestimmen Freitod oder ein sozial verträgliches entsorgen von lebensunwerten Leben.
„Straight Edge Ultra“ meinen Respekt trotz aller Disziplin, Eisbaden ist mir in schlechter Erinnerung (Milde Hypothermie) geblieben nachdem ich mehrmals als Kind im Eis eingebrochen war.
@ Tanz der Teufel
Was ich darunter verstehe? Na sicher nicht das „sozial verträgliche entsorgen von lebensunwerten Leben“, denn in meinem letzten Absatz verwies ich ja auf die Frage der konkreten Ausgestaltung. Auf dieses Entsorgen läuft es unter den herrschenden Bedingungen leider nicht selten hinaus, da hat Houellebecq durchaus trifftige Punkte angemahnt genauso wie Pasolini zum Fetisch der Abtreibung. Für mich ist das aber kein Grund Freiheiten einzuschränken, sondern vielmehr ein Gebot das System abzulehnen und für bessere Bedingungen zu kämpfen.
Und da ich heute morgen nochmals nachschaute – so „ultra“ bin ich wohl doch nicht (oder nur in Bezug auf Drogen), denn zu den Straight Edgern gehört wohl auch der Veganismus und den praktiziere ich gar nicht.
Was das Eisbaden betrifft – solche Kindheitserinnerungen sind natürlich sehr unschön und inhibierend. Aber wenn Sie mögen, können Sie sich ja dem kalten Duschen und Baden vielleicht in kleinen Schritten wieder annähern. Weil sich der Artikel um Holland drehte – hier einfach mal ein Link zum „Eismann“ Wim Hof. Kälteexposition ist prinzipiell gut für Körper und Geist, obgleich es auch hier selbstverständlich wieder auf die konkrete Ausgestaltungsform und Dosis ankommt…
@Altlandrebell
Jetzt hast du mich gekriegt, hatte gerade eine Leseprobe Wim Hof gefunden. Kälteexposition mit der richtigen Atemtechnik, daß muss ich mal Ausprobieren!
Viel Spaß und viel Erfolg!
Ich mache das immer morgens – erst Sonnenlichtexposition (5-10 Minuten um den Block direkt nach dem Aufstehen), dann schön kalt duschen und anschließend meditieren.
Für Einsteiger empfiehlt es sich natürlich erst nach Hofs Anleitung zu atmen / meditieren und dann in die Wanne zu steigen… die Umstellung sollte so Pi mal Daumen vier bis sechs Wochen dauern…
Wenn du um den Block gehst und die Sonnenlichtexposition genießt. Vielleicht Calisthenics?
Al und Danny Kavadlo „die Stadt ist dein Gym“ gibt’s für schlappe 13€ bei den Buchkomplizen.
Calisthenics – was es alles gibt. Das verbirgt sich also hinter dem Phänomen der an Mauern, Laternen und Co. übenden Leute. Kállistos wäre mir ja noch ein Begriff gewesen. Haben Sie besten Dank für die Info.
Buch und Phänomen will ich mir mal zugemüte führen, einstweilen konzentriert sich mein „Workout“ auf Eigengewichtübungen und Pilates dahoam.
Wenn es dich interessiert, da gibt’s zu dem Thema noch den Paul „Coache“ Wade im Amerikanischen hat der 6/7 Bücher veröffentlicht in deutsch bekommt man hier leider nur drei Bücher, wenn du Pilates/Eigengewichtübungen machst und Daheim trainierst.
https://www.buchkomplizen.de/buecher/gesundheit-und-medizin/trainieren-wie-im-knast.html?listtype=search&searchparam=Trainieren%20wie%20im%20Knast%20&pgNr=1
Danke für den Tipp!
Klingt interessant, den werde ich mir unter den Weihnachtskaktus legen.
Im Gegenzug will ich auf den Huberman Podcast verlinken. Sind immer wieder ein paar interessante Beiträge dabei, auch wenn der Typ eine gewisse Schlagseite zu Preprints hat und einem immer irgendwelche Pillen andrehen will, die kein Mensch braucht. Aber man kann seine Videos gut beim Backen und Bügeln im Hintergrund laufen lassen und wie gesagt ein paar nachvollziehbare Thesen und spannende Gesprächspartner sind auch dabei.
