Der Kauf und Verkauf von Rüstungsaktien während der Abstimmung über den Krieg sollte illegal sein

Bild: Wiki person that edits/CC BY-SA-4.0

Doch die Abgeordneten in den USA, die in den wichtigen,  über die Militärpolitik und den Militärhaushalt entscheidenden Ausschüssen sitzen, machen eben das ständig.

Ein neuer Gesetzentwurf, der von Senatorin Kirsten Gillibrand (D-N.Y.) und Senator Josh Hawley (R-Mo.) eingebracht wurde, würde es Beamten der Exekutive, Mitgliedern des Kongresses und ihren Familien verbieten, Aktien einzelner Unternehmen zu besitzen oder zu handeln.

Versuche, den Aktienhandel von Kongressmitgliedern einzuschränken oder zu verbieten, haben in den letzten Jahren durch eine Reihe von Gesetzesentwürfen zu diesem Thema sowie durch umfangreiche Untersuchungen der New York Times und des Wall Street Journal an Dynamik gewonnen.

Wenn Abgeordnete an der Börse mitspielen, entstehen Interessenkonflikte, die zur Korruption einladen. Dies ist besonders beunruhigend, wenn an diesen Geschäften Mitglieder beteiligt sind, die Entscheidungsbefugnis über Ausgaben für das Pentagon, die Geheimdienste und die innere Sicherheit haben. Amerikas Sicherheit sollte nicht zum Verkauf stehen.

Die Unterstützung für höhere Pentagon-Budgets kann die in Wertpapiere der Waffenindustrie investierten Aktienwerte von Kongressmitgliedern in die Höhe treiben. Diese Stimmen für Pentagon-Erhöhungen mögen zwar auf anderen Erwägungen beruhen, aber der springende Punkt ist, dass der Aktienhandel die Möglichkeit für Eigengeschäfte und Profitmacherei seitens wichtiger Kongressmitglieder schafft. Die Versuchung, korrupte Entscheidungen zu treffen, ist an sich schon ein ernstes Problem. Selbst der Anschein von Interessenkonflikten untergräbt das Vertrauen der Öffentlichkeit in den Prozess der Haushaltsentscheidung.

Nachforschungen großer Nachrichtenagenturen und Nichtregierungsorganisationen haben ergeben, dass mindestens 25 Mitglieder wichtiger nationaler Sicherheitsausschüsse in Aktien der Rüstungsindustrie investiert haben, und zwar von Firmen, die von Spitzenunternehmen wie  Lockheed Martin und Raytheon bis zu weniger bekannten Unternehmen wie Huntington Ingalls Industries und L3 Harris reichen.

Ein Beispiel dafür ist Senator Tommy Tuberville (R-Ala.), Mitglied des Senatsausschusses für Streitkräfte und ein reicher Aktienhändler. Tuberville ist vor allem dafür bekannt, dass er die Ernennung von Militärs verzögert hat, um gegen die Politik des Pentagon zu protestieren, die die Kosten für Reisen im Zusammenhang mit Schwangerschaftsabbrüchen für Militärangehörige in Staaten mit restriktiven Abtreibungsgesetzen übernimmt. Das Pentagon schätzt, dass Tubervilles Aktionen bis zum Ende dieses Jahres Auswirkungen auf 650 Stellen haben könnten.

In der Zwischenzeit gab Tuberville an, seit 2020 Hunderttausende von Aktien von Honeywell, Lockheed Martin, General Electric, Raytheon und General Dynamics zu besitzen. Außerdem verkaufte er seine Microsoft-Aktien ungefähr zwei Wochen bevor bekannt wurde, dass der 10-Milliarden-Dollar-Vertrag des Unternehmens mit dem Pentagon gekündigt wurde. Er wettete auch gegen ein taiwanesisches Unternehmen, dessen Aktien häufig von den Beziehungen zwischen den USA und China beeinflusst werden, wie Connor Echols von Responsible Statecraft Anfang des Jahres berichtete.