Ich denke die Erwähnung des Calvinismus ist hier zentral. Ich glaube das ist nicht nur „ein Schuss“ Calvinismus bei den Niederländern. Ebenso wie bei den Schweizern und am Ende auch bei den USA, hat genau diese gruselige Religion doch deutliche Spuren gerade bei den unsympathischen Eigenschaften dieser Völker/Länder hinterlassen.
Erwähnt sei hier nur der Glaube an die Prädestination und die „Calvinistische Arbeitsethik“. Dazu aus Wikipedia:
Bei mir in der Grenzregion zu den Niederlanden hat man schon lange ein Vorurteil gegenüber den westlichen Nachbarn: Dass es ihnen nämlich vor allem und auch überall ums Geld geht. Dort ist alles irgendwie finanzoptimiert bis in die Details des Lebens.
Mittlerweile habe ich den Eindruck, dass dieses Vorurteil immer mehr Realität wird. Sogar im hier angrenzenden Süd-Limburg. Dieser wunderschöne Landstrich, der mehr landschaftliche Schönheit in sich vereint als der ganze Rest der Niederlande zusammen und der eigentlich schon immer erzkatholisch war, auch er ist davon betroffen, obwohl der Süd-Limburger unter den Hochholländer gar nicht als echter Niederländer gilt. Aber hunderte Jahr im gemeinsamen Staat haben auch ein grobes Netz calvinistischer Einflüsse über das liebliche Süd-Limburg gespannt.
So ist auch mein langjähriger, niederländischer Zahnarzt auch nicht frei von finanzoptimierendem Verhalten, jedenfalls seinem Anspruch nach – am Ende aber siegt dann doch oft sein weiches, uncalvinistisches Herz, weswegen er noch immer mein Zahnarzt ist.
@ Two Moon
Schöne Ergänzung, prinzipiell Zustimmung.
Natürlich ist es nicht nur ein „Schuss Calvinismus“ gewesen, das war bloß eine – vielleicht unglückliche – Metapher. Ich wollte aber die in Deutschland häufige Gleichsetzung von „Holland = protestantisch“ vermeiden. Ein Gutteil des Landes hat ja eine ganz andere (Denk-)Tradition. Neben dem von Ihnen erwähnten Limburg ist beispielsweise auch Noord-Brabant katholisch und von anderen Traditionen geprägt (Schützengilden, Karneval…).
Die heutige Ausdehnung von Profitdenken, Kommerzialisierung und Konsumismus auf weitere Provinzen erscheint mir ferner weniger religionsvermittelt als durch das herrschende System und die Entwicklungen der letzten vierzig, fünfzig Jahre.
Was die landschaftliche Schönheit betrifft – das ist wohl wirklich Geschmackssache. Die nordfriesischen Inseln (Tessel) mögen vielleicht einen rauen Charme haben, sind aber sicherlich nicht arm an Naturschönheiten und Abwechslung…
Edger sind immer auch antikapitalistisch und antifaschistisch unterwegs.
Das sind und waren nie rechte Spießer die andere mit ihrer Drogenfreiheit langweilten, wie
einige Foris hier.
Und sie halten sich für stärker und besser, diese Straight Edger. Angst vor etwas zu haben würde ich jetzt nicht unbedingt als Stärke definineren.
Das ist eher Pro-Leistungsgesellschaft, wenn du immer volle Leistung bringst, verstehst du? Das ist Pro-Kapitalistisch, kann dein Arbeitgeber dich immer und überall einsetzen, weil du immer und überall funktionieren wirst.
Zudem spürst du keine Solidarität mit subkulturellem Verhalten, kannst subkultur daher auch nur bedingt nachempfinden.
Wer nur den geistesklaren Zustand kennt, kennt halt nicht alles. Ich kenne alles. Wer ist jetzt im Vorteil?
Die Drogenszene IST das kapitalistische System, bzw. ein Sektor davon.
Der Dealer kann sich die Kacke mit den Treuepunkten zur Kundenbindung sparen, so treu sind seine Junkies und Crackvögel als Kunden. Die stehen jeden Tag mit 50-100€ in der Tasche auf der Matte.
Das Schwarzgeld aus der Tickerei wird in Millionenbündeln mit Immobilien gewaschen. Alles wie gehabt in der „Leistungsgesellschaft“. Echt sportlich, so vielen Omas muss man erst mal die Handtasche wegreißen 🙂
Stabil.
Dasselbe gilt natürlich auch für Prostitution oder die der so medikalisierten wie durchökonomiserten Medizin entsprungenen gegenwärtigen Formen von Abtreibung und Sterbehilfe.
Oder die „Fitness“-Branche, die natürlich gerade auch zur Ertüchtigung des Individuums für den Marktgebrauch dient. Oder die Psychologie, welche es wieder für den Arbeitsmarkt „fit machen“ soll. Oder, oder, oder.
Deswegen sage ich ja immer: nicht an den Symptomen rumdoktern, Leute. Das System muss man ändern!
Dies funktioniert alles nur, solange es illegal ist.
Die „ganze“ Drogerie gehört in Staatshände, sonst dient alles nur der Mafia und Terrororganisationen ( incl. CIA ).
@ Jelinek + wilhelmine
Ach Leute, das ist doch alles sehr persönlichkeits-, kontext- und ausgestaltungsabhängig. Edger können antikapitalistisch und antifaschistisch sein, aber wie beim Punk gibt es auch dort unterschiedliche Sektionen und wie nicht wenige Subkulturen hat auch diese Strömung eine gewisse Umformung und Kommodifizierung durch die herrschende Klasse erfahren.
Angst als Stärke ist auch sehr situationsabhängig – Wagemut kann blenden. Überhaupt – was ist Stärke, wer definiert das? Wer definiert Spießertum? Manchmal ist es besser wegzurennen und sich neu zu sortieren, als den starken Helden zu spielen. (Ist Heldentum nicht ohnehin ein dubioses Konzept? Wer braucht Helden – und warum müssen sie „stark“ sein? Warum ist eine Hebamme für die Mehrheitsbevölkerung keine Heldin? Oder der Behinderte, der jeden Tag aufsteht und trotz allem einfach nur zu leben versucht?). Und für andere ist ein „langweiliger“ Spieleabend schlicht interessanter als eine Nacht auf der „aufregenden“ Reeperbahn (vermutlich auch nur noch ein Mythos).
Und ist es wirklich wichtig alles auszuprobieren? Oder ist das nicht ein erzkapitalistisches Narrativ – jede Ware ausprobieren, jedes Phänomen erspüren? Muss wirklich jede und jeder Geburts- oder sonstigen tiefen Schmerz erfahren haben (oder ist Schmerz in der westlichen Welt nicht längst auch eine Ware, Stichwort SM?). Ich habe auch noch nie etwas geklaut, bin nie vor den Seychellen (oder sonstwo) getaucht und habe noch nie Katzen oder Schweine gehalten – natürlich fehlen mir nun Erfahrungen und Wissen. Sogar jede Menge. Aber muss man alles kennen? Muss man alles ausprobieren und wissen? Oder wollen wir nicht lieber für eine Gesellschaft streiten, in der die Leute machen dürfen, was sie interessiert und womit sie sich gut fühlen? Wenn eine also nicht quarzen und ein anderer nicht kalt duschen will – so what?
Der letzte Punkt ist nicht unwichtig: als legales Produkt unterliegt Cannabis der staatlichen Kontrolle und der Staat wird sicherstellen, dass da keine unerwünschten Beimischungen dabei sind. Was die Fealer früher da immer hinein taten: allerlei Streckmittel und auch andere Substanzen mit Suchtpotential. Ja, das kann man nun mal beobachten, ob sich die Warnungen eines Herrn Anslinger bewahrheiten und da in den Niederlanden nun massenhaft Wahnsinnige herumlaufen.
Denn dass alle Hanfpflanzen weltweit ausgerissen wurden, war nicht auf das Votum Ägyptens zurück zu führen. Dazu war eine weltweite Massenhysterie notwendig, angeführt von diesem Anslinger. So gehen Prohibitionisten immer vor: in jedem Staat behaupten, alle anderen Länder wollten ein Verbot, womit man dieses weltweit durchsetzen kann. Mehr über diesen Anslinger hier:
https://www.spektrum.de/news/wie-ein-einziger-mann-das-weltweite-cannabis-verbot-durchsetzte/2069184
Mal den Schlussatz:
„Anslinger starb im November 1975, ein Jahr nachdem Richard Nixon (1913–1994) wegen des Watergate-Skandals zurückgetreten war. Jener Nixon, der 1972 als erster US-Präsident offiziell den »War on Drugs« verkündet hatte. »Wollen Sie wissen, worum es dabei wirklich ging?«, fragte 1994 John Ehrlichman (1925–1999), ein enger Mitarbeiter Nixons und eine Schlüsselfigur in der Watergate-Affäre, den Journalisten Dan Baum vom »Harper’s Magazine« und erläuterte ihm die Hintergründe des Kriegs gegen Drogen. »Die Nixon-Kampagne 1968 und die darauf folgende Nixon-Regierung haben zwei Feinde: die linken Kriegsgegner und die Schwarzen. Verstehen Sie, was ich damit sagen will? Wir wussten, dass wir es nicht verbieten konnten, gegen den Krieg oder Schwarz zu sein, aber dadurch, dass wir die Öffentlichkeit dazu brachten, die Hippies mit Marihuana und die Schwarzen mit Heroin zu assoziieren, und beides heftig bestraften, konnten wir diese Gruppen diskreditieren. Wir konnten ihre Anführer verhaften, ihre Wohnungen durchsuchen, ihre Versammlungen beenden und sie so Abend für Abend in den Nachrichten verunglimpfen.« Und Ehrlicher setzte noch eins drauf: »Wussten wir, dass wir über die Drogen gelogen haben? Natürlich wussten wir das!« Ein Eingeständnis, zu dem sich Harry J. Anslinger jedoch nie veranlasst sah.“
@Arthur C.