Ein weiteres SASC-Mitglied, Senatorin Jacky Rosen (D-Nev.), berichtete, dass sie zusammen mit ihrem Mann Aktien von General Electric im Wert von 110.000 Dollar besitzt. Der Abgeordnete John Rutherford (R-Fla.) kaufte am 24. Februar 2022, dem Tag, an dem Russland in die Ukraine einmarschierte, Aktien von Raytheon. Rutherford sitzt im Unterausschuss für Haushaltsmittel des Repräsentantenhauses für Innere Sicherheit. Der Abgeordnete Josh Gottheimer (D-N.J.), der im House Permanent Select Committee on Intelligence sitzt (und ranghöchstes Mitglied des Unterausschusses National Security Agency and Cyber ist), hat mit Microsoft-Aktien in Millionenhöhe gehandelt – das jüngste Beispiel ist sein Kauf von drei Aktienpaketen im Wert von 1-5 Millionen Dollar am 15. und 16. Mai dieses Jahres.

Es gibt eine Reihe von Fällen, in denen die Abgeordneten nicht einmal die schwachen Regeln eingehalten haben, die jetzt gelten und die eine regelmäßige Berichterstattung über Aktiengeschäfte vorsehen.

Wie das Project on Government Oversight (POGO) gezeigt hat, ist der beste Weg zur Beseitigung der potenziellen Interessenkonflikte, die mit dem Aktienbesitz von Kongressmitgliedern verbunden sind, ein umfassendes Verbot des Aktienhandels für alle Kongressmitglieder sowie für deren direkte Familienangehörige und leitende Mitarbeiter – ohne Schlupflöcher und ohne komplexe Umgehungsmöglichkeiten. POGO hat die Eigenschaften eines strengen Aktienhandelsverbots in einer Stellungnahme vor dem Kongress im letzten Jahr erläutert. Viele aktuelle Gesetzesvorschläge bleiben hinter diesem Standard zurück.

Der Aktienhandel ist nur ein potenzieller finanzieller Anreiz für die Mitglieder der Ausschüsse für Streitkräfte, Verteidigungsausgaben, Geheimdienste und Innere Sicherheit, die Militärausgaben zu erhöhen.  Wahlkampfspenden, mit Rüstung verbundene Jobs im Bundesstaat oder Bezirk eines Abgeordneten und Lobbyarbeit durch ehemalige Kollegen üben ebenfalls Druck aus, um den ohnehin schon enormen Haushalt des Pentagon zu erhöhen.

So war beispielsweise der Abgeordnete Mike Rogers (R-Ala.), Vorsitzender des Ausschusses für Streitkräfte im Repräsentantenhaus, der größte Empfänger von Wahlkampfspenden der Rüstungsindustrie während der Zwischenwahlen 2022 und erhielt über 511.000 Dollar von Waffenherstellern. Der bereits erwähnte Senator Tuberville hat seit 2017 über 244.000 Dollar an Spenden der Rüstungsindustrie erhalten.

In der Zwischenzeit hat der Kongress in den letzten beiden Jahren – vor der diesjährigen Einigung über die Schuldenobergrenze – den Pentagonhaushalt um 25 bzw. 45 Milliarden Dollar über die Forderung des Ministeriums hinaus aufgestockt. Ein Großteil dieser Mittel wurde für Projekte in den Bezirken oder Bundesstaaten wichtiger Abgeordneter bereitgestellt.  In vielen Fällen gaben die betreffenden Abgeordneten sogar eine Pressemitteilung heraus, in der sie mit den von ihnen in den Haushalt aufgenommenen Posten prahlten. Diese Erklärungen werden fast immer von dem oberflächlichen Argument begleitet, dass die zusätzlichen Ausgaben für die nationale Sicherheit notwendig seien, aber in vielen Fällen sind diese Beteuerungen nur ein Vorwand, um die Tatsache zu verbergen, dass diese Entscheidungen speziellen Interessen dienen und nicht dem nationalen Interesse.

Die Aufstockung des Haushalts um unnötige Waffen aus wirtschaftlichen und politischen Gründen ist eine Form der legalisierten Korruption, die knappe Steuergelder verschwendet und die Möglichkeit untergräbt, die Rüstungsausgaben mit einem vernünftigeren Verteidigungskonzept in Einklang zu bringen.

Der Aktienhandel ist nur ein Teil eines größeren Problems, das darin besteht, dass der Kongress unangemessen unter Druck gesetzt wird, die Ausgaben für das Pentagon zu erhöhen. Seine Abschaffung wäre jedoch ein Schritt in die richtige Richtung, der Initiativen zur Reform anderer Praktiken fördern könnte, die der Aufstellung eines realistischeren Pentagon-Haushalts im Dienste einer kohärenteren Verteidigungsstrategie im Wege stehen.

 

Der Artikel ist im englischen Original auf Responsible Statecraft des Quincy Institute erschienen. Wir danken für die Kooperation.