Und wie des öfteren mein Hinweis auf das Buch Von Hanf ist die Rede.
Es ging um massive wirtschaftliche Interessen der Firma DuPont, die mit ihren Kunstfasern die Naturfaser Hanf ersetzen wollte. Und das ist ja bestens gelungen. Mit allen Umweltfolgeschaeden, die es mit dem Naturstoff Hanf nicht gab. Um die breite Bevoelkerung zu manipulieren wurden die bis dato kaum bekannten Wörter Cannabis und Marihuana für den unbescholtenen Hanf eingeführt und Nutzhanf und Rauschhanf gleichgesetzt.
Wobei sich über diese beiden Begrifflichkeiten streiten laesst.
Es ging nur ums Geld und um den etablierten Konkurrenten zu vernichten. Das hat doch prima geklappt.
Das hat durchaus Fortsetzungen in der Gegenwart. Das Haus dämmen, heißt meistens, dass man in einer Plastiktüte lebt. Die Hanf-Befürworter behaupten, einen genau so guten Dämmstoff herstellen zu können, ohne den Platiktüteneffekt.
https://www.haus.de/bauen/hanfdaemmung-29533
Das ist nur eine von vielen Anwendungen. Da wäre noch wesentlich mehr.
Da haben wir einige Geldsäcke denen das Verbot gelegen kam:
Hearst, der seine Papierproduktion aus Holz aufrecht erhalten will.
DuPont, die mit ihren Kunstfasern den Markt erobern wollten.
Und Rockefeller passt bestimmt auch irgendwo ins Bild. Er hatte in Pharmazie investiert und zettelte eine Kampagne gegen Naturheilmittel u.ä. an.
@noly
Danke für die Erweiterung meiner zugegeben adaptierten Aussagen.
Zum Papier gilt zu sagen, daß das Papier der Gutenbergbibel aus Hadern, sprich Pflanzenfasern wie Hanf, Nessel und Flachs plus Zusatzstoffen hergestellt wurde. Erst mit der Entwicklung des Holzschliffs und der Papiermaschinen gelang es preisgünstiges, wiewohl in der Regel qualitativ schlechteres, Papier herzustellen. Allerdings für Wegwerfprodukte wie Zeitungen gut genug. Rockefeller als Herr des Erdöls lieferte natürlich den Grundstoff für die Kunstfaser. Gut erkannt!
Wie ich weiter unten geschrieben habe: Drogen wurden von den USA benutzt um Gegener zu kriminalisieren und oppositionelle Bewegungen zu unterlaufen.
Ja, dieser Harry J. Anslinger war ein faschistoider Rassist der ersten Stunde. Ein Arschloch hoch zehn.
Informiert euch über COINTELPRO, da war dieser Anslinger auch federführend. Man stellte der Black Panther Party einfach Tonnen an Kokain zur Verfügung. Und schon zerstörten sie sich selbst.
Das mit Anslinger kam Jahrzehnte nach der Zweiten Opiumkonferenz (1925). In vielen Ländern, einschließlich Deutschlands, wurde das Cannabisverbot erst nur halbherzig oder gar nicht durchgesetzt. Das kam erst durch die UN-Verträge und die Propaganda.