William D. Hartung ist Senior Research Fellow am Quincy Institute for Responsible Statecraft. Seine Arbeit konzentriert sich auf die Rüstungsindustrie und den Militärhaushalt der USA. Zuvor war er Direktor des Arms and Security Program am Center for International Policy und Co-Direktor der Sustainable Defense Task Force des Centers. Er ist Autor von “Prophets of War: Lockheed Martin and the Making of the Military-Industrial Complex” (Nation Books, 2011) und zusammen mit Miriam Pemberton Herausgeber von “Lessons from Iraq: Avoiding the Next War” (Paradigm Press, 2008). Zu seinen früheren Büchern gehört „And Weapons for All“ (HarperCollins, 1995), eine Kritik der US-Waffenverkaufspolitik der Regierungen Nixon und Clinton. 

Dillon Fisher ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Quincy Institute. Sie hat vor kurzem ihren Master of Arts in Strategie, Cybersicherheit und Geheimdienst an der Johns Hopkins School of Advanced International Studies erworben. Außerdem hat sie einen B.A. in internationalen Angelegenheiten mit Schwerpunkt Sicherheitspolitik von der Elliott School der George Washington University und war zuvor Praktikantin im Stimson Center’s Conventional Defense Program.

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11 Kommentare

  1. Was wirklich illegal sein müßte sind nicht selbstständig erwirtschaftete Nebeneinkünfte von Parlamentariern.
    Im Grunde verdienen die aber auch ausreichend um von ihren offziellen Einkünften leben zu können. Entweder geht man halt in die Politik um zu gestalten oder wenn man viel Geld verdienen will in die Wirtschaft, man kann weder gegenläufige Interessen bedienen, noch zwei Herren dienen. Irgendwie hat sich die Mehrheistgesellschaft aber auch an einen gewissen Grad an Korruption gewöhnt, daß gar nicht mehr in Frage gestellt wird, wozu jener Lobbyismus eigentlich gut sein soll.

    Grundsätzlich ist der Grundgedanke des Artikels richtig, wer Gesetze entwerfen will oder Regierungsgeschäfte tätigen, der muß Einschränkungen hinsichtlich seiner geschäftlichen Tätigkeiten hinnehmen. Und wem das nicht paßt, der ist für die politische Betätigung in einer Demokratie schlichtweg untauglich.

  2. Was würde Spahn oder der andere Klown, dazu sagen?
    Vor kurzem war auf dem Feindsender rtde zu lesen:
    Man könnte für läppische 10K$ einen Abgeordneten kaufen. War nicht auch in Deutschland eine kurzfristige Diskussion, über finanzierte Aspiranten?
    Sind in der EU etliche Politiker in Amt und Würden, ohne überhaupt ins Amt gewählt worden zu sein?
    Ist der US Präsident überhaupt am Leben?

  3. Zitat :
    „Wie das Project on Government Oversight (POGO) gezeigt hat, ist der beste Weg zur Beseitigung der potenziellen Interessenkonflikte, die mit dem Aktienbesitz von Kongressmitgliedern verbunden sind, ein umfassendes Verbot des Aktienhandels für alle Kongressmitglieder sowie für deren direkte Familienangehörige und leitende Mitarbeiter – ohne Schlupflöcher und ohne komplexe Umgehungsmöglichkeiten. “

    Wenn in den USA ein entsprechendes Gesetz verabschiedet werden sollte, dann glaube ich wieder an Wunder; und wenn in der BRD ein entsprechendes Gesetzt in Kraft treten sollte, dann fress ich einen Besen zum Nachtisch.

    1. Genaugenommen ist Krieg verboten durch die Vereinten Nationen mit Ausnahme der durch VN-Resolution erlaubten Kriege und als Beistand für angegriffene Länder. In der Praxis sieht das mit der Theorie natürlich etwas anders aus.

  4. Wenn Glücksritter und Hasardeure freie Hand haben sich selbst zu bedienen und dabei vorgeben Demokratie und Werte beschützen zu wollen.

  5. Das Problem an dem Artikel ist, dass das alles Frösche sind, die davon reden den Sumpf trocken zu legen.

    Das gilt sowohl für die Lobbyisten vom Quincy Institute, wie auch für die beiden Politiker.

    Gillbrand kommt tief aus der Clinton-Maschine, direkt aus dem Umfeld von ihr aus NYC, aus dem Korruptionssumpf dort. Sie ist ein „conservative democrat“. Sie hat als Anwältin für Philip Morris gearbeitet gegen deren Opfer. Mich wundert, warum die so ein Gesetz macht, denn sie ist eine berüchtigte Spenden-Sammlerin für sich und Clinton. Sie will mal Präsidentin werden.

    Hawley kenne ich nicht so gut, aber außer dass er wohl für Trump ist, ist er ein typischer Republikaner und vertritt Positionen, die sich hier nicht mal die AfD trauen würde. Gegen den Ukrainekrieg ist er, weil er auf ein Impeachment von Biden hofft und weil das ein Krieg der Demokraten ist, woran die Demokraten hauptsächlich verdienen. Er will den Ukrainekrieg beenden, damit sie endlich China angreifen können.

    Er ist nicht gegen Waffenhandel, im Gegenteil:

    Hawley received a 93% rating from the National Rifle Association (NRA) for 2018 and an 86% rating for 2016.

    Mit einem 93 %-Rating kriegt man natürlich Geld von der NRA, weil man ein good boy war. Vielleicht ist das Rating nach seiner Gegenstimme gegen ein Rüstungspaket für die Ukraine gefallen. Nur so Gegenstimmen bringen auch wenig, wenn es nur eine Handvoll sind gegen die überwältigende Mehrheit.

    Dazu kommt er aus dem ärmsten Staat der USA, einem ehemaligen Sklavenhalterstaat. Er klagt einerseits als Staatsanwalt Pharmafirmen an, die an der Opiod-Epidemie schuld sind, andererseits will er keine Krankenversicherung und das, wo die so viele zu meist Schwarze gerade in Missouri nötig haben.

    https://en.wikipedia.org/wiki/Josh_Hawley#Affordable_Care_Act_lawsuit

    Da hat er sich quasi von privaten Krankenversicherungen kaufen lassen, die keine Patienten mit chronischen Erkrankungen haben wollen oder nicht dafür bezahlen wollen, weil das ihre Gewinne schmälert. Haley wollte, dass das der Bundesstaat zahlt.

    Also Hawley studierte in Stanford und Yale, Top-Ivy-League-Unis. Gillibrand hat einen „venture capitalist“ geheiratet, nicht ganz so teure Elite-Uni besucht.

    Man kann dieses Gesetz auch so auffassen, dass die Milliardärsspender von diesem Think Tank (Koch/Soros) es nicht mögen, wenn die Abgeordneten außer ihre Spenden anzunehmen noch nebenher Geschäfte machen.

    Von William D. Hartung habe ich schon früher etwas gehört, politicial scientist und Demokrat, der die Bush-Regierung wegen dem Irakkrieg und war on terror kritisierte. Als Politikwissenschaftler ist er übrigens wenig qualifiziert, um die Rüstungsindustrie zu untersuchen, macht das aber schon lange. Heute eben angestellt bei dem Think tank. Wahrscheinlich kriegt er da auch ein 6-stelliges Gehalt, weil die Lebenshaltungskosten in NYC so teuer sind. Das ist immer die Ausrede. Das dürfte so sein wie wenn The Intercept ehemalige investigative Journalisten einkauft.

    Einige Trolle im TP-Forum sind übrigens von der NAFO. Das habe ich neulich bemerkt als sie Neuber wegen Quincy angegriffen haben. TP sollten mal ihre Moderation überdenken, dass sie Leute wie mich sperren und dann NAFO-Trolle machen lassen, die sie dann wieder beschuldigen, dass sie mit Quincy unter einer Decke stecken und die russische Agenten wären, welch eine Ironie des Schicksals. Für die sind schon so bestenfalls Bernie Sanders-Demokraten, die für Milliardäre arbeiten, böse linke Kommunisten, die man wegsäubern muss, weil sie nicht hart genug gegen Russland hetzen. Sie wollen die Zentrale von Quincy abfackeln wie man in diesem Podcast von radio war nerd hören kann gegen Ende:

    Radio War Nerd EP 387 — Twilight of the Wäffentwerps: #NAFO, feat. Moss

    https://www.podbean.com/media/share/dir-e64qh-19911e01

    Das Umfeld, der Meinungskorridor, in dem sich dieser Diskurs bewegt, ist auch interessant. Man hat also professionelle Frösche aus dem Sumpf und in den Kommentaren noch NATO-Trolle, die sich beschweren, warum die Frösche nicht endlich die Samthandschuhe ablegen und dass sie ja wohl nur von den Russen gekauft sein können deshalb.

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