Meines Wissens nach gibt es die Cannabisprohibition um gegen die mexikanischen Arbeiter in den USA vorgehen zu können. Nachdem man mit dem Opiumverbot erfolgreich die unbeliebten chinesischen Gastarbeiter erfolgreich kriminalisiert hat, erkannte man, dass die Mexikaner dieses „Marijuana“ rauchten. Also um rassistisch gegen diese Leute vorgehen zu können, wurden ihr Verhalten kriminalisiert.
Drogen wurden von den USA fast immer benutzt um ihre Gegner zu bekämpfen. So auch die BlackPanther Party. Die wurden mit Kokain platt gemacht. Gehörte, glaube ich, zum berüchtigten Programm COINTELPRO.
2019 wurde etwas eingeleitet, um Ende 2023 etwas umzusetzen. Super wie schnell Bürokraten arbeiten. Wenn aber grosses Geld ansteht, vergisst man die Bürokratie und ballert drauf los.
Es ist ein Witz etwas zu verbieten oder zu erlauben, wer was will, erhält alles überall auf dieser Welt.
Man kann die Gesetze der Natur vielleicht beeinflussen, aber niemals final ändern, denn es werden immer nischen existieren die vom „Gesetz“ nicht kontrolliert werden können. Aber für Holland ist das schön, so entsteht ein Schengetourismus und lädt jeden ein der einen Teil vom Kuchen abkriegen möchte. Der Schwarzmarkt wird den offiziellen Preis unterwandern und kompensiert die ‚Verluste‘ über Quantität.
Wer sich wie ich sehr für das Thema Drogenprohibition interessiert, für den ist das Buch „Drogen-die Geschichte eines langen Krieges“ (ich glaube, 2015 erschienen) des britischen Journalisten Johann Hari ein absolutes Muss. Dort erläutert er eindrucksvoll die Historie und die stets von purer Willkür geprägte Politik der Drogenprohibition. Er ist zur Sammlung seiner Informationen um den halben Globus gereist, hat u.a. selbst brutale Killer der mexikanischen Drogenkartelle interviewt und analysiert die Verwüstungen sowie das Elend, das der „War on Drugs“ weltweit bis heute hinterlässt.
Das Bucht lässt nur eine Schlussfolgerung zu: Der „War on Drugs“ ist krachend gescheitert und eine Legalisierung ist überfällig!
Diese Freigabe passt zu unserer Zeit.
Wer das Zeug haben wollte, konnte es vorher auch schon haben, mit der neuen Regelung steigen aber die Vermarktungsmöglichkeiten.
Die übliche Behauptung, damit dem Drogenhandel allgemein einen Schlag zu versetzen, wirkt lächerlich.
Angesichts der aktuellen Zeitumstände dürften es die üblichen Verdächtigen zudem als nützlich betrachten, den Anteil jener Menschen zu erhöhen, die eher träge, antriebsarm und dem logischen Denken entwöhnt durch ihr Leben dämmern.
Viel mehr ist dazu eigentlich nicht zu sagen.
Entgegen Ihrem faktenfreien Geschwurbel bleibt die Anzahl der regelmäßigen Cannabiskonsumenten in den Niederlanden – trotz Straffreiheit – seit vielen Jahren relativ konstant.
Das ist wirklich lustig, wie sehr Sie an den Zeitgeist angepasst sind, dass Sie sogar seine Wörter, sein Sprachregime übernehmen. „Schwurbler“, was für ein komisches Wort! So redet man doch nicht.
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Wie können Sie denn allein aus der Tatsache – nein, eher der Vermutung oder bestenfalls dem Ergebnis unsicherer Befragungen – dass die Zahl der Konsumenten in den letzten Jahren konstant geblieben ist, schließen, dass das auch in Zukunft so sein wird??
Angesichts der Verringerung der Beschränkungen (z.B. im Hinblick auf die wahrscheinlich bald zunehmende Zahl der Verkaufsstätten, die dann wohl auch erlaubte Werbung und die bessere „Qualität“ der Ware) ist doch eher etwas anderes zu erwarten.
Aber vielleicht möchten Sie das ja?
Indem Sie schreiben …
„Besitzer der Coffeeshops klagen allerdings, dass die erlaubte Lagermenge von 500 Gramm zu niedrig sei. Um die Nachfrage ihrer Kunden zu bedienen, müssten sie darum weiterhin illegalen Stoff anbieten.“
… deuten Sie doch auch selbst an, dass die genannten Zwischenhändler wohl eher von einer Steigerung des Absatzes ausgehen …
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Sie können von einer Antwort absehen, denn weder das Land noch das Thema interessieren mich wirklich